Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 4680/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1390/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 10. Juni 1954 geborene Klägerin griechischer Staatsangehörigkeit, die ihren Angaben zufolge keinen Beruf erlernt hat, war nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik von 1972 bis zur personenbedingten Kündigung vom 31. Dezember 2006 als Bandarbeiterin bei der R.-B. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss daran bezog sie vom 8. Januar 2007 bis 29. Dezember 2007 Arbeitslosengeld, seitdem erhält sie keine Leistungen mehr und hat sich auch nicht arbeitslos gemeldet. In der Zeit vom 21. Februar 2002 bis 20. Februar 2007 sind mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet, insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden (Versicherungsverlauf vom 1. Juli 2010).
In einem von der B. BKK bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) eingeholten sozialmedizinischen Gutachten berichtete Dr. S. am 2. Juni 2006, die Klägerin habe sich zwischen 1983 und 1989 insgesamt fünf Zystenoperationen an den Brüsten unterziehen müssen. Von September bis Oktober 2001 habe sie ein Heilverfahren absolviert, bei dem Anpassungsstörungen im Sinne eines psychophysischen Erschöpfungszustandes nebst Wirbelsäulensyndrom, Adipositas und Varikosis diagnostiziert worden seien. Seitdem sei eine regelmäßige nervenärztliche Mitbehandlung wegen der Depressionen erfolgt. Zum Untersuchungszeitpunkt habe die Klägerin an Angst und Depression gemischt, einem Cervikalsyndrom, einer Adipositas und einer fibrozystischen Mastopathie gelitten. Die Klägerin sei diesbezüglich weiterhin behandlungsbedürftig und arbeitsunfähig. In dem Folgegutachten vom 13. Juli 2006 stellte Dr. S. fest, das Leistungsvermögen der Klägerin sei für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit weiterhin auf nicht absehbare Zeit eingeschränkt, es bestehe hingegen vollschichtig für leichte Tätigkeiten.
Auf ihren Antrag auf die Gewährung von Arbeitslosengeld veranlasste auch die Bundesagentur für Arbeit eine sozialmedizinische Begutachtung der Klägerin. Dr. F. kam in ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 10. Januar 2007 zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe eine Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden für einen kürzeren als sechsmonatigen Zeitraum. Es werde eine medizinische Rehabilitation oder eine zeitweilige stationäre Behandlung empfohlen, nach der mit dem Wiedereintritt der Leistungsfähigkeit für leichte, zeitweilig mittelschwere Arbeiten zu rechnen sei. Die Klägerin leide unter depressiven Episoden, einer Anpassungsstörung, einem Übergewicht sowie Halswirbelsäulenbeschwerden. Die Probeentnahmen der Brust hätten keinen Nachweis einer bösartigen Erkrankung erbracht.
Am 21. Februar 2007 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und wies zur Begründung auf eine an der linken Brust durchgeführte Operation nach Knotenbildung hin.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine nervenärztliche Begutachtung. Dr. S. beschrieb eine Normvariante der Persönlichkeit mit einfachen sowie konversionsneurotisch-hysterischen Zügen, Hüftschmerzen und ubiquitäre Kopfschmerzen ohne neurologisch fassbares Korrelat sowie eine anamnestisch bekannte zystische Mastopathie ohne Anhalt für Malignität. Anhaltspunkte für eine endogene Depression hätten sich nicht gefunden. Aus der Persönlichkeit erklärten sich hinlänglich die Angstzustände sowie die Neigung zur psychogenen Beschwerdebildung und Überlagerung. Die Klägerin habe sich bewusstseinsklar und örtlich, zeitlich und zur eigenen Person voll orientiert präsentiert. Das äußere Erscheinungsbild sei geordnet. Mimik und Gestik sowie Antrieb und affektive Schwingungsfähigkeit seien reduziert. Es bestehe eine leichte Affektlabilität, die bei der Besprechung der Beschwerden zunehme. Der formale und inhaltliche Denkablauf weise keine Besonderheiten auf. Seiner Einschätzung nach könne die Klägerin noch weiterhin körperlich leichte bis gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten geistig anspruchsloser Natur vollschichtig verrichten.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. April 2007 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin könne mit dem festgestellten Leistungsvermögen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert bzw berufsunfähig.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie leide unter einer schweren somatoformen Schmerzstörung mit Depressionen und einem ganztägig bestehenden massiven Erschöpfungssyndrom. Ihr Schlafrhythmus sei auf das Stärkste beeinträchtigt.
Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. G., der darauf verwies, dass die Argumentation mit massiven Fehlzeiten am Arbeitsplatz wenig geeignet sei, die getroffene Leistungsbeurteilung zu widerlegen, zumal es um ein Leistungsvermögen für leichte körperliche und geistig anspruchslose Tätigkeiten im Wechsel und ohne Zeitdruck gehe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2007 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Beschäftigung als Bandarbeiterin bei B. sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Die Klägerin müsse sich deswegen auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bestehe daher nicht.
Gegen den (nach Angaben des klägerischen Bevollmächtigten) am 22. August 2007 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 24. September 2007 (einem Montag) Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat sie ergänzend vorgetragen, dass es zwar sukzessive nach der Kündigung zu einer Besserung des Gesundheitszustandes gekommen sei, dann aber Anfang des Jahres 2007 sowohl die somatoforme Schmerzstörung als auch die depressiven Episoden wieder zugenommen hätten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. als sachverständigen Zeugen befragt und die Klägerin anschließend auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Dr. S. hat über eine insgesamt gute Remission der Depression berichtet und die Klägerin für wenig belastende Tätigkeiten für vollschichtig leistungsfähig erachtet.
Die Sachverständige Ö., Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse, hat eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen wie Angst, Depression, Sorgen, Anspannung und Ärger sowie eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach lang anhaltender psychischer Belastung (kulturelle Entwurzelung, Schmerzsyndrom und körperliche Erschöpfung, narzisstische Kränkung) diagnostiziert. Die Depression sei mittelgradig ausgeprägt. Dies begründe eine zeitliche Begrenzung der Arbeitsfähigkeit. Wegen der fehlenden Sprachgewandtheit und des Bildungsgrades sei nur noch eine einfache Küchen- oder Putztätigkeit vorstellbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 2. März 2009, hat das SG nach vorheriger Anhörung die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin leide an rezidivierenden depressiven Episoden, bezüglich derer seit Februar 2007 eine Besserung eingetreten sei. Dies ergebe sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S., der die Klägerin seit September 2006 regelmäßig behandelt habe. Dies werde im Ergebnis auch durch die Darlegungen der Sachverständigen Ö. sowie von Dr. S. bestätigt, die beide von einer Depressivität berichtet hätten. Darüber hinaus bestehe eine Anpassungsstörung, die sowohl von der Sachverständigen Ö., wie Dr. G. und dem MDK beschrieben werde. Auf orthopädischem Fachgebiet liege ein Cervikalsyndrom vor, welches bereits der MDK diagnostiziert und das von Dr. S. bestätigt worden wäre. In internistischer Hinsicht leide die Klägerin an einer Adipositas sowie auf gynäkologischem Fachgebiet an der fibrozystischen Mastopathie, bezüglich derer sich kein Anhalt für Malignität ergeben habe. Aufgrund der orthopädischen Beschwerden könne sie dauerhaft keine mittelschweren oder schweren Arbeiten verbunden mit andauernden Zwangshaltungen der Wirbelsäule verrichten. Die Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet begründeten, dass sie Arbeiten mit Zeitdruck, an laufenden Maschinen, mit Publikumsverkehr oder besonderer geistiger Beanspruchung ebenso wie Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung oder nervlicher Belastung vermeiden müsse. Aufgrund der bestehenden Lese- und Rechtschreibstörung seien ferner Arbeiten ausgeschlossen, die eine sichere Beherrschung der Schriftsprache voraussetzten. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Darlegungen der Sachverständigen Ö. rechtfertigten kein abweichendes Ergebnis. Diese habe selbst bestätigt, dass keine quantitativen Leistungseinschränkungen bestünden und von einer zeitlichen Begrenzung der Arbeitszeit nicht auszugehen sei. Soweit sie darüber hinaus prognostiziert habe, ohne Durchführung einer Berentung würde das Leistungsvermögen durch die dann zu erwartende Verschlechterung des Gesundheitszustandes wieder absinken, sei dies nicht nachvollziehbar. Dass ein Leistungsfall eingetreten sei, sei aus den Darlegungen nicht abzuleiten. Die Klägerin habe sich vielmehr schwingungsfähig gezeigt, ihre Orientierung sei in allen Qualitäten ungestört gewesen. Aus dem geminderten Antrieb im Sinne einer resignativen Mutlosigkeit begründe sich keine quantitative Leistungseinschränkung. Vielmehr habe die Gutachterin selbst mehrfach ausgeführt, dass sich das psychische Zustandsbild der Klägerin seit Februar 2007 gebessert habe. Dies entspreche auch den Bekundungen des sachverständigen Zeugen Dr. S ... Außerdem habe die Sachverständige nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und damit auf körperlich leichte und zugleich nervlich weniger belastende Tätigkeiten verweisen lassen müsse, die nicht mit einem höheren intellektuellen Einsatz einhergingen. Die Sachverständige habe selbst einen Einsatz im Bereich der Küchenhilfe als denkbar erachtet.
Mit ihrer dagegen am 24. März 2009 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, durch die Arbeitsaufnahme werde es wieder zu einer aktuellen gesundheitlichen Verschlechterung kommen, die ihr nicht zumutbar sei. Wer unter andauernden, schweren und quälenden Schmerzen leide und bei dem zugleich eine rezidivierende depressive Störung vorliege, könne nicht werktäglich, also regelmäßig mindestens sechs Stunden arbeiten. Dies könne die Sachverständige Ö., die sich mit Patienten mit Immigrationshintergrund auskenne, besser beurteilen. Die Klage sei auch zulässig, denn der am 22. August 2007 zugegangene Widerspruchsbescheid sei nur versehentlich auf den 21. August 2007 gestempelt worden. Dies habe die zuständige Fachsekretärin schriftlich korrigiert und auch der Scanner-Stempel habe das Datum 22. August 2007 getragen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab Februar 2007 zu gewähren, hilfsweise ein Obergutachten, zunächst nach § 103 SGG, höchsthilfsweise ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG bei Prof. Dr. W., Universitätsklinikum F., einzuholen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ärztliche Stellungnahmen von Dr. H. vorgelegt.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine ergänzende Stellungahme nach § 109 SGG bei der Sachverständigen Ö. eingeholt, den behandelnden Arzt Dr. S. zu der Krisenintervention im Jahr 2010 befragt und die Klägerin anschließend erneut von Amts wegen begutachten lassen.
Die Sachverständige Ö., die die Klägerin am 12. November 2007 erneut persönlich untersucht hat, hat eine drastische Veränderung des psychischen Zustandsbildes - ausgelöst durch das Herzleiden des Ehemannes der Klägerin - beschrieben. Die Klägerin sei nicht mehr mürrisch gewesen, stattdessen habe sie kindlich-anhänglich, hilflos, ängstlich, traurig und betrübt sowie zeitweilig verzweifelt gewirkt. In ihrem Haushalt helfe ihr die Schwiegertochter bei schweren Tätigkeiten (Putzen, Einkaufen), die im gleichen Haus lebe. An zwei bis drei Tagen koche sie selbst. Ihre Enkelkinder kämen sie manchmal am Nachmittag besuchen. Die Klägerin habe sich weiterhin in allen Qualitäten orientiert und bewusstseinsklar gezeigt. Ihr Denken sei inhaltlich und formal geordnet, aber eingeschränkt durch starke Grübelneigung. Sie habe über Suizidgedanken berichtet, ohne dass akute Suizidalität vorliege. Die Klägerin leide nunmehr an einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome. Die Klägerin habe berichtet, dass sie, wenn sie eine Rente habe, voraussichtlich ein halbes Jahr in Griechenland leben werde. Sie habe angegeben, hoch dosiert antidepressive Medikamente einzunehmen und sei von der Sachverständigen dazu angehalten worden, ihren Psychiater aufzusuchen und die Möglichkeit einer stationären Behandlung, zumindest eine griechischsprachige ambulante Psychotherapie zu erwägen. Die Klägerin habe darauf entgegnet, sie wisse von einer Bekannten, dass es einen griechischen Psychotherapeuten in erreichbarer Entfernung gebe. Die Klägerin könne dauerhaft keiner Arbeit, auch nicht einer leichten, nachgehen.
Der Neurologe und Psychiater Dr. S. hat über rezidivierende depressive Phasen, zum Teil schwergradig, verbunden mit Ängsten und sozialem Rückzug, berichtet. In den ausgeprägten depressiven Phasen finde eine engmaschigere psychiatrische Behandlung mit supportiven psychiatrischen Gesprächen und Antidepressiva sowie anxiolytische medikamentöse Behandlung statt. Durch ihre Medikation erlebe die Klägerin subjektiv eine Besserung, sie sei aber dennoch recht depressiv, ängstlich mit sozialem Rückzug. Die Symptomatik sei chronifiziert. Sie sei gut in Familienstrukturen eingebunden und berichte zu Hause "zu funktionieren". Die Hausarbeit könne sie nach eigenen Aussagen gut bewältigen. Eine Belastung in Form einer Berufstätigkeit sei jedoch jetzt und für nicht absehbare Zeit nicht möglich.
Der Neurologe und Psychiater Dr. H. hat unter Beiziehung einer griechischen Dolmetscherin für die Anamnese eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte aktuelle Episode, diagnostiziert. Eine eigenständige Angsterkrankung liege nicht vor. Die Klägerin habe berichtet, dass sie alle vier bis sechs Wochen ihren Nervenarzt aufsuche, ansonsten alle drei Monate zum Hausarzt gehe. Sie habe Schmerzen am ganzen Körper und auch psychische Beschwerden bei der Arbeit beschrieben. Sie habe geäußert, sie sei nicht eigentlich schlechter Stimmung, sondern verstehe sich mit ihren Kindern gut. In Hochstimmung sei sie auch nicht. Bei der neurologischen Untersuchung seien alle Reflexe seitengleich mittelstark auslösbar gewesen, Atrophien oder trophische Störungen hätten nicht bestanden. Das Gangbild sei sicher und flüssig gewesen. Es bestünden mäßige deutsche Sprachkenntnisse, wobei das Sprachverständnis offensichtlich besser gewesen sei als das aktive Sprachvermögen. Auffassung, Konzentration und Durchhaltevermögen hätten keine Einschränkungen gezeigt. Die Klägerin habe flüssig und konzentriert berichtet. Ihre Intelligenz liege im Normbereich. Die Stimmungslage sei insgesamt leicht gedrückt gewesen, wobei es themenabhängig auch zu einer Auflockerung und zu einem Lächeln gekommen sei. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei insgesamt ebenso wie der Antrieb leicht reduziert. Die Psychomotorik sei insgesamt eher etwas starr, streckenweise aber auch lebendig gewesen. Anhaltspunkte für Suizidalität hätten nicht vorgelegen. Durch den Ausgang des Rentenverfahrens werde der Krankheitsverlauf nicht beeinträchtigt, wie man das früher angenommen habe. Die Klägerin könne seiner Einschätzung noch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden unter Vermeidung von Akkord- und Nachtarbeit sowie besonderem Zeitdruck, Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, besonders hoher Verantwortung und besonders hoher geistiger Beanspruchung verrichten. Im Hinblick auf die Schilderung des Tagesablaufes ließen sich ausgeprägte Einschränkungen der sozialen Aktivitäten nicht begründen. Die Klägerin habe im Rahmen der Begutachtung auch nicht ersichtlich durch bedeutsamen Schmerz geplagt gewirkt. Die von der Sachverständigen Ö. beschriebene andauernde Persönlichkeitsänderung habe sich nicht feststellen lassen, auch sei ihre Leistungsbeurteilung nicht eindeutig gewesen, so dass letztlich eine vergleichende Stellungnahme nicht erfolgen könne. Die Diagnose einer schweren depressiven Episode sei definitiv nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da es um laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I Seite 554). Nach § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach § 240 Abs 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies hat auch die vom Senat durchgeführte Beweiserhebung bestätigt. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Gerichtsbescheides Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin nach dem vorgelegten Versicherungsverlauf zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, sie ist aber nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Die vom Senat durchgeführten Beweiserhebungen haben ebenfalls bestätigt, dass die Klägerin unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen noch in der Lage ist, mindestens leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mehr als sechs Stunden zu verrichten.
Der Senat stützt sich insoweit auf das eingeholte Gutachten von Dr. H., wonach die Klägerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte aktuelle Episode, leidet. Eine eigenständige Angsterkrankung konnte er ausschließen. Für die Richtigkeit seiner Einschätzung spricht, dass Auffassung, Konzentration und Durchhaltevermögen ohne Einschränkungen waren, die Klägerin vielmehr flüssig und konzentriert berichten konnte. Auch ihre Stimmungslage war nur leicht gedrückt, wobei es themenabhängig auch zu einer Auflockerung und zu einem Lächeln gekommen ist. Die affektive Schwingungsfähigkeit war somit ebenso wie der Antrieb nur leicht reduziert bei etwas starrer, streckenweise aber auch lebendiger Psychomotorik. Anhaltspunkte für Suizidalität lagen nicht vor. Gegen einen mit der Erkrankung einhergehenden Leidensdruck spricht weiter die geringe Behandlungsfrequenz mit zeitlichen Abständen von sieben Wochen bei Dr. S., der aber jeweils ein gutes Ansprechen auf die Therapie berichten konnte.
Aufgrund des Gutachtens von Dr. H. ist der Senat deshalb davon überzeugt, dass bei der Klägerin nur eine leichtgradige Depression vorliegt, die keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht bedingt. Dr. H. hat seine Beurteilung überzeugend begründet und in seinem Gutachten die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden ausführlich dargelegt und bei seiner Bewertung berücksichtigt. Er hat auch, wie das von einem forensischen Gutachter zu erwarten ist, die Angaben der Klägerin nicht vorbehaltlos übernommen, sondern kritisch gewürdigt und zB darauf hingewiesen, dass die Klägerin trotz der vorgebrachten Beschwerden "im Rahmen der Begutachtung auch nicht ersichtlich bedeutsam schmerzbeklagt" gewirkt hat.
Demgegenüber überzeugte die Leistungsbeurteilung durch Dr. Ö. nicht, da ihr Gutachten nicht nur jegliche Plausibilitätsprüfung vermissen lässt, sondern sich allein auf die subjektiven Angaben der Klägerin und des sie begleitenden Sohnes stützt. Zudem sind ihre Äußerungen auch widersprüchlich. Während sie im Gutachten vom 18. August 2008 den Verlust des Arbeitsplatzes und dem damit verbundenen sozialen Status bei der Leistungsbeurteilung der Klägerin große Bedeutung zugemessen hat (vgl S 11 ff des Gutachtens), versucht sie im Gutachten vom 14. November 2009 die Angst der Klägerin um die Gesundheit des Ehemannes als entscheidend für die Entstehung der Depression darzustellen. Da sich der unklare EKG-Befund beim Ehemann der Klägerin etwa 2 Monate vor der zweiten Untersuchung (s Bl 37 d LSG-Akten) und damit etwa im September 2009 ergeben hat, kann dies die Leistungsbeurteilung im ersten Gutachten nicht erklären. In beiden Gutachten hat die Sachverständige jedoch eine Berentung befürwortet. Auch die Einschätzung von Dr. S. ist in sich nicht stimmig, da er die Klägerin nicht als schwer depressiv beschreibt, sondern als "immer noch recht depressiv". Hinsichtlich der angeblichen Persönlichkeitsveränderung hat MUDr. H. zu Recht darauf hingewiesen, dass die von der Sachverständigen Ö. beschriebene kulturelle Entwurzelung, das Schmerzsyndrom und die körperliche Erschöpfung bei narzisstischer Kränkung nicht als Extrembelastung zu betrachten sind, sondern bei vielen Migranten Folgeerscheinungen des normalen Arbeitsalltags sind, somit einer vollschichtigen Tätigkeit nicht entgegenstehen.
Auch die eigenständige Erkrankung einer somatoformen Schmerzstörung hat nicht das Ausmaß erreicht, dass hierdurch eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens resultiert. Die Analyse ihrer Alltagsaktivitäten spricht - trotz eines gewissen Rückzugsverhaltens - auch zur Überzeugung des Senats gegen eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Die von der Klägerin beklagten gesundheitlichen Einschränkungen haben in Bezug auf Schlaf, Tätigkeiten im Haushalt, Hobbys (letzte vierwöchige Griechenlandreise Sommer 2009, regelmässige Spaziergänge) und soziale Aktivitäten (regelmäßige Familienkontakte, eine griechische Freundin) keinen schweren Ausprägungsgrad erreicht. Das ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen des behandelnden Nervenarztes Dr. S., demgegenüber die Klägerin eingeräumt hat, ihre Hausarbeit noch bewältigen zu können und zu Hause zu funktionieren. Ihr Freizeitverhalten lässt sich mit dem Vorliegen eines vollschichtigen Leistungsvermögens bei Berücksichtigung bestehender qualitativer Leistungseinschränkungen in Einklang bringen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 24. September 2009, L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen.
Im Hinblick auf die daraus resultierenden qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr 136). Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr weiterhin noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert werden wie zB Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Die Klägerin ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Sie hat keinen Beruf erlernt und während ihres Versicherungslebens allenfalls angelernte Tätigkeiten verrichtet. Sie ist deswegen auch zur Überzeugung des Senats auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen besteht.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines Obergutachtens, nicht mehr für erforderlich. Eine Pflicht hierzu kann allenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich die aus der Sicht der Fachgebiete jeweils festgestellten Defizite überschneiden und ggf potenzieren können (BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 3). Selbst wenn keine spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, die für sich genommen auf ein aufgehobenes Leistungsvermögen schließen lässt, kann in Grenzfällen nicht ausgeschlossen werden, dass die von einzelnen Sachverständigen verschiedener Sachgebiete unabhängig voneinander festgestellten Erkrankungen und daraus folgenden Funktionsstörungen sich im Sinne einer Auswirkung auf das quantitative Leistungsvermögen überschneiden oder gar potenzieren. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Funktionseinschränkungen aufgrund verschiedener Krankheiten von einzelnen Sachverständigen völlig unterschiedlicher Sachgebiete benannt werden. Es handelt sich dann nicht nur um eine Frage der etwaigen Summierung von Leistungseinschränkungen, welche das quantitative Leistungsvermögen in der Regel unberührt lassen. Vielmehr können die einzelnen Funktionseinschränkungen so geartet sein, dass ohne Hinzuziehung eines medizinischen Sachverständigen nicht geklärt werden kann, ob aus ärztlicher Sicht unter Berücksichtigung aller einander beeinflussenden Gesundheits- und Funktionsstörungen nicht doch eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens anzunehmen ist. Lässt sich in derartigen Grenzfällen das Leistungsvermögen nur durch Einschaltung eines ärztlichen Sachverständigen aufgrund seines medizinischen Fachwissens über die Auswirkungen der verschiedenen festgestellten Erkrankungen endgültig klären, weil die Gesamtbeurteilung nicht den einzelnen Gutachten selbst entnommen werden kann, dann überschreitet das Tatsachengericht nicht nur die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung, sondern unterlässt eine erforderliche Sachaufklärung. Unter diesen Umständen unterscheidet sich ein Antrag auf Einholung bzw Nachholung einer erforderlichen Gesamtbeurteilung von dem bloßen Antrag auf Einholung eines sog Obergutachtens, durch das keine neuen Tatsachen festgestellt, sondern nur die Schlüssigkeit abweichender Beurteilungen durch einen dritten Sachverständigen überprüft werden soll (BSG, Beschluss vom 12. Februar 2009, B 5 R 48/08 B, juris). Bei der Klägerin liegen Leistungseinschränkungen nur in nervenärztlicher Hinsicht vor, also nicht eine Überschneidung von Fachgebieten, sondern nur eine unterschiedliche Beurteilung des Schweregrades der Depression. Die vorliegenden Gutachten von Dr. S., das im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird, und Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und sie geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das SGG - nicht vor (BSG, Beschluss vom 23.05.2006, B 13 RJ 272/05 B, juris).
Soweit die Klägerin Antrag auf gutachtliche Anhörung von Prof. Dr. W. nach § 109 SGG gestellt hat, so war dieser Antrag abzulehnen. Das Antragsrecht nach § 109 SGG ist verbraucht, nachdem das SG bereits das Gutachten von der Sachverständigen Ö. nach § 109 SGG eingeholt hat. Denn das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (so bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. Februar 2006, L 1 U 2572/05, zit nach juris). Es entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG SozR 3 - 1500 § 109 Nr 1). Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 109 Rdnr 10 b). Diese liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Die angehörten Sachverständigen sowie die behandelnden Ärzte haben sich mit der Depression der Klägerin ausführlich auseinandergesetzt.
Der Senat hat deswegen die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 10. Juni 1954 geborene Klägerin griechischer Staatsangehörigkeit, die ihren Angaben zufolge keinen Beruf erlernt hat, war nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik von 1972 bis zur personenbedingten Kündigung vom 31. Dezember 2006 als Bandarbeiterin bei der R.-B. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss daran bezog sie vom 8. Januar 2007 bis 29. Dezember 2007 Arbeitslosengeld, seitdem erhält sie keine Leistungen mehr und hat sich auch nicht arbeitslos gemeldet. In der Zeit vom 21. Februar 2002 bis 20. Februar 2007 sind mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet, insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden (Versicherungsverlauf vom 1. Juli 2010).
In einem von der B. BKK bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) eingeholten sozialmedizinischen Gutachten berichtete Dr. S. am 2. Juni 2006, die Klägerin habe sich zwischen 1983 und 1989 insgesamt fünf Zystenoperationen an den Brüsten unterziehen müssen. Von September bis Oktober 2001 habe sie ein Heilverfahren absolviert, bei dem Anpassungsstörungen im Sinne eines psychophysischen Erschöpfungszustandes nebst Wirbelsäulensyndrom, Adipositas und Varikosis diagnostiziert worden seien. Seitdem sei eine regelmäßige nervenärztliche Mitbehandlung wegen der Depressionen erfolgt. Zum Untersuchungszeitpunkt habe die Klägerin an Angst und Depression gemischt, einem Cervikalsyndrom, einer Adipositas und einer fibrozystischen Mastopathie gelitten. Die Klägerin sei diesbezüglich weiterhin behandlungsbedürftig und arbeitsunfähig. In dem Folgegutachten vom 13. Juli 2006 stellte Dr. S. fest, das Leistungsvermögen der Klägerin sei für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit weiterhin auf nicht absehbare Zeit eingeschränkt, es bestehe hingegen vollschichtig für leichte Tätigkeiten.
Auf ihren Antrag auf die Gewährung von Arbeitslosengeld veranlasste auch die Bundesagentur für Arbeit eine sozialmedizinische Begutachtung der Klägerin. Dr. F. kam in ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 10. Januar 2007 zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe eine Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden für einen kürzeren als sechsmonatigen Zeitraum. Es werde eine medizinische Rehabilitation oder eine zeitweilige stationäre Behandlung empfohlen, nach der mit dem Wiedereintritt der Leistungsfähigkeit für leichte, zeitweilig mittelschwere Arbeiten zu rechnen sei. Die Klägerin leide unter depressiven Episoden, einer Anpassungsstörung, einem Übergewicht sowie Halswirbelsäulenbeschwerden. Die Probeentnahmen der Brust hätten keinen Nachweis einer bösartigen Erkrankung erbracht.
Am 21. Februar 2007 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und wies zur Begründung auf eine an der linken Brust durchgeführte Operation nach Knotenbildung hin.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine nervenärztliche Begutachtung. Dr. S. beschrieb eine Normvariante der Persönlichkeit mit einfachen sowie konversionsneurotisch-hysterischen Zügen, Hüftschmerzen und ubiquitäre Kopfschmerzen ohne neurologisch fassbares Korrelat sowie eine anamnestisch bekannte zystische Mastopathie ohne Anhalt für Malignität. Anhaltspunkte für eine endogene Depression hätten sich nicht gefunden. Aus der Persönlichkeit erklärten sich hinlänglich die Angstzustände sowie die Neigung zur psychogenen Beschwerdebildung und Überlagerung. Die Klägerin habe sich bewusstseinsklar und örtlich, zeitlich und zur eigenen Person voll orientiert präsentiert. Das äußere Erscheinungsbild sei geordnet. Mimik und Gestik sowie Antrieb und affektive Schwingungsfähigkeit seien reduziert. Es bestehe eine leichte Affektlabilität, die bei der Besprechung der Beschwerden zunehme. Der formale und inhaltliche Denkablauf weise keine Besonderheiten auf. Seiner Einschätzung nach könne die Klägerin noch weiterhin körperlich leichte bis gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten geistig anspruchsloser Natur vollschichtig verrichten.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. April 2007 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin könne mit dem festgestellten Leistungsvermögen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert bzw berufsunfähig.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie leide unter einer schweren somatoformen Schmerzstörung mit Depressionen und einem ganztägig bestehenden massiven Erschöpfungssyndrom. Ihr Schlafrhythmus sei auf das Stärkste beeinträchtigt.
Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. G., der darauf verwies, dass die Argumentation mit massiven Fehlzeiten am Arbeitsplatz wenig geeignet sei, die getroffene Leistungsbeurteilung zu widerlegen, zumal es um ein Leistungsvermögen für leichte körperliche und geistig anspruchslose Tätigkeiten im Wechsel und ohne Zeitdruck gehe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2007 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Beschäftigung als Bandarbeiterin bei B. sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Die Klägerin müsse sich deswegen auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bestehe daher nicht.
Gegen den (nach Angaben des klägerischen Bevollmächtigten) am 22. August 2007 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 24. September 2007 (einem Montag) Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat sie ergänzend vorgetragen, dass es zwar sukzessive nach der Kündigung zu einer Besserung des Gesundheitszustandes gekommen sei, dann aber Anfang des Jahres 2007 sowohl die somatoforme Schmerzstörung als auch die depressiven Episoden wieder zugenommen hätten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. als sachverständigen Zeugen befragt und die Klägerin anschließend auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Dr. S. hat über eine insgesamt gute Remission der Depression berichtet und die Klägerin für wenig belastende Tätigkeiten für vollschichtig leistungsfähig erachtet.
Die Sachverständige Ö., Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse, hat eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen wie Angst, Depression, Sorgen, Anspannung und Ärger sowie eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach lang anhaltender psychischer Belastung (kulturelle Entwurzelung, Schmerzsyndrom und körperliche Erschöpfung, narzisstische Kränkung) diagnostiziert. Die Depression sei mittelgradig ausgeprägt. Dies begründe eine zeitliche Begrenzung der Arbeitsfähigkeit. Wegen der fehlenden Sprachgewandtheit und des Bildungsgrades sei nur noch eine einfache Küchen- oder Putztätigkeit vorstellbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 2. März 2009, hat das SG nach vorheriger Anhörung die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin leide an rezidivierenden depressiven Episoden, bezüglich derer seit Februar 2007 eine Besserung eingetreten sei. Dies ergebe sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S., der die Klägerin seit September 2006 regelmäßig behandelt habe. Dies werde im Ergebnis auch durch die Darlegungen der Sachverständigen Ö. sowie von Dr. S. bestätigt, die beide von einer Depressivität berichtet hätten. Darüber hinaus bestehe eine Anpassungsstörung, die sowohl von der Sachverständigen Ö., wie Dr. G. und dem MDK beschrieben werde. Auf orthopädischem Fachgebiet liege ein Cervikalsyndrom vor, welches bereits der MDK diagnostiziert und das von Dr. S. bestätigt worden wäre. In internistischer Hinsicht leide die Klägerin an einer Adipositas sowie auf gynäkologischem Fachgebiet an der fibrozystischen Mastopathie, bezüglich derer sich kein Anhalt für Malignität ergeben habe. Aufgrund der orthopädischen Beschwerden könne sie dauerhaft keine mittelschweren oder schweren Arbeiten verbunden mit andauernden Zwangshaltungen der Wirbelsäule verrichten. Die Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet begründeten, dass sie Arbeiten mit Zeitdruck, an laufenden Maschinen, mit Publikumsverkehr oder besonderer geistiger Beanspruchung ebenso wie Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung oder nervlicher Belastung vermeiden müsse. Aufgrund der bestehenden Lese- und Rechtschreibstörung seien ferner Arbeiten ausgeschlossen, die eine sichere Beherrschung der Schriftsprache voraussetzten. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Darlegungen der Sachverständigen Ö. rechtfertigten kein abweichendes Ergebnis. Diese habe selbst bestätigt, dass keine quantitativen Leistungseinschränkungen bestünden und von einer zeitlichen Begrenzung der Arbeitszeit nicht auszugehen sei. Soweit sie darüber hinaus prognostiziert habe, ohne Durchführung einer Berentung würde das Leistungsvermögen durch die dann zu erwartende Verschlechterung des Gesundheitszustandes wieder absinken, sei dies nicht nachvollziehbar. Dass ein Leistungsfall eingetreten sei, sei aus den Darlegungen nicht abzuleiten. Die Klägerin habe sich vielmehr schwingungsfähig gezeigt, ihre Orientierung sei in allen Qualitäten ungestört gewesen. Aus dem geminderten Antrieb im Sinne einer resignativen Mutlosigkeit begründe sich keine quantitative Leistungseinschränkung. Vielmehr habe die Gutachterin selbst mehrfach ausgeführt, dass sich das psychische Zustandsbild der Klägerin seit Februar 2007 gebessert habe. Dies entspreche auch den Bekundungen des sachverständigen Zeugen Dr. S ... Außerdem habe die Sachverständige nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und damit auf körperlich leichte und zugleich nervlich weniger belastende Tätigkeiten verweisen lassen müsse, die nicht mit einem höheren intellektuellen Einsatz einhergingen. Die Sachverständige habe selbst einen Einsatz im Bereich der Küchenhilfe als denkbar erachtet.
Mit ihrer dagegen am 24. März 2009 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, durch die Arbeitsaufnahme werde es wieder zu einer aktuellen gesundheitlichen Verschlechterung kommen, die ihr nicht zumutbar sei. Wer unter andauernden, schweren und quälenden Schmerzen leide und bei dem zugleich eine rezidivierende depressive Störung vorliege, könne nicht werktäglich, also regelmäßig mindestens sechs Stunden arbeiten. Dies könne die Sachverständige Ö., die sich mit Patienten mit Immigrationshintergrund auskenne, besser beurteilen. Die Klage sei auch zulässig, denn der am 22. August 2007 zugegangene Widerspruchsbescheid sei nur versehentlich auf den 21. August 2007 gestempelt worden. Dies habe die zuständige Fachsekretärin schriftlich korrigiert und auch der Scanner-Stempel habe das Datum 22. August 2007 getragen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab Februar 2007 zu gewähren, hilfsweise ein Obergutachten, zunächst nach § 103 SGG, höchsthilfsweise ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG bei Prof. Dr. W., Universitätsklinikum F., einzuholen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ärztliche Stellungnahmen von Dr. H. vorgelegt.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine ergänzende Stellungahme nach § 109 SGG bei der Sachverständigen Ö. eingeholt, den behandelnden Arzt Dr. S. zu der Krisenintervention im Jahr 2010 befragt und die Klägerin anschließend erneut von Amts wegen begutachten lassen.
Die Sachverständige Ö., die die Klägerin am 12. November 2007 erneut persönlich untersucht hat, hat eine drastische Veränderung des psychischen Zustandsbildes - ausgelöst durch das Herzleiden des Ehemannes der Klägerin - beschrieben. Die Klägerin sei nicht mehr mürrisch gewesen, stattdessen habe sie kindlich-anhänglich, hilflos, ängstlich, traurig und betrübt sowie zeitweilig verzweifelt gewirkt. In ihrem Haushalt helfe ihr die Schwiegertochter bei schweren Tätigkeiten (Putzen, Einkaufen), die im gleichen Haus lebe. An zwei bis drei Tagen koche sie selbst. Ihre Enkelkinder kämen sie manchmal am Nachmittag besuchen. Die Klägerin habe sich weiterhin in allen Qualitäten orientiert und bewusstseinsklar gezeigt. Ihr Denken sei inhaltlich und formal geordnet, aber eingeschränkt durch starke Grübelneigung. Sie habe über Suizidgedanken berichtet, ohne dass akute Suizidalität vorliege. Die Klägerin leide nunmehr an einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome. Die Klägerin habe berichtet, dass sie, wenn sie eine Rente habe, voraussichtlich ein halbes Jahr in Griechenland leben werde. Sie habe angegeben, hoch dosiert antidepressive Medikamente einzunehmen und sei von der Sachverständigen dazu angehalten worden, ihren Psychiater aufzusuchen und die Möglichkeit einer stationären Behandlung, zumindest eine griechischsprachige ambulante Psychotherapie zu erwägen. Die Klägerin habe darauf entgegnet, sie wisse von einer Bekannten, dass es einen griechischen Psychotherapeuten in erreichbarer Entfernung gebe. Die Klägerin könne dauerhaft keiner Arbeit, auch nicht einer leichten, nachgehen.
Der Neurologe und Psychiater Dr. S. hat über rezidivierende depressive Phasen, zum Teil schwergradig, verbunden mit Ängsten und sozialem Rückzug, berichtet. In den ausgeprägten depressiven Phasen finde eine engmaschigere psychiatrische Behandlung mit supportiven psychiatrischen Gesprächen und Antidepressiva sowie anxiolytische medikamentöse Behandlung statt. Durch ihre Medikation erlebe die Klägerin subjektiv eine Besserung, sie sei aber dennoch recht depressiv, ängstlich mit sozialem Rückzug. Die Symptomatik sei chronifiziert. Sie sei gut in Familienstrukturen eingebunden und berichte zu Hause "zu funktionieren". Die Hausarbeit könne sie nach eigenen Aussagen gut bewältigen. Eine Belastung in Form einer Berufstätigkeit sei jedoch jetzt und für nicht absehbare Zeit nicht möglich.
Der Neurologe und Psychiater Dr. H. hat unter Beiziehung einer griechischen Dolmetscherin für die Anamnese eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte aktuelle Episode, diagnostiziert. Eine eigenständige Angsterkrankung liege nicht vor. Die Klägerin habe berichtet, dass sie alle vier bis sechs Wochen ihren Nervenarzt aufsuche, ansonsten alle drei Monate zum Hausarzt gehe. Sie habe Schmerzen am ganzen Körper und auch psychische Beschwerden bei der Arbeit beschrieben. Sie habe geäußert, sie sei nicht eigentlich schlechter Stimmung, sondern verstehe sich mit ihren Kindern gut. In Hochstimmung sei sie auch nicht. Bei der neurologischen Untersuchung seien alle Reflexe seitengleich mittelstark auslösbar gewesen, Atrophien oder trophische Störungen hätten nicht bestanden. Das Gangbild sei sicher und flüssig gewesen. Es bestünden mäßige deutsche Sprachkenntnisse, wobei das Sprachverständnis offensichtlich besser gewesen sei als das aktive Sprachvermögen. Auffassung, Konzentration und Durchhaltevermögen hätten keine Einschränkungen gezeigt. Die Klägerin habe flüssig und konzentriert berichtet. Ihre Intelligenz liege im Normbereich. Die Stimmungslage sei insgesamt leicht gedrückt gewesen, wobei es themenabhängig auch zu einer Auflockerung und zu einem Lächeln gekommen sei. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei insgesamt ebenso wie der Antrieb leicht reduziert. Die Psychomotorik sei insgesamt eher etwas starr, streckenweise aber auch lebendig gewesen. Anhaltspunkte für Suizidalität hätten nicht vorgelegen. Durch den Ausgang des Rentenverfahrens werde der Krankheitsverlauf nicht beeinträchtigt, wie man das früher angenommen habe. Die Klägerin könne seiner Einschätzung noch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden unter Vermeidung von Akkord- und Nachtarbeit sowie besonderem Zeitdruck, Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, besonders hoher Verantwortung und besonders hoher geistiger Beanspruchung verrichten. Im Hinblick auf die Schilderung des Tagesablaufes ließen sich ausgeprägte Einschränkungen der sozialen Aktivitäten nicht begründen. Die Klägerin habe im Rahmen der Begutachtung auch nicht ersichtlich durch bedeutsamen Schmerz geplagt gewirkt. Die von der Sachverständigen Ö. beschriebene andauernde Persönlichkeitsänderung habe sich nicht feststellen lassen, auch sei ihre Leistungsbeurteilung nicht eindeutig gewesen, so dass letztlich eine vergleichende Stellungnahme nicht erfolgen könne. Die Diagnose einer schweren depressiven Episode sei definitiv nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da es um laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I Seite 554). Nach § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach § 240 Abs 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies hat auch die vom Senat durchgeführte Beweiserhebung bestätigt. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Gerichtsbescheides Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin nach dem vorgelegten Versicherungsverlauf zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, sie ist aber nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Die vom Senat durchgeführten Beweiserhebungen haben ebenfalls bestätigt, dass die Klägerin unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen noch in der Lage ist, mindestens leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mehr als sechs Stunden zu verrichten.
Der Senat stützt sich insoweit auf das eingeholte Gutachten von Dr. H., wonach die Klägerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte aktuelle Episode, leidet. Eine eigenständige Angsterkrankung konnte er ausschließen. Für die Richtigkeit seiner Einschätzung spricht, dass Auffassung, Konzentration und Durchhaltevermögen ohne Einschränkungen waren, die Klägerin vielmehr flüssig und konzentriert berichten konnte. Auch ihre Stimmungslage war nur leicht gedrückt, wobei es themenabhängig auch zu einer Auflockerung und zu einem Lächeln gekommen ist. Die affektive Schwingungsfähigkeit war somit ebenso wie der Antrieb nur leicht reduziert bei etwas starrer, streckenweise aber auch lebendiger Psychomotorik. Anhaltspunkte für Suizidalität lagen nicht vor. Gegen einen mit der Erkrankung einhergehenden Leidensdruck spricht weiter die geringe Behandlungsfrequenz mit zeitlichen Abständen von sieben Wochen bei Dr. S., der aber jeweils ein gutes Ansprechen auf die Therapie berichten konnte.
Aufgrund des Gutachtens von Dr. H. ist der Senat deshalb davon überzeugt, dass bei der Klägerin nur eine leichtgradige Depression vorliegt, die keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht bedingt. Dr. H. hat seine Beurteilung überzeugend begründet und in seinem Gutachten die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden ausführlich dargelegt und bei seiner Bewertung berücksichtigt. Er hat auch, wie das von einem forensischen Gutachter zu erwarten ist, die Angaben der Klägerin nicht vorbehaltlos übernommen, sondern kritisch gewürdigt und zB darauf hingewiesen, dass die Klägerin trotz der vorgebrachten Beschwerden "im Rahmen der Begutachtung auch nicht ersichtlich bedeutsam schmerzbeklagt" gewirkt hat.
Demgegenüber überzeugte die Leistungsbeurteilung durch Dr. Ö. nicht, da ihr Gutachten nicht nur jegliche Plausibilitätsprüfung vermissen lässt, sondern sich allein auf die subjektiven Angaben der Klägerin und des sie begleitenden Sohnes stützt. Zudem sind ihre Äußerungen auch widersprüchlich. Während sie im Gutachten vom 18. August 2008 den Verlust des Arbeitsplatzes und dem damit verbundenen sozialen Status bei der Leistungsbeurteilung der Klägerin große Bedeutung zugemessen hat (vgl S 11 ff des Gutachtens), versucht sie im Gutachten vom 14. November 2009 die Angst der Klägerin um die Gesundheit des Ehemannes als entscheidend für die Entstehung der Depression darzustellen. Da sich der unklare EKG-Befund beim Ehemann der Klägerin etwa 2 Monate vor der zweiten Untersuchung (s Bl 37 d LSG-Akten) und damit etwa im September 2009 ergeben hat, kann dies die Leistungsbeurteilung im ersten Gutachten nicht erklären. In beiden Gutachten hat die Sachverständige jedoch eine Berentung befürwortet. Auch die Einschätzung von Dr. S. ist in sich nicht stimmig, da er die Klägerin nicht als schwer depressiv beschreibt, sondern als "immer noch recht depressiv". Hinsichtlich der angeblichen Persönlichkeitsveränderung hat MUDr. H. zu Recht darauf hingewiesen, dass die von der Sachverständigen Ö. beschriebene kulturelle Entwurzelung, das Schmerzsyndrom und die körperliche Erschöpfung bei narzisstischer Kränkung nicht als Extrembelastung zu betrachten sind, sondern bei vielen Migranten Folgeerscheinungen des normalen Arbeitsalltags sind, somit einer vollschichtigen Tätigkeit nicht entgegenstehen.
Auch die eigenständige Erkrankung einer somatoformen Schmerzstörung hat nicht das Ausmaß erreicht, dass hierdurch eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens resultiert. Die Analyse ihrer Alltagsaktivitäten spricht - trotz eines gewissen Rückzugsverhaltens - auch zur Überzeugung des Senats gegen eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Die von der Klägerin beklagten gesundheitlichen Einschränkungen haben in Bezug auf Schlaf, Tätigkeiten im Haushalt, Hobbys (letzte vierwöchige Griechenlandreise Sommer 2009, regelmässige Spaziergänge) und soziale Aktivitäten (regelmäßige Familienkontakte, eine griechische Freundin) keinen schweren Ausprägungsgrad erreicht. Das ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen des behandelnden Nervenarztes Dr. S., demgegenüber die Klägerin eingeräumt hat, ihre Hausarbeit noch bewältigen zu können und zu Hause zu funktionieren. Ihr Freizeitverhalten lässt sich mit dem Vorliegen eines vollschichtigen Leistungsvermögens bei Berücksichtigung bestehender qualitativer Leistungseinschränkungen in Einklang bringen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 24. September 2009, L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen.
Im Hinblick auf die daraus resultierenden qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr 136). Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr weiterhin noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert werden wie zB Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Die Klägerin ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Sie hat keinen Beruf erlernt und während ihres Versicherungslebens allenfalls angelernte Tätigkeiten verrichtet. Sie ist deswegen auch zur Überzeugung des Senats auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen besteht.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines Obergutachtens, nicht mehr für erforderlich. Eine Pflicht hierzu kann allenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich die aus der Sicht der Fachgebiete jeweils festgestellten Defizite überschneiden und ggf potenzieren können (BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 3). Selbst wenn keine spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, die für sich genommen auf ein aufgehobenes Leistungsvermögen schließen lässt, kann in Grenzfällen nicht ausgeschlossen werden, dass die von einzelnen Sachverständigen verschiedener Sachgebiete unabhängig voneinander festgestellten Erkrankungen und daraus folgenden Funktionsstörungen sich im Sinne einer Auswirkung auf das quantitative Leistungsvermögen überschneiden oder gar potenzieren. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Funktionseinschränkungen aufgrund verschiedener Krankheiten von einzelnen Sachverständigen völlig unterschiedlicher Sachgebiete benannt werden. Es handelt sich dann nicht nur um eine Frage der etwaigen Summierung von Leistungseinschränkungen, welche das quantitative Leistungsvermögen in der Regel unberührt lassen. Vielmehr können die einzelnen Funktionseinschränkungen so geartet sein, dass ohne Hinzuziehung eines medizinischen Sachverständigen nicht geklärt werden kann, ob aus ärztlicher Sicht unter Berücksichtigung aller einander beeinflussenden Gesundheits- und Funktionsstörungen nicht doch eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens anzunehmen ist. Lässt sich in derartigen Grenzfällen das Leistungsvermögen nur durch Einschaltung eines ärztlichen Sachverständigen aufgrund seines medizinischen Fachwissens über die Auswirkungen der verschiedenen festgestellten Erkrankungen endgültig klären, weil die Gesamtbeurteilung nicht den einzelnen Gutachten selbst entnommen werden kann, dann überschreitet das Tatsachengericht nicht nur die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung, sondern unterlässt eine erforderliche Sachaufklärung. Unter diesen Umständen unterscheidet sich ein Antrag auf Einholung bzw Nachholung einer erforderlichen Gesamtbeurteilung von dem bloßen Antrag auf Einholung eines sog Obergutachtens, durch das keine neuen Tatsachen festgestellt, sondern nur die Schlüssigkeit abweichender Beurteilungen durch einen dritten Sachverständigen überprüft werden soll (BSG, Beschluss vom 12. Februar 2009, B 5 R 48/08 B, juris). Bei der Klägerin liegen Leistungseinschränkungen nur in nervenärztlicher Hinsicht vor, also nicht eine Überschneidung von Fachgebieten, sondern nur eine unterschiedliche Beurteilung des Schweregrades der Depression. Die vorliegenden Gutachten von Dr. S., das im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird, und Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und sie geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das SGG - nicht vor (BSG, Beschluss vom 23.05.2006, B 13 RJ 272/05 B, juris).
Soweit die Klägerin Antrag auf gutachtliche Anhörung von Prof. Dr. W. nach § 109 SGG gestellt hat, so war dieser Antrag abzulehnen. Das Antragsrecht nach § 109 SGG ist verbraucht, nachdem das SG bereits das Gutachten von der Sachverständigen Ö. nach § 109 SGG eingeholt hat. Denn das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (so bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. Februar 2006, L 1 U 2572/05, zit nach juris). Es entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG SozR 3 - 1500 § 109 Nr 1). Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 109 Rdnr 10 b). Diese liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Die angehörten Sachverständigen sowie die behandelnden Ärzte haben sich mit der Depression der Klägerin ausführlich auseinandergesetzt.
Der Senat hat deswegen die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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