Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 15 U 209/08
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 SF 94/10 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Selbstablehnung der Richterin Bullwan und das Ablehnungsgesuch der Antragsteller vom 18. Februar 2010 gegen Richterin Bullwan sind begründet.
Gründe:
I. Die Klägerin betreibt vor dem Sozialgericht Halle den Rechtsstreit S 15 U 209/08, für dessen Durchführung Richterin Bullwan zuständig ist. In dem Rechtsstreit geht es um Abrechnungen der Antragsteller, für die diese keine Leistungen erbracht haben sollen. Dieser Sachvershalt ist Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft H. gegen den Antragsteller zu 1 unter dem Aktenzeichen , welches die Staatsanwaltschaft H im Juli 2010 eingestellt hat.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 hat Richterin Bullwan die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sie während ihrer Referendarzeit vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2008 dem in dem Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller zu 1 zuständigen Staatsanwalt W zur Ausbildung zugewiesen war. Im Rahmen ihrer Ausbildung habe sie Einsicht in die Ermittlungsakte gehabt und an dem Termin der Vernehmung des Antragstellers zu 1 am 5. März 2008 teilgenommen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Antragsteller haben am 22. Februar 2010 mitgeteilt, dass sie mit einer Ablehnung konform gingen bzw. diese ebenfalls beantragten.
Mit Verfügung vom 20. April 2010 hat Richterin Bullwan die Gerichtsakte dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vorgelegt und eine dienstliche Stellungnahme zur Selbstablehnung beigefügt. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Klägerin hat sich zur Selbstablehnung bzw. zum Befangenheitsantrag nicht geäußert.
II. Die statthafte Selbstablehnung der Richterin Bullwan und das statthafte Ablehnungsgesuch der Antragsteller sind begründet.
Gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung gegen eine Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Gemäß § 48 ZPO kann eine Richterin unter denselben Voraussetzungen von einem Verhältnis Anzeige machen, das ihre Ablehnung rechtfertigen könnte. Maßgebend ist nicht, ob die abgelehnte Richterin wirklich befangen ist oder sie sich selbst für befangen hält, sondern allein, ob von dem Standpunkt der Beteiligten aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die die Befürchtung wecken können, die Richterin stehe dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), BVerfGE 73, 330, 335; BVerfGE 82, 30, 37).
Aus der dienstlichen Äußerung der Richterin Bullwan lassen sich in diesem Sinne hinreichende Anhaltspunkte ableiten, die die Besorgnis der Befangenheit begründen. Dass die Richterin Bullwan Kenntnis vom Inhalt der Ermittlungsakte hat und an der Beschuldigtenvernehmung des Antragstellers zu 1 teilgenommen hat, begründet für sich noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Ermittlungsakte hätte die Richterin auch im Rahmen des Rechtstreits vor dem Sozialgericht beiziehen und vom Inhalt Kenntnis nehmen können. Das Protokoll der Beschuldigtenvernehmung wird Bestandteil der Ermittlungsakte sein. Erfahrungsgemäß erschöpft sich die Referendarausbildung nicht nur im Studium der Akten. So werden in aller Regel über die Sachverhalte auch Gespräche mit den Ausbildern geführt. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass die Richterin Bullwan Kenntnis von Umständen hat, die nicht unbedingt Inhalt der Ermittlungsakte geworden sind. Daher ist die Besorgnis der Befangenheit begründet.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
gez. Eyrich gez. Dr. Ulrich gez. Boldt
Gründe:
I. Die Klägerin betreibt vor dem Sozialgericht Halle den Rechtsstreit S 15 U 209/08, für dessen Durchführung Richterin Bullwan zuständig ist. In dem Rechtsstreit geht es um Abrechnungen der Antragsteller, für die diese keine Leistungen erbracht haben sollen. Dieser Sachvershalt ist Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft H. gegen den Antragsteller zu 1 unter dem Aktenzeichen , welches die Staatsanwaltschaft H im Juli 2010 eingestellt hat.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 hat Richterin Bullwan die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sie während ihrer Referendarzeit vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2008 dem in dem Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller zu 1 zuständigen Staatsanwalt W zur Ausbildung zugewiesen war. Im Rahmen ihrer Ausbildung habe sie Einsicht in die Ermittlungsakte gehabt und an dem Termin der Vernehmung des Antragstellers zu 1 am 5. März 2008 teilgenommen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Antragsteller haben am 22. Februar 2010 mitgeteilt, dass sie mit einer Ablehnung konform gingen bzw. diese ebenfalls beantragten.
Mit Verfügung vom 20. April 2010 hat Richterin Bullwan die Gerichtsakte dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vorgelegt und eine dienstliche Stellungnahme zur Selbstablehnung beigefügt. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Klägerin hat sich zur Selbstablehnung bzw. zum Befangenheitsantrag nicht geäußert.
II. Die statthafte Selbstablehnung der Richterin Bullwan und das statthafte Ablehnungsgesuch der Antragsteller sind begründet.
Gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung gegen eine Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Gemäß § 48 ZPO kann eine Richterin unter denselben Voraussetzungen von einem Verhältnis Anzeige machen, das ihre Ablehnung rechtfertigen könnte. Maßgebend ist nicht, ob die abgelehnte Richterin wirklich befangen ist oder sie sich selbst für befangen hält, sondern allein, ob von dem Standpunkt der Beteiligten aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die die Befürchtung wecken können, die Richterin stehe dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), BVerfGE 73, 330, 335; BVerfGE 82, 30, 37).
Aus der dienstlichen Äußerung der Richterin Bullwan lassen sich in diesem Sinne hinreichende Anhaltspunkte ableiten, die die Besorgnis der Befangenheit begründen. Dass die Richterin Bullwan Kenntnis vom Inhalt der Ermittlungsakte hat und an der Beschuldigtenvernehmung des Antragstellers zu 1 teilgenommen hat, begründet für sich noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Ermittlungsakte hätte die Richterin auch im Rahmen des Rechtstreits vor dem Sozialgericht beiziehen und vom Inhalt Kenntnis nehmen können. Das Protokoll der Beschuldigtenvernehmung wird Bestandteil der Ermittlungsakte sein. Erfahrungsgemäß erschöpft sich die Referendarausbildung nicht nur im Studium der Akten. So werden in aller Regel über die Sachverhalte auch Gespräche mit den Ausbildern geführt. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass die Richterin Bullwan Kenntnis von Umständen hat, die nicht unbedingt Inhalt der Ermittlungsakte geworden sind. Daher ist die Besorgnis der Befangenheit begründet.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
gez. Eyrich gez. Dr. Ulrich gez. Boldt
Rechtskraft
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