Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 4087/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 16.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2010 wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die von der Beigeladenen beim Kläger verrichtete Tätigkeit als Reitpädagogin seit 01.01.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Der Kläger betreibt als eingetragener Verein einen Reitponyclub auf angemietetem Gelände in Bessenbach. Der Kläger besitzt 13, zum Teil ältere Pferde. Als kleiner Verein wird er durch ehrenamtliche Tätigkeiten geführt und sieht sich nicht in der Lage, jemanden hauptberuflich einzustellen. Bei Versicherungspflicht der Beigeladenen ab Oktober 2007 geht der Kläger von einem nachzuzahlenden Betrag von 10.000,00 Euro aus. Am 14.01.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen. Diese gebe seit 01.01.2007 als Reitlehrerin und Reitpädagogin Reitstunden und Therapiestunden. Ihr unternehmerisches Handeln bestehe in der Ausbildung eines Therapiepferdes und in der Kalkulation der Therapieeinheiten. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene mit, nach Beendigung ihrer berufsbegleitenden Ausbildung zum Reitpädagogen im Sommer 2007 arbeite sie als Reitpädagoge an zwei Tagen die Woche beim Kläger. Die Einheiten zum heilpädagogischen Reiten und Voltigieren betrügen bei ihnen 30 Min. und seien zum größten Teil Einzelunter-richtseinheiten. Das heilpädagogische Reiten und Voltigieren sei ein Teilbereich des therapeutischen Reitens und eine ganzheitliche orientierte pädagogische Maßnahme, bei der das Pferd seine speziellen Fähigkeiten in den Interaktionsprozess einbringe. Beim Voltigieren gehe das Pferd auf einem Zirkel, es würden Übungen mit verschiedenen Zielsetzungen und Schwerpunkten auf dem ungesattelten Pferderücken im Schritt, Trab und Galopp durchgeführt. Beim Reiten stehe die selbständige Einflussnahme des Reiters auf das Pferd im Vordergrund. Die Zielschwerpunkte lägen in den Bereichen der motorischen und sensorischen Fähigkeiten (z. B. Verbesserung des Gleichgewichts), in den sozialen und emotionalen Kompetenzen (z. B. Erhöhung des Selbstwertgefühls, Abbau von Ängsten) und in kognitiven Fähigkeiten (z. B. Sprachstörung). Eine positive Auswirkung bestehe besonders bei Menschen mit Entwicklungsverzögerung, geistiger Behinderung, Autismus, Lernbehinderung, Verhaltensauffälligkeit, Sinnesbehinderungen und Sprachbehinderungen. Besonders Pferde hätten als vorurteilsfreie, akzeptierende, annehmende und gerechte Partner auf Kinder und Jugendliche eine hohe Anziehungskraft und positive Wirkung. Aufgrund der Körperwärme, des weichen Fells und des freundlichen Wesens lade ein Pferd ein zum Schmusen und Streicheln und berühre den Menschen in seinen emotionalen Persönlichkeitsbereich und seinem Bedürfnis nach Beziehungserleben. Es sei mit dem Kläger abgemacht, dass sie ihre Fähigkeiten als Reitpädagoge im Rah-men des Vereinsgeschehens anbiete und monatlich ihre Stunden in Rechnung stelle. Soziale Absicherungen müsse sie in der Tätigkeit als Selbständige selbst übernehmen. In der Arbeit als Reitpädagoge setze sie kein eigenes Kapital ein. Das Pferd, die Ausrüstung für das Pferd, sowie etwaige Hilfsmittel und die Benutzung der Reithalle werde ihr vom Kläger zur Verfügung gestellt. Ihre Arbeit als Reitpädagoge führe sie persönlich aus und setze keine Hilfskräfte ein. Sie erhalte keine Weisungen sachlicher Art seitens des Klägers. Ihre Tätigkeit führe sie auf der Anlage des Klägers aus. In der Reithalle, auf dem Außenplatz, auf der angrenzenden Wiese, in den Stallungen, sowie auch im angrenzenden Wald, wenn sie mit einer Einheit ins Gelände gehe. Sie stelle am Ende des Monats eine Rechnung über die gegebenen Reitstunden. Diese bekomme sie dann auf ihr Konto überwiesen. Sie habe keine Kostenbeteiligung bei dem Kläger. Weder an den Räumen noch an den Therapiegeräten. Sie arbeite nicht mit Mitarbeitern des Klägers zusammen. Sie müsse ihre Arbeit pünktlich und gewissenhaft erledigen. Das Therapiepferd müsse nach den Therapieeinheiten gewissenhaft versorgt sein, ebenso wie die Ausrüstungsgegenstände. Zum größten Teil führe sie die Behandlung der Patienten eigenverantwortlich durch. Bestünde Bedarf, spräche sie sich natürlich mit dem behandelnden Arzt ab. Die Termine mit ihren Patienten vereinbare sie persönlich. Die Behandlungen rechne sie mit dem Kläger ab. Der zeitliche Umfang betrage drei bis vier Stunden wöchentlich. Die Beauftragung erfolge mündlich. Es existiere kein schriftlicher Vertrag. Nach einer Anhörung des Klägers und der Beigeladenen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.2009 den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen fest. Die Prüfung habe ergeben, dass die Tätigkeit als Reitpädagoge seit dem 01.01.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Entscheidend für die versicherungsrechtliche Beurteilung sei das Gesamtbild der Tätigkeit nach Maßgabe der für den Einzelfall bestimmenden rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse, wozu auch – unabhängig von ihrer Ausübung – die einen Beteiligten zustehende Rechtsmacht gehöre. Die zu beurteilende Tätigkeit als Reitpädagoge bestehe darin, Reitstunden und Therapiestunden zu geben. Dazu gehöre das heilpädagogische Reiten und Voltigieren. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die für die Erfüllung des Auftrages benötigten Arbeitsmittel würden der Beigeladenen vom Kläger kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Beigeladene erlange an den Arbeitsmitteln zu keinem Zeitpunkt Eigentum. Insoweit setze sie eigene Betriebsmittel in geringem Umfang ein. Sie habe an den Räumen und Abrechnungsmodalitäten keine Kostenbeteiligung zu tragen. Da sie keine Mietzahlungen vornehme, sei ein unternehmerisches Risiko nicht gegeben, da sie keine Verluste hinnehmen müsse. Die Nutzungszeit der Pferde müsse sie mit dem Kläger bzw. mit dessen Mitarbeitern absprechen und könne nicht nach eigenen Bedarf tätig werden. Die Beigeladene vereinbare die Termine mit den Patienten zwar selbst, jedoch sei dieses nicht ausschlaggebend, um von einer selbständigen Tätigkeiten auszugehen. Die Abrechnungen erfolgten nicht über die Krankenkasse, sondern über den Kläger. Aufgrund der Qualifikation der Beigeladenen würden ihr Weisungen nicht erteilt und sei auch nur eingeschränkt möglich. Eine eigenständige Durchführung der Therapien werde somit von ihr erwartet. Gegen den Bescheid, der sowohl an den Kläger als auch an die Beigeladene ging, erhoben beide Widerspruch. Die Beigeladene begründete den Widerspruch damit, dass sie nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Reitpädagogin das Tätigkeitsfeld ihrer freiberuflichen Leistungen als Sozialpädagogin für verschiedene Stadt- und Kreisjugendämter sowie als selbständige Reitlehrerin um eine spezifische reitpädagogische Tätigkeit erweitert habe. Das in ihr Praxisvermögen eingegliederte eigene Pferd verfüge noch nicht über die notwendige Qualifizierung zur Ausübung medizinisch anerkannter heilpädagogischer Tätigkeiten. Da solche Leistungen nur mit einem erfahrenen, speziell ausgebildeten Pferd erbracht werden könnten, greife sie zur Zeit noch auf ein fremdes zurück und müsse sich deswegen in einen gewissen Tagesrhythmus einfügen. Die Nutzungszeit dieses Pferdes für reitpädagogische Termine, deren individuelle Dauer und die Preise für ihre Leistungen bestimme sie selbst. Sie arbeite – auch was den zeitlichen Einsatz angehe – nicht weisungsgebunden. Bis auf die Unterhaltskosten des fremden Pferdes trage sie nicht nur die Kosten für alle Betriebsmittel selbst, sondern habe für die Anschaffung ihres in der Aus-bildung zur reitpädagogischen Tätigkeit befindlichen eigenen Pferdes sowie die übrige Praxiseinrichtung auch ein aus Landwirtschaftsmitteln gefördertes Darlehen zu tilgen. Sie sei als Unternehmerin Mitglied im "Deutschen Kuratorium für therapeutisches Reiten e.V." Selbständig gegen Haftpflichtrisiken aus ihrer Tätigkeit als Reitpädagogin versichert, trage sie alleine das unternehmerische Risiko ihrer Tätigkeit und habe zu deren Beginn durchaus nicht unerhebliche Verluste hinnehmen müssen. Steuerlich werde sie beim Finanzamt Aschaffenburg mit freiberuflichen Einkünften veranlagt. Mit gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 25.01.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Im Zeitraum vom 01.09.2005 bis 31.12.2006 sei die Beigeladene in gleicher Tätigkeit beim Kläger in einem abhängigen, wenn auch geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnis gestanden. Entsprechende Meldungen zur Sozialversicherung seien durch den Kläger abgegeben worden. Unterschiede zu der ab dem 01.01.2007 zu beurteilenden Tätigkeit ergäben sich nicht. Die Beigeladene arbeite vorwiegend am Betriebssitz des Klägers. Hierbei würden die vom Kläger zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel – in diesem Fall das jeweilige Pferd oder Pony – genutzt. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeiten werde durch die Geschäftszeiten und durch die Verfügbarkeit der Arbeitsmittel stark begrenzt. Im Sinne der Rechtsprechung sei diese Einschränkung zur persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers zu qualifizieren. Nach Angaben der Beigeladenen werde der Kontakt zum jeweiligen Patienten meist über den Kläger hergestellt. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Das Unternehmerrisiko sei zum einen durch den Einsatz finanzieller Mittel geprägt, um einen zum Zeitpunkt des Einsatzes dieser Mittel ungewissen Gewinn zu erzielen, zum anderen auch durch das Risiko des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft, wenn offen bleibe, ob der Arbeitende für seine Tätigkeit überhaupt Entgelt erhalte. Bei der Tragung des Unternehmerrisikos sei zu berücksichtigen, dass die Zuweisung von Risiken an den Arbeitenden nur dann für Selbständigkeit spreche, wenn damit größere Freiheiten und größere Verdienstmöglichkeiten verbunden seien, die nicht bereits in der Sache angelegt seien, weil allein die Zuweisung zusätzlicher Risiken einen abhängigen Beschäftigten noch nicht zum Selbständigen mache. Unternehmerische Tätigkeit zeichne sich also dadurch aus, dass sowohl Risiken übernommen werden müssten, als auch gleichzeitig Chancen eröffnet würden. Die eigene Arbeitskraft der Beigeladenen werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach geleisteten Stunden erfolge. Die Vergütung werde somit erfolgsunabhängig gezahlt. Eine höhere Vergütung könne die Beigeladene nur durch Mehrarbeit erzielen. Es sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg eines Auftragnehmers von dessen Tüchtigkeit abhängig sei. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers, sie habe auch jeder Beschäftigte. Das Risiko des Einkommens sei von dem bei einem selbständigen Beruf typischen Unternehmerrisiko zu unterscheiden. Die Beigeladene setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Sämtliche Arbeitsmittel würden der Beigeladenen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Eine Kostenbeteiligung hinsichtlich der räumlichen Nutzung und der Therapiegeräte habe die Beigeladene nicht zu tragen. Ihre erbrachten Leistungen rechne die Beigeladene ausschließlich über den Kläger ab. Eine direkte Abrechnung mit dem Kunden/Patienten erfolge nicht. Die Bei-geladene sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Klägers tätig. Nach außen hin erscheine sie als Mitarbeiterin des Klägers. Im allgemeinen Geschäftsverkehr werde sie nicht als selbständig Tätige wahrgenommen. Nach dem Internetauftritt des Klägers sei dessen Geschäftsbetrieb auch darauf ausgerichtet, pädagogisches Reiten anzubieten. Durch den Einsatz der Beigeladenen als Reitpädagogin zeige sich daher in geradezu klassischer Weise die Eingliederung in die betrieblichen Arbeitsabläufe des Klägers. Nach einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen überwögen die Merkmale, die das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses belegten. Mit Schreiben vom 25.02.2010, eingegangen am 26.02.2010 beim Sozialgericht Würzburg, hat die Klägerin Klage erhoben. Die Beigeladene sei Unternehmerin, seit sie im August 2001 die Stallungen, sowie die in 2001 neu gebaute Reithalle gepachtet habe. Die Stallungen habe sie an Privatpersonen wie auch an den Kläger untervermietet. Der Kläger habe an vereinbarten Stunden die Reithalle nutzen dürfen. Das Büro des Klägers sei ebenfalls in diese Räumlichkeiten verlegt worden. Die Beigeladene habe in dieser Zeit einen festangestellten Stallmeister beschäftigt. Seit September 2005 arbeite die Beigeladene auf Honorarbasis für das Aschaffenburger Jugendamt wie auch für das Kreisju-gendamt Aschaffenburg. Gegenstand dieser Tätigkeit sei als Erziehungsbeistand, in Absprache mit den Stellen bei Stadt und Kreis in "Konfliktfamilien", das Kind-Eltern-Verhältnis zu stärken und zu festigen. Seit dieser Zeit sei die Beigeladene verpflichtet, ei-ne Haftpflichtversicherung für freischaffende Sozialpädagogen abzuschließen. Dies sei eine technische Voraussetzung der Zusammenarbeit gewesen, die von Seiten der Stadt Aschaffenburg wie auch vom Landratsamt Aschaffenburg gefordert worden seien. Da im Pferdebestand des Klägers ein geeignetes Pferd vorhanden gewesen sei, welches die Charaktereigenschaften gehabt habe und gleichzeitig mit dem damals eigenen Pferd der Beigeladenen ausgebildet worden sei, habe diese kurzfristig das Vorhaben, die heilpädagogische Reittherapie auszuüben, zunächst auch ohne eigenes Pferd starten können. Dies sei eine weitere Einnahmequelle (Standbein) ihrer sozialpädagogischen freiberuflichen Tätigkeit. Dieses weitere Betätigungsfeld werde im Wesentlichen aus ihrer Honorar-tätigkeit für Stadt und Kreis Aschaffenburg entwickelt. Der Kläger biete von nun an diese sozialpädagogischen Therapien an und profitiere dadurch von verschiedenen Zuschüssen, die aus den sozialen Bereichen wie Lions Club, Rotarier, Deutsche Bank etc. gezahlt würden. Der Kläger erhalte zukünftig Unterstützung von unterschiedlichen Behörden auch hinsichtlich der technischen Ausstattung (Kran, Geräte bei Körperbehinderung der Patien-ten etc.). Bisher sei es fast ausschließlich um Ponyreiten für Kinder gegangen. Darüber hinaus nutzten einige Erwachsene das Gelände und die Stallungen. Diese nähmen aber an keinen Wettkämpfen teil. Die Vorstandsmitglieder des Klägers seien keine Reiter, auch verfüge der Kläger über keine Personen, die der Beigeladenen in irgendeiner Weise die Art der Tätigkeit vorgeben könnten. Der Kläger unterstütze die Beigeladene in ihrer Selbständigkeit, in ihrem Aufbau und der Entwicklung, indem sie mittels ihres Kassiers die Verwaltungsaufgaben übernähmen. Es sei eine technische Voraussetzung des Verbandes, dass der Kläger nach außen diese Therapie anbieten müsse, um die Zuschüsse zu bekommen. Die Beigeladene habe das unternehmerische Risiko, wenn es zu keinen Terminen komme (Einnahmeausfall bzw. fehlende Einnahmen), wenn sich die Nachfrage nicht so entwickle, wie es von ihr geplant sei. Die Beigeladene vereinbare die Termine mit den Patienten, bespreche und koordiniere die heilpädagogischen Maßnahmen mit dem Arzt und therapiere als Diplom-Sozialpädagogin mit Spezialbereich "Heilpädagogisches Reiten". Die Aufteilung des Honorars mit ca. 50:50 stelle für sie den Kostenanteil des Klägers und somit ihre zu leistenden Kosten dar. Die Therapien seien aufgrund der erhalte-nen Zuschüsse zwingend vom Kläger abzurechnen und würden nach Einbehalt des Kostenanteils von der Beigeladenen an sie weitergeleitet.
Der Kläger stellt den Antrag, der Bescheid vom 16.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2010 wird aufgehoben.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat zum Verfahren die Beklagtenakte beigezogen. Ergänzend zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Beklagtenakten und auf den Inhalt der Sozialgerichtsakte Be-zug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat die Beklagte die Tätigkeit der Beigeladenen beim Kläger als Reitpädagogin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung gesehen. Bezüglich der Entscheidungsgründe kann im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen werden. § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gibt dem Gericht die Möglichkeit, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach § 7 Abs. 1 SGB IV eine Beschäftigung vorliegt, wenn eine Tätigkeit nach Weisungen ausgeübt wird und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes und auch der erkennenden Kammer reicht auch die Zugehörigkeit zu "freien Berufen" nicht für die Selbständigkeit aus. Maßgebend ist die Gesamtbetrachtung des Einzelfalles, vor allem im Hinblick auf Eingliederung und Unternehmerrisiko. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 19.11.1997 (5 AzR 653796) darauf abgestellt, inwieweit der Schuldner die Leistung persönlich zu erbringen habe. Die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, sei ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Sei der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, so stehe ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu, der gegen die Annahme des Arbeitsverhältnisses spreche. Sowohl die Arbeitsgerichte als auch die Sozialgerichte haben in ständiger Rechtsprechung insbesondere darauf abgestellt, inwieweit das Rechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer tatsächlich umgesetzt wird. Im vorliegenden Verfahren hat die Beigeladene ausschließlich selbst die Reitstunden abgehalten und sich nicht durch andere Personen vertreten lassen. Dadurch dass die Beigeladene auch lediglich ein Pferd des Klägers benutzt hat, ist nicht erkennbar, worin das Unternehmerrisiko der Beigeladenen bestanden haben soll. Somit findet sich seitens der Beigeladenen kein typisches Merkmal unternehmerischen Handelns (vgl. Bundessozialgericht vom 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R). Das Sozialgericht Frankfurt hat in seiner Entscheidung vom 30.01.2006 (S 25 KR 678/02) eine Arbeitnehmertätigkeit von freiberuflichen Kraftfahrern festgestellt, weil im Hinblick auf ihre Tätigkeit kein Unternehmerrisiko erkennbar gewesen sei. Eigene finanzielle oder sonstige Betriebsmittel hätten sie nicht eingesetzt. Von wesentlicher Bedeutung sei der Umstand, dass die Beigeladenen über kein Fahrzeug verfügten. Die Beigeladenen hätten lediglich ihre Arbeitskraft geschuldet. Beim Einsatz ihrer Arbeitskraft sei ihnen der Erfolg in Form der vereinbarten Vergütung gewiss gewesen. Auch aus der Art ihrer Entlohnung könne ein wirtschaftliches Risiko nicht hergeleitet werden. Da die Vergütung sich an der Anzahl der geleisteten Stunden orientiert habe, sei dieser Umstand für die Arbeitnehmereigenschaft typisch. Die vom Kläger herausgegebene Preisliste für die Reitstunden beinhalten auch die Reitstunden der Beigeladenen. Ebenfalls über die Klägerin erscheint die Werbung "Mich bringt so schnell nichts aus der Fassung, deshalb werde ich hier auch von Angie für das heilpädagogische Reiten eingesetzt." In der Zusammenschau der Gesichtspunkte, die für eine selbständige Tätigkeit und der Argumente, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dies sind nämlich Tätigkeit am Betriebssitz des Klägers, keine Kostenbeteiligung an der Nutzung der Anlage des Klägers, kein unterneh-merisches Risiko, kein Einsatz eigenen Kapitals und Abrechnung mit dem Kläger und nicht mit den Kunden oder der Krankenkasse.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Denn nach § 197 a Halbsatz 3 SGG sind die §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bei der Entscheidung über die Kostentragung entsprechend anzuwenden. Danach trägt grundsätzlich der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert ist danach nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Da nach Angaben des Klägers bei Annahme einer Versicherungspflicht für den streitigen Zeitraum 10.000,00 Euro nachzuentrichten sind, war von dieser Höhe auszugehen. Dieser Betrag ist als Gegenstandswert zu be-rücksichtigen.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Würzburg, Ludwigstraße 33, 97070 Würzburg, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die von der Beigeladenen beim Kläger verrichtete Tätigkeit als Reitpädagogin seit 01.01.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Der Kläger betreibt als eingetragener Verein einen Reitponyclub auf angemietetem Gelände in Bessenbach. Der Kläger besitzt 13, zum Teil ältere Pferde. Als kleiner Verein wird er durch ehrenamtliche Tätigkeiten geführt und sieht sich nicht in der Lage, jemanden hauptberuflich einzustellen. Bei Versicherungspflicht der Beigeladenen ab Oktober 2007 geht der Kläger von einem nachzuzahlenden Betrag von 10.000,00 Euro aus. Am 14.01.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen. Diese gebe seit 01.01.2007 als Reitlehrerin und Reitpädagogin Reitstunden und Therapiestunden. Ihr unternehmerisches Handeln bestehe in der Ausbildung eines Therapiepferdes und in der Kalkulation der Therapieeinheiten. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene mit, nach Beendigung ihrer berufsbegleitenden Ausbildung zum Reitpädagogen im Sommer 2007 arbeite sie als Reitpädagoge an zwei Tagen die Woche beim Kläger. Die Einheiten zum heilpädagogischen Reiten und Voltigieren betrügen bei ihnen 30 Min. und seien zum größten Teil Einzelunter-richtseinheiten. Das heilpädagogische Reiten und Voltigieren sei ein Teilbereich des therapeutischen Reitens und eine ganzheitliche orientierte pädagogische Maßnahme, bei der das Pferd seine speziellen Fähigkeiten in den Interaktionsprozess einbringe. Beim Voltigieren gehe das Pferd auf einem Zirkel, es würden Übungen mit verschiedenen Zielsetzungen und Schwerpunkten auf dem ungesattelten Pferderücken im Schritt, Trab und Galopp durchgeführt. Beim Reiten stehe die selbständige Einflussnahme des Reiters auf das Pferd im Vordergrund. Die Zielschwerpunkte lägen in den Bereichen der motorischen und sensorischen Fähigkeiten (z. B. Verbesserung des Gleichgewichts), in den sozialen und emotionalen Kompetenzen (z. B. Erhöhung des Selbstwertgefühls, Abbau von Ängsten) und in kognitiven Fähigkeiten (z. B. Sprachstörung). Eine positive Auswirkung bestehe besonders bei Menschen mit Entwicklungsverzögerung, geistiger Behinderung, Autismus, Lernbehinderung, Verhaltensauffälligkeit, Sinnesbehinderungen und Sprachbehinderungen. Besonders Pferde hätten als vorurteilsfreie, akzeptierende, annehmende und gerechte Partner auf Kinder und Jugendliche eine hohe Anziehungskraft und positive Wirkung. Aufgrund der Körperwärme, des weichen Fells und des freundlichen Wesens lade ein Pferd ein zum Schmusen und Streicheln und berühre den Menschen in seinen emotionalen Persönlichkeitsbereich und seinem Bedürfnis nach Beziehungserleben. Es sei mit dem Kläger abgemacht, dass sie ihre Fähigkeiten als Reitpädagoge im Rah-men des Vereinsgeschehens anbiete und monatlich ihre Stunden in Rechnung stelle. Soziale Absicherungen müsse sie in der Tätigkeit als Selbständige selbst übernehmen. In der Arbeit als Reitpädagoge setze sie kein eigenes Kapital ein. Das Pferd, die Ausrüstung für das Pferd, sowie etwaige Hilfsmittel und die Benutzung der Reithalle werde ihr vom Kläger zur Verfügung gestellt. Ihre Arbeit als Reitpädagoge führe sie persönlich aus und setze keine Hilfskräfte ein. Sie erhalte keine Weisungen sachlicher Art seitens des Klägers. Ihre Tätigkeit führe sie auf der Anlage des Klägers aus. In der Reithalle, auf dem Außenplatz, auf der angrenzenden Wiese, in den Stallungen, sowie auch im angrenzenden Wald, wenn sie mit einer Einheit ins Gelände gehe. Sie stelle am Ende des Monats eine Rechnung über die gegebenen Reitstunden. Diese bekomme sie dann auf ihr Konto überwiesen. Sie habe keine Kostenbeteiligung bei dem Kläger. Weder an den Räumen noch an den Therapiegeräten. Sie arbeite nicht mit Mitarbeitern des Klägers zusammen. Sie müsse ihre Arbeit pünktlich und gewissenhaft erledigen. Das Therapiepferd müsse nach den Therapieeinheiten gewissenhaft versorgt sein, ebenso wie die Ausrüstungsgegenstände. Zum größten Teil führe sie die Behandlung der Patienten eigenverantwortlich durch. Bestünde Bedarf, spräche sie sich natürlich mit dem behandelnden Arzt ab. Die Termine mit ihren Patienten vereinbare sie persönlich. Die Behandlungen rechne sie mit dem Kläger ab. Der zeitliche Umfang betrage drei bis vier Stunden wöchentlich. Die Beauftragung erfolge mündlich. Es existiere kein schriftlicher Vertrag. Nach einer Anhörung des Klägers und der Beigeladenen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.2009 den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen fest. Die Prüfung habe ergeben, dass die Tätigkeit als Reitpädagoge seit dem 01.01.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Entscheidend für die versicherungsrechtliche Beurteilung sei das Gesamtbild der Tätigkeit nach Maßgabe der für den Einzelfall bestimmenden rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse, wozu auch – unabhängig von ihrer Ausübung – die einen Beteiligten zustehende Rechtsmacht gehöre. Die zu beurteilende Tätigkeit als Reitpädagoge bestehe darin, Reitstunden und Therapiestunden zu geben. Dazu gehöre das heilpädagogische Reiten und Voltigieren. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die für die Erfüllung des Auftrages benötigten Arbeitsmittel würden der Beigeladenen vom Kläger kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Beigeladene erlange an den Arbeitsmitteln zu keinem Zeitpunkt Eigentum. Insoweit setze sie eigene Betriebsmittel in geringem Umfang ein. Sie habe an den Räumen und Abrechnungsmodalitäten keine Kostenbeteiligung zu tragen. Da sie keine Mietzahlungen vornehme, sei ein unternehmerisches Risiko nicht gegeben, da sie keine Verluste hinnehmen müsse. Die Nutzungszeit der Pferde müsse sie mit dem Kläger bzw. mit dessen Mitarbeitern absprechen und könne nicht nach eigenen Bedarf tätig werden. Die Beigeladene vereinbare die Termine mit den Patienten zwar selbst, jedoch sei dieses nicht ausschlaggebend, um von einer selbständigen Tätigkeiten auszugehen. Die Abrechnungen erfolgten nicht über die Krankenkasse, sondern über den Kläger. Aufgrund der Qualifikation der Beigeladenen würden ihr Weisungen nicht erteilt und sei auch nur eingeschränkt möglich. Eine eigenständige Durchführung der Therapien werde somit von ihr erwartet. Gegen den Bescheid, der sowohl an den Kläger als auch an die Beigeladene ging, erhoben beide Widerspruch. Die Beigeladene begründete den Widerspruch damit, dass sie nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Reitpädagogin das Tätigkeitsfeld ihrer freiberuflichen Leistungen als Sozialpädagogin für verschiedene Stadt- und Kreisjugendämter sowie als selbständige Reitlehrerin um eine spezifische reitpädagogische Tätigkeit erweitert habe. Das in ihr Praxisvermögen eingegliederte eigene Pferd verfüge noch nicht über die notwendige Qualifizierung zur Ausübung medizinisch anerkannter heilpädagogischer Tätigkeiten. Da solche Leistungen nur mit einem erfahrenen, speziell ausgebildeten Pferd erbracht werden könnten, greife sie zur Zeit noch auf ein fremdes zurück und müsse sich deswegen in einen gewissen Tagesrhythmus einfügen. Die Nutzungszeit dieses Pferdes für reitpädagogische Termine, deren individuelle Dauer und die Preise für ihre Leistungen bestimme sie selbst. Sie arbeite – auch was den zeitlichen Einsatz angehe – nicht weisungsgebunden. Bis auf die Unterhaltskosten des fremden Pferdes trage sie nicht nur die Kosten für alle Betriebsmittel selbst, sondern habe für die Anschaffung ihres in der Aus-bildung zur reitpädagogischen Tätigkeit befindlichen eigenen Pferdes sowie die übrige Praxiseinrichtung auch ein aus Landwirtschaftsmitteln gefördertes Darlehen zu tilgen. Sie sei als Unternehmerin Mitglied im "Deutschen Kuratorium für therapeutisches Reiten e.V." Selbständig gegen Haftpflichtrisiken aus ihrer Tätigkeit als Reitpädagogin versichert, trage sie alleine das unternehmerische Risiko ihrer Tätigkeit und habe zu deren Beginn durchaus nicht unerhebliche Verluste hinnehmen müssen. Steuerlich werde sie beim Finanzamt Aschaffenburg mit freiberuflichen Einkünften veranlagt. Mit gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 25.01.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Im Zeitraum vom 01.09.2005 bis 31.12.2006 sei die Beigeladene in gleicher Tätigkeit beim Kläger in einem abhängigen, wenn auch geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnis gestanden. Entsprechende Meldungen zur Sozialversicherung seien durch den Kläger abgegeben worden. Unterschiede zu der ab dem 01.01.2007 zu beurteilenden Tätigkeit ergäben sich nicht. Die Beigeladene arbeite vorwiegend am Betriebssitz des Klägers. Hierbei würden die vom Kläger zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel – in diesem Fall das jeweilige Pferd oder Pony – genutzt. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeiten werde durch die Geschäftszeiten und durch die Verfügbarkeit der Arbeitsmittel stark begrenzt. Im Sinne der Rechtsprechung sei diese Einschränkung zur persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers zu qualifizieren. Nach Angaben der Beigeladenen werde der Kontakt zum jeweiligen Patienten meist über den Kläger hergestellt. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Das Unternehmerrisiko sei zum einen durch den Einsatz finanzieller Mittel geprägt, um einen zum Zeitpunkt des Einsatzes dieser Mittel ungewissen Gewinn zu erzielen, zum anderen auch durch das Risiko des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft, wenn offen bleibe, ob der Arbeitende für seine Tätigkeit überhaupt Entgelt erhalte. Bei der Tragung des Unternehmerrisikos sei zu berücksichtigen, dass die Zuweisung von Risiken an den Arbeitenden nur dann für Selbständigkeit spreche, wenn damit größere Freiheiten und größere Verdienstmöglichkeiten verbunden seien, die nicht bereits in der Sache angelegt seien, weil allein die Zuweisung zusätzlicher Risiken einen abhängigen Beschäftigten noch nicht zum Selbständigen mache. Unternehmerische Tätigkeit zeichne sich also dadurch aus, dass sowohl Risiken übernommen werden müssten, als auch gleichzeitig Chancen eröffnet würden. Die eigene Arbeitskraft der Beigeladenen werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach geleisteten Stunden erfolge. Die Vergütung werde somit erfolgsunabhängig gezahlt. Eine höhere Vergütung könne die Beigeladene nur durch Mehrarbeit erzielen. Es sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg eines Auftragnehmers von dessen Tüchtigkeit abhängig sei. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers, sie habe auch jeder Beschäftigte. Das Risiko des Einkommens sei von dem bei einem selbständigen Beruf typischen Unternehmerrisiko zu unterscheiden. Die Beigeladene setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Sämtliche Arbeitsmittel würden der Beigeladenen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Eine Kostenbeteiligung hinsichtlich der räumlichen Nutzung und der Therapiegeräte habe die Beigeladene nicht zu tragen. Ihre erbrachten Leistungen rechne die Beigeladene ausschließlich über den Kläger ab. Eine direkte Abrechnung mit dem Kunden/Patienten erfolge nicht. Die Bei-geladene sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Klägers tätig. Nach außen hin erscheine sie als Mitarbeiterin des Klägers. Im allgemeinen Geschäftsverkehr werde sie nicht als selbständig Tätige wahrgenommen. Nach dem Internetauftritt des Klägers sei dessen Geschäftsbetrieb auch darauf ausgerichtet, pädagogisches Reiten anzubieten. Durch den Einsatz der Beigeladenen als Reitpädagogin zeige sich daher in geradezu klassischer Weise die Eingliederung in die betrieblichen Arbeitsabläufe des Klägers. Nach einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen überwögen die Merkmale, die das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses belegten. Mit Schreiben vom 25.02.2010, eingegangen am 26.02.2010 beim Sozialgericht Würzburg, hat die Klägerin Klage erhoben. Die Beigeladene sei Unternehmerin, seit sie im August 2001 die Stallungen, sowie die in 2001 neu gebaute Reithalle gepachtet habe. Die Stallungen habe sie an Privatpersonen wie auch an den Kläger untervermietet. Der Kläger habe an vereinbarten Stunden die Reithalle nutzen dürfen. Das Büro des Klägers sei ebenfalls in diese Räumlichkeiten verlegt worden. Die Beigeladene habe in dieser Zeit einen festangestellten Stallmeister beschäftigt. Seit September 2005 arbeite die Beigeladene auf Honorarbasis für das Aschaffenburger Jugendamt wie auch für das Kreisju-gendamt Aschaffenburg. Gegenstand dieser Tätigkeit sei als Erziehungsbeistand, in Absprache mit den Stellen bei Stadt und Kreis in "Konfliktfamilien", das Kind-Eltern-Verhältnis zu stärken und zu festigen. Seit dieser Zeit sei die Beigeladene verpflichtet, ei-ne Haftpflichtversicherung für freischaffende Sozialpädagogen abzuschließen. Dies sei eine technische Voraussetzung der Zusammenarbeit gewesen, die von Seiten der Stadt Aschaffenburg wie auch vom Landratsamt Aschaffenburg gefordert worden seien. Da im Pferdebestand des Klägers ein geeignetes Pferd vorhanden gewesen sei, welches die Charaktereigenschaften gehabt habe und gleichzeitig mit dem damals eigenen Pferd der Beigeladenen ausgebildet worden sei, habe diese kurzfristig das Vorhaben, die heilpädagogische Reittherapie auszuüben, zunächst auch ohne eigenes Pferd starten können. Dies sei eine weitere Einnahmequelle (Standbein) ihrer sozialpädagogischen freiberuflichen Tätigkeit. Dieses weitere Betätigungsfeld werde im Wesentlichen aus ihrer Honorar-tätigkeit für Stadt und Kreis Aschaffenburg entwickelt. Der Kläger biete von nun an diese sozialpädagogischen Therapien an und profitiere dadurch von verschiedenen Zuschüssen, die aus den sozialen Bereichen wie Lions Club, Rotarier, Deutsche Bank etc. gezahlt würden. Der Kläger erhalte zukünftig Unterstützung von unterschiedlichen Behörden auch hinsichtlich der technischen Ausstattung (Kran, Geräte bei Körperbehinderung der Patien-ten etc.). Bisher sei es fast ausschließlich um Ponyreiten für Kinder gegangen. Darüber hinaus nutzten einige Erwachsene das Gelände und die Stallungen. Diese nähmen aber an keinen Wettkämpfen teil. Die Vorstandsmitglieder des Klägers seien keine Reiter, auch verfüge der Kläger über keine Personen, die der Beigeladenen in irgendeiner Weise die Art der Tätigkeit vorgeben könnten. Der Kläger unterstütze die Beigeladene in ihrer Selbständigkeit, in ihrem Aufbau und der Entwicklung, indem sie mittels ihres Kassiers die Verwaltungsaufgaben übernähmen. Es sei eine technische Voraussetzung des Verbandes, dass der Kläger nach außen diese Therapie anbieten müsse, um die Zuschüsse zu bekommen. Die Beigeladene habe das unternehmerische Risiko, wenn es zu keinen Terminen komme (Einnahmeausfall bzw. fehlende Einnahmen), wenn sich die Nachfrage nicht so entwickle, wie es von ihr geplant sei. Die Beigeladene vereinbare die Termine mit den Patienten, bespreche und koordiniere die heilpädagogischen Maßnahmen mit dem Arzt und therapiere als Diplom-Sozialpädagogin mit Spezialbereich "Heilpädagogisches Reiten". Die Aufteilung des Honorars mit ca. 50:50 stelle für sie den Kostenanteil des Klägers und somit ihre zu leistenden Kosten dar. Die Therapien seien aufgrund der erhalte-nen Zuschüsse zwingend vom Kläger abzurechnen und würden nach Einbehalt des Kostenanteils von der Beigeladenen an sie weitergeleitet.
Der Kläger stellt den Antrag, der Bescheid vom 16.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2010 wird aufgehoben.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat zum Verfahren die Beklagtenakte beigezogen. Ergänzend zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Beklagtenakten und auf den Inhalt der Sozialgerichtsakte Be-zug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat die Beklagte die Tätigkeit der Beigeladenen beim Kläger als Reitpädagogin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung gesehen. Bezüglich der Entscheidungsgründe kann im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen werden. § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gibt dem Gericht die Möglichkeit, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach § 7 Abs. 1 SGB IV eine Beschäftigung vorliegt, wenn eine Tätigkeit nach Weisungen ausgeübt wird und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes und auch der erkennenden Kammer reicht auch die Zugehörigkeit zu "freien Berufen" nicht für die Selbständigkeit aus. Maßgebend ist die Gesamtbetrachtung des Einzelfalles, vor allem im Hinblick auf Eingliederung und Unternehmerrisiko. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 19.11.1997 (5 AzR 653796) darauf abgestellt, inwieweit der Schuldner die Leistung persönlich zu erbringen habe. Die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, sei ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Sei der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, so stehe ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu, der gegen die Annahme des Arbeitsverhältnisses spreche. Sowohl die Arbeitsgerichte als auch die Sozialgerichte haben in ständiger Rechtsprechung insbesondere darauf abgestellt, inwieweit das Rechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer tatsächlich umgesetzt wird. Im vorliegenden Verfahren hat die Beigeladene ausschließlich selbst die Reitstunden abgehalten und sich nicht durch andere Personen vertreten lassen. Dadurch dass die Beigeladene auch lediglich ein Pferd des Klägers benutzt hat, ist nicht erkennbar, worin das Unternehmerrisiko der Beigeladenen bestanden haben soll. Somit findet sich seitens der Beigeladenen kein typisches Merkmal unternehmerischen Handelns (vgl. Bundessozialgericht vom 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R). Das Sozialgericht Frankfurt hat in seiner Entscheidung vom 30.01.2006 (S 25 KR 678/02) eine Arbeitnehmertätigkeit von freiberuflichen Kraftfahrern festgestellt, weil im Hinblick auf ihre Tätigkeit kein Unternehmerrisiko erkennbar gewesen sei. Eigene finanzielle oder sonstige Betriebsmittel hätten sie nicht eingesetzt. Von wesentlicher Bedeutung sei der Umstand, dass die Beigeladenen über kein Fahrzeug verfügten. Die Beigeladenen hätten lediglich ihre Arbeitskraft geschuldet. Beim Einsatz ihrer Arbeitskraft sei ihnen der Erfolg in Form der vereinbarten Vergütung gewiss gewesen. Auch aus der Art ihrer Entlohnung könne ein wirtschaftliches Risiko nicht hergeleitet werden. Da die Vergütung sich an der Anzahl der geleisteten Stunden orientiert habe, sei dieser Umstand für die Arbeitnehmereigenschaft typisch. Die vom Kläger herausgegebene Preisliste für die Reitstunden beinhalten auch die Reitstunden der Beigeladenen. Ebenfalls über die Klägerin erscheint die Werbung "Mich bringt so schnell nichts aus der Fassung, deshalb werde ich hier auch von Angie für das heilpädagogische Reiten eingesetzt." In der Zusammenschau der Gesichtspunkte, die für eine selbständige Tätigkeit und der Argumente, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dies sind nämlich Tätigkeit am Betriebssitz des Klägers, keine Kostenbeteiligung an der Nutzung der Anlage des Klägers, kein unterneh-merisches Risiko, kein Einsatz eigenen Kapitals und Abrechnung mit dem Kläger und nicht mit den Kunden oder der Krankenkasse.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Denn nach § 197 a Halbsatz 3 SGG sind die §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bei der Entscheidung über die Kostentragung entsprechend anzuwenden. Danach trägt grundsätzlich der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert ist danach nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Da nach Angaben des Klägers bei Annahme einer Versicherungspflicht für den streitigen Zeitraum 10.000,00 Euro nachzuentrichten sind, war von dieser Höhe auszugehen. Dieser Betrag ist als Gegenstandswert zu be-rücksichtigen.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Würzburg, Ludwigstraße 33, 97070 Würzburg, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
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