Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 4607/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5069/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2009 abgeändert und die Klage des Klägers insgesamt und die Klage der Klägerin auch insoweit abgewiesen, als Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 25. Juli 1999 bis 31. Dezember 2001 und 1. Januar bis 27. Februar 2003 zurückgefordert werden. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2009 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2006 insoweit aufgehoben, als die Leistungsbewilligung für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2002 zurückgenommen und die für diesen Zeitraum geleistete Arbeitslosenhilfe in Höhe von 6.323,90 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 1.148,35 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 107,51 EUR zurückgefordert werden. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen
Die Beklagte erstattet 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und damit verbundene Erstattungsforderungen der Beklagten gegenüber der Klägerin (zu 1) für den Zeitraum 25. Juli 1999 bis 27. Februar 2003 in Höhe von 19.818,96 EUR (Alhi) und 4.329,10 EUR (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) und gegenüber dem Kläger (zu 2) für den Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 in Höhe von 44.629,57 EUR (Alhi) und 15.062,96 EUR (Beiträge).
Der 1942 geborene Kläger beantragte am 25. März 1994 die Gewährung von Alhi und gab hierbei an, er und die Klägerin hätten Sparguthaben in Höhe von jeweils 8.500 DM. Hierzu legte er einen Kontoauszug der Deutschen Bank vor, der zum 30. April 1993 ein Guthaben in Höhe von 13.646,19 DM ausweist.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alhi ab 24. März 1994 nach einem Bemessungsentgelt von 680 DM. In den Folgeanträgen vom 16. Februar 1995, 9. März 1995, 9. Februar 1996, 5. Februar 1997, 30. Januar 1998, 27. Januar 1999, 3. Februar 1999, 20. Januar 2000, 22. Februar 2001 und 12. Februar 2002 verneinte der Kläger das Vorhandensein von Vermögen bzw. gab an, dass sich diesbezüglich keine Änderungen ergeben hätten. Auf Nachfrage der Beklagten im Jahr 1998 nach dem Sparguthaben bei der Deutschen Bank gab der Kläger laut Aktenvermerk (Bl. 111 Verwaltungsakte) an, das Geld sei 1994 komplett verbraucht worden (für das Beschneidungsfest des Sohnes in der Türkei). Die Beklagte bewilligte entsprechend Alhi weiter.
Die 1947 geborene Klägerin beantragte am 15. Juli 1999 Alhi und verneinte hierbei das Vorhandensein von Bargeld und Bankguthaben.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab 25. Juli 1999 Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 560 DM. In den Folgeanträgen vom 19. Juni 2000, 23. März 2001 und 25. Februar 2002 verneinte die Klägerin ebenfalls das Vorhandensein von Vermögen, entsprechend bewilligte die Beklagte Alhi weiter.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 informierte das Hauptzollamt S. die Beklagte über drei Überweisungen von der Dresdner Bank auf ein Konto der Kläger bei der T.C. M. B., A. (im Folgenden: TCMB) vom 15. März 1994 über 20.000 DM, vom 13. April 1995 über 35.000 DM und vom 21. September 1995 über 10.000 DM. Die Beklagte forderte die Kläger daraufhin auf, einen Kontoauszug der TCMB zu übersenden, aus dem das Guthaben zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung der Alhi sowie die Zinserträge ersichtlich seien. Hierauf reagierten die Kläger nicht.
Nach schriftlicher Anhörung der Kläger mit separaten Schreiben vom 22. Dezember 2005 betreffend den Kläger und vom 3. Januar 2006 betreffend die Klägerin nahm die Beklagte mit separaten Bescheiden vom 23. Januar 2006 die Bewilligungen von Alhi hinsichtlich der Klägerin für den Zeitraum 25. Juli 1999 bis 27. Februar 2003 und hinsichtlich des Klägers für den Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 zurück und forderte von der Klägerin die Erstattung der gewährten Alhi in Höhe von 19.818,96 EUR nebst Versicherungsbeiträgen in Höhe von 4.329,10 EUR sowie vom Kläger die Erstattung von Alhi in Höhe von 44.629,57 EUR nebst Versicherungsbeiträgen in Höhe von 15.062,96 EUR. Nach den getroffenen Feststellungen hätten die Kläger über Spareinlagen bei der TCMB von mindestens 60.000 DM verfügt. Da sie Kontoauszüge nicht vorgelegt und auf die Anhörungsschreiben nicht reagiert hätten, gehe die Beklagte davon aus, dass zu keinem Zeitpunkt Bedürftigkeit bestanden habe. Die fehlerhaften Bewilligungen seien wegen vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig gemachter falscher Angaben bei der Antragstellung erfolgt.
Hiergegen erhoben die Kläger jeweils Widerspruch und machten geltend, dass die Beklagte nicht festgestellt habe, wie hoch das Vermögen und der Freibetrag gewesen seien, in welcher Höhe das Vermögen verwertbar sei und ob es der Altersvorsorge gedient habe. Die Überweisungsträger dürften nicht verwertbar sein. Die Beweislast für die Rücknahmevoraussetzungen liege bei der Beklagten. Die Höhe der Rückforderung werde bestritten. Außerdem bestehe Vertrauensschutz, da in den Formularen nicht nach ausländischen Kapitalanlagen gefragt werde. Es sei nicht erkennbar, dass ausländische Vermögenswerte für die Entscheidung über deutsche Sozialleistungen maßgeblich sein sollten. Die Kläger hätten daher nicht grob fahrlässig gehandelt, zudem seien die gewährten Leistungen inzwischen verbraucht. Die Rücknahmefristen seien nicht eingehalten. Insoweit müsse sich die Beklagte eine Kenntnis von Steuerfahndungsmaßnahmen seit dem Jahr 2000 zurechnen lassen. Unerheblich sei, wann der Beklagten der konkrete Name der Kläger in diesem Zusammenhang bekannt geworden sei. Die Kläger hätten nur geringe Deutschkenntnisse, weshalb sie die Antragsformulare nicht verstanden hätten.
Mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 17. November 2006 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte sie aus, dass bei einem Vermögen von 60.000 DM unter Abzug eines Freibetrags von 16.000 DM der Kläger angesichts eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 720 DM für die Dauer von 61 Wochen und die Klägerin angesichts eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 575 DM für 76 Wochen nicht bedürftig gewesen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 8. Dezember 2006 (S 10 AL 4607/06) und der Kläger am 22. Dezember 2006 (S 10 AL 67/07) zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 29. Januar 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 10 AL 4607/06 verbunden.
Zur Klagebegründung haben die Kläger im Wesentlichen wie im Widerspruchsverfahren vorgetragen und zudem auf das Verbot der Doppelberücksichtigung verwiesen, denn den Klägern werde jeweils wechselseitig das Vermögen zugerechnet. Außerdem gehörten die im April 1995 angelegten 35.000 DM dem Bruder der Klägerin, und seien für diesen treuhänderisch angelegt worden. Hierzu haben die Kläger eine Erklärung des Bruders der Klägerin, Herrn M. K. aus I. vom 3. Oktober 2007 vorgelegt, wonach er der Klägerin 1994 ein Darlehen über 35.000 DM für einen Hauskauf gegeben habe. Nachdem dieser nicht zustande gekommen sei, habe die Klägerin auf seine Bitte ein Devisenkonto eröffnet und das Geld 1995 auf ihren Namen mit einer Laufzeit von zwei Jahren angelegt. Die Laufzeit sei später um zwei Jahre verlängert worden. Danach habe die Klägerin das Konto bei der TCMB aufgelöst und ihm das Geld samt der angefallenen Zinsen ausgehändigt. Die im September 1995 überwiesenen 10.000 DM seien vom Sparguthaben bei der Deutschen Bank abgehoben worden. Die Verwertung des angelegten Geldes sei zudem nicht zumutbar gewesen, da die Kläger bei vorzeitiger Auszahlung vor Ablauf des Anlagezeitraums von zwei Jahren sämtlicher Zinseinnahmen verlustig gegangen wären. In der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2009 haben die Kläger zwei Kontoauszüge der TCMB vorgelegt, aus denen sich zahlreiche bei der TCMB geführte Konten ersehen lassen sowie mehrere Ein- und Auszahlungen (Bl. 49/50 der SG-Akte S 10 AL 4607/06).
Das SG hat den Klägern am 21. Januar 2009 aufgegeben, eine Stellungnahme des Bruders der Klägerin über die getroffenen Vereinbarungen in Bezug auf die Anlage von 35.000 DM insbesondere zu Modalitäten bezüglich Zinsen, Zinshöhe und Rückzahlungszeitpunkt sowie einen Kontoauszug der Deutschen Bank von 1995 vorzulegen und eine Historie der bei der TCMB angelegten Beträge nachvollziehbar darzustellen. Mit Schreiben vom 22. April 2009 erfolgte eine weitere Aufforderung des SG mit Fristsetzung zum 22. Mai 2009 unter Hinweis auf die Möglichkeit der Zurückweisung nach Fristablauf vorgebrachter Tatsachen oder Beweismittel gemäß § 106a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auf Antrag des Bevollmächtigten der Kläger wurde die Frist bis 31. Mai 2009 verlängert. In der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 haben die Kläger eine schriftliche Stellungnahme vom gleichen Tag vorgelegt, in welcher die vereinbarten Modalitäten der Anlage des Geldes für Herrn K. näher erläutert werden.
Mit Urteil vom 9. September 2009 hat das SG die Bescheide vom 23. Januar 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. November 2006 insoweit aufgehoben, als darin die Rückforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verfügt wurde. Die Bewilligungen von Alhi habe die Beklagte zu Recht für die streitigen Zeiträume ganz zurückgenommen und die zu Unrecht erhaltene Alhi zurückgefordert. Bis zum 31. Dezember 1997 richteten sich die Bestimmungen für den Bezug von Alhi nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG habe Anspruch auf Alhi gehabt, wer u.a. bedürftig gewesen sei. Der Arbeitslose sei nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt sei (§ 137 Abs. 2 AFG). Näheres habe die Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) geregelt. Nach § 6 Abs. 1 AlhiV in der bis 28. Juni 1999 geltenden Fassung sei u.a. Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar sei und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar sei, jeweils 8.000 DM übersteige, wobei für die Bewertung des Vermögens der Zeitpunkt maßgeblich sei, zu dem der Antrag auf Alhi gestellt worden sei. Hinsichtlich der Dauer der Berücksichtigung sei nach § 9 AlhiV in der bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung zu berücksichtigen, dass Bedürftigkeit lediglich für die Zahl der vollen Wochen nicht bestanden habe, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergeben habe, nach dem sich die Alhi richte.
Das SG sei überzeugt, dass der Kläger am 25. März 1994 zusammen mit der Klägerin zumindest über ein Vermögen i.H.v. 49.982,22 DM verfügt habe (17.000 DM bei der Deutschen Bank, Rest bei der TCMB: Überweisung von 20.000 DM sowie undatierte Einzahlungen gemäß dem Kontoauszug der TCMB über 12.500 DM und 482,22 DM). Abzüglich des Freibetrags von 16.000 DM verbleibe einzusetzendes Vermögen von 33.982,22 DM. Dieses sei durch das wöchentliche Bemessungsentgelt von 680 DM zu teilen, so dass für 49 Wochen keine Bedürftigkeit bestanden habe. Unter Berücksichtigung weiterer Einzahlungen am 15. Juli 1994 über 3.000 DM und 2.232,50 DM habe für sieben weitere Wochen keine Bedürftigkeit bestanden, insgesamt für 56 Wochen. Der Verbrauch des angelegten Geldes im Rücknahmezeitraum sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach Ablauf der 56 Wochen scheitere der Anspruch auf Alhi an der sogenannten Vorfrist. Nach § 134 Abs. 1 Nr. 4 AFG in der bis 31. März 1996 geltenden Fassung habe Anspruch auf Alhi nur gehabt, wer u.a. innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt seien, Arbeitslosengeld bezogen habe. Dies sei beim Kläger nach Ablauf von 56 Wochen nicht mehr der Fall. Die Bewilligung für den Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 sei somit zu Unrecht erfolgt.
Das SG sei weiter davon überzeugt, dass die Klägerin im Juli 1999 zusammen mit dem Kläger über ein Vermögen von mindestens 112.332,75 DM verfügt habe. Zu dem 1994 vorhandenen Vermögen von 49.982,22 DM kämen die im Kontoauszug ausgewiesenen Einzahlungen in den Jahren 1995 bis 1997 (2.225 DM am 3. März 1995; 35.000 DM am 13. April 1995; 111,21 DM am 28. April 1995; 10.000 DM am 21.September 1995; 3.560 DM am 15. März 1996; 224,32 DM am 24. Januar 1997; 6.230 DM am 13. April 1997 und 5.000 DM am 5. November 1997). Abzüglich des Freibetrags von 16.000 DM betrage das verbleibende einzusetzende Vermögen 96.332,75 DM. Dieses sei durch das wöchentliche Bemessungsentgelt von 580 DM zu teilen, so dass für 166 Wochen keine Bedürftigkeit bestanden habe. Der Verbrauch des Geldes sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach Ablauf der 166 Wochen scheitere der Anspruch an der Vorfrist. Nach § 192 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der ab 1. Januar 1998 gültigen Fassung habe Anspruch auf Alhi nur, wer die Vorfrist von einem Jahr erfülle. Diese verlängere sich um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt seien, nur deshalb einen Anspruch auf Alhi nicht gehabt habe, weil er nicht bedürftig gewesen sei. Die Vorfrist betrage längstens drei Jahre. Die Bewilligung von Alhi sei somit für den Zeitraum 25. Juli 1999 bis 27. Februar 2003 zu Unrecht erfolgt.
Sämtliches angelegtes Vermögen sei den Klägern auch zuzuordnen. Daran ändere auch nichts, dass die am 13. April 1995 eingezahlten 35.000 DM vom Bruder der Klägerin gestammt hätten, ihren Vortrag als wahr unterstellt. Denn die an eine hier denkbare verdeckte Treuhand zu stellenden strengen Anforderungen seien nicht erfüllt. Berücksichtigt werden können habe nur der Vortrag bis zum Ablauf der Präklusionsfrist, der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schriftsatz sei nicht zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen des § 106a Abs. 3 SGG seien erfüllt. Den Klägern sei bereits am 21. Januar 2009 aufgegeben worden, zu dem behaupteten Treuhandverhältnis weiter vorzutragen. Hierzu sei Frist gesetzt worden unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Präklusionsfrist. Die Kläger hätten über vier Monate Zeit gehabt, der Verfügung nachzukommen, rechne man die Zeit bis zur Terminsladung, sogar sechs Monate. Nachdem der Vortrag erst in der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 erfolgt sei, dies zu einer Verzögerung der Erledigung wegen einer notwendigen Befragung des Bruders der Klägerin führen würde und die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei, erfolge die Ermessensentscheidung des Gerichts unter Beachtung des Grundsatzes der Amtsermittlung und der Interessen der Beteiligten dahin, dass das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 9. September 2009 als verspätete zurückzuweisen sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 4-4200 § 6 Nr. 4) gebe es zwar keinen Rechtsgrundsatz, dass sich der Arbeitslose am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen müsse. Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis vorliege, sei ein strenger Maßstab anzulegen. Bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen gelte der Grundsatz, dass der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen müsse. Diese Grundsätze seien auf die Frage, ob ein verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung für einen Anspruch auf Alhi Berücksichtigung finden müsse, zu übertragen. Aus dem Vorbringen der Kläger bis zum Ablauf der Präklusionsfrist ergebe sich, dass letztlich überhaupt keine konkrete Vereinbarung getroffen worden sei. Selbst wenn man von einer konkludenten Vereinbarung einer verdeckten Treuhand ausginge, entspräche diese nicht dem, was zwischen fremden Dritten üblich wäre. Es sei keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden und zahlreiche Modalitäten (wem die Zinsen zufließen sollten, Rückzahlung, Wiederanlage) seien überhaupt nicht geregelt.
Bei der Prüfung der Bedürftigkeit sei auch das im Ausland belegene Vermögen zu berücksichtigen. Die am 21. September 1995 eingezahlten 10.000 DM seien (erneut) zu berücksichtigen, da den Klägern der Nachweis nicht gelungen sei, dass dieses Geld aus der Anlage bei der Deutschen Bank gestammt habe. Die Verwertung des Vermögens sei den Klägern auch zumutbar. Substantiierter Vortrag, dass das Geld der Altersvorsorge gedient habe, sei nicht erfolgt. Eine vorzeitige Kündigung sei bei der gewählten Anlageform jederzeit möglich gewesen, der Anleger hätte lediglich auf die erst künftig anfallenden höheren Zinsen verzichtet. Die für die Rücknahme nach § 45 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) einzuhaltende Jahresfrist sei beachtet worden. Es könne dahin stehen, ob vorliegend als Beginn der Jahresfrist auf die Anhörungen abzustellen sei, da der früheste, in Betracht kommende Zeitpunkt die Mitteilung des Hauptzollamtes vom 27. Oktober 2005 sei. Die Rücknahme- und Erstattungsbescheide seien bereits am 23. Januar 2006 ergangen. Die Behauptung der Kläger, es käme auf die konkrete Nennung ihrer Namen vor dem Hintergrund früher bekannter grundsätzlicher Ermittlungen in ähnlichen Fällen nicht an, sei abwegig. Die Jahresfrist könne nur beginnen, wenn sich der Sachverhalt auf einen bestimmten Betroffenen beziehe. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 1 und 2 SGB X seien gegeben. Die rechtswidrigen Bewilligungen beruhten auf vorsätzlich unrichtigen und unvollständigen Angaben der Kläger, die die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen gekannt hätten, die sie durch arglistige Täuschung erreicht hätten. In den Zusatzblättern zur Antragstellung sei nach Vermögen in jeglicher Form und Anlageform gefragt worden. Eine Unterscheidung zwischen Vermögen im In- und Ausland musste nicht erfolgen, da dies für die Bedürftigkeit keine Bedeutung hatte. Es habe sich auch nicht um Bagatellbeträge gehandelt, sondern um angesichts der Lebensverhältnisse der Kläger recht große Kapitalanlagen. Soweit sich die Kläger auf sprachliche Defizite beriefen, müssten sie sich entgegen halten lassen, dass sie Erklärungen abgegeben hätten, ohne Rücksprache bei der Beklagten zu halten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, der Kläger habe auch ihre Anträge ausgefüllt, sie habe nicht gewusst, was gefragt worden sei. Wenn sie sich beim Ausfüllen der Anträge der Hilfe Dritter bediene, habe sie sich auch deren Angaben zurechnen zu lassen. Beide Kläger hätten demnach zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Die Rücknahme für die Vergangenheit sei daher unbefristet möglich, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X vorlägen. Dies sei jedoch allein beim Kläger von Bedeutung. Die 10-Jahresfrist sei im Gesetz ausdrücklich nur für die Fälle des Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2 und 3 SGB X vorgesehen. Daraus sei zu schließen, dass der Begünstigte, der den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt habe, nicht besser gestellt sein könne als der, der "nur" wegen grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit bis zum Ablauf von zehn Jahren mit einer Rücknahme rechnen müsse. Die Rücknahme müsse daher auch über die 10-Jahresfrist möglich sein.
Die Alhi sei gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten ohne Rücksicht auf deren Verbrauch. Für eine Erstattung der geltend gemachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gebe es keine Rechtsgrundlage mehr, da in der vormals maßgeblichen Rechtsgrundlage § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 SGB III mit Wirkung zum 1. Januar 2005 das Wort "Arbeitslosenhilfe" gestrichen worden sei.
Gegen das ihr am 13. Oktober 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. November 2009 eingelegte Berufung der Beklagten. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es für die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 2005 keine Rechtsgrundlage mehr gebe und verweist zur Begründung auf die Rechtsprechung des BSG vom 7. Oktober 2009.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2009 abzuändern, die Klage insgesamt abzuweisen und die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2009 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. November 2006 insgesamt aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie haben gegen das ihrem Bevollmächtigten am 13. Oktober 2009 zugestellte Urteil am 13. November 2009 Berufung eingelegt, diese aber nicht begründet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat überwiegend Erfolg, die Berufung der Klägerin hat teilweise, die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegten Berufungen sind statthaft (§ 143 SGG) da der Wert des Beschwerdegegenstands jeweils 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufungen der Kläger sind überwiegend nicht begründet, denn die Beklagte war - mit Ausnahme der Leistungsbewilligungen zugunsten der Klägerin für das Jahr 2002 - berechtigt, die Leistungsbewilligungen in vollem Umfang für die hier streitigen Zeitraume zurückzunehmen und die erbrachten Leistungen nebst der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung - mit Ausnahme der für die Klägerin im Jahr 2002 geleisteten Beiträge - von den Klägern zurückzufordern. Entsprechend ist die Berufung der Beklagten begründet, denn die Aufhebung der Bescheide durch das SG hinsichtlich der Rückforderung der Beiträge erfolgte - bis auf die für die Klägerin im Jahr 2002 geleisteten Beiträge - zu Unrecht.
Verfahrensrechtliche Grundlage der Rücknahme der Bewilligungen ist mit Blick auf die von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheide die Bestimmung des § 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 SGB III. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und materiell-rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsakts (vgl. BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Nach § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Absätze 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösgläubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheids (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127).
Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide liegen hier vor. Die Bewilligungsbescheide waren rechtswidrig, weil die Kläger wegen ihres Vermögens mit Ausnahme der Klägerin im Jahr 2002 keinen Anspruch auf Alhi hatten.
Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 AFG (in den jeweiligen bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassungen) hat Anspruch auf Alhi, wer (1.) arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat und Alhi beantragt hat (2.) keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, (3.) bedürftig ist und (4.) innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (Vorfrist) (a.) Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne dass der Anspruch nach § 119 Abs. 3 erloschen ist, oder (b.) mindestens hundertfünfzig Kalendertage, sofern der letzte Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Alhi nach § 119 Abs. 3 erloschen ist, danach mindestens zweihundertvierzig Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaft dienen könnte. Nach § 190 Abs. 1 SGB III (gültig vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2004) sind Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi (1.) Arbeitslosigkeit, (2.) Arbeitslosmeldung, (3.) fehlender Arbeitslosengeldanspruch, (4.) Vorbezug von Arbeitslosengeld und (5.) Bedürftigkeit.
Nach § 137 Abs. 2 AFG ist ein Arbeitsloser nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Alhi mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse nicht gerechtfertigt ist, hat das AFG der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen (§ 137 Abs. 3 AFG). Entsprechendes gilt für die Zeit ab 1. Januar 1998 (§§ 193 Abs. 2, 206 Nr. 1 SGB III). Für die Zeit bis 31. Dezember 2001 ist die Alhi-V gem. Art. 81 Arbeitsförderungs- Reformgesetz (BGBl. I 1997 S. 594) noch in der Fassung vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1929 - (AlhiV 1974)) maßgeblich. Nach § 6 Abs. 1 AlhiV 1974 ist Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens für den Kläger und die Klägerin jeweils 8.000 DM übersteigt. Vermögen ist nach § 6 Abs. 2 AlhiV 1974 insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Es ist nicht verwertbar, soweit der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (§ 6 Abs. 3 S. 1 AlhiV 1974). Nach § 9 AlhiV 1974 besteht Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet (Verbot der Mehrfachanrechnung von Vermögen, vgl. hierzu BSGE 88, 252 ff. = SozR 3-4300 § 193 Nr. 2; ferner BSG, Urteil vom 17. März 2005 - B 7a/7 AL 38/04 R- (juris)).
Ab 1. Januar 2002 ist die AlhiV 2002 zugrunde zu legen. Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines in § 1 Abs. 1 Nr. 2 AlhiV 2002 näher beschriebenen Partners zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 ist dies ein Betrag von 520 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser Betrag darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 33.800 EUR nicht übersteigen. Das in § 9 AlhiV 1974 geregelte Verbot der Mehrfachanrechnung von Vermögen ist in der AlhiV 2002 nicht mehr vorgesehen, vielmehr ist das tatsächlich vorhandene Vermögen maßgebend, welches, solange es vorhanden ist, der Bewilligung entgegen steht.
Das bei der Deutschen Bank und bei der TCMB angelegte Vermögen ist verwertbares Vermögen im Sinne dieser Vorschriften, es sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, welche Zweifel an der Zumutbarkeit der Verwertung wecken könnten. Allein aus dem Verlust möglicher Zinsvorteile lässt sich eine Unzumutbarkeit der Verwertung der Kapitalanlage keinesfalls herleiten.
Bezogen auf den Kläger ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung der Alhi ab 25. März 1994 von vorhandenem Vermögen der Eheleute von mindestens 49.982,22 DM auszugehen. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil an und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere kann unterstellt werden, dass die Einzahlungen über 12.500 DM und 482,22 DM bereits vor Antragstellung getätigt wurden, wenngleich sich diese Daten den vorgelegten Kopien nicht entnehmen lassen. Für den Betrag von 12.500 DM ergibt sich dies jedoch bereits daraus, dass bereits am 13. März 1995 eine Zinsgutschrift in Höhe von 2.225 DM erfolgte, was angesichts der jeweils zweijährigen Laufzeit der Kapitalanlagen eine Einzahlung im März 1993 nahelegt. Angesichts des unter Abzug des Freibetrags von 16.000 DM verbleibenden Vermögens von 33.982,22 DM ergibt sich bei dem maßgebenden Bemessungsentgelt von 680 DM, dass für 49 Wochen keine Bedürftigkeit des Klägers bestand. Angesichts der weiteren Einzahlungen auf Konten der TCMB am 15. Juli 1994 über insgesamt 5.232,50 DM bestand für weitere sieben Wochen keine Bedürftigkeit, insgesamt somit für 56 Wochen. Damit bestand auch für den Zeitraum nach Ablauf der 56 Wochen kein Anspruch mehr auf Alhi, denn der Anspruch auf Alhi erlischt, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Alhi ein Jahr vergangen ist (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG).
Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, er gehe davon aus, dass die Anlage bei der Deutschen Bank Ende April 1994 aufgelöst und in der Folgezeit aufgebraucht wurde. Zwar ist die Bedürftigkeitsprüfung nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt begrenzt, sondern die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit kann während der Dauer der Arbeitslosigkeit wegfallen oder neu eintreten mit der Folge, dass die Änderung vom Zeitpunkt ihres Eintritts an zu berücksichtigen ist (vgl. BSG SozR 4100 § 134 Nr. 16; BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 126/01 R - (juris)). Hier steht schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht fest, wann die Kapitalanlage bei der Deutschen Bank aufgelöst wurde. Noch viel weniger ist nachgewiesen, dass dies überhaupt erfolgt ist und das Geld verbraucht wurde. Damit stellt sich die Frage der Beweislast. Grundsätzlich gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten desjenigen Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (vgl. BSGE 6, 70, 73; 43, 110, 112). Da vorliegend die Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheids auf der Grundlage des § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III im Streit steht, trifft die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheids (vgl. BSG SozR 4100 § 132 Nr. 1 S. 11). Vorliegend ist indes von einer Umkehr der objektiven Beweislast auszugehen, da hier in der persönlichen Sphäre des Arbeitslosen liegende Vorgänge nicht aufzuklären sind, also eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (vgl. BSGE 96, 238 = SozR 4-4200 § 6 Nr. 4). Es geht daher zu Lasten des Klägers, dass die Auflösung der Kapitalanlage bei der Deutschen Bank und anschließende Verwertung des Geldes nicht belegt ist. Die Bewilligung der Alhi für den Kläger im Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 erfolgte nach alledem zu Unrecht.
Bezogen auf die Klägerin ist zum maßgebenden Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Alhi ab 25. Juli 1999 von vorhandenem Vermögen der Eheleute in Höhe von 103.201,45 DM auszugehen. Der vom SG zugrunde gelegte Vermögenswert von 112.332,75 DM ist nicht zutreffend, da das SG allein die Einzahlungen laut Kontoauszug der TCMB berücksichtigt und außer Betracht gelassen hat, dass häufig nur Umschichtungen von einem auf ein anderes Konto vorgenommen wurden. Berücksichtigt man allein den tatsächlichen Bestand zum 25. Juli 1999 entsprechend dem Kontoauszug der TCMB, ergibt sich folgendes Bild. Zu berücksichtigen sind vom Konto 96726 (jeweils nur letzte fünf Ziffern der Kontonummer; der Anfang ist auf den Kopien häufig nicht lesbar) 35.000 DM (Einzahlung 13. April 1995) zuzüglich 6.230 DM und 5.772 DM Zinsgutschriften vom 13. April 1997 und 1999; vom Konto 94978: 6.230 DM (Einzahlung 13. April 1997) zuzüglich 1.027,45 DM Zinsgutschrift am 13. April 1999; vom Konto 72049: 5.000 DM Einzahlung am 5. November 1997; vom Konto 62280: 20.000 DM (Einzahlung am 15. März 1994) zuzüglich Zinsgutschriften von 3.560 DM und 3.382 DM vom 15. März 1996 und 1998. Hinzu kommt noch das bei der Deutschen Bank angelegte Vermögen in Höhe von 17.000 DM, da nicht nachgewiesen ist, dass diese Anlage nicht mehr bestand. Angesichts des unter Abzug des Freibetrags von 16.000 DM verbleibenden Vermögens von 87.201,45 DM ergibt sich bei dem maßgebenden Bemessungsentgelt von 560 DM, dass für 155 Wochen keine Bedürftigkeit der Klägerin bestand, somit bis ins Jahr 2002 hinein.
Ab 1. Januar 2002 ergibt sich indes ein Anspruch der Klägerin auf Alhi nach der AlhiV 2002, denn eine zeitliche Begrenzung der fehlenden Bedürftigkeit war insoweit nicht mehr vorgesehen und das vorhandene Vermögen übersteigt nicht den nach § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 maßgeblichen Freibetrag. Die Vorschriften der AlhiV 1974 galten grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2001. Mit Ausnahme des § 9 galten sie darüber hinaus für die Dauer der laufenden Bewilligung weiter, wenn die Anspruchsvoraussetzungen im Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2001 vorlagen, mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Freibetrags von 8.000 DM ein Betrag von 4.100 EUR trat (§ 4 AlhiV 2002). Die Übergangsregelung findet hier keine Anwendung, da die Klägerin im letzten Quartal 2001 keinen Leistungsanspruch hatte.
Berücksichtigt man die nach 1999 abgehobenen und nicht wieder angelegten Beträge sowie die noch vorhandenen Konten bei der TCMB ergibt sich folgender Vermögensbestand der Klägerin und ihres Ehemannes im Jahr 2002. Auszahlungen: Konto 62280 am 14. Mai 2001: 27.238,17 DM; Konto 96726 am 5. September 2001: 47.496,35 DM; Konto 94978 am 5. September 2000 7.257,45 DM; Konto 72049 am gleichen Tag 5.824,60 DM. Hinzu kommt von dem noch bestehenden Konto 89562: 1.392,66 DM + 226,08 DM, sowie 17.000 DM bei der Deutschen Bank, insgesamt somit ein Betrag von 104.816,57 DM. Da für einen Verbrauch auch der abgehobenen Beträge nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen ist, sind diese weiter zu berücksichtigen. Allerdings sind von diesem verwertbaren Vermögen die Freibeträge nach § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 in Höhe von 520 EUR pro vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners abzuziehen. Die Klägerin war zu Beginn des Jahres 2002 54 Jahre, der Kläger 59 Jahre alt. Damit ergeben sich Freibeträge von 28.080 EUR und 30.680 EUR, in der Summe somit 58.760 EUR, entsprechend 114.924,57 DM. Das Vermögen übersteigt den Freibetrag nicht. Auch die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Alhi liegen vor. Insbesondere ist auch die Vorfrist erfüllt, denn diese beträgt nach § 192 Satz 1 SGB III ein Jahr, beginnend mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi und verlängert sich um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind, nur deshalb einen Anspruch auf Alhi nicht hatte, weil er nicht bedürftig war (§ 192 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Die Klägerin hat innerhalb der verlängerten Vorfrist, nämlich noch bis 24. Juli 1999 Arbeitslosengeld bezogen. Die Klägerin hatte daher vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002 Anspruch auf Alhi, die Bewilligung wurde insoweit zu Unrecht zurückgenommen. Angesichts eines Leistungsanspruchs ab 1. Januar 2002 wäre zum fiktiven neuen Bewilligungsabschnitt ab 1. Januar 2003 die AlhiV 2002 i.d.F. des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4619) anzuwenden, hier wurde der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 auf 200 EUR pro Lebensjahr abgesenkt. Der insoweit dann maßgebende Freibetrag von 23.000 EUR (55 x 200 EUR + 60 x 200 EUR), entsprechend 44.984,09 DM wird durch das zu berücksichtigende Vermögen deutlich überschritten, so dass ab 1. Januar 2003 wiederum kein Anspruch der Klägerin auf Alhi besteht. Die Beklagte hat die Leistungsbewilligung somit (nur) für die Zeiträume 25. Juli 1999 bis 31. Dezember 2001 und 1. Januar bis 27. Februar 2003 zu Recht aufgehoben.
Soweit die Kläger generell geltend machen, ihnen könne nicht wechselseitig Vermögen angerechnet werden mit der Folge fehlender Bedürftigkeit beider Ehegatten, entspricht dies nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Sowohl § 137 Abs. 2 AFG wie auch § 193 Abs. 2 SGB III sehen zwingend die Berücksichtigung von Vermögen des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten vor. Eine verbotene Mehrfachanrechnung von Vermögen, wie durch § 9 AlhiV 1974 geregelt, liegt darin nicht.
Dem Vermögen der Eheleute ist auch der im April 1995 angelegte Betrag von 35.000 DM zuzurechnen. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass selbst wenn dieser Betrag dem Bruder der Klägerin gehören sollte, und nach seinen Anweisungen im Namen der Kläger bei der TCMB angelegt worden wäre, die Voraussetzungen für ein im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigendes verdecktes Treuhandverhältnis nicht vorgelegen haben. Das BSG hat in seinem Urteil vom 24. Mai 2006 (SozR 4-4220 § 6 Nr. 4; vgl. auch die Parallelentscheidung B 11a AL 49/05 R - (juris)) zwar entschieden, dass es einen Rechtsgrundsatz, der Arbeitslose müsse sich am "Rechtsschein der Kontoinhaberschaft" festhalten lassen, im Recht der Alhi nicht gebe. Zur Begründung hat das BSG aber u.a. auf die verwaltungs- und finanzgerichtliche Rechtsprechung verwiesen und dazu ausgeführt: "Entsprechend ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein (vgl. BFHE 183, 518 unter Bezugnahme auf die Beweisregel in § 159 Abs. 1 Abgabenordnung). Bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen gilt der Grundsatz, dass ein Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen muss (vgl. BFH, Urteil vom 5. Februar 1988 - III R 234/84 -; BFH, Beschluss vom 25. Juni 2002 - X B 30/01 - (beide juris)). Diese Grundsätze, die sich auch der erkennende Senat zu eigen macht, sind auch auf die Frage, ob eine stille Abtretung bzw. ein verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung des Anspruchs auf Alhi Berücksichtigung finden muss, zu übertragen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Dezember 2007 - L 13 AL 2389/05 - (juris)) und führen vorliegend dazu, dass der angelegte Betrag von 35.000 DM zu berücksichtigen ist. Denn die von den Klägern behauptete Vereinbarung würde, selbst wenn sie rechtswirksam abgeschlossen worden wäre, nicht dem entsprechen, was unter fremden Dritten üblich ist. Dies zeigt sich bereits daran, dass keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde. Darüber hinaus waren zahlreiche Modalitäten, z.B. die Frage, wem die erlösten Zinserträge zufließen sollten oder für welche Dauer das Geld angelegt werden sollte, überhaupt nicht geregelt. Derartige Vereinbarungen mögen einer engen familiären Verbundenheit zwischen der Klägerin und ihrem Bruder geschuldet sein, sie entsprechen aber jedenfalls nicht den im Rechtsverkehr üblichen Modalitäten. Damit steht im Ergebnis fest, dass jedenfalls ein Rechtsgeschäft im Sinne eines durchsetzbaren Vertrages, der dem hier vorzunehmenden Fremdvergleich standhält, nicht vorgelegen hat. Es kommt daher auch nicht auf offensichtliche sachliche Unrichtigkeiten in der Stellungnahme des Bruders der Klägerin aus dem Jahr 2007 an - er hatte angegeben, das Geld sei im April 1995 für zwei Jahre angelegt worden, nochmals um zwei Jahre verlängert und sodann abgehoben und ihm zurückgezahlt worden; nach dem Kontoauszug der TCMB wurde das Geld aber nicht im April 1999, sondern erst im September 2001 abgehoben.
Das SG hat zu Recht auch den weiteren Vortrag der Kläger zu den Vereinbarungen der verdeckten Treuhand, der erst mit Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 vorgebracht wurde, unberücksichtigt gelassen. Nach § 106a Abs. 3 Satz 1 SGG kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn (1.) ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und (2.) der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und (3.) der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumnis belehrt worden ist. Das SG hat die Kläger wiederholt aufgefordert, detailliert zu den Abreden hinsichtlich der Anlage von 35.000 DM vorzutragen und hierzu eine Stellungnahme des Bruders der Klägerin vorzulegen. Die zuletzt bis 31. Mai 2009 verlängerte Frist haben die Kläger trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht eingehalten und erst in der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 weiter vorgetragen. Das SG hat insoweit zutreffend festgestellt, dass eine Zulassung des verspäteten Vorbringens zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde und auch eine genügende Entschuldigung für die Verspätung nicht vorliegt. Die Ermessensentscheidung des SG, das Vorbringen zurückzuweisen, lässt Ermessensfehler nicht erkennen, insbesondere war es auch zulässig, das Interesse der Beklagten an einem Abschluss des schon lange andauernden Verfahrens zu berücksichtigen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 106a Rdnr. 14). Da das SG nach Überprüfung durch den Senat das verspätete Vorbringen zu Recht zurückgewiesen hat, bleibt dieses Vorbringen auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen (§ 157a Abs. 2 SGG).
Die Bewilligungsbescheide stehen, wie oben ausgeführt, bis auf das Jahr 2002 betreffend die Klägerin nicht mit der materiellen Rechtslage in Einklang. Die Kläger können sich insoweit auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie bei der Antragstellung vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht haben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), denn sie haben bei allen Anträgen das in der Türkei bei der TCMB angelegte Vermögen verschwiegen. Eine grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 SGB X anzunehmen, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Verlangt wird eine Sorgfaltspflichtverletzung mit einem außergewöhnlich hohen Ausmaß, d.h. eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung; es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden seien, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet der Begünstigte die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris)).
Hiervon ausgehend hat der Kläger schon entgegen der klaren und unmissverständlichen Fragestellungen in den jeweiligen Antragsformularen bzw. dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" unrichtige Angaben bezüglich seiner Vermögensverhältnisse gemacht, indem er jeweils das Vorhandensein von Vermögen verneint hat. Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass dem Kläger - unter Zugrundelegung der eindeutigen Fragestellung - auch bei der ihm eingeräumten eigenen rechtlichen Wertung (vgl. BSGE 42, 184, 188 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 47, 28, 33; BSG SozR 4100 § 152 Nr. 6) ohne weitere Überlegung klar war, dass zu den anzugebenden Vermögenswerten nicht nur die im Inland, sondern auch die im Ausland angelegten gehören. Der Kläger hat insoweit den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X). Der Senat nimmt hierzu auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des SG auf Seite 15 und 16 des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit die Klägerin angibt, das Ausfüllen der Formulare dem Kläger überlassen zu haben, muss sie sich die fehlerhaften Angaben zurechnen lassen, so dass ihr zumindest Fehlverhalten im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X anzulasten ist. Da § 330 Abs. 2 SGB III unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts zwingend vorschreibt, greifen Härtegesichtspunkte nicht ein. Der Gesetzgeber hat bewusst im Bereich des Arbeitsförderungsrechts im Hinblick auf die häufig kurzfristig zu erbringenden und ebenso kurzfristig zu beendenden Leistungen, bei denen Überzahlungen praktisch nicht zu vermeiden sind, anstelle einer Ermessensentscheidung eine gebundene Entscheidung vorgesehen (vgl. BT-Drs. 12/5502 S. 37 zu Nr. 43 zur Vorgängerregelung des § 152 AFG).
Die in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn - wie hier bei der Klägerin - die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegen. Die Bewilligungen ab 1999 konnten daher auch noch im Jahr 2006 zurückgenommen werden. Im Falle des § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X, der hier beim Kläger zu berücksichtigen ist, kann eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit unbeschränkt erfolgen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 1990 - L 4 V 21/89 - Breith 1991, 333; Hauck in Hauck/Haines, SGB X, § 45 Rdnr. 26; Wiesner in von Wulffen, SGB X, § 45 Rdnr. 30).
Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Zur Kenntnis der Behörde von den maßgeblichen, die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen gehört regelmäßig auch die Anhörung der Beteiligten (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 27 und 42). Ganz davon abgesehen hat die Beklagte erst durch das Anschreiben des Hauptzollamtes vom 27. Oktober 2005 erstmals überhaupt konkrete Hinweise darauf erhalten, dass die Kläger während des Leistungsbezugs über zu berücksichtigendes Vermögen verfügten. Bereits drei Monate später folgten die Rücknahme- und Erstattungsbescheide. An der Einhaltung der Jahresfrist können daher vorliegend keinerlei Zweifel bestehen.
Der Kläger ist daher nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die im Zeitraum vom 24. März bis 30. Juni 2002 überzahlte Alhi zu erstatten. Der Rückforderungsbetrag für diese Zeiträume ist von der Beklagten zutreffend mit 44.629,57 EUR festgesetzt worden. Die Klägerin hat nach § 50 Abs. 1 SGB X die im Zeitraum 25. Juli 1999 bis 31. Dezember 2001 und vom 1. Januar bis 27. Februar 2003 überzahlte Alhi zu erstatten. Der von der Beklagten festgesetzte Rückforderungsbetrag ermäßigt sich daher um die für 2002 bezogene Alhi in Höhe von 6.323,90 EUR auf 13.395,06 EUR. Über die Modalitäten der Rückzahlung ist vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 3 S. 84).
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der in diesen Zeiträumen von der Beklagten geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Zwar wird in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III (Gesetz vom 24. Dezember 2003 - BGBl. I S. 2954) Alhi nicht mehr genannt, nach der neuesten Rechtsprechung des BSG ist die durch die versehentliche Streichung des Gesetzgebers entstandene planwidrige Gesetzeslücke im Rahmen der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung dadurch zu schließen, dass die Bezieher von Alhi den sonstigen Leistungsbeziehern im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich zu stellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 7. Oktober 2009 - B 11 AL 31/08 R - (juris)). Der Kläger ist daher auch zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 15.062,96 EUR verpflichtet. Die Erstattungsforderung ist von der Beklagten zutreffend berechnet worden. Für die Klägerin mindert sich die Erstattungspflicht um die für 2002 gezahlten Beiträge, somit um 1.148,35 EUR für die Krankenversicherung und 107,51 EUR für die Pflegeversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2009 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2006 insoweit aufgehoben, als die Leistungsbewilligung für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2002 zurückgenommen und die für diesen Zeitraum geleistete Arbeitslosenhilfe in Höhe von 6.323,90 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 1.148,35 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 107,51 EUR zurückgefordert werden. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen
Die Beklagte erstattet 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und damit verbundene Erstattungsforderungen der Beklagten gegenüber der Klägerin (zu 1) für den Zeitraum 25. Juli 1999 bis 27. Februar 2003 in Höhe von 19.818,96 EUR (Alhi) und 4.329,10 EUR (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) und gegenüber dem Kläger (zu 2) für den Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 in Höhe von 44.629,57 EUR (Alhi) und 15.062,96 EUR (Beiträge).
Der 1942 geborene Kläger beantragte am 25. März 1994 die Gewährung von Alhi und gab hierbei an, er und die Klägerin hätten Sparguthaben in Höhe von jeweils 8.500 DM. Hierzu legte er einen Kontoauszug der Deutschen Bank vor, der zum 30. April 1993 ein Guthaben in Höhe von 13.646,19 DM ausweist.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alhi ab 24. März 1994 nach einem Bemessungsentgelt von 680 DM. In den Folgeanträgen vom 16. Februar 1995, 9. März 1995, 9. Februar 1996, 5. Februar 1997, 30. Januar 1998, 27. Januar 1999, 3. Februar 1999, 20. Januar 2000, 22. Februar 2001 und 12. Februar 2002 verneinte der Kläger das Vorhandensein von Vermögen bzw. gab an, dass sich diesbezüglich keine Änderungen ergeben hätten. Auf Nachfrage der Beklagten im Jahr 1998 nach dem Sparguthaben bei der Deutschen Bank gab der Kläger laut Aktenvermerk (Bl. 111 Verwaltungsakte) an, das Geld sei 1994 komplett verbraucht worden (für das Beschneidungsfest des Sohnes in der Türkei). Die Beklagte bewilligte entsprechend Alhi weiter.
Die 1947 geborene Klägerin beantragte am 15. Juli 1999 Alhi und verneinte hierbei das Vorhandensein von Bargeld und Bankguthaben.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab 25. Juli 1999 Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 560 DM. In den Folgeanträgen vom 19. Juni 2000, 23. März 2001 und 25. Februar 2002 verneinte die Klägerin ebenfalls das Vorhandensein von Vermögen, entsprechend bewilligte die Beklagte Alhi weiter.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 informierte das Hauptzollamt S. die Beklagte über drei Überweisungen von der Dresdner Bank auf ein Konto der Kläger bei der T.C. M. B., A. (im Folgenden: TCMB) vom 15. März 1994 über 20.000 DM, vom 13. April 1995 über 35.000 DM und vom 21. September 1995 über 10.000 DM. Die Beklagte forderte die Kläger daraufhin auf, einen Kontoauszug der TCMB zu übersenden, aus dem das Guthaben zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung der Alhi sowie die Zinserträge ersichtlich seien. Hierauf reagierten die Kläger nicht.
Nach schriftlicher Anhörung der Kläger mit separaten Schreiben vom 22. Dezember 2005 betreffend den Kläger und vom 3. Januar 2006 betreffend die Klägerin nahm die Beklagte mit separaten Bescheiden vom 23. Januar 2006 die Bewilligungen von Alhi hinsichtlich der Klägerin für den Zeitraum 25. Juli 1999 bis 27. Februar 2003 und hinsichtlich des Klägers für den Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 zurück und forderte von der Klägerin die Erstattung der gewährten Alhi in Höhe von 19.818,96 EUR nebst Versicherungsbeiträgen in Höhe von 4.329,10 EUR sowie vom Kläger die Erstattung von Alhi in Höhe von 44.629,57 EUR nebst Versicherungsbeiträgen in Höhe von 15.062,96 EUR. Nach den getroffenen Feststellungen hätten die Kläger über Spareinlagen bei der TCMB von mindestens 60.000 DM verfügt. Da sie Kontoauszüge nicht vorgelegt und auf die Anhörungsschreiben nicht reagiert hätten, gehe die Beklagte davon aus, dass zu keinem Zeitpunkt Bedürftigkeit bestanden habe. Die fehlerhaften Bewilligungen seien wegen vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig gemachter falscher Angaben bei der Antragstellung erfolgt.
Hiergegen erhoben die Kläger jeweils Widerspruch und machten geltend, dass die Beklagte nicht festgestellt habe, wie hoch das Vermögen und der Freibetrag gewesen seien, in welcher Höhe das Vermögen verwertbar sei und ob es der Altersvorsorge gedient habe. Die Überweisungsträger dürften nicht verwertbar sein. Die Beweislast für die Rücknahmevoraussetzungen liege bei der Beklagten. Die Höhe der Rückforderung werde bestritten. Außerdem bestehe Vertrauensschutz, da in den Formularen nicht nach ausländischen Kapitalanlagen gefragt werde. Es sei nicht erkennbar, dass ausländische Vermögenswerte für die Entscheidung über deutsche Sozialleistungen maßgeblich sein sollten. Die Kläger hätten daher nicht grob fahrlässig gehandelt, zudem seien die gewährten Leistungen inzwischen verbraucht. Die Rücknahmefristen seien nicht eingehalten. Insoweit müsse sich die Beklagte eine Kenntnis von Steuerfahndungsmaßnahmen seit dem Jahr 2000 zurechnen lassen. Unerheblich sei, wann der Beklagten der konkrete Name der Kläger in diesem Zusammenhang bekannt geworden sei. Die Kläger hätten nur geringe Deutschkenntnisse, weshalb sie die Antragsformulare nicht verstanden hätten.
Mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 17. November 2006 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte sie aus, dass bei einem Vermögen von 60.000 DM unter Abzug eines Freibetrags von 16.000 DM der Kläger angesichts eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 720 DM für die Dauer von 61 Wochen und die Klägerin angesichts eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 575 DM für 76 Wochen nicht bedürftig gewesen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 8. Dezember 2006 (S 10 AL 4607/06) und der Kläger am 22. Dezember 2006 (S 10 AL 67/07) zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 29. Januar 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 10 AL 4607/06 verbunden.
Zur Klagebegründung haben die Kläger im Wesentlichen wie im Widerspruchsverfahren vorgetragen und zudem auf das Verbot der Doppelberücksichtigung verwiesen, denn den Klägern werde jeweils wechselseitig das Vermögen zugerechnet. Außerdem gehörten die im April 1995 angelegten 35.000 DM dem Bruder der Klägerin, und seien für diesen treuhänderisch angelegt worden. Hierzu haben die Kläger eine Erklärung des Bruders der Klägerin, Herrn M. K. aus I. vom 3. Oktober 2007 vorgelegt, wonach er der Klägerin 1994 ein Darlehen über 35.000 DM für einen Hauskauf gegeben habe. Nachdem dieser nicht zustande gekommen sei, habe die Klägerin auf seine Bitte ein Devisenkonto eröffnet und das Geld 1995 auf ihren Namen mit einer Laufzeit von zwei Jahren angelegt. Die Laufzeit sei später um zwei Jahre verlängert worden. Danach habe die Klägerin das Konto bei der TCMB aufgelöst und ihm das Geld samt der angefallenen Zinsen ausgehändigt. Die im September 1995 überwiesenen 10.000 DM seien vom Sparguthaben bei der Deutschen Bank abgehoben worden. Die Verwertung des angelegten Geldes sei zudem nicht zumutbar gewesen, da die Kläger bei vorzeitiger Auszahlung vor Ablauf des Anlagezeitraums von zwei Jahren sämtlicher Zinseinnahmen verlustig gegangen wären. In der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2009 haben die Kläger zwei Kontoauszüge der TCMB vorgelegt, aus denen sich zahlreiche bei der TCMB geführte Konten ersehen lassen sowie mehrere Ein- und Auszahlungen (Bl. 49/50 der SG-Akte S 10 AL 4607/06).
Das SG hat den Klägern am 21. Januar 2009 aufgegeben, eine Stellungnahme des Bruders der Klägerin über die getroffenen Vereinbarungen in Bezug auf die Anlage von 35.000 DM insbesondere zu Modalitäten bezüglich Zinsen, Zinshöhe und Rückzahlungszeitpunkt sowie einen Kontoauszug der Deutschen Bank von 1995 vorzulegen und eine Historie der bei der TCMB angelegten Beträge nachvollziehbar darzustellen. Mit Schreiben vom 22. April 2009 erfolgte eine weitere Aufforderung des SG mit Fristsetzung zum 22. Mai 2009 unter Hinweis auf die Möglichkeit der Zurückweisung nach Fristablauf vorgebrachter Tatsachen oder Beweismittel gemäß § 106a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auf Antrag des Bevollmächtigten der Kläger wurde die Frist bis 31. Mai 2009 verlängert. In der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 haben die Kläger eine schriftliche Stellungnahme vom gleichen Tag vorgelegt, in welcher die vereinbarten Modalitäten der Anlage des Geldes für Herrn K. näher erläutert werden.
Mit Urteil vom 9. September 2009 hat das SG die Bescheide vom 23. Januar 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. November 2006 insoweit aufgehoben, als darin die Rückforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verfügt wurde. Die Bewilligungen von Alhi habe die Beklagte zu Recht für die streitigen Zeiträume ganz zurückgenommen und die zu Unrecht erhaltene Alhi zurückgefordert. Bis zum 31. Dezember 1997 richteten sich die Bestimmungen für den Bezug von Alhi nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG habe Anspruch auf Alhi gehabt, wer u.a. bedürftig gewesen sei. Der Arbeitslose sei nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt sei (§ 137 Abs. 2 AFG). Näheres habe die Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) geregelt. Nach § 6 Abs. 1 AlhiV in der bis 28. Juni 1999 geltenden Fassung sei u.a. Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar sei und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar sei, jeweils 8.000 DM übersteige, wobei für die Bewertung des Vermögens der Zeitpunkt maßgeblich sei, zu dem der Antrag auf Alhi gestellt worden sei. Hinsichtlich der Dauer der Berücksichtigung sei nach § 9 AlhiV in der bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung zu berücksichtigen, dass Bedürftigkeit lediglich für die Zahl der vollen Wochen nicht bestanden habe, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergeben habe, nach dem sich die Alhi richte.
Das SG sei überzeugt, dass der Kläger am 25. März 1994 zusammen mit der Klägerin zumindest über ein Vermögen i.H.v. 49.982,22 DM verfügt habe (17.000 DM bei der Deutschen Bank, Rest bei der TCMB: Überweisung von 20.000 DM sowie undatierte Einzahlungen gemäß dem Kontoauszug der TCMB über 12.500 DM und 482,22 DM). Abzüglich des Freibetrags von 16.000 DM verbleibe einzusetzendes Vermögen von 33.982,22 DM. Dieses sei durch das wöchentliche Bemessungsentgelt von 680 DM zu teilen, so dass für 49 Wochen keine Bedürftigkeit bestanden habe. Unter Berücksichtigung weiterer Einzahlungen am 15. Juli 1994 über 3.000 DM und 2.232,50 DM habe für sieben weitere Wochen keine Bedürftigkeit bestanden, insgesamt für 56 Wochen. Der Verbrauch des angelegten Geldes im Rücknahmezeitraum sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach Ablauf der 56 Wochen scheitere der Anspruch auf Alhi an der sogenannten Vorfrist. Nach § 134 Abs. 1 Nr. 4 AFG in der bis 31. März 1996 geltenden Fassung habe Anspruch auf Alhi nur gehabt, wer u.a. innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt seien, Arbeitslosengeld bezogen habe. Dies sei beim Kläger nach Ablauf von 56 Wochen nicht mehr der Fall. Die Bewilligung für den Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 sei somit zu Unrecht erfolgt.
Das SG sei weiter davon überzeugt, dass die Klägerin im Juli 1999 zusammen mit dem Kläger über ein Vermögen von mindestens 112.332,75 DM verfügt habe. Zu dem 1994 vorhandenen Vermögen von 49.982,22 DM kämen die im Kontoauszug ausgewiesenen Einzahlungen in den Jahren 1995 bis 1997 (2.225 DM am 3. März 1995; 35.000 DM am 13. April 1995; 111,21 DM am 28. April 1995; 10.000 DM am 21.September 1995; 3.560 DM am 15. März 1996; 224,32 DM am 24. Januar 1997; 6.230 DM am 13. April 1997 und 5.000 DM am 5. November 1997). Abzüglich des Freibetrags von 16.000 DM betrage das verbleibende einzusetzende Vermögen 96.332,75 DM. Dieses sei durch das wöchentliche Bemessungsentgelt von 580 DM zu teilen, so dass für 166 Wochen keine Bedürftigkeit bestanden habe. Der Verbrauch des Geldes sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach Ablauf der 166 Wochen scheitere der Anspruch an der Vorfrist. Nach § 192 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der ab 1. Januar 1998 gültigen Fassung habe Anspruch auf Alhi nur, wer die Vorfrist von einem Jahr erfülle. Diese verlängere sich um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt seien, nur deshalb einen Anspruch auf Alhi nicht gehabt habe, weil er nicht bedürftig gewesen sei. Die Vorfrist betrage längstens drei Jahre. Die Bewilligung von Alhi sei somit für den Zeitraum 25. Juli 1999 bis 27. Februar 2003 zu Unrecht erfolgt.
Sämtliches angelegtes Vermögen sei den Klägern auch zuzuordnen. Daran ändere auch nichts, dass die am 13. April 1995 eingezahlten 35.000 DM vom Bruder der Klägerin gestammt hätten, ihren Vortrag als wahr unterstellt. Denn die an eine hier denkbare verdeckte Treuhand zu stellenden strengen Anforderungen seien nicht erfüllt. Berücksichtigt werden können habe nur der Vortrag bis zum Ablauf der Präklusionsfrist, der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schriftsatz sei nicht zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen des § 106a Abs. 3 SGG seien erfüllt. Den Klägern sei bereits am 21. Januar 2009 aufgegeben worden, zu dem behaupteten Treuhandverhältnis weiter vorzutragen. Hierzu sei Frist gesetzt worden unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Präklusionsfrist. Die Kläger hätten über vier Monate Zeit gehabt, der Verfügung nachzukommen, rechne man die Zeit bis zur Terminsladung, sogar sechs Monate. Nachdem der Vortrag erst in der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 erfolgt sei, dies zu einer Verzögerung der Erledigung wegen einer notwendigen Befragung des Bruders der Klägerin führen würde und die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei, erfolge die Ermessensentscheidung des Gerichts unter Beachtung des Grundsatzes der Amtsermittlung und der Interessen der Beteiligten dahin, dass das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 9. September 2009 als verspätete zurückzuweisen sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 4-4200 § 6 Nr. 4) gebe es zwar keinen Rechtsgrundsatz, dass sich der Arbeitslose am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen müsse. Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis vorliege, sei ein strenger Maßstab anzulegen. Bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen gelte der Grundsatz, dass der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen müsse. Diese Grundsätze seien auf die Frage, ob ein verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung für einen Anspruch auf Alhi Berücksichtigung finden müsse, zu übertragen. Aus dem Vorbringen der Kläger bis zum Ablauf der Präklusionsfrist ergebe sich, dass letztlich überhaupt keine konkrete Vereinbarung getroffen worden sei. Selbst wenn man von einer konkludenten Vereinbarung einer verdeckten Treuhand ausginge, entspräche diese nicht dem, was zwischen fremden Dritten üblich wäre. Es sei keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden und zahlreiche Modalitäten (wem die Zinsen zufließen sollten, Rückzahlung, Wiederanlage) seien überhaupt nicht geregelt.
Bei der Prüfung der Bedürftigkeit sei auch das im Ausland belegene Vermögen zu berücksichtigen. Die am 21. September 1995 eingezahlten 10.000 DM seien (erneut) zu berücksichtigen, da den Klägern der Nachweis nicht gelungen sei, dass dieses Geld aus der Anlage bei der Deutschen Bank gestammt habe. Die Verwertung des Vermögens sei den Klägern auch zumutbar. Substantiierter Vortrag, dass das Geld der Altersvorsorge gedient habe, sei nicht erfolgt. Eine vorzeitige Kündigung sei bei der gewählten Anlageform jederzeit möglich gewesen, der Anleger hätte lediglich auf die erst künftig anfallenden höheren Zinsen verzichtet. Die für die Rücknahme nach § 45 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) einzuhaltende Jahresfrist sei beachtet worden. Es könne dahin stehen, ob vorliegend als Beginn der Jahresfrist auf die Anhörungen abzustellen sei, da der früheste, in Betracht kommende Zeitpunkt die Mitteilung des Hauptzollamtes vom 27. Oktober 2005 sei. Die Rücknahme- und Erstattungsbescheide seien bereits am 23. Januar 2006 ergangen. Die Behauptung der Kläger, es käme auf die konkrete Nennung ihrer Namen vor dem Hintergrund früher bekannter grundsätzlicher Ermittlungen in ähnlichen Fällen nicht an, sei abwegig. Die Jahresfrist könne nur beginnen, wenn sich der Sachverhalt auf einen bestimmten Betroffenen beziehe. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 1 und 2 SGB X seien gegeben. Die rechtswidrigen Bewilligungen beruhten auf vorsätzlich unrichtigen und unvollständigen Angaben der Kläger, die die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen gekannt hätten, die sie durch arglistige Täuschung erreicht hätten. In den Zusatzblättern zur Antragstellung sei nach Vermögen in jeglicher Form und Anlageform gefragt worden. Eine Unterscheidung zwischen Vermögen im In- und Ausland musste nicht erfolgen, da dies für die Bedürftigkeit keine Bedeutung hatte. Es habe sich auch nicht um Bagatellbeträge gehandelt, sondern um angesichts der Lebensverhältnisse der Kläger recht große Kapitalanlagen. Soweit sich die Kläger auf sprachliche Defizite beriefen, müssten sie sich entgegen halten lassen, dass sie Erklärungen abgegeben hätten, ohne Rücksprache bei der Beklagten zu halten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, der Kläger habe auch ihre Anträge ausgefüllt, sie habe nicht gewusst, was gefragt worden sei. Wenn sie sich beim Ausfüllen der Anträge der Hilfe Dritter bediene, habe sie sich auch deren Angaben zurechnen zu lassen. Beide Kläger hätten demnach zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Die Rücknahme für die Vergangenheit sei daher unbefristet möglich, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X vorlägen. Dies sei jedoch allein beim Kläger von Bedeutung. Die 10-Jahresfrist sei im Gesetz ausdrücklich nur für die Fälle des Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2 und 3 SGB X vorgesehen. Daraus sei zu schließen, dass der Begünstigte, der den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt habe, nicht besser gestellt sein könne als der, der "nur" wegen grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit bis zum Ablauf von zehn Jahren mit einer Rücknahme rechnen müsse. Die Rücknahme müsse daher auch über die 10-Jahresfrist möglich sein.
Die Alhi sei gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten ohne Rücksicht auf deren Verbrauch. Für eine Erstattung der geltend gemachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gebe es keine Rechtsgrundlage mehr, da in der vormals maßgeblichen Rechtsgrundlage § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 SGB III mit Wirkung zum 1. Januar 2005 das Wort "Arbeitslosenhilfe" gestrichen worden sei.
Gegen das ihr am 13. Oktober 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. November 2009 eingelegte Berufung der Beklagten. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es für die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 2005 keine Rechtsgrundlage mehr gebe und verweist zur Begründung auf die Rechtsprechung des BSG vom 7. Oktober 2009.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2009 abzuändern, die Klage insgesamt abzuweisen und die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2009 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. November 2006 insgesamt aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie haben gegen das ihrem Bevollmächtigten am 13. Oktober 2009 zugestellte Urteil am 13. November 2009 Berufung eingelegt, diese aber nicht begründet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat überwiegend Erfolg, die Berufung der Klägerin hat teilweise, die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegten Berufungen sind statthaft (§ 143 SGG) da der Wert des Beschwerdegegenstands jeweils 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufungen der Kläger sind überwiegend nicht begründet, denn die Beklagte war - mit Ausnahme der Leistungsbewilligungen zugunsten der Klägerin für das Jahr 2002 - berechtigt, die Leistungsbewilligungen in vollem Umfang für die hier streitigen Zeitraume zurückzunehmen und die erbrachten Leistungen nebst der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung - mit Ausnahme der für die Klägerin im Jahr 2002 geleisteten Beiträge - von den Klägern zurückzufordern. Entsprechend ist die Berufung der Beklagten begründet, denn die Aufhebung der Bescheide durch das SG hinsichtlich der Rückforderung der Beiträge erfolgte - bis auf die für die Klägerin im Jahr 2002 geleisteten Beiträge - zu Unrecht.
Verfahrensrechtliche Grundlage der Rücknahme der Bewilligungen ist mit Blick auf die von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheide die Bestimmung des § 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 SGB III. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und materiell-rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsakts (vgl. BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Nach § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Absätze 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösgläubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheids (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127).
Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide liegen hier vor. Die Bewilligungsbescheide waren rechtswidrig, weil die Kläger wegen ihres Vermögens mit Ausnahme der Klägerin im Jahr 2002 keinen Anspruch auf Alhi hatten.
Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 AFG (in den jeweiligen bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassungen) hat Anspruch auf Alhi, wer (1.) arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat und Alhi beantragt hat (2.) keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, (3.) bedürftig ist und (4.) innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (Vorfrist) (a.) Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne dass der Anspruch nach § 119 Abs. 3 erloschen ist, oder (b.) mindestens hundertfünfzig Kalendertage, sofern der letzte Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Alhi nach § 119 Abs. 3 erloschen ist, danach mindestens zweihundertvierzig Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaft dienen könnte. Nach § 190 Abs. 1 SGB III (gültig vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2004) sind Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi (1.) Arbeitslosigkeit, (2.) Arbeitslosmeldung, (3.) fehlender Arbeitslosengeldanspruch, (4.) Vorbezug von Arbeitslosengeld und (5.) Bedürftigkeit.
Nach § 137 Abs. 2 AFG ist ein Arbeitsloser nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Alhi mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse nicht gerechtfertigt ist, hat das AFG der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen (§ 137 Abs. 3 AFG). Entsprechendes gilt für die Zeit ab 1. Januar 1998 (§§ 193 Abs. 2, 206 Nr. 1 SGB III). Für die Zeit bis 31. Dezember 2001 ist die Alhi-V gem. Art. 81 Arbeitsförderungs- Reformgesetz (BGBl. I 1997 S. 594) noch in der Fassung vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1929 - (AlhiV 1974)) maßgeblich. Nach § 6 Abs. 1 AlhiV 1974 ist Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens für den Kläger und die Klägerin jeweils 8.000 DM übersteigt. Vermögen ist nach § 6 Abs. 2 AlhiV 1974 insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Es ist nicht verwertbar, soweit der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (§ 6 Abs. 3 S. 1 AlhiV 1974). Nach § 9 AlhiV 1974 besteht Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet (Verbot der Mehrfachanrechnung von Vermögen, vgl. hierzu BSGE 88, 252 ff. = SozR 3-4300 § 193 Nr. 2; ferner BSG, Urteil vom 17. März 2005 - B 7a/7 AL 38/04 R- (juris)).
Ab 1. Januar 2002 ist die AlhiV 2002 zugrunde zu legen. Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines in § 1 Abs. 1 Nr. 2 AlhiV 2002 näher beschriebenen Partners zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 ist dies ein Betrag von 520 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser Betrag darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 33.800 EUR nicht übersteigen. Das in § 9 AlhiV 1974 geregelte Verbot der Mehrfachanrechnung von Vermögen ist in der AlhiV 2002 nicht mehr vorgesehen, vielmehr ist das tatsächlich vorhandene Vermögen maßgebend, welches, solange es vorhanden ist, der Bewilligung entgegen steht.
Das bei der Deutschen Bank und bei der TCMB angelegte Vermögen ist verwertbares Vermögen im Sinne dieser Vorschriften, es sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, welche Zweifel an der Zumutbarkeit der Verwertung wecken könnten. Allein aus dem Verlust möglicher Zinsvorteile lässt sich eine Unzumutbarkeit der Verwertung der Kapitalanlage keinesfalls herleiten.
Bezogen auf den Kläger ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung der Alhi ab 25. März 1994 von vorhandenem Vermögen der Eheleute von mindestens 49.982,22 DM auszugehen. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil an und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere kann unterstellt werden, dass die Einzahlungen über 12.500 DM und 482,22 DM bereits vor Antragstellung getätigt wurden, wenngleich sich diese Daten den vorgelegten Kopien nicht entnehmen lassen. Für den Betrag von 12.500 DM ergibt sich dies jedoch bereits daraus, dass bereits am 13. März 1995 eine Zinsgutschrift in Höhe von 2.225 DM erfolgte, was angesichts der jeweils zweijährigen Laufzeit der Kapitalanlagen eine Einzahlung im März 1993 nahelegt. Angesichts des unter Abzug des Freibetrags von 16.000 DM verbleibenden Vermögens von 33.982,22 DM ergibt sich bei dem maßgebenden Bemessungsentgelt von 680 DM, dass für 49 Wochen keine Bedürftigkeit des Klägers bestand. Angesichts der weiteren Einzahlungen auf Konten der TCMB am 15. Juli 1994 über insgesamt 5.232,50 DM bestand für weitere sieben Wochen keine Bedürftigkeit, insgesamt somit für 56 Wochen. Damit bestand auch für den Zeitraum nach Ablauf der 56 Wochen kein Anspruch mehr auf Alhi, denn der Anspruch auf Alhi erlischt, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Alhi ein Jahr vergangen ist (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG).
Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, er gehe davon aus, dass die Anlage bei der Deutschen Bank Ende April 1994 aufgelöst und in der Folgezeit aufgebraucht wurde. Zwar ist die Bedürftigkeitsprüfung nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt begrenzt, sondern die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit kann während der Dauer der Arbeitslosigkeit wegfallen oder neu eintreten mit der Folge, dass die Änderung vom Zeitpunkt ihres Eintritts an zu berücksichtigen ist (vgl. BSG SozR 4100 § 134 Nr. 16; BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 126/01 R - (juris)). Hier steht schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht fest, wann die Kapitalanlage bei der Deutschen Bank aufgelöst wurde. Noch viel weniger ist nachgewiesen, dass dies überhaupt erfolgt ist und das Geld verbraucht wurde. Damit stellt sich die Frage der Beweislast. Grundsätzlich gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten desjenigen Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (vgl. BSGE 6, 70, 73; 43, 110, 112). Da vorliegend die Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheids auf der Grundlage des § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III im Streit steht, trifft die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheids (vgl. BSG SozR 4100 § 132 Nr. 1 S. 11). Vorliegend ist indes von einer Umkehr der objektiven Beweislast auszugehen, da hier in der persönlichen Sphäre des Arbeitslosen liegende Vorgänge nicht aufzuklären sind, also eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (vgl. BSGE 96, 238 = SozR 4-4200 § 6 Nr. 4). Es geht daher zu Lasten des Klägers, dass die Auflösung der Kapitalanlage bei der Deutschen Bank und anschließende Verwertung des Geldes nicht belegt ist. Die Bewilligung der Alhi für den Kläger im Zeitraum 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 erfolgte nach alledem zu Unrecht.
Bezogen auf die Klägerin ist zum maßgebenden Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Alhi ab 25. Juli 1999 von vorhandenem Vermögen der Eheleute in Höhe von 103.201,45 DM auszugehen. Der vom SG zugrunde gelegte Vermögenswert von 112.332,75 DM ist nicht zutreffend, da das SG allein die Einzahlungen laut Kontoauszug der TCMB berücksichtigt und außer Betracht gelassen hat, dass häufig nur Umschichtungen von einem auf ein anderes Konto vorgenommen wurden. Berücksichtigt man allein den tatsächlichen Bestand zum 25. Juli 1999 entsprechend dem Kontoauszug der TCMB, ergibt sich folgendes Bild. Zu berücksichtigen sind vom Konto 96726 (jeweils nur letzte fünf Ziffern der Kontonummer; der Anfang ist auf den Kopien häufig nicht lesbar) 35.000 DM (Einzahlung 13. April 1995) zuzüglich 6.230 DM und 5.772 DM Zinsgutschriften vom 13. April 1997 und 1999; vom Konto 94978: 6.230 DM (Einzahlung 13. April 1997) zuzüglich 1.027,45 DM Zinsgutschrift am 13. April 1999; vom Konto 72049: 5.000 DM Einzahlung am 5. November 1997; vom Konto 62280: 20.000 DM (Einzahlung am 15. März 1994) zuzüglich Zinsgutschriften von 3.560 DM und 3.382 DM vom 15. März 1996 und 1998. Hinzu kommt noch das bei der Deutschen Bank angelegte Vermögen in Höhe von 17.000 DM, da nicht nachgewiesen ist, dass diese Anlage nicht mehr bestand. Angesichts des unter Abzug des Freibetrags von 16.000 DM verbleibenden Vermögens von 87.201,45 DM ergibt sich bei dem maßgebenden Bemessungsentgelt von 560 DM, dass für 155 Wochen keine Bedürftigkeit der Klägerin bestand, somit bis ins Jahr 2002 hinein.
Ab 1. Januar 2002 ergibt sich indes ein Anspruch der Klägerin auf Alhi nach der AlhiV 2002, denn eine zeitliche Begrenzung der fehlenden Bedürftigkeit war insoweit nicht mehr vorgesehen und das vorhandene Vermögen übersteigt nicht den nach § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 maßgeblichen Freibetrag. Die Vorschriften der AlhiV 1974 galten grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2001. Mit Ausnahme des § 9 galten sie darüber hinaus für die Dauer der laufenden Bewilligung weiter, wenn die Anspruchsvoraussetzungen im Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2001 vorlagen, mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Freibetrags von 8.000 DM ein Betrag von 4.100 EUR trat (§ 4 AlhiV 2002). Die Übergangsregelung findet hier keine Anwendung, da die Klägerin im letzten Quartal 2001 keinen Leistungsanspruch hatte.
Berücksichtigt man die nach 1999 abgehobenen und nicht wieder angelegten Beträge sowie die noch vorhandenen Konten bei der TCMB ergibt sich folgender Vermögensbestand der Klägerin und ihres Ehemannes im Jahr 2002. Auszahlungen: Konto 62280 am 14. Mai 2001: 27.238,17 DM; Konto 96726 am 5. September 2001: 47.496,35 DM; Konto 94978 am 5. September 2000 7.257,45 DM; Konto 72049 am gleichen Tag 5.824,60 DM. Hinzu kommt von dem noch bestehenden Konto 89562: 1.392,66 DM + 226,08 DM, sowie 17.000 DM bei der Deutschen Bank, insgesamt somit ein Betrag von 104.816,57 DM. Da für einen Verbrauch auch der abgehobenen Beträge nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen ist, sind diese weiter zu berücksichtigen. Allerdings sind von diesem verwertbaren Vermögen die Freibeträge nach § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 in Höhe von 520 EUR pro vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners abzuziehen. Die Klägerin war zu Beginn des Jahres 2002 54 Jahre, der Kläger 59 Jahre alt. Damit ergeben sich Freibeträge von 28.080 EUR und 30.680 EUR, in der Summe somit 58.760 EUR, entsprechend 114.924,57 DM. Das Vermögen übersteigt den Freibetrag nicht. Auch die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Alhi liegen vor. Insbesondere ist auch die Vorfrist erfüllt, denn diese beträgt nach § 192 Satz 1 SGB III ein Jahr, beginnend mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi und verlängert sich um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind, nur deshalb einen Anspruch auf Alhi nicht hatte, weil er nicht bedürftig war (§ 192 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Die Klägerin hat innerhalb der verlängerten Vorfrist, nämlich noch bis 24. Juli 1999 Arbeitslosengeld bezogen. Die Klägerin hatte daher vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002 Anspruch auf Alhi, die Bewilligung wurde insoweit zu Unrecht zurückgenommen. Angesichts eines Leistungsanspruchs ab 1. Januar 2002 wäre zum fiktiven neuen Bewilligungsabschnitt ab 1. Januar 2003 die AlhiV 2002 i.d.F. des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4619) anzuwenden, hier wurde der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 auf 200 EUR pro Lebensjahr abgesenkt. Der insoweit dann maßgebende Freibetrag von 23.000 EUR (55 x 200 EUR + 60 x 200 EUR), entsprechend 44.984,09 DM wird durch das zu berücksichtigende Vermögen deutlich überschritten, so dass ab 1. Januar 2003 wiederum kein Anspruch der Klägerin auf Alhi besteht. Die Beklagte hat die Leistungsbewilligung somit (nur) für die Zeiträume 25. Juli 1999 bis 31. Dezember 2001 und 1. Januar bis 27. Februar 2003 zu Recht aufgehoben.
Soweit die Kläger generell geltend machen, ihnen könne nicht wechselseitig Vermögen angerechnet werden mit der Folge fehlender Bedürftigkeit beider Ehegatten, entspricht dies nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Sowohl § 137 Abs. 2 AFG wie auch § 193 Abs. 2 SGB III sehen zwingend die Berücksichtigung von Vermögen des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten vor. Eine verbotene Mehrfachanrechnung von Vermögen, wie durch § 9 AlhiV 1974 geregelt, liegt darin nicht.
Dem Vermögen der Eheleute ist auch der im April 1995 angelegte Betrag von 35.000 DM zuzurechnen. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass selbst wenn dieser Betrag dem Bruder der Klägerin gehören sollte, und nach seinen Anweisungen im Namen der Kläger bei der TCMB angelegt worden wäre, die Voraussetzungen für ein im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigendes verdecktes Treuhandverhältnis nicht vorgelegen haben. Das BSG hat in seinem Urteil vom 24. Mai 2006 (SozR 4-4220 § 6 Nr. 4; vgl. auch die Parallelentscheidung B 11a AL 49/05 R - (juris)) zwar entschieden, dass es einen Rechtsgrundsatz, der Arbeitslose müsse sich am "Rechtsschein der Kontoinhaberschaft" festhalten lassen, im Recht der Alhi nicht gebe. Zur Begründung hat das BSG aber u.a. auf die verwaltungs- und finanzgerichtliche Rechtsprechung verwiesen und dazu ausgeführt: "Entsprechend ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein (vgl. BFHE 183, 518 unter Bezugnahme auf die Beweisregel in § 159 Abs. 1 Abgabenordnung). Bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen gilt der Grundsatz, dass ein Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen muss (vgl. BFH, Urteil vom 5. Februar 1988 - III R 234/84 -; BFH, Beschluss vom 25. Juni 2002 - X B 30/01 - (beide juris)). Diese Grundsätze, die sich auch der erkennende Senat zu eigen macht, sind auch auf die Frage, ob eine stille Abtretung bzw. ein verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung des Anspruchs auf Alhi Berücksichtigung finden muss, zu übertragen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Dezember 2007 - L 13 AL 2389/05 - (juris)) und führen vorliegend dazu, dass der angelegte Betrag von 35.000 DM zu berücksichtigen ist. Denn die von den Klägern behauptete Vereinbarung würde, selbst wenn sie rechtswirksam abgeschlossen worden wäre, nicht dem entsprechen, was unter fremden Dritten üblich ist. Dies zeigt sich bereits daran, dass keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde. Darüber hinaus waren zahlreiche Modalitäten, z.B. die Frage, wem die erlösten Zinserträge zufließen sollten oder für welche Dauer das Geld angelegt werden sollte, überhaupt nicht geregelt. Derartige Vereinbarungen mögen einer engen familiären Verbundenheit zwischen der Klägerin und ihrem Bruder geschuldet sein, sie entsprechen aber jedenfalls nicht den im Rechtsverkehr üblichen Modalitäten. Damit steht im Ergebnis fest, dass jedenfalls ein Rechtsgeschäft im Sinne eines durchsetzbaren Vertrages, der dem hier vorzunehmenden Fremdvergleich standhält, nicht vorgelegen hat. Es kommt daher auch nicht auf offensichtliche sachliche Unrichtigkeiten in der Stellungnahme des Bruders der Klägerin aus dem Jahr 2007 an - er hatte angegeben, das Geld sei im April 1995 für zwei Jahre angelegt worden, nochmals um zwei Jahre verlängert und sodann abgehoben und ihm zurückgezahlt worden; nach dem Kontoauszug der TCMB wurde das Geld aber nicht im April 1999, sondern erst im September 2001 abgehoben.
Das SG hat zu Recht auch den weiteren Vortrag der Kläger zu den Vereinbarungen der verdeckten Treuhand, der erst mit Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 vorgebracht wurde, unberücksichtigt gelassen. Nach § 106a Abs. 3 Satz 1 SGG kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn (1.) ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und (2.) der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und (3.) der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumnis belehrt worden ist. Das SG hat die Kläger wiederholt aufgefordert, detailliert zu den Abreden hinsichtlich der Anlage von 35.000 DM vorzutragen und hierzu eine Stellungnahme des Bruders der Klägerin vorzulegen. Die zuletzt bis 31. Mai 2009 verlängerte Frist haben die Kläger trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht eingehalten und erst in der mündlichen Verhandlung am 9. September 2009 weiter vorgetragen. Das SG hat insoweit zutreffend festgestellt, dass eine Zulassung des verspäteten Vorbringens zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde und auch eine genügende Entschuldigung für die Verspätung nicht vorliegt. Die Ermessensentscheidung des SG, das Vorbringen zurückzuweisen, lässt Ermessensfehler nicht erkennen, insbesondere war es auch zulässig, das Interesse der Beklagten an einem Abschluss des schon lange andauernden Verfahrens zu berücksichtigen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 106a Rdnr. 14). Da das SG nach Überprüfung durch den Senat das verspätete Vorbringen zu Recht zurückgewiesen hat, bleibt dieses Vorbringen auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen (§ 157a Abs. 2 SGG).
Die Bewilligungsbescheide stehen, wie oben ausgeführt, bis auf das Jahr 2002 betreffend die Klägerin nicht mit der materiellen Rechtslage in Einklang. Die Kläger können sich insoweit auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie bei der Antragstellung vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht haben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), denn sie haben bei allen Anträgen das in der Türkei bei der TCMB angelegte Vermögen verschwiegen. Eine grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 SGB X anzunehmen, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Verlangt wird eine Sorgfaltspflichtverletzung mit einem außergewöhnlich hohen Ausmaß, d.h. eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung; es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden seien, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet der Begünstigte die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris)).
Hiervon ausgehend hat der Kläger schon entgegen der klaren und unmissverständlichen Fragestellungen in den jeweiligen Antragsformularen bzw. dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" unrichtige Angaben bezüglich seiner Vermögensverhältnisse gemacht, indem er jeweils das Vorhandensein von Vermögen verneint hat. Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass dem Kläger - unter Zugrundelegung der eindeutigen Fragestellung - auch bei der ihm eingeräumten eigenen rechtlichen Wertung (vgl. BSGE 42, 184, 188 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 47, 28, 33; BSG SozR 4100 § 152 Nr. 6) ohne weitere Überlegung klar war, dass zu den anzugebenden Vermögenswerten nicht nur die im Inland, sondern auch die im Ausland angelegten gehören. Der Kläger hat insoweit den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X). Der Senat nimmt hierzu auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des SG auf Seite 15 und 16 des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit die Klägerin angibt, das Ausfüllen der Formulare dem Kläger überlassen zu haben, muss sie sich die fehlerhaften Angaben zurechnen lassen, so dass ihr zumindest Fehlverhalten im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X anzulasten ist. Da § 330 Abs. 2 SGB III unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts zwingend vorschreibt, greifen Härtegesichtspunkte nicht ein. Der Gesetzgeber hat bewusst im Bereich des Arbeitsförderungsrechts im Hinblick auf die häufig kurzfristig zu erbringenden und ebenso kurzfristig zu beendenden Leistungen, bei denen Überzahlungen praktisch nicht zu vermeiden sind, anstelle einer Ermessensentscheidung eine gebundene Entscheidung vorgesehen (vgl. BT-Drs. 12/5502 S. 37 zu Nr. 43 zur Vorgängerregelung des § 152 AFG).
Die in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn - wie hier bei der Klägerin - die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegen. Die Bewilligungen ab 1999 konnten daher auch noch im Jahr 2006 zurückgenommen werden. Im Falle des § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X, der hier beim Kläger zu berücksichtigen ist, kann eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit unbeschränkt erfolgen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 1990 - L 4 V 21/89 - Breith 1991, 333; Hauck in Hauck/Haines, SGB X, § 45 Rdnr. 26; Wiesner in von Wulffen, SGB X, § 45 Rdnr. 30).
Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Zur Kenntnis der Behörde von den maßgeblichen, die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen gehört regelmäßig auch die Anhörung der Beteiligten (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 27 und 42). Ganz davon abgesehen hat die Beklagte erst durch das Anschreiben des Hauptzollamtes vom 27. Oktober 2005 erstmals überhaupt konkrete Hinweise darauf erhalten, dass die Kläger während des Leistungsbezugs über zu berücksichtigendes Vermögen verfügten. Bereits drei Monate später folgten die Rücknahme- und Erstattungsbescheide. An der Einhaltung der Jahresfrist können daher vorliegend keinerlei Zweifel bestehen.
Der Kläger ist daher nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die im Zeitraum vom 24. März bis 30. Juni 2002 überzahlte Alhi zu erstatten. Der Rückforderungsbetrag für diese Zeiträume ist von der Beklagten zutreffend mit 44.629,57 EUR festgesetzt worden. Die Klägerin hat nach § 50 Abs. 1 SGB X die im Zeitraum 25. Juli 1999 bis 31. Dezember 2001 und vom 1. Januar bis 27. Februar 2003 überzahlte Alhi zu erstatten. Der von der Beklagten festgesetzte Rückforderungsbetrag ermäßigt sich daher um die für 2002 bezogene Alhi in Höhe von 6.323,90 EUR auf 13.395,06 EUR. Über die Modalitäten der Rückzahlung ist vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 3 S. 84).
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der in diesen Zeiträumen von der Beklagten geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Zwar wird in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III (Gesetz vom 24. Dezember 2003 - BGBl. I S. 2954) Alhi nicht mehr genannt, nach der neuesten Rechtsprechung des BSG ist die durch die versehentliche Streichung des Gesetzgebers entstandene planwidrige Gesetzeslücke im Rahmen der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung dadurch zu schließen, dass die Bezieher von Alhi den sonstigen Leistungsbeziehern im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich zu stellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 7. Oktober 2009 - B 11 AL 31/08 R - (juris)). Der Kläger ist daher auch zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 15.062,96 EUR verpflichtet. Die Erstattungsforderung ist von der Beklagten zutreffend berechnet worden. Für die Klägerin mindert sich die Erstattungspflicht um die für 2002 gezahlten Beiträge, somit um 1.148,35 EUR für die Krankenversicherung und 107,51 EUR für die Pflegeversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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