L 10 U 1240/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 00617/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1240/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Dezember 2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Übergangsleistungen.

Die am 1955 geborene Klägerin arbeitete vom 08.10.1973 bis 31.12.1991 in der Kernmacherei der Firma K. AG in N ... Sie verputzte dort Sandkerne, die im Hot-Box-Verfahren oder Cold-Box-Verfahren hergestellt wurden. Ab 19.05.1992 war die Klägerin nach einer innerbetrieblichen Umsetzung als Werkstattschreiberin in der Kontrollabteilung beschäftigt. Von August 1995 bis Juli 1997 absolvierte sie auf Kosten der Landesversicherungsanstalt Württemberg (LVA) beim Berufsförderungswerk E. eine Ausbildung zur Bürokauffrau. In diesem Beruf ist sie seither tätig.

Mit Bescheid vom 26.10.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.1994 lehnte die Beklagte die Anerkennung der bei der Klägerin bestehenden Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 4301 bzw. 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) ab. Diese Entscheidung stützte sie im Wesentlichen auf das Gutachten des Lungenarztes/Internisten Dr. T. , M. , vom 04.06.1993. Er führte zusammenfassend aus, eine manifeste Atemwegsobstruktion sei nicht zu objektivieren, lediglich ein beginnend unspezifisch hyperreagibles Bronchialsystem auf Grund der primär exogen-allergischen Atemwegserkrankung bei überwiegender Sensibilisierung cutan und serologisch sowie anamnestisch auf saisonale Pollen mit assoziierter Unverträglichkeit von Obst, Gemüse und Gewürzen. Es bestünden keine überwiegend oder ausschließlich am Arbeitsplatz ausgelöste Beschwerden, solche würden durch alltägliche Reizgase in Form von Zigarettenrauch (stark rauchender Ehemann), Parfüm, Haarsprays und Autoabgasen ebenso ausgelöst.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn ( S 1 U 1689/94) holte das Sozialgericht das Gutachten des Prof. Dr. T. , Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität H. , vom 12.06.1997 ein. Er kam zu dem Ergebnis, eine obstruktive Atemwegserkrankung liege nicht vor. Bei der Klägerin bestehe keine Atemwegserkrankung gem. BK Nr. 4301/4302 der Anlage zur BKV. Auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das Sozialgericht das Gutachten von Prof. Dr. W. , Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der J.-L.-Universität G. , vom 26.03.1998 ein. Der Gutachter führte zusammenfassend aus, die haftungsbegründende Kausalität für eine BK Nr. 4302 sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen. Aus arbeitsmedizinischer Sicht sei bei der Klägerin von einem außerberuflich erworbenen Vorschaden auszugehen. Die polyvalente Sensibilisierung gegenüber ubiquitären Allergenen sei mehrfach durch immunologische Testverfahren bestätigt worden. Anamnestisch ergäben sich typische saisonale Beschwerden einer Opthalmo-, Rhino- und Bronchopathie insbesondere während der Frühjahrsmonate. Darüber hinaus seien bei der Klägerin rezidivierende bronchitische Infekte bekannt. Damit sei aus arbeitsmedizinischer Sicht die Frage der beruflichen Verschlimmerung dieses Vorschadens im Sinne der BK Nr. 4302 zu prüfen. Für einen solchen Zusammenhang spreche die Tatsache, dass bei der Klägerin Atembeschwerden auch arbeitsplatzbezogen aufgetreten seien. Gegen einen solchen Zusammenhang sprächen folgende Gesichtspunkte:

1. Während der Berufstätigkeit bis Dezember 1991 führten Arbeitsunterbrechungen, beispielsweise an Wochenenden oder während der Urlaube, nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden. Es liege somit keine positive Karenzprobe vor. 2. Auch seit der Unterlassung der Tätigkeit als Kernputzerin im Dezember 1991 sei es nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden gekommen. 3. Die von Dr. T. durchgeführten arbeitsplatzbezogenen Inhalationsteste mit Materialien des Cold-Box- und Hot-Box-Verfahrens zeigten keine Erhöhung des Atemwegswiderstandes.

Da weder bei seiner Untersuchung am 19.12.1998 noch bei den Voruntersuchungen eine obstruktive Ventilationsstörung vor Provokation gefunden worden sei, lägen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine BK Nr. 4302 nicht vor. Er empfehle die Möglichkeiten zur Anwendung des § 3 Abs. 2 BKV zu überprüfen.

Am 14.05.1998 nahm die Klägerin die Klage zurück.

Mit Schreiben vom 25.05.1998 beantragte die Klägerin, ihr Leistungen nach § 3 Abs. 2 BKV zu gewähren.

Die Beklagte zog einen Bericht des Instituts für Arbeits- und Sozialhygiene Stiftung, K. , über die Messung von Stoffen in der Luft bei (Messungen durchgeführt am 02.09.1992 im Aluminium- Schmelzbetrieb der K. AG) sowie die Unterlagen der LVA über die Umschulung und veranlasste den Bericht des Technischen Aufsichtsbeamten Dr. Schick vom 19.03.1999.

Mit Bescheid vom 31.08.1999 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach § 3 BKV mit der Begründung ab, am Arbeitsplatz der Klägerin hätten keine Schadstoffkonzentrationen bestanden, bei denen die konkret individuelle Gefahr des Entstehens einer BK nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV gedroht habe. Die Aufgabe der Tätigkeit in der Kernputzerei sei aus Gründen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge durchaus geboten gewesen. Ein objektiver Zwang zur Aufgabe dieser Tätigkeit wegen einer drohenden beruflichen BK habe jedoch nicht bestanden.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchs- und Einspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2000 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 17.03.2000 Klage zum Sozialgericht Heilbronn und wiederholte im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.

Das Sozialgericht holte die ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage von Prof. Dr. W. vom 30.08.2000 ein. Er war der Auffassung, bei der Klägerin handle es sich um einen Grenzfall. Es sei von einem außerberuflich erworbenen Vorschaden auszugehen. Bei ihr bestehe eine mehrfach positiv getestete und dokumentierte sogenannte unspezifische bronchiale Hyperreagibilität. Die Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit als Kernputzerin sei medizinischerseits erforderlich gewesen zur Verhütung einer weiteren Zunahme einer Obstruktion. Der vielfach zitierte berufsgenossenschaftliche Grundsatz G 23 nenne als dauernde gesundheitliche Bedenken auch eine chronische unspezifische bronchiale Hyperreagibilität. Dies sei bei einem Krankheitsverlauf über mittlerweile 12 Jahre der Fall. Damit sich aus diesem Vorschaden nicht eine eigentliche obstruktive Atemwegserkrankung entwickle, sei die Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit medizinisch unbedingt erforderlich gewesen. Dass die Klägerin immer noch die Zeichen der unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität zeige, spreche bezüglich des Krankheitsverlaufs nicht gegen die berufliche Verursachung dieser Symptome.

Mit Urteil vom 13.12.2001 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte, Übergangsleistungen ab 01.01.1992 zu gewähren. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es werde den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. W. in der gutachterlichen Stellungnahme vom 30.08.2000 gefolgt.

Gegen das am 14.03.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.04.2002 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, auch Prof. Dr. W. gehe davon aus, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Grenzfall handle. Von besonderer Bedeutung sei in diesem Fall die Abgrenzung von Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 BKV zu Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Auch dann, wenn auf Grund des Ergebnisses einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung gesundheitliche Bedenken gegen eine Weiterbeschäftigung bescheinigt würden, sei nicht notwendigerweise eine Gefahr im Sinne von § 3 Abs. 1 BKV anzunehmen. Dies sei nur dann der Fall, wenn die gesundheitlichen Gefährdungen am Arbeitsplatz für eine BK relevant seien und diesen Einwirkungen auch im Einzelfall die Bedeutung einer rechtlich wesentlichen Ursache zukomme. Zum einen sei festzustellen, dass zumindest nach 1985 am Arbeitsplatz der Klägerin keine für die Entstehung einer BK nach Nr. 4302 relevante gesundheitliche Gefährdung mehr vorgelegen habe. Wie aus hierzu ergangenen Publikationen, insbesondere von Prof. Dr. Baur hervorgehe, seien Reaktionen der Atemwege auf chemisch-irritative oder toxische Arbeitsstoffe in der Regel dosisabhängig und treten in engem zeitlichem Zusammenhang auf. Eine relevante Expositionsquantität sei jedoch nach 1985 nicht mehr nachgewiesen, so dass mit dem Eintritt einer BK nicht habe gerechnet werden können. Darüber hinaus verweise Prof. Dr. W. bei der Beurteilung der Frage, ob in diesem Einzelfall konkret eine Gefährdung bestanden habe, auf allgemeine arbeitsmedizinische Erfahrungen. Auf die individuellen Gegebenheiten, insbesondere die Anamnese, gehe er hierbei nicht ein. Gegen das Vorliegen einer relevanten Gefährdung spreche nämliche die Tatsache, dass die Klägerin bereits langjährig den in Betracht kommenden Gefahrstoffen ausgesetzt gewesen sei, wobei für die früheren Jahre unter Umständen eine höhere Exposition angenommen werden müsse. Dennoch hätten diese Einwirkungen keinerlei Einfluss auf die Entwicklung und den Verlauf der Erkrankung gehabt. Dies habe der Gutachter in seinem früheren Gutachten vom 26.03.1998 selbst ausgeführt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Dezember 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie bringt vor, es sei zwar unstreitig, dass es bei ihr nicht zum Ausbruch einer BK gekommen sei. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass eine solche entstehe. Des weiteren sei zu berücksichtigen, dass sie an einem empfindlichen Bronchialsystem, einer unspezifischen Hyperreagibilität leide. Da in ihrem Fall von einem konkreten Vorschaden auszugehen sei, sei festzuhalten, dass sich der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch hierauf erstrecke. Wenn sie an ihrem Arbeitsplatz geblieben wäre, hätte mit dem Eintreten einer BK nach den Nrn. 4301/4302 gerechnet werden müssen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist begründet. Das Sozialgericht hätte die Klage abweisen müssen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Übergangsleistungen.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich noch nach § 3 Abs. 2 der BKV vom 20.06.1968, zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18.12.1992. Sie ist zwar durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 der BKV vom 31.10.1997 mit Wirkung vom 01.12.1997 aufgehoben und durch die neue BKV ersetzt worden. Da diese ihre Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 1 und 6 und § 193 Abs. 1 des 7. Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) hat und diese Gesetzesvorschriften gem. § 212 SGB VII für vor dem Inkrafttreten des SGB VII (01.01.1997) eingetretene Versicherungsfälle nicht gelten, kann die BKV - abgesehen von der dort getroffenen Sonderregelung des § 6 BKV - auch keine Regelungen über vor ihrem Inkrafttreten eingetretene berufsbedingte Erkrankungen treffen, die (noch) keine BKen sind, zumal auch der maximale Leistungszeitraum von 5 Jahren vor dem 1.1.1997 abgelaufen ist (vgl. BSG in SozR 3-5670 § 3 Nr. 5, Urteil vom 20.2.2001).

Nach Satz 1 des § 3 Abs. 2 BKV hat der T. der gesetzlichen Unfallversicherung einem Versicherten, der die gefährdende Tätigkeit einstellt, weil die Gefahr, dass eine BK entsteht, wieder auflebt oder sich verschlimmert, für ihn nicht zu beseitigen ist, zum Ausgleich der hierdurch verursachten Minderung des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile eine Übergangsleistung zu gewähren.

Auf die Übergangsleistung besteht dem Grunde nach ein Anspruch des Versicherten, wenn die rechtlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 BKV gegeben sind. Dagegen steht die Entscheidung über Art, Dauer und Höhe der Leistung in pflichtgemäßem Ermessen des Unfallversicherungsträgers.

Erste Voraussetzung für den Anspruch nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BKV ist das Bestehen einer konkret individuellen Gefahr der Entstehung einer BK. Die auf Grund einer gefährdenden Tätigkeit generell vorhandene Möglichkeit der Erkrankung ist deshalb noch keine Gefahr im Sinne dieser Vorschrift. Der Versicherte ist grundsätzlich gegen BKen in dem Zustand geschützt, in dem er seine Tätigkeit verrichtet. Es genügt insoweit, dass die Einwirkungen am Arbeitsplatz wesentlich mitursächlich für die Gefahr der Erkrankung an einer BK Nr. 4302 sind (BSG vom 22.03.1983 - 2 R U 22/81 -). Die Einwirkungen am Arbeitsplatz der Klägerin von 1973 bis Ende 1991 in der Kernmacherei der Firma K. waren nicht wesentlich mitursächlich für die Gefahr des Entstehens einer BK nach Nr. 4302 der BKV. Im Vordergrund stand bei der Klägerin immer der arbeitsplatzunabhängige Gesundheitszustand. So hat Dr. T. in seinem Gutachten vom 04.06.1993 dargelegt, dass die von der Klägerin angegebenen Atembeschwerden am Arbeitsplatz im Rahmen des zweimaligen arbeitsplatzbezogenen inhalativen Provokationstests mit zahlreichen dort vorkommenden Arbeitsstoffen nicht zu objektivieren gewesen seien, obwohl bei insgesamt 6 Einzelkomponenten anhand der Sicherheitsdatenblätter von einer chemisch-irritativen Wirkung auf die Schleimhäute der Atemwege auszugehen sei. Er hat vielmehr ein beginnendes unspezifisches hyperreagibles Bronchialsystem diagnostiziert mit Beschwerden, die ausgelöst werden durch alltägliche Reizgase in Form von Zigarettenrauch (stark rauchender Ehemann), Parfüm, Haarsprays und Autoabgasen sowie anamnestisch auf saisonale Pollen mit assoziierter Unverträglichkeit von Obst, Gemüse, Gewürzen. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. im November 1996 hat die Klägerin angegeben, sie leide an regelmäßigem Husten während der Pollenzeit und bei Erkältungen, sowie bei Inhalation von Rauch, Parfüm, Haarspray und Abgasen. Der Genuss von Karotten und Äpfeln führe zu Augentränen, Naselaufen und Rachenjucken.

Entscheidend ist außerdem, dass die Klägerin von 1973 bis 1991 einer - wie sie vorträgt - gefährdenden Exposition ausgesetzt war, ohne dass sich hierdurch eine BK entwickelt hat (Gutachten von Prof. Dr. T. und Prof. Dr. W. im SG-Verfahren - S 1 U 1689/94 -). Somit kann für die zukünftige Tätigkeit auch nicht die konkrete Gefahr des Entstehens einer BK gesehen werden.

Der Auffassung von Prof. Dr. W. in der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 30.08.2000, wonach bei der Klägerin die Gefahr bestand, dass eine BK (obstruktive Atemwegserkrankung) entsteht, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zum einen äußerte er sich dahingehend, dass es sich um einen Grenzfall handle, was auch auf bei ihm vorliegende Zweifel schließen lässt. Zum anderen verweist Prof. Dr. W. bei der Beurteilung der Frage, ob konkret eine Gefährdung bestand, auf allgemeine arbeitsmedizinische Erfahrungen und geht nicht auf die individuellen Gegebenheiten, insbesondere die Anamnese, ein. Zwar geht er dann auf S. 7 auf die individuelle Situation der Klägerin ein, unterstellt anschließend aber unbewiesene höhere Belastungen am Arbeitsplatz, als sie vom TAD gemessen worden sind. Damit legt er seiner Beurteilung unbewiesene Tatsachen zugrunde, so dass ihm nicht gefolgt werden kann. Vielmehr liegt hier einer der Fälle vor, in dem bei noch nicht eingetretener BK zwar ihr drohender Eintritt nicht ausgeschlossen werden kann, der Wechsel des Arbeitsplatzes aber ausschließlich wegen des schlechten sonstigen Gesundheitszustandes der Klägerin erfolgt ist. Dann scheidet ein Entschädigungsanspruch nach § 3 Abs. 2 BKV aus (BSG, Urteil vom 20.2.2001 a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 4.10.1996, 2 BU 186/96). Das BSG hat in diesen Entscheidungen zu Recht darauf hingewiesen, dass dieses Ergebnis auch daraus folgt, dass Leistungen nach § 3 Abs. 2 BVK nicht wie Rentenleistungen Entschädigungscharakter haben. Vielmehr besteht bei ihnen in erster Linie eine Anreizfunktion, nämlich die, die gefährdende Tätigkeit aufzugeben. Eine derartige Anreizfunktion kann diese Leistung in Fällen der vorliegenden Art nicht (mehr) erfüllen, wenn wie hier keine BK eingetreten ist und der Berufswechsel ausschließlich wegen des allgemeinen Gesundheitszustandes erfolgt.

Zudem hatte Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 26.03.1998 darauf hingewiesen, dass Arbeitsunterbrechungen während der Berufstätigkeit bis Dezember 1991 nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden führten. Auch daraus kann geschlossen werden, dass arbeitsplatzunabhängige Einwirkungen bei der Klägerin im Vordergrund standen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Dezember 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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