Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 148/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin von der Beklagten für den Zeitraum vom 06.12.2007 bis 05.12.2008 die Zahlung von Einstiegsgeld beanspruchen kann.
Die am 00.00.1969 geborene Klägerin steht im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit dem 06.12.2006 ist sie selbstständig erwerbstätig als Handelsvertreterin für den Vertrieb von Reinigungs- und Wellnessprodukten und der Erbringung von Dienstleistungen. Im Rahmen der Antragstellung gab sie an, ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.600,00 EUR zu erwarten. Für die selbstständige Tätigkeit gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 06.12.2006 bis 05.12.2007 Einstiegsgeld in Höhe von 311,00 EUR monatlich.
Am 15.11.2007 beantragte sie die Fortzahlung des Einstiegsgeldes für den Zeitraum vom 06.12.2007 bis 05.12.2008. Sie legte eine Einnahmen-Überschussrechnung für 2007 vor, in der ein Jahresgewinn von 1.257,66 EUR errechnet wurde.
Mit Bescheid vom 26.11.2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus: Aus der vorgelegten Einnahmen-Überschussrechnung sei ersichtlich, dass auch nach einjähriger selbstständiger Tätigkeit lediglich monatliche Einnahmen in Höhe eines Nebenverdienstes erzielt würden. Es sei derzeit nicht davon auszugehen, dass auf Dauer die Hilfebedürftigkeit der Familie durch die selbstständige Tätigkeit beseitigt werden könne.
Am 28.11.2007 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: Ihr Unternehmen habe bis zum 30.10.2007 einen Überschuss von 1.494,24 EUR erwirtschaftet, worin eine durchaus positive Unternehmensentwicklung zu erkennen sei. Es nehme eine gewisse Zeit in Anspruch, sukzessive einen Kundenstamm aufzubauen. Das Unternehmen sei ohne den Einsatz von Geschäftsdarlehen aufgebaut; alle Investitionen würden aus laufenden Einnahmen bestritten. Ohne das Einstiegsgeld werde sich die finanzielle Situation der Klägerin sowie des Unternehmens weiter verschlechtern. Andere neu gegründete Unternehmen stünden schlechter da und würden in den ersten zwei Jahren keinen Überschuss erwirtschaften. 2007 sei ein Investitionsjahr gewesen, für 2008 könnten die Investitionskosten um rund zwei Drittel gesenkt werden. Die 2007 getätigten Investitionen waren erforderlich, um Demonstrationsmittel und Vorführprodukte zu erlangen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des § 29 SGB II lägen nicht vor. Die Klägerin sei bereits ein Jahr gefördert worden. Trotz dieser finanziellen Unterstützung habe sie nicht mindestens so hohe Umsätze und Einnahmen erzielt, dass sie ihren Bedarf decken könne. Es verbleibe lediglich ein Jahresgewinn für 2007 in Höhe von etwa 1.300,00 EUR. Selbst bei Erhöhung der Betriebseinnahmen und Verringerung der Betriebsausgaben sei der erwartete voraussichtliche Gewinn nicht ausreichend, um zumindest die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu beenden. Hierzu sei ein Gewinn von 700,00 bis 1000,00 EUR monatlich erforderlich, von dem die Klägerin weit entfernt sei. Die Gewährung des Einstiegsgeldes stünde im Ermessen des Leistungsträgers. Aufgrund der bekannten Umstände sei nicht damit zu rechnen, dass durch und mit der Gewährung von Einstiegsgeld ein so hoher Umsatz zu erzielen sei, dass nicht nur der Bedarf der Klägerin, sondern auch ihrer Familie gedeckt würde.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.05.2008 Klage erhoben. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft. Soweit die Beklagte erwarte, dass der Hilfebedarf vollständig, insbesondere für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, entfalle, so sei dies im Gesetz nicht verlangt. Vielmehr sei ausreichend, wenn die Hilfebedürftigkeit verringert werden könne. Sie verweist diesbezüglich auf § 1 SGB II sowie eine Entscheidung des LSG BRB vom 15.02.2008, Az.: L 26 B 107/08 AS ER. Eine sichere Prognose über die Gewinnerwartung der Klägerin sei nach nur einem Jahr nicht möglich. Die Klägerin könne, da sie kein Geschäftsdarlehen in Anspruch nehme, keine kostspielige Werbung einsetzen, sondern sei auf persönliche Kundenansprachen durch Repräsentation bei Veranstaltungen angewiesen. Nach einer Anlaufphase von zwei Jahre sei durchaus ein Gewinn zu erwarten, der den Umfang der Hilfebedürftigkeit verringere. Durch die Einstellung des Einstiegsgeldes gefährde die Beklagte die Entwicklung der selbstständigen Tätigkeit. Im vierten Quartal 2009 habe auch ein Gewinn erwirtschaftet werden können. Die Klägerin reicht eine Einnahmenüberschussrechnung für das vierte Quartal 2009 zu den Akten, aus der sich ein erwirtschafteter Gewinn von 2.388,19 EUR errechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einnahmenüberschussrechnung für das vierte Quartal Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2008 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 06.12.2007 bis 05.12.2008 Einstiegsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus: Der Gesetzgeber habe entgegen der Auffassung der Klägerin nicht lediglich die Verringerung der Hilfebedürftigkeit, sondern die zukünftige Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die Gewährung des Einstiegsgeldes normiert. Für das Jahr 2007 habe die Klägerin Zahlen vorgelegt, die einer weitere positive Prognose nicht rechtfertigten. Vielmehr sei erkennbar, dass ohne die Gewährung des Einstiegsgeldes im Jahr 2007 kein Gewinn, sondern ein Verlust erzielt worden sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass sich die wirtschaftliche Situation 2008 verbessert habe. Bis zum 30.09.2009 sei eine Anrechnung von Einkünften aus der selbstständigen Tätigkeit nicht erfolgt. Erst im Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.03.2010 werde ein monatliches Einkommen in Höhe von 320,00 EUR angerechnet.
Auf Aufforderung des Gerichts hat die Klägerin die Einnahmen-Überschussrechnung für 2008 vorgelegt, aus der sich ein Verlust für das Jahr 2008 in Höhe von 7.178,18 EUR ergibt.
Wegen der weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 26.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2008 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da der Bescheid rechtmäßig ist. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Einstiegsgeld für weitere zwölf Monate vom 06.12.2007 bis 05.12.2008.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung des Einstiegsgeldes ist § 29 Abs. 1 S. 1 SGB II in der bis zum 31.12.2008 a. F. gültigen Fassung, der im vorliegenden Fall, der insgesamt Zeiträume vor dem 01.01.2009 betrifft, weiterhin Anwendung findet.
Gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 SGB II kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zwar ist die Klägerin erwerbsfähige Hilfebedürftige und arbeitslos. Jedoch ist die Zahlung des Einstiegsgeldes zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit und zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erforderlich. Zur Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzung der Überwindung von Hilfebedürftigkeit erfüllt ist, ist eine Prognoseentscheidung erforderlich, in der zu prüfen ist, ob die vom Hilfebedürftigen angestrebte Tätigkeit ihm eine Perspektive eröffnet, in absehbarer Zeit auch ohne Leistungen nach dem SGB II den Lebensunterhalt für sich bestreiten zu können. Es muss mithin damit zu rechnen sein, dass kein weiterer Hilfebedarf mehr besteht und weitere Hilfeleistungen nicht mehr zu erbringen sind (LSG NRW, Urteil vom 08.02.2007, Az.: L 9 AS 26/06). Eine Förderung ist ausgeschlossen, wenn die angestrebte Tätigkeit keinerlei berechtigte Chance und Hoffnung zulässt, dass sie auf Dauer dazu führen wird, dass der Hilfebedürftige unabhängig von Leistungen nach dem SGB II leben kann (LSG BRB, Beschluss vom 15.02.2008, Az.: L 26 B 107/08 AS ER).
Hierbei kann zunächst dahinstehen, ob die Beklagte vor erstmaliger Entscheidung über die Gewährung von Einstiegsgeld ein Fachgutachten einzuholen hat, wie dies für verschiedene Leistungen des SGB III (Überbrückungsgeld, Existenzgründungszuschuss) zu erfolgen hat. Denn jedenfalls nach einjähriger Förderung der Tätigkeit verfügte die Beklagte aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse aus dem ersten Jahr der Tätigkeit über eine ausreichende Datengrundlage, um selbst eine Prognoseentscheidung über den weiteren Verlauf der selbstständigen Tätigkeit treffen zu können.
Hiervon ausgehend ist die Prognoseentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Abzustellen ist hierbei von auf die der Beklagten zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Tatsachen. Zutreffend hat die Beklagte zunächst gewertet, dass das Betriebsergebnis des Jahres 2007 eine positive Entwicklung des Betriebes dergestalt, dass in absehbarer Zeit mit Einnahmen gerechnet werden konnte, die zumindest geeignet sind, den Bedarf der Klägerin zu decken, nicht nahelegte. Zwar hat die Klägerin im Jahr 2007 einen Gewinn von 1.257,66 EUR erzielt. Jedoch war hierbei - wie die Beklagte zutreffend ausführt - zu berücksichtigen, dass dieser lediglich deshalb errechnet werden konnte, weil die Klägerin von den Betriebsausgaben das gewährte Einstiegsgeld in Höhe von 3.412,00 EUR abgezogen hat. Ohne die Berücksichtigung des Einstiegsgeldes wäre ein Verlust von 2.163,34 EUR erwirtschaftet worden. Zwar ist jedem neu gegründeten Unternehmen zuzubilligen, dass in einer angemessenen Startphase nicht bereits Gewinne erzielt, sondern vielmehr auch Verluste in Kauf genommen werden müssen. Jedoch ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass es sich lediglich um die in der Gründungsphase typischerweise zu erwartenden Verluste handelt. So ergeben sich aus den Ausführungen der Klägerin keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass nach Abschluss des ersten Jahres und damit einhergehender Gründungsverluste nunmehr 2008 eine nennenswerte Steigerung des Unternehmensergebnisses und damit bedarfsdeckende Einkünfte zu erwarten waren. Soweit die Klägerin im Widerspruchsverfahren vortrug, dass sie sich mittlerweile einen beträchtlichen Kundenstamm aufgebaut habe, sodass der Materialeinsatz sich in den kommenden drei bis vier Monaten etwa um ein Drittel reduzieren würde, die Erlöse sich aber durch den Zuwachs von neuen Kunden um etwa ein Drittel bis die Hälfte erhöhen würden, so ließ sich hieraus nicht mit hinreichender Gewissheit erkennen, dass dies zu Einnahmen führen würde, die den Hilfebedarf der Klägerin decken könnten. Es waren keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Klägerin die von ihr selbst prognostizierten Bruttoeinnahmen von 1.600,00 EUR monatlich tatsächlich in absehbarer Zeit realisieren würde.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Klägerin, ihre Gründungsphase sei deshalb länger anzusetzen, weil sie das Unternehmen ohne die Inanspruchnahme von Geschäftsdarlehen aufbaue und deshalb keine kostenaufwändige Werbung betreiben könne. Zwar ist für die Kammer nachvollziehbar, dass sich unter diesen Umständen die Anlaufphase des Unternehmens länger hinziehen kann. Letztlich handelt es sich hierbei aber um die eigene unternehmerische Entscheidung der Klägerin, die nicht zur Gewährung von Einstiegsgeld führen kann, da der Sinn und Zweck des Einstiegsgeldes, nämlich die schnelle Integration des Hilfebedürftigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt bei Unabhängigkeit von Transferleistungen, dann nicht mehr erreicht werden kann.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass die finanzielle Situation des Unternehmens durch die Versagung des Einstiegsgeldes gefährdet sei, so führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn das Einstiegsgeld dient nicht dazu, den Aufbau der selbstständigen Tätigkeit überhaupt erst zu ermöglichen, sondern soll lediglich für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einen finanziellen Anreiz schaffen (so auch LSG NRW, a.a.O.).
Letztlich wurde die Prognose der Beklagten auch durch die tatsächliche Unternehmensentwicklung bestätigt. So hat die Klägerin im Jahr 2008 ausweislich der vorgelegten Einnahmen-Überschussrechnung einen Verlust in Höhe von 7.178,18 EUR erwirtschaftet. Die Betriebseinnahmen sanken dabei sogar um 1.053,65 EUR, während die Betriebsausgaben nicht - wie von der Klägerin angekündigt - reduziert wurden. Vielmehr stiegen diese von 8.119.36 EUR auf 11.630,40 EUR um etwa 3.511,04 EUR. Dies entspricht in etwa dem Einstiegsgeld für zwölf Monate, welches die Klägerin in der Einnahmen-Überschussrechnung 2007 von den Betriebsausgaben abgezogen hatte. Eine echte Verbesserung der Situation des Unternehmens lässt sich nicht erkennen.
Soweit die Klägerin darauf verweist, dass nunmehr im 4. Quartal 2009 ein Gewinn erzielt worden sei, so war dies im Rahmen der von der Beklagten zu treffenden Prognoseentscheidung nicht absehbar.
Soweit die Klägerin einwendet, dass die Überwindung der Hilfebedürftigkeit keine Anspruchsvoraussetzung sei und insofern auf § 1 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 SGB II verweist, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Ausdrücklich fordert § 29 SGB II a. F. die Überwindung von Hilfebedürftigkeit als Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung von Einstiegsgeld. Die Verringerung von Hilfebedürftigkeit ist nicht ausreichend, um die Tätigkeit als förderungsfähig im Sinne des § 29 SGB II a. F. zu erachten. § 1 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 SGB II ist demgegenüber lediglich eine programmatische Norm, aus der sich unmittelbar Rechtsansprüche nicht ableiten (vgl. Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 1 Rn. 2).
Da somit bereits die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Einstiegsgeldes gemäß § 29 SGB II a. F. nicht vorliegen, braucht die Kammer nicht mehr zu prüfen, ob die Beklagte das ihr in der genannten Vorschrift eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin von der Beklagten für den Zeitraum vom 06.12.2007 bis 05.12.2008 die Zahlung von Einstiegsgeld beanspruchen kann.
Die am 00.00.1969 geborene Klägerin steht im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit dem 06.12.2006 ist sie selbstständig erwerbstätig als Handelsvertreterin für den Vertrieb von Reinigungs- und Wellnessprodukten und der Erbringung von Dienstleistungen. Im Rahmen der Antragstellung gab sie an, ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.600,00 EUR zu erwarten. Für die selbstständige Tätigkeit gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 06.12.2006 bis 05.12.2007 Einstiegsgeld in Höhe von 311,00 EUR monatlich.
Am 15.11.2007 beantragte sie die Fortzahlung des Einstiegsgeldes für den Zeitraum vom 06.12.2007 bis 05.12.2008. Sie legte eine Einnahmen-Überschussrechnung für 2007 vor, in der ein Jahresgewinn von 1.257,66 EUR errechnet wurde.
Mit Bescheid vom 26.11.2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus: Aus der vorgelegten Einnahmen-Überschussrechnung sei ersichtlich, dass auch nach einjähriger selbstständiger Tätigkeit lediglich monatliche Einnahmen in Höhe eines Nebenverdienstes erzielt würden. Es sei derzeit nicht davon auszugehen, dass auf Dauer die Hilfebedürftigkeit der Familie durch die selbstständige Tätigkeit beseitigt werden könne.
Am 28.11.2007 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: Ihr Unternehmen habe bis zum 30.10.2007 einen Überschuss von 1.494,24 EUR erwirtschaftet, worin eine durchaus positive Unternehmensentwicklung zu erkennen sei. Es nehme eine gewisse Zeit in Anspruch, sukzessive einen Kundenstamm aufzubauen. Das Unternehmen sei ohne den Einsatz von Geschäftsdarlehen aufgebaut; alle Investitionen würden aus laufenden Einnahmen bestritten. Ohne das Einstiegsgeld werde sich die finanzielle Situation der Klägerin sowie des Unternehmens weiter verschlechtern. Andere neu gegründete Unternehmen stünden schlechter da und würden in den ersten zwei Jahren keinen Überschuss erwirtschaften. 2007 sei ein Investitionsjahr gewesen, für 2008 könnten die Investitionskosten um rund zwei Drittel gesenkt werden. Die 2007 getätigten Investitionen waren erforderlich, um Demonstrationsmittel und Vorführprodukte zu erlangen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des § 29 SGB II lägen nicht vor. Die Klägerin sei bereits ein Jahr gefördert worden. Trotz dieser finanziellen Unterstützung habe sie nicht mindestens so hohe Umsätze und Einnahmen erzielt, dass sie ihren Bedarf decken könne. Es verbleibe lediglich ein Jahresgewinn für 2007 in Höhe von etwa 1.300,00 EUR. Selbst bei Erhöhung der Betriebseinnahmen und Verringerung der Betriebsausgaben sei der erwartete voraussichtliche Gewinn nicht ausreichend, um zumindest die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu beenden. Hierzu sei ein Gewinn von 700,00 bis 1000,00 EUR monatlich erforderlich, von dem die Klägerin weit entfernt sei. Die Gewährung des Einstiegsgeldes stünde im Ermessen des Leistungsträgers. Aufgrund der bekannten Umstände sei nicht damit zu rechnen, dass durch und mit der Gewährung von Einstiegsgeld ein so hoher Umsatz zu erzielen sei, dass nicht nur der Bedarf der Klägerin, sondern auch ihrer Familie gedeckt würde.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.05.2008 Klage erhoben. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft. Soweit die Beklagte erwarte, dass der Hilfebedarf vollständig, insbesondere für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, entfalle, so sei dies im Gesetz nicht verlangt. Vielmehr sei ausreichend, wenn die Hilfebedürftigkeit verringert werden könne. Sie verweist diesbezüglich auf § 1 SGB II sowie eine Entscheidung des LSG BRB vom 15.02.2008, Az.: L 26 B 107/08 AS ER. Eine sichere Prognose über die Gewinnerwartung der Klägerin sei nach nur einem Jahr nicht möglich. Die Klägerin könne, da sie kein Geschäftsdarlehen in Anspruch nehme, keine kostspielige Werbung einsetzen, sondern sei auf persönliche Kundenansprachen durch Repräsentation bei Veranstaltungen angewiesen. Nach einer Anlaufphase von zwei Jahre sei durchaus ein Gewinn zu erwarten, der den Umfang der Hilfebedürftigkeit verringere. Durch die Einstellung des Einstiegsgeldes gefährde die Beklagte die Entwicklung der selbstständigen Tätigkeit. Im vierten Quartal 2009 habe auch ein Gewinn erwirtschaftet werden können. Die Klägerin reicht eine Einnahmenüberschussrechnung für das vierte Quartal 2009 zu den Akten, aus der sich ein erwirtschafteter Gewinn von 2.388,19 EUR errechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einnahmenüberschussrechnung für das vierte Quartal Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2008 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 06.12.2007 bis 05.12.2008 Einstiegsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus: Der Gesetzgeber habe entgegen der Auffassung der Klägerin nicht lediglich die Verringerung der Hilfebedürftigkeit, sondern die zukünftige Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die Gewährung des Einstiegsgeldes normiert. Für das Jahr 2007 habe die Klägerin Zahlen vorgelegt, die einer weitere positive Prognose nicht rechtfertigten. Vielmehr sei erkennbar, dass ohne die Gewährung des Einstiegsgeldes im Jahr 2007 kein Gewinn, sondern ein Verlust erzielt worden sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass sich die wirtschaftliche Situation 2008 verbessert habe. Bis zum 30.09.2009 sei eine Anrechnung von Einkünften aus der selbstständigen Tätigkeit nicht erfolgt. Erst im Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.03.2010 werde ein monatliches Einkommen in Höhe von 320,00 EUR angerechnet.
Auf Aufforderung des Gerichts hat die Klägerin die Einnahmen-Überschussrechnung für 2008 vorgelegt, aus der sich ein Verlust für das Jahr 2008 in Höhe von 7.178,18 EUR ergibt.
Wegen der weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 26.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2008 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da der Bescheid rechtmäßig ist. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Einstiegsgeld für weitere zwölf Monate vom 06.12.2007 bis 05.12.2008.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung des Einstiegsgeldes ist § 29 Abs. 1 S. 1 SGB II in der bis zum 31.12.2008 a. F. gültigen Fassung, der im vorliegenden Fall, der insgesamt Zeiträume vor dem 01.01.2009 betrifft, weiterhin Anwendung findet.
Gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 SGB II kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zwar ist die Klägerin erwerbsfähige Hilfebedürftige und arbeitslos. Jedoch ist die Zahlung des Einstiegsgeldes zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit und zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erforderlich. Zur Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzung der Überwindung von Hilfebedürftigkeit erfüllt ist, ist eine Prognoseentscheidung erforderlich, in der zu prüfen ist, ob die vom Hilfebedürftigen angestrebte Tätigkeit ihm eine Perspektive eröffnet, in absehbarer Zeit auch ohne Leistungen nach dem SGB II den Lebensunterhalt für sich bestreiten zu können. Es muss mithin damit zu rechnen sein, dass kein weiterer Hilfebedarf mehr besteht und weitere Hilfeleistungen nicht mehr zu erbringen sind (LSG NRW, Urteil vom 08.02.2007, Az.: L 9 AS 26/06). Eine Förderung ist ausgeschlossen, wenn die angestrebte Tätigkeit keinerlei berechtigte Chance und Hoffnung zulässt, dass sie auf Dauer dazu führen wird, dass der Hilfebedürftige unabhängig von Leistungen nach dem SGB II leben kann (LSG BRB, Beschluss vom 15.02.2008, Az.: L 26 B 107/08 AS ER).
Hierbei kann zunächst dahinstehen, ob die Beklagte vor erstmaliger Entscheidung über die Gewährung von Einstiegsgeld ein Fachgutachten einzuholen hat, wie dies für verschiedene Leistungen des SGB III (Überbrückungsgeld, Existenzgründungszuschuss) zu erfolgen hat. Denn jedenfalls nach einjähriger Förderung der Tätigkeit verfügte die Beklagte aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse aus dem ersten Jahr der Tätigkeit über eine ausreichende Datengrundlage, um selbst eine Prognoseentscheidung über den weiteren Verlauf der selbstständigen Tätigkeit treffen zu können.
Hiervon ausgehend ist die Prognoseentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Abzustellen ist hierbei von auf die der Beklagten zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Tatsachen. Zutreffend hat die Beklagte zunächst gewertet, dass das Betriebsergebnis des Jahres 2007 eine positive Entwicklung des Betriebes dergestalt, dass in absehbarer Zeit mit Einnahmen gerechnet werden konnte, die zumindest geeignet sind, den Bedarf der Klägerin zu decken, nicht nahelegte. Zwar hat die Klägerin im Jahr 2007 einen Gewinn von 1.257,66 EUR erzielt. Jedoch war hierbei - wie die Beklagte zutreffend ausführt - zu berücksichtigen, dass dieser lediglich deshalb errechnet werden konnte, weil die Klägerin von den Betriebsausgaben das gewährte Einstiegsgeld in Höhe von 3.412,00 EUR abgezogen hat. Ohne die Berücksichtigung des Einstiegsgeldes wäre ein Verlust von 2.163,34 EUR erwirtschaftet worden. Zwar ist jedem neu gegründeten Unternehmen zuzubilligen, dass in einer angemessenen Startphase nicht bereits Gewinne erzielt, sondern vielmehr auch Verluste in Kauf genommen werden müssen. Jedoch ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass es sich lediglich um die in der Gründungsphase typischerweise zu erwartenden Verluste handelt. So ergeben sich aus den Ausführungen der Klägerin keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass nach Abschluss des ersten Jahres und damit einhergehender Gründungsverluste nunmehr 2008 eine nennenswerte Steigerung des Unternehmensergebnisses und damit bedarfsdeckende Einkünfte zu erwarten waren. Soweit die Klägerin im Widerspruchsverfahren vortrug, dass sie sich mittlerweile einen beträchtlichen Kundenstamm aufgebaut habe, sodass der Materialeinsatz sich in den kommenden drei bis vier Monaten etwa um ein Drittel reduzieren würde, die Erlöse sich aber durch den Zuwachs von neuen Kunden um etwa ein Drittel bis die Hälfte erhöhen würden, so ließ sich hieraus nicht mit hinreichender Gewissheit erkennen, dass dies zu Einnahmen führen würde, die den Hilfebedarf der Klägerin decken könnten. Es waren keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Klägerin die von ihr selbst prognostizierten Bruttoeinnahmen von 1.600,00 EUR monatlich tatsächlich in absehbarer Zeit realisieren würde.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Klägerin, ihre Gründungsphase sei deshalb länger anzusetzen, weil sie das Unternehmen ohne die Inanspruchnahme von Geschäftsdarlehen aufbaue und deshalb keine kostenaufwändige Werbung betreiben könne. Zwar ist für die Kammer nachvollziehbar, dass sich unter diesen Umständen die Anlaufphase des Unternehmens länger hinziehen kann. Letztlich handelt es sich hierbei aber um die eigene unternehmerische Entscheidung der Klägerin, die nicht zur Gewährung von Einstiegsgeld führen kann, da der Sinn und Zweck des Einstiegsgeldes, nämlich die schnelle Integration des Hilfebedürftigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt bei Unabhängigkeit von Transferleistungen, dann nicht mehr erreicht werden kann.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass die finanzielle Situation des Unternehmens durch die Versagung des Einstiegsgeldes gefährdet sei, so führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn das Einstiegsgeld dient nicht dazu, den Aufbau der selbstständigen Tätigkeit überhaupt erst zu ermöglichen, sondern soll lediglich für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einen finanziellen Anreiz schaffen (so auch LSG NRW, a.a.O.).
Letztlich wurde die Prognose der Beklagten auch durch die tatsächliche Unternehmensentwicklung bestätigt. So hat die Klägerin im Jahr 2008 ausweislich der vorgelegten Einnahmen-Überschussrechnung einen Verlust in Höhe von 7.178,18 EUR erwirtschaftet. Die Betriebseinnahmen sanken dabei sogar um 1.053,65 EUR, während die Betriebsausgaben nicht - wie von der Klägerin angekündigt - reduziert wurden. Vielmehr stiegen diese von 8.119.36 EUR auf 11.630,40 EUR um etwa 3.511,04 EUR. Dies entspricht in etwa dem Einstiegsgeld für zwölf Monate, welches die Klägerin in der Einnahmen-Überschussrechnung 2007 von den Betriebsausgaben abgezogen hatte. Eine echte Verbesserung der Situation des Unternehmens lässt sich nicht erkennen.
Soweit die Klägerin darauf verweist, dass nunmehr im 4. Quartal 2009 ein Gewinn erzielt worden sei, so war dies im Rahmen der von der Beklagten zu treffenden Prognoseentscheidung nicht absehbar.
Soweit die Klägerin einwendet, dass die Überwindung der Hilfebedürftigkeit keine Anspruchsvoraussetzung sei und insofern auf § 1 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 SGB II verweist, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Ausdrücklich fordert § 29 SGB II a. F. die Überwindung von Hilfebedürftigkeit als Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung von Einstiegsgeld. Die Verringerung von Hilfebedürftigkeit ist nicht ausreichend, um die Tätigkeit als förderungsfähig im Sinne des § 29 SGB II a. F. zu erachten. § 1 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 SGB II ist demgegenüber lediglich eine programmatische Norm, aus der sich unmittelbar Rechtsansprüche nicht ableiten (vgl. Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 1 Rn. 2).
Da somit bereits die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Einstiegsgeldes gemäß § 29 SGB II a. F. nicht vorliegen, braucht die Kammer nicht mehr zu prüfen, ob die Beklagte das ihr in der genannten Vorschrift eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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