Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AS 1961/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 235/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bezug von Ausbildungsförderungsleistungen als Voraussetzung für den Unterkunftskostenzuschlag nach § 22 Abs. 7 SGB II
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufige Hilfe zum Lebensunterhalt während einer Ausbildung.
Die am ... 1988 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Touristikassistentin und lebt noch mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt. Seit dem 1. August 2009 absolviert sie bis voraussichtlich 31. Juli 2012 eine weitere Ausbildung zur Steuerfachangestellten mit einer Vergütung von brutto 300 Euro monatlich im ersten Ausbildungsjahr bzw. 400 Euro im zweiten Ausbildungsjahr.
Die Antragsgegnerin gewährte den Eltern der Antragstellerin mit vorläufigem Bescheid vom 8. Juli 2009 ab dem Monat August 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur noch in Höhe von zusammen 386,48 Euro monatlich, weil sie die Antragstellerin während der Ausbildung nicht mehr als leistungsberechtigt ansah. Leistungen für die Antragstellerin bewilligte sie nicht. Nachdem der Widerspruch hiergegen erfolglos blieb, hat die Antragstellerin Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben (Az. S 2 AS 81/10).
Der Antrag der Antragstellerin bei der Bundesagentur für Arbeit auf Berufsausbildungshilfe blieb erfolglos.
Am 14. April 2010 hat die Antragstellerin beim SG um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und die Anordnung vorläufiger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt. In einem erläuternden Schreiben vom 24. April 2010 an das Gericht errechnete sie für die Monate Januar bis März 2010 einen Bedarf von 45 Euro monatlich.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 18. Mai 2010 abgelehnt: Die Antragstellerin sei während der Ausbildung von den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ausgeschlossen. Die Ausnahme für Personen, deren Bundesausbildungsförderung bzw. Berufsausbildungsbeihilfe nur deswegen nicht gewährt werden, weil sie bei den Eltern wohnen, liege nicht vor. Ein Härtefall, in dem die Antragsgegnerin darlehensweise Leistungen zu erbringen habe, sei nicht gegeben, weil die Antragstellerin ihre Ausbildung erst begonnen habe. Ein Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft sei nicht gegeben, da hierfür eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bzw. die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) vorausgesetzt werde.
Gegen diesen ihr am 21. Mai 2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 31. Mai 2010 Beschwerde erhoben: Sie sei in ihrem ursprünglichen Beruf nicht vermittelbar, so dass die zweite Ausbildung notwendig sei. Die Antragsgegnerin habe ihr die weitere Ausbildung sogar empfohlen. Eigentlich habe sie Anspruch auf BAB. Diesen habe sie aber nicht weiter verfolgt, weil die Bundesagentur ihr gegenüber erklärte, dass sie wegen ihrer gemeinsamen Wohnung mit den Eltern nicht anspruchberechtigt sei.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 18. Mai 2010 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist auf die den Beschluss tragenden Gründe.
Der Berichterstatter hat die Antragstellerin wegen des bislang nicht bezifferten Anspruchs angehört und darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin für das Jahr 2010 selbst nur einen Anspruch auf Leistungen von 45 Euro monatlich errechnet hat, so dass der Umfang des Beschwerdewerts verfehlt werde. Auf die angeforderte Stellungnahme hat die Antragstellerin ihre Meinung mitgeteilt, es handele sich um wiederkehrende Leistungen, die für mehr als ein Jahr zu gewähren seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht im Sinne des § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgerichtsgesetzes (SGG) erhobene Beschwerde der Antragstellerin ist nicht zulässig.
Die Beschwerde ist vorliegend ausgeschlossen, weil der für die Zulässigkeit der Berufung in der Hauptsache maßgebliche Wert nicht erreicht wird und die Berufung daher nicht zulässig wäre, § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Eine Berufung ist nur zulässig, soweit bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, die noch im Streit stehende Forderung 750 Euro übersteigt. Dieser Beschwerdewert bestimmt sich nach dem Umfang, in dem das Gericht dem Begehren des Rechtsmittelführers nicht gefolgt ist, wobei der Wert dieser Beschwer bei Einlegung des Rechtsmittels zu ermitteln ist (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 26.4.2010, Az. L 7 AS 125/10 B ER – Juris). Da in der Regel erst mit der Stellung eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz eine Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht wird, beginnt der Regelungszeitraum auch erst mit der Stellung des Antrags, soweit nicht explizit auch die Nachholung der Leistung begehrt wird und ein entsprechendes Nachholbedürfnis glaubhaft gemacht wird. Die mit dem erläuternden Schreiben der Antragstellerin als zustehend errechnete Leistung beträgt aber nur 45 Euro monatlich, so dass der notwendige Beschwerdewert nicht erreicht wäre. Einen höheren Anspruch bzw. einen Anspruch auf die Leistungen ab dem 1. August 2009 hat die Antragstellerin nicht ausdrücklich geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat in dem Bescheid vom 8. Juli 2009 die Ablehnung zunächst für den Zeitraum vom August bis November 2009 konkretisiert. Im Ergebnis liegt ab dem Dezember 2009 bezogen auf die Antragstellerin aber auch eine Ablehnung für die Zukunft vor. In einem solchen Fall ist die Anspruchsprüfung durch das Gericht bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Tatsachengerichts vorzunehmen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R, Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - Juris), soweit sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Beteiligtenbegehren ein früherer Zeitpunkt ergibt. Selbst bei Prüfung des konkretisierten Begehrens von 45 Euro monatlich ab Eingang des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz bis zur Entscheidung des Senats und eines sechs Monate in die Zukunft reichenden Zeitraums wird die Summe von 750 Euro nicht erreicht. Die Ansicht der Antragstellerin, dass es sich bei den im Streit stehenden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II um Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr handelt und die Beschwerde daher ohne Rücksicht auf den Berufungswert zulässig sei (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), trifft nicht zu. Die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II werden bedüftigkeitsabhängig und nach einer monatlichen Bedürftigkeitsprüfung erbracht, d.h. gerade nicht als rentenähnliche Dauerleistung für mehr als ein Jahr zuerkannt. Der Bewilligungszeitraum beträgt nach § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II demnach in der Regel sechs Monate und wird nur im Ausnahmefall länger von der Behörde zu bestimmen sein.
Dass in der Hauptsache die Berufung zugelassen werden könnte, ist für den Ausschluss der Beschwerde unerheblich. Der Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist insoweit eindeutig und spricht nur von einer zulässigen Berufung und nicht von einer gegebenenfalls erst noch zuzulassenden Berufung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. März 2009, Az. L 2 B 289/08 ER).
Unerheblich ist auch, dass das SG in seiner Rechtsbehelfsbelehrung von der Zulässigkeit der Beschwerde ausging. Ein Rechtsbehelf, der gesetzlich nicht vorgesehen oder unzulässig ist, kann nicht durch eine im Ergebnis unrichtige Belehrung eröffnet werden.
Die Beschwerde ist im Übrigen auch unbegründet. Wie schon das SG sieht der Senat keinen Anordnungsanspruch der Antragstellerin für Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Hilfe zum Lebensunterhalt noch für andere Leistungen nach diesem Sozialgesetzbuch.
Der Erlass der von der Antragstellerin begehrten vorläufigen Anordnung beurteilt sich nach § 86b Abs. 2 SGG.
Nach § 86b Abs. 2 SGG ist das Begehren der Antragstellerin als auf eine Regelungsanordnung gerichteter Antrag statthaft, weil in der Hauptsache keine reine Anfechtungsklage zu erheben war. Das Begehren der Antragstellerin ist auf (höhere) Leistungen gerichtet, so dass statthafte Klageart eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 und 4 SGG ist. Das Gericht der Hauptsache kann dann gemäß § 86b Abs. 2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dabei stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO).
Die Antragstellerin erfüllt zunächst die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 19 i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 SGB II, hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II) hat. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistung scheitert aber daran, dass sie dennoch gemäß § 7 Abs. 5 SGB II nicht zum Kreis der Leistungsberechtigten gehört. Nach der zuletzt genannten Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen der §§ 60 bis 62 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Antragstellerin ist von diesem Ausschluss betroffen. Ihre Ausbildung ist grundsätzlich förderungsfähig im Sinne des § 60 Abs 1 SGB III, weil die Antragstellerin eine betriebliche Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf absolviert und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Aus dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II, dass der Leistungsausschluss schon dann gilt, wenn die Ausbildung nur dem Grunde nach förderungsfähig ist, folgt auch, dass sich an dem Leistungsausschluss nichts ändert, wenn die Antragstellerin tatsächlich keine BAB erhält. Auf die Gründe der Nichtgewährung (übersteigendes Einkommen der Eltern etc.) kommt es daher nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.2008, Az: B 4 AS 28/07 R – Juris). Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist kein Ausfallsystem ("keine Förderung auf zweiter Stufe"), falls ein anderes vorrangiges Förderinstrument im Einzelfall nicht zum Tragen kommt (vgl. BSG, Urteil vom 6.9.2007 – B 14/7b AS 36/06 R – Juris). Eine Ausnahme vom Ausschluss nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II ist, wie auch das SG richtig erkannt hat, nicht gegeben. Die Förderung durch BAB ist schon deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Antragstellerin eine zweite Berufsausbildung absolviert, so dass der Ausschluss einer BAB nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, weil die Antragstellerin noch zu Hause bei den Eltern wohnt, nicht zum Tragen kommt (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2006, L 2 B 32/06 AS ER).
Ein Härtefall, in dem der Antragstellerin die Beendigung der Ausbildung durch ein Darlehen ermöglicht werden müsste, liegt nicht vor. Nach § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen gewährt werden. Ein besonderer Härtefall liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzuträten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig, erscheinen ließen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.10.1993, Az. 5 C 16/91, BVerwGE 94, 224). Es sind keine Umstände ersichtlich, die den vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausschluss von den Leistungen der Grundsicherung über das übliche Maß unbillig erscheinen lassen. Insbesondere hat die Antragstellerin ihre Ausbildung erst begonnen, so dass auch keine besonderen Ausbildungsbedarfe (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.2008, Az: B 4 AS 28/07 R – Juris) erkennbar sind, die von den gesetzlichen Förderinstrumenten ggf. nicht abgedeckt wären. Ein Härtefall kann sich auch daraus ergeben, dass eine Beschäftigungsaufnahme gemäß der bisherigen Ausbildung ausgeschlossen erscheint (vgl. BSG, a.a.O.). Es ist aber nicht hinreichend glaubhaft, dass in dem Beruf der Touristikassistentin keinerlei Beschäftigungschance besteht. Eine Recherche auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit durch den Berichterstatter ergab zum Zeitpunkt der Recherche am 3. August 2010 eine Vielzahl an gemeldeten offenen Stellen (bundesweite Treffer 113, davon in Halle 5 offene Stellen und im Umkreis von 100 km um Halle noch 56 offene Stellen).
Mangels Förderung durch BAB oder nach dem BAföG sind auch die Voraussetzungen eines Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt den Verfahrensausgang.
Die Entscheidung ist endgültig, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufige Hilfe zum Lebensunterhalt während einer Ausbildung.
Die am ... 1988 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Touristikassistentin und lebt noch mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt. Seit dem 1. August 2009 absolviert sie bis voraussichtlich 31. Juli 2012 eine weitere Ausbildung zur Steuerfachangestellten mit einer Vergütung von brutto 300 Euro monatlich im ersten Ausbildungsjahr bzw. 400 Euro im zweiten Ausbildungsjahr.
Die Antragsgegnerin gewährte den Eltern der Antragstellerin mit vorläufigem Bescheid vom 8. Juli 2009 ab dem Monat August 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur noch in Höhe von zusammen 386,48 Euro monatlich, weil sie die Antragstellerin während der Ausbildung nicht mehr als leistungsberechtigt ansah. Leistungen für die Antragstellerin bewilligte sie nicht. Nachdem der Widerspruch hiergegen erfolglos blieb, hat die Antragstellerin Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben (Az. S 2 AS 81/10).
Der Antrag der Antragstellerin bei der Bundesagentur für Arbeit auf Berufsausbildungshilfe blieb erfolglos.
Am 14. April 2010 hat die Antragstellerin beim SG um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und die Anordnung vorläufiger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt. In einem erläuternden Schreiben vom 24. April 2010 an das Gericht errechnete sie für die Monate Januar bis März 2010 einen Bedarf von 45 Euro monatlich.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 18. Mai 2010 abgelehnt: Die Antragstellerin sei während der Ausbildung von den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ausgeschlossen. Die Ausnahme für Personen, deren Bundesausbildungsförderung bzw. Berufsausbildungsbeihilfe nur deswegen nicht gewährt werden, weil sie bei den Eltern wohnen, liege nicht vor. Ein Härtefall, in dem die Antragsgegnerin darlehensweise Leistungen zu erbringen habe, sei nicht gegeben, weil die Antragstellerin ihre Ausbildung erst begonnen habe. Ein Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft sei nicht gegeben, da hierfür eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bzw. die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) vorausgesetzt werde.
Gegen diesen ihr am 21. Mai 2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 31. Mai 2010 Beschwerde erhoben: Sie sei in ihrem ursprünglichen Beruf nicht vermittelbar, so dass die zweite Ausbildung notwendig sei. Die Antragsgegnerin habe ihr die weitere Ausbildung sogar empfohlen. Eigentlich habe sie Anspruch auf BAB. Diesen habe sie aber nicht weiter verfolgt, weil die Bundesagentur ihr gegenüber erklärte, dass sie wegen ihrer gemeinsamen Wohnung mit den Eltern nicht anspruchberechtigt sei.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 18. Mai 2010 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist auf die den Beschluss tragenden Gründe.
Der Berichterstatter hat die Antragstellerin wegen des bislang nicht bezifferten Anspruchs angehört und darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin für das Jahr 2010 selbst nur einen Anspruch auf Leistungen von 45 Euro monatlich errechnet hat, so dass der Umfang des Beschwerdewerts verfehlt werde. Auf die angeforderte Stellungnahme hat die Antragstellerin ihre Meinung mitgeteilt, es handele sich um wiederkehrende Leistungen, die für mehr als ein Jahr zu gewähren seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht im Sinne des § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgerichtsgesetzes (SGG) erhobene Beschwerde der Antragstellerin ist nicht zulässig.
Die Beschwerde ist vorliegend ausgeschlossen, weil der für die Zulässigkeit der Berufung in der Hauptsache maßgebliche Wert nicht erreicht wird und die Berufung daher nicht zulässig wäre, § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Eine Berufung ist nur zulässig, soweit bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, die noch im Streit stehende Forderung 750 Euro übersteigt. Dieser Beschwerdewert bestimmt sich nach dem Umfang, in dem das Gericht dem Begehren des Rechtsmittelführers nicht gefolgt ist, wobei der Wert dieser Beschwer bei Einlegung des Rechtsmittels zu ermitteln ist (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 26.4.2010, Az. L 7 AS 125/10 B ER – Juris). Da in der Regel erst mit der Stellung eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz eine Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht wird, beginnt der Regelungszeitraum auch erst mit der Stellung des Antrags, soweit nicht explizit auch die Nachholung der Leistung begehrt wird und ein entsprechendes Nachholbedürfnis glaubhaft gemacht wird. Die mit dem erläuternden Schreiben der Antragstellerin als zustehend errechnete Leistung beträgt aber nur 45 Euro monatlich, so dass der notwendige Beschwerdewert nicht erreicht wäre. Einen höheren Anspruch bzw. einen Anspruch auf die Leistungen ab dem 1. August 2009 hat die Antragstellerin nicht ausdrücklich geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat in dem Bescheid vom 8. Juli 2009 die Ablehnung zunächst für den Zeitraum vom August bis November 2009 konkretisiert. Im Ergebnis liegt ab dem Dezember 2009 bezogen auf die Antragstellerin aber auch eine Ablehnung für die Zukunft vor. In einem solchen Fall ist die Anspruchsprüfung durch das Gericht bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Tatsachengerichts vorzunehmen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R, Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - Juris), soweit sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Beteiligtenbegehren ein früherer Zeitpunkt ergibt. Selbst bei Prüfung des konkretisierten Begehrens von 45 Euro monatlich ab Eingang des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz bis zur Entscheidung des Senats und eines sechs Monate in die Zukunft reichenden Zeitraums wird die Summe von 750 Euro nicht erreicht. Die Ansicht der Antragstellerin, dass es sich bei den im Streit stehenden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II um Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr handelt und die Beschwerde daher ohne Rücksicht auf den Berufungswert zulässig sei (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), trifft nicht zu. Die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II werden bedüftigkeitsabhängig und nach einer monatlichen Bedürftigkeitsprüfung erbracht, d.h. gerade nicht als rentenähnliche Dauerleistung für mehr als ein Jahr zuerkannt. Der Bewilligungszeitraum beträgt nach § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II demnach in der Regel sechs Monate und wird nur im Ausnahmefall länger von der Behörde zu bestimmen sein.
Dass in der Hauptsache die Berufung zugelassen werden könnte, ist für den Ausschluss der Beschwerde unerheblich. Der Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist insoweit eindeutig und spricht nur von einer zulässigen Berufung und nicht von einer gegebenenfalls erst noch zuzulassenden Berufung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. März 2009, Az. L 2 B 289/08 ER).
Unerheblich ist auch, dass das SG in seiner Rechtsbehelfsbelehrung von der Zulässigkeit der Beschwerde ausging. Ein Rechtsbehelf, der gesetzlich nicht vorgesehen oder unzulässig ist, kann nicht durch eine im Ergebnis unrichtige Belehrung eröffnet werden.
Die Beschwerde ist im Übrigen auch unbegründet. Wie schon das SG sieht der Senat keinen Anordnungsanspruch der Antragstellerin für Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Hilfe zum Lebensunterhalt noch für andere Leistungen nach diesem Sozialgesetzbuch.
Der Erlass der von der Antragstellerin begehrten vorläufigen Anordnung beurteilt sich nach § 86b Abs. 2 SGG.
Nach § 86b Abs. 2 SGG ist das Begehren der Antragstellerin als auf eine Regelungsanordnung gerichteter Antrag statthaft, weil in der Hauptsache keine reine Anfechtungsklage zu erheben war. Das Begehren der Antragstellerin ist auf (höhere) Leistungen gerichtet, so dass statthafte Klageart eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 und 4 SGG ist. Das Gericht der Hauptsache kann dann gemäß § 86b Abs. 2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dabei stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO).
Die Antragstellerin erfüllt zunächst die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 19 i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 SGB II, hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II) hat. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistung scheitert aber daran, dass sie dennoch gemäß § 7 Abs. 5 SGB II nicht zum Kreis der Leistungsberechtigten gehört. Nach der zuletzt genannten Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen der §§ 60 bis 62 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Antragstellerin ist von diesem Ausschluss betroffen. Ihre Ausbildung ist grundsätzlich förderungsfähig im Sinne des § 60 Abs 1 SGB III, weil die Antragstellerin eine betriebliche Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf absolviert und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Aus dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II, dass der Leistungsausschluss schon dann gilt, wenn die Ausbildung nur dem Grunde nach förderungsfähig ist, folgt auch, dass sich an dem Leistungsausschluss nichts ändert, wenn die Antragstellerin tatsächlich keine BAB erhält. Auf die Gründe der Nichtgewährung (übersteigendes Einkommen der Eltern etc.) kommt es daher nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.2008, Az: B 4 AS 28/07 R – Juris). Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist kein Ausfallsystem ("keine Förderung auf zweiter Stufe"), falls ein anderes vorrangiges Förderinstrument im Einzelfall nicht zum Tragen kommt (vgl. BSG, Urteil vom 6.9.2007 – B 14/7b AS 36/06 R – Juris). Eine Ausnahme vom Ausschluss nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II ist, wie auch das SG richtig erkannt hat, nicht gegeben. Die Förderung durch BAB ist schon deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Antragstellerin eine zweite Berufsausbildung absolviert, so dass der Ausschluss einer BAB nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, weil die Antragstellerin noch zu Hause bei den Eltern wohnt, nicht zum Tragen kommt (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2006, L 2 B 32/06 AS ER).
Ein Härtefall, in dem der Antragstellerin die Beendigung der Ausbildung durch ein Darlehen ermöglicht werden müsste, liegt nicht vor. Nach § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen gewährt werden. Ein besonderer Härtefall liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzuträten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig, erscheinen ließen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.10.1993, Az. 5 C 16/91, BVerwGE 94, 224). Es sind keine Umstände ersichtlich, die den vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausschluss von den Leistungen der Grundsicherung über das übliche Maß unbillig erscheinen lassen. Insbesondere hat die Antragstellerin ihre Ausbildung erst begonnen, so dass auch keine besonderen Ausbildungsbedarfe (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.2008, Az: B 4 AS 28/07 R – Juris) erkennbar sind, die von den gesetzlichen Förderinstrumenten ggf. nicht abgedeckt wären. Ein Härtefall kann sich auch daraus ergeben, dass eine Beschäftigungsaufnahme gemäß der bisherigen Ausbildung ausgeschlossen erscheint (vgl. BSG, a.a.O.). Es ist aber nicht hinreichend glaubhaft, dass in dem Beruf der Touristikassistentin keinerlei Beschäftigungschance besteht. Eine Recherche auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit durch den Berichterstatter ergab zum Zeitpunkt der Recherche am 3. August 2010 eine Vielzahl an gemeldeten offenen Stellen (bundesweite Treffer 113, davon in Halle 5 offene Stellen und im Umkreis von 100 km um Halle noch 56 offene Stellen).
Mangels Förderung durch BAB oder nach dem BAföG sind auch die Voraussetzungen eines Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt den Verfahrensausgang.
Die Entscheidung ist endgültig, § 177 SGG.
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