S 20 R 169/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 20 R 169/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2008 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Pflichtversicherung als Selbständiger.

Der am 00.00.1953 geborene Kläger beantragte am 13.12.2007 die Beitragszahlung für eine freiwillige Versicherung für eine Tätigkeit ab 27.12.2007 als selbständiger Schuldner-berater. Im Fragebogen gab er an, es handele sich um ein Franchiseunternehmen mit Bindung bei Werbe- und Preisgestaltung. Er habe keinen Arbeitnehmer angestellt. Als Auftraggeber gab er "diverse Menschen" an. Er legte eine Gewerbeanmeldung sowie den Franchisevertrag mit der B-Beratung, I (künftig: B) vor. Darin wurde der Kläger ausdrücklich als selbständiger Unternehmen bezeichnet. Die B leistete danach Marke, Know-How, Beratung, Hilfe, Betreuung, Schulung und bot die Nutzung der Datenbank an. Als Standort war die Stadt Minden vorgegeben sowie eine Frist, bis zu derer der Betrieb begonnen werden musste. Der Kläger verpflichtete sich, an Veranstaltungen teilzunehmen, die Marke im Sinne der B zu nutzen und an Pflichtschulungen bis 1.000,00 Euro jährlich teilzunehmen. Werbung im Internet unter der Homepage des Klägers war von einer schriftlicher Einwilligung abhängig (§ 1 Abs. 10). Öffnungszeiten waren laut Vertrag von Montag bis Freitag zwischen 09:00 Uhr und 17:00 Uhr zu garantieren (§ 3 Abs. 4). Für den Bezug der Erstausstattung der Geschäftsräume wurden Empfehlungen ausgesprochen. Der Kläger hatte sich dabei an die im Handbuch aufgeführten Systemmerkmale und die systemtypische Ausstattung zu halten, konnte diese aber auch bei anderen Lieferanten beziehen (§ 5 Abs. 1 und 2). Dem Kläger stand das Informationssortiment zur freien Wahl. Lediglich das Grundsortiment musste stets vorrätig gehalten werden. Ein Fremdsortiment war im schriftlich vom Franchisegeber festgehaltenem Umfang möglich, wobei die Anforderung an die Fremdwaren im wesentlichen darin bestanden, dass sie nicht im Widerspruch zu der B Philosophie in dem B Beratungskonzept stehen durften und nicht mehr als 10 % der Informations-ausstattungsfläche des Franchisebetriebes einnehmen durften (§ 6 Abs. 3 und 5). Der Kläger hatte dem Franchisegeber Gewinn- und Verlustrechnungen und Berichte zum Wochen- und Monatsabschluss zu übersenden. Der Franchisegeber war berechtigt, zu jeder Zeit Einblick in sämtliche Geschäftsunterlagen des Franchisebetriebes zu nehmen und zur Sicherstellung der einheitlichen Anwendung des B Franchisesystems den Franchisebetrieb zu den üblichen Öffnungszeiten zu betreten und Feststellungen zu treffen. Der Franchisenehmer war insoweit zur Auskunft verpflichtet (§ 9). Nach gesonderter Aufforderung durch den Franchisenehmer konnte durch den Franchisegeber eine laufende Erfolgskontrolle, Jahresgespräche und Controlling im Rahmen des Qualitätsmanagements durchgeführt werden. Als Gegenleistung für die Aufbauleistungen verpflichtete sich der Franchisenehmer ein-malig zur Zahlung von 8.000,00 Euro als Eintrittsgebühr. Als Gegenleistung für die laufende Nutzung der Franchise und die laufende Betreuungsnutzung hatte er eine monatliche Vergütung in Höhe von 10,0 % seines kalendermonatlichen Bruttoumsatzes, mindestens jedoch 349,58 Euro und zur Finanzierung überregionaler Marketingmaß-nahmen er eine Marketinggebühr in Höhe von 1,0 % seines monatlichen Bruttoumsatzes (§ 10) zu zahlen. Nebentätigkeiten waren nach Genehmigung zulässig. Es bestand ein Wettbewerbsverbot (§ 13). Die Kündigungsfrist betrug 12 Monate zum Ende der festen Laufzeit von 6 Jahren, eine Kündigung aus wichtigem Grund und eine Regelung für Vertragsübernahmen im Einzelfall waren möglich (§ 16 und 17).

Die Beklagte teilte dem Kläger mit, es handele sich zwar um eine selbständige Tätigkeit, als Auftraggeber sei aber der Franchisegeber anzusehen. Sie bot eine Befreiung unter Hinweis auf eine Pflichtversicherung nach § 2 Nr. 9 des Sechsten Buches Sozialgesetz-buch (SGB VI) an. Der Kläger übersandte daraufhin eine Information über Franchising aus dem Internet-Lexikon Wikipedia. Der Franchisegeber sei nicht Auftraggeber, er zahle ihm kein Geld, vielmehr müsse er zahlen. Der Sachverhalt sei bereits von verschiedenen Stellen geprüft worden. Mit Bescheid vom 01.02.2008 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht als Selbstän-diger ab 27.12.2007 nach § 2 Nr. 9 SGB VI fest. Der Kläger erhob Widerspruch. Weshalb die Beklagte annehme, dass er nur für einen Auftraggeber tätig sein solle, erschließe sich nicht. Die Beklagte bliebt bei ihrer Auffassung und wies den Widerspruch am 17.09.2008 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 06.10.2008 erhobene Klage. Der Kläger trägt ergänzend vor, es solle nicht verkannt werden, dass es durchaus Franchisegestaltungen gebe, in denen von einer Pflichtversicherung auszugehen sei. Dies sei evtl. anzunehmen bei Bäckereifilialen oder ähnlichen Unternehmungen. Dabei sei in der Regel kennzeichnend, dass letztlich einfachere Tätigkeiten ausgeübt würden, der Kunden-kontakt mit dem Verbraucher von der Sache her einfach zu erfassen und abzuwickeln sei und es auf eine dem Einzelfall angepasste eigenständige Leistung weniger ankomme. Der Franchiseunternehmer sei in diesen Fällen außerordentlich stark in die Organisation des Franchisegebers eingebunden und es gehe in der Regel um eine strukturvertriebliche Tätigkeit. Im hier streitigen Fall aber stehe seine tatsächliche Eigenleistung, die individu-elle Beratung des Klienten und die Bearbeitung der aufgeworfenen Fragen im jeweiligen Überschuldungsfall mit Aufzeigen von Lösungsansätzen, Begleitung bei deren Umsetzung und Hilfestellung durch Verweis auf weitergehende anderweitige Beratungs- und Hilfsan-gebote anderer Stellen im Vordergrund. Mit dem Franchisesystem werde hier der Rahmen geboten, in diesem Zusammenhang eine eigene Schuldnerberatungsstelle im Partnersystem aufzubauen. Die Franchisenehmer verstünden sich im Verhältnis zum Franchisegeber und untereinander als selbständige Partner, die hier auf eigene Rechnung und auf eigenes unternehmerisches Risiko handelten. Seine Klienten seien als seine Auftraggeber zu sehen, da er an ihnen Dienste verrichte, eine Tätigkeit für diese Klienten ausübe. Bereits Ende 2007 habe er etwa 40 Auftraggeber verzeichnen können. Er sei weder in zeitlicher noch inhaltlicher Weise derart weisungsgebunden, das eine andere Beurteilung hin zu Versicherungspflicht vorzunehmen wäre. Die im Franchisevertrag angegebenen Zeiten zur Öffnung der Beratungsstelle seien nur Empfehlungen. In der tatsächlichen Ausübung und im tatsächlichen zeitlichen Umfang der Beratungszeiten sei der Kläger frei. Auch inhaltlich bestehe keine ausgeprägte Weisungsgebundenheit. Zu Beginn werde in kurzen Semina-ren den Partnern Hilfestellungen zum Aufbau und Start der eigenständigen Tätigkeit an die Hand gegeben. Inzwischen aber seien die für einzelne Fragestellungen grob vorgelegten Gedankengänge zur besseren Fallbearbeitung durch seine eigenständigen feingliedrigen Checklisten ersetzt worden. Er habe sich teils eigene Systeme entwickelt, wie bestimmte Fallgestaltungen zu behandeln seien, um den Anforderungen in der Praxis gerecht zu werden. Angebotenes Material und Hilfestellungen des Franchisegebers könne er, müsse er aber nicht nutzen. Eine inhaltliche Kontrolle der Bearbeitung durch den Franchisegeber erfolge nicht. Die Annahme eines Mandats, selbst wenn der Kontakt des Klienten über den gemeinsamen Internetauftritt mehrerer Franchisenehmer an ihn herangeleitet würden, sei ihm freigestellt. Die frei zu gestaltenden Elemente in der Ausübung der Tätigkeit über-wögen in diesem Fall derart stark, dass hinsichtlich der verbleibenden Verpflichtung durch den Vertrag, wie z. B. der gleichmäßigen Werbung, nicht eine Pflichtversicherung begrün-det werde. Die entgeltlichen Teile des Vertrages glichen mehr denen von Software-verträgen mit entsprechenden Lizenzen. Die Möglichkeit der Nutzung von Vorteilen werde erlangt, ohne das es letztlich darauf ankomme, wie sehr das Angebot tatsächlich angenommen würde.

Zum Ende des Jahres 2009 beendete der Kläger das Franchiseverhältnis und führt ab 01.01.2010 die selbständig Tätigkeit ohne Franchisepartner weiter.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn auf seinen Antrag vom 11.12.2007 hin seit dem 27.12.2007 freiwillig zu versichern,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Versicherungspflicht zu befreien und ihn auf seinen Antrag vom 11.12.2007 hin seit dem 27.12.2002 freiwillig zu versichern,

hilfsweise

den Bescheid der Beklagten vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2008 aufzuheben und über seinen Antrag vom 13.12.2007 auf freiwillige Versicherung zu entscheiden,

äußerst hilfsweise

die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2008 zu verurteilen, ab 27.12.2007 abgesenkte, einkommensgerechte Beiträge festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, bei Franchisenehmern sei davon auszugehen, dass der Fran-chisegeber, nicht die Kunden des Franchisenehmers Auftraggeber sei und der Franchisenehmer einem erheblichen Weisungsrecht des Franchisegebers unterliege. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn der Franchisenehmer im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit auch unabhängig vom Franchisegeber Waren bzw. Dienstleistungen anbieten könne und dies auch tatsächlich tue. Hier unterliege der Franchisenehmer durch § 13 des Vertrages einem Wettbewerbsverbot. Es sei nicht belegt, dass Waren bzw. Dienstleistungen außerhalb des Franchisevertrages erbracht worden seien. In § 4 des Vertrages werde das Franchisehandbuch beschrieben. Die dort festgehaltenen Regelungen stellten eine weit-reichende Weisungsgebundenheit in der Tätigkeit dar. Für Franchiseunternehmen sei eine pauschalierende und typisierende Darstellung nicht möglich. Bei der Franchise-Wirtschaft handele es sich um einen heterogenen Wirtschafts-zweig, der nicht nur Franchisesysteme unterschiedlichster Größe und Ausgestaltung, sondern auch eine hohe Branchenvielfalt aufweise. Insoweit gebe es auch kein allgemeines Leitbild eines Franchisenehmers. Vielmehr sei auf die Besonderheiten eines jeden einzelnen Franchise-Systems abzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese haben bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Zu Unrecht hat die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Nr. 9 SGB VI und damit Pflichtversicherung als Selbständiger festgestellt. Der Antrag des Klägers auf freiwillige Versicherung als - nicht pflichtversicherter - Selbständiger ist damit noch nicht beschieden. Eine Entscheidung der Beklagten steht insoweit noch aus. Eine Verurteilung zur freiwilligen Versicherung gemäß klägerischem Hauptantrag war mangels vom Gericht überprüfbarer Verwaltungsentscheidung nicht möglich. Ebenfalls nicht er-forderlich war ein Bescheidungsurteil. Da der Antrag des Klägers nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch diese Entscheidung noch offen ist, muss die Beklagte hierüber entscheiden, ohne dass es dazu eines gerichtlichen Ausspruches bedarf. Insoweit war die Klage abzuweisen.

Zu Unrecht geht die Beklagte davon aus, dass im Falle des Klägers die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung als Selbständiger gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI vorliegen. Nach dieser Vorschrift sind versicherungspflichtig selbständig tätige Personen, die

a)im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400,00 Euro im Monat übersteigt, und

b)auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Unstreitig hat der Kläger keinen Arbeitnehmer beschäftigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger jedoch nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine pauschalisierende und typisierende Darstellung bei Franchiseunternehmen nicht möglich ist. Es ist richtig, dass es kein allgemeines Leitbild für Franchiseunternehmen und damit auch keine pauscha-lierende Bewertung der Versicherungspflicht in diesem Fall gibt.

Das Franchising ist als neuere Vertragsform weder im Bürgerlichen Gesetzbuch noch im Handelsgesetzbuch ausdrücklich gesetzlich geregelt. Der Franchisenehmer ist stärker an das Betriebssystem des Franchisegebers eingebunden als der bloße Vertragshändler. Er verkauft seine Erzeugnisse oder Dienstleistungen rechtlich selbständig, zahlt aber Gebühren für die Verwendung einheitlicher Ausstattung, für ein einheitlichen Namen und ein Auftreten nach außen, die Nutzung einer Marke und eines einheitlichen Vertriebssystems, manchmal auch für eine gemeinsame Buchhaltung. Der Franchisenehmer bildet die Franchisenehmer aus, er überprüft die Umsetzung des Konzeptes und darf Anweisungen erteilen. Der Deutsche Franchise-Verband e.V. definiert Franchising wie folgt:

"Franchising ist ein auf Partnerschaft basierendes Absatzsystem, mit dem Ziel der Verkaufsförderung. Der sogenannte Franchisegeber übernimmt die Planung, Durchführung und Kontrolle eines erfolgreichen Betriebs. Er erstellt ein unternehmerisches Gesamtkonzept, das von seinen Geschäftspartnern, den Franchisenehmern, selbständig an ihrem Standort umgesetzt wird."

Die verschiedenen Franchisekonzepte unterscheiden sich im Wesentlichen durch das angebotene Leistungspaket. Richtig ist, dass der Spielraum für das eigene unterneh-merische Handeln durch die Vorschriften des Franchisegebers mehr oder weniger stark einschränkt wird. Oft besteht ein Abnahmezwang beim Franchisegeber. Durch die um-satzabhängige Gebühr ist ein Teil der Einnahmen an den Franchisegeber abzugeben. Der Franchisenehmer behält das volle unternehmerische Risiko. Andererseits trägt der Fran-chisegeber das Risiko, dass sein Konzept und sein Image durch nicht sachgerechte Verwendung seiner Marke in ein negatives Licht gerät, was für ihn selbst und für die anderen Franchisenehmer negative Folgen hat. Hieraus begründet sich die - mehr oder weniger starke - Ausformung des Konzeptes, die vertragliche Bindung hieran sowie gewisse Kontrollrechte.

Allerdings handelt es sich bei der Frage der Einschränkung des unternehmerischen Han-delns nicht um eine Frage der Auftraggebereigenschaft. Vielmehr dürfte hier bei einer starken Bindung die Frage nach dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu stellen sein. Richtig ist, dass eine Pflichtversicherung dann anzunehmen sein kann, wenn kaum unternehmerische Möglichkeiten beim Franchisenehmer verbleiben, weil eine so weit-gehende Abhängigkeit vom Vertragspartner besteht, dass die Tätigkeit nach ihrem Er-scheinungsbild im Ergebnis in die Nähe eines abhängigen Verkaufstätigkeit rückt. Wenn kaum noch ein eigenständiger unternehmerischer Spielraum verbleibt und die Einkom-menserzielung allein dadurch ermöglicht wird, dass sich jemand an einen anderen vertraglich bindet und ihm nunmehr über die exklusive Belieferung mit Waren eine wirtschaft-liche Tätigkeit gestattet (so der Fall des LSG Berlin-Brandenburg vom 04.04.2008 - L 8 R 585/05; anhängig BSG B 12 R 3/08 R), dürfte die Tätigkeit in der Tat so eng an die eines Arbeitnehmers gerückt sein, dass eine andere Entscheidung zu treffen ist. Allerdings spräche eine solche Fallgestaltung eher dafür, von Scheinselbständigkeit auszugehen, also eine Pflichtversicherung nicht als Selbständiger, sondern wegen abhängiger Beschäf-tigung anzunehmen. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Status der Selbständigkeit des Klägers wird von der Beklagten – zu Recht – nicht bestritten. Der Franchisevertrag zwischen dem Kläger und der B enthielt allerdings sehr detaillierte Vorgaben. Gleichwohl verblieb dem Kläger noch ein hinreichender unternehmerischer Gestaltungsspielraum. Als Standort war lediglich die Stadt Minden sowie eine Frist vor-gegeben, bis zu derer der Betrieb begonnen werden musste, damit der Vertrag noch Geltung haben konnte. Dabei handelt es sich um die Eingrenzung des Vertragsgebietes, was bereits im Hinblick auf den Schutz weiterer Franchisenehmer sachgerecht war, da es sich um eine jeweils exklusive Einräumung handelte, und eine zeitliche Begrenzung zur Sicherung der Aktualität. Dem Kläger verblieben mehrere Monate, um einen geeigneten Standort zu finden. Richtig ist auch, dass Dienstleistungen und Beratungsschienen über andere Absatzschienen nicht erlaubt waren. Es mag allerdings auch an der Besonderheit des Inhalts - Schuldnerberatung - liegen, die sich mit einer gleichzeitigen Verkaufs- oder Beratungstätigkeit mit dem Ziel des Abschlusses von Verträgen wenig vereinbaren lässt. Ein gewisses genehmigungspflichtiges Fremdwarensortiment war allerdings möglich. Dem Kläger blieb auch die Möglichkeit, nach Genehmigung eine Nebentätigkeit auszuüben. Diese Genehmigungspflicht war im Hinblick auf die besondere Tätigkeit einer Schuldner-beratung, aber auch das besondere Interesse des Franchisegebers und seine Verant-wortung gegenüber den anderen Franchisenehmern, weil alle anderen Franchise-Partner ebenfalls in Verbindung mit einem möglicherweise schädigendem Verhalten eines Part-ners gebracht werden, sachgerecht und durch die besondere Gestaltung des Franchise-konzepts gerechtfertigt, ohne dass dies zielgerichtet auf eine Weisungsabhängigkeit gerichtet ist. Bei der angebotenen laufende Erfolgskontrolle, Jahresgespräche und Controlling im Rahmen des Qualitätsmanagements nach gesonderte Aufforderung durch den Franchisenehmer handelte es sich um ein Angebot im Rahmen der vertraglichen Dienstleistungen des Franchisegebers. Öffnungszeiten waren allerdings von Montag bis Freitag zwischen 09:00 Uhr und 17:00 Uhr zu garantieren, was eine nicht unerhebliche Einschränkung der zeitlichen Freiheit bedeutete. Allerdings musste der Kläger diese nicht in eigener Person erbringen, so dass es sich nicht um ein persönliches Weisungsrecht in Bezug auf die Arbeitszeit des Klägers handelte. Der Kläger hatte dem Franchisegeber schließlich Gewinn- und Verlustrechnungen und Berichte zum Wochen- und Monatsab-schluss zu übersenden, der Franchisegeber war berechtigt, zu jeder Zeit Einblick in sämtliche Geschäftsunterlagen des Franchisebetriebes zu nehmen und den Franchise-betrieb zu den üblichen Öffnungszeiten zu betreten und Feststellungen zu treffen. Dieses wirtschaftliche und räumliche Kontrollrecht rechtfertigte sich allerdings ebenfalls aus der Natur der Sache, nämlich zum einen aus der Überprüfung der umsatzabhängigen Franchisegebühr und zum anderen der gebotenen Überwachung des einheitlichen Erscheinungsbildes und der äußeren Umsetzung des Unternehmenskonzeptes und dienten nicht dem Zweck, den Kläger einer inhaltlichen Weisungsgebundenheit wie eines abhängigen Beschäftigung zu unterwerfen. Letztlich konnte der Franchisegeber insbe-sondere die einzelne Beratungstätigkeit des Klägers und das Einhalten der Vorgaben aus dem Handbuch nicht kontrollieren.

Ist der Kläger nach alledem als Selbständiger und nicht als abhängig Beschäftigter anzu-sehen, ist entscheidend für den vorliegenden Fall damit also nur, wer Auftraggeber des Klägers war und ob er im Wesentlichen nur für diesen tätig war. Mit der Frage des Grades der Bindung an den Franchisenehmer hat dies nichts zu tun. Vielmehr kommt es auf die wirtschaftliche Abhängigkeit an, die sich am anteiligen Umfang der betreffenden Tätigkeit für den Auftraggeber und insbesondere dem Anteil der von diesem bezogenen Entgelte bemisst. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist die B nicht als wesentlicher Auftrag-geber anzusehen. Der Begriff des Auftraggebers ist im Sozialversicherungsrecht gesetzlich nicht definiert. Es ist deshalb auf den allgemeinen Wortsinn, bezogen auf die konkrete Geschäftstätigkeit des Klägers zurückzugreifen. Nach der vertraglichen und tatsächlichen Gestaltung der Geschäftstätigkeit schließt dieser mit einer Vielzahl von Kunden im eigenen Namen, nicht jedoch im Namen und auch nicht auf Rechnung des Franchisegebers Verträge über die Dienstleistung der Schuldnerberatung ab. Von diesen erhält er ein Entgelt für seine Dienst-leistung. Er erhält weder Provision noch sonstige Entgelte von der B – wie das z.B. bei – oft nur für ein Unternehmen tätige und damit häufig von der Pflichtversicherung des § 2 Nr.9 SGB VI umfasste – selbständigen Handelsvertretern der Fall ist. Sein gewerblicher Erfolg hängt von seiner eigenständigen Wirtschaftsbeziehung zu einer Vielzahl von Kun-den ab, nicht ausschlaggebend von der Beziehung zum Franchisegeber. Entscheidend ist die tatsächliche wirtschaftliche Abhängigkeit. Für diese Bewertung kommt nach Auffas-sung der Kammer nur der anteilige Umfang der betreffenden Tätigkeit für den Auftraggeber und insbesondere der Anteil der von diesem bezogenen Entgelte in Betracht (Bayrisches LSG, Urteil vom 17.10.2006 - L 6 R 125/06 zum Franchise m. w. Hw.; vgl. auch allg. zur Frage des Auftraggebers LSG für das Land Saarland, Urteil vom 01.12.2005 - L 1 RA 11/04: es kommt auf die erzielten Bruttoeinkünfte an). Der Kläger ist zeitlich nicht für den Franchisegeber B tätig und bezieht von dieser auch kein Entgelt. Die Franchisegebühr ist - auch im Lichte der damit verbundenen Dienst-leistungen für den Kläger - nicht als so hoch anzusehen, dass der Kläger gleichsam seinen unternehmerisch erwirtschafteten Gewinn abzüglich einer Gehaltszahlung an die B abführt, so dass es sich um eine versteckte Entgeltzahlung handelte. Denn auch ein ungebundener selbständiger Unternehmer hat Betriebskosten für bestimmte, hier vom Franchisenehmer erbrachte Dienstleistungen, die er möglicherweise durch das nicht mehr erforderliche Einschalten verschiedener zu bezahlender Dienstleister erspart. Durch das bereits vorgegebene Konzept und das Know-How erspart der Franchisenehmer zudem Zeit, so dass er zügiger mit seiner Tätigkeit beginnen kann und diese qualifizierter ausüben kann, was unmittelbar Auswirkungen auf seine Umsatzhöhe haben dürfte.

Nach alledem war die B nicht als Auftraggeber anzusehen und der Klage stattzugeben, soweit die Feststellung der Versicherungspflicht als Selbständiger aufzuheben war. Über die Verpflichtung zur freiwilligen Versicherung hat die Beklagte hingegen noch zu entscheiden, ohne dass es dazu eines gerichtlichen Ausspruchs bedarf. Insoweit war die Klage abzuweisen. Über die weiter gestellten Hilfsanträge war nach Aufhebung der Entscheidung über die Versicherungspflicht als Selbständiger nicht mehr zu entscheiden, da diese die Bestätigung der Entscheidung der Beklagten insoweit voraussetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Anteil der Klageabweisung hat wirtschaftlich eine geringe Bedeutung, so dass es im Rahmen des gerichtlichen Ermessens bei der vollen Kostenerstattung bleibt.
Rechtskraft
Aus
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