Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 376/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 358/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, fiktive Einbeziehung, betriebliche Voraussetzung, VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen.
Dem 1955 geborenen Kläger wurde mit Urkunde der Technischen Universität D. vom 6. Oktober 1978 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen. Nach seinen eigenen Angaben war der Kläger ab September 1978 als Projektingenieur im VEB Spezialbaukombinat Magdeburg, danach ab März 1981 als Leiter TKO im VEB Straßen- und Tiefbau Bitterfeld und ab Januar 1986 als Produktionsdirektor im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld beschäftigt. Diese Tätigkeit übte er auch noch im Juni 1990 aus. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung trat der Kläger mit Wirkung zum 1. August 1982 bei. Eine Zusatzversorgungszusage erhielt er nicht.
Am 22. September 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften auf Grund der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Mit Bescheid vom 21. Januar 2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Versorgungsanwartschaft i. S. v. § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die aus – bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei daher nicht anwendbar. Am 30. Juni 1990 sei der Kläger nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Am 16. Februar 2005 erhob der Kläger Widerspruch und führte zur Begründung aus, der VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld sei ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers sei der Wirtschaftsgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetrieb) in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR zugeordnet gewesen. Diese sei wie folgt beschrieben worden: Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Baureparaturen an Bauwerken der Industrie- und Lagerwirtschaft, der Wasserwirtschaft und des Meliorationswesens, der Landwirtschaft, Binnenfischerei und Forstwirtschaft, des Verkehrs-, des Post- und Fernmeldewesens, für Wohn- und gesellschaftliche Zwecke. Damit stehe fest, dass dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers weder die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung oder Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben habe, noch dass sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sei.
Am 15. Juni 2005 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dessau erhoben. Er sei am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Baubetrieb beschäftigt gewesen. Im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld seien nicht nur Rekonstruktionsmaßnahmen durchgeführt worden, sondern es seien auch Neubauten, z. B. Schulen und Straßen, errichtet worden.
Die Beklagte hat an das Gericht einen Registerauszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld und Handelsregisterauszüge der Nachfolgegesellschaften und weitere Unterlagen zu dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld übersandt. Das Sozialgericht hat Unterlagen zu dem Betrieb aus einem Parallelverfahren beigezogen und an die Beteiligten übersandt (u. a. schriftliche Befragung von Peter Labitzke, letzter Betriebsdirektors des VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld).
Mit Urteil vom 24. Juli 2007 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen. Der Kläger sei zwar berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen und er sei auch seiner Qualifikation entsprechend beschäftigt gewesen. Jedoch habe am Stichtag des 30. Juni 1990 die betriebliche Voraussetzung nicht vorgelegen. Bei dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld habe sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Betrieb nur dann als Produktionsbetrieb des Bauwesens anzusehen, wenn sein tatsächlich verfolgter Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken, nicht jedoch das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art gewesen sei. Ebenso wenig reiche es aus, wenn der Hauptzweck des Betriebes das Erarbeiten und Unterbreiten von Vorschlägen zur Rationalisierung und damit die Erbringung von Dienstleistungen zur Unterstützung von Produktionsbetrieben gewesen sei. Auszugehen sei vom sogenannten fordistischen Produktionsmodell, wonach der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe erfasse, deren Hauptzweck die massenhafte Produktion standardisierter Produkte bzw. die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken gewesen sei. Es habe sich nicht nachweisen lassen, dass die Massenproduktion von Bauwerken dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld das Gepräge gegeben habe. Dagegen spreche bereits, dass der Betrieb nach der Systematik der Volkswirtschaftzweige der DDR der Wirtschaftgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetriebe) zugeordnet gewesen sei. Die Zuordnung eines Betriebes zu einem bestimmten Wirtschaftsbereich stelle ein geeignetes Abgrenzungskriterium dar. Im vorliegenden Fall sei der VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld zwar dem für den Bausektor vorgesehenen Wirtschaftsbereich "2" zugeordnet gewesen, in diesem allerdings nicht als Bauproduktionsbetrieb, sondern als Betrieb für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetrieb, ausgewiesen gewesen. Gegen die Einordnung des Betriebes als Bauproduktionsbetrieb spreche darüber hinaus auch, dass der VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld nach den beigezogenen Registerunterlagen nicht dem Bauministerium der DDR, sondern dem Rat des Kreises Bitterfeld – Kreisbauamt – unterstellt gewesen sei. Der Betrieb möge zwar in gewissem Umfang auch eigene Bauproduktion erbracht haben, allerdings sei nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen nicht bewiesen, dass diese prägend im Vordergrund der Betriebstätigkeit gestanden habe. Dem stehe nicht entgegen, dass der ehemalige Betriebsdirektor Labitzke in seiner schriftlichen Erklärung vom 11. April 2006 in einem Parallelverfahren angegeben habe, das Verhältnis der vom Betrieb erbrachten Bauleistungen für zentral- und bezirksgeleitete Industrie habe weit über 75 % des Gesamtumsatzes ausgemacht, während auf Baureparaturen nur ein geringer Teil des Gesamtumsatzes entfallen sei. Dass der tatsächlich verfolgte Hauptzweck des VEB Kreisbaubetriebes Bitterfeld nicht die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sei, entspreche den Vorgaben des DDR-Rechts und werde von der Kammer als ausschlaggebendes Indiz mit berücksichtigt. Nach der Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Bauwesen vom 18. August 1987, Nr. 3) seien die Kreisbaubetriebe auf der Grundlage der staatlichen Planauflagen und der Baubilanz für die Projektierung sowie die qualitäts- und terminsgerechte Ausführung der ihnen übertragenen Bauaufgaben verantwortlich gewesen. Nach Ziff. I. 1. der Verfügung seien sie so auszugestalten gewesen, dass sie die Aufgaben als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis voll erfüllen konnten und mit ihren eigenen Kapazitäten Aufgaben des Hoch- und Tiefbaus für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und des Ersatzneubaus der Bausubstanz effektiv durchführen konnten. Die Kreisbaubetriebe hätten danach vorrangig Bauaufgaben zur Verwirklichung des Wohnungsbauprogramms zu erfüllen gehabt. Die Schwerpunktaufgaben der Kreisbaubetriebe als Leitbetriebe der Erzeugnisgruppe Baureparaturen und Modernisierung der Wohn- und Gesellschaftsbauten sowie als wissenschaftlich technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis werde in Ziff. I. 3. der Verfügung vom 29. Juni 1987 beschrieben. Danach hätten die Kreisbaubetriebe als Schwerpunktaufgaben die Organisation der Gemeinschaftsarbeit zwischen den Baukapazitäten aller Eigentumsformen im Kreis, insbesondere zur umfassenden Erschließung von Leistungs- und Effektivitätsreserven wahrzunehmen, Erfahrungsaustausche und Leistungsvergleiche durchzuführen sowie die Baubetriebe aller Eigentumsformen des Kreises bei der Neuerer- und Rationalisatorentätigkeit und der Verallgemeinerung bester Arbeits- und Leistungsmethoden, der bestmöglichen Auslastung von Maschinen, Geräten und Anlagen, der Schichtarbeit, des sparsamsten Umgangs mit Material und Energien und einer hohen Qualität des Bauens zu beraten und zu unterstützen gehabt. Zu den Schwerpunktaufgaben habe weiter die Gewährleistung ständiger aktueller Informationen über Anwendungsbeispiele neuer wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse und Bereitstellung von Mustertechnologien, die Organisation von Aktivitäten zur gemeinsamen Erarbeitung neuer wissenschaftlich-technischer Lösungen, die Organisation und Leitung von Maßnahmen der territorialen Rationalisierung, insbesondere der Erschließung vielfältiger Möglichkeiten der Erhöhung der Eigenproduktion von Rationalisierungsmitteln und Ersatzteilen und der Aufbau von arbeitsfähigen wissenschaftlich-technischen Kabinetten zur besseren Wahrnehmung der Verantwortung für die Erzeugnis- und Verfahrensentwicklung gehört. In Ziff. I. 5. der Verfügung werde geregelt, dass die Kreisbaubetriebe für Leistungen der Instandsetzung, Modernisierung und Rekonstruktion sowie des Neubaus, die in Kooperation mit anderen volkseigenen Baubetrieben sowie Baubetrieben anderer Eigentumsformen und Unterstellungen durchgeführt werden sollten, mit der Wahrnehmung der Hauptauftragnehmerschaft Bau beauftragt werden konnten. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass es sich bei dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld unter Berücksichtigung der vielfältigen Aufgaben als Leitbetrieb der Erzeugnisgruppe Baureparaturen und Modernisierung von Wohn- und Gesellschaftsbauten sowie als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis nicht um einen produzierenden Baubetrieb im engeren Sinne - wie etwa ein Bau- und Montagekombinat - gehandelt habe. Im Vordergrund der Betriebstätigkeit habe nicht die massenhafte Errichtung neuer Bauwerke gestanden. Schließlich habe es sich bei dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld auch nicht um einen sogenannten gleichgestellten Betrieb gehandelt, da VEB Kreisbaubetriebe in den abschließenden Katalog der gleichgestellten Betriebe nicht aufgeführt seien.
Gegen das ihm am 22. August 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. September 2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, 75% des Gesamtumsatzes des VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld hätten Bauleistungen für die zentral- und bezirksgeleitete Industrie ausgemacht. Nur ein geringer Anteil sei auf Baureparaturen entfallen. Die Massenproduktion werde durch den vorliegenden Geschäftsbericht aus dem Jahre 1989 dokumentiert. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ehemaligen Kollegen, die wie er im gleichen Betrieb beschäftigt gewesen seien, die Zusatzversorgung bekommen hätten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Juli 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 6. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf die gesetzlichen Vorgaben über die Aufgaben der Kreisbaubetriebe.
Der Senat hat mit den Beteiligten in einem Termin den Rechtsstreit erörtert. In dem Termin am 16. Februar 2010 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den gesamten Senat erklärt. Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az: B 10 EG 1/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 19).
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az: 1 BvR 1921/04 u. a., dokumentiert in juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007, Az: 1 BvF 1/05, dokumentiert in juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die Freiwillige Zusatzrentenversicherung ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Der Kläger war nämlich am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 10/02 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004, Az: B 4 RA 11/04 R, dokumentiert in juris). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004, Az: B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.).
Ausgehend hiervon gab dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld nicht die Massenproduktion von Bauwerken das Gepräge. Auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch aus dem Geschäftsbericht des Jahres 1989 kann nicht darauf geschlossen werden, dass Hauptzweck des Betriebes die Massenproduktion von Bauwerken gewesen ist. Wenn dort allgemein Produktionskennziffern angeführt werden, ist dies kein Beleg für eine Massenproduktion. Hingegen belegt die auf Seite 4 des Geschäftsberichts zu findende Aufzählung der "planmäßig beauflagten Gebrauchswerte", dass der Betrieb verschiedene und nicht nur einen Typ ständig wiederkehrender Bauwerke errichtet hat. Außerdem war er zusätzlich als Hauptauftragnehmer tätig. Eine breite Aufstellung des Betriebes in Hinsicht auf seine Produktions- und Bauwerkspalette belegt auch der Unternehmensgegenstand der einzelnen Nachfolgegesellschaften. Die fünf Gesellschaften, die aus dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld hervorgegangen sind, die H.- und A. GmbH Z., die Kreisbaubetrieb B. GmbH, die R. B. GmbH, die W. H. GmbH und die B. Haustechnik GmbH, hatten einen umfangreichen Unternehmensgegenstand. Soweit damit auf die im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld vorhandenen Kapazitäten zurückgegriffen worden ist, kann sich der Hauptzweck des Betriebes nicht auf die Massenproduktion von Bauwerken beschränkt haben. So sollten die Nachfolgegesellschaften u. a. Erzeugnisse aus Beton und Holz herstellen und vertreiben, Projektierungsleistungen anbieten und Sanitär-, Heizungs- und Klempnerarbeiten erbringen. Damit werden keine Tätigkeitsfelder beschrieben, die auf eine ausschließliche Massenproduktion von typengleichen Bauwerken schließen lassen.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass eventuell ehemaligen Kollegen die Beschäftigungszeit im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld als Zugehörigkeitszeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz anerkannt worden ist. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979, Az: 1 BvL 25/77, BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen.
Dem 1955 geborenen Kläger wurde mit Urkunde der Technischen Universität D. vom 6. Oktober 1978 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen. Nach seinen eigenen Angaben war der Kläger ab September 1978 als Projektingenieur im VEB Spezialbaukombinat Magdeburg, danach ab März 1981 als Leiter TKO im VEB Straßen- und Tiefbau Bitterfeld und ab Januar 1986 als Produktionsdirektor im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld beschäftigt. Diese Tätigkeit übte er auch noch im Juni 1990 aus. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung trat der Kläger mit Wirkung zum 1. August 1982 bei. Eine Zusatzversorgungszusage erhielt er nicht.
Am 22. September 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften auf Grund der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Mit Bescheid vom 21. Januar 2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Versorgungsanwartschaft i. S. v. § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die aus – bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei daher nicht anwendbar. Am 30. Juni 1990 sei der Kläger nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Am 16. Februar 2005 erhob der Kläger Widerspruch und führte zur Begründung aus, der VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld sei ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers sei der Wirtschaftsgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetrieb) in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR zugeordnet gewesen. Diese sei wie folgt beschrieben worden: Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Baureparaturen an Bauwerken der Industrie- und Lagerwirtschaft, der Wasserwirtschaft und des Meliorationswesens, der Landwirtschaft, Binnenfischerei und Forstwirtschaft, des Verkehrs-, des Post- und Fernmeldewesens, für Wohn- und gesellschaftliche Zwecke. Damit stehe fest, dass dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers weder die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung oder Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben habe, noch dass sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sei.
Am 15. Juni 2005 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dessau erhoben. Er sei am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Baubetrieb beschäftigt gewesen. Im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld seien nicht nur Rekonstruktionsmaßnahmen durchgeführt worden, sondern es seien auch Neubauten, z. B. Schulen und Straßen, errichtet worden.
Die Beklagte hat an das Gericht einen Registerauszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld und Handelsregisterauszüge der Nachfolgegesellschaften und weitere Unterlagen zu dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld übersandt. Das Sozialgericht hat Unterlagen zu dem Betrieb aus einem Parallelverfahren beigezogen und an die Beteiligten übersandt (u. a. schriftliche Befragung von Peter Labitzke, letzter Betriebsdirektors des VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld).
Mit Urteil vom 24. Juli 2007 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen. Der Kläger sei zwar berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen und er sei auch seiner Qualifikation entsprechend beschäftigt gewesen. Jedoch habe am Stichtag des 30. Juni 1990 die betriebliche Voraussetzung nicht vorgelegen. Bei dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld habe sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Betrieb nur dann als Produktionsbetrieb des Bauwesens anzusehen, wenn sein tatsächlich verfolgter Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken, nicht jedoch das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art gewesen sei. Ebenso wenig reiche es aus, wenn der Hauptzweck des Betriebes das Erarbeiten und Unterbreiten von Vorschlägen zur Rationalisierung und damit die Erbringung von Dienstleistungen zur Unterstützung von Produktionsbetrieben gewesen sei. Auszugehen sei vom sogenannten fordistischen Produktionsmodell, wonach der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe erfasse, deren Hauptzweck die massenhafte Produktion standardisierter Produkte bzw. die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken gewesen sei. Es habe sich nicht nachweisen lassen, dass die Massenproduktion von Bauwerken dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld das Gepräge gegeben habe. Dagegen spreche bereits, dass der Betrieb nach der Systematik der Volkswirtschaftzweige der DDR der Wirtschaftgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetriebe) zugeordnet gewesen sei. Die Zuordnung eines Betriebes zu einem bestimmten Wirtschaftsbereich stelle ein geeignetes Abgrenzungskriterium dar. Im vorliegenden Fall sei der VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld zwar dem für den Bausektor vorgesehenen Wirtschaftsbereich "2" zugeordnet gewesen, in diesem allerdings nicht als Bauproduktionsbetrieb, sondern als Betrieb für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetrieb, ausgewiesen gewesen. Gegen die Einordnung des Betriebes als Bauproduktionsbetrieb spreche darüber hinaus auch, dass der VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld nach den beigezogenen Registerunterlagen nicht dem Bauministerium der DDR, sondern dem Rat des Kreises Bitterfeld – Kreisbauamt – unterstellt gewesen sei. Der Betrieb möge zwar in gewissem Umfang auch eigene Bauproduktion erbracht haben, allerdings sei nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen nicht bewiesen, dass diese prägend im Vordergrund der Betriebstätigkeit gestanden habe. Dem stehe nicht entgegen, dass der ehemalige Betriebsdirektor Labitzke in seiner schriftlichen Erklärung vom 11. April 2006 in einem Parallelverfahren angegeben habe, das Verhältnis der vom Betrieb erbrachten Bauleistungen für zentral- und bezirksgeleitete Industrie habe weit über 75 % des Gesamtumsatzes ausgemacht, während auf Baureparaturen nur ein geringer Teil des Gesamtumsatzes entfallen sei. Dass der tatsächlich verfolgte Hauptzweck des VEB Kreisbaubetriebes Bitterfeld nicht die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sei, entspreche den Vorgaben des DDR-Rechts und werde von der Kammer als ausschlaggebendes Indiz mit berücksichtigt. Nach der Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Bauwesen vom 18. August 1987, Nr. 3) seien die Kreisbaubetriebe auf der Grundlage der staatlichen Planauflagen und der Baubilanz für die Projektierung sowie die qualitäts- und terminsgerechte Ausführung der ihnen übertragenen Bauaufgaben verantwortlich gewesen. Nach Ziff. I. 1. der Verfügung seien sie so auszugestalten gewesen, dass sie die Aufgaben als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis voll erfüllen konnten und mit ihren eigenen Kapazitäten Aufgaben des Hoch- und Tiefbaus für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und des Ersatzneubaus der Bausubstanz effektiv durchführen konnten. Die Kreisbaubetriebe hätten danach vorrangig Bauaufgaben zur Verwirklichung des Wohnungsbauprogramms zu erfüllen gehabt. Die Schwerpunktaufgaben der Kreisbaubetriebe als Leitbetriebe der Erzeugnisgruppe Baureparaturen und Modernisierung der Wohn- und Gesellschaftsbauten sowie als wissenschaftlich technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis werde in Ziff. I. 3. der Verfügung vom 29. Juni 1987 beschrieben. Danach hätten die Kreisbaubetriebe als Schwerpunktaufgaben die Organisation der Gemeinschaftsarbeit zwischen den Baukapazitäten aller Eigentumsformen im Kreis, insbesondere zur umfassenden Erschließung von Leistungs- und Effektivitätsreserven wahrzunehmen, Erfahrungsaustausche und Leistungsvergleiche durchzuführen sowie die Baubetriebe aller Eigentumsformen des Kreises bei der Neuerer- und Rationalisatorentätigkeit und der Verallgemeinerung bester Arbeits- und Leistungsmethoden, der bestmöglichen Auslastung von Maschinen, Geräten und Anlagen, der Schichtarbeit, des sparsamsten Umgangs mit Material und Energien und einer hohen Qualität des Bauens zu beraten und zu unterstützen gehabt. Zu den Schwerpunktaufgaben habe weiter die Gewährleistung ständiger aktueller Informationen über Anwendungsbeispiele neuer wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse und Bereitstellung von Mustertechnologien, die Organisation von Aktivitäten zur gemeinsamen Erarbeitung neuer wissenschaftlich-technischer Lösungen, die Organisation und Leitung von Maßnahmen der territorialen Rationalisierung, insbesondere der Erschließung vielfältiger Möglichkeiten der Erhöhung der Eigenproduktion von Rationalisierungsmitteln und Ersatzteilen und der Aufbau von arbeitsfähigen wissenschaftlich-technischen Kabinetten zur besseren Wahrnehmung der Verantwortung für die Erzeugnis- und Verfahrensentwicklung gehört. In Ziff. I. 5. der Verfügung werde geregelt, dass die Kreisbaubetriebe für Leistungen der Instandsetzung, Modernisierung und Rekonstruktion sowie des Neubaus, die in Kooperation mit anderen volkseigenen Baubetrieben sowie Baubetrieben anderer Eigentumsformen und Unterstellungen durchgeführt werden sollten, mit der Wahrnehmung der Hauptauftragnehmerschaft Bau beauftragt werden konnten. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass es sich bei dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld unter Berücksichtigung der vielfältigen Aufgaben als Leitbetrieb der Erzeugnisgruppe Baureparaturen und Modernisierung von Wohn- und Gesellschaftsbauten sowie als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis nicht um einen produzierenden Baubetrieb im engeren Sinne - wie etwa ein Bau- und Montagekombinat - gehandelt habe. Im Vordergrund der Betriebstätigkeit habe nicht die massenhafte Errichtung neuer Bauwerke gestanden. Schließlich habe es sich bei dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld auch nicht um einen sogenannten gleichgestellten Betrieb gehandelt, da VEB Kreisbaubetriebe in den abschließenden Katalog der gleichgestellten Betriebe nicht aufgeführt seien.
Gegen das ihm am 22. August 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. September 2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, 75% des Gesamtumsatzes des VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld hätten Bauleistungen für die zentral- und bezirksgeleitete Industrie ausgemacht. Nur ein geringer Anteil sei auf Baureparaturen entfallen. Die Massenproduktion werde durch den vorliegenden Geschäftsbericht aus dem Jahre 1989 dokumentiert. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ehemaligen Kollegen, die wie er im gleichen Betrieb beschäftigt gewesen seien, die Zusatzversorgung bekommen hätten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Juli 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 6. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf die gesetzlichen Vorgaben über die Aufgaben der Kreisbaubetriebe.
Der Senat hat mit den Beteiligten in einem Termin den Rechtsstreit erörtert. In dem Termin am 16. Februar 2010 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den gesamten Senat erklärt. Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az: B 10 EG 1/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 19).
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az: 1 BvR 1921/04 u. a., dokumentiert in juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007, Az: 1 BvF 1/05, dokumentiert in juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die Freiwillige Zusatzrentenversicherung ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Der Kläger war nämlich am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 10/02 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004, Az: B 4 RA 11/04 R, dokumentiert in juris). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004, Az: B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.).
Ausgehend hiervon gab dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld nicht die Massenproduktion von Bauwerken das Gepräge. Auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch aus dem Geschäftsbericht des Jahres 1989 kann nicht darauf geschlossen werden, dass Hauptzweck des Betriebes die Massenproduktion von Bauwerken gewesen ist. Wenn dort allgemein Produktionskennziffern angeführt werden, ist dies kein Beleg für eine Massenproduktion. Hingegen belegt die auf Seite 4 des Geschäftsberichts zu findende Aufzählung der "planmäßig beauflagten Gebrauchswerte", dass der Betrieb verschiedene und nicht nur einen Typ ständig wiederkehrender Bauwerke errichtet hat. Außerdem war er zusätzlich als Hauptauftragnehmer tätig. Eine breite Aufstellung des Betriebes in Hinsicht auf seine Produktions- und Bauwerkspalette belegt auch der Unternehmensgegenstand der einzelnen Nachfolgegesellschaften. Die fünf Gesellschaften, die aus dem VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld hervorgegangen sind, die H.- und A. GmbH Z., die Kreisbaubetrieb B. GmbH, die R. B. GmbH, die W. H. GmbH und die B. Haustechnik GmbH, hatten einen umfangreichen Unternehmensgegenstand. Soweit damit auf die im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld vorhandenen Kapazitäten zurückgegriffen worden ist, kann sich der Hauptzweck des Betriebes nicht auf die Massenproduktion von Bauwerken beschränkt haben. So sollten die Nachfolgegesellschaften u. a. Erzeugnisse aus Beton und Holz herstellen und vertreiben, Projektierungsleistungen anbieten und Sanitär-, Heizungs- und Klempnerarbeiten erbringen. Damit werden keine Tätigkeitsfelder beschrieben, die auf eine ausschließliche Massenproduktion von typengleichen Bauwerken schließen lassen.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass eventuell ehemaligen Kollegen die Beschäftigungszeit im VEB Kreisbaubetrieb Bitterfeld als Zugehörigkeitszeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz anerkannt worden ist. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979, Az: 1 BvL 25/77, BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
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