S 12 AY 203/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AY 203/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beklagten wird zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers vom 01.04.2010 eine Frist bis zum 01.07.2011 gesetzt und das Verfahren bis dahin ausgesetzt.

Gründe:

Die am 13.07.2010 beim Sozialgericht eingegangene Untätigkeitsklage ist gemäß § 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil über den Widerspruch des Klägers nicht binnen 3 Monaten entschieden worden ist. Das Verfahren war aber gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 SGG auszusetzen, weil ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen ist.

Die Beklagte möchte vorab eine höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage abwarten, wie der Aktualitätsgrundsatz bei der Nachzahlung von "Analogleistungen" aufgrund einer Überprüfung nach § 44 SGB X anzuwenden ist. Diesbezüglich ist nun ein Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 8 AY 1/10 R anhängig.

Die Kammer hält eine Aussetzung bis zum 01.07.2011 gerechtfertigt, weil es im wohlverstandenen Interesse der Kläger ist, wenn die Beklagte die Möglichkeit erhält, die höchstrichterliche Klärung dieser Rechtsfrage abzuwarten und bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Antragstellern geht es nicht um irgendeine Entscheidung der Behörde, sondern um eine rechtlich zutreffende Entscheidung über ihr Begehren, so dass sie sich dagegen nicht mit einer Klage zur Wehr setzen müssen. Es liegt andererseits im Interesse einer funktionierenden Kommunalverwaltung und einer funktionsfähigen Sozialgerichtsbarkeit, dass nicht fortlaufend neue Bescheide und Widerspruchsbescheide erlassen und dagegen Klagen erhoben werden, die allesamt die gleiche Rechtsfrage betreffen. Durch die Vielzahl der Verfahren wird eine große Menge Personal gebunden. Deren Arbeitskraft kann anderweitig eingesetzt werden, wenn zunächst das Musterverfahren vor dem Bundessozialgericht abgewartet wird. Demgegenüber muss das Gebühreninteresse von Rechtsanwälten, möglichst viele Klagen anhängig machen und PKH-Anträge stellen zu können, zurücktreten.

Außerdem ist in diesem Zusammenhang der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.11.2009 (-1 BvR 2455/08 -) zu beachten. Danach kann es jedem Verfahrensbeteiligten zugemutet werden, eine Musterentscheidung des mit der umstrittenen Rechtsfrage bereits befassten Bundesozialgerichts abzuwarten und das eigene Verfahren so lange ruhend zu stellen. Denn ihm können durch das Abwarten der anderen Sache keine Nachteile im eigenen Verfahren entstehen. Das gilt für Widerspruchsverfahren ebenso wie für bereits anhängige Klageverfahren.

Die Kammer geht davon aus, dass bis Mitte des nächsten Jahres eine Entscheidung des Bundessozialgerichts ergehen wird. Dabei kann die Frist noch verlängert werden, wenn sich diese Erwartung der Kammer als zu optimistisch herausstellen sollte.
Rechtskraft
Aus
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