L 3 R 879/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 609/99
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 879/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialge-richts Neuruppin vom 12. Juli 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM).

Der am geborene Kläger ist gelernter Schlosser. Er war von 1978 bis zum 23. Oktober 1979 als Dreher, vom 24. Oktober 1979 bis zum 20. Juni 1988 als Schlosser und vom 01. November 1988 bis zum 30. April 1990 als Maurer bzw. Steinsetzerhelfer tätig. Die Arbeitsverhältnisse endeten jeweils durch Kündigung. Im Jahr 1991 absolvierte er einen Lehrgang der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam zur Vorbereitung auf die Sach- und Fachkundeprüfung für Fuhrunternehmer im Güterkraftverkehr (50 Unterrichtsstunden) und legte die Prüfung zum Nachweis der fachlichen Eignung zur Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens im Güternah- und -fernverkehr ab. Außerdem erwarb er den Taxifahrschein. Am 01. Mai 1990 nahm er ein Gewerbe als Spediteur und zum 01. Juni 1990 ein Gewerbe als Taxiunternehmer (Schnelltranspor-te mit Taxi, LKW, Kurierdienstautos) auf.

Seit dem 25. August 1993 war der Kläger wegen Hodentumors und Bandschei-ben(BS)-prolapses erkrankt und meldete das Gewerbe am 06. September 1993 ab.

Mit Bescheid vom 27. Juni 1996 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klä-gers bei selbständiger Tätigkeit nach § 229 a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und mit Bescheid vom 28. Juni 1996 die Beendigung der Pflichtversicherung als Selbständiger wegen Aufgabe der selbständigen Tätigkeit mit Ablauf des 31. De-zember 1992 fest (§ 4 Abs. 4 SGB VI).

Auf seinen am 15. September 1995 eingegangenen Antrag auf Gewährung einer Ren-te wegen EM gewährte die Beklagte dem Kläger nach Einholung eines ärztlichen Gut-achtens von Dr. O vom 26. Juni 1996 (Z. n. Hodentumor-Operation (Op) sowie Chemotherapie, Z. n. zweimaliger Bandscheiben (BS)-Op L 5/S 1) sowie einer prüf-ärztlichen Stellungnahme durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. B vom 18. August 1996 mit Rentenbescheid vom 07. Oktober 1996 befristet Invalidenrente und Zusatz-invalidenrente, beginnend ab dem 01. September 1995 und wegfallend mit dem 31. Dezember 1997.

Nach Wegfall der Invalidenrente bezog der Kläger zunächst bis zum 02. September 1999 Arbeitslosenhilfe und anschließend bis zum 30. Juni 2000 Sozialhilfe. Am 01. Juli 2000 nahm der Kläger ausweislich einer Arbeitsbescheinigung (§ 312 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]) im Tischlerei-Betrieb seines Bruders eine Tätigkeit als kaufmännischer Mitarbeiter von 18 Stunden pro Woche zu einem Entgelt von 2.250,- DM bzw. 1.150,- EUR auf, welche vom Arbeitgeber zum 15. März 2002 aus wirtschaft-lichen Gründen gekündigt wurde; die vom Kläger verrichtete Tätigkeit wurde vom Bru-der übernommen (s. Angaben im "Feststellungsbogen zu Beschäftigungsverhältnissen unter Angehörigen"). Ab dem 16. März 2002 bis zum 09. Januar 2003 erhielt der Klä-ger Arbeitslosengeld, danach bis zum 30. September 2003 Krankengeld. Vom 19. Ja-nuar 2004 bis zum 31. Mai 2007 war er wiederum bei seinem Bruder, diesmal als Bauleiter bzw. Monteur mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden/Woche zu einem Brutto-entgelt zwischen rd. 1.098,- EUR und 1.211,- EUR beschäftigt. Im dazugehörigen "Feststellungsbogen" bejahten der Kläger und sein Bruder ausdrücklich die Fragen danach, ob der Kläger im Betrieb des Bruders wie eine fremde Arbeitskraft eingeglie-dert gewesen sei, ob er die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt habe und ob man ohne sei-ne Mitarbeit eine andere Arbeitskraft hätte einstellen müssen. Ab dem 01. Juni 2007 bis zum 31. Januar 2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld, danach Krankengeld. Seit dem 15. Juli 2009 ist er versicherungspflichtig bei der Hauskrankenpflege RW GmbH tätig. Er erzielte in der Zeit bis zum 31. Dezember 2009 ein Entgelt in Höhe von insgesamt 9.742,- EUR.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der EM-Rente vom November 1997 nach Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Chirurgie Dr. S vom 16. Januar 1998 (Z. n. zweimaliger BS-Op ohne Nachweis sensibler oder motori-scher Ausfälle außer Reithosenanästhesie links seit der Hoden-Op; vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen auf dem all-gemeinen Arbeitsmarkt) mit Bescheid vom 11. Februar 1998 ab, da der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig sei.

Seinen hiergegen gerichteten Widerspruch begründete der Kläger mit starken Schmerzen im gesamten Lendenwirbelsäulen(LWS)-Bereich und dem Erfordernis zu-sätzlicher Arbeitspausen und legte u. a. Atteste der Fachärztin für Allgemeinmedizin

Dipl.-Med. W vom 15. Juli 1998 (im Bereich LWS auf die Nervenwurzel drückendes Narbengewebe nach Op, Belastbarkeit nur bei ständigem Wechsel der Arbeitshaltung und zusätzlichen Pausen, psychische Störung im Rahmen der Krankheitsbewältigung) und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie L vom 07. Januar 1999 (ausge-prägtes depressives Syndrom, Z. n. Hodentumor und Orchiektomie September 1993 mit Polychemotherapie, chronisch-rezidivierende Lumboischialgien links bei Z. n. Nuc-leotomie L 5/S 1 und Rezidiv-Op) vor.

Die Beklagte veranlasste die Untersuchung des Klägers durch den Facharzt für Neu-rologie und Psychiatrie Dr. W der in seinem Gutachten vom 10. November 1999 bei den bekannten Diagnosen zu einer nach Ausheilung des Hodentumors vollschichtigen Leistungsfähigkeit des Klägers in der letzten Tätigkeit als Speditionskaufmann und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gelangte, und wies den Widerspruch mit Wider-spruchsbescheid vom 25. November 1999 als unbegründet zurück. Es bestehe weder Berufsunfähigkeit (BU) nach § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) alter Fassung (a. F.) noch Erwerbsunfähigkeit (EU) nach § 44 Abs. 2 SGB VI a. F. noch Invalidität i. S. v. Art. 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG).

Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Neuruppin (SG) hat der Kläger sein Rentenbe-gehren weiter verfolgt.

Das SG hat Befundberichte (BBe) der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. W vom 04. Oktober 2000 (letzte Vorstellung: im ersten Quartal 1997) mit Anlagen (Be-richte der C vom 17. Dezember 1993 und vom 20. Juni 1994 betreffend die Tumor-Behandlungen; Bericht des Klinikums B betreffend die BS-Op vom 08. Dezember 1994; MRT LWS vom 20. Oktober 1995 [entzündlich reaktive Veränderungen]; EMG-Befund vom 28. November 1997 [polyneuropathisches Syndrom und Reithosenhy-pästhesie]; Bericht der Cbetreffend Rezidiv-Prolaps-Op [Fensterung] vom 30. Novem-ber 1995; spinales CT vom 09. Dezember 1997 [Vorwölbung von BS-Material in Spi-nalkanal]) eingeholt und dann die Ärztin für Chirurgie Dr. H mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt.

In ihrem Gutachten vom 16. Januar 2001 hat die Sachverständige Dr. H die Diagno-sen eines Z. n. OP wegen - ausgeheilter - Tumorerkrankung und Polychemotherapie sowie BS-Op mit Rezidiv-Prolaps 1995 sowie Beeinträchtigung durch Schmerzen im LWS-Bereich gestellt. Trotz dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch voll-schichtig leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen, Sitzen, unter Ausschluss von ständigen oder häufigen Zwangshaltungen, von Arbeiten im Freien und unter besonderem Zeitdruck verrichten, geistig mittelschwere bis schwere Arbei-ten seien möglich. Der Kläger sei auch wegefähig.

Das SG hat des Weiteren den arbeitsmarkt- und berufskundigen Sachverständigen Rmit der Erstattung eines Gutachtens zu den beruflichen Einsatzmöglichkeiten des Klägers beauftragt.

In seinem berufskundlichen Gutachten vom 05. Mai 2001 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27. Juni 2001 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekom-men, dass der Kläger sein höchstes berufliches Qualifikationsniveau als Schlosser = Facharbeitertätigkeit erreicht habe. Seine selbständige Tätigkeit sei allenfalls der An-lernebene zuzurechnen und könne vom Kläger bei dem festgestellten Leistungsver-mögen auch nicht mehr wettbewerbsmäßig ausgeübt werden. Für eine körperlich leichte sachbearbeitende Tätigkeit als Speditionskaufmann auf Facharbeiterebene habe der Kläger keine Ausbildung. Aufgrund seiner im Rahmen der selbständigen Tä-tigkeit erworbenen Kenntnisse bestehe die Verweisungsmöglichkeit auf eine Tätigkeit auf der Anlernebene als Mitarbeiter in einer Poststelle (z. B. Arbeitsverwaltung, Fi-nanzämter, Vergütung nach BAT X, IX und VIII) bei einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten. Der Verweisung auf eine Tätigkeit in der Registratur der öf-fentlichen Verwaltung stehe entgegen, dass unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten berufskundlichen Unterlagen (Auskunft des Landesarbeitsamts Nordbay-ern betreffend Anforderungen an Poststellenmitarbeiter, Darstellung des körperlichen und geistigen Anforderungsprofils durch die Bundesanstalt für Arbeit für das Bayeri-sche Landessozialgericht [LSG], berufskundliches Sachverständigengutachten von Dr. R vom 20. Januar 2000, erstattet für das LSG Nordrhein-Westfalen) Registrato-renstellen wohl nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden seien.

Mit Urteil vom 12. Juli 2001 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, bei dem Kläger liege unter Berücksichtigung des Gutachtens der Sachverständigen Dr. H keine EU vor. Es liege auch keine BU vor, denn der Kläger habe sich von seinem ge-lernten und von 1978 bis 1988 auch ausgeübten Beruf des Schlossers gelöst und sich einer Tätigkeit als Maurer- und Steinsetzerhelfer zugewandt, so dass er keinen Be-rufsschutz habe. Auch ein Abschluss als Speditionskaufmann auf Facharbeiterebene liege nicht vor. Die selbständige Tätigkeit mit einem Gütertaxibetrieb sei unter Berück-sichtigung des Gutachtens des Sachverständigen R bestenfalls der Anlernebene zu-zuordnen. Der Kläger sei hiernach verweisbar auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in ei-ner Poststelle oder Registratur, die er aufgrund seiner kaufmännischen Vorkenntnisse nach einer Einarbeitungszeit von weniger als drei Monaten ausüben könne.

Im Rahmen seiner hiergegen gerichteten Berufung macht der Kläger geltend, dass er erwerbs- und berufsunfähig sei. Er leide durch den BS-Vorfall an permanenten Schmerzen im LWS-Bereich als einer verselbständigten chronischen Schmerzkrank-heit (s. a. Bericht über seine Vorstellung in der neurochirurgischen Fachambulanz in der Charité am 10. November 1997 [OA Dr. O). Er verfüge wegen einer Summierung ungewöhnlicher qualitativer Leistungsbeschränkungen nicht mehr über ein ausrei-chendes Restleistungsvermögen. Seine behandelnden Ärzte Dipl.-Med. W und L hät-ten ihn als nicht leistungsfähig beschrieben, zumutbar seien nur noch untervollschich-tige leichte Tätigkeiten mit Schonung des Rückens. Die Gutachterin Dr. H stütze die Annahme einer achtstündigen Leistungsfähigkeit allein auf die Beschreibung der Akti-vitäten zu Hause und in der Freizeit, eine Verweisung auf Haushaltstätigkeiten sei je-doch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zulässig. Auch Dr. H habe einen Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen für notwendig erach-tet, was einen ständigen Wechsel dieser Haltungsarten beinhalte (s. die "Arbeitsmedi-zinischen Begriffe im Leistungsbild"). Für derartige Leistungseinschränkungen stün-den keine Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl zur Verfügung.

Er sei auch berufsunfähig. Mit seiner selbständigen Tätigkeit als Inhaber eines Fuhr-betriebs sei er der Facharbeiterebene zuzuordnen. Er habe Verantwortung für die Un-ternehmensführung getragen, habe Arbeitnehmer beschäftigt, Tätigkeiten wie Dispo-nieren, Anleiten, Anweisen, Aufträge koordinieren und durchführen sowie Arbeitsab-läufe organisieren und überwachen ausgeführt. Die Buchhaltung habe er gemeinsam mit dem Steuerberater, den Schriftverkehr, die Vertragsgespräche, die Fertigung schriftlicher Verträge, die Kalkulation/Kostenrechnung, die Terminkontrolle und die Planung/Koordination habe er selbst gemacht. Er habe meist nur wenige wertvollere Fuhren übernommen und sich im Übrigen um die Gewinnung von Auftraggebern ge-kümmert. Wenn die Auftragslage nicht so gut gewesen sei, hätten seine beiden Mitar-beiter, die eine Fahrerlaubnis für PKW und LKW mit Anhänger und einen Personenbe-förderungsschein gehabt hätten, auch Taxifuhren übernommen. Er habe sich auch nicht von seinem gelernten Beruf des Schlossers gelöst, weil er Tätigkeiten eines Schlossers 10 bis 12 Stunden wöchentlich ausgeführt habe (Wartung und Reparatur von sieben Autos und drei Hängern, Schweißarbeiten, Radlager, Reifen und Birnen gewechselt, Karosseriearbeiten etc.). Zum Nachweis hat der Kläger eine Beschrei-bung seiner unternehmerischen Tätigkeit im Betrieb "W Schnelltransport", das Lehr-gangszertifikat der IHK Potsdam vom 20. September 1991 zur Vorbereitung auf die Sach- und Fachkundeprüfung für Fuhrunternehmer im Güterkraftverkehr (50 Unter-richtsstunden) und Bescheinigungen der IHK Potsdam vom 28. November 1991 über die Prüfung zum Nachweis der fachlichen Eignung zur Führung eines Güterkraftver-kehrsunternehmens im Güternah- und -fernverkehr eingereicht.

Des Weiteren führt der Kläger aus, die Beklagte habe auch keine medizinisch und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit benannt. Als Mitarbeiter in einer Poststelle könne er wegen anfallender mittelschwerer Arbeiten, die auch Heben, Bücken und Tragen beinhalteten, nicht tätig werden, zudem sei es eine ungelernte bzw. einfach angelernte Tätigkeit. Er verfüge auch nicht über Kenntnisse wie ein "ausgebildeter Verwaltungsfachangestellter" (Vergütungsgruppe BAT VIII), Arbeiten in der Registra-tur seien ihm mangels EDV-Kenntnissen und achtjähriger beruflicher Abstinenz nicht zumutbar. Bei der Tätigkeit als "kaufmännischer Mitarbeiter" und "Bauleiter" im Betrieb seines Bruders habe es sich um eine nicht unter üblichen Bedingungen erbrachte Tä-tigkeit, sondern um eine vergönnungsweise Beschäftigung gehandelt, wie die beige-fügte Erklärung seines Bruders vom 13. Dezember 2007 ("Beschäftigungstherapie") beweise. Auf diese könne rentenrechtlich nicht abgestellt werden, da sie auf ethischen und sozialen Gründen beruhe.

Die Beklagte hat mit - angenommenem - Teil-Anerkenntnis vom 26. November 2002 festgestellt, dass beim Kläger bereits in der Zeit ab dem 06. September 1993 EU und Invalidität vorlag, und ausgehend von dem Reha-Antrag vom 08. September 1994 Rente wegen EU mit Beginn am 01. September 1994 und Fortfall mit dem 31. De-zember 1997 gewährt (Bescheid vom 28. August 2003).

Der Sachverständige R hat in seinen auf Anforderung des Senats abgegebenen er-gänzenden Stellungnahmen (vom 29. März und 18. November 2004, vom 15. Januar 2007) zunächst an seiner Auffassung festgehalten, der Kläger sei auch unter Berück-sichtigung seiner Angaben nicht der Facharbeiterebene zuzuordnen, sondern habe nur in Teilbereichen Facharbeitertätigkeiten ausgeübt.

Nachdem der Kläger hiergegen unter Vorlage von weiteren Unterlagen (Aufstellung der Stammkunden seines Unternehmens, Bestätigung der H OHG, dass er als An-sprechpartner in kaufmännischen Fragen zur Verfügung gestanden habe) eingewandt hatte, dass der Sachverständige nicht ausreichend die Führungs- und Leitungsfunkti-onen im eigenen Unternehmen und die Erbringung von Schlosserarbeiten an seinem Fuhrpark berücksichtigt habe und dass seine Tätigkeit vielmehr sogar dem Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion gleichzustellen sei, hat der Sachverständi-gen R daraufhin erklärt (Stellungnahme vom 12. November 2007), dass der Kläger in der Ausübung des Gewerbes als selbständiger Fuhrunternehmer einem Facharbeiter gleichzustellen sei, jedoch nicht einem besonders hoch qualifizierten Facharbeiter. Eine Verweisungstätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle sei aber weiterhin möglich und auch medizinisch zumutbar.

Die Beklagte hat sich dieser Einschätzung angeschlossen.

Der Senat hat medizinisch ermittelt und BBe der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. W vom 18. Februar 2003 (unveränderter Zustand), vom 29. Juni 2007 (letztmalige Behandlung wegen Lumboischialgie am 24. September 2003) mit Anla-gen (Bericht der Neurochirurgin G vom 11. April 2003 [kontinuierliche Zunahme der LWS-Beschwerden, Taubheitsgefühl am inneren Oberschenkel], MRT der LWS vom 30. Juni 2003 [spondylotische und arthrotische Verengung des Spinalkanals und fort-geschrittene Osteochondrose, bei LWK 4/5 Bandscheibenvorwölbung]) und vom 17. Juni 2008 (letzte Konsultation am 05. November 2007 wegen Verdachts auf Blockie-rung cervikal) sowie des behandelnden Arztes B vom 25. Oktober 2007 (letzte Be-handlung 25. Juli 2003, Lumbalgie, Lumboischialgie, sensibles Radikulärsyndrom L 5/S 1, subjektiv nach Op keine Verbesserung, eher Zunahme der Schmerzen) mit An-lagen (bekannte ältere bildgebende Befunde betreffend BS-Prolaps) eingeholt.

Der Kläger hat ein sozialmedizinisches Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vom 08. November 2007 (krankhafter Urinbefund, Funktionseinschränkungen der HWS und der Hüftgelenke, Kläger benutze Gehhilfen) und ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Berlin-Brandenburg vom 06. März 2008 vorgelegt.

Die Sachverständige Dr. H hat in ergänzenden Stellungnahmen nach Aktenlage (vom 28. November 2007 und 30. April 2008) ausgeführt, dass sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen keine neuen Befunde ergeben würden. In dem Gutachten des MDK Berlin-Brandenburg werde zwar festgestellt, dass der Kläger an chronischen Schmerzen bei bekanntem LWS-BS-Schaden leide und Therapieresistenz bestehe. Gleichwohl erfolge wegen der Rückenproblematik weder eine fachärztliche Behand-lung durch einen Orthopäden, Neurologen oder Schmerztherapeuten noch eine phy-siotherapeutische Behandlung, der Kläger erhalte auch keine entsprechende Schmerzmedikation, sondern nehme lediglich bei Bedarf Ibuhexal. Die Einschätzung einer stark eingeschränkten bis aufgehobenen Leistungsfähigkeit überzeuge nicht. Es seien keine ausführlichen Befunde im Bereich des Bewegungsapparates erhoben worden, ein Lasègue von 30 Grad lasse nicht den Schluss auf eine somatische Er-krankung zu. Es sei auch kein ständiger Wechsel der Haltungsarten erforderlich, er solle nur möglich sein.

Im Mai und Juni 2008 ist der Kläger wegen eines Harnblasenkarzinoms stationär in den OK GmbH behandelt worden, wobei Teile des Blasenhalses entfernt sowie eine Nachresektion vorgenommen wurden (Entlassungsbericht vom 15. Mai 2008: kompli-kationsloser postoperativer Verlauf, Berichte über die pathologisch-anatomische Be-gutachtung des VK vom 11. Juni und 15. Juli 2008). Der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin M hat im BB vom 20. Oktober 2008 angegeben, dass der Kläger im Durchschnitt 1x pro Monat zur Behandlung erscheine, und als zusätzliche Diagnose eine chronisch depressive Episode benannt. Der Urologe Dr. M hat in den B Ben vom 02. November 2008 und vom 11. November 2009 mitgeteilt, dass ein Voranschreiten des Karzinoms unter den Chemo-Therapien bis zum 15. Mai 2008 und vom 30. Juli 2008 bis zum Februar 2009 nicht zu verzeichnen sei.

Der Senat hat anschließend den Facharzt für Orthopädie und spezielle Schmerzmedi-zin Dr. W mit der Begutachtung des Klägers beauftragt.

Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 08. Februar 2010 auf seinem Fachgebiet zu den Diagnosen eines Verschleißleidens der LWS (Z. n. 2-maliger BS-Op 1994/1995 mit sensibler Defizitsymtomatik, Funktionseinschränkung der LWS bei knöcherner Einsteifung L4/S1 mit narbiger Wurzeladhäsion, BS-Vorwölbung L4/5) und einer Sensibilitätsstörung am rechten Daumen bei lokaler Nervenkompression ge-langt. Gleichwohl könne der Kläger noch acht Stunden täglich körperlich leichte Arbei-ten im Wechsel der Haltungsarten unter Vermeidung von einseitigen körperlichen Be-lastungen und Belastung der WS und der Beine, ungünstigen klimatischen Bedingun-gen, Zeitdruck, festgelegtem Arbeitsrhythmus, Arbeiten an laufenden Maschinen, auf Leitern und Gerüsten verrichten. Arbeiten mit Heben und Tragen leichter Lasten, Wechsel- und/oder Nachtschicht, Arbeiten, die die Fingergeschicklichkeit voraussetz-ten und Arbeiten am Computer seien ebenso möglich wie schwierige geistige Arbei-ten. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen. Allerdings hätten sich bei Auswertung der psychosozialen Screening-Tests ein Angst-wert von 8 (über 10 auffällig), ein Depressionswert von 16 (über 11 auffällig) und bei Auswertung des Mainzer Stadien Modells der Schmerzchronifizierung (MPSS) ein Chronifizierungsgrad III nach Gerbershagen ergeben. Es sei daher von einer erhebli-chen psychischen bzw. depressiven Komponente auszugehen.

Der Kläger hat eingewendet, er könne auf Grund des schmerzhaften Funktionsdefizits der LWS Verrichtungen, die zu "körperlich leichter" Arbeit gehörten, nicht ausführen. Nach dem "Leitfaden für die arbeitsamtsärztliche Begutachtung" beinhalte die "leichte Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten", dass ein ständiger Wechsel der Körperhal-tung gewährleistet sein müsse, wobei es derartige Arbeitsplätze kaum gebe. Nach dem Gutachten seien nur noch Arbeiten ohne Belastung der Beine zumutbar, gleich-wohl habe der Gutachter Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen für möglich gehalten. Die Arbeiten am Computer belasteten gerade die LWS selbst bei einem ergonomisch ausgerichteten Arbeitsplatz. Auch sei die Wegefähigkeit einge-schränkt. Selbst wenn er mit den qualitativen Leistungseinschränkungen abstrakt noch "vollschichtig" einsatzfähig wäre, sei es ihm nicht möglich, sein Restleistungs-vermögen konkret auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu nutzen. Leichte Tätigkeiten fänden sich vor allem in der industriellen Fertigung in Form von Bedienung oder Be-aufsichtigung von Maschinen/Automaten, in der Montage, in der Kontrolle und der Versandfertigmachung, je nach Art und Größe der hergestellten Teile oder Waren. Gefordert würden hier vor allem Arbeiten unter Zeit- und Leistungsdruck, da die einfa-chen körperlich leichten Arbeiten nahezu ausschließlich im Akkord, am Fließband o-der an das Arbeitstempo bestimmenden Automaten verrichtet würden. Der Kläger hat in Kopie eine Erklärung der Hauskrankenpflege R W GmbH vom 02. Juni 2010 zu seiner Beschäftigung ab Juli 2009 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 12. Juli 2001 sowie den Bescheid vom 11. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. No-vember 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm über den 31. Dezember 1997 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Be-rufsunfähigkeit, hilfsweise ab dem 01. Januar 2001 Rente wegen voller Er-werbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfs-weise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu ge-währen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest, die sie durch die im Laufe des Verfahrens erfolgten medizinischen und berufskundlichen Ermittlungen bestätigt sieht. Das Blasenkrebslei-den sei operativ erfolgreich behandelt, ein Rezidiv werde nicht beschrieben (Stellung-nahmen von Dr. D vom 13. Januar und vom 07. Dezember 2009). Auch der Sachver-ständige Dr. W habe die bisherige Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsver-mögens für leichte Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung bestätigt, so dass sich kei-ne Änderung des bisherigen Standpunktes ergebe (Stellungnahme von Dr. B vom 04. März 2010). Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungseinschränkung sei nicht festgestellt worden. Der Kläger sei auch in der Lage gewesen, Tätigkeiten im Betrieb seines Bruders als kaufmännischer Angestellter und als Bauleiter auszuüben, er sei wie ein "normaler Arbeitnehmer" in den Betrieb eingegliedert gewesen. Es bestünden Zweifel an dem behaupteten "pro-forma"-Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger habe vielmehr im Be-trieb des Bruders eine leidensgerechte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausge-übt, andernfalls die Gewährung von Sozialleistungen (Krankengeld und Arbeitslosen-geld) auf falschen Angaben des Klägers bzw. seines Arbeitgebers beruhen würde. Seit dem 15. Juli 2009 sei der Kläger wiederum versicherungspflichtig bei der Haus-krankenpflege R W GmbH tätig.

Die Beklagte hat einen Versicherungsverlauf vom 10. Juni 2010 zur Akte gereicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Leistungsakten der Bundesagentur für Arbeit (Stammnr. 206951) verwiesen, die Ge-genstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber unbe-gründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rente wegen EU oder wegen BU (§§ 44, 43 , 300 Abs. 2 und 302 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a. F.]) über den 31. Dezember 1997 hinaus nicht zu. Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser EM oder wegen teilweiser EM bei BU nach dem ab dem 01. Januar 2001 geltenden Recht (§§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, 240 SGB VI) besteht ebenfalls nicht.

I. Der Kläger ist weder erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGBVI a. F.) noch voll oder teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen EU haben nach § 44 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Ar-beitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Be-zugsgröße übersteigt.

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Le-bensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täg-lich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit au-ßerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedin-gungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbs-tätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach Auswertung der im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren eingeholten medi-zinischen Unterlagen und der Sachverständigengutachten des Arztes für Chirurgie Dr. S (vom 16. Januar 1998), des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W (vom 10. November 1999), der Ärztin für Chirurgie Dr. H (vom 16. Januar 2001 mit ergän-zenden Stellungnahmen vom 28. November 2007 und vom 30. April 2008) und des Facharztes für Orthopädie und spezielle Schmerzmedizin Dr. W vom 08. Februar 2010 ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger nicht erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F.) ist. Er ist auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Der Kläger leidet an Gesundheitsstörungen im Stütz- und Bewegungsapparat nach zweimaliger BS-Op (November 1994 und November 1995) und Schmerzen im LWS-Bereich aufgrund von auf die Nervenwurzel drückendem Narbengewebe ohne neuro-logische Ausfälle (s. Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. W, be-stätigt durch MRT vom 27. Juni 1996; Elektroneurografie/Elektromyografie vom 28. November 1997 mit normalen Werten). Auch der Facharzt für Chirurgie Dr. S (Gutach-ten vom 16. Januar 1998) hat keinen Nachweis sensibler oder motorischer Ausfälle an den unteren Extremitäten außer einer Reithosenanästhesie links seit der Hoden-Op gefunden und dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemei-nen Arbeitsmarkt für leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen bescheinigt.

An internistischen Leiden bestehen ein Z. n. Op und Polychemotherapie (bis Februar 1994) des die befristete Berentung (vom 01. September 1994 bis zum 31. Dezember 1997) bedingenden Hodentumors, der rezidivfrei ist; des Weiteren ein 2007/2008 di-agnostizierter Blasenturmor, der ebenfalls nach mehrfacher Polychemotherapie als ausgeheilt anzusehen ist.

Das Vorliegen eines ausgeprägten depressiven Syndroms als Reaktion auf die Tu-mor-Erkrankung, die der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie L dem Kläger nach zweimaliger Vorstellung im Januar 1999 bescheinigte, vermochte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W in seinem Gutachten vom 10. November 1999 nicht zu bestätigen. Das Vorliegen einer (nachhaltig beeinträchtigenden) depressiven Er-krankung ist anhand der Ergebnisse der Untersuchungen und Beobachtungen von Dr. W auch für den Senat nicht nachvollziehbar. Herr L lässt sich bei seiner Diagnose im Wesentlichen von den Angaben des Klägers leiten, ohne selbst Befunde zu erheben. Der Kläger hat auch eine weitere psychiatrische oder psychotherapeutische Betreu-ung nach der zweimaligen Vorstellung beim Nervenarzt nicht in Anspruch genommen.

Für eine Konsolidierung im Gesundheitszustand des Klägers Ende des Jahres 1997 spricht auch der Umstand, dass die behandelnde Ärztin Dipl.-Med. W im BB vom 04. Oktober 2000 angegeben hat, der Kläger sei letztmalig im ersten Quartal 1997 wieder vorstellig geworden. Bis zur Begutachtung durch die vom SG beauftragte Ärztin für Chirurgie Dr. H im Januar 2001 finden sich keine weiteren medizinischen Unterlagen in den Akten. Dr. H stellte bei ihrer Untersuchung eine leicht verspannte Muskulatur im Lumbalbereich, aber keine Muskelatrophien im Bereich der Beine und Arme fest. Die Gelenke waren frei beweglich. Der Finger-Bodenabstand betrug sogar nur 16 cm, der Zehen-Hackenstand war beidseits sicher ausführbar. Neurologisch ergaben sich mit Ausnahme einer Reithosenhypästhesie nach der Tumor-Op und einem positiven La-sègue links bei 50 Grad und rechts bei 70 Grad keine pathologischen Befunde. Der Kläger, der sich wegen ständiger Rückenschmerzen als nicht leistungsfähig an-sieht, war nach seinen Angaben bei der Begutachtung von Frau Dr. H in der Lage, die anfallenden Arbeiten im Haushalt zu erledigen und sich um die vier Kinder (geb. 1982, 1983, 1986, 1990), die nach seiner Ehescheidung bei ihm lebten, zu kümmern und mit ihnen etwas zu unternehmen (z. B. Kino, Bekannte besuchen). Er konnte nach eigenen Angaben einen Kilometer hintereinander laufen oder zwei Stunden bei guter Bestuhlung sitzen und führt regelmäßig eine intensive Morgengymnastik durch. Eine spezielle Behandlung durch einen Orthopäden, Schmerz- oder Physiotherapeuten hat er nicht in Anspruch genommen, bei Bedarf nimmt er nicht morphinhaltige Schmerz-mittel ein.

Eine bedeutsame, andauernde Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist auch während des Berufungsverfahrens nicht eingetreten. Vielmehr stellte sich der Ge-sundheitszustand des Klägers – bis zum Auftreten des erfolgreich behandelten Bla-sentumors – als weiterhin stabil dar. Ausweislich des BB der Dipl.-Med. Wvom 18. Februar 2003 sind keine neuen Leiden hinzugekommen, der Zustand war unverän-dert. Seine Ärztin suchte der Kläger dann erst wieder am 24. September 2003 wegen Lumboischalgie und am 25. Oktober 2004 wegen eines Treppensturzes auf. Weitere neue Diagnosen wurden nicht gestellt. Der behandelnde Arzt Bteilte im BB vom 25. Oktober 2007 mit, dass die letzte Behandlung - trotz beklagter Schmerzen - am 25. Juli 2003 erfolgt sei.

Diesem Bild entspricht die Würdigung nach Aktenlage durch die Sachverständige Dr. H (Stellungnahmen vom 28. November 2007 und vom 30.April 2008), die ausgeführt hat, dass sich keine neuen abweichenden Befunde ergeben hätten.

Schließlich vermochte auch der vom Senat wegen des vom Kläger vorgetragenen Scherzsyndroms beauftragte Facharzt für Orthopädie und spezielle Schmerzmedizin Dr. W in seinem Gutachten vom 08. Februar 2010 keine rentenrechtlich bedeutsame Verschlechterung des Gesundheitszustandes festzustellen. Der Sachverständige kam unter Auswertung der neu angefertigten Röntgenaufnahme zur Feststellung eines Verschleißleidens der LWS, speziell im Segment L5/S1, wobei die BS-Vorfälle, Ops und der nachfolgende Verlauf zu einer knöchernen Einsteifung des untersten Wirbel-segments geführt hätten. Weitergehende Leistungseinschränkungen als bisher hätten sich nicht feststellen lassen. Der Kläger habe zwar ein leichtes Entlastungshinken links, im Übrigen aber eine gute Gehfähigkeit im Zimmer ohne Unterarmstützen ge-zeigt. Schulter- und Beckenstand seien seitengleich, wesentliche Schwierigkeiten beim An- und Ausziehen sowie beim Besteigen der Liege seien nicht erkennbar ge-wesen. Die HWS und die BWS seien in der Beweglichkeit und beim Betasten unauf-fällig, Schultergürtel und obere Extremitäten seien hinsichtlich der Beweglichkeit und ohne wesentliche Schmerzäußerung in der Norm gewesen. Die LWS sei zwar in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, der Finger-Boden-Abstand von 26 Zentimeter spreche aber gegen eine starke Bewegungseinschränkung der WS. Ein schmerzhafter Bogen oder motorische Defizite seien nicht feststellbar, der Zehen- und Hackenstand sei sei-tengleich durchführbar gewesen. Die Muskulatur an Ober- und Unterschenkel sei beidseits kräftig und seitengleich ausgeprägt. Die damalige Nervenwurzelschädigung mit sensiblen Ausfällen an der Oberschenkel-innenseite habe sich zwar nicht vollständig zurückgebildet, von frischen Nervenwur-zelschäden sei jedoch nicht auszugehen. Die Nervenwurzel sei narbig im Bereich der Austrittsöffnungen an der Wirbelsäule verbacken und beschränke so die Beweglich-keit der LWS. Es könne von einem stabilen Endzustand ausgegangen werden. Soweit neuerdings Taubheitsgefühle an der rechten Daumeninnenseite genannt würden, sei nach den Untersuchungen von einer lokalen Irritation/Druckschädigung eines sensib-len Nervens an den Daumengelenken rechts auszugehen. Die Röntgenuntersuchung der rechten Hand lasse keinen Hinweis auf relevante Verschleißveränderungen der Daumengelenke zu.

Die festgestellten Leiden auf orthopädischem und internistischem Gebiet schränken das Leistungsvermögen des Klägers zwar qualitativ jedoch nicht quantitativ ein. Die Sachverständigen haben überzeugend und nachvollziehbar das Restleistungsvermö-gen des Klägers abgeleitet. Hiernach kann er zwar seinen erlernten Beruf als Schlos-ser nicht mehr ausüben. Er ist jedoch in der Lage, vollschichtig, d. h. acht Stunden - und damit sechs Stunden und mehr (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) - unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes körperlich leichte Arbeiten mit der Mög-lichkeit zum Wechsel der Haltungsarten auszuführen. Für diese Fähigkeit spricht schon der Umstand, dass die Muskulatur an Ober- und Unterschenkel beidseits kräftig und seitengleich ausgeprägt ist, was darauf schließen lässt, dass der Kläger seine Beine intensiv benutzt. Qualitative Leistungseinschränkungen sind insoweit zu be-rücksichtigen, als die Arbeiten ohne besondere Belastung der WS und der Beine, un-ter Vermeidung einseitiger körperlicher Belastungen bzw. Zwangshaltungen, nicht im Freien oder unter Einfluss von ungünstigen klimatischen Bedingungen, besonderem Zeitdruck oder in festgelegtem Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen, auf Leitern und Gerüsten, zu verrichten sind. Arbeiten mit Heben und Tragen leichter Lasten, mit Wechsel- und/oder Nachtschicht, Arbeiten, die die Fingergeschicklichkeit vorausset-zen oder überwiegend oder teilweise am Computer und mit Publikumsverkehr sind möglich. Auch ist der Kläger in der Ausübung geistig mittelschwieriger bis schwieriger Arbeiten nicht eingeschränkt. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle sind nicht zu berücksichtigen, der Kläger kann öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kfz benutzen.

Soweit Dr. W des Weiteren Hinweise auf ein Schmerzsyndrom, Chronifizierungsgrad III nach Gerbershagen, sowie - fachfremd – auf eine schwere Depression gesehen hat, ist anzumerken, dass sowohl eine chronische Schmerzkrankheit wie auch eine Depression keineswegs automatisch zur Annahme eines geminderten Leistungsver-mögens führen. Vielmehr müssen die konkreten Auswirkungen auf das Leistungsbild unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde ermittelt werden. Dr. W hat sich in seiner Diagnose überwiegend auf die vom Kläger ausgefüllten Selbsterhebungsfrage-bögen gestützt. Unberücksichtigt hat er aber den Umstand gelassen, dass der Kläger wegen der Rückenproblematik über den gesamten Zeitraum keine kontinuierliche ärzt-liche Behandlung, keine spezielle Schmerztherapie und keine Physiotherapie in An-spruch genommen hat. Er nimmt nach seinen Angaben lediglich bei Bedarf das Schmerzmittel Tramondin ein. Auch für das Vorliegen einer Depression im leistungs-mindernden Umfang finden sich keine konkreten Anhaltspunkte. Eine chronisch de-pressive Episode ist zwar auch vom behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin M angeben worden, gleichwohl nimmt der Kläger nach wie vor eine psychiatrische oder psychotherapeutische Betreuung nicht in Anspruch. Ebensowenig findet eine medi-kamentöse Therapie mit Antidepressiva statt. Im Übrigen hat Dr. W eine weitere (fachspezifische) Begutachtung nicht für erforderlich gehalten.

Der in 2007/2008 diagnostizierte Blasentumor und die dadurch notwenig gewordene stationäre Behandlung in den OK im Mai und im Juni 2008 bedingte zwar vorüberge-hend Arbeitsunfähigkeit i. S. der Krankenversicherung, führte jedoch nicht zu einer dauernden Minderung der Leistungsfähigkeit. Nach Durchführung mehrerer Chemo-Therapien scheint der Tumor ausgeheilt zu sein (B Be des behandelnden Urologen Dr. M vom 02. und vom 11. November 2008). Gegenteiliges hat auch der Kläger nicht vorgetragen.

Der Kläger kann sich zum Nachweis einer rentenerheblichen Minderung der Erwerbs-fähigkeit auch nicht mit Erfolg auf die Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vom 08. November 2007 und des MDK Berlin-Brandenburg e. V. vom 06. März 2008 berufen. Die im Gutachten der Bundesagentur neu festgestellte Funktionseinschränkung im Bereich der HWS und der Verdacht auf Cox- und Gonarthrose vermochte der Ge-richtssachverständige Dr. W, der in seinem Gutachten vom 08. Februar 2010 insoweit völlig unauffällige Befunde erhoben hat, nicht zu bestätigen. Die Annahme einer "The-rapieresistenz" wurde anscheinend aus den Angaben des Klägers übernommen und nicht hinterfragt. So hat auch die Sachverständige Dr. H (ergänzende Stellungnahme vom 30. April 2008) ausgeführt, das MDK-Gutachten gebe im Hinblick auf die be-scheinigte stark eingeschränkte bis aufgehobene Leistungsfähigkeit des Klägers nichts her. Es seien keine ausführlichen Befunde im Bereich des Bewegungsappara-tes erhoben worden, ein Lasègue von 30 Grad lasse nicht den Schluss auf eine soma-tische Erkrankung zu. Unverständlich sei, dass bei der beklagten Schwere der Leiden bisher weder eine adäquate Diagnostik noch eine Therapie durchgeführt worden sei-en.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger gesundheitlich durchaus in der La-ge war, in der Zeit vom 01. Juli 2000 bis zum 15. März 2002 und vom 19. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2006 im Tischlerei-Betrieb seines Bruders als kaufmännischer Mitarbeiter bzw. Bauleiter/Monteur tätig zu werden und sich – jedenfalls den Angaben gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zufolge - wie ein "normaler Arbeitnehmer" in dem Betrieb einzugliedern. Zweifel an der vom Kläger und seinem Bruder angegebe-nen "pro-forma"- Beschäftigung bestehen schon deshalb, weil es wenig wahrschein-lich ist, dass der Bruder es sich in seinem Betrieb wirtschaftlich hätte leisten können, einen Angehörigen, der nur sporadisch arbeitet, mit derartig hohen monatlichen Bei-trägen zu unterstützen.

Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen lie-gen ebenfalls nicht vor, denn die bereits benannten qualitativen Leistungseinschrän-kungen entsprechen dem Erfordernis einer leichten Arbeit, z. B. als einfacher Pförtner, wie sie dem Kläger noch zuzumuten ist.

Der Kläger ist hiernach nicht erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 SGB VI a. F.) und er ist auch nicht auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

II. Der Kläger ist zudem nicht berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 SGB VI a. F.) und ihm steht auch keine Rente wegen teilweiser EM bei BU zu (§ 240 Abs. 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen BU haben nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. Versicherte, de-ren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung oder gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bis-herigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umge-schult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 ge-boren und berufsunfähig sind, bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsmin-derung. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tä-tigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichti-gung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; da-bei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).

Auch wenn der Kläger mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen seinen erlernten Beruf als Schlosser und seine zuletzt ausgeübte selbständige Tätigkeit als Fuhrunter-nehmer, jedenfalls soweit sie mit körperlich belastenden Tätigkeiten wie z. B. Trans-port- und Ladearbeiten verbunden ist, nicht mehr ausüben kann, was unter den Betei-ligten auch nicht streitig ist, wäre er allein aus diesem Grund nicht berufsunfähig. Ein Anspruch auf Rente wegen BU steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. bzw. § 240 Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch aus-führen kann.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wer-tigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrich-terliche Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, welches die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen untergliedert. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch quali-fizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der ab-solvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbil-dung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstä-tigkeit) umschrieben wird (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 RdNrn. 6 -7). Ausgangspunkt für die Einstufung in das Mehrstufenschema ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist oder der Arbeitnehmer sich von einer früher ausgeübten hö-herwertigen Tätigkeit gelöst hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 126, 130, 164).

Bisheriger Beruf des Klägers ist das - krankheitsbedingt aufgegebene - Gewerbe des "Schnelltransportes". Demgegenüber lässt sich eine krankheitsbedingte Aufgabe des Schlosserberufs, wie es der Kläger behauptet, anhand der Aktenlage nicht feststellen.

Mit dem Fuhrgewerbe ist der Kläger im Rahmen des Mehrstufenschemas nach Auf-fassung des Senats allenfalls der Facharbeitergruppe zuzuordnen.

Hierzu gehört, wer einen anerkannten Ausbildungsberuf i. S. v. § 25 Berufsbildungs-gesetz (BBiG) bzw. § 25 Handwerksordnung (HwO) mit mehr als zweijähriger Ausbil-dung erlernt und bisher ausgeübt hat oder wer in einem nach dem BBiG bzw. der HwO anerkannten Ausbildungsberuf arbeitet, ohne die hierfür erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, wenn neben der tariflichen Einstufung als Facharbeiter seine Kenntnisse und Fertigkeiten in voller Breite denjenigen eines vergleichbaren Fachar-beiters mit abgelegter Prüfung entsprechen, wobei der Versicherte nicht nur eine sei-nem individuellen Arbeitsplatz entsprechende Arbeitsleistung erbringt, sondern auch über die für diesen Beruf erforderlichen praktischen Fähigkeiten und theoretischen Kenntnisse in dem Umfang verfügt, dass er mit ausgebildeten Arbeitnehmern ver-gleichbaren Alters auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig ist. Der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters sind auch Versicherte zuzuordnen, die in Ausbildungsbe-rufen ohne anerkannten Ausbildungsgang i. S. des § 25 BBiG bzw. § 25 HwO tätig waren, wenn deren Tätigkeiten den anerkannten Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind. Schließlich sind Berufstätigkeiten, für die kein Ausbildungsgang i. S. des BBiG bzw. der HwO besteht und die nicht als solche in einem Tarifvertrag einer Lohngruppe zugeordnet sind, als Facharbeitertätigkeiten einzustufen, wenn der Um-fang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder die sonstigen Anforde-rungen der bisherigen Berufstätigkeiten den Anforderungen an einen Facharbeiter gleich zu achten sind. Fehlt es an einer tariflichen Einordnung - was bei spezialisierten Tätigkeiten nicht selten der Fall ist -, ist es für die Bejahung der Facharbeitereigen-schaft entscheidend, ob sich der Versicherte in der Gesamtschau aus dem Kreis der oberen Angelernten so hervorhebt, dass eine Gleichstellung mit einem Facharbeiter gerechtfertigt erscheint (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 RdNrn. 8 bis12 m. w. N.).

Unter Heranziehung dieser Kriterien erscheint es zumindest zweifelhaft, ob der Kläger mit seinem Fuhrunternehmen der Gruppe der Facharbeiter zugeordnet werden kann.

Der Kläger besitzt weder einen Ausbildungsabschluss als Berufskraftfahrer mit einer Regelausbildungszeit von zwei Jahren (§ 2 der bis zum 31. Juli 2001 maßgeblichen Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer vom 26. Oktober 1973 [Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 1973], BGBl. 1973 S. 1518 ff) noch mit einer Re-gelausbildungszeit von drei Jahren (§ 2 der Berufskraftfahrer-AusbildungsVO 2001, BGBl. 2001 S. 642 ff). Es fehlt auch an einem entsprechenden Ausbildungsnachweis bzw. Facharbeiterbrief der DDR über eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Der Kläger hat auch keine Berufsausbildung zum Speditionskaufmann durchlaufen. Er hat lediglich in einem einwöchigen Vorbereitungslehrgang, der 50 Unterrichtsstunden umfasste, Kenntnisse erworben, die es ihm ermöglichten, den Nachweis der fachli-chen Eignung zur Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens im Güternah- und -fernverkehr in Form einer Prüfung vor der IHK zu erbringen. Eine Gleichstellung sei-ner Fuhrunternehmertätigkeit mit derjenigen eines Speditionskaufmannes mit drei Jahre dauernder Ausbildung (vgl. die Verordnungen über die Berufsausbildung zum Speditionskaufmann vom 29. Dezember 1983, BGBl. 1984, S. 24 und vom 18. Juni 1996, BGBl. 1996, S. 859) verbietet sich schon von daher.

Da es sich bei der selbständigen Tätigkeit des Klägers als Inhaber eines Fuhrunter-nehmens im Güterkraftverkehr auch nicht um einen Ausbildungsberuf handelt und diese auch nicht tarifvertraglich erfasst ist, scheidet sowohl die Zuordnung zur Gruppe der Facharbeiter aufgrund gleichwertiger Kenntnisse und Fähigkeiten mit einem ver-gleichbaren Facharbeiter, der über eine abgelegte Ausbildung verfügt, wie auch die Einordnung nach der tariflichen Zuordnung aus. Der Kläger müsste vielmehr in seiner selbständigen Tätigkeit Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben, die vom Umfang und den sonstigen Anforderungen her denjenigen an einen Facharbeiter gleich zu achten sind (Niesel, Kasseler Kommentar, § 240 SGB VI, Anmerkung 64). Bei der hiernach gebotenen Gesamtschau ist es wegen der Unterschiedlichkeit der ausgeüb-ten einzelnen Tätigkeiten (handwerklich und kaufmännisch) nicht möglich, einzelnen Kriterien allein eine maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung der Wertigkeit des ausgeübten Berufs beizumessen. Daher kann auch nicht allein entscheidend auf die Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. die Anforderungen in einzelnen Teilbereichen dieser Berufstätigkeit im Vergleich zu den Anforderungen an einen Facharbeiter im jeweili-gen Vollberuf, also einem ausgebildeten Kraftfahrer oder Speditionskaufmann, abge-stellt werden. Da die Inhaberschaft eines Fuhrunternehmens als eine Spezialtätigkeit anzusehen ist, ist diese vielmehr dahingehend zu beurteilen, ob hinreichend Leis-tungsmerkmale vorliegen, wie sie typischerweise auch bei Facharbeitertätigkeiten an-zutreffen sind und die demnach insgesamt eine Wertigkeit dieser Berufstätigkeit zum Ausdruck bringen, die über die einer angelernten Tätigkeit hinausgeht. Hierbei ist ins-besondere der Rahmen zu berücksichtigen, in dem sich die unternehmerische Tätig-keit entfaltet (z. B. Größe des Betriebs, Umfang der anfallenden Geschäftstätigkeiten, Beschäftigung von Auszubildenden etc.). Die Führung eines Unternehmens als versi-cherungspflichtiger Selbständiger für sich allein vermag nicht den Status eines Fach-arbeiters zu begründen. Die selbständige Tätigkeit ist nicht allein deshalb höher ein-zuordnen als die abhängige Tätigkeit, weil sie selbständig ausgeübt wird (Niesel, a. a. O., Anmerkung 72).

Der Transportbetrieb des Klägers stellt sich ausweislich der aus den Steuer- und Bi-lanzakten ersichtlichen Umsätze und Gewinne allenfalls als ein Kleinbetrieb dar. Hinzu kommt, dass der Kläger diesen auch nur für kurz Zeit, nämlich nur über drei Jahre, geführt hat. Beschäftigt wurden lediglich zwei Mitarbeiter, die nicht Facharbeiter im Speditionsgewerbe, sondern Kraftfahrer waren. Die vom Kläger hervorgehobenen Tä-tigkeiten (Disposition, Vertragsgespräche und -abschlüsse, Kalkulati-on/Kostenrechnung, Planung/Koordination) sind also in diesem kleinen Rahmen ange-fallen. Auch inhaltlich verlangte die Führung des Unternehmen nicht Tätigkeiten, sie sich mit den Anforderungen, die an ein spezifisches Speditionsgewerbe gestellt würden, ver-gleichen ließen. Zur Vorbereitung der selbständigen Tätigkeit durchlief der Kläger ei-nen einwöchigen Vorbereitungslehrgang und erwarb in 50 Unterrichtsstunden allen-falls Grundkenntnisse im Güternah- und –fernverkehr. Dass zur Betriebsführung ver-tiefte Kenntnisse notwendig waren, ist nicht ersichtlich. So hatte der Kläger im Betrieb nicht überwiegend mit hochwertigen Gütern oder solchen mit bestimmtem Gefähr-dungspotential oder auch mit leicht verderblichen Waren zu tun, die zu beschaffen, zu lagern, umzuschlagen gewesen wären. Der Kläger hat lediglich auf "Stückguttrans-port", "Lebensmitteltransport", "Personentransport" und "Kurierdiensttransport" und - ohne nähere Angaben und Beleg - auf ab und an vorkommende höherwertige Fuhren (Zigaretten, Kaffee, Maschinen, antike Möbel) verwiesen. Auch waren nicht die zum Transport notwendigen Wege und speziellen Verkehrsleistungen auszuwählen, die Ware speziell zu verpacken oder Fracht-, Lager- und Umschlagsverträge abzuschlie-ßen und Versandpapiere oder Zolldokumente für den grenzüberschreitenden Güter-transport auszufertigen. Das vom Kläger hervorgehobene Disponieren, Erbringen und Abwickeln von Speditionsaufträgen etc. dürfte, mangels detailreicher Angaben des Klägers, darin bestanden haben, im Auftrag unterschiedliche Gegenstände, u. U. auch einmal eine höherwertige Fuhre, von einem Ort zum anderen zu bringen oder Leis-tungen im Rahmen der Personenbeförderung vorzunehmen. Jedoch ergibt sich nicht, dass es sich um Fuhren gehandelt haben könnte, die besonderen Sicherheitserfor-dernissen genügen mussten, dass Schadensmeldungen einschließlich der versiche-rungsmäßigen Abwicklung in nennenswertem Umfang zu bearbeiten gewesen wären oder die besondere technische Kenntnisse erfordert hätten. Dem Kläger wurden auch nicht wesentliche Kenntnisse der Personalführung abverlangt. Die beiden Mitarbeiter absolvierten die ihnen zugewiesenen Fuhren, hierunter auch Taxifahrten, eine beson-dere Einweisung war nicht erforderlich. Soweit der Kläger angibt, er habe seine Kenntnisse aus der Ausbildung als Schlosser in seinen Betrieb eingebracht, handelte es sich um die Erbringung von einfachen Wartungs-, Reparatur- und Schlosserarbei-ten im Umfang von etwa 10 bis 12 Stunden pro Woche an seinem Fuhrpark (7 Fahr-zeuge und 3 Anhänger), der ausweislich der Investitionszulageakten mit Ausnahme des in 1991/1992 erworbenen Ford Transit LKWs nebst Pritschen-Hochlader und An-hänger anscheinend aus gebraucht gekauften, nicht sehr hochwertigen Fahrzeugen bestand. Auch dürften Wartungs- und Reparaturarbeiten in dem kurzen Zeitraum nicht ständig angefallen sein, konkret belegt ist jedenfalls keine vom Kläger vorgenommene größere Reparatur. Es bestehen in der Gesamtschau jedenfalls erhebliche Zweifel daran, dass die im Unternehmen anfallenden Arbeitsabläufe so komplex und schwie-rig gewesen sein könnten, dass ihre Bewerkstelligung eine jahrelange einschlägige Berufspraxis erfordert hätte, oder dass der Kläger erhöhter Verantwortung für die Ge-sundheit von Mitarbeitern und von Fahrgästen oder für besonders teures Material ausgesetzt gewesen wäre. Aus diesen Überlegungen folgt zugleich, dass der Kläger keinesfalls, wie zwischen-zeitlich geltend gemacht, als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion einzuordnen wäre. Nach der Rechtsprechung des BSG wird diese Stufe z. B. Versicherten mit Leitungs-funktionen (z. B. Meister und Hilfsmeister, Polier, bestimmte Vorarbeiter), deren Be-rufstätigkeit infolge besonderer geistiger und persönlicher Anforderungen die des Facharbeiters noch deutlich überragt, etwa einem selbständigen Handwerksmeister, der Auszubildende beschäftigt, wegen der besonderen Verantwortung, die mit der Ausbildung junger Handwerker verbunden sei, zuerkannt (BSGE 43, 243, 246). Dem Kläger stand jedoch, ungeachtet des Fehlens der sonstigen Kriterien für die Annahme einer die Anforderungen des Facharbeiters noch deutlich überragenden Tätigkeit, kei-ne Ausbildungsbefugnis zu.

Selbst wenn der Kläger mit seiner Tätigkeit als Fuhrunternehmer einem Facharbeiter gleichzustellen wäre, so wie es schließlich die Beklagte, der Stellungnahme des be-rufskundigen Sachverständigen R vom 12. November 2007 folgend, angenommen hat, ist es grundsätzlich zulässig, ihn auf eine Tätigkeit zu verweisen, die als eine Stu-fe unter der Stufe, welcher der bislang ausgeübte Beruf zugehörig ist, einzuordnen ist. Diese beinhaltet Tätigkeiten, die eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern oder die zumindest angelernten Tätigkeiten tarifvertraglich gleichgestellt sind oder die sich aufgrund besonderer qualitativer Merkmale hervorhe-ben und deshalb einer Anlernzeit gleichstehen (vgl. BSGE 43, 243, 245 f.; BSGE 44, 288, 290 f.).

Im Rahmen dieser Grundsätze wäre der Kläger jedenfalls sozial zumutbar auf die Tä-tigkeit eines Registrators nach der damaligen Vergütungsgruppe BAT VIII (qualifizierte Registraturarbeiten; heute: Vergütungsgruppe E3 TVöD) verweisbar. Die Tätigkeit eines Registrators reicht von vorwiegend mechanischen Tätigkeiten (BAT X) und den einfacheren Arbeiten (BAT IX) über schwierigere Tätigkeiten (BAT VIII) bis zu Arbeiten mit gründlichen und besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (BAT VII bis V). Die Vergütungsgruppe VIII BAT erfasst Angestellte im Büro-, Registratur-, Kassen-, Buchhalterei-, Sparkassen-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit schwierigerer Tätigkeit (z.B. Mitwirkung bei der Bearbeitung lau-fender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, Entwerfen von dabei zu erledi-genden Schreiben nach skizzierten Angaben; Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten auch ohne Anleitung in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, Führung von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien sowie von sol-chen Karteien, deren Führung die Kenntnis fremder Sprachen voraussetzt, buchhalte-rische Übertragungsarbeiten; Zinsstaffelberechnungen; Kontenführung). In die Vergü-tungsgruppe IXb BAT werden Angestellte mit einfacheren Arbeiten (z. B. nach Sche-ma zu erledigende Arbeiten; Führung von Inhaltsverzeichnissen und einfachen Kartei-en z. B. Zettelkatalogen, nach Eigen- oder Ortsnamen geordneten Karteien; Führung von Kontrolllisten, Formular- und Schreibmaterialienverwaltung; Führung von häufig wiederkehrendem Schriftwechsel nach Vordruck, insbesondere formularmäßige Be-scheinigungen und Benachrichtigungen; Lesen von Reinschriften; Heraussuchen von Vorgängen anhand der Tagebücher) eingruppiert. Die Vergütungsgruppen sind im Verhältnis zueinander zu sehen. Eine "schwierigere Tätigkeit" im Sinne der Vergü-tungsgruppe VIII BAT muss an den "einfacheren Arbeiten" der Vergütungsgruppe IX b BAT gemessen werden. Deshalb ist unter den schwierigeren Tätigkeiten nach VIII BAT weniger als eine schwierige Tätigkeit zu verstehen; der Komparativ "schwierige-re" wird hier als Steigerung gegenüber den "einfacheren" Arbeiten der Vergütungs-gruppe IX b Fallgruppe 1 gebraucht. Die schwierigeren Tätigkeiten zeichnen sich durch Verantwortlichkeit, große Selbständigkeit, eigene Initiative, Arbeitseinsatzent-scheidung, besondere Initiative, besondere eigene Überlegung und eine Befähigung, wie sie zu einfacheren Arbeiten im Sinne von Vergütungsgruppe IX b nicht gefordert wird, aus. Schwierigere Tätigkeiten liegen gegenüber einfacheren Tätigkeiten dann vor, wenn die Tätigkeit den Einsatz qualifizierterer Fähigkeiten der Angestellten, gleich in welcher Hinsicht, im Vergleich zu den einfacheren Arbeiten verlangt, ohne dass a-ber gründliche Fachkenntnisse erforderlich wären (Breier u. a., Eingruppierung und Tätigkeitsmerkmale im öffentlichen Dienst, Kommentar, 85. Aktualisierung, Stand 01. Oktober 2006, Vorwort 2005, S. 123; Bredemann/Neffke, Eingruppierung in BAT und BAT-O, 2001, RdNr 60). Im Gegensatz zu den Vergütungsgruppen IX b und X BAT handelt es sich bei der Vergütungsgruppe VIII BAT um eine Tätigkeit für Angelernte und damit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verwaltungstätigkeit (vgl. BSG, Urteile vom 27. November 1991, 5 RJ 91/89, vom 12. September 1991, 5 RJ 34/90, und vom 29. Mai 1980, 5 RJ 138/79, jeweils veröffentlicht in juris).

Die Tätigkeit eines Registrators hätte der Kläger zur Überzeugung des Senats auch nach einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten wettbewerbsmäßig ausfül-len können, selbst wenn er, wie er vorträgt, nicht über Kenntnisse wie ein "ausgebilde-ter Verwaltungsfachangestellter" (Vergütungsgruppe BAt VIII) verfügt. Selbst wenn der Kläger im Rahmen seiner schulischen und beruflichen Ausbildung (10. Klasse POS und Schlosserlehre) und seiner langjährigen Tätigkeit als Schlosser keine Kenntnisse zu erwerben vermochte, die es ihm ermöglicht hätten, qualifizierte Tätigkeiten in der Registratur der Vergütungsgruppe VIII BAT in einer maximal dreimonatigen Einarbei-tungszeit zu erlernen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger während seines kaufmännischen "Schnelllehrgangs" und im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit kaufmännisches Denken und Handeln sowie Organisieren erlernt hat. Der Kläger be-zeichnet sich als "Speditionskaufmann", trägt umfassende kaufmännische Kenntnisse einschließlich bürotechnischer Fertigkeiten vor und beansprucht die Gleichstellung mit einem Facharbeiter bzw. sogar mit einem besonders qualifizierten Facharbeiter. Er hat sich ausweislich der beigezogenen Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit (s. u. a. Beratervermerk vom 28. Januar 1999) als "Speditionskaufmann" der Arbeitsver-mittlung zur Verfügung gestellt. Schließlich hat sich der Kläger auch als "kaufmänni-scher Mitarbeiter" und "Bauleiter" im Betrieb seines Bruders verwertbare Kenntnisse aneignen können. Wenn er hiergegen einwendet, es habe sich um eine nicht unter üblichen Bedingungen erbrachte Tätigkeit, sondern vielmehr um eine vergönnungs-weise Beschäftigung gehandelt, so erscheint dies, wie bereits ausgeführt, zum einen angesichts des relativ hohen Arbeitslohns unglaubhaft, zum anderen muss, wer die Ausübung derartiger Tätigkeiten an einer Stelle zum eigenen Vorteil nicht nur behaup-tet sondern auch noch wiederholt als wahrheitsgemäß versichert, sich an anderer Stelle auch daran festhalten lassen. Soweit er fehlende EDV-Kenntnisse behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass nicht entscheidungserheblich ist, ob heutzutage im Rahmen einer Registratorenstelle zu-nehmend mehr Arbeiten am Computer ausgeführt werden, die auch qualitativ vertiefte Kenntnisse erfordern (Beherrschung unterschiedlicher Programme etc.), sondern dass es bei der Beurteilung auf den Beginn des Zeitraums ankommt, für den durchgehend BU geltend gemacht wird, also ab dem 01. Januar 1998. Zum damaligen Zeitraum wurden etliche Tätigkeiten, etwa das Führen von Registraturen oder das Entwerfen von Schreiben, noch per Hand erledigt bzw. waren eventuell EDV-Arbeiten einfache-rer Art, etwa in Form der Benutzung des Computers als "Schreibmaschine", erforder-lich. Auch das vom Kläger eingeführte Gutachten des Ltd. Landesarchivdirektors Dr. Rspricht lediglich von "Grundkenntnissen im EDV-Bereich" sowie der "Fähigkeit, zur Handhabung der jeweils eingesetzten EDV-Systeme". Im Übrigen ist auch von fach-kundiger Seite belegt, dass kaum ein EDV-Anwenderprogramm eine längere als drei-monatige Einarbeitungszeit abverlangt, da solche Programme in der heutigen Zeit wohl sonst praktisch unverkäuflich wären, abgesehen von wissenschaftlichen Anwen-dungsgebieten, um die er hier nicht geht. Registratur-Mitarbeiter haben allenfalls eine virtuelle Kartei zu führen, d. h. den Ein- und Ausgang von Akten, Geschäftspapieren und weiteren Dokumenten nach Datum, Herkunft bzw. Empfänger und Registratur-merkmal zu erfassen. Die Frage nach der Einarbeitung in vergleichweise einfache elektronische Registratursysteme spielt keine ausschlaggebende Rolle (vgl. Urteil des Senats vom 30. April 2009, L 3 R 1050/06, veröffentlicht in juris, unter Bezugnahme auf die berufskundliche Stellungnahme der Bundesversicherungsanstalt für Angestell-te vom 30. August 2000).

Die Verweisungstätigkeit eines Mitarbeiters in der Registratur ist dem Kläger – anders als eine Tätigkeit in der Poststelle, die mit Heben und Tragen von Lasten (Pakete) verbunden ist und daher eine mittelschwere Belastbarkeit des Mitarbeiters erfordert – auch gesundheitlich zumutbar, denn es handelt sich um eine körperlich leichte Tätig-keit, die aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet wird. Schweres Heben und Tragen sind nicht erforderlich, die Grenze liegt im Einzelfall bei bis zu 5 kg. Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern ist generell nicht mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden, da dies von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und Ar-beitsorganisation abhängig ist. Ggf. stehen Hilfsmittel wie insbesondere Aktenwagen zur Verfügung (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 22. Oktober 2008, L 13 R 554/07, veröffentlicht in juris). Derartige Arbeiten kann der Kläger, wie sich aus dem Gutach-ten von Frau Dr. H vom 16. Januar 2001 nebst ergänzender Stellungnahme 28. No-vember 2007 und dem Gutachten von Dr. W vom 08. Februar 2010 ergibt, auch ver-richten.

Der Senat teilt auch nicht die unter Bezugnahme auf vorgelegte berufskundliche Stel-lungnahmen vom Kläger vertretene Auffassung, dass es den Beruf des Registrators praktisch nicht mehr gebe. Die zuvor dargestellten Eingruppierungsgrundsätze und -regelungen gelten, da bisher noch keine spezielle neue Entgeltordnung für die Be-schäftigten des öffentlichen Dienstes auf Grund des neuen Tarifvertrags öffentlicher Dienst geschaffen wurde, fort (vgl. Dassau und Langenbrinck: TVöD Schnelleinstieg ins neue Tarifrecht, 1. Aufl. 2005, S. 102; Breier u.a., Eingruppierung und Tätigkeits-merkmale im öffentlichen Dienst, Kommentar, 85. Aktualisierung, Stand 01. Oktober 2006, Vorwort 2005). Bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten besteht die Vermu-tung, dass es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102 m. w. N.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger einen seinem ver-bliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhält.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, denn der Senat hat den vorliegenden Sachverhalt unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewürdigt.
Rechtskraft
Aus
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