Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KN 108/10 KR ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin (AG) einstweilen zu verpflichten ist, der im Jahr 1929 geborenen Antragstellerin (AS) die Behandlung ihrer feuchten altersabhängigen Makuladegeneration (im folgenden AMD) am linken und rechten Auge jeweils mittels intravitrealer Injektion des Fertigarzneimittels Lucentis durch Übernahme der von Prof. Dr. xxxxx veranschlagten Kosten jeweils eines Behandlungsintervalls (3 Injektionen) für jedes Auge zu gewähren. Gemäß Kostenvoranschlag dieses Arztes aus Köln belaufen sich die Kosten für eine Injektionsbehandlung mit Lucentis auf jeweils 1.296,22 Euro für das Medikament und 400,- Euro für die ärztliche Behandlung inkl. der Nachbehandlung (also insgesamt auf 10.176,- Euro). Zwischen den Beteiligten ist bereits wegen einer Restkostenerstattung in Höhe von 4015,70 Euro für drei bei der AS privatärztlich durch die Praxis Prof. Dr. xxxxx pp. vorgenommene Medikamenteneinspritzungen am linken Auge mit Lucentis ein Klageverfahren anhängig (S 26 KN 30/10 KR). In diesem Verfahren hat die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass zwischen ihr und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ( KVNO) und den augenärztlichen Berufsverbänden ein Vertrag zur Behandlung der feuchten AMD mittels intravitrealer Eingabe von VEGF-Hemmern (u.a. auch Lucentis) geschlossen worden sei, welcher eine pauschalierte Kostenvergütung von 450,- Euro für alle mit den Medikamenteneinspritzungen einhergehenden Aufwendungen (Arzt- und Arzneikosten) je Behandlung vereinbart worden sei. Die augenärztliche Nachbehandlung sei laut Vertrag mit zusätzlich 50,- Euro anrechnungsfähig. Die Kostenabrechnung erfolge direkt über die Krankenversicherungskarte mit der KVNO.
Am 11.05.2010 beantragte die AS bei der AG die Kostenübernahme für die Einspritzung und Behandlung mit Lucentis beider Augen bei dem Augenarzt Prof. Dr. xxxxx ,aus dessen Kostenvoranschlag vom 07.05.2010 sich die veranschlagten Kosten für eine Injektionsbehandlung je Auge mit Lucentis von 1.296,22 Euro für das Medikament und 400,- Euro für die ärztliche Behandlung inkl. der Nachbehandlung ergeben. Aus medizinischen Gründen sei bei beiden Augen die Injektion mit Lucentis geplant; empfohlen würden drei Injektionen je Auge. In der Folgezeit bat die AG mit Schreiben vom 08.06.2010 die Augenarztpraxis Dres. xxxxx um Zusendung aktueller Augenhintergrundbilder im Original. Diese gingen am 21.06.2010 bei der AG ein, welche diese am selben Tag ihrem Dezernat I.7.2 in Bochum zusandte. Mit einem am 16.06.2010 bei der AG eingegangenem Schreiben forderten die Verfahrensbevollmächtigten der AS von der AG eine positive Entscheidung bis zum 21.06.2010 und kündigten einen Eilantrag beim Sozialgericht Köln an.
Dieser ging schließlich am 02.07.2010 beim Sozialgericht Köln ein und ist dem Sinn nach auf die einstweilige Verpflichtung der AG zur Übernahme der Kosten gerichtet, die sich aus dem Kostenvoranschlag der Augenarztpraxis Dres. xxxxx aus Köln ergeben. Zur Begründung des Eilantrages trägt die AS im wesentlichen vor, die Behandlung an beiden Augen sei dringlich durchzuführen, da ansonsten die Gefahr einer zügigen weiteren Sehverschlechterung beider Augen drohe, welche wegen der hohen Empfindlichkeit des Netzhautgewebes irreversibel sein könne. Unstreitig habe sie einen Anspruch auf Gewährung der Behandlung ihrer feuchten AMD mittels intravitrealer Injektion von Lucentis. Nach § 76 Absatz 1 SGB V habe sie ein Recht auf freie Arztwahl. Zu den Ärzten der Praxis xxxxx habe sie bereits besonderes Vertrauen aufgebaut und vertraue auf deren Urteil. Eine Begrenzung der Kosten auf das Niveau, welches auf der Grundlage der Vereinbarung der AG mit der KVNO und den augenärztlichen Berufsverbänden ( im Folgenden: AMD-Vertrag) getroffen worden sei, sei der AS nicht zuzumuten. Da eine Durchstechflasche Lucentis 1.296,22 Euro koste und ausweislich der Fachinformation zum einmaligen Gebrauch zugelassen sei, könne die Leistung einschließlich Medikament nicht für 450,- Euro rechtmäßig erbracht werden. Aus dem Inhalt des oben genannten Vertrages sei zu entnehmen, dass ausweislich der Kostenkalkulation hier eine Durchstechflasche Lucentis für die Behandlung mehrerer Patienten oder Avastin im Off-Label-Use Verwendung finde. Die Auseinzelung verstoße jedoch gegen die Vorgaben in der Fachinformation. Im übrigen sei der Vertrag evident rechtswidrig. Zudem hätten inzwischen das Sozialgericht Aachen in einem Urteil vom 11.03.2010 (S 2 (15) KR 115/08 KN) und das Sozialgericht Köln im Urteil vom 12.05.2010 (S 5 KN 30/07) die Beklagte auf Erstattung der vollständigen Kosten verurteilt. Im übrigen sei die Augenarztpraxis Dres. xxxxx zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung berechtigt. Die bislang fehlende Aufnahme der intravitrealen Injektion im EBM hindere nicht die Pflicht der gesetzlichen Krankenkassen zur Vergütung der ärztlichen Leistungen, die auf der Grundlage der GOÄ erfolge. In der Praxis stellten daher die behandelnden Ärzte vor der Leistungserbringung üblicherweise einen Kostenübernahmeantrag bei den gesetzlichen Krankenkassen, um so sicher zu stellen, dass sie auch das ärztliche Honorar erhielten. Bei unklarer Rechtslage habe im übrigen jeder Vertragsarzt die Möglichkeit, das Präparat auf Privatrezept zu verordnen und so den Kostenträger in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung über seine Leistungspflicht zu treffen. Unabhängig von evtl. getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Krankenkasse dürfe eine Kostenübernahme für die Behandlung mit einem zugelassenen Arzneimittel wie Lucentis einem Versicherten nicht verweigert werden, wenn eine ärztliche Verordnung vorliege und der Versicherte eine Versorgung mit Lucentis wünsche. Genau so liege aber der Fall der AS. Die AS könne auch nicht gezwungen werden, sich von solchen Ärzten behandeln zu lassen, die im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung rechtswidrig behandelten und das für die intravitreale Injektion nicht zugelassene Arzneimittel Avastin verabreichten. Im übrigen sei die Teilnahme an dem Vertrag für den Versicherten freiwillig. Die AS sei nicht in der Lage, die Therapie vorzufinanzieren. Durch die Verauslagung von Kosten von rund 4.000,- Euro im ersten Behandlungsintervall (Gegenstand des Klageverfahrens S 26 KN 30/10 KR) habe sie die finanziellen Möglichkeiten ausgeschöpft. Sie verfüge ausschließlich über eine monatliche Rente in Höhe von 475,04 Euro, während der Ehemann eine monatliche Rente von 1.417,26 Euro erhalte. Die Eheleute seien gemeinsam Eigentümer eines von ihnen selbst bewohnten Eigenheims. Die Wohnkosten beliefen sich auf ca. 65,- Euro pro Monat. Über weiteres Vermögen verfüge die AS und ihr Ehemann nicht. Die AS hat ferner auf zahlreiche Parallelverfahren verwiesen, welche ihre Bevollmächtigten bei der Sozialgerichtsbarkeit im krankenversicherungs- und vertragsärztlichen Bereich (hier für die Herstellerfirma von Lucentis) geführt haben. Ferner wird auf die zahlreichen weiteren von der AS vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Die AS beantragt,
die AG einstweiligen zu verpflichten, der AS die Behandlung ihrer feuchten AMD am linken und am rechten Auge jeweils mittels intravitrealer Injektion des Fertigarzneimittels Lucentis durch Übernahme der Kosten jeweils eines Behandlungsintervalls (3 Injektionen) für jedes Auge zu gewähren.
Die AG beantragt schriftlich,
den Antrag abzuweisen.
Sie hat im wesentlichen vorgetragen, Versicherte erhielten die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 2 Absatz 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistungen. Dabei sei das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Die von der AS ausgewählte Augenarztpraxis sei nicht bereit oder mangels Zulassung nicht berechtigt, für das seit Ende Februar 2007 in Deutschland zugelassene Medikament Lucentis eine Arzneimittelverordnung nach Muster 16 (Kassenrezept) auszustellen, obwohl dies arzneimittelrechtlich zulässig sei. Sie wolle die erforderlichen Leistungen vollständig außervertraglich erbringen. Kostenerstattungsansprüche bestünden nach § 13 Absatz 3 SGB V in entstandener Höhe aber nur dann, wenn die Kasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen könne oder diese zu Unrecht abgelehnt habe. Die AG habe einen Vertrag mit der KVNO und den augenärztlichen Berufsverbänden geschlossen, der eine pauschale Kostenvergütung von 450,- Euro für alle mit den Medikamenteneinspritzungen einhergehenden Aufwendungen (Arztkosten und Arzneimittelkosten) vorsehe. Eine Kostenabrechnung über die Krankenversichertenkarte für die hier streitgegenständliche Behandlung sei direkt im angeführten Umfang über die Krankenversichertenkarte möglich. Im Zusammenhang mit einem anderweitigen Antrag seien der AS mit Bescheid vom 25.03.2009 bereits Ärzte genannt worden, welche im Rahmen des AMD- Vertrages auch Lucentis verabreichen könnten. Mit weiterem Bescheid vom 14.07.2010 genehmigte die AG gegenüber der AS dann auch formell die geplante Behandlung für drei weitere Medikamenteneinspritzungen mit Lucentis am linken Auge zu den Bedingungen des zitierten Vertrages (450,- Euro zuzüglich 65,- Euro für die Nachbehandlung, ggf. abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung für das Arzneimittel und die Praxisgebühr). Eventuelle Mehrkosten müsse die AS selbst tragen. Gegen diesen Bescheid hat die AS Widerspruch erhoben. Auf telefonische Nachfrage hat die AG dem Gericht versichert, die Notwendigkeit der Behandlung beider Augen werde nicht bestritten und für die Behandlung beider Augen der AS zu den Kostensätzen des AMD-Vertrags eingestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die umfangreichen, zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht, sofern ein Fall nach Absatz 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile zwingend erforderlich erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen. Dabei stehen Anordnungsanspruch und -grund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und -grund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System: Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig und /oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden.
Nach kursorischer Prüfung gelangt das Sozialgericht Köln zu dem Ergebnis, dass der Ausgang des (hier noch gar nicht anhängigen) Hauptsacheverfahrens offen bzw. ungewiss ist. Zwar kann sich die Klägerin auf Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 11.03.2010 und des Sozialgerichts Köln vom 12.05.2010 stützen; diese Urteile sind jedoch nicht rechtskräftig. Für die Auffassung der AG hingegen spricht der Eilbeschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 15.04.2010 - L 10 KR 5/10 B ER , mit welchem in einem vergleichbaren Fall der Eilantrag abgelehnt wurde. Auf die dortigen Ausführungen, die auf ausgiebigen Ermittlungen im Eilverfahren basieren, wird im vollem Umfang Bezug genommen; das LSG Sachsen-Anhalt hielt die Erfolgsaussichten der Hauptsache in dem dortigen Parallelfall für zweifelhaft. Bei seiner Folgenabwägung hat das erkennende Gericht Folgendes berücksichtigt: Die AG kann die begehrte Behandlung der intravitrealen Injektion mit Lucentis in beide Augen deshalb nicht als vertragsärztliche Leistung erbringen, weil diese gebührenrechtlich bis heute im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) gebührenrechtlich nicht erfasst ist. Eine Kostenübernahme für die streitgegenständliche Behandlung an beiden Augen zu den von der Augenarztpraxis Prof. Dr. xxxxx pp. genannten Bedingungen kann die AS jedoch nicht aus dem Gesichtspunkt des Versagens des Sachleistungssystems von der AG beanspruchen. Denn die AG hat die im vertragsärztlichen Leistungssystem bestehende Versorgungslücke anderweitig auf eine mit der begehrten Behandlung gleichwertige und der AS zumutbare Weise geschlossen, indem sie mit der KVNO und den Verbänden der Augenärzte den zitierten Vertrag zur Behandlung der feuchten AMD mittels intravitrealer Eingabe von VEGF-Hemmern geschlossen hat. Diese Verträge stellen die von der Krankenkasse zu gewährleistende Krankenversorgung (§ 2 Absatz 2 Satz 1 SGB V) sicher und beachten den Gesetzesvorbehalt in § 31 SGB I sowie das sich aus § 12 SGB V ergebende Wirtschaftlichkeitsgebot in rechtmäßiger Art und Weise. Entgegen der Auffassung der AS ist dieser sogenannte AMD-Vertrag nicht offensichtlich rechtswidrig, wie sich bereits aus dem Beschluss des SG Düsseldorf vom 23.08.2007 (S 2 KA 104/07), bestätigt durch Beschluss des LSG NRW vom 11.02.2008 - L 11 (10) B 17/07 KA, dem Beschluss des SG Düsseldorf vom 16.10.2008 - S 14 KA 121/08 ER und dem Urteil des SG Düsseldorf vom 02.07.2008 - S 2 KA 181/07 ergibt. Grundsätzlich erhalten Versicherte die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse nach § 2 Absatz 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistung, wobei auch das Wirtschaftlichkeitsgebot ( § 12 SGB V) zu beachten ist. § 13 Absatz 3 SGB V (Kostenerstattung) stellt demgegenüber eine Ausnahme vom Grundsatz des Sachleistungsprinzips dar. Mit dem AMD-Vertrag haben die Vertragspartner eine Möglichkeit geschaffen, durch eine anderweitige Interimsversorgung (bis zur Aufnahme der ärztlichen Leistung in den EBM) den Versicherten die begehrte ärztliche Behandlung u.a. mit Lucentis als Sachleistung anzubieten, vgl. Präambel und § 1 des AMD-Vertrags. In den §§ 7 ff. befinden sich auch zahlreiche Vorschriften zur Sicherung der Qualität. In der Anlage 1 a zum AMD-Vertrag wird dem Patienten erklärt, dass die Behandlung mit Macugen, Lucentis oder Avastin in Betracht kommt. Des weiteren werden dem Patienten die verschiedenen Medikamente im einzelnen beschrieben, wobei angemerkt wird, dass die Gegenüberstellung der Behandlungen dem Versicherten die Entscheidung erleichtern solle, welches Medikament in seinem Fall angewandt werden solle. Wie die AG bereits mit Schreiben vom 12.07.2010 ausgeführt hat, kann die AS im Rahmen des Vertrages bei den dort aufgeführten zahlreichen Vertragsbehandlern ( vgl. 3- seitige Liste für NRW zum AMD-Vertrag, Blatt 147 ff Gerichtsakte) eine Behandlung des rechten und linken Auges direkt über die Krankenversichertenkarte erhalten. Dies war der AS aus dem Vorverfahren des Klagevorgangs S 26 KN 30/10 KR mindestens seit März 2009 bekannt und ist von der AG gegenüber dem Gericht telefonisch nochmals bestätigt worden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die genannten Vertragsbehandler der AS für eine einwandfreie ärztliche Leistung zivilrechtlich haften. Darunter sind namhafte High-Tech-Augenarztpraxen, welche auch international einen hervorragenden Ruf haben; dies ist der Vorsitzenden aus ihrer langjährigen Tätigkeit im Bereich Krankenversicherung und Kassenarztrecht bekannt. Zwar wird die AS durch den AMD-Vertrag in der freien Arztwahl beschränkt. Diese wird jedoch durch das SGB V ohnehin für gesetzlich Krankenversicherte nicht uneingeschränkt gewährleistet. Denn diese dürfen grundsätzlich nur diejenigen Ärzte in Anspruch nehmen, die durch Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Zudem wird sich der Versicherte in der Regel nur für solche Ärzte entscheiden, die ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit der intravitrealen Injektion in das Auge gesammelt haben. Das zwischen der AS und ihrer Augenarztpraxis bestehende Vertrauensverhältnis vermag hingegen eine Versorgungslücke nicht zu begründen. Erst Recht ist kein Anspruch der AS erkennbar, von der AG die Behandlung mit Lucentis von einem besonders teuren Anbieter finanziert zu erhalten, welcher - wie hier - das ärztliche Honorar nach frei bestimmten Pauschalen abrechnen will. Aus dem Kostenvoranschlag der Augenarztpraxis Dres. xxxxx ergibt sich keine Abrechnung des Arzthonorars aufgrund der GOÄ, sondern nach Pauschalen, deren Bemessung nicht dargelegt wurde. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der AS würde eine Verpflichtung der AG zur Übernahme von Behandlungskosten in Höhe von über 10.000,- Euro hier im Ergebnis die Hauptsache vorwegnehmen, da die AS im Falle des Unterliegens im (derzeit noch gar nicht anhängigen) Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, diese Kosten zurückzuzahlen. Eine echte Vorwegnahme der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung kommt jedoch in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Obsiegen der AS in der Hauptsache ganz überwiegend wahrscheinlich ist. Dies ist hier jedoch zu verneinen, wobei ausdrücklich nochmals auf den umfangreichen Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 15.04.2010 und die dort angestellten Ermittlungen verwiesen wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin (AG) einstweilen zu verpflichten ist, der im Jahr 1929 geborenen Antragstellerin (AS) die Behandlung ihrer feuchten altersabhängigen Makuladegeneration (im folgenden AMD) am linken und rechten Auge jeweils mittels intravitrealer Injektion des Fertigarzneimittels Lucentis durch Übernahme der von Prof. Dr. xxxxx veranschlagten Kosten jeweils eines Behandlungsintervalls (3 Injektionen) für jedes Auge zu gewähren. Gemäß Kostenvoranschlag dieses Arztes aus Köln belaufen sich die Kosten für eine Injektionsbehandlung mit Lucentis auf jeweils 1.296,22 Euro für das Medikament und 400,- Euro für die ärztliche Behandlung inkl. der Nachbehandlung (also insgesamt auf 10.176,- Euro). Zwischen den Beteiligten ist bereits wegen einer Restkostenerstattung in Höhe von 4015,70 Euro für drei bei der AS privatärztlich durch die Praxis Prof. Dr. xxxxx pp. vorgenommene Medikamenteneinspritzungen am linken Auge mit Lucentis ein Klageverfahren anhängig (S 26 KN 30/10 KR). In diesem Verfahren hat die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass zwischen ihr und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ( KVNO) und den augenärztlichen Berufsverbänden ein Vertrag zur Behandlung der feuchten AMD mittels intravitrealer Eingabe von VEGF-Hemmern (u.a. auch Lucentis) geschlossen worden sei, welcher eine pauschalierte Kostenvergütung von 450,- Euro für alle mit den Medikamenteneinspritzungen einhergehenden Aufwendungen (Arzt- und Arzneikosten) je Behandlung vereinbart worden sei. Die augenärztliche Nachbehandlung sei laut Vertrag mit zusätzlich 50,- Euro anrechnungsfähig. Die Kostenabrechnung erfolge direkt über die Krankenversicherungskarte mit der KVNO.
Am 11.05.2010 beantragte die AS bei der AG die Kostenübernahme für die Einspritzung und Behandlung mit Lucentis beider Augen bei dem Augenarzt Prof. Dr. xxxxx ,aus dessen Kostenvoranschlag vom 07.05.2010 sich die veranschlagten Kosten für eine Injektionsbehandlung je Auge mit Lucentis von 1.296,22 Euro für das Medikament und 400,- Euro für die ärztliche Behandlung inkl. der Nachbehandlung ergeben. Aus medizinischen Gründen sei bei beiden Augen die Injektion mit Lucentis geplant; empfohlen würden drei Injektionen je Auge. In der Folgezeit bat die AG mit Schreiben vom 08.06.2010 die Augenarztpraxis Dres. xxxxx um Zusendung aktueller Augenhintergrundbilder im Original. Diese gingen am 21.06.2010 bei der AG ein, welche diese am selben Tag ihrem Dezernat I.7.2 in Bochum zusandte. Mit einem am 16.06.2010 bei der AG eingegangenem Schreiben forderten die Verfahrensbevollmächtigten der AS von der AG eine positive Entscheidung bis zum 21.06.2010 und kündigten einen Eilantrag beim Sozialgericht Köln an.
Dieser ging schließlich am 02.07.2010 beim Sozialgericht Köln ein und ist dem Sinn nach auf die einstweilige Verpflichtung der AG zur Übernahme der Kosten gerichtet, die sich aus dem Kostenvoranschlag der Augenarztpraxis Dres. xxxxx aus Köln ergeben. Zur Begründung des Eilantrages trägt die AS im wesentlichen vor, die Behandlung an beiden Augen sei dringlich durchzuführen, da ansonsten die Gefahr einer zügigen weiteren Sehverschlechterung beider Augen drohe, welche wegen der hohen Empfindlichkeit des Netzhautgewebes irreversibel sein könne. Unstreitig habe sie einen Anspruch auf Gewährung der Behandlung ihrer feuchten AMD mittels intravitrealer Injektion von Lucentis. Nach § 76 Absatz 1 SGB V habe sie ein Recht auf freie Arztwahl. Zu den Ärzten der Praxis xxxxx habe sie bereits besonderes Vertrauen aufgebaut und vertraue auf deren Urteil. Eine Begrenzung der Kosten auf das Niveau, welches auf der Grundlage der Vereinbarung der AG mit der KVNO und den augenärztlichen Berufsverbänden ( im Folgenden: AMD-Vertrag) getroffen worden sei, sei der AS nicht zuzumuten. Da eine Durchstechflasche Lucentis 1.296,22 Euro koste und ausweislich der Fachinformation zum einmaligen Gebrauch zugelassen sei, könne die Leistung einschließlich Medikament nicht für 450,- Euro rechtmäßig erbracht werden. Aus dem Inhalt des oben genannten Vertrages sei zu entnehmen, dass ausweislich der Kostenkalkulation hier eine Durchstechflasche Lucentis für die Behandlung mehrerer Patienten oder Avastin im Off-Label-Use Verwendung finde. Die Auseinzelung verstoße jedoch gegen die Vorgaben in der Fachinformation. Im übrigen sei der Vertrag evident rechtswidrig. Zudem hätten inzwischen das Sozialgericht Aachen in einem Urteil vom 11.03.2010 (S 2 (15) KR 115/08 KN) und das Sozialgericht Köln im Urteil vom 12.05.2010 (S 5 KN 30/07) die Beklagte auf Erstattung der vollständigen Kosten verurteilt. Im übrigen sei die Augenarztpraxis Dres. xxxxx zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung berechtigt. Die bislang fehlende Aufnahme der intravitrealen Injektion im EBM hindere nicht die Pflicht der gesetzlichen Krankenkassen zur Vergütung der ärztlichen Leistungen, die auf der Grundlage der GOÄ erfolge. In der Praxis stellten daher die behandelnden Ärzte vor der Leistungserbringung üblicherweise einen Kostenübernahmeantrag bei den gesetzlichen Krankenkassen, um so sicher zu stellen, dass sie auch das ärztliche Honorar erhielten. Bei unklarer Rechtslage habe im übrigen jeder Vertragsarzt die Möglichkeit, das Präparat auf Privatrezept zu verordnen und so den Kostenträger in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung über seine Leistungspflicht zu treffen. Unabhängig von evtl. getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Krankenkasse dürfe eine Kostenübernahme für die Behandlung mit einem zugelassenen Arzneimittel wie Lucentis einem Versicherten nicht verweigert werden, wenn eine ärztliche Verordnung vorliege und der Versicherte eine Versorgung mit Lucentis wünsche. Genau so liege aber der Fall der AS. Die AS könne auch nicht gezwungen werden, sich von solchen Ärzten behandeln zu lassen, die im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung rechtswidrig behandelten und das für die intravitreale Injektion nicht zugelassene Arzneimittel Avastin verabreichten. Im übrigen sei die Teilnahme an dem Vertrag für den Versicherten freiwillig. Die AS sei nicht in der Lage, die Therapie vorzufinanzieren. Durch die Verauslagung von Kosten von rund 4.000,- Euro im ersten Behandlungsintervall (Gegenstand des Klageverfahrens S 26 KN 30/10 KR) habe sie die finanziellen Möglichkeiten ausgeschöpft. Sie verfüge ausschließlich über eine monatliche Rente in Höhe von 475,04 Euro, während der Ehemann eine monatliche Rente von 1.417,26 Euro erhalte. Die Eheleute seien gemeinsam Eigentümer eines von ihnen selbst bewohnten Eigenheims. Die Wohnkosten beliefen sich auf ca. 65,- Euro pro Monat. Über weiteres Vermögen verfüge die AS und ihr Ehemann nicht. Die AS hat ferner auf zahlreiche Parallelverfahren verwiesen, welche ihre Bevollmächtigten bei der Sozialgerichtsbarkeit im krankenversicherungs- und vertragsärztlichen Bereich (hier für die Herstellerfirma von Lucentis) geführt haben. Ferner wird auf die zahlreichen weiteren von der AS vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Die AS beantragt,
die AG einstweiligen zu verpflichten, der AS die Behandlung ihrer feuchten AMD am linken und am rechten Auge jeweils mittels intravitrealer Injektion des Fertigarzneimittels Lucentis durch Übernahme der Kosten jeweils eines Behandlungsintervalls (3 Injektionen) für jedes Auge zu gewähren.
Die AG beantragt schriftlich,
den Antrag abzuweisen.
Sie hat im wesentlichen vorgetragen, Versicherte erhielten die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 2 Absatz 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistungen. Dabei sei das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Die von der AS ausgewählte Augenarztpraxis sei nicht bereit oder mangels Zulassung nicht berechtigt, für das seit Ende Februar 2007 in Deutschland zugelassene Medikament Lucentis eine Arzneimittelverordnung nach Muster 16 (Kassenrezept) auszustellen, obwohl dies arzneimittelrechtlich zulässig sei. Sie wolle die erforderlichen Leistungen vollständig außervertraglich erbringen. Kostenerstattungsansprüche bestünden nach § 13 Absatz 3 SGB V in entstandener Höhe aber nur dann, wenn die Kasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen könne oder diese zu Unrecht abgelehnt habe. Die AG habe einen Vertrag mit der KVNO und den augenärztlichen Berufsverbänden geschlossen, der eine pauschale Kostenvergütung von 450,- Euro für alle mit den Medikamenteneinspritzungen einhergehenden Aufwendungen (Arztkosten und Arzneimittelkosten) vorsehe. Eine Kostenabrechnung über die Krankenversichertenkarte für die hier streitgegenständliche Behandlung sei direkt im angeführten Umfang über die Krankenversichertenkarte möglich. Im Zusammenhang mit einem anderweitigen Antrag seien der AS mit Bescheid vom 25.03.2009 bereits Ärzte genannt worden, welche im Rahmen des AMD- Vertrages auch Lucentis verabreichen könnten. Mit weiterem Bescheid vom 14.07.2010 genehmigte die AG gegenüber der AS dann auch formell die geplante Behandlung für drei weitere Medikamenteneinspritzungen mit Lucentis am linken Auge zu den Bedingungen des zitierten Vertrages (450,- Euro zuzüglich 65,- Euro für die Nachbehandlung, ggf. abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung für das Arzneimittel und die Praxisgebühr). Eventuelle Mehrkosten müsse die AS selbst tragen. Gegen diesen Bescheid hat die AS Widerspruch erhoben. Auf telefonische Nachfrage hat die AG dem Gericht versichert, die Notwendigkeit der Behandlung beider Augen werde nicht bestritten und für die Behandlung beider Augen der AS zu den Kostensätzen des AMD-Vertrags eingestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die umfangreichen, zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht, sofern ein Fall nach Absatz 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile zwingend erforderlich erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen. Dabei stehen Anordnungsanspruch und -grund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und -grund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System: Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig und /oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden.
Nach kursorischer Prüfung gelangt das Sozialgericht Köln zu dem Ergebnis, dass der Ausgang des (hier noch gar nicht anhängigen) Hauptsacheverfahrens offen bzw. ungewiss ist. Zwar kann sich die Klägerin auf Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 11.03.2010 und des Sozialgerichts Köln vom 12.05.2010 stützen; diese Urteile sind jedoch nicht rechtskräftig. Für die Auffassung der AG hingegen spricht der Eilbeschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 15.04.2010 - L 10 KR 5/10 B ER , mit welchem in einem vergleichbaren Fall der Eilantrag abgelehnt wurde. Auf die dortigen Ausführungen, die auf ausgiebigen Ermittlungen im Eilverfahren basieren, wird im vollem Umfang Bezug genommen; das LSG Sachsen-Anhalt hielt die Erfolgsaussichten der Hauptsache in dem dortigen Parallelfall für zweifelhaft. Bei seiner Folgenabwägung hat das erkennende Gericht Folgendes berücksichtigt: Die AG kann die begehrte Behandlung der intravitrealen Injektion mit Lucentis in beide Augen deshalb nicht als vertragsärztliche Leistung erbringen, weil diese gebührenrechtlich bis heute im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) gebührenrechtlich nicht erfasst ist. Eine Kostenübernahme für die streitgegenständliche Behandlung an beiden Augen zu den von der Augenarztpraxis Prof. Dr. xxxxx pp. genannten Bedingungen kann die AS jedoch nicht aus dem Gesichtspunkt des Versagens des Sachleistungssystems von der AG beanspruchen. Denn die AG hat die im vertragsärztlichen Leistungssystem bestehende Versorgungslücke anderweitig auf eine mit der begehrten Behandlung gleichwertige und der AS zumutbare Weise geschlossen, indem sie mit der KVNO und den Verbänden der Augenärzte den zitierten Vertrag zur Behandlung der feuchten AMD mittels intravitrealer Eingabe von VEGF-Hemmern geschlossen hat. Diese Verträge stellen die von der Krankenkasse zu gewährleistende Krankenversorgung (§ 2 Absatz 2 Satz 1 SGB V) sicher und beachten den Gesetzesvorbehalt in § 31 SGB I sowie das sich aus § 12 SGB V ergebende Wirtschaftlichkeitsgebot in rechtmäßiger Art und Weise. Entgegen der Auffassung der AS ist dieser sogenannte AMD-Vertrag nicht offensichtlich rechtswidrig, wie sich bereits aus dem Beschluss des SG Düsseldorf vom 23.08.2007 (S 2 KA 104/07), bestätigt durch Beschluss des LSG NRW vom 11.02.2008 - L 11 (10) B 17/07 KA, dem Beschluss des SG Düsseldorf vom 16.10.2008 - S 14 KA 121/08 ER und dem Urteil des SG Düsseldorf vom 02.07.2008 - S 2 KA 181/07 ergibt. Grundsätzlich erhalten Versicherte die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse nach § 2 Absatz 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistung, wobei auch das Wirtschaftlichkeitsgebot ( § 12 SGB V) zu beachten ist. § 13 Absatz 3 SGB V (Kostenerstattung) stellt demgegenüber eine Ausnahme vom Grundsatz des Sachleistungsprinzips dar. Mit dem AMD-Vertrag haben die Vertragspartner eine Möglichkeit geschaffen, durch eine anderweitige Interimsversorgung (bis zur Aufnahme der ärztlichen Leistung in den EBM) den Versicherten die begehrte ärztliche Behandlung u.a. mit Lucentis als Sachleistung anzubieten, vgl. Präambel und § 1 des AMD-Vertrags. In den §§ 7 ff. befinden sich auch zahlreiche Vorschriften zur Sicherung der Qualität. In der Anlage 1 a zum AMD-Vertrag wird dem Patienten erklärt, dass die Behandlung mit Macugen, Lucentis oder Avastin in Betracht kommt. Des weiteren werden dem Patienten die verschiedenen Medikamente im einzelnen beschrieben, wobei angemerkt wird, dass die Gegenüberstellung der Behandlungen dem Versicherten die Entscheidung erleichtern solle, welches Medikament in seinem Fall angewandt werden solle. Wie die AG bereits mit Schreiben vom 12.07.2010 ausgeführt hat, kann die AS im Rahmen des Vertrages bei den dort aufgeführten zahlreichen Vertragsbehandlern ( vgl. 3- seitige Liste für NRW zum AMD-Vertrag, Blatt 147 ff Gerichtsakte) eine Behandlung des rechten und linken Auges direkt über die Krankenversichertenkarte erhalten. Dies war der AS aus dem Vorverfahren des Klagevorgangs S 26 KN 30/10 KR mindestens seit März 2009 bekannt und ist von der AG gegenüber dem Gericht telefonisch nochmals bestätigt worden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die genannten Vertragsbehandler der AS für eine einwandfreie ärztliche Leistung zivilrechtlich haften. Darunter sind namhafte High-Tech-Augenarztpraxen, welche auch international einen hervorragenden Ruf haben; dies ist der Vorsitzenden aus ihrer langjährigen Tätigkeit im Bereich Krankenversicherung und Kassenarztrecht bekannt. Zwar wird die AS durch den AMD-Vertrag in der freien Arztwahl beschränkt. Diese wird jedoch durch das SGB V ohnehin für gesetzlich Krankenversicherte nicht uneingeschränkt gewährleistet. Denn diese dürfen grundsätzlich nur diejenigen Ärzte in Anspruch nehmen, die durch Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Zudem wird sich der Versicherte in der Regel nur für solche Ärzte entscheiden, die ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit der intravitrealen Injektion in das Auge gesammelt haben. Das zwischen der AS und ihrer Augenarztpraxis bestehende Vertrauensverhältnis vermag hingegen eine Versorgungslücke nicht zu begründen. Erst Recht ist kein Anspruch der AS erkennbar, von der AG die Behandlung mit Lucentis von einem besonders teuren Anbieter finanziert zu erhalten, welcher - wie hier - das ärztliche Honorar nach frei bestimmten Pauschalen abrechnen will. Aus dem Kostenvoranschlag der Augenarztpraxis Dres. xxxxx ergibt sich keine Abrechnung des Arzthonorars aufgrund der GOÄ, sondern nach Pauschalen, deren Bemessung nicht dargelegt wurde. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der AS würde eine Verpflichtung der AG zur Übernahme von Behandlungskosten in Höhe von über 10.000,- Euro hier im Ergebnis die Hauptsache vorwegnehmen, da die AS im Falle des Unterliegens im (derzeit noch gar nicht anhängigen) Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, diese Kosten zurückzuzahlen. Eine echte Vorwegnahme der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung kommt jedoch in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Obsiegen der AS in der Hauptsache ganz überwiegend wahrscheinlich ist. Dies ist hier jedoch zu verneinen, wobei ausdrücklich nochmals auf den umfangreichen Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 15.04.2010 und die dort angestellten Ermittlungen verwiesen wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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