S 10 (12) AS 54/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 10 (12) AS 54/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 (20) AS 44/09
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss.

Die Kläger zu 1) und 2) waren Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in der Gemeinde I, das sie gemeinsam mit den Klägern zu 3) und 4) sowie ihrem Sohn bewohnten. Das Wohnhaus mit Einliegerwohnung, aus dem Baujahr 1996, bestand aus acht Zimmern, zwei Bädern und einer Küche. Im Spitzboden befand sich eine Sauna. Die Wohnfläche des Hauses belief sich auf 227 qm, die Grundstücksfläche auf 1.084 qm. Für den Erwerb des Grundstücks haben die Kläger ca. 50.000,00 DM, für die Herstellung des Hauses ca. 250.000,00 bis 300.000,00 DM aufgewandt. Im streitgegenständlichen Zeitraum war das Grundstück noch mit einer durch Grundschuld abgesicherten Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR belastet. Zudem standen private Darlehen, die für das Hausgrundstück aufgenommen wurden, in Höhe von 60.000,00 EUR offen. Zum 01.07.2005 vermieteten die Kläger zu 1) und zu 2) die Einliegerwohnung zu einem Mietzins von 250,00 EUR monatlich an ihren Sohn.

Am 28.06.2005 stellten die Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zuvor waren ihnen Leistungen bis zum 30.06.2005 als Zuschuss bewilligt worden. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.07.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab. Sie verfügten über Vermögen in Form eines unangemessenen Hausgrundstückes. Sie seien nicht hilfebedürftig. Gleichzeitig wies die Beklagte die Kläger auf die Möglichkeit einer darlehensweisen Leistungsbewilligung hin.

Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 04.07.2005 Widerspruch. Das Hausgrundstück sei nicht unangemessen. Ihnen seien zuschussweise Leistungen zu gewähren.

Unter dem 30.08.2005 stellten die Kläger einen Antrag auf darlehensweise Gewährung der Grundsicherungsleistungen. Nach Bestellung einer Höchstbetragshypothek in Höhe von 13.000 EUR zu Gunsten der Beklagten im September 2005 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes darlehensweise zunächst bis zum 30.04.2006.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den angefochtenen Versagungsbescheid als unbegründet zurück.

Hiergegen haben die Kläger unter dem 22.03.2006 Klage erhoben, mit der sie weiterhin die zuschussweise Gewährung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II begehren.

Auf die Größe des Grundstücks hätten sie keinen Einfluss nehmen können, sie sei vorher im Bebauungsplan festgesetzt gewesen. Die Größe des Hauses sei darauf zurückzuführen, dass ausreichend Platz für die ganze Familie vorhanden seien sollte, solange die Kläger zu 3) und 4) sowie der Sohn der Kläger zu 1) und 2) zu Hause wohnten. Später sollte das Haus mit zwei Generationen nutzbar sein, damit es für die Kläger zu 1) und 2) nicht zu groß würde. Der Kläger zu 1) nutze zudem einen Raum für seine selbständige Tätigkeit als Automobilkaufmann und 50qm der Wohnfläche seien an den Sohn der Kläger zu 1) und 2) vermietet. Zudem sei eine Veräußerung des Wohnhauses auf dem derzeitigen Wohnungsmarkt nicht möglich. Sie hätten bereits seit Februar 2006 versucht das Hausgrundstück zu veräußern. Am 04.02.2006 hätten sie das Hausgrundstück zu einem Kaufpreis von 195.000,00 EUR annonciert und am 29.03.2006 der LBS Immobilien GmbH einen Maklerauftrag erteilt. Diese habe das Hausgrundstück wegen des Verhandlungsspielraums und der Provision zunächst zu einem Preis von 225.000,00 EUR angeboten. Nachdem sich die LBS Immobilien GmbH bereit erklärt habe, auf einen Teil der Provision zu verzichten, sei das Haus zu einem Preis von 199.500,00 EUR angeboten worden. Ein Verkauf sei jedoch nicht gelungen. Eine Veräußerung würde für sie auch eine besondere Härte darstellen. Das Hausgrundstück sei als Altersvorsorge für die Kläger zu 1) und 2) vorgesehen gewesen. Sie seien im Jahr 1989 aus der ehemaligen UdSSR geflohen beziehungsweise vertrieben worden. Beitragszeiten von über zehn Jahren seien nach dem Fremdrentengesetz bewertet worden. Die Renten würden daher sehr gering ausfallen. Schließlich seien sie im Falle einer Veräußerung nach Abzug der Schulden nicht in der Lage, neues Eigentum zu erwerben. Eine Beleihung des Hausgrundstücks hätten sie allerdings nicht versucht.

Der Kläger zu 2.) beantragt namens und in Vollmacht der Kläger zu 1.), zu 3.) und zu 4.) sowie im eigenen Namen,

den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen ab dem 01.07.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Hausgrundstück der Kläger sei unangemessen. Angemessen sei bei einem Einfamilienhaus mit bis zu fünf Personen eine Wohnfläche von bis zu 130 qm und eine Grundstücksfläche von 500 bis 800 qm. Das Hausgrundstück der Kläger überschreite diese Grenzen. Die Verwertung stelle für die Kläger auch keine besondere Härte dar oder sei unwirtschaftlich.

Das Gericht hat über den Verkehrswert sowie die Verwertbarkeit des Hausgrundstückes der Kläger Beweis durch Einholung eines Wertgutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis N erhoben sowie drei Stellungnahmen der LBS Immobilien GmbH eingeholt. Nach dem eingeholten Wertgutachten vom 04.09.2007 belief sich der Verkehrswert des Hausgrundstücks unter dem 01.07.2005 auf 195.000,00 EUR, errechnet aus einem Sachwert in Höhe von 270.180,00 EUR und einem Bodenwert in Höhe von 32.520,00 EUR abzüglich eines Abschlages in Höhe von 35% (Marktanpassungsfaktor). Die LBS Immobilien GmbH teilte unter dem 19.04.2007 mit, dass das Hausgrundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 225.000,00 EUR angeboten würde. Eine Kaufpreisreduzierung sei erst vor kurzem vom Kläger zu 1) abgelehnt worden. Bei einem Angebotspreis unter 200.000,00 EUR werde eine bessere Vermarktungschance gesehen. Unter dem 13.05.2008 teilte die LBS Immobilien GmbH mit, dass das Hausgrundstück aus ihrer Sicht aufgrund der schwierigen Marktsituation und seiner Lage bisher zu einem Preis von 199.500,00 EUR noch nicht veräußert worden sei. Mit einem Abschlag von 20% sollte ein Verkauf bis zum Jahresende möglich sein. Mit weiterem Schreiben vom 29.04.2009 teilte die LBS Immobilien GmbH mit, dass das Hausgrundstück am 21.01.2009 verkauft worden sei. Der ursprüngliche Angebotspreis in Höhe von 225.000,00 EUR sei nicht vorgegeben worden, sondern im Wege einer Einigung erzielt worden. Eine Reduzierung des Angebotspreises auf 199.500,00 EUR sei erst am 04.05.2007 erfolgt. Vorher sei der Kläger zu 1) der Auffassung gewesen, einen entsprechend hohen Kaufpreis erzielen zu können. Ihm habe die Einsicht habe gefehlt. Ob ein früherer Verkauf bei einer Anpassung des Kaufpreises möglich gewesen wäre und wenn, zu welchem Preis könne nicht beurteilt werden.

Am 25.04.2006 haben die Kläger einen Folgeantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II gestellt. Mit Bescheid vom 26.05.2006 hat die Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen als Darelehen für den Zeitraum von Mai bis Juni 2006 bewilligt. Unter dem 16.06.2006 haben die Kläger einen Neuantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II gestellt. Mit Bescheid vom 26.06.2006 bewilligte die Beklagte die Leistungen wiederum darlehnsweise für den Zeitraum von Juli bis September 2006.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den in der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 01.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 ist rechtmäßig und beschwert die Kläger nicht in ihren Rechten gemäß § 54 Absatz 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab dem 01.07.2005 als Zuschuss zu gewähren. Die Kläger waren nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 Absatz 1, 2 SGB II. Sie verfügten über verwertbares, die Vermögensfreibeträge überschreitendes Vermögen in Form eines Hausgrundstückes.

I. Entgegen dem zeitlich unbefristeten Klageantrag der Kläger ist Gegenstand des Klageverfahrens lediglich der Zeitraum vom 01.07.2005 bis zum 30.06.2006. Mit der erneuten Antragstellung unter dem 16.06.2006 und der hierauf folgenden lediglich darlehnsweisen Leistungsbewilligung ab dem 01.07.2006 hat sich der angefochtene Bescheid vom 01.07.2005 für den Zeitraum ab dem 01.07.2006 erledigt.

Im Falle der unbefristeten Ablehnung von Leistungen ist zwar grundsätzlich die gesamte bis zum für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt verstrichene Zeit Gegenstand des Klageverfahrens (BSG, Urteil vom 16.05.2007, Az.: B 11b AS 37/06 R). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn zwischenzeitlich ein neuer Leistungsantrag gestellt wird und die Beklagte über den Antrag erneut entscheidet. Mit der erneuten Entscheidung der Beklagten erledigt sich die ursprüngliche Ablehnungsentscheidung für die von dem auf den Antrag ergangenen neuen Bescheid erfasste Zeit (§ 39 Absatz 2 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB II)). Der neue Bescheid wird nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Gerichtsverfahrens. Die Ablehnung der Leistung ist kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2007, Az.: B 8/9b SO 12/06 R; Urteil vom 31.10.2007, Az.: B 14/11b AS 59/06 R).

Die Kläger haben unter dem 16.06.2006 einen Neuantrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen gestellt. Die Beklagte hat auf diesen Antrag den Klägern ab dem 01.07.2006 lediglich darlehensweise Leistungen bewilligt. Mit der darlehensweisen Bewilligung hat die Beklagte gleichsam die Leistungen als Zuschuss erneut verneint. Nach Auffassung der Kammer führte allerdings erst die Entscheidung über die Antragstellung am 16.06.2006 und nicht bereits die Entscheidung über die darlehensweise Leistungsbewilligung auf den Folgeantrag vom 25.04.2006 zu einer Erledigung des angefochtenen Ablehnungsbescheides. Mit der Bewilligung darlehensweiser Leistungen auf den Folgeantrag vom 25.04.2006 hat die Beklagte nicht erneut über die zuschussweise Leistungsgewährung entschieden. Den Klägern waren im Zeitpunkt des Folgeantrages am 16.06.2006 lediglich darlehensweise Leistungen bewilligt worden. Der Antrag vom 16.06.2006 war aufgrund seiner Bezeichnung als Folgeantrag lediglich als ein solcher auf Fortgewährung darlehensweiser Leistungen auszulegen. Fortgewährt werden können nur Leistungen, die zuvor erbracht wurden.

II. Die Kläger verfügen über verwertbares Vermögen in Form eines Hausgrundstückes, das im streitgegenständlichen Zeitraum einen Verkehrswert von 195.000,00 EUR aufwies. Das Hausgrundstück ist weder nach § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II noch nach § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II geschützt. Es ist weder angemessen noch ist die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich oder stellt für die Kläger eine unangemessene Härte dar.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).

Hilfebedürftig i.S.v. § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m § 9 Absatz 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, u.a. aus dem zu berücksichtigenden Vermögen sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände wie z.B. bewegliche Sachen, Immobilien und Forderungen zu berücksichtigen. Nach § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen, ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung und nach § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

1) Nach der gebotenen anzustellenen Verwertungsprognose, wären die Kläger sowohl hinsichtlich des sechsmonats Zeitraumes vom 01.07.2005 bis zum 31.12.2006 als auch hinsichtlich des Zeitraumes vom 01.01.2006 bis zum 30.06.2006 in der Lage gewesen, das Hausgrundstück zu verwerten. Das Grundstück war auch nicht über den Marktwert hinaus belastet.

Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen. Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind. Zur Abgrenzung der hier streitigen Bewilligung von Leistungen als Zuschuss gegenüber der nur darlehensweisen Gewährung nach § 9 Absatz 4 SGB II genügt es für eine lediglich darlehensweise Gewährung von Leistungen nicht, dass dem Hilfesuchenden Vermögen zusteht, wenn in dem Zeitpunkt, in dem die Darlehensgewährung erfolgen soll, bis auf weiteres nicht absehbar ist, ob er einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögen wird ziehen können. Vielmehr liegt eine generelle Unverwertbarkeit im Sinne des § 12 Absatz 1 SGB II vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt. Maßgebend für die Prognose, ob ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis besteht beziehungsweise wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Absatz 1 Satz 4 SGB II. Für diesen Bewilligungszeitraum muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Eine Festlegung für darüber hinaus gehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraumes ist bei fortlaufendem Leistungsbezug erneut und ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu überprüfen, wie für einen weiteren Bewilligungszeitraum die Verwertungsmöglichkeiten zu beurteilen sind (BSG, Urteil vom 27.01.2009, Az.: B 14 AS 42/07 R).

Nach dem Grundstücksmarktbericht 2006 für den Kreis N waren die mit Ein- und Zweifamilienhäusern bebauten Grundstücke im Jahr 2005 im Kreis N die gefragtesten bebauten Objekte. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Anzahl der Kauffälle um 9%. Für die Gemeinde I sind 26 Verkaufsfälle verzeichnet. Die meisten Verkaufsfälle finden sich in den Baujahresklassen von 1950 bis 1974 und von 1975 bis 1999 (vgl. Grundstücksmarktbericht 2006 für den Kreis N S. 32/33).

Nach dem Grundstücksmarktbericht 2007 waren die mit Ein- und Zweifamilienhäusern bebauten Grundstücke auch im Jahr 2006 die gefragtesten bebauten Objekte. Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich die Anzahl der Kauffälle zwar um 6%. Für die Gemeinde I sind allerdings 39 Verkaufsfälle verzeichnet. Die meisten Verkaufsfälle finden sich wiederum in den Baujahresklassen von 1950 bis 1974 und von 1975 bis 1999 (vgl. Grundstücksmarktbericht 2007 für den Kreis N S. 34/35).

Nach der sich in den Grundstücksmarktberichten für 2005 und 2006 widerspiegelnden Marktlage war für das Objekt der Kläger ein Markt vorhanden. Anhaltspunkte dafür, dass eine Verwertung innerhalb von jeweils sechs Monaten bei dieser Marktlage nicht möglich gewesen sein soll, bestehen nicht. In der Zeit vom 01.07.2005 bis zum 03.02.2006 haben die Kläger keinerlei Verwertungsbemühungen unternommen, die Rückschlüsse auf eine längere Verwertungsdauer zulassen würden. Erst am 04.02.2006 haben sie eine Annonce aufgegeben und Ende März 2006 die LBS Immobilien GmbH mit der Veräußerung beauftragt. Zwar ist den Klägern eine Veräußerung im Zeitraum vom 04.02.2006 bis zum 30.06.2007 tatsächlich nicht gelungen. Allerdings haben die Kläger das Hausgrundstück zu einem Preis angeboten, der 30.000,00 EUR über dem ermittelten Verkehrswert lag. Erst im Mai 2007 haben sie den Angebotspreis gesenkt. Dass eine Verwertung zum Verkehrswert im streitgegenständlichen Zeitraum nicht möglich gewesen sein sollte, lässt sich den unternommenen Bemühungen nicht entnehmen.

Im Übrigen hätte den Klägern auch eine Verwertung auf anderem Wege offen gestanden. Die Kläger hätten versuchen können, dass Grundstück durch eine weitere Belastung zu verwerten. Solche Bemühungen haben sie nicht unternommen. Anhaltspunkte dafür, dass eine weitere Belastung innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nicht möglich gewesen sein soll, liegen nicht vor.

Das Hausgrundstück ist auch nicht über den Marktwert hinaus belastet. Nach den eigenen Angaben der Kläger lagen auf dem Grundstück im streitgegenständlichen Zeitrum lediglich noch Belastungen in Höhe von 10.000,00 EUR zuzüglich der am 05.09.2005 zu Gunsten der Beklagten bestellten Höchstbetragshypothek in Höhe von 13.000,00 EUR. Daneben bestanden private Schulden in Höhe von 60.000,00 EUR.

2) Das Hausgrundstück ist mit einer Wohnfläche von 227 qm auch nicht mehr angemessen im Sinne von § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II.

Bei dem Begriff der angemessenen Größe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 2/05 R). Nach Auffassung der Kammer ist bei einem Wohnhaus mit einem Fünf-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von bis zu 150 qm angemessen.

In Anlehnung an die Vorschriften des 2. Wohnungsbaugesetzes vom 19. August 1994 (BGBl I 2137) ist für ein Familienheim mit einem Haushalt von vier Personen eine Wohnfläche von 130 qm als noch angemessen anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 34/06 R). Für jede weitere im Haushalt lebende Person ist eine Fläche von 20 qm zu addieren (vgl. Eicher/Spellbrink, 2. Auflg., § 12 SGB II Rdnr. 71). Die Beklagten bewohnen mit fünf Personen eine Wohnfläche von 227 qm. Selbst, wenn man den Klägern einen weiteren Aufschlag von 20qm für die selbständige Tätigkeit des Klägers zu 1) zubilligen würde, überschreitet die Wohnfläche die Angemessenheitsgrenze um 57 qm. Umstände, die eine weitere Erhöhung des Angemessenheitswertes rechtfertigen, liegen nicht vor.

3) Die Verwertung des Hausgrundstücks ist auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Der Verkehrswert des Hausgrundstückes unterschreitet den Substanzwert nicht um mehr als 40%.

Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht. Umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen. Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen (vgl BSG, Urteil vom 27.01.2009, Az.: B 14 AS 42/07 R).

Der Substanzwert des Hausgrundstücks belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf 302.700,00 EUR. Er entspricht der Summe aus Bodenwert und Sachwert des Hauses. Nach der gutachterlichen Stellungnahme des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis N belief sich der Bodenwert des Grundstückes auf 32.520,00 EUR und der Sachwert des Wohngebäudes mit Außenanlagen auf 270.180,00 EUR. Der festgesetzte Verkehrswert in Höhe von 195.000,00 EUR unterschreitet den so ermittelten Substanzwert um 35,6%. Eine Unterschreitung von 35,6% rechtfertigt nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der konkreten Lage des Hausgrundstückes eine Unwirtschafltlichkeit der Verwertung nicht.

Der Verkehrswert eines Hausgrundstückes wird durch Anpassung des ermittelten Sachwertes auf den Grundstücksmarkt ermittelt. Die Anpassung erfolgt mittels eines sogenannten Sachwert-Marktanpassungsfaktors. Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis N hat einen Marktanpassungsfaktor von 35% zu Grunde gelegt. Dies entspricht in ländlichen Lagen dem durchschnittlichen Marktanpassungsfaktor. In ländlichen Lagen ist eine Abweichung zwischen Substanzwert und tatsächlich zu erzielendem Kaufpreis von 40% üblich (vgl. Studie bei Sprengnetter, Systematischer Vergleich von Substanzwerten und Kaufpreisen, veröffentlicht in Sauerborn/Buder/Peters/Sterz:, Neues Gesamtsystem für Sachwert-Marktanpassungsfaktoren, WFA 4/2006, S.112 - 121; FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (Auszüge) Ausgabe vom 29.09.2006; Immobilienzeitung (Auszüge) Ausgabe Nr. 19 vom 07.09.2006, S. 8; Die Welt (Auszüge) Ausgabe vom 02.09.2006).

Im Übrigen stand es den Klägern auch frei, eine andere Art der Verwertung etwa in Form der Belastung des Hausgrundstückes zu wählen.

4.) Die Verwertung des Hausgrundstückes stellt für die Kläger auch keine besondere Härte dar. Der Umstand, dass das Hausgrundstück den Klägern zu 1) und 2) als Altersvorsorge dienen sollte kann eine besondere Härte nicht begründen. Die Kläger zu 1) und 2) stehen nicht kurz vor dem Rentenalter. Die Verwertung führt für die Kläger lediglich zu den mit einer Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitten.

Ob eine besondere Härte im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt. SGB II vorliegt beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Absatz 3 Satz 1 SGB II) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Absatz 2 SGB II erfasst werden. § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr 6 SGB II setzt daher solche Umstände voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Demnach sind nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 56/06 R). Zwar kann nach den Gesetzesmaterialien ein Härtefall im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II vorliegen, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen muss, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweist (BT-Drucks 15/1749 S 32). Dem ist allerdings zu entnehmen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht bereits eine Lücke in der Rentenversicherung die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigt, sondern daneben entscheidend auf den Zeitpunkt des Eintritts der Altersvorsorge abzustellen ist. Bei der Berechnung der Rente der Kläger zu 1) und zu 2) sind mehrere Jahre nach dem Fremdrentengesetz (FRG) beurteilt worden. Unabhängig davon, dass die Bewertung nach dem FRG nicht automatisch zu einer Lücke im Rentenversicherungsverlauf führt, standen die Kläger zu 1) und zu 2) im hier streitgegenständlichen Zeitraum mit 42 bzw. 43 Jahren und 46 bzw. 47 Jahren nicht kurz vor dem Rentenalter.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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