Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 9758/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1514/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.03.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; nachfolgend: BK 2108).
Der am 1959 geborene Kläger war nach eigenen Angaben zunächst als Hilfsarbeiter, später als Former und Gießer in verschiedenen Firmen, die zum Teil nicht mehr existieren bzw. keine Unterlagen mehr über den Kläger besitzen und zuletzt als Lagerarbeiter von Oktober 1990 bis Januar 1998 sowie von Januar 2000 bis zum 26.01.2004 (Eintritt dauerhafter Arbeitsunfähigkeit wegen eines Bandscheibenvorfalles im Bereich L5/S1) tätig, wobei er - so seine Angaben - pro Arbeitsschicht mehrere Hundert Hebe- und Tragetätigkeiten mit Gewichten bis 10 kg, bis 15 kg, zwischen 15 und 20 kg, zwischen 20 und 25 kg sowie von mehr als 25 kg zu verrichten gehabt habe. Bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre traten beim Kläger Beschwerden seitens der Halswirbelsäule (HWS) auf. Im Januar 1998 kam es wegen eines Bandscheibenvorfalls zur Fusion der Halswirbelkörper (HWK) 6/7. Im Herbst 2003 traten beim Kläger Lumboischialgien auf, Anfang 2004 kam es zu Taubheitsgefühlen im linken Fuß und im Mai 2004 schließlich zur Ausräumung eines subligamentär sequestrierten Bandscheibenvorfalles im Bereich L5/S1. Auf Grund dieses zweiten Bandscheibenvorfalles, den er auf seine schweren Tätigkeiten zurückführt, wandte sich der Kläger an die Beklagte, die daraufhin entsprechende Ermittlungen bei den behandelnden Ärzten des Klägers und den von ihm angegebenen Firmen durchführte, die allerdings die Angaben des Klägers über das Ausmaß der Tätigkeiten nicht bestätigten. So gab u. a. die Firma D. , bei deren Vorgänger der Kläger von Oktober 1990 bis Januar 1998 beschäftigt war, an, der Kläger sei als Lagerarbeiter eingestellt gewesen und hätte Kartons mit einem Gewicht bis zu 10 kg fünf bis zehnmal pro Schicht heben müssen. Die Firma B. A. B. GmbH, bei der der Kläger ab Januar 2000 beschäftigt war, teilte mit, der Kläger sei mit dem Kommissionieren, Verpacken und Einräumen von Waren im Lager betraut gewesen und habe Pakete mit einem Gewicht zwischen 10 und 30 kg heben und tragen müssen, mit einer Häufigkeit von 50 Vorgängen pro Schicht bei Gegenständen bis zu 10 kg, von 25 Vorgängen pro Schicht bei Gegenständen zwischen 10 und 15 kg und mit 25 Vorgängen pro Schicht für Gegenstände von 30 kg.
Nachdem der Beratungsarzt der Beklagten Dr. L. , Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, auf fehlende belastungsadaptive Veränderungen im Sinne spondylotischer Randzacken im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) sowie darauf hingewiesen hatte, dass der Bandscheibenvorfall im Bereich der HWS vor jenem im Bereich der LWS aufgetreten war, lehnte die Beklagte insbesondere hierauf gestützt mit Bescheid vom 15.11.2005 und Widerspruchsbescheid vom 27.11.2006 die Anerkennung einer BK 2108 ab.
Das hiergegen am 20.12.2006 angerufene Sozialgericht Stuttgart hat ein Gutachten beim Facharzt für Orthopädie und Leitendem Oberarzt der Kliniken H. Dr. D. eingeholt. Dieser hat - zusammengefasst - einen bisegmentalen Bandscheibenschaden der unteren LWS mit kleinem Bandscheibenvorfall L4/L5 sowie operiertem Bandscheibenvorfall L5/S1, eine deutliche lumbosacrale Statikstörung der mittleren LWS und des Thorakolumbalbereiches (Keilwirbeldeformation im Sinne einer juvenilen Wirbelkörperaufbaustörung), im Bereich der Brustwirbelsäule ebenfalls eine juvenile Wirbelkörperaufbaustörung mit Keilwirbelbildung und Fehlreifung der Wirbelkörper (im Sinne eines Status Scheuermann) sowie im Bereich der HWS die Fusion im Bereich C6/C7 diagnostiziert. Zur Feststellung der ausführlichen Diagnosestellung im Einzelnen wird auf das Gutachten verwiesen. Im Rahmen der Kausalitätsbeurteilung ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass angesichts der Angaben des Klägers von einer erheblichen Hebe- und Tragebelastung auszugehen sei und die haftungsbegründenden Voraussetzungen für die streitige BK wohl vorlägen. Er hat allerdings die medizinischen Voraussetzungen für diese BK verneint, weil die beim Kläger vorliegenden Veränderungen im Bereich der LWS, insbesondere der Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 und L4/L5 nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die beruflichen Einwirkungen zurückzuführen seien. Die deutlich vorauseilende Erstmanifestation der HWS-Degeneration, die konstitutionellen Aufbaustörungen und fehlstatischen Einflüsse sowie das nur leicht bis mittelgradige osteochondrotische Schadensbild (im Sinne einer Minderung der Bandscheibenhöhe) im Bereich L4/L5 bei nicht belastungskonformer Verteilung der degenerativen Veränderungen und fehlenden belastungsadaptiven Reaktionen (Fehlen jeglicher Spondylose und lediglich eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5) im Bereich der oberen LWS und des Schlusssegmentes L5/S1 sprächen eindeutig gegen einen ursächlichen Zusammenhang.
Mit Urteil vom 13.03.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und unter Darstellung der rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger begehrte Anerkennung (§§ 7, 9 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VII -; BK Nr. 2108 nach der Anlage 1 zur BKV) sowie der maßgebenden Kriterien für die Anerkennung einer derartigen BK (Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, Nachweis der schädigenden Einwirkung und der Krankheit) ausgeführt, dass die medizinischen Voraussetzungen, nämlich der ursächliche Zusammenhang zwischen der beim Kläger bestehenden Erkrankung und den beruflichen Einwirkungen nicht vorlägen und deshalb das genaue Ausmaß der beruflichen Einwirkungen nicht aufgeklärt werden müsse. Es hat sich im Einzelnen der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen angeschlossen und insbesondere aus der Tatsache, dass beim Kläger keine Begleitspondylose vorliegt, dass der Schaden an der HWS stärker ausgeprägt ist als an der LWS, dass sich der Schaden an der HWS bereits im Januar 1998 und damit lange vor jenem an der LWS manifestierte, gefolgert, dass ein ursächlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich sei. Der gerichtliche Sachverständige komme übereinstimmend mit Dr. L. zu dem zutreffenden Ergebnis, dass keine BK 2108 vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 28.03.2008 Berufung eingelegt und vorgebracht, das Sozialgericht habe nicht geprüft, ob die berufliche Tätigkeit seine Krankheit verschlimmert habe. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gutachter eine klar progrediente Zunahme der Höhenreduktion der Bandscheiben festgestellt habe. Außerdem hat der Kläger noch verschiedene Unterlagen vorgelegt, insbesondere Bestätigungen früherer Arbeitskollegen über das Erfordernis des Heben und Tragens von Gewichten von bis zu 60 kg (Firma B. ) bzw. bis zu 70 kg (Firma D.) und ein in einem sozialgerichtlichten Rentenrechtsstreit von Dr. O. erstattetes orthopädisches Fachgutachten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.03.2008 und den Bescheid vom 15.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2006 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist u. a. darauf hin, dass der Kläger die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen unrichtig wiedergegeben habe. Tatsächlich habe der Sachverständige ausgeführt, es bestehe keine progrediente Zunahme der Höhenreduktion der Bandscheiben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Gründen des angefochtenen Urteils zutreffend die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Feststellung des Vorliegens einer BK 2108 dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass diese Feststellung nicht getroffen werden kann, weil die beim Kläger vorliegenden Störungen und Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule aus den vom gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. aufgeführten Gründen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf schädigende Einwirkungen im Sinne der BK 2108 zurückzuführen sind. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Soweit der Kläger darauf hinweist, das Sozialgericht habe den ursächlichen Zusammenhang nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Verschlimmerung" anlagebedingter Erkrankungen geprüft, trifft dies nicht zu. Angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen, der Dauer der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines eindeutig abgrenzbaren Krankheitsbildes, das für Belastungen durch Heben und Tragen oder Arbeit in Rumpfbeugehaltung typisch ist, stellt sich im Rahmen der BK 2108 ohnehin nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der LWS-Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 13/05 R in SozR 4-2700 § 9 Nr. 9 m.w.N.). Dies bedeutet, dass die Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs im Rahmen dieser BK grundsätzlich immer nur unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens beruflicher Belastungen mit ggf. vorliegenden anlagebedingten Besonderheiten und üblichen degenerativen Prozessen und damit immer unter dem Aspekt "Verschlimmerung" erfolgt.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hinweist, der gerichtliche Sachverständige habe eine klar nach distal progrediente Zunahme der intervertebralen Höhenreduktion als Zeichen einer belastungsindizierten Bandscheibenschädigung beschrieben, trifft dies - worauf die Beklagte und der Senat bereits hingewiesen hat - ebenfalls nicht zu. Tatsächlich findet sich im Gutachten die Formulierung, wonach keine klar nach distal progrediente Zunahme der intervertebralen Höhenreduktion als Zeichen einer belastungsindizierten Bandscheibenschädigung vorliege. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige in dem Gutachten die genauen Bandscheibenhöhenverhältnisse sämtlicher Wirbelkörper der LWS dargestellt (vgl. Seite 40 des Gutachtens) und ausgeführt, dass definitionsgemäß lediglich im Segment L4/L5 eine leichtgradige Chondrose Grad I vorliege, in der Etage L5/S1 allenfalls eine initiale bis leichte bzw. nicht relevante Osteochondrose, in den darüber liegenden Segmenten keine derartigen Veränderungen. Damit gehen die Ausführungen des Klägers insoweit an der Sache vorbei.
Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht hätte die haftungsbegründende Kausalität nicht offen lassen dürfen, folgt ihm der Senat nicht. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der gerichtliche Sachverständige seiner medizinischen Kausalitätsbeurteilung die im Tatbestand wiedergegebenen Angaben des Klägers und damit eine erhebliche berufliche Hebe- und Tragebelastung zu Grunde gelegt und somit die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 als gegeben angenommen hat. Die medizinische Beurteilung beruht damit - so der Sachverständige ausdrücklich - auf einer bejahten haftungsbegründenden Kausalität. Deshalb hat es insoweit auch keiner weiteren Ermittlungen bedurft.
Es bleibt somit dabei, dass nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen keinerlei Hinweise dafür vorliegen, dass das Heben und Tragen schwerer Lasten beim Kläger zu Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule führte. Es fehlt an jeglicher belastungsadaptiver Reaktion im Sinne einer Spondylose bzw. einer distal zunehmenden Chondrose. Darüber hinaus hat der Sachverständige überzeugend darauf hingewiesen, dass gegen einen ursächlichen Zusammenhang des Bandscheibenschadens an der LWS auch der Umstand spricht, dass beim Kläger die degenerativen Veränderungen im HWS-Bereich gegenüber der LWS deutlich ausgeprägter sind und bereits Jahre zuvor im Bereich der HWS ein Bandscheibenschaden auftrat, der keinesfalls mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten in Verbindung stehen kann, weil die vom Kläger dargestellten Belastungen nicht auf die HWS, sondern auf die LWS wirken. Diese frühere Manifestation eines Bandscheibenschadens an der HWS spricht für eine anlagebedingte Entwicklung der Bandscheibenvorfälle. Hinzu kommen - auch hierauf hat der Sachverständige zutreffend hingewiesen - juvenile Aufbaustörungen im thorakolumbalen und lumbosakralen Bereich der Wirbelsäule mit beim Kläger - so der Sachverständige - entsprechenden die Statik und die Haltung der Wirbelsäule veränderten Einflüssen.
Soweit der Kläger auf das von Dr. O. in einem Rentenrechtsstreit erstattete orthopädische Gutachten verweist, vermag der Senat nicht zu erkennen, aus welchen Gründen dieses Gutachten für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der beim Kläger bestehenden Erkrankung im Bereich der LWS und beruflichen Einwirkungen im Sinne der BK 2108 von Bedeutung sein soll. Im Gutachten finden sich hierzu jedenfalls keine Ausführungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; nachfolgend: BK 2108).
Der am 1959 geborene Kläger war nach eigenen Angaben zunächst als Hilfsarbeiter, später als Former und Gießer in verschiedenen Firmen, die zum Teil nicht mehr existieren bzw. keine Unterlagen mehr über den Kläger besitzen und zuletzt als Lagerarbeiter von Oktober 1990 bis Januar 1998 sowie von Januar 2000 bis zum 26.01.2004 (Eintritt dauerhafter Arbeitsunfähigkeit wegen eines Bandscheibenvorfalles im Bereich L5/S1) tätig, wobei er - so seine Angaben - pro Arbeitsschicht mehrere Hundert Hebe- und Tragetätigkeiten mit Gewichten bis 10 kg, bis 15 kg, zwischen 15 und 20 kg, zwischen 20 und 25 kg sowie von mehr als 25 kg zu verrichten gehabt habe. Bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre traten beim Kläger Beschwerden seitens der Halswirbelsäule (HWS) auf. Im Januar 1998 kam es wegen eines Bandscheibenvorfalls zur Fusion der Halswirbelkörper (HWK) 6/7. Im Herbst 2003 traten beim Kläger Lumboischialgien auf, Anfang 2004 kam es zu Taubheitsgefühlen im linken Fuß und im Mai 2004 schließlich zur Ausräumung eines subligamentär sequestrierten Bandscheibenvorfalles im Bereich L5/S1. Auf Grund dieses zweiten Bandscheibenvorfalles, den er auf seine schweren Tätigkeiten zurückführt, wandte sich der Kläger an die Beklagte, die daraufhin entsprechende Ermittlungen bei den behandelnden Ärzten des Klägers und den von ihm angegebenen Firmen durchführte, die allerdings die Angaben des Klägers über das Ausmaß der Tätigkeiten nicht bestätigten. So gab u. a. die Firma D. , bei deren Vorgänger der Kläger von Oktober 1990 bis Januar 1998 beschäftigt war, an, der Kläger sei als Lagerarbeiter eingestellt gewesen und hätte Kartons mit einem Gewicht bis zu 10 kg fünf bis zehnmal pro Schicht heben müssen. Die Firma B. A. B. GmbH, bei der der Kläger ab Januar 2000 beschäftigt war, teilte mit, der Kläger sei mit dem Kommissionieren, Verpacken und Einräumen von Waren im Lager betraut gewesen und habe Pakete mit einem Gewicht zwischen 10 und 30 kg heben und tragen müssen, mit einer Häufigkeit von 50 Vorgängen pro Schicht bei Gegenständen bis zu 10 kg, von 25 Vorgängen pro Schicht bei Gegenständen zwischen 10 und 15 kg und mit 25 Vorgängen pro Schicht für Gegenstände von 30 kg.
Nachdem der Beratungsarzt der Beklagten Dr. L. , Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, auf fehlende belastungsadaptive Veränderungen im Sinne spondylotischer Randzacken im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) sowie darauf hingewiesen hatte, dass der Bandscheibenvorfall im Bereich der HWS vor jenem im Bereich der LWS aufgetreten war, lehnte die Beklagte insbesondere hierauf gestützt mit Bescheid vom 15.11.2005 und Widerspruchsbescheid vom 27.11.2006 die Anerkennung einer BK 2108 ab.
Das hiergegen am 20.12.2006 angerufene Sozialgericht Stuttgart hat ein Gutachten beim Facharzt für Orthopädie und Leitendem Oberarzt der Kliniken H. Dr. D. eingeholt. Dieser hat - zusammengefasst - einen bisegmentalen Bandscheibenschaden der unteren LWS mit kleinem Bandscheibenvorfall L4/L5 sowie operiertem Bandscheibenvorfall L5/S1, eine deutliche lumbosacrale Statikstörung der mittleren LWS und des Thorakolumbalbereiches (Keilwirbeldeformation im Sinne einer juvenilen Wirbelkörperaufbaustörung), im Bereich der Brustwirbelsäule ebenfalls eine juvenile Wirbelkörperaufbaustörung mit Keilwirbelbildung und Fehlreifung der Wirbelkörper (im Sinne eines Status Scheuermann) sowie im Bereich der HWS die Fusion im Bereich C6/C7 diagnostiziert. Zur Feststellung der ausführlichen Diagnosestellung im Einzelnen wird auf das Gutachten verwiesen. Im Rahmen der Kausalitätsbeurteilung ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass angesichts der Angaben des Klägers von einer erheblichen Hebe- und Tragebelastung auszugehen sei und die haftungsbegründenden Voraussetzungen für die streitige BK wohl vorlägen. Er hat allerdings die medizinischen Voraussetzungen für diese BK verneint, weil die beim Kläger vorliegenden Veränderungen im Bereich der LWS, insbesondere der Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 und L4/L5 nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die beruflichen Einwirkungen zurückzuführen seien. Die deutlich vorauseilende Erstmanifestation der HWS-Degeneration, die konstitutionellen Aufbaustörungen und fehlstatischen Einflüsse sowie das nur leicht bis mittelgradige osteochondrotische Schadensbild (im Sinne einer Minderung der Bandscheibenhöhe) im Bereich L4/L5 bei nicht belastungskonformer Verteilung der degenerativen Veränderungen und fehlenden belastungsadaptiven Reaktionen (Fehlen jeglicher Spondylose und lediglich eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5) im Bereich der oberen LWS und des Schlusssegmentes L5/S1 sprächen eindeutig gegen einen ursächlichen Zusammenhang.
Mit Urteil vom 13.03.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und unter Darstellung der rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger begehrte Anerkennung (§§ 7, 9 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VII -; BK Nr. 2108 nach der Anlage 1 zur BKV) sowie der maßgebenden Kriterien für die Anerkennung einer derartigen BK (Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, Nachweis der schädigenden Einwirkung und der Krankheit) ausgeführt, dass die medizinischen Voraussetzungen, nämlich der ursächliche Zusammenhang zwischen der beim Kläger bestehenden Erkrankung und den beruflichen Einwirkungen nicht vorlägen und deshalb das genaue Ausmaß der beruflichen Einwirkungen nicht aufgeklärt werden müsse. Es hat sich im Einzelnen der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen angeschlossen und insbesondere aus der Tatsache, dass beim Kläger keine Begleitspondylose vorliegt, dass der Schaden an der HWS stärker ausgeprägt ist als an der LWS, dass sich der Schaden an der HWS bereits im Januar 1998 und damit lange vor jenem an der LWS manifestierte, gefolgert, dass ein ursächlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich sei. Der gerichtliche Sachverständige komme übereinstimmend mit Dr. L. zu dem zutreffenden Ergebnis, dass keine BK 2108 vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 28.03.2008 Berufung eingelegt und vorgebracht, das Sozialgericht habe nicht geprüft, ob die berufliche Tätigkeit seine Krankheit verschlimmert habe. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gutachter eine klar progrediente Zunahme der Höhenreduktion der Bandscheiben festgestellt habe. Außerdem hat der Kläger noch verschiedene Unterlagen vorgelegt, insbesondere Bestätigungen früherer Arbeitskollegen über das Erfordernis des Heben und Tragens von Gewichten von bis zu 60 kg (Firma B. ) bzw. bis zu 70 kg (Firma D.) und ein in einem sozialgerichtlichten Rentenrechtsstreit von Dr. O. erstattetes orthopädisches Fachgutachten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.03.2008 und den Bescheid vom 15.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2006 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist u. a. darauf hin, dass der Kläger die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen unrichtig wiedergegeben habe. Tatsächlich habe der Sachverständige ausgeführt, es bestehe keine progrediente Zunahme der Höhenreduktion der Bandscheiben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Gründen des angefochtenen Urteils zutreffend die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Feststellung des Vorliegens einer BK 2108 dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass diese Feststellung nicht getroffen werden kann, weil die beim Kläger vorliegenden Störungen und Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule aus den vom gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. aufgeführten Gründen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf schädigende Einwirkungen im Sinne der BK 2108 zurückzuführen sind. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Soweit der Kläger darauf hinweist, das Sozialgericht habe den ursächlichen Zusammenhang nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Verschlimmerung" anlagebedingter Erkrankungen geprüft, trifft dies nicht zu. Angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen, der Dauer der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines eindeutig abgrenzbaren Krankheitsbildes, das für Belastungen durch Heben und Tragen oder Arbeit in Rumpfbeugehaltung typisch ist, stellt sich im Rahmen der BK 2108 ohnehin nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der LWS-Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 13/05 R in SozR 4-2700 § 9 Nr. 9 m.w.N.). Dies bedeutet, dass die Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs im Rahmen dieser BK grundsätzlich immer nur unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens beruflicher Belastungen mit ggf. vorliegenden anlagebedingten Besonderheiten und üblichen degenerativen Prozessen und damit immer unter dem Aspekt "Verschlimmerung" erfolgt.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hinweist, der gerichtliche Sachverständige habe eine klar nach distal progrediente Zunahme der intervertebralen Höhenreduktion als Zeichen einer belastungsindizierten Bandscheibenschädigung beschrieben, trifft dies - worauf die Beklagte und der Senat bereits hingewiesen hat - ebenfalls nicht zu. Tatsächlich findet sich im Gutachten die Formulierung, wonach keine klar nach distal progrediente Zunahme der intervertebralen Höhenreduktion als Zeichen einer belastungsindizierten Bandscheibenschädigung vorliege. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige in dem Gutachten die genauen Bandscheibenhöhenverhältnisse sämtlicher Wirbelkörper der LWS dargestellt (vgl. Seite 40 des Gutachtens) und ausgeführt, dass definitionsgemäß lediglich im Segment L4/L5 eine leichtgradige Chondrose Grad I vorliege, in der Etage L5/S1 allenfalls eine initiale bis leichte bzw. nicht relevante Osteochondrose, in den darüber liegenden Segmenten keine derartigen Veränderungen. Damit gehen die Ausführungen des Klägers insoweit an der Sache vorbei.
Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht hätte die haftungsbegründende Kausalität nicht offen lassen dürfen, folgt ihm der Senat nicht. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der gerichtliche Sachverständige seiner medizinischen Kausalitätsbeurteilung die im Tatbestand wiedergegebenen Angaben des Klägers und damit eine erhebliche berufliche Hebe- und Tragebelastung zu Grunde gelegt und somit die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 als gegeben angenommen hat. Die medizinische Beurteilung beruht damit - so der Sachverständige ausdrücklich - auf einer bejahten haftungsbegründenden Kausalität. Deshalb hat es insoweit auch keiner weiteren Ermittlungen bedurft.
Es bleibt somit dabei, dass nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen keinerlei Hinweise dafür vorliegen, dass das Heben und Tragen schwerer Lasten beim Kläger zu Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule führte. Es fehlt an jeglicher belastungsadaptiver Reaktion im Sinne einer Spondylose bzw. einer distal zunehmenden Chondrose. Darüber hinaus hat der Sachverständige überzeugend darauf hingewiesen, dass gegen einen ursächlichen Zusammenhang des Bandscheibenschadens an der LWS auch der Umstand spricht, dass beim Kläger die degenerativen Veränderungen im HWS-Bereich gegenüber der LWS deutlich ausgeprägter sind und bereits Jahre zuvor im Bereich der HWS ein Bandscheibenschaden auftrat, der keinesfalls mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten in Verbindung stehen kann, weil die vom Kläger dargestellten Belastungen nicht auf die HWS, sondern auf die LWS wirken. Diese frühere Manifestation eines Bandscheibenschadens an der HWS spricht für eine anlagebedingte Entwicklung der Bandscheibenvorfälle. Hinzu kommen - auch hierauf hat der Sachverständige zutreffend hingewiesen - juvenile Aufbaustörungen im thorakolumbalen und lumbosakralen Bereich der Wirbelsäule mit beim Kläger - so der Sachverständige - entsprechenden die Statik und die Haltung der Wirbelsäule veränderten Einflüssen.
Soweit der Kläger auf das von Dr. O. in einem Rentenrechtsstreit erstattete orthopädische Gutachten verweist, vermag der Senat nicht zu erkennen, aus welchen Gründen dieses Gutachten für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der beim Kläger bestehenden Erkrankung im Bereich der LWS und beruflichen Einwirkungen im Sinne der BK 2108 von Bedeutung sein soll. Im Gutachten finden sich hierzu jedenfalls keine Ausführungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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