L 14 R 873/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 1125/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 873/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.09.2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren hat.

Die Klägerin ist 1960 geboren. Sie hat eine Ausbildung zur Auslandskorrespondentin abgeschlossen und in diesem Beruf von 1978 bis 1984 gearbeitet. Von 1996 bis 1998 war sie als Verkäuferin beschäftigt. Vom April 1988 bis Februar 1999 absolvierte sie eine Umschulung zur Europäischen Verkaufskorrespondentin und arbeitete zuletzt bis Juni 2000 als Sachbearbeiterin im Büro eines Modevertriebs, der im Jahre 2000 in Konkurs gegangen ist. Seither ist sie arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.

Ein erster Antrag der Klägerin vom 07.03.2002 auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung wurde von der Beklagten bestandskräftig abgelehnt (Bescheid vom 12.06.2003; Widerspruchsbescheid vom 23.04.2003; Klagerücknahme im anschließenden Gerichtsverfahren mit Schreiben vom 28.10.2003).

Mit Schreiben vom 29.04.2004, bei der Beklagten eingegangen am 03.05.2004, beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Klägerin leide seit dem Jahr 2000 an Fibromyalgie und orthopädischen Störungen und Beschwerden.

Im Auftrag der Beklagten wurde die Klägerin durch den Neurologen und Psychiater Dr. R. begutachtet. Mit Ausnahme einer geringgradigen paravertebralen Druckschmerzhaftigkeit stellte der Gutachter einen regelrechten Befund fest. Er habe weder ein sensibles Defizit noch Paresen und auch keine eindeutigen Tender-Points feststellen können. Die psychiatrische Untersuchung habe eine leichte depressive Störung gezeigt. Es bestehe lediglich eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit für sehr schwere körperliche Tätigkeiten. Darüber hinaus bestehe keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiterin und Fremdsprachenkorrespondentin könne weiterhin vollschichtig ausgeübt werden.

Der orthopädische Gutachter Dr. L. stellte eine Diskrepanz zwischen der allenfalls gering verspannten Wirbelsäulen- bzw. Schultermuskulatur und den massiv angegebenen Schmerzen fest. Die Entfaltung der Wirbelsäule sei gering eingeschränkt. Bei der Untersuchung habe die Klägerin aus Angst vor Schmerzen Bewegungen des Kopfes und der Wirbelsäule nur zeitlupenartig durchgeführt. Die Beweglichkeit der unteren Extremitäten sei frei und schmerzfrei. Auf Röntgenaufnahmen sei eine (geringe) skoliotische Fehlhaltung der unteren HWS und der LWS zu erkennen. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin als Fremdsprachenkorrespondentin sei nicht eingeschränkt. Die Hauptbeschwerden lägen sicherlich auf psychotherapeutisch/psychologischem Fachgebiet. Unter den Gegebenheiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei die Leistungsfähigkeit der Klägerin qualitativ leichtgradig, nicht aber zeitlich eingeschränkt.

Mit Bescheid vom 15.09.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab.

Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch; mit den Einschätzungen der Gutachter bestehe kein Einverständnis. Wenn der Gutachter Dr. R. erklärt habe, es bestünden keine eindeutigen Tender-Points, belege dies, dass sich der Gutachter mit der Erkrankung eines Fibromyalgiesyndroms, das bei der Klägerin mehrfach eindeutig diagnostiziert worden sei, nicht ausreichend auseinander gesetzt habe. Zudem sei die Diagnose einer leichten depressiven Störung unzutreffend. Die Aussagen im Gutachten von Dr. L. würden sich nicht mit den Angaben der Klägerin decken. Es liege eine erhebliche körperliche Einschränkung vor. Die Beklagte habe es unterlassen, Befundberichte der behandelnden Ärzte einzuholen. Aufgrund der nervenärztlichen Erkrankungen im Zusammenspiel mit den deutlich einschränkenden orthopädischen und internistischen Erkrankungen sei ein Leistungsvermögen von maximal unter drei Stunden täglich zutreffend.

Nach der Einholung weiterer Befundberichte bei den behandelnden Ärzten wurde die Klägerin nochmals nervenärztlich durch Dr. S. begutachtet (Gutachten vom 28.01.2005). Der Gutachter stellte folgende Diagnosen: rezidivierende depressive Episoden, gegenwärtig gering bis mäßig stark ausgeprägt, somatoforme Schmerzstörung, cervikales und lumbosakrales Wurzelreizsyndrom, jetzt ohne nachweisbare neurologische Defizite, Verdacht auf vasomotorische Kopfschmerzen. Das anderweitig diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom habe sich bei der Begutachtung nicht typischerweise bestätigt. Die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiterin in einem Modevertrieb sei ihr noch täglich sechs Stunden und mehr zumutbar, ebenso leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Zudem fand eine weitere orthopädische Begutachtung durch Dr. B. statt (Gutachten vom 20.10.2005). Der Gutachter stellte folgende Diagnosen: Fibromyalgiesyndrom (leicht bis mittel ausgeprägt), HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen (mittel ausgeprägt), LWS-Syndrom bei Fehlstatik (leicht bis mittel ausgeprägt). Die von der Klägerin angegebene Beschwerdesymptomatik stehe in Diskrepanz zur klinischen Untersuchung mit geringen bis mittelgradigen Druckschmerzen und fehlenden schmerzbedingten Funktionsstörungen bis auf LWS und HWS. Die Klägerin sei für leichte Tätigkeiten ihrer Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin entsprechend vollschichtig einsetzbar, mit gewissen Abstrichen auch für Tätigkeiten im Verkauf, wenn es hier nicht zu einer rein stehenden Tätigkeit komme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin könne sowohl in ihrem bisherigen Beruf als Sachbearbeiterin als auch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.

Dagegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin Klage erhoben (Schreiben vom 04.04.2005). Die Klage ist damit begründet worden, dass der Leistungsbeurteilung der Gutachter nicht zu folgen sei. Die Klägerin leide an einem Fibromyalgiesyndrom. Die Schmerzsymptomatik sei derart stark ausgeprägt, dass bereits die Bewältigung des täglichen Lebens eine Herausforderung darstelle. Die Klägerin leide unter einer Vielzahl von Beschwerden, die selbst eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unmöglich machen würden (Schreiben vom 11.05.2005).

Zur weiteren Sachaufklärung hat das Sozialgericht Befundberichte bei den behandelnden Therapeuten der Klägerin eingeholt. Die psychologische Psychotherapeutin Dr. K. hat berichtet, dass sich die Klägerin vom Dezember 2003 bis Mai 2005 in ambulanter Verhaltenstherapie befunden habe. Sie habe die Behandlungsdiagnose einer depressiven Episode im Zusammenhang mit einer anhaltenden Schmerzstörung gestellt. Bei Therapieende seien die depressiven Einbrüche mit starker Verzweiflung und Weinen deutlich gebessert gewesen, die Stimmung sei jedoch weiterhin gedrückt. Die Klägerin sei insgesamt stabiler und konfliktfähiger geworden. Es gelinge ihr inzwischen besser, konstruktive Bewältigungsmöglichkeiten für ihre Schmerzproblematik umzusetzen. Eine signifikante Verbesserung der chronifizierten Schmerzstörung sei nicht eingetreten. Der Hausarzt Dr. C. hat angegeben, dass bei der Klägerin unter anderem ein Fibromyalgiesyndrom und ein HWS-und LWS-Syndrom vorlägen; das Schmerzsyndrom habe sich bisher nicht verbessert. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. R. hat über eine reaktive Depression bei Fibromyalgiesyndrom und eine somatoforme Schmerzstörung berichtet.

In der Folge ist die Klägerin im Auftrag des Gerichts nervenärztlich, orthopädisch und internistisch-rheumatologisch begutachtet worden.

Die nervenärztliche Gutachterin Dr. R. hat im Gutachten vom 26.11.2005 Folgendes ausgeführt:

Wesentliche pathologische Auffälligkeiten seien für den neurologischen Befund nicht festzustellen. Muskelatrophien seien nicht erkennbar. Die Finger- und Zehenbeweglichkeit sei gut. Die Muskulatur im Bereich der oberen und unteren Extremitäten sei insgesamt druckschmerzhaft. Die Klägerin habe auch einen Druckschmerz für die gesamte Muskulatur in den Schultern und im Nacken angegeben. Eine depressive Auffassungsstörung oder Antriebsstörung seien nicht gegeben. Die Klägerin empfinde sich nicht als depressiv. Bei der Begutachtung hätten sich deutliche Aggravationstendenzen gezeigt. Die Klägerin habe auffallend lange in halber Hockstellung ausgeharrt, weil sie nach ihren Angaben nicht weiter in die Kniebeuge gehen könne. Die von der Klägerin eingenommene Stellung sei sehr anstrengend, Ermüdungserscheinungen habe sie dabei aber nicht gezeigt. Auch habe sie während der gesamten Untersuchung mit den Händen gestikuliert und die Finger geöffnet und geschlossen. Es sei daher wenig glaubhaft, wenn die Klägerin angebe, die Finger schmerzbedingt nicht ausreichend bewegen zu können. Schließlich habe die Klägerin bei der Aufforderung zum Hüpfen diese Bewegung durchgeführt, ohne die Fußsohlen vom Boden zu lösen. Sie habe dabei nicht glaubhaft gewirkt. Es bestehe eine Diskrepanz zu dem unauffälligen neurologischen Untersuchungsbefund. Auch habe die Klägerin zwei Stunden lang problemlos auf dem Stuhl gesessen.

Bei der Klägerin bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Das HWS- und LWS-Syndrom seien Ausdruck der somatoformen Schmerzstörung. Zudem bestehe eine Persönlichkeit mit histrionischen Zügen. Seit der letzten Untersuchung im Rentenverfahren habe sich der Gesundheitszustand nicht verschlechtert. Unter Berücksichtigung der bestehenden Gesundheitsstörungen könne die Klägerin als Sachbearbeiterin leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, vorübergehend auch im Gehen und Stehen, überwiegend in geschlossenen Räumen, vorübergehend auch im Freien vollschichtig verrichten. Bestimmte Verrichtungen wie das Heben und Tragen von schweren Lasten, Arbeiten unter Zeitdruck und Arbeiten in Nässe und Kälte sollten vermieden werden.

Der orthopädische Gutachter Dr. F. hat im Gutachten vom 06.02.2006 Folgendes erläutert:

Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich gegenüber der zuletzt durchgeführten orthopädischen Begutachtung nicht wesentlich verändert. Die körperliche Belastbarkeit der Klägerin sei insofern eingeschränkt, als sie wegen der ausgeprägten Bandscheibenschädigung der Lendenwirbelsäule Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten im Bücken, lang anhaltendes Sitzen oder Stehen ohne die Möglichkeit zum Positionswechsel meiden solle. Da die Beingelenke gut funktionieren würden, könne die Klägerin jederzeit einen Wechsel der Körperposition ausführen.

Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen könne die Klägerin noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten; schwere und mittelschwere Arbeiten seien wegen der erheblichen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen nicht mehr zumutbar. Die Klägerin sollte einen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ausführen können. Ihr Gehvermögen sei nicht beeinträchtigt. Eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Rahmen von Büroarbeit sei möglich, wenn die Klägerin die sitzende Tätigkeit nach jeweils etwa ein bis eineinhalb Stunden durch Aufstehen oder Umhergehen unterbrechen könne.

Der rheumatologisch-internistische Gutachter Dr. H. hat im Gutachten vom 16.06.2006 Folgendes festgehalten:

Die Klägerin habe angegeben, sich aktuell wie eine 80-jährige zu fühlen. Ihr Körper sei schmerzbetroffen "vom Scheitel bis zur Sohle". Bei der Untersuchung habe sich ein flüssiges normales und hinkfreies Gangbild ohne auffällige Körperhaltung gezeigt; das Entkleiden und Bekleiden geschehe unauffällig. Bezüglich einer Fibromyalgie habe die Klägerin 11 positive von 18 positiven Tender-Points angegeben. Die Laborwerte seien insgesamt unauffällig.

Auf rheumatologisch-internistischem Fachgebiet seien folgende Diagnosen zu stellen: leichtgradig ausgeprägtes Fibromyalgiesyndrom, geringgradige HWS-Spondylochondro- se, Spondylosis deformans und Osteochondrose LWK3/4 und 4/5 sowie beginnende Großzehengrundgelenksarthrose beidseits. Das leichtgradig ausgeprägte Fibromyalgiesyndrom sei mit geringen Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates insbesondere der einzelnen Gelenkfunktionen zu begründen.

Die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses noch vollschichtig leichte Tätigkeiten ausüben. Die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen, aber zeitweise auch im Stehen, in geschlossenen Räumen mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen erfolgen. Tätigkeiten, bei denen ein Heben und Tragen von Lasten schwerer als 10 kg, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten durchgeführt werden müssten, seien der Klägerin nicht mehr zumutbar. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht beeinträchtigt. Hinsichtlich Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeit, Gedächtnis, Reaktions- und Übersichtsfähigkeit bestünden keine Einschränkungen.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist beim Nervenarzt Dr. K. ein weiteres Gutachten eingeholt worden. Dieser hat im Gutachten vom 12.04.2007 Folgendes ausgeführt:

Die Bewegungsabläufe der Klägerin bei der Begutachtung seien altersentsprechend flüssig und ausreichend schnell gewesen. Die HWS sei jedoch in allen Freiheitsgraden endgradig schmerzhaft eingeschränkt. Beeinträchtigungen der Kraft seien nicht zu findend. Der Muskeltonus sei in allen geprüften Muskelgruppen normal. Denkstörungen seien nicht festzustellen. Die Klägerin sei zu Ort, Zeit, Person und Situation voll orientiert und bewusstseinsklar. Die Stimmungslage sei depressiv; dazu träten Ängste vor den Schmerzen, eine Somatisierungstendenz im Bereich des Bewegungsapparates, Antriebsstörungen und ein deutliches soziales Rückzugsverhalten. Die Klägerin drücke sich überwiegend über ihr Schmerzenerleben aus. Im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung mit dem Schmerz-Fragebogen der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie habe sich die Klägerin im Bereich der verschiedenen Lebensbereiche als nahezu völlig beeinträchtigt oder als gravierend beeinträchtigt beschrieben. Hinweise für eine gravierende depressive Symptomatik hätten sich aus der durchgeführten Untersuchung (Gießener Persönlichkeitsinventar) nicht ergeben.

Der Gutachter hat auf nervenärztlichem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt: Fibromyalgiesyndrom, Migräne, Cervicocephalgien bei HWS-Syndrom, Lumboischialgien beidseits, allenfalls beginnende Polyneuropathie unklarer Genese, somatoforme Schmerzstörung, Angstsyndrom mit depressiven Episoden.

Zur Fibromyalgie hat der Gutachter darauf hingewiesen, dass bei der Begutachtung sämtliche Tender-Points druckschmerzhaft gewesen seien. Hinzu kämen Schlafstörungen und die dysthyme Stimmungslage der Klägerin mit Zuständen partieller Affektinkontinenz und Antriebstörungen sowie körperbezogenen Schmerzen. Funktionell sei die Klägerin gravierend beeinträchtigt, da sie nicht länger stehen, gehen, sitzen und liegen könne, so dass von einem Fibromyalgiesyndrom mittleren Schweregrades auszugehen sei. Neben der Fibromyalgie liege noch eine somatoforme Schmerzstörung vor, da die Klägerin auch außerhalb der Fibromyalgie typischen Tender-Points schmerzhafte Zonen angegeben habe, die nicht durch einen Organbefund zu erklären seien. Zur Migräne habe die Klägerin mitgeteilt, dass diese zum Jahresbeginn 2004 aufgetreten sei; sie habe bis zu zwei Anfälle pro Woche mitgeteilt. Sie führe eine Selbstmedikation durch. Zum Angstsyndrom mit depressiven Episoden merkte der Gutachter an, dass er bereits in einem Gutachten vom 24.07.2006 (Verfahren vor dem Sozialgericht München, Az.: S 46 SB 1084/04) eine Dysthymie festgestellt habe. Dieses Krankheitsbild sei hinsichtlich der gedrückten Grundstimmung als entaktualisiert anzusehen. Andererseits bestünden nach wie vor depressive Komponenten mit plötzlichem Weinen der Klägerin sowie zukunftsbezogenen Ängsten und Schlafstörungen.

Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten aus wechselnder Ausgangslage, zeitweise im Sitzen, in geschlossenen Räumen drei- bis unter sechsstündig mit Unterbrechungen nach drei Stunden durchzuführen. Die Ausdauer der Klägerin sei als erheblich beeinträchtigt anzusehen, zumal die Schmerzsymptomatik einschränkend wirke, die sowohl als Folge des Fibromyalgiesyndroms als auch der somatoformen Schmerzstörung zu sehen sei. Dieses Leistungsbild bestehe bereits seit der Zeit vor dem Mai 2004.

Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat sich die nervenärztliche Gutachterin Dr. R. zum Gutachten des Dr. K. mit Schreiben vom 04.06.2007 geäußert: Bei der Diagnose des Fibromyalgiesyndroms handele es sich um die Benennung eines subjektiven Beschwerdekomplexes ohne objektivierbares organisches Substrat; eine adäquate organische Schmerzursache bestehe nicht. Gerade weil objektive Organbefunde fehlen würden, sei es psychiatrischerseits berechtigt, von der Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung auszugehen; die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms werde fast ausschließlich von Orthopäden und Rheumatologen gestellt. Sofern der Gutachter Dr. K. eine Migräne diagnostiziert habe, habe er dabei die anamnestischen und diagnostischen Angaben der Klägerin übernommen. Eine nähere Beschreibung der Kopfschmerzen sei im Gutachten des Dr. K. nicht enthalten. Die bei der von ihr durchgeführten Begutachtung von der Klägerin beschriebenen Kopfschmerzen seien aber mit einer Migräne nicht in Einklang zu bringen. Eine Änderung ihrer Beurteilung vom 26.11.2005 ergebe sich nicht.

Die vom Bevollmächtigten der Klägerin beantragte Einholung einer ergänzenden Stellungnahme gemäß § 109 SGG durch Dr. K. ist nicht erfolgt.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 02.08.2007 darauf hingewiesen, dass im Gutachten des Dr. K. eine Diskrepanz im Hinblick auf die subjektiven Beschwerden der Klägerin einerseits und andererseits die objektiven Feststellungen, zumal in der Testpsychometrie, augenfällig sei. Bei ganz erheblichem Leidensdruck und Schwere der vorliegenden Symptomatik würden sich diese sicherlich auch in Einschränkungen im Hinblick auf eine testpsychometrische Untersuchung nachweisen lassen. Entsprechende Einschränkungen hätten sich aber nicht ergeben; die Ergebnisse würden eher die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung und Einschätzung der Gutachterin Dr. R. stützen.

Mit Urteil vom 14.09.2007 ist die Klage abgewiesen worden. Das Sozialgericht hat sich dabei auf die Ergebnisse der Gutachter Dr. R., Dr. F. und Dr. H. gestützt. Dem Gutachten des Dr. K. ist das Sozialgericht nicht gefolgt. Der Gutachter habe sich bei der Diagnose des Fibromyalgiesyndroms auf überholte Veröffentlichungen gestützt. Nach den aktuellen Erkenntnissen in der Literatur sei von den so genannten Tender-Points bereits im Jahr 2003 Abstand genommen worden. Wenn ein Gutachter im Jahr 2007 auf den Kriterien der Tender-Points aufbaue und daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung ableite, könne er nicht überzeugen. Eine erneute Anhörung des Gutachters gemäß § 109 SGG sei nicht erforderlich gewesen, da diesem Gutachter nicht das "letzte Wort" verbleibe.

Mit Schreiben vom 27.11.2007, eingegangen am selben Tag beim Bayerischen Landessozialgericht, hat der Bevollmächtigte der Klägerin Berufung gegen das ihm am 30.10.2007 zugestellte Urteil eingelegt. Die Klägerin sei nicht in der Lage, täglich noch mehr als sechs Stunden berufliche Tätigkeiten zu verrichten. Bei dem bei ihr vorliegenden Fibromyalgiesyndrom handle es sich um eine schwere chronische Erkrankung ohne entzündliche Werte, welche mit generalisierten Schmerzen in Muskulatur und an den Sehnenansätzen einhergehe. Da diese Krankheit eine Reihe an Begleiterkrankungen (Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Muskelsteifigkeit, Migräne, Mittelgesichts -und Kaubeschwerden, chronische Magen-Darm-Störungen) mit sich ziehe, sei die Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Schon die Bewältigung einfacher Alltagsaufgaben stelle eine große Herausforderung dar. Die Schmerzsymptomatik sei nicht einfach Ausdruck einer depressiven Erkrankung, die begleitenden depressiven Störungen würden sich unabhängig von den Kardinalsymptomen der Fibromyalgie entwickeln; allerdings würden sie den Umgang mit Schmerz und Lebensgestaltung wesentlich beeinflussen. Beurteilungsgrundlage müsse ein biosoziales Modell sein, das insbesondere die Krankheitsfolgen erfasse. Die Beschwerden der Fibromyalgie-Patienten seien nicht eingebildet. Anhand aufwändiger technischer Untersuchungen würden sich die Funktionsstörungen der inneren Organe nachweisen lassen. Mittlerweile gebe es hierzu auch zahlreiche standardisierte wissenschaftliche Tests und Fragebögen, um diese Leistungseinschränkungen darzustellen. Gleichzeitig hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Blick auf das Fibromyalgiesyndrom beantragt, gemäß § 109 SGG ein "algesiologisches" Gutachten bei Dr. H., dem ärztlichen Direktor des Zentrums für Schmerztherapie am Klinikum S., einzuholen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 11.01.2008 ist der Bevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen worden, dass eine Berechtigung für die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 109 SGG nicht gesehen werde, nachdem bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein derartiges Gutachten eingeholt worden sei.

Zur weiteren Sachaufklärung hat das Gericht die behandelnden Ärzte der Klägerin befragt. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. R. hat mit Schreiben vom "18.02.2007"(richtiges Datum: 18.02.2008 - Schreiben des Dr. R. vom 09.06.2008) mitgeteilt, dass er die Klägerin zuletzt am 28.06.2007 behandelt habe. Die Klägerin habe eine erhebliche Schmerzproblematik am gesamten Bewegungsapparat mit wechselnder Lokalisation sowie eine daraus resultierende niedergedrückte Stimmungslage beschrieben. Diagnostisch sei das Beschwerdebild einer reaktiven Depression zuzuordnen, wobei die Schmerzproblematik, verursacht durch ein Fibromyalgiesyndrom, im Wesentlichen dafür verantwortlich sei. Differenzialdiagnostisch müsse auch eine somatoforme Schmerzstörung in Betracht gezogen werden. Im Beobachtungszeitraum sei die depressive Erkrankung gleich bleibend schwer ausgeprägt gewesen. Der praktische Arzt Dr. C. berichtete (Schreiben vom 13.03.2008), dass keine wesentliche Befundänderung des bestehenden therapieresistenten Schmerzsyndroms eingetreten sei.

Das Gericht hat dem Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 25.04.2008 mitgeteilt, dass weitere medizinische Ermittlungen nicht beabsichtigt seien, da der Sachverhalt im erstinstanzlichen Verfahren umfassend aufgeklärt worden sei. Da sich nach den neuesten Befunden keine Änderungen ergeben hätten, erscheine eine erneute medizinische Aufklärung nicht erforderlich. Das Recht auf Anhörung eines von der Klägerin benannten Gutachters gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei bereits ausgeschöpft. Mit Schreiben vom 17.06.2008 ist die Rücknahme der Berufung nahe gelegt und auf die Absicht des Gerichts hingewiesen worden, im Falle der nicht erfolgten Berufungsrücknahme durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Dazu hat der Bevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt (Schreiben vom 11.07.2008), dass der Arzt Dr. H. ein fundiertes Wissen zu psychischen Faktoren und Verhaltenseinflüssen bei körperlichen Erkrankungen im Sinne einer psychischen Störung mit relevanten Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorweisen könne. In diesem Zusammenhang werde auf eine (beigelegte) Publikation des Klinikums S. und auf die Leitlinien der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Schmerztherapie zum Fibromyalgiesyndrom hingewiesen. Sofern der Klägerin vorgeworfen werde, sie lasse sich nicht ausreichend nervenärztlich behandeln, mache er darauf aufmerksam, dass die Klägerin von Dezember 2003 bis Mai 2005 eine ambulante Verhaltenstherapie mit insgesamt 60 Sitzungen absolviert und abgeschlossen habe. Die behandelnde Psychotherapeutin Dr. K. habe in ihrem Bericht vom 03.06.2005 erklärt, dass es der Klägerin inzwischen besser gelinge, ihren Alltag gesundheitsfördernd zu gestalten und konstruktive Bewältigungsmöglichkeiten für ihre Schmerzproblematik umzusetzen; eine signifikante Verbesserung der chronifizierten Schmerzstörung sei nicht eingetreten. Während der Behandlung durch den Psychiater und Psychotherapeuten Dr. R. sei die depressive Erkrankung weitgehend gleich bleibend ausgeprägt gewesen. Eine Besserung des Beschwerdebildes sei nicht erreicht worden. Mittlerweile gehe die medizinische Forschung davon aus, dass bei der Fibromyalgie weit mehr Tender-Points als die ursprünglich 18 angenommenen Punkte vorhanden seien. Es werde daher nochmals die Zulassung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG durch Dr. H. beantragt.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat beantragt (Schreiben vom 27.11.2007),

das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.09.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 15.09.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt (Schreiben vom 31.01.2008),

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Prozessakten beider Rechtszüge, die Akten des Sozialgerichts München zu den Aktenzeichen S 35 SB 364/03, S 46 SB 1084/04 und S 11 RA 539/03 und die Akten der Beklagten vorgelegen. Zur Ergänzung des Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Prozessbeteiligten, wird hierauf Bezug genommen.

II.

Das Gericht kann gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da der Senat die Berufung einstimmig nicht für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Senat kommt wie das Sozialgericht München zu dem Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -) oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) hat.

Voraussetzung für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, gegebenenfalls bei Berufsunfähigkeit, ist u.a. eine rentenrechtlich relevante Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann. Auf die jeweilige Arbeitsmarktlage kommt es dabei nicht an (§ 240 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 SGB VI).

Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten der Ausgangspunkt (vgl. Bayerisches Landessozialgericht - BayLSG -, Urteil vom 25.04.2006, Az.: L 5 R 478/04). Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet worden ist, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben (vgl. BayLSG, Urteil vom 24.06.2003, Az.: L 5 RJ 435/00). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn sie die qualitativ höchste ist (vgl. Bundessozialgericht - BSG, Urteile vom 22.03.1988, Az.: 8/5a RKn 9/86; BSG, vom 22.10.1996, Az.: 13 RJ 35/96, und vom 18.02.1998, Az.: B 5 RJ 34/97 R). Steht fest, dass aus gesundheitlichen Gründen die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr verrichtet werden kann, stellt sich die Frage, ob der Versicherte auf eine andere Tätigkeit verweisbar ist, die ihm sozial zumutbar ist.

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, also neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (insbes. Versicherungszeiten) der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bzw. - bei Vorliegen von Berufsschutz - im ursprünglichen Beruf oder in einem Beruf, auf den er verweisbar ist, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein.

Der Vollbeweis erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02; BSG, Urteil vom 14.12.2006, Az.: B 4 R 29/06 R). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, Az.: 2 RU 43/84). Oder in anderen Worten gesagt - das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.1978, Az.:8 RU 66/77). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02).

Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.1967, Az.: 2 RU 198/64). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1957, Az.:10 RV 945/55). Denn für das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996, Az.: 4 RA 1/96).

Auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen bedeutet dies Folgendes:

Nach den überzeugenden Ausführungen der sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Verfahren gehörten Sachverständigen Dr. R. (nervenärztliches Fachgebiet), Dr. F. (orthopädisches Fachgebiet) und Dr. H. (internistisch-rheumatologisches Fachgebiet) steht zur Überzeugung des Senats fest, dass eine zeitliche Leistungseinschränkung der Klägerin in ihrem bisherigen Beruf als Sachbearbeiterin im Büro eines Modevertriebs oder in einer vergleichbaren Bürotätigkeit nicht nachgewiesen ist.

Bei der Klägerin liegen degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule (HWS und LWS) vor. Diese Veränderungen, die im Übrigen noch keine relevanten neurologischen Schädigungen nach sich gezogen haben, begründen nach der überzeugenden Einschätzung der Gutachter lediglich qualitative Einschränkungen dahingehend, dass der Klägerin bestimmte Tätigkeiten wie schweres Heben und Tragen und Zwangshaltungen nicht mehr zumutbar sind. Zudem soll sie die Möglichkeit haben, zwischenzeitlich die Körperposition vom (zeitlich überwiegenden) Sitzen zum Stehen oder Gehen zu wechseln. Irgendwelche zeitlichen Leistungseinschränkungen resultieren bei Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen aus den orthopädischen Erkrankungen nicht. Dass der Klägerin eine überwiegend sitzende Tätigkeit ohne zeitliche Einschränkung zumutbar ist, ist auch dadurch belegt, dass die Klägerin nach den Beobachtungen der Gutachterin Dr. R. bei deren Begutachtung ohne Probleme zwei Stunden lang auf einem Stuhl sitzen konnte. Wäre der Klägerin eine überwiegend sitzende Tätigkeit mit zwischenzeitlichem Positionswechsel (zu Gehen/Stehen) nicht sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag möglich, hätten sich mit Sicherheit bereits erste Probleme bei dem zweistündigen Sitzen anlässlich der Begutachtung gezeigt.

Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin steht, auch nach ihrem eigenen Vortrag, die Schmerzsymptomatik, die von der Klägerin dahingehend beschrieben wird, dass sie erhebliche Schmerzen in den verschiedensten Körperbereichen (insbesondere Nacken, Arme, Hände, Schultern, Rücken, Hüften, Beine, Füße und Kopf) habe, und für die von den behandelnden und begutachtenden Ärzten die Diagnosen Fibromyalgie und somatoforme Schmerzstörung genannt worden sind.

Für die sozialmedizinische Beurteilung der zeitlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin ist es unerheblich, ob die bei der Klägerin vorliegenden, zumindest in dem von ihr angegebenen Umfang organisch nicht begründbaren Schmerzen im Sinne einer Fibromyalgie bewertet oder als somatoforme Schmerzstörung bezeichnet werden (vgl. BayLSG, Urteil vom 17.10.2007, Az.: L 13 R 259/06). Eine Diagnose allein, auch die Diagnose der Fibromyalgie, kann nicht automatisch zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen (vgl. BayLSG, Urteil vom 24.01.2006, Az.: L 5 R 715/04).

Entscheidend für die Beurteilung der zeitlichen Leistungsfähigkeit ist nicht die Diagnose einer Krankheit, sondern vielmehr die Ausprägung der Krankheitssymptome und die dadurch verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Da gerade bei Schmerzerkrankungen die Problematik besteht, dass es objektive Messmethoden für die Bestimmung des Schmerzes und dessen Auswirkungen nicht gibt, ist es notwendig, aus den Begleitumständen Rückschlüsse auf die Aktionsmöglichkeiten des Betroffenen zu ziehen. Indirekte Indizien sind dabei z.B. die allgemeine körperliche Verfassung, die Muskulatur (insbesondere Atrophien und Verspannungen), die Beweglichkeit, eine eventuell ausgeprägte körperliche Schonhaltung oder Inaktivität, das Vorliegen von kraftlosen und undynamischen Bewegungen, Anzeichen für Müdigkeit oder Erschöpfung, sich aufgrund der dauernden Schmerzbelastung entwickelnde psychische Erkrankungen wie eine Depression oder ein soziales Rückzugsverhalten.

Unabhängig von der sozialmedizinisch nicht relevanten Frage der Diagnosestellung (die Gutachterin Dr. R. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Diagnose - Fibromyalgie oder somatoforme Schmerzstörung - auch vom Fachgebiet des die Diagnose stellenden Arztes abhängt) lassen sich bei der Klägerin keine indirekten Indizien feststellen, die eine zeitliche Leistungseinschränkung für eine Bürotätigkeit in einem Modevertrieb oder eine ähnliche Bürotätigkeit begründen könnten. So wurden bei allen Begutachtungen eine weitgehend freie oder lediglich endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Extremitäten und der Wirbelsäule festgestellt. Wenn die Klägerin angegeben hat, aufgrund der Schmerzen die Finger nicht ausreichend bewegen zu können, so ist diese Behauptung durch ihr tatsächliches Verhalten bei der Begutachtung durch Dr. R. widerlegt. Bei dieser Begutachtung hat die Klägerin mit den Händen gestikuliert und die Finger geöffnet und geschlossen, was im Widerspruch zu ihren Beschwerdeangaben steht. Auch der von der Klägerin gemäß § 109 SGG benannte Gutachter Dr. K. hat die Bewegungsabläufe der Klägerin als altersentsprechend flüssig und ausreichend schnell bezeichnet. Kraftminderungen hat auch dieser Gutachter nicht feststellen können, genauso keine Muskelverspannungen wie sie bei erheblichen Schmerzzuständen besondere in der Wirbelsäule oder im Schulterbereich zu erwarten wären.

Auch der Beweis einer sozialmedizinisch relevanten psychischen Erkrankung ist nicht gelungen. Die Gutachterin Dr. R. hat bei ihrer Untersuchung eine depressive Erkrankung nicht diagnostizieren können; auch die Klägerin selbst hat sich bei dieser Begutachtung nicht als depressiv beschrieben. Diese Einschätzung der Gutachterin Dr. R. erscheint dem Senat plausibel und nachvollziehbar; die Gutachterin hat die Klägerin persönlich untersucht und die vorliegenden Befunde sorgfältig erhoben und gründlich ausgewertet. Sofern die behandelnden Ärzte depressive Episoden in der Vergangenheit beschrieben haben, steht dies aufgrund des episodenhaften Verlaufs nicht im Widerspruch zur Einschätzung der Gutachterin. Auch die behandelnde Psychotherapeutin hat im Übrigen angegeben, dass sich im Rahmen der ambulanten Verhaltenstherapie bis Mai 2005 die depressiven Einbrüche deutlich gebessert hätten und zum Ende der Therapie hin nur noch eine gedrückte Stimmung vorgelegen habe. Gegen das Vorliegen einer relevanten Depression spricht auch das Ergebnis der von Dr. K. im Rahmen der Begutachtung durchgeführten testpsychologischen Untersuchung nach dem Gießener Persönlichkeitsinventar; dort ergaben sich Hinweise auf eine gravierende depressive Symptomatik nicht.

Eine zeitliche Leistungseinschränkung in der von der Klägerin zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit lässt sich daher nicht im Vollbeweis nachweisen.

Soweit der Gutachter Dr. K. eine zeitliche Leistungseinschränkung annimmt, so fehlt dieser Einschätzung eine überzeugende Begründung. Zwar zweifelt der Senat nicht bereits deshalb an der Verwertbarkeit des Gutachtens, weil der Gutachter in sein Literaturverzeichnis Veröffentlichungen aufgenommen hat, die durch nachgehende, im Gutachten nicht angeführte Publikationen zumindest teilweise überholt sind (Veröffentlichungen zur Fibromyalgie und der Problematik der Tender-Points). Das Gutachten ist aber deshalb nicht überzeugend, weil die vom Gutachter getroffene Leistungsbeurteilung nicht durch objektive Fakten getragen ist: - Der Gutachter übernimmt zu einem großen Teil die anamnestischen und diagnostischen Angaben der Klägerin, ohne diese zu hinterfragen. So geht er vom Vorliegen einer Migräne aus, obwohl er in seinem Gutachten keine migränetypischen Kopfschmerzen beschreibt und die bei der Vorbegutachtung durch Dr. R. beschriebenen Kopfschmerzen mit einer Migräne nicht in Einklang zu bringen sind, wie dies die Gutachterin Dr. R. erläutert hat. - Obwohl Dr. K. die Stimmungslage der Klägerin bei der Begutachtung lediglich als dysthym, also nur herabgestimmt, beschrieben hat und die von ihm durchgeführte testpsychologische Untersuchung keine Hinweise auf eine depressive Symptomatik ergeben hat, geht er - offenbar auch noch für den aktuellen Gesundheitszustand - von depressiven Episoden aus. Dies verwundert auch deshalb, weil der Gutachter darauf hingewiesen hat, dass er bereits im Rahmen einer im Sommer des Jahres 2006 durchgeführten Begutachtung lediglich eine Dysthymie festgestellt hat und dieses Krankheitsbild nach seinen Ausführungen als entaktualisiert anzusehen ist. Die von ihm angenommene depressive Komponente begründet er mit plötzlichem Weinen der Klägerin, zukunftsbezogenen Ängsten und Schlafstörungen, wobei ein Weinen der Klägerin anlässlich der Begutachtung nicht beschrieben ist. Der Gutachter stützt sich bei seinen Ausführungen offensichtlich einzig und allein auf subjektiven Ausführungen der Klägerin, die er weder weiter hinterfragt noch objektiviert hat. - Eine eingehende und nachvollziehbare Begründung zu der von ihm angenommenen zeitlichen Leistungseinschränkung fehlt. Nach den Ausführungen im Gutachten kann allenfalls vermutet werden, dass er diese Einschränkung auf eine aus seiner Sicht erheblich beeinträchtigte Ausdauer der Klägerin infolge der Schmerzsymptomatik stützt. Irgendwelche nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Ausdauer der Klägerin tatsächlich beeinträchtigt sei, hat der Gutachter aber nicht dargelegt. Sie sind auch nicht erkennbar. Insbesondere hat keiner der Gutachter eine reduzierte Konzentrationsfähigkeit feststellen können, wie sie aus einer erheblichen Schmerzerkrankung resultieren kann. Auch Folgen eines gestörten Schlafs, den die Klägerin beschrieben hat, hat keiner der Gutachter erkennen können. Insofern erscheint die Annahme des Gutachters Dr. K. bezüglich einer beeinträchtigten Ausdauer der Klägerin sehr zweifelhaft.

Zum Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens ist auf Folgendes hinzuweisen: - Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin zur Begründung der Berufung vorgetragen hat, dass für die Beurteilung der Fibromyalgie ein biosoziales Modell erforderlich sei, das insbesondere die Krankheitsfolgen erfasse, so ist dem im Ergebnis nicht zu widersprechen. Denn damit weist der Bevollmächtigte - wie bereits oben erläutert - zutreffend darauf hin, dass entscheidend für die Leistungsbeurteilung im sozialmedizinischen Sinn nicht die Diagnose, sondern die Auswirkungen einer Erkrankung auf die Leistungsfähigkeit des Versicherten sind. - Nicht richtig ist, dass sich im Falle der Fibromyalgie aufgrund aufwändiger technischer Untersuchungen die Funktionsstörungen der inneren Organe nachweisen lassen würden. Denn es existiert nach wie vor keine objektive Messmethode für den Schmerzumfang. Sofern der Bevollmächtigte auf standardisierte wissenschaftliche Tests und Fragebögen verweist, mit denen sich eine Leistungseinschränkung nachweisen lasse, so ist ihm insofern zuzustimmen, als die Durchführung testpsychologischer Untersuchungen ein Baustein in der Gesamteinschätzung der Leistungsbeurteilung bei Schmerzerkrankungen und psychischen Erkrankungen sein kann. Es ist aber zu beachten, dass im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung derartige testpsychologische Zusatzbefunde, wie sie durch Selbstbeurteilungstestverfahren bzw. Selbstbeurteilungsskalen ermittelt werden, nur einen sehr nachgeordneten Aussagewert haben. Zum einen ist bei testpsychologischen Zusatzbefunden, die bei einer sozialmedizinischen Untersuchung im Rahmen eines Verfahrens zur Beurteilung, ob Sozialleistungen zu gewähren sind, erhoben werden, kritisch zu berücksichtigen, dass Kooperations- und Motivationsfaktoren des Untersuchten eine entscheidende Rolle spielen und bei der Beurteilung der Ergebnisse mitzubeachten sind. Zum anderen geben testpsychologische Untersuchungen mit Selbstbeurteilungstestverfahren nur das subjektive Erleben eines Betroffenen im Querschnitt wieder. Die sich aus testpsychologischen Verfahren ergebende Eigenschilderung des Betroffenen ersetzt damit in keinem Fall die eigenständig zu verantwortende Leistungsbeurteilung durch den Gutachter (zur Begutachtung von Schmerzpatienten - vgl. Widder u.a., MedSach 2007, S. 103), bei der kritisch zu hinterfragen ist, ob sich die Eigeneinschätzung durch weitergehende Gesichtspunkte objektivieren lässt. Im vorliegenden Fall beispielsweise hat der Gutachter Dr. K. testpsychologische Untersuchungen durchgeführt, sich aber nicht damit auseinander gesetzt, ob und aus welchen Gründen die Selbsteinschätzung der Klägerin nachvollziehbar ist oder nicht. Vielmehr liegt der Schluss nahe, er habe das Ergebnis der Selbsteinschätzung der Klägerin im Schmerzfragebogen (die Klägerin hat sich in wichtigen Lebensbereichen als nahezu völlig beeinträchtigt beschrieben) unreflektiert übernommen und daraus auf eine zeitliche Leistungseinschränkung geschlossen. - Auf die Zahl der so genannten Tender-Points im Rahmen der Diagnosestellung der Fibromyalgie kommt es im vorliegenden Verfahren bereits deshalb nicht an, weil - wie ausgeführt - nicht die zu Grunde liegende Diagnose, sondern die bei der Klägerin bestehenden funktionellen Beeinträchtigungen für die Entscheidung relevant sind, ob ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist oder nicht. Zudem ist nach den aktuellsten Erkenntnissen (vgl. die im Sommer dieses Jahres veröffentlichte wissenschaftliche Leitlinie "Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Fibromyalgiesyndroms") die Diagnostik über Tender-Points eine, aber nicht die ausschließliche Methode zur Feststellung einer Fibromyalgie. Auch ist die Zahl der positiven Tender-Points kein objektives Kriterium zur Einschätzung des Schweregrads einer Fibromyalgie und der daraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen. - Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin auf eine Veröffentlichung des Dr. H. zum Fibromyalgiesyndrom auf der Internetseite des Klinikums S. verweist, bringt diese Veröffentlichung für den vorliegenden Fall keine weitergehenden Erkenntnisse. Ganz abgesehen davon, dass die wissenschaftliche Leitlinie, an der im Übrigen Herr Dr. H. federführend mitgewirkt hat, eine Differenzierung der Fibromyalgie in unterschiedliche Schweregrade, wie dies in der Veröffentlichung des Dr. H. auf der Internetseite des Klinikums S. vorgenommen wird, nicht kennt, wäre es auch nicht zulässig, von einem bestimmten Schweregrad auf bestimmte qualitative oder quantitative Leistungseinschränkungen zu schließen. Denn allein mit einer bestimmten Diagnose lässt sich - wie ebenfalls oben bereits ausgeführt - ein sozialmedizinisch eingeschränktes Leistungsvermögen nicht begründen.

Nicht zu beanstanden ist, dass das Sozialgericht dem Antrag des Bevollmächtigten der Klägerin, den Gutachter Dr. K. gemäß § 109 SGG ergänzend zur Stellungnahme der Gutachterin Dr. R. zu hören, nicht nachgekommen ist. Das Sozialgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Gutachter gemäß § 109 SGG nicht das "letzte Wort" verbleiben muss (vgl. Keller, a.a.O., § 109, Rn. 10b). Eine wiederholte Anhörung des selben Gutachtens gemäß § 109 SGG ist lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt. Ein solcher besonderer Umstand liegt beispielsweise vor, wenn sich der Gutachter zu bestimmten entscheidungserheblichen Fragen nicht oder nur unvollständig geäußert hat oder sich neue zusätzliche rechtserhebliche Tatsachen ergeben haben, z.B. neue Gesundheitsstörungen entstanden sind. Keinen besonderen Umstand in diesem Sinne stellt es dar, wenn zwischenzeitlich eine weitere gutachtliche Äußerung von Amts wegen eingeholt worden ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, § 109, Rn. 10b). Im vorliegenden Fall lag ein derartiger besonderer Umstand nicht vor; es wurde zwischenzeitlich lediglich von Amts wegen eine Stellungnahme nach Aktenlage zum Gutachten des Dr. K. eingeholt. Im Übrigen hat sich der Gutachter Dr. K. bereits in seinem Gutachten vom 12.04.2007 umfassend zu allen entscheidungserheblichen Fragen geäußert, so dass eine weitere ergänzende Stellungnahme gemäß § 109 SGG nicht eingeholt werden musste.

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin im Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht beantragt hat, ein weiteres Gutachten gemäß § 109 SGG bei Dr. H., dem ärztlichen Direktor des Zentrums für Schmerztherapie am Klinikum S., einzuholen, so wird dieser Antrag zurückgewiesen.

Ist im erstinstanzlichen Verfahren bereits gemäß § 109 SGG ein Arzt des Vertrauens des Versicherten gehört worden, so muss in der zweiten Instanz grundsätzlich nicht erneut ein derartiges Gutachten eingeholt werden (vgl. BSG, Beschluss vom 06.05.1958, Az.: 10 RV 813/56; BSG, Urteil vom 14.05.1991,Az.: 5 RJ 32/90). Lediglich dann, wenn besondere Umstände vorliegen, ist eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG gerechtfertigt. Einen derartigen Umstand kann es beispielsweise darstellen, wenn sich zwischenzeitlich neue rechtserhebliche Tatsachen ergeben haben, z.B. neue Gesundheitsstörungen aufgetreten sind. Ein besonderer Grund für die Anhörung eines weiteren Arztes gemäß § 109 SGG kann auch darin liegen, dass Gesundheitsstörungen vorliegen, für die mehr als eine Facharztgruppe zuständig ist und eine ausreichend sachkundige Beurteilung durch die bereits gemäß § 109 SGG durchgeführte Begutachtung mangels entsprechender Fachkenntnisse nicht möglich gewesen ist. In derartigen Fällen ist vom Antragsteller darzulegen, warum der neue Gutachter im konkreten Fall zusätzliche entscheidende Erkenntnisse hervorbringen könnte. Bei verwandten Fachrichtungen hingegen ist in der Regel kein Grund für eine weitere Begutachtung gegeben (vgl. Keller, a.a.O., § 109, Rn. 10b).

Eine derartiger besonderer Grund für die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 109 SGG auf "algesiologischem" Fachgebiet ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Unabhängig davon, dass es eine Facharztbezeichnung "Algesiologie" (Algesiologie = Teilgebiet der Medizin, das sich mit der Erforschung von Schmerzentstehung und Schmerztherapie befasst) nicht gibt, ist auf die Zielrichtung des Antrags gemäß § 109 SGG abzustellen. Nach den Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin in den Schreiben vom 24.11.2007 und 11.07.2008 begehrt die Klägerin mit der Begutachtung durch Dr. H. eine Beurteilung ihres Gesundheitszustandes insbesondere mit Blick auf das Fibromyalgiesyndrom und damit einhergehende psychische Störungen, für deren Beurteilung Dr. H. als besonders fachkundig bezeichnet wird. Die Beurteilung gerade des Fibromyalgiesyndroms und etwaiger psychischer Störungen ist aber bereits Gegen- stand der im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Begutachtung gemäß § 109 SGG durch den Nervenarzt und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. K. gewesen. Insofern würde sich die nunmehr beantragte Begutachtung durch Dr. H. auf die gleichen Gesundheitsstörungen beziehen und unter denselben Gesichtspunkten erfolgen wie die im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführte Begutachtung gem. § 109 SGG. Der Senat sieht daher keinerlei Veranlassung, von einer weiteren Begutachtung unter den gleichen Gesichtspunkten, nämlich mit Blick auf die Schmerzerkrankung, zusätzliche Erkenntnisse zu erwarten.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nach den vorliegenden gutachtlichen Erkenntnissen nicht nachgewiesen ist, dass die Klägerin nicht noch sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag einer beruflichen Tätigkeit als Sachbearbeiterin in einem Modevertrieb nachgehen könnte, da es sich bei dieser Tätigkeit vorrangig um eine sitzende Tätigkeit handelt, die ein zwischenzeitliches Aufstehen und damit einen Positionswechsel zulässt und als Bürotätigkeit nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten oder Zwangshaltungen verbunden ist.

Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) steht der Klägerin nicht zu. Da bereits die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht erfüllt sind, kommt eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) nicht in Betracht.

Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht darauf, dass die Berufung erfolglos geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved