Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 5700/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2828/10 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.04.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Gründe:
I.
Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.04.2010, mit welchem sie verurteilt wurde, der Klägerin das in der Zeit nach Ende einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation bis zum Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung gezahlte Krankengeld zu erstatten.
Die bei der Klägerin und der Beklagten versicherte C. F. (im folgenden Versicherte) führte in der Zeit vom 18.11.2002 bis 07.12.2002 eine von der Beklagten geförderte teilstationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation durch. In dem am 20.01.2003 erstellten Entlassungsbericht führte der Orthopäde Dr. S. aus, die Versicherte werde für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als arbeitsunfähig entlassen, empfohlen werde u. a. eine stufenweise Wiedereingliederung. Auf Grund des Wiedereingliederungsplans des behandelnden Allgemeinarztes der Versicherten, Dr. B., führte die Versicherte vom 05.02.2003 bis 08.05.2003 eine stufenweise Wiedereingliederung an ihrem Arbeitsplatz durch. Für die Zeit vom 08.12.2002 bis zum Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung am 08.05.2003 zahlte die Klägerin der Versicherten Krankengeld in Höhe von insgesamt 3.670,80 EUR. Deswegen meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an.
Nachdem die Beklagte die Befriedigung des Erstattungsanspruchs abgelehnt hatte, hat die Klägerin am 29.12.2006 Klage erhoben. Mit Urteil vom 29.04.2010 hat das Sozialgericht Stuttgart die Beklagte verurteilt, der Klägerin das in der Zeit vom 08.12.2002 bis 08.05.2003 an die Versicherte gezahlte Krankengeld in Höhe von 3.670,80 EUR zu erstatten, ohne die Berufung zuzulassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.01.2008 (B 5a/5 R 26/07 R) ausgeführt, die Beklagte sei für die Erbringung der Rehabilitationsleistung in Form einer stufenweisen Wiedereingliederung zuständig gewesen. Dagegen spreche auch nicht der zwischen Ende der teilstationären Rehabilitationsmaßnahme am 07.12.2002 und Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung am 05.02.2003 liegende Zeitraum, da dieser zwingend organisatorisch bedingt und wegen der späten Abfassung des Entlassungsberichts von der Beklagten selbst zu verantworten sei. Die Beklagte habe auch das für die Zeit zwischen dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme und dem Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung geleistete Krankengeld zu erstatten, da die stufenweise Wiedereingliederung als ein auf das Rehabilitationsziel zu beziehender Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen (Gesamt)-Maßnahme zu bewerten sei. In Anwendung des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) sei vom Grundsatz der umfassenden und vollständigen Leistungserbringung auszugehen. Insofern schließe die Leistungspflicht für mehrere als Einheit aufzufassende Einzelmaßnahmen ein Trägerwechsel aus (BSG, Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R). Das Urteil ist der Beklagten am 27.05.2010 zugestellt worden.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat die Beklagte am 17.06.2010 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie betreffe zwar einen inzwischen durch § 51 Abs. 5 SGB IX inhaltlich und systematisch neu geregelten Sachverhalt und insoweit nicht mehr geltendes Recht, gleichwohl seien allein in der Deutschen Rentenversicherung Bund mehrere Hundert Fälle zur Rechtsfrage "Altfall stufenweise Wiedereingliederung" anhängig. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG komme die Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen für stufenweise Wiedereingliederung auch nach alter Rechtslage in Betracht. Nicht endgültig geklärt sei dabei die Rechtsfrage, wie der Zeitraum zwischen Leistung zur medizinischen Rehabilitation und stufenweiser Wiedereingliederung zu bewerten sei. Nach der neuesten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R) bleibe § 20 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) insofern beachtlich, da zwischen Haupt- und Nebenleistung zu unterscheiden sei. Nach den Ausführungen des BSG sei die stufenweise Wiedereingliederung die Haupt- und das Übergangsgeld die ergänzende Leistung. Folgerichtig könne sich der Anspruch auf Übergangsgeld für den Zwischenzeitraum nicht in der vom SG dargestellten Weise ergeben. Im Urteil des BSG heiße es weiter: "vielmehr ist für diesen Zeitraum die Leistung eines Zwischenübergangsgeldes durch die Träger der Rentenversicherung zu erwägen." Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX habe das Krankengeld in diesem Fall nach dem Gesetzeswortlaut unmissverständlich Vorrang.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch sonstige Gründe für die Zulassung der Berufung vorliegen.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) nicht übersteigt, es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Vorliegend bedarf die Berufung der Zulassung, denn zwischen den Beteiligten ist ein Erstattungsanspruch der Klägerin streitig, der sich nicht auf mehr als 10.000 Euro beläuft. Etwas anderes macht auch die Beklagte nicht geltend. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass die Berufung der Zulassung bedarf.
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des BSG, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Berufung nicht zuzulassen.
Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Voraussetzung hierfür ist, dass die Streitsache eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung klärungsbedürftig ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.10.2005, B 1 KR 107/04 B in SozR 4-1500 § 160a Nr. 9). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist (BSG, Beschluss vom 22.07.1988, 7 BAr 104/87 in SozR 1500 § 160a Nr. 65) oder wenn sie praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG, Beschluss vom 30.03.2005, B 4 RA 257/04 B in SozR 4-1500 § 160a Nr. 7). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz ergibt (BSG, Beschluss vom 30.03.2005, a.a.O.).
Die Frage, ob der Anspruch auf Übergangsgeld auch den Zeitraum zwischen Beendigung der stationären Rehabilitationsmaßnahme und Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung umfasst, ergibt sich - wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 04.11.2009, L 10 R 3289/09 NZB) - für den Zeitraum ab 01.05.2004 aus dem Gesetz. Denn nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 5 SGB IX ist das Übergangsgeld, wenn im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung erforderlich wird, bis zu deren Ende weiterzuzahlen. Bereits daraus ergibt sich, dass das Übergangsgeld auch für die Zeit zwischen Beendigung der stationären Maßnahme zur Rehabilitation und dem Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung zu zahlen ist (so auch die Kommentarliteratur, vgl. Redwitz in Bihr/Fuchs/Krauskopf, Kommentar und Praxishandbuch SGB IX, 1. Auflage, § 51 Rdnr. 39; von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß, Kommentar zum SGB IX, 3. Auflage, § 51 Rdnr. 23; Ernst/Adloch/Seel, Kommentar zum SGB IX, § 51 Rdnr. 23). Dies wird im Übrigen durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.01.2008, B 5a/5 R 26/07 R in SozR 4-3250 § 51 Nr. 1) bestätigt, denn danach stehen die stufenweise Wiedereingliederung und die stationäre Rehabilitationsmaßnahme wegen der gemeinsamen Zielsetzung in einem so engen Zusammenhang, dass letztlich beide als einheitliche Maßnahme anzusehen sind, die mit der stationären Aufnahme in der Reha-Einrichtung beginnt und im günstigsten Fall mit der vollen Rückkehr des Versicherten an seinen Arbeitsplatz endet.
Dass dies auch für den hier streitigen Zeitraum vor In-Kraft-Treten des § 51 Abs. 5 SGB IX zum 01.05.2004 gilt, ist bereits höchstrichterlich geklärt (BSG, a.a.O). Denn nach der genannten Rechtsprechung des BSG ist die Zuständigkeit der Rentenversicherung für eine im Anschluss an eine stationäre Reha durchgeführte stufenweise Wiedereingliederung nicht erst ab dem 01.05.2004 auf Grund des eingefügten § 51 Abs. 5 SGB IX begründet worden, da es sich bei der Gesetzesergänzung (nur) um eine Klarstellung zum geltenden Recht handelt, die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers aber auch bereits vor Einfügung des § 51 Abs. 5 SGB IX aus den allgemeinen Grundsätzen des SGB IX herzuleiten war. Handelte es sich bei der stationären medizinischen Rehabilitation mit anschließender stufenweiser Wiedereingliederung also bereits vor Einfügung des § 51 Abs. 5 SGB IX um eine einheitliche Maßnahme mit Beginn im Zeitpunkt der stationären Aufnahme in der Reha-Einrichtung und Ende mit Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung, ergab sich der Anspruch auf Übergangsgeld auch für den Zeitraum zwischen Ende der stationären Maßnahme und dem Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung aus § 20 Abs. 1 SGB VI. Denn danach haben Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten, Anspruch auf Übergangsgeld.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 20.10.2009 (B 5 R 44/08 R in SozR 4-3250 § 14 Nr. 9). Denn darin hat das BSG an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Soweit die Beklagte die Entscheidung des BSG dahingehend interpretiert, dass danach zwischen Haupt- und Nebenleistung zu unterscheiden sei, geht dies insoweit fehl, als das BSG in der von der Beklagten zitierten Entscheidung ausdrücklich ausgeführt hat, dass sich dem SGB IX an keiner Stelle Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass der Anspruch auf Übergangsgeld während der stufenweisen Wiedereingliederung die gleichzeitige Gewährung einer "Hauptleistung" voraussetzt. Soweit das BSG in der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung außerdem ausgeführt hat, für den Zeitraum zwischen medizinischer Rehabilitationsmaßnahme und stufenweiser Wiedereingliederung sei die Leistung eines "Zwischenübergangsgeldes" durch den Träger der Rentenversicherung zu erwägen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass hierfür die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX, der das so genannte "Zwischenübergangsgeld" regelt, gegeben sein müssten. Denn § 51 Abs. 1 SGB IX erfasst nach seinem Wortlaut nur Fälle, in denen nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind. Vorliegend ging es jedoch nicht um die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach Abschluss einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, sondern um eine stufenweise Wiedereingliederung im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Wie die Leistungsgewährung in diesem Fall zu erfolgen hat ist, wie bereits oben dargelegt, in § 51 Abs. 5 SGB IX ausdrücklich geregelt, nämlich in der Weise, dass das Übergangsgeld bis zum Ende der stufenweisen Wiedereingliederung weiter gezahlt wird. So aber lag der Fall hier. Die Ausführung des BSG, dass ein "Zwischenübergangsgeld" zu erwägen sei, stellt lediglich eine zusätzliche Erwägung dar, mit der das BSG die im dortigen Verfahren geäußerte Auffassung des Rentenversicherungsträgers, wonach in der Zwischenzeit zwischen Leistungen zur Rehabilitation und stufenweise Wiedereingliederung ohnehin ein anderer Träger für die wirtschaftliche Versorgung des Versicherten zuständig sei, widerlegt hat.
Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass die von der Beklagten als Zulassungsgrund geltend gemachte Rechtsunklarheit lediglich für "Altfälle" vor Einführung des § 51 Abs. 5 SGB IX für die Zulassung der Berufung erfordern würde, dass von Seiten der Beklagten darzulegen wäre, dass noch eine erhebliche - genau zu bezeichnende - Anzahl von gleich gelagerten Fällen nach diesen Vorschriften zu entscheiden ist (BSG, Beschluss vom 13.08.2002, B 2 U 104/02 B m.w.N., BSG, Beschluss vom 28.11.1975, 12 BJ 150/75 in SozR 1500 § 160a Nr. 19). Soweit die Beklagte sich insoweit allein auf "mehrere Hundert Fälle zur Rechtsfrage Altfall stufenweise Wiedereingliederung" bezieht, hat sie diese damit weder genau bezeichnet, noch auch nur ansatzweise dargelegt, dass es sich dabei um eine dem vorliegenden Fall vergleichbare Sach- und Rechtsfrage handelt.
Hinweise für das Vorliegen anderer Zulassungsgründe (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG) liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Gründe:
I.
Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.04.2010, mit welchem sie verurteilt wurde, der Klägerin das in der Zeit nach Ende einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation bis zum Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung gezahlte Krankengeld zu erstatten.
Die bei der Klägerin und der Beklagten versicherte C. F. (im folgenden Versicherte) führte in der Zeit vom 18.11.2002 bis 07.12.2002 eine von der Beklagten geförderte teilstationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation durch. In dem am 20.01.2003 erstellten Entlassungsbericht führte der Orthopäde Dr. S. aus, die Versicherte werde für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als arbeitsunfähig entlassen, empfohlen werde u. a. eine stufenweise Wiedereingliederung. Auf Grund des Wiedereingliederungsplans des behandelnden Allgemeinarztes der Versicherten, Dr. B., führte die Versicherte vom 05.02.2003 bis 08.05.2003 eine stufenweise Wiedereingliederung an ihrem Arbeitsplatz durch. Für die Zeit vom 08.12.2002 bis zum Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung am 08.05.2003 zahlte die Klägerin der Versicherten Krankengeld in Höhe von insgesamt 3.670,80 EUR. Deswegen meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an.
Nachdem die Beklagte die Befriedigung des Erstattungsanspruchs abgelehnt hatte, hat die Klägerin am 29.12.2006 Klage erhoben. Mit Urteil vom 29.04.2010 hat das Sozialgericht Stuttgart die Beklagte verurteilt, der Klägerin das in der Zeit vom 08.12.2002 bis 08.05.2003 an die Versicherte gezahlte Krankengeld in Höhe von 3.670,80 EUR zu erstatten, ohne die Berufung zuzulassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.01.2008 (B 5a/5 R 26/07 R) ausgeführt, die Beklagte sei für die Erbringung der Rehabilitationsleistung in Form einer stufenweisen Wiedereingliederung zuständig gewesen. Dagegen spreche auch nicht der zwischen Ende der teilstationären Rehabilitationsmaßnahme am 07.12.2002 und Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung am 05.02.2003 liegende Zeitraum, da dieser zwingend organisatorisch bedingt und wegen der späten Abfassung des Entlassungsberichts von der Beklagten selbst zu verantworten sei. Die Beklagte habe auch das für die Zeit zwischen dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme und dem Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung geleistete Krankengeld zu erstatten, da die stufenweise Wiedereingliederung als ein auf das Rehabilitationsziel zu beziehender Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen (Gesamt)-Maßnahme zu bewerten sei. In Anwendung des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) sei vom Grundsatz der umfassenden und vollständigen Leistungserbringung auszugehen. Insofern schließe die Leistungspflicht für mehrere als Einheit aufzufassende Einzelmaßnahmen ein Trägerwechsel aus (BSG, Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R). Das Urteil ist der Beklagten am 27.05.2010 zugestellt worden.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat die Beklagte am 17.06.2010 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie betreffe zwar einen inzwischen durch § 51 Abs. 5 SGB IX inhaltlich und systematisch neu geregelten Sachverhalt und insoweit nicht mehr geltendes Recht, gleichwohl seien allein in der Deutschen Rentenversicherung Bund mehrere Hundert Fälle zur Rechtsfrage "Altfall stufenweise Wiedereingliederung" anhängig. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG komme die Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen für stufenweise Wiedereingliederung auch nach alter Rechtslage in Betracht. Nicht endgültig geklärt sei dabei die Rechtsfrage, wie der Zeitraum zwischen Leistung zur medizinischen Rehabilitation und stufenweiser Wiedereingliederung zu bewerten sei. Nach der neuesten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R) bleibe § 20 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) insofern beachtlich, da zwischen Haupt- und Nebenleistung zu unterscheiden sei. Nach den Ausführungen des BSG sei die stufenweise Wiedereingliederung die Haupt- und das Übergangsgeld die ergänzende Leistung. Folgerichtig könne sich der Anspruch auf Übergangsgeld für den Zwischenzeitraum nicht in der vom SG dargestellten Weise ergeben. Im Urteil des BSG heiße es weiter: "vielmehr ist für diesen Zeitraum die Leistung eines Zwischenübergangsgeldes durch die Träger der Rentenversicherung zu erwägen." Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX habe das Krankengeld in diesem Fall nach dem Gesetzeswortlaut unmissverständlich Vorrang.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch sonstige Gründe für die Zulassung der Berufung vorliegen.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) nicht übersteigt, es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Vorliegend bedarf die Berufung der Zulassung, denn zwischen den Beteiligten ist ein Erstattungsanspruch der Klägerin streitig, der sich nicht auf mehr als 10.000 Euro beläuft. Etwas anderes macht auch die Beklagte nicht geltend. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass die Berufung der Zulassung bedarf.
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des BSG, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Berufung nicht zuzulassen.
Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Voraussetzung hierfür ist, dass die Streitsache eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung klärungsbedürftig ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.10.2005, B 1 KR 107/04 B in SozR 4-1500 § 160a Nr. 9). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist (BSG, Beschluss vom 22.07.1988, 7 BAr 104/87 in SozR 1500 § 160a Nr. 65) oder wenn sie praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG, Beschluss vom 30.03.2005, B 4 RA 257/04 B in SozR 4-1500 § 160a Nr. 7). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz ergibt (BSG, Beschluss vom 30.03.2005, a.a.O.).
Die Frage, ob der Anspruch auf Übergangsgeld auch den Zeitraum zwischen Beendigung der stationären Rehabilitationsmaßnahme und Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung umfasst, ergibt sich - wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 04.11.2009, L 10 R 3289/09 NZB) - für den Zeitraum ab 01.05.2004 aus dem Gesetz. Denn nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 5 SGB IX ist das Übergangsgeld, wenn im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung erforderlich wird, bis zu deren Ende weiterzuzahlen. Bereits daraus ergibt sich, dass das Übergangsgeld auch für die Zeit zwischen Beendigung der stationären Maßnahme zur Rehabilitation und dem Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung zu zahlen ist (so auch die Kommentarliteratur, vgl. Redwitz in Bihr/Fuchs/Krauskopf, Kommentar und Praxishandbuch SGB IX, 1. Auflage, § 51 Rdnr. 39; von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß, Kommentar zum SGB IX, 3. Auflage, § 51 Rdnr. 23; Ernst/Adloch/Seel, Kommentar zum SGB IX, § 51 Rdnr. 23). Dies wird im Übrigen durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.01.2008, B 5a/5 R 26/07 R in SozR 4-3250 § 51 Nr. 1) bestätigt, denn danach stehen die stufenweise Wiedereingliederung und die stationäre Rehabilitationsmaßnahme wegen der gemeinsamen Zielsetzung in einem so engen Zusammenhang, dass letztlich beide als einheitliche Maßnahme anzusehen sind, die mit der stationären Aufnahme in der Reha-Einrichtung beginnt und im günstigsten Fall mit der vollen Rückkehr des Versicherten an seinen Arbeitsplatz endet.
Dass dies auch für den hier streitigen Zeitraum vor In-Kraft-Treten des § 51 Abs. 5 SGB IX zum 01.05.2004 gilt, ist bereits höchstrichterlich geklärt (BSG, a.a.O). Denn nach der genannten Rechtsprechung des BSG ist die Zuständigkeit der Rentenversicherung für eine im Anschluss an eine stationäre Reha durchgeführte stufenweise Wiedereingliederung nicht erst ab dem 01.05.2004 auf Grund des eingefügten § 51 Abs. 5 SGB IX begründet worden, da es sich bei der Gesetzesergänzung (nur) um eine Klarstellung zum geltenden Recht handelt, die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers aber auch bereits vor Einfügung des § 51 Abs. 5 SGB IX aus den allgemeinen Grundsätzen des SGB IX herzuleiten war. Handelte es sich bei der stationären medizinischen Rehabilitation mit anschließender stufenweiser Wiedereingliederung also bereits vor Einfügung des § 51 Abs. 5 SGB IX um eine einheitliche Maßnahme mit Beginn im Zeitpunkt der stationären Aufnahme in der Reha-Einrichtung und Ende mit Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung, ergab sich der Anspruch auf Übergangsgeld auch für den Zeitraum zwischen Ende der stationären Maßnahme und dem Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung aus § 20 Abs. 1 SGB VI. Denn danach haben Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten, Anspruch auf Übergangsgeld.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 20.10.2009 (B 5 R 44/08 R in SozR 4-3250 § 14 Nr. 9). Denn darin hat das BSG an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Soweit die Beklagte die Entscheidung des BSG dahingehend interpretiert, dass danach zwischen Haupt- und Nebenleistung zu unterscheiden sei, geht dies insoweit fehl, als das BSG in der von der Beklagten zitierten Entscheidung ausdrücklich ausgeführt hat, dass sich dem SGB IX an keiner Stelle Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass der Anspruch auf Übergangsgeld während der stufenweisen Wiedereingliederung die gleichzeitige Gewährung einer "Hauptleistung" voraussetzt. Soweit das BSG in der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung außerdem ausgeführt hat, für den Zeitraum zwischen medizinischer Rehabilitationsmaßnahme und stufenweiser Wiedereingliederung sei die Leistung eines "Zwischenübergangsgeldes" durch den Träger der Rentenversicherung zu erwägen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass hierfür die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX, der das so genannte "Zwischenübergangsgeld" regelt, gegeben sein müssten. Denn § 51 Abs. 1 SGB IX erfasst nach seinem Wortlaut nur Fälle, in denen nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind. Vorliegend ging es jedoch nicht um die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach Abschluss einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, sondern um eine stufenweise Wiedereingliederung im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Wie die Leistungsgewährung in diesem Fall zu erfolgen hat ist, wie bereits oben dargelegt, in § 51 Abs. 5 SGB IX ausdrücklich geregelt, nämlich in der Weise, dass das Übergangsgeld bis zum Ende der stufenweisen Wiedereingliederung weiter gezahlt wird. So aber lag der Fall hier. Die Ausführung des BSG, dass ein "Zwischenübergangsgeld" zu erwägen sei, stellt lediglich eine zusätzliche Erwägung dar, mit der das BSG die im dortigen Verfahren geäußerte Auffassung des Rentenversicherungsträgers, wonach in der Zwischenzeit zwischen Leistungen zur Rehabilitation und stufenweise Wiedereingliederung ohnehin ein anderer Träger für die wirtschaftliche Versorgung des Versicherten zuständig sei, widerlegt hat.
Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass die von der Beklagten als Zulassungsgrund geltend gemachte Rechtsunklarheit lediglich für "Altfälle" vor Einführung des § 51 Abs. 5 SGB IX für die Zulassung der Berufung erfordern würde, dass von Seiten der Beklagten darzulegen wäre, dass noch eine erhebliche - genau zu bezeichnende - Anzahl von gleich gelagerten Fällen nach diesen Vorschriften zu entscheiden ist (BSG, Beschluss vom 13.08.2002, B 2 U 104/02 B m.w.N., BSG, Beschluss vom 28.11.1975, 12 BJ 150/75 in SozR 1500 § 160a Nr. 19). Soweit die Beklagte sich insoweit allein auf "mehrere Hundert Fälle zur Rechtsfrage Altfall stufenweise Wiedereingliederung" bezieht, hat sie diese damit weder genau bezeichnet, noch auch nur ansatzweise dargelegt, dass es sich dabei um eine dem vorliegenden Fall vergleichbare Sach- und Rechtsfrage handelt.
Hinweise für das Vorliegen anderer Zulassungsgründe (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG) liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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