Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 948/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5845/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Rücknahme früherer Feststellungen des Grades der Behinderung - GdB - und auf Feststellung des GdB von 50 seit 16.11.2000 hat.
Die 1946 geborene Klägerin stellte erstmals am 08.09.1998 einen Antrag auf Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz. Als Hausarzt gab sie Dr. M., F., an und wegen ihres Herzleidens stehe sie bei Dr. Z., H., und bei Dr. R., E., in Behandlung.
Die Auswertung der von diesen Ärzten eingeholten Berichte mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.01.1999 ergab folgende Funktionsbeeinträchtigungen:
Herzrhythmusstörungen GdB 20 Kopfschmerzen GdB 20 Allergien mit Essstörungen und Ödemneigung GdB 10 Neigung zu depressiver Verstimmung GdB 20.
Mit Bescheid vom 28.01.1999 wurde ein GdB von 30 seit 08.09.1998 festgestellt.
Auf den hiergegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch wurde diesem insoweit stattgegeben, als folgende zusätzliche Behinderung festgestellt wurde: Sehminderung des linken Auges (Bescheid vom 23.12.1999). Eine Änderung des GdB ergebe sich nicht, weil nach Ablationstherapie eine Besserung der Herzrhythmusstörungen eingetreten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2000 wurde im Übrigen der Widerspruch zurückgewiesen. Ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht eingelegt.
Am 22.12.2000 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag und machte diverse Kontaktallergien beider Hände und Ödeme am ganzen Körper geltend. Die schweren Depressionen würden von Dr. K. behandelt; ihr Hausarzt sei weiterhin Dr. Z ... Am 19.03.2001 sprach die Klägerin beim Versorgungsamt Freiburg (VA) vor und bat darum, die in ihrer Akte vorliegenden ärztlichen Unterlagen einschließlich der versorgungsärztlichen Stellungnahme ihrem Arzt Dr. K., F., zu übersenden. Dem kam das VA nach. Dr. K. führte in seiner Bescheinigung vom 09.04.2001 aus, die Klägerin befinde sich seit dem 11.08.1997 in seiner psychotherapeutischen Behandlung mit bisher 40 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie. Die Klägerin leide an einer neurotischen Depression von erheblichem Krankheitswert. Auslösend seien vor allem Erfahrungen von Zurückweisung insbesondere durch die Mutter (1996/97) sowie in letzter Zeit durch Kolleginnen am Arbeitsplatz. Diesbezüglich bestehe bei der Klägerin eine erhebliche Vulnerabilität. In diesem Zusammenhang komme es auch zu Erschöpfungszuständen, welche ein stationäres psychosomatisches Heilverfahren vom 20.01. bis 03.03.1999 in der B. in S. erforderlich gemacht hätten. Seit der letzten versorgungsärztlichen Stellungnahme am 05.11.1999 habe sich das Leiden verschlechtert und es sei aus seiner Sicht auch schon 1999 bezüglich des Grades der Behinderung nur unzureichend gewürdigt worden.
Das VA zog den Reha-Entlassungsbericht der B. S. vom 26.07.1999 bei, in dem als Diagnosen "depressiv-neurotische Entwicklung, Raynaud-Syndrom, chronisch-venöse Insuffizienz beiderseits" aufgeführt sind. Das VA holte den Bericht des Dr. S.-U. - Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin - E. vom 13.07.2001 ein. Außerdem wurde ein weiterer Entlassungsbericht von der B. S. vom 07.08.2001 beigezogen. Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2001 wurden die vorliegenden Arztberichte ausgewertet. Danach wurden folgende Funktionsbeeinträchtigungen angenommen:
Depression, Psychosomatisches Syndrom GdB 20 Kopfschmerzsyndrom GdB 20 Raynaud-Syndrom, chronisches Kontaktekzem GdB 20 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, chronisch-venöse Insuffizienz, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) GdB 20 Herzrhythmusstörungen GdB 10 Allergien mit Essstörungen und Ödemneigung GdB 10 Sehminderung links GdB 10 Der Gesamt-GdB wurde mit 40 seit 22.12.2000 beurteilt.
Mit Bescheid vom 25.10.2001 wurde der GdB mit 40 seit 22.12.2000 festgestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 15.09.2003 beantragte die Klägerin Erhöhung des Grades der Behinderung wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen bzw. neu aufgetretener Gesundheitsstörungen. Die Klägerin machte in ihrem Antrag geltend, die Depressionen sowie das psychosomatische Syndrom hätten sich ganz erheblich verschlechtert ebenso wie ihre Kopfschmerzen und das Raynaud-Syndrom.
Das VA holte Befundberichte vom Hausarzt Dr. Z. (Auskunft vom 08.10.2003) und vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. ein. Letzterer teilte mit Schreiben vom 21.10.2003 mit, er habe die Klägerin zuletzt im Dezember 2002 gesehen. Auf entsprechende Nachfrage des VA teilte die Klägerin mit, Vertreter von Dr. K. sei der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M ... Letzterer berichtete gegenüber dem VA mit Schreiben vom 30.12.2003, er habe die Klägerin nur vertretungsweise behandelt, weshalb ihm die Krankheitsvorgeschichte im Detail nicht bekannt sei. Die Klägerin habe sich im September und November 2003 vorgestellt. Er habe antidepressiv wirksame Medikamente verordnet.
W. S. von der Praxis Dr. H. und Kollegen, H., teilte dem VA mit Schreiben vom 22.12.2003 mit, die Klägerin befinde sich seit Oktober 2002 in seiner ambulanten nervenärztlichen Behandlung. Das Problem bestehe darin, dass sie tagsüber chronisch müde sei und im Sitzen oft einschlafe. 1999 habe sie eine Rehabehandlung gemacht wegen des chronischen Erschöpfungszustandes; zwischen den Therapien habe sie sich hingelegt und sei immer eingeschlafen. Sie habe einen normalen Schlaf-Wachrhythmus und schlafe zuweilen sogar ziemlich lange, etwa zehn Stunden, sei aber danach nicht erholt. Die chronische Müdigkeit tagsüber bringe es mit sich, dass basale kognitive Funktionen wie Konzentration und Aufmerksamkeit sowie Gedächtnis beeinträchtigt seien bzw. der Patientin sehr viel Mühe kosteten. Aus dem Bericht der Neurologischen Klinik L. ergebe sich, dass die Diagnose einer idiopathischen ZNS-Hypersomnie bei der Klägerin gestellt worden sei. Er habe versucht, mit Vigilanz und den Antrieb steigernden Mitteln eine Besserung zu erzielen, was aber letztlich nicht gelungen sei. Auch Antidepressiva hätten keinen positiven Effekt. Trotz der ausgeprägten Tagesmüdigkeit sei die Patientin als Krankenschwester voll berufstätig.
Weitere Arztberichte und der Befundbericht des Hautarztes Dr. B. vom 09.01.2004 wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.02.2004 ausgewertet. Die Funktionsbeeinträchtigungen wurden wie folgt bewertet:
Depression, psychovegetative Störungen, Kopfschmerzsyndrom GdB 30 Raynaud-Syndrom, chronisches Kontaktekzem GdB 30 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) GdB 20 Chronisch-venöse Insuffizienz GdB 10 Herzrhythmusstörungen GdB 10 Allergie GdB 10 Sehminderung links GdB 10 Der Gesamt-GdB wurde mit 50 beurteilt.
Mit Bescheid vom 10.02.2004 stellte das VA den GdB mit 50 seit 15.09.2003 fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 08.03.2003 teilte die frühere Bevollmächtigte der Klägerin (VdK) mit, die Klägerin sei mit der Anerkennung der Schwerbehinderung grundsätzlich einverstanden. Wegen eventueller Nachteilsausgleiche bei der Altersrente (Vertrauensschutz) sei sie auf eine rückwirkende Feststellung vom 16.11.2000 angewiesen. Nach Rücksprache mit ihrem behandelnden Facharzt Dr. K. sei sie bereits zu diesem Zeitpunkt wegen einer schweren Depression schwerbehindert gewesen. Es werde daher angeregt, Dr. K. noch einmal als sachverständigen Zeugen zum Zeitpunkt der Schwerbehinderung zu hören.
Die Arztunterlagen wurden erneut mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.03.2004 ausgewertet. Es wurde ausgeführt, die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin sei erst seit Mai 2003 nachgewiesen. Der Hautarzt-Befund vom 31.03.2001 habe sogar eine wesentliche Besserung der Hauterscheinungen bei allergischer Diathese (durch die Therapie) beschrieben. Zum Zeitpunkt vom 16.11.2000 sei unverändert ein GdB von 40 anzunehmen.
Mit Bescheid vom 19.03.2004 stellte das VA fest, dass eine rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung von 50 ab 16.11.2000 nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht getroffen werden könne.
Dagegen erhob die damalige Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, nach den in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2001 aufgeführten Funktionsbeeinträchtigungen sei der Gesamt-GdB mit 50 anzunehmen. Aus den damals zur Auswertung vorliegenden Unterlagen ergebe sich ebenfalls, dass die diversen Behinderungen nicht erst seit 22.12.2000, sondern mindestens auch bereits seit 16.11.2000 vorgelegen hätten. Auch Dr. K. habe in seinem Attest vom 09.04.2001 das Bestehen einer erheblichen Behinderung auf nervenärztlichem Fachgebiet beschrieben, welches bereits während der letzten zwölf Monate so schwerwiegend gewesen sei, dass für diese Behinderung für sich allein genommen bereits zum damaligen Zeitpunkt ein GdB von 30 anzunehmen gewesen wäre.
Hierzu wurde mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.10.2004 ausgeführt, nach den vorliegenden Befunden liege aktuell eine korrekte Bewertung vor und eine rückwirkende Feststellung eines GdB von 50 ab dem 16.11.2000 sei nicht möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2004 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.
Dagegen erhob die Klägerin am 30.12.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG, S 3 SB 4632/04) mit dem Begehren, den GdB von 50 bereits ab 16.11.2000 festzustellen.
Mit Schriftsatz vom 13.06.2005 zeigte der jetzige Bevollmächtigte an, dass er nunmehr die Klägerin vertrete. Er beantragte, das Klageverfahren ruhend zu stellen.
Mit dem Einverständnis der Beteiligten ordnete das SG mit Beschluss vom 07.07.2005 das Ruhen des Verfahrens an.
Mit Schriftsatz vom 13.06.2005 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin beim Beklagten, "die Bescheide der Vergangenheit" gemäß § 44 SGB X zu überprüfen.
Am 15.02.2007 hat der Bevollmächtigte der Klägerin das Klageverfahren wieder angerufen, das nunmehr unter dem Aktenzeichen S 3 SB 948/07 fortgesetzt wurde.
Mit dem Einverständnis der Klägerin hörte das SG die sie behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Die Hautärztin Dr. S.-F. teilte mit Schreiben vom 08.02.2008 mit, sie habe die Klägerin vom 27.09.2000 bis 04.07.2005 in ihrer Praxis behandelt. Das Bestehen einer Nahrungsmittelallergie sei ihr im März 2001 von der Klägerin mitgeteilt worden, eigene Anamnese oder Untersuchungsergebnisse habe sie dazu nicht gemacht. Das Raynaud-Syndrom sei bei ihr erstmals aktenkundig im März 2001.
Der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. K. berichtete unter dem 21.02.2008, er habe die Klägerin vom 12.06.1997 bis 19.12.2002 vor allem psychotherapeutisch behandelt und daher häufig gesehen und gut gekannt. Im April 2003 habe er krankheitshalber seine Praxis aufgeben müssen und seither die Klägerin nicht mehr gesehen. Durch die genannte mit Schwankungen einhergehende chronische Erschöpfungsdepression sei die Klägerin zwischen 1997 und 2002 in ihrer beruflichen und sonstigen Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt gewesen. Die Schwere der Erkrankung zeige sich u.a. durch die Notwendigkeit einer langfristigen niederfrequenten psychotherapeutischen Behandlung durch ihn mit ca. 53 Einzelsitzungen zwischen 1997 und 2002, gelegentlichen Krankschreibungen sowie zwei stationären Behandlungen in einer psychosomatischen Klinik und zwar vom 20.01. bis 03.03.1999 sowie vom 23.05. bis 18.07.2001 in der B. in S., da die Erwerbsfähigkeit gefährdet gewesen sei. Den Schweregrad der Behinderung durch den chronifizierten depressiven Erschöpfungszustand der Klägerin habe er mit durchschnittlich 40 v.H. beziffert. Zusammen mit den anderen Gesundheitsstörungen habe "die Gesamt-GdB" aus seiner Sicht mindestens 50 v.H. betragen.
Dr. Z. teilte dem SG unter dem 28.04.2008 mit, er betreue die Klägerin hausärztlich seit Juni 1998 und die Behandlung dauere noch an.
Zu den ärztlichen Unterlagen legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 31.08.2008 vor. Darin wurde u.a. ausgeführt, der ehemals behandelnde Nervenarzt Dr. K. habe in seiner Auskunft vom 21.02.2008 für die Jahre 1997 bis 2002 eine "niederfrequente psychotherapeutische Behandlung" mit "ca. 53 Einzelsitzungen" bescheinigt. Daraus ergäben sich nicht einmal neun Sitzungen pro Jahr bzw. eine Sitzung alle ein bis zwei Monate, sodass angesichts der Intensität der Behandlung der Klägerin nicht zwangsläufig von einer durchgehend stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen sei. Des weiteren wiederhole Dr. K. in seiner Auskunft seine bereits früher mitgeteilte Einschätzung hinsichtlich der GdB-Bewertung der bei der Klägerin vorliegenden seelischen Störung. Wie bereits in der ausführlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.02.2007 beschrieben, werde die Einschätzung von Dr. K. durch den Befundbericht der B. vom Mai 2001 durchaus nicht bestätigt. Die vom Hausarzt Dr. Z. eingesandten Arztberichte seien zum größten Teil bereits aktenkundig. In zwei Arztbriefen aus der Praxis Dr. H. und Kollegen beschreibe der Nervenarzt S. bei der Klägerin einen "chronischen Erschöpfungszustand bei idiopathischer ZNS-Hypersomnie". Er teile mit, dass es sich bei dem von der Klägerin geklagten Beschwerdekomplex "insgesamt wohl um einen reaktivierten Migränekopfschmerz handele". In seinem an Dr. F. (Allgemeinmedizin) gerichteten Befundbericht vom 04.02.2005 schrieb Nervenarzt S., "es gehe bei Frau A. vor allem um die sozialgerichtlichen Auseinandersetzungen, sie könne hier auf seine Unterstützung rechnen. Etwas schwierig werde es, die Erkrankung auf den Stichtag der Berentung zu legen, was aber prinzipiell machbar sei". Nach dem derzeitigen medizinischen Informationsstand ergebe sich für eine Änderung der bisherigen versorgungsärztlichen Stellungnahme keine genügende Grundlage, die rückwirkende Feststellung eines Gesamt-GdB von 50 ab 16.11.2000 könne weiterhin aus medizinischer Sicht nicht befürwortet werden.
Anschließend holte das SG das psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. E. - Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie - von der Universitätsklinik F. vom 23.03.2009 ein, das dieser aufgrund der Akten und einer Untersuchung der Klägerin am 13.03.2009 mit Datum vom 23.03.2009 erstattete. Hierbei gab die Klägerin an, ab 1974 sei sie in der Universitätsklinik als Verwaltungsangestellte bis zum Jahr 2004 tätig gewesen; sie sei noch zwei Jahre in Altersteilzeit beschäftigt gewesen bis 2006. Seitdem beziehe sie eine Teilerwerbsunfähigkeitsrente von 1.000,00 EUR. Sie sei derzeit zu Hause, arbeite nicht. Zu den Beweisfragen führte Prof. Dr. E. aus, es sei anzunehmen, dass seit dem 16.11.2000 seitens des psychiatrischen Fachgebietes durchgehend ein depressives Syndrom vorgelegen habe, teilweise mit Fluktuationen und wechselndem Befund. Am Wahrscheinlichsten sei dieses depressive Syndrom als Dysthymia, also als chronisch leichte depressive Verstimmung zu diagnostizieren. Die Einschätzung des Grades der Behinderung könne aber nur ab der Begutachtung erfolgen. Eine solide, an den Anhaltspunkten orientierte GdB-Einschätzung sei nach acht Jahren nicht möglich. Unter der Annahme, dass aktuell ein GdB von 30 seitens des psychiatrischen Fachgebietes vorliege, könnten zum damaligen Zeitpunkt ein GdB von 20, 30 oder von 40 als möglich erachtet werden, je nachdem, ob die Krankenhausberichte zugrunde gelegt würden, die Angaben der Patientin oder die Arztberichte von Dr. K ...
Mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2009 hob das SG den Bescheid des Beklagten vom 19.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2004 auf und verpflichtete den Beklagten, den Bescheid vom 28.01.1999 abzuändern und einen GdB von 40 seit 16.11.2000 festzustellen; im Übrigen wies es die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, soweit die Klägerin das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 ab 16.11.2000 festgestellt haben wolle, sei die begehrte Überprüfungsentscheidung hinsichtlich des Zeitrahmens begrenzt auf den Zeitraum vom 16.11.2000 bis 14.09.2003, da mit Bescheid vom 10.02.2004 ein GdB von 50 ab 15.09.2003 festgestellt worden sei. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 19.03.2004 und Abänderung des Bescheides vom 28.01.1999 zu als nicht ein GdB von 40 seit 16.11.2000 festgestellt worden sei; ein darüber hinausgehender GdB sei jedoch nicht anzuerkennen. Die Klägerin habe zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, die psychische Beeinträchtigung sei bereits zum Zeitpunkt 16.11.2000 mit einem höheren GdB zu bewerten gewesen. Dass diese Beeinträchtigung bereits zum 16.11.2000 mit einem GdB von 40 oder mehr bestanden habe, davon habe sich das SG nicht überzeugen können. Dies folge zum einen aus dem Gutachten von Prof. Dr. E., der ausgeführt habe, es sei anzunehmen, dass bereits seit dem Stichtag bis durchgehend ein depressives Syndrom bei der Klägerin vorhanden gewesen sei, was am Wahrscheinlichsten als Dysthymia, als chronisch leichte depressive Verstimmung zu diagnostizieren sei. Die Patienten mit dieser Erkrankung seien aller Erfahrung nach nicht in der Lage, den Schweregrad ausreichend zu differenzieren, dass daraus ein GdB abgeleitet werden könnte. Die Akten seien hinsichtlich der Dokumentation nicht für eine valide Einschätzung ausreichend. So würde die Einschätzung von Dr. K. aus dem Jahre 2001 einen GdB von 40 nahelegen, die Beschreibung anlässlich des stationären Aufenthalts (Mai bis Juli 2001) eher einen GdB von 20, allenfalls 30. Ausgehend von diesen unterschiedlichen Einschätzungen zum psychischen Erkrankungsbild der Klägerin könne sich das SG nicht davon überzeugen, dass bereits zum 16.11.2000 durchgehend eine derartige Beeinträchtigung im Sinne einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorgelegen habe, die einen GdB von 30 begründen würde. Damit verbleibe es bei der Bewertung der Depression mit einem GdB von 20. Unter weiterer Berücksichtigung des ebenfalls festgestellten chronischen Kopf-Schmerzsyndroms sei eine Anhebung des GdB wegen der psychischen/somatischen Beschwerden entsprechend des Vorschlages des Beklagten auf 30 zu bejahen. Die Bewertung des Raynaud-Syndroms bzw. des Kontaktekzems mit einem Teil-GdB von 20 sei unstreitig. Für den Zeitpunkt 16.11.2000 ergebe sich kein GdB für die Wirbelsäule. Hinsichtlich der Herzrhythmusstörungen sei im Zeitpunkt 16.11.2000 von einem Teil-GdB von 10 auszugehen. Hinsichtlich der Allergie bzw. Essstörungen der Klägerin ergebe sich zum 16.11.2000 kein höherer GdB als 10. Schließlich sei auch der GdB zum Zeitpunkt 16.11.2000 wegen der Krampfadern mit 10 richtig bemessen wie auch die Sehminderung beidseits mit einem Teil-GdB von 10. Der Gesamt-GdB betrage seit 16.10.2000 bis zur Neufeststellung mit Bescheid vom 25.10.2001 40. Ausgehend von einem Einzel-GdB von 30 für die psychische Beeinträchtigung, 20 wegen des Kontaktekzems und Raynaud-Syndroms und weiteren jeweils 10 hinsichtlich der Herzrhythmusstörung, der Allergie mit Essstörung, der Sehminderung beidseits sowie der chronisch venösen Insuffizienz sei der Gesamt-GdB mit 40 zu bemessen.
Gegen den - dem Bevollmächtigten der Klägerin am 03.12.2009 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 11.12.2009 Berufung eingelegt mit dem Begehren, bei der Klägerin das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft unter Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 bereits ab 16.11.2000 festzustellen. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte der Klägerin vor, der Beweiswürdigung im Hinblick auf die psychiatrische Seite des Leidensbildes der Klägerin, die das SG vorgenommen habe, könne nicht gefolgt werden. Es werde daran festgehalten, dass dem Beweiswert des Gutachtens von Dr. K. aus dem Jahre 2001, welches in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu dem geltend gemachten GdB-Prozentsatz stehe, ein höherer Beweiswert zukomme als dem Jahre später erstellten Gutachten des Prof. Dr. E ... Dr. K. habe am 09.04.2001 ausgeführt, die Klägerin leide an einer neurotischen Depression von erheblichem Krankheitswert. Auslösend seien vor allem Erfahrungen von Zurückweisung, insbesondere durch die Mutter sowie in letzter Zeit durch Kolleginnen am Arbeitsplatz. Innerhalb der letzten zwölf Monate sei aus seiner Sicht durchschnittlich von einem GdB von 40 v.H. auszugehen. Dr. K. sei der behandelnde Arzt der Klägerin gewesen, und zwar ab 1997. Ihm komme daher der höchste Beweiswert zu, da er die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum behandelt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Dezember 2009 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 19. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2004 aufzuheben und den Beklagten unter Rücknahme des Bescheides vom 25. Oktober 2001 zu verurteilen, einen GdB von 50 seit 16.11.2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG Freiburg sowie die Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, da lediglich die Klägerin Berufung eingelegt hat, ihr geltend gemachter Anspruch auf Überprüfung des Grades der Behinderung und auf Feststellung eines GdB von 50 für die Zeit vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 gemäß § 44 SGB X. Für die Zeit ab 15.09.2003 hat die Klägerin einen Neufeststellungsantrag gestellt, dem mit Bescheid vom 10.02.2004 und der Feststellung eines GdB von 50 seit 15.09.2003 stattgegeben worden ist.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (Seiten 6 und 7 des Gerichtsbescheides; § 153 Abs. 2 SGG). Zu Ergänzen ist, dass der Bescheid vom 28.01.1999/Widerspruchsbescheid vom 25.01.2000 nicht Gegenstand der Klage war; der auf Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X ergangene Bescheid vom 25.10.2001 hätte eine Neufeststellung des GdB auch grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Änderung treffen können (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X), was mit dem streitgegenständlichen Antrag nach § 44 SGB X sinngemäß begehrt wird. Der Beklagte hat die insoweit der Klage stattgegebenen Entscheidung jedoch nicht angefochten, weshalb es bei der Abänderung des Bescheides vom 28.01.1999 verbleibt.
Das SG hat aber ausführlich und zutreffend begründet, dass ein Anspruch der Klägerin auf Rücknahme der ursprünglichen Bescheide und Feststellung eines GdBs von mehr als 40 seit 16.11.2000 nicht begründet ist. Für die Zeit vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 ist die psychische Beeinträchtigung nicht stärker als mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Wegen des chronischen Kopfschmerzsyndroms ist jedoch der Teil-GdB wegen psychiatrisch/somatischer Beschwerden auf einen Teil-GdB von 30 anzuheben. Das Kontaktekzem und Raynaud-Syndrom ist mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Unter Berücksichtigung von vier weiteren Funktionsbeeinträchtigungen (Herzrhythmusstörungen, Allergie mit Essstörungen, Sehminderung beiderseits, chronisch-venöse Insuffizienz), die jeweils einen Einzel-GdB von 10 verursachen, beträgt der Gesamt-GdB 40. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auch auf diese Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Begehren der Klägerin vom 08.03.2003, den GdB für die zurückliegende Zeit ab 16.11.2000 zu überprüfen und höher festzustellen, um ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X handelt. Hierbei ist zu beachten, dass die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Höhe des GdB grundsätzlich nur ab Antrag (auf Überprüfung nach § 44 SGB X) mit Wirkung für die Zukunft zu treffen ist (BSG-Urteil vom 29.05.1991 - 9a/9 RVs 11/89 -).
Beweisschwierigkeiten für eine rückwirkende Bewertung des GdB gehen zu Lasten der Klägerin, die Beweislast liegt insoweit bei ihr. Ein Antragsteller hat in jedem Fall das Risiko zu tragen, dass eine ausreichende Sachaufklärung zu seinen Gunsten nicht mehr möglich ist (BSG-Urteil aaO).
Soweit durch behandelnde Ärzte oder gerichtliche Sachverständige der Grad der Behinderung unterschiedlich bewertet wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung des GdB bei bekannter Befundlage eine reine Rechtsfrage ist und die Bewertung des GdB daher allein der Bewertung durch das Gericht vorbehalten ist.
Der Auffassung der Klägerin, der Einzel-GdB für die Beschwerden auf psychisch/psychiatrischem Fachgebiet, die mit den Funktionsbeeinträchtigungen "Depression, psychosomatisches Syndrom, Kopfschmerzsyndrom" umschrieben worden sind, sei mit 40 für die Zeit vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 zu beurteilen, folgt der Senat nicht. Der von Prof. Dr. E. als möglich erachtete GdB 40 scheidet aus. Der Senat beurteilt diese Funktionsbeeinträchtigungen für diesen Zeitraum vielmehr nicht höher als mit einem Einzel-GdB von 30.
Hierbei stützt er sich sowohl auf die Befunde, die in den Reha-Berichten der B. S. vom 26.07.1999 und vom 07.08.2001 niedergelegt sind als auch auf die Berichte des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. sowie des Arztes W. S., der die Klägerin nervenärztlich ambulant behandelt hat. Soweit Dr. K. die Beschwerden der Klägerin als eine neurotische Depression von erheblichem Krankheitswert bewertet und dieses Leiden mit einem Einzel-GdB von 40 bewertet, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Allein aus der Diagnose der "neurotischen Depression" lässt sich nicht zwingend auf einen bestimmten GdB-Wert schließen. Berücksichtigt man aber, dass zur Behandlung dieser Beschwerden (lediglich) eine langfristige niederfrequente psychotherapeutische Behandlung durch ihn mit ca. 53 Einzelsitzungen zwischen 1997 und 2002, gelegentlichen Krankschreibungen sowie zwei stationären Behandlungen in einer psychosomatischen Klinik notwendig gewesen sind, so kommt ein Einzel-GdB von 40 hierfür nicht in Betracht. 53 Einzelsitzungen im Zeitraum von 1997 bis 2002 ergeben nicht einmal 9 Sitzungen pro Jahr bzw. eine Sitzung alle ein bis zwei Monate. Hinzu kommt, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum berufstätig als Verwaltungsangestellte in der Universitätsklinik gewesen ist. Diese Umstände sprechen gegen das Vorliegen "stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen)", die nach den seinerzeit geltenden Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht (AHP) mit einem GdB-Grad von 30 bis 40 bewertet werden. Auszugehen ist bei der vorliegenden geringen Behandlungsintensität und der vollen Berufstätigkeit der Klägerin eher von "leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen", die nach den AHP mit 0 bis 20 bewertet werden; unter Einschluss des Kopfschmerzsyndroms können die Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB-Wert von maximal 30, nicht jedoch höher bewertet werden.
Der Beweisantrag der Klägerin vom 31.03.2010 - wiederholt mit Schriftsatz vom 22.07.2010 - Dr. K. zu hören, war abzulehnen, weil Dr. K. als sachverständiger Zeuge im Verfahren schon gehört worden ist und er seinen Befundbericht vom 21.02.2008 dem SG gegenüber erstattet hat. Gründe, weshalb er erneut zu hören wäre, hat der Bevollmächtigte der Klägerin nicht genannt. Im Übrigen hat sich Dr. K. mit seiner Bescheinigung vom 09.04.2001, seinem Schreiben an das Versorgungsamt vom 21.10.03 und gegenüber dem SG am 21.02.2008 geäußert, sie liegen dem Senat vor und sind von ihm berücksichtigt worden.
Der Antrag des Bevollmächtigten der Klägerin, ein Gutachten oder eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. K. von Amts wegen zur Überprüfung des Gutachtens von Prof. Dr. E. einzuholen, war ebenfalls abzulehnen. Der Senat stützt sich zur Beurteilung des GdB für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 nicht auf das vom SG eingeholte, nicht vollständig überzeugende Gutachten von Prof. Dr. E., der die Klägerin am 13.03.2009 untersucht hat. Schon aus diesem Grunde bedarf es nicht der Überprüfung des Gutachtens des Prof. Dr. E. durch ein weiteres gerichtliches Sachverständigengutachten.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Rücknahme früherer Feststellungen des Grades der Behinderung - GdB - und auf Feststellung des GdB von 50 seit 16.11.2000 hat.
Die 1946 geborene Klägerin stellte erstmals am 08.09.1998 einen Antrag auf Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz. Als Hausarzt gab sie Dr. M., F., an und wegen ihres Herzleidens stehe sie bei Dr. Z., H., und bei Dr. R., E., in Behandlung.
Die Auswertung der von diesen Ärzten eingeholten Berichte mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.01.1999 ergab folgende Funktionsbeeinträchtigungen:
Herzrhythmusstörungen GdB 20 Kopfschmerzen GdB 20 Allergien mit Essstörungen und Ödemneigung GdB 10 Neigung zu depressiver Verstimmung GdB 20.
Mit Bescheid vom 28.01.1999 wurde ein GdB von 30 seit 08.09.1998 festgestellt.
Auf den hiergegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch wurde diesem insoweit stattgegeben, als folgende zusätzliche Behinderung festgestellt wurde: Sehminderung des linken Auges (Bescheid vom 23.12.1999). Eine Änderung des GdB ergebe sich nicht, weil nach Ablationstherapie eine Besserung der Herzrhythmusstörungen eingetreten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2000 wurde im Übrigen der Widerspruch zurückgewiesen. Ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht eingelegt.
Am 22.12.2000 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag und machte diverse Kontaktallergien beider Hände und Ödeme am ganzen Körper geltend. Die schweren Depressionen würden von Dr. K. behandelt; ihr Hausarzt sei weiterhin Dr. Z ... Am 19.03.2001 sprach die Klägerin beim Versorgungsamt Freiburg (VA) vor und bat darum, die in ihrer Akte vorliegenden ärztlichen Unterlagen einschließlich der versorgungsärztlichen Stellungnahme ihrem Arzt Dr. K., F., zu übersenden. Dem kam das VA nach. Dr. K. führte in seiner Bescheinigung vom 09.04.2001 aus, die Klägerin befinde sich seit dem 11.08.1997 in seiner psychotherapeutischen Behandlung mit bisher 40 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie. Die Klägerin leide an einer neurotischen Depression von erheblichem Krankheitswert. Auslösend seien vor allem Erfahrungen von Zurückweisung insbesondere durch die Mutter (1996/97) sowie in letzter Zeit durch Kolleginnen am Arbeitsplatz. Diesbezüglich bestehe bei der Klägerin eine erhebliche Vulnerabilität. In diesem Zusammenhang komme es auch zu Erschöpfungszuständen, welche ein stationäres psychosomatisches Heilverfahren vom 20.01. bis 03.03.1999 in der B. in S. erforderlich gemacht hätten. Seit der letzten versorgungsärztlichen Stellungnahme am 05.11.1999 habe sich das Leiden verschlechtert und es sei aus seiner Sicht auch schon 1999 bezüglich des Grades der Behinderung nur unzureichend gewürdigt worden.
Das VA zog den Reha-Entlassungsbericht der B. S. vom 26.07.1999 bei, in dem als Diagnosen "depressiv-neurotische Entwicklung, Raynaud-Syndrom, chronisch-venöse Insuffizienz beiderseits" aufgeführt sind. Das VA holte den Bericht des Dr. S.-U. - Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin - E. vom 13.07.2001 ein. Außerdem wurde ein weiterer Entlassungsbericht von der B. S. vom 07.08.2001 beigezogen. Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2001 wurden die vorliegenden Arztberichte ausgewertet. Danach wurden folgende Funktionsbeeinträchtigungen angenommen:
Depression, Psychosomatisches Syndrom GdB 20 Kopfschmerzsyndrom GdB 20 Raynaud-Syndrom, chronisches Kontaktekzem GdB 20 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, chronisch-venöse Insuffizienz, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) GdB 20 Herzrhythmusstörungen GdB 10 Allergien mit Essstörungen und Ödemneigung GdB 10 Sehminderung links GdB 10 Der Gesamt-GdB wurde mit 40 seit 22.12.2000 beurteilt.
Mit Bescheid vom 25.10.2001 wurde der GdB mit 40 seit 22.12.2000 festgestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 15.09.2003 beantragte die Klägerin Erhöhung des Grades der Behinderung wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen bzw. neu aufgetretener Gesundheitsstörungen. Die Klägerin machte in ihrem Antrag geltend, die Depressionen sowie das psychosomatische Syndrom hätten sich ganz erheblich verschlechtert ebenso wie ihre Kopfschmerzen und das Raynaud-Syndrom.
Das VA holte Befundberichte vom Hausarzt Dr. Z. (Auskunft vom 08.10.2003) und vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. ein. Letzterer teilte mit Schreiben vom 21.10.2003 mit, er habe die Klägerin zuletzt im Dezember 2002 gesehen. Auf entsprechende Nachfrage des VA teilte die Klägerin mit, Vertreter von Dr. K. sei der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M ... Letzterer berichtete gegenüber dem VA mit Schreiben vom 30.12.2003, er habe die Klägerin nur vertretungsweise behandelt, weshalb ihm die Krankheitsvorgeschichte im Detail nicht bekannt sei. Die Klägerin habe sich im September und November 2003 vorgestellt. Er habe antidepressiv wirksame Medikamente verordnet.
W. S. von der Praxis Dr. H. und Kollegen, H., teilte dem VA mit Schreiben vom 22.12.2003 mit, die Klägerin befinde sich seit Oktober 2002 in seiner ambulanten nervenärztlichen Behandlung. Das Problem bestehe darin, dass sie tagsüber chronisch müde sei und im Sitzen oft einschlafe. 1999 habe sie eine Rehabehandlung gemacht wegen des chronischen Erschöpfungszustandes; zwischen den Therapien habe sie sich hingelegt und sei immer eingeschlafen. Sie habe einen normalen Schlaf-Wachrhythmus und schlafe zuweilen sogar ziemlich lange, etwa zehn Stunden, sei aber danach nicht erholt. Die chronische Müdigkeit tagsüber bringe es mit sich, dass basale kognitive Funktionen wie Konzentration und Aufmerksamkeit sowie Gedächtnis beeinträchtigt seien bzw. der Patientin sehr viel Mühe kosteten. Aus dem Bericht der Neurologischen Klinik L. ergebe sich, dass die Diagnose einer idiopathischen ZNS-Hypersomnie bei der Klägerin gestellt worden sei. Er habe versucht, mit Vigilanz und den Antrieb steigernden Mitteln eine Besserung zu erzielen, was aber letztlich nicht gelungen sei. Auch Antidepressiva hätten keinen positiven Effekt. Trotz der ausgeprägten Tagesmüdigkeit sei die Patientin als Krankenschwester voll berufstätig.
Weitere Arztberichte und der Befundbericht des Hautarztes Dr. B. vom 09.01.2004 wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.02.2004 ausgewertet. Die Funktionsbeeinträchtigungen wurden wie folgt bewertet:
Depression, psychovegetative Störungen, Kopfschmerzsyndrom GdB 30 Raynaud-Syndrom, chronisches Kontaktekzem GdB 30 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) GdB 20 Chronisch-venöse Insuffizienz GdB 10 Herzrhythmusstörungen GdB 10 Allergie GdB 10 Sehminderung links GdB 10 Der Gesamt-GdB wurde mit 50 beurteilt.
Mit Bescheid vom 10.02.2004 stellte das VA den GdB mit 50 seit 15.09.2003 fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 08.03.2003 teilte die frühere Bevollmächtigte der Klägerin (VdK) mit, die Klägerin sei mit der Anerkennung der Schwerbehinderung grundsätzlich einverstanden. Wegen eventueller Nachteilsausgleiche bei der Altersrente (Vertrauensschutz) sei sie auf eine rückwirkende Feststellung vom 16.11.2000 angewiesen. Nach Rücksprache mit ihrem behandelnden Facharzt Dr. K. sei sie bereits zu diesem Zeitpunkt wegen einer schweren Depression schwerbehindert gewesen. Es werde daher angeregt, Dr. K. noch einmal als sachverständigen Zeugen zum Zeitpunkt der Schwerbehinderung zu hören.
Die Arztunterlagen wurden erneut mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.03.2004 ausgewertet. Es wurde ausgeführt, die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin sei erst seit Mai 2003 nachgewiesen. Der Hautarzt-Befund vom 31.03.2001 habe sogar eine wesentliche Besserung der Hauterscheinungen bei allergischer Diathese (durch die Therapie) beschrieben. Zum Zeitpunkt vom 16.11.2000 sei unverändert ein GdB von 40 anzunehmen.
Mit Bescheid vom 19.03.2004 stellte das VA fest, dass eine rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung von 50 ab 16.11.2000 nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht getroffen werden könne.
Dagegen erhob die damalige Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, nach den in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2001 aufgeführten Funktionsbeeinträchtigungen sei der Gesamt-GdB mit 50 anzunehmen. Aus den damals zur Auswertung vorliegenden Unterlagen ergebe sich ebenfalls, dass die diversen Behinderungen nicht erst seit 22.12.2000, sondern mindestens auch bereits seit 16.11.2000 vorgelegen hätten. Auch Dr. K. habe in seinem Attest vom 09.04.2001 das Bestehen einer erheblichen Behinderung auf nervenärztlichem Fachgebiet beschrieben, welches bereits während der letzten zwölf Monate so schwerwiegend gewesen sei, dass für diese Behinderung für sich allein genommen bereits zum damaligen Zeitpunkt ein GdB von 30 anzunehmen gewesen wäre.
Hierzu wurde mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.10.2004 ausgeführt, nach den vorliegenden Befunden liege aktuell eine korrekte Bewertung vor und eine rückwirkende Feststellung eines GdB von 50 ab dem 16.11.2000 sei nicht möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2004 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.
Dagegen erhob die Klägerin am 30.12.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG, S 3 SB 4632/04) mit dem Begehren, den GdB von 50 bereits ab 16.11.2000 festzustellen.
Mit Schriftsatz vom 13.06.2005 zeigte der jetzige Bevollmächtigte an, dass er nunmehr die Klägerin vertrete. Er beantragte, das Klageverfahren ruhend zu stellen.
Mit dem Einverständnis der Beteiligten ordnete das SG mit Beschluss vom 07.07.2005 das Ruhen des Verfahrens an.
Mit Schriftsatz vom 13.06.2005 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin beim Beklagten, "die Bescheide der Vergangenheit" gemäß § 44 SGB X zu überprüfen.
Am 15.02.2007 hat der Bevollmächtigte der Klägerin das Klageverfahren wieder angerufen, das nunmehr unter dem Aktenzeichen S 3 SB 948/07 fortgesetzt wurde.
Mit dem Einverständnis der Klägerin hörte das SG die sie behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Die Hautärztin Dr. S.-F. teilte mit Schreiben vom 08.02.2008 mit, sie habe die Klägerin vom 27.09.2000 bis 04.07.2005 in ihrer Praxis behandelt. Das Bestehen einer Nahrungsmittelallergie sei ihr im März 2001 von der Klägerin mitgeteilt worden, eigene Anamnese oder Untersuchungsergebnisse habe sie dazu nicht gemacht. Das Raynaud-Syndrom sei bei ihr erstmals aktenkundig im März 2001.
Der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. K. berichtete unter dem 21.02.2008, er habe die Klägerin vom 12.06.1997 bis 19.12.2002 vor allem psychotherapeutisch behandelt und daher häufig gesehen und gut gekannt. Im April 2003 habe er krankheitshalber seine Praxis aufgeben müssen und seither die Klägerin nicht mehr gesehen. Durch die genannte mit Schwankungen einhergehende chronische Erschöpfungsdepression sei die Klägerin zwischen 1997 und 2002 in ihrer beruflichen und sonstigen Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt gewesen. Die Schwere der Erkrankung zeige sich u.a. durch die Notwendigkeit einer langfristigen niederfrequenten psychotherapeutischen Behandlung durch ihn mit ca. 53 Einzelsitzungen zwischen 1997 und 2002, gelegentlichen Krankschreibungen sowie zwei stationären Behandlungen in einer psychosomatischen Klinik und zwar vom 20.01. bis 03.03.1999 sowie vom 23.05. bis 18.07.2001 in der B. in S., da die Erwerbsfähigkeit gefährdet gewesen sei. Den Schweregrad der Behinderung durch den chronifizierten depressiven Erschöpfungszustand der Klägerin habe er mit durchschnittlich 40 v.H. beziffert. Zusammen mit den anderen Gesundheitsstörungen habe "die Gesamt-GdB" aus seiner Sicht mindestens 50 v.H. betragen.
Dr. Z. teilte dem SG unter dem 28.04.2008 mit, er betreue die Klägerin hausärztlich seit Juni 1998 und die Behandlung dauere noch an.
Zu den ärztlichen Unterlagen legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 31.08.2008 vor. Darin wurde u.a. ausgeführt, der ehemals behandelnde Nervenarzt Dr. K. habe in seiner Auskunft vom 21.02.2008 für die Jahre 1997 bis 2002 eine "niederfrequente psychotherapeutische Behandlung" mit "ca. 53 Einzelsitzungen" bescheinigt. Daraus ergäben sich nicht einmal neun Sitzungen pro Jahr bzw. eine Sitzung alle ein bis zwei Monate, sodass angesichts der Intensität der Behandlung der Klägerin nicht zwangsläufig von einer durchgehend stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen sei. Des weiteren wiederhole Dr. K. in seiner Auskunft seine bereits früher mitgeteilte Einschätzung hinsichtlich der GdB-Bewertung der bei der Klägerin vorliegenden seelischen Störung. Wie bereits in der ausführlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.02.2007 beschrieben, werde die Einschätzung von Dr. K. durch den Befundbericht der B. vom Mai 2001 durchaus nicht bestätigt. Die vom Hausarzt Dr. Z. eingesandten Arztberichte seien zum größten Teil bereits aktenkundig. In zwei Arztbriefen aus der Praxis Dr. H. und Kollegen beschreibe der Nervenarzt S. bei der Klägerin einen "chronischen Erschöpfungszustand bei idiopathischer ZNS-Hypersomnie". Er teile mit, dass es sich bei dem von der Klägerin geklagten Beschwerdekomplex "insgesamt wohl um einen reaktivierten Migränekopfschmerz handele". In seinem an Dr. F. (Allgemeinmedizin) gerichteten Befundbericht vom 04.02.2005 schrieb Nervenarzt S., "es gehe bei Frau A. vor allem um die sozialgerichtlichen Auseinandersetzungen, sie könne hier auf seine Unterstützung rechnen. Etwas schwierig werde es, die Erkrankung auf den Stichtag der Berentung zu legen, was aber prinzipiell machbar sei". Nach dem derzeitigen medizinischen Informationsstand ergebe sich für eine Änderung der bisherigen versorgungsärztlichen Stellungnahme keine genügende Grundlage, die rückwirkende Feststellung eines Gesamt-GdB von 50 ab 16.11.2000 könne weiterhin aus medizinischer Sicht nicht befürwortet werden.
Anschließend holte das SG das psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. E. - Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie - von der Universitätsklinik F. vom 23.03.2009 ein, das dieser aufgrund der Akten und einer Untersuchung der Klägerin am 13.03.2009 mit Datum vom 23.03.2009 erstattete. Hierbei gab die Klägerin an, ab 1974 sei sie in der Universitätsklinik als Verwaltungsangestellte bis zum Jahr 2004 tätig gewesen; sie sei noch zwei Jahre in Altersteilzeit beschäftigt gewesen bis 2006. Seitdem beziehe sie eine Teilerwerbsunfähigkeitsrente von 1.000,00 EUR. Sie sei derzeit zu Hause, arbeite nicht. Zu den Beweisfragen führte Prof. Dr. E. aus, es sei anzunehmen, dass seit dem 16.11.2000 seitens des psychiatrischen Fachgebietes durchgehend ein depressives Syndrom vorgelegen habe, teilweise mit Fluktuationen und wechselndem Befund. Am Wahrscheinlichsten sei dieses depressive Syndrom als Dysthymia, also als chronisch leichte depressive Verstimmung zu diagnostizieren. Die Einschätzung des Grades der Behinderung könne aber nur ab der Begutachtung erfolgen. Eine solide, an den Anhaltspunkten orientierte GdB-Einschätzung sei nach acht Jahren nicht möglich. Unter der Annahme, dass aktuell ein GdB von 30 seitens des psychiatrischen Fachgebietes vorliege, könnten zum damaligen Zeitpunkt ein GdB von 20, 30 oder von 40 als möglich erachtet werden, je nachdem, ob die Krankenhausberichte zugrunde gelegt würden, die Angaben der Patientin oder die Arztberichte von Dr. K ...
Mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2009 hob das SG den Bescheid des Beklagten vom 19.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2004 auf und verpflichtete den Beklagten, den Bescheid vom 28.01.1999 abzuändern und einen GdB von 40 seit 16.11.2000 festzustellen; im Übrigen wies es die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, soweit die Klägerin das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 ab 16.11.2000 festgestellt haben wolle, sei die begehrte Überprüfungsentscheidung hinsichtlich des Zeitrahmens begrenzt auf den Zeitraum vom 16.11.2000 bis 14.09.2003, da mit Bescheid vom 10.02.2004 ein GdB von 50 ab 15.09.2003 festgestellt worden sei. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 19.03.2004 und Abänderung des Bescheides vom 28.01.1999 zu als nicht ein GdB von 40 seit 16.11.2000 festgestellt worden sei; ein darüber hinausgehender GdB sei jedoch nicht anzuerkennen. Die Klägerin habe zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, die psychische Beeinträchtigung sei bereits zum Zeitpunkt 16.11.2000 mit einem höheren GdB zu bewerten gewesen. Dass diese Beeinträchtigung bereits zum 16.11.2000 mit einem GdB von 40 oder mehr bestanden habe, davon habe sich das SG nicht überzeugen können. Dies folge zum einen aus dem Gutachten von Prof. Dr. E., der ausgeführt habe, es sei anzunehmen, dass bereits seit dem Stichtag bis durchgehend ein depressives Syndrom bei der Klägerin vorhanden gewesen sei, was am Wahrscheinlichsten als Dysthymia, als chronisch leichte depressive Verstimmung zu diagnostizieren sei. Die Patienten mit dieser Erkrankung seien aller Erfahrung nach nicht in der Lage, den Schweregrad ausreichend zu differenzieren, dass daraus ein GdB abgeleitet werden könnte. Die Akten seien hinsichtlich der Dokumentation nicht für eine valide Einschätzung ausreichend. So würde die Einschätzung von Dr. K. aus dem Jahre 2001 einen GdB von 40 nahelegen, die Beschreibung anlässlich des stationären Aufenthalts (Mai bis Juli 2001) eher einen GdB von 20, allenfalls 30. Ausgehend von diesen unterschiedlichen Einschätzungen zum psychischen Erkrankungsbild der Klägerin könne sich das SG nicht davon überzeugen, dass bereits zum 16.11.2000 durchgehend eine derartige Beeinträchtigung im Sinne einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorgelegen habe, die einen GdB von 30 begründen würde. Damit verbleibe es bei der Bewertung der Depression mit einem GdB von 20. Unter weiterer Berücksichtigung des ebenfalls festgestellten chronischen Kopf-Schmerzsyndroms sei eine Anhebung des GdB wegen der psychischen/somatischen Beschwerden entsprechend des Vorschlages des Beklagten auf 30 zu bejahen. Die Bewertung des Raynaud-Syndroms bzw. des Kontaktekzems mit einem Teil-GdB von 20 sei unstreitig. Für den Zeitpunkt 16.11.2000 ergebe sich kein GdB für die Wirbelsäule. Hinsichtlich der Herzrhythmusstörungen sei im Zeitpunkt 16.11.2000 von einem Teil-GdB von 10 auszugehen. Hinsichtlich der Allergie bzw. Essstörungen der Klägerin ergebe sich zum 16.11.2000 kein höherer GdB als 10. Schließlich sei auch der GdB zum Zeitpunkt 16.11.2000 wegen der Krampfadern mit 10 richtig bemessen wie auch die Sehminderung beidseits mit einem Teil-GdB von 10. Der Gesamt-GdB betrage seit 16.10.2000 bis zur Neufeststellung mit Bescheid vom 25.10.2001 40. Ausgehend von einem Einzel-GdB von 30 für die psychische Beeinträchtigung, 20 wegen des Kontaktekzems und Raynaud-Syndroms und weiteren jeweils 10 hinsichtlich der Herzrhythmusstörung, der Allergie mit Essstörung, der Sehminderung beidseits sowie der chronisch venösen Insuffizienz sei der Gesamt-GdB mit 40 zu bemessen.
Gegen den - dem Bevollmächtigten der Klägerin am 03.12.2009 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 11.12.2009 Berufung eingelegt mit dem Begehren, bei der Klägerin das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft unter Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 bereits ab 16.11.2000 festzustellen. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte der Klägerin vor, der Beweiswürdigung im Hinblick auf die psychiatrische Seite des Leidensbildes der Klägerin, die das SG vorgenommen habe, könne nicht gefolgt werden. Es werde daran festgehalten, dass dem Beweiswert des Gutachtens von Dr. K. aus dem Jahre 2001, welches in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu dem geltend gemachten GdB-Prozentsatz stehe, ein höherer Beweiswert zukomme als dem Jahre später erstellten Gutachten des Prof. Dr. E ... Dr. K. habe am 09.04.2001 ausgeführt, die Klägerin leide an einer neurotischen Depression von erheblichem Krankheitswert. Auslösend seien vor allem Erfahrungen von Zurückweisung, insbesondere durch die Mutter sowie in letzter Zeit durch Kolleginnen am Arbeitsplatz. Innerhalb der letzten zwölf Monate sei aus seiner Sicht durchschnittlich von einem GdB von 40 v.H. auszugehen. Dr. K. sei der behandelnde Arzt der Klägerin gewesen, und zwar ab 1997. Ihm komme daher der höchste Beweiswert zu, da er die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum behandelt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Dezember 2009 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 19. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2004 aufzuheben und den Beklagten unter Rücknahme des Bescheides vom 25. Oktober 2001 zu verurteilen, einen GdB von 50 seit 16.11.2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG Freiburg sowie die Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, da lediglich die Klägerin Berufung eingelegt hat, ihr geltend gemachter Anspruch auf Überprüfung des Grades der Behinderung und auf Feststellung eines GdB von 50 für die Zeit vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 gemäß § 44 SGB X. Für die Zeit ab 15.09.2003 hat die Klägerin einen Neufeststellungsantrag gestellt, dem mit Bescheid vom 10.02.2004 und der Feststellung eines GdB von 50 seit 15.09.2003 stattgegeben worden ist.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (Seiten 6 und 7 des Gerichtsbescheides; § 153 Abs. 2 SGG). Zu Ergänzen ist, dass der Bescheid vom 28.01.1999/Widerspruchsbescheid vom 25.01.2000 nicht Gegenstand der Klage war; der auf Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X ergangene Bescheid vom 25.10.2001 hätte eine Neufeststellung des GdB auch grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Änderung treffen können (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X), was mit dem streitgegenständlichen Antrag nach § 44 SGB X sinngemäß begehrt wird. Der Beklagte hat die insoweit der Klage stattgegebenen Entscheidung jedoch nicht angefochten, weshalb es bei der Abänderung des Bescheides vom 28.01.1999 verbleibt.
Das SG hat aber ausführlich und zutreffend begründet, dass ein Anspruch der Klägerin auf Rücknahme der ursprünglichen Bescheide und Feststellung eines GdBs von mehr als 40 seit 16.11.2000 nicht begründet ist. Für die Zeit vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 ist die psychische Beeinträchtigung nicht stärker als mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Wegen des chronischen Kopfschmerzsyndroms ist jedoch der Teil-GdB wegen psychiatrisch/somatischer Beschwerden auf einen Teil-GdB von 30 anzuheben. Das Kontaktekzem und Raynaud-Syndrom ist mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Unter Berücksichtigung von vier weiteren Funktionsbeeinträchtigungen (Herzrhythmusstörungen, Allergie mit Essstörungen, Sehminderung beiderseits, chronisch-venöse Insuffizienz), die jeweils einen Einzel-GdB von 10 verursachen, beträgt der Gesamt-GdB 40. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auch auf diese Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Begehren der Klägerin vom 08.03.2003, den GdB für die zurückliegende Zeit ab 16.11.2000 zu überprüfen und höher festzustellen, um ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X handelt. Hierbei ist zu beachten, dass die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Höhe des GdB grundsätzlich nur ab Antrag (auf Überprüfung nach § 44 SGB X) mit Wirkung für die Zukunft zu treffen ist (BSG-Urteil vom 29.05.1991 - 9a/9 RVs 11/89 -).
Beweisschwierigkeiten für eine rückwirkende Bewertung des GdB gehen zu Lasten der Klägerin, die Beweislast liegt insoweit bei ihr. Ein Antragsteller hat in jedem Fall das Risiko zu tragen, dass eine ausreichende Sachaufklärung zu seinen Gunsten nicht mehr möglich ist (BSG-Urteil aaO).
Soweit durch behandelnde Ärzte oder gerichtliche Sachverständige der Grad der Behinderung unterschiedlich bewertet wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung des GdB bei bekannter Befundlage eine reine Rechtsfrage ist und die Bewertung des GdB daher allein der Bewertung durch das Gericht vorbehalten ist.
Der Auffassung der Klägerin, der Einzel-GdB für die Beschwerden auf psychisch/psychiatrischem Fachgebiet, die mit den Funktionsbeeinträchtigungen "Depression, psychosomatisches Syndrom, Kopfschmerzsyndrom" umschrieben worden sind, sei mit 40 für die Zeit vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 zu beurteilen, folgt der Senat nicht. Der von Prof. Dr. E. als möglich erachtete GdB 40 scheidet aus. Der Senat beurteilt diese Funktionsbeeinträchtigungen für diesen Zeitraum vielmehr nicht höher als mit einem Einzel-GdB von 30.
Hierbei stützt er sich sowohl auf die Befunde, die in den Reha-Berichten der B. S. vom 26.07.1999 und vom 07.08.2001 niedergelegt sind als auch auf die Berichte des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. sowie des Arztes W. S., der die Klägerin nervenärztlich ambulant behandelt hat. Soweit Dr. K. die Beschwerden der Klägerin als eine neurotische Depression von erheblichem Krankheitswert bewertet und dieses Leiden mit einem Einzel-GdB von 40 bewertet, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Allein aus der Diagnose der "neurotischen Depression" lässt sich nicht zwingend auf einen bestimmten GdB-Wert schließen. Berücksichtigt man aber, dass zur Behandlung dieser Beschwerden (lediglich) eine langfristige niederfrequente psychotherapeutische Behandlung durch ihn mit ca. 53 Einzelsitzungen zwischen 1997 und 2002, gelegentlichen Krankschreibungen sowie zwei stationären Behandlungen in einer psychosomatischen Klinik notwendig gewesen sind, so kommt ein Einzel-GdB von 40 hierfür nicht in Betracht. 53 Einzelsitzungen im Zeitraum von 1997 bis 2002 ergeben nicht einmal 9 Sitzungen pro Jahr bzw. eine Sitzung alle ein bis zwei Monate. Hinzu kommt, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum berufstätig als Verwaltungsangestellte in der Universitätsklinik gewesen ist. Diese Umstände sprechen gegen das Vorliegen "stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen)", die nach den seinerzeit geltenden Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht (AHP) mit einem GdB-Grad von 30 bis 40 bewertet werden. Auszugehen ist bei der vorliegenden geringen Behandlungsintensität und der vollen Berufstätigkeit der Klägerin eher von "leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen", die nach den AHP mit 0 bis 20 bewertet werden; unter Einschluss des Kopfschmerzsyndroms können die Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB-Wert von maximal 30, nicht jedoch höher bewertet werden.
Der Beweisantrag der Klägerin vom 31.03.2010 - wiederholt mit Schriftsatz vom 22.07.2010 - Dr. K. zu hören, war abzulehnen, weil Dr. K. als sachverständiger Zeuge im Verfahren schon gehört worden ist und er seinen Befundbericht vom 21.02.2008 dem SG gegenüber erstattet hat. Gründe, weshalb er erneut zu hören wäre, hat der Bevollmächtigte der Klägerin nicht genannt. Im Übrigen hat sich Dr. K. mit seiner Bescheinigung vom 09.04.2001, seinem Schreiben an das Versorgungsamt vom 21.10.03 und gegenüber dem SG am 21.02.2008 geäußert, sie liegen dem Senat vor und sind von ihm berücksichtigt worden.
Der Antrag des Bevollmächtigten der Klägerin, ein Gutachten oder eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. K. von Amts wegen zur Überprüfung des Gutachtens von Prof. Dr. E. einzuholen, war ebenfalls abzulehnen. Der Senat stützt sich zur Beurteilung des GdB für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 16.11.2000 bis 14.09.2003 nicht auf das vom SG eingeholte, nicht vollständig überzeugende Gutachten von Prof. Dr. E., der die Klägerin am 13.03.2009 untersucht hat. Schon aus diesem Grunde bedarf es nicht der Überprüfung des Gutachtens des Prof. Dr. E. durch ein weiteres gerichtliches Sachverständigengutachten.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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