S 38 (17) AS 126/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
38
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 38 (17) AS 126/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. In Abänderung des Bescheides vom 04.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 wird die Beklagte verurteilt, an die Kläger 1.325,55 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt 2/5 der außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Übernahme eines Straßenbaubeitrags in Höhe von 3.434,39 EUR als Kosten der Unterkunft.

Der am 27.09.1948 geborene Kläger zu 1.) und die am 18.11.1946 geborene Klägerin zu 2.) beziehen bei der Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II -. Sie bewohnen ein im Eigentum des Klägers zu 1.) stehendes Mehrfamilienhaus. Die von den Klägern selbst bewohnte Wohnung befindet sich im Erdgeschoss und hat eine Größe von ca. 110 qm. Die Wohnung im 1. Obergeschoss wird von der Mutter des Klägers zu 1.) bewohnt und hat ebenfalls eine Größe von ca. 110 qm. Darüber hinaus verfügt das Haus über ein Souterrain mit einer Größe von ca. 65 qm, das als Lager vermietet wird.

Am 01.02.2008 erließ die Stadt Essen einen Bescheid über einen Straßenbaubeitrag in Höhe von 3.434,39 EUR und machte dessen Zahlung gegenüber dem Kläger zu 1.) geltend. Als Fälligkeitstag war der 01.04.2008 angegeben.

Mit Schreiben vom 12.02.2008 beantragte der Kläger zu 1.) bei der Beklagten die Übernahme des Straßenbaubeitrags in Höhe von 3.434,39 EUR.

Am 05.03.2008 fragte die Beklagte bei der Stadt Essen telefonisch nach, ob auch Empfänger von Leistungen nach dem SGB II zur Zahlung von Straßenbaubeiträgen herangezogen werden könnten. Laut Gesprächsnotiz vom gleichen Tage teilte der Mitarbeiter der Stadt Essen, Herr K., der Beklagten mit, dass die Möglichkeit bestehen müsste bei der Finanzbuchhaltung der Stadt Essen beispielsweise eine befristete Niederschlagung der Forderung zu erwirken. Daraufhin bat die Beklagte den Kläger zu 1.) mit Schreiben vom 05.03.2008 um Mitteilung und Nachweis, ob er aufgrund seiner aktuellen Einkommenssituation bereits an die Stadt Essen herangetreten sei und beispielsweise nach der Möglichkeit einer befristeten Niederschlagung der Forderung o.ä. gefragt habe.

Am 11.03.2008 sprach der Kläger zu 1.) bei der Stadt Essen vor und beantragte die Stundung der Forderung. Sowohl mündlich als auch mit Schreiben vom gleichen Tage lehnte die Stadt Essen diesen Antrag mit der Begründung ab, dass allein der Hinweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II keine besondere Härte bedeute. Auch dann bestehe die Möglichkeit, den Betrag in kleinen Raten zu zahlen.

Mit Schreiben vom 15.03.2008 teilte der Kläger zu 1.) der Beklagten die Ablehnung seines Stundungsantrags seitens der Stadt Essen mit und erklärte weiterhin, dass ihm die Vereinbarung einer Ratenzahlung nicht möglich sei, da er nicht über die entsprechenden Mittel verfüge.

Mit Bescheid vom 04.04.2008 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für den Straßenbaubeitrag mit der Begründung ab, dass es sich bei diesem nicht um eine Leistung nach dem SGB II handele, da Straßenbaubeträge nicht originär dem Zweck der Instandhaltung oder Instandsetzung des Wohneigentums dienten.

Den hiergegen mit Schreiben vom 02.05.2008 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2008 als unbegründet zurück.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Übernahme des Straßenbaubeitrags weiter. Darüber hinaus haben sie ursprünglich auch die Zahlung einer Instandhaltungspauschale sowie der Übernahme von Schuldzinsen in angemessener Höhe geltend gemacht.

Im Hinblick auf die Übernahme der Kosten für den Straßenbaubeitrag tragen die Kläger vor, dass der Straßenbaubeitrag zu den Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II gehöre, da bei selbst genutzten Eigenheimen zu den Kosten der Unterkunft alle unmittelbar mit dem Wohneigentum verbundenen notwendigen Ausgaben und Belastungen zählten. Anzusetzen seien auch Beträge, die bei der Berechnung der Einkünfte bei Vermietung und Verpachtung gemäß § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – VO zu § 82 SGB XII – abzusetzen seien. In § 7 Abs. 2 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII seien als solche Beiträge sonstige öffentliche Abgaben genannt. Straßenbaubeiträge seien öffentliche Abgaben gemäß § 8 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen – KAG – in Verbindung mit der Beitragssatzung der Stadt Essen.

Des Weiteren tragen die Kläger vor, dass die Stadt Essen aufgrund des Bescheides vom 01.02.2008 über den Straßenbaubeitrag ein Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich der von den Klägern bewohnten Immobilie eingeleitet habe.

In dem Erörterungstermin am 24.09.2009 haben die Beteiligten einen Prozessvergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte ua zur anteiligen (entsprechend dem Wohnanteil der Kläger von 110 qm) Übernahme der Kosten für den Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.325,67 EUR verpflichtete. Die vergleichsweise Regelung über die anteilige Übernahme der Kosten für den Straßenbaubeitrag konnte von der Beklagten bis zum 15.10.2009 schriftlich widerrufen werden. Im Übrigen erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit durch Abschluss des Prozessvergleichs für erledigt.

Mit Schreiben vom 08.10.2009 hat die Beklagte den Prozessvergleich hinsichtlich der anteiligen Übernahme der Kosten für den Straßenbaubeitrag widerrufen.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich,

den Bescheid vom 04.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 hinsichtlich der Übernahme von Straßenbaubeiträgen aufzuheben und an die Kläger 3.434,39 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Auch die Beklagte verbleibt bei ihrer Auffassung und verweist auf ihre Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid.

Ergänzend trägt sie vor, dass der Leistungsempfänger gemäß § 2 SGB II gehalten sei, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Dazu gehöre auch, sich um eine Stundung oder Ratenzahlung zu bemühen. Seitens der Stadt Essen sei ausdrücklich eine Ratenzahlung angeboten worden, so dass der Hilfesuchende diese Kosten selbst tragen könne und diese nicht durch die Allgemeinheit zu übernehmen seien.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 04.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 ist rechtswidrig und beschwert die Kläger im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten soweit die Beklagte eine Übernahme der Kosten für den Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.325,55 EUR abgelehnt hat.

Die Kläger haben gemäß §§ 19 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Anspruch auf Zahlung der Kosten für den Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.325,55 EUR.

Die Kläger sind anspruchsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB II. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind, sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§ 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr. 1), die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils (Nr. 2), als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (Nr. 3a) sowie die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummer 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (Nr. 4). Nach Aktenlage sind diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.

Bei dem Straßenbaubeitrag handelt es sich um Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Dabei erfasst § 22 Abs. 1 SGB II nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 28/09 R -; Urteil vom 16.12.2008 B 4 AS 49/07 R -; Urteil vom 19.09.2008 – B 14 AS 54/07 R -; Beschluss vom 16.05.2007 – B 7b AS 40/06 R -). Soweit einzelne Kosten in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R -; Urteil vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 58/06 R -). Sie gehören als einmalig geschuldete Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R -; Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R -; Urteil vom 16.05.2007 – B 7b AS 40/06 R -).

Zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke zählen dabei alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 28/09 R -; Urteil vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 34/06 R -; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn. 26). § 7 Abs. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII findet insoweit entsprechende Anwendung (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 28/09 R -; Urteil vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 34/06 R -). Kosten, die ein Mehrfamilienhaus betreffen, das im Eigentum des Hilfebedürftigen steht, sind nur seinem Wohnanteil entsprechend zu berücksichtigen (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn. 26a zu Instandhaltungskosten; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 22 Rn. 25 ).

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 VO zu § 82 SGB XII ist als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Überschuss der Einnahmen über die mit ihrer Erzielung verbundenen notwendigen Ausgaben anzusetzen; zu den Ausgaben gehören

1. Schuldzinsen und dauernde Lasten, 2. Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, 3. Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe, soweit es sich um Zinsen nach § 211 Abs. 1 Nr. 2 des Lastenausgleichsgesetzes handelt, 4. der Erhaltungsaufwand, 5. sonstige Aufwendungen zur Bewirtschaftung des Haus- und Grundbesitzes, ohne besonderen Nachweis der Aufwendungen in Höhe von 1 vom Hundert der Jahresroheinnahmen. Bei dem Straßenbaubeitrag handelt es sich um eine sonstige öffentliche Abgabe im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII (SG Altenburg, Urteil vom 29.09.2008 – S 27 AS 3404/06 -; SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 10.07.2006 – S 34 AS 293/05 -). Öffentliche Abgaben sind hoheitlich geltend gemachte öffentlich-rechtliche Geldforderungen, die von allen erhoben werden, die einen normativen Tatbestand erfüllen und zur Deckung des Finanzbedarfs des Hoheitsträgers für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben dienen (SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 10.07.2006 – S 34 AS 293/05). Zu den öffentlichen Abgaben gehören gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KAG neben den Steuern auch Beiträge und Gebühren. Beiträge sind Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2 KAG, bei Straßen, Wegen und Plätzen auch für deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KAG). Sie werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KAG). Bei dem konkreten Straßenbaubeitrag handelt es sich um einen Beitrag in diesem Sinne, da es sich bei der Erneuerung des Entwässerungskanals und der Fahrbahn um eine Verbesserung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG handelt. Dementsprechend hat die Stadt Essen den Straßenbaubeitrag gemäß § 8 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des KAG für straßenbauliche Maßnahmen im Gebiet der Stadt Essen vom 26.07.2001 mit Bescheid vom 01.02.2008 erhoben. Die Kosten für den Straßenbaubeitrag sind nur dem Wohnanteil entsprechend zu berücksichtigen, da diese ein Mehrfamilienhaus betreffen, das im Eigentum des Klägers zu 1.) steht. Von den Gesamtkosten in Höhe von 3.434,39 EUR ist lediglich ein Anteil in Höhe von 1.325,55 EUR zu berücksichtigen, da das Mehrfamilienhaus eine Größe von insgesamt 285 qm hat und der von den Klägern bewohnte Anteil 110 qm beträgt. Die tatsächlich anfallenden anteiligen Kosten für den Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.325,55 EUR bezogen auf 110 qm sind vorliegend auch zu übernehmen. Zwar bestimmt § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, dass nur die tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessenen sind. Dabei richtet sich die Angemessenheit der Unterkunftskosten bei Mietern und Hauseigentümern nach einheitlichen Kriterien. Die Angemessenheit des Hausgrundstücks im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II indiziert nicht die Angemessenheit der Unterkunftskosten für dieses Haus im Sinne des § 22 SGB II. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist eine rein vermögensrechtliche Schutzvorschrift gegenüber dem Verwertungsbegehren des Grundsicherungsträgers, wirkt sich aber nicht auf die Höhe der nach § 22 SGB II zu übernehmenden Unterkunftskosten aus. § 22 Abs. 1 SGB II sieht insofern ohne Differenzierung danach, ob der Wohnbedarf durch Eigentum oder Miete gedeckt wird, Leistungen für Unterkunft und Heizung bis zur Grenze der Angemessenheit vor. Aus diesem Grund sind auch nicht die für Hauseigentum, sondern die für Mietwohnungen geltenden Wohnflächengrenzen bei der Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 22 SGB II zu berücksichtigen. Ansonsten ergäbe sich im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz eine nicht gerechtfertigte Privilegierung von Haus- und Wohnungseigentümern gegenüber Mietern (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 28/09 R -; Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 33/08 R -; Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 54/07 R -).

Da die Frage der Angemessenheit für Mieter und Eigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten ist, ist zur Bestimmung der heranzuziehenden Wohnungsgröße auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen. Nach § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung – WoFG - können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht kommt. Zur Bestimmung der in § 22 SGB II geforderten Angemessenheit ist auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgesetzten Werte zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 70/08 R -; Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R -; Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R -; Urteil vom 18.06.2008 – B 14/7b AS 44/06 R -). Insofern bestimmt sich für die streitgegenständliche Zeit in Nordrhein-Westfalen die angemessene Größe der Wohnung eines Hilfebedürftigen nach dem SGB II nach Ziffer 5.7.1.b) der VV-WoBindG (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 08.03.2002, 396, 400), wonach in der Regel für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen zwei Wohnräume oder 60 qm angemessen sind (BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R; LSG NRW, Urteil vom 29.04.2010 – L 9 AS 58/08 -).

Eine Berücksichtigung der Kosten für den Straßenbaubeitrag unter Zugrundelegung eines Wohnanteils von lediglich 60 qm und nicht des tatsächlichen Wohnanteils von 110 qm kommt hier aber in Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht in Betracht. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II regelt, dass, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen sind, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Vorliegend ist nicht ersichtlich, wie es den Klägern möglich gewesen wäre, die Kosten für den von der Stadt Essen mit Bescheid vom 01.02.2008 erhobenen Straßenbaubeitrag zu senken. Soweit die Beklagte die Kläger auf eine Ratenzahlung verweist, greift dies nicht, da – wie bereits oben ausgeführt - einzelne Kosten, die in einer Summe fällig werden, als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen und nicht auf längere Zeiträume zu verteilen sind. Sie gehören als einmalig geschuldete Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat. Fälligkeitsmonat war hier April 2008, so dass auch in diesem Monat die Kosten zu übernehmen gewesen wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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