L 8 AL 1022/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 7343/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1022/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes (Alg).

Die Klägerin war vom 01.07.2004 bis 31.07.2008 bei der R. K. AG in R., Ö., beschäftigt. Sie erzielte vom Januar 2008 bis Juli 2008 ein Bruttoentgelt in Höhe von monatlich 5.155,00 EUR. Dieses Arbeitsverhältnis wurde von der Klägerin gekündigt, nachdem sie mit der F. S. F. S. GmbH M. (F. S.) einen unbefristeten Arbeitsvertrag ab 01.08.2008 abgeschlossen hatte. Dieser Arbeitsvertrag wurde von der F. S. mit Schreiben vom 24.06.2008 zum 31.07.2008 gekündigt. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin beim Arbeitsgericht München Klage (9 Ca 8361/08).

Am 27.06.2008 meldete sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit Stuttgart (AA) zum 01.08.2008 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Diesen Antrag lehnte die AA mit Bescheid vom 10.07.2008 ab, da die Klägerin die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Gegen den Bescheid vom 10.07.2008 legte die Klägerin Widerspruch ein.

In der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts München am 06.08.2008 schlossen die Klägerin und die F. S. einen Vergleich - u. a. - dahin, dass das Arbeitsverhältnis am 01.08.2008 begonnen hat und infolge ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31.08.2008 enden wird.

Die Klägerin meldete sich daraufhin am 26.08.2008 mit Wirkung zum 01.09.2008 bei der AA erneut arbeitslos und beantragte Alg. Im August 2008 betrug das beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt 5.300,00 EUR. Die AA errechnete ein fiktives Arbeitsentgelt in Höhe von täglich 99,40 EUR (Qualifikationsgruppe 1, Qualifikationsstufe Hochschule / Fachhochschule, Entgeltgruppe 1/300 der Bezugsgröße). Mit Bescheid vom 15.09.2008 bewilligte die AA der Klägerin ab 01.09.2008 Alg in Höhe von täglich 35,65 EUR (Bemessungsentgelt 99,40 EUR, Lohnsteuerklasse I, Leistungsentgelt 59,41 EUR, 60 %) mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. Am 16.09.2008 nahm die Klägerin eine selbstständige Tätigkeit auf.

Gegen den Bescheid vom 15.09.2008 legte die Klägerin wiederum Widerspruch ein. Sie wandte sich gegen die Berechnung der Höhe des Alg. Sie machte geltend, europäisches Recht sowie die Gleichstellung von deutschen Bürgern, deren Sozialbeiträge aufwändig vom EU-Ausland nach Deutschland übertragen würden, würden missachtet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2008 wurde der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.09.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Bemessungsrahmen vom 01.09.2006 bis 31.08.2008 seien keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen. Deshalb sei der Bemessung ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das sich nach der Qualifikationsgruppe 1 richte. Danach ergäbe sich ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 99,40 EUR. Würden zur Erfüllung der Anwartschaftszeit ausländische Versicherungs- und Beschäftigungszeiten berücksichtigt und habe die der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangehende Beschäftigung in Deutschland mindestens vier Wochen gedauert, sei die Leistung nach dem zuletzt in Deutschland erzielten Arbeitsentgelt zu bemessen. Das im Ausland erzielte Arbeitsentgelt sei bei der Bemessung nicht zu berücksichtigen. Es seien die deutschen Bemessungsvorschriften anzuwenden. Es bestehe ein Anspruch auf Alg nach dem allgemeinen Leistungssatz in Höhe von täglich 35,65 EUR.

Hiergegen erhob die Klägerin am 03.11.2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug zur Begründung vor, die Rechtsauffassung der Beklagten sei falsch. Sie habe vorliegend unstreitig während des Zeitraums vom 01.09.2007 bis 31.08.2008 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis in Österreich und zuletzt in Deutschland gestanden. Ein Grund, den Bemessungsrahmen auf zwei Jahre zu erweitern, bestehe nicht. Im Übrigen verstoße die Rechtsauffassung der Beklagten gegen das europarechtliche Gebot der Freizügigkeit. Mit einer Berechnung des Alg auf der Grundlage des Verdienstes bei der Firma Siemens sei sie einverstanden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die fiktive Bemessung entspreche den gesetzlichen Bestimmungen und sei nicht zu beanstanden. Sie bezog sich auf Ihre Dienstanweisung. Die Beklagte legte - auf Bitte des SG - eine Vergleichsberechnung auf der Grundlage des im August 2008 erzielten Bemessungsentgelts vor.

Mit Urteil vom 14.01.2010 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin Alg für die Zeit vom 01.09.2008 bis 15.09.2008 unter Zugrundelegung ihres Arbeitsentgeltes bei der Firma Siemens zu gewähren. Die Berufung wurde zugelassen. Das SG führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg lägen bei der Klägerin vor. Zwar sei die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist nur einen Monat im Bundesgebiet beschäftigt gewesen. Gemäß Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (EWG-VO 1408/71) würden ihre Beschäftigungszeiten in Österreich denen im Bundesgebiet gleichgestellt, wenn unmittelbar vor Eintritt des Leistungsfalles eine Beschäftigung im Inland ausgeübt worden sei, was bei der Klägerin zutreffe. Die EWG-VO 1408/71 regele als supranationales Kollisionsrecht den Bereich der Arbeitslosenversicherung und sei einschlägig. Die angegriffenen Bescheide seien hinsichtlich der auf der Grundlage der Bestimmungen der §§ 129 ff. SGB III errechneten Höhe des bewilligten Alg rechtlich zu beanstanden. Denn die Vorschriften der §§ 129 ff. SGB III würden durch die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung des Art. 68 EWG-VO 1408/71 verdrängt, dem ein Anwendungsvorrang gegenüber dem nationalen Recht zukomme. Nach der Rechtsprechung des EuGH gehe aus Art. 68 Absatz 1 S. 1 EWG-VO 1408/71 hervor, dass in der Regel der Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit das Entgelt zu Grunde zu legen sei, das der Arbeitnehmer während seiner letzten Beschäftigung "erhalten" habe. Nur wenn die inländische Beschäftigung weniger als vier Wochen gedauert habe, werde die im Ausland ausgeübte Beschäftigung im Rahmen einer fiktiven Bemessung berücksichtigt. Die Leistungsbemessungsvorschriften des zuständigen Trägers hätten sich diesem Grundsatz unterzuordnen mit der Folge, dass (unter anderem) der relevante Bemessungszeitraum für das Alg modifiziert werde. Aus Art. 68 Abs. 1 S. 2 EWG-VO 1408/71 folge, dass - entgegen der Bestimmung des § 132 SGB III - der Bemessungszeitraum auf vier Wochen reduziert werde. Hiervon ausgehend sei das Alg der Klägerin auf der Grundlage des Verdienstes bei der Firma Siemens (01.08.2008 bis 31.08.2008) unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen und nicht auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung nach Qualifikationsgruppen. Soweit die aktuelle Dienstanweisung der Beklagten eine unmittelbare Anwendung der §§ 129 ff. SGB III vorsehe, sei diese mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar und daher rechtswidrig.

Gegen das der Beklagten am 28.01.2010 zugestellte Urteil hat sie am 01.03.2010 (Montag) Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, der Rechtsauffassung des SG könne nicht gefolgt werden. Bei der Vorschrift des Art. 68 EWG-VO 1408/71 handele es sich von der Anlage her um koordinierendes Recht. Nach dieser Vorschrift sei ausschließlich das Entgelt, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung erzielt habe, nach näherer Maßgabe der Berechnungsvorschriften der §§ 129 ff. SGB III zu berücksichtigen. Die Gleichbehandlung des Sachverhalts werde bereits in Art. 68 EWG-VO 1408/71 durchbrochen, da die Zeit in Ö. bei der Berechnung der Leistungen außer Betracht bleibe. Diese Ausnahme des Art. 68 EWG-VO 1408/71 spreche für die Anwendung der nationalen Berechnungsvorschriften. Aus Art. 68 Abs. 1 S. 2 EWG-VO 1408/71 könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass für alle Beschäftigungen, die länger als 4 Wochen dauerten, Leistungen ausschließlich nach diesem Entgelt berechnet würden. Darüber hinaus seien Wanderarbeitnehmer weder besser noch schlechter zu stellen als Arbeitnehmer, deren Anspruch allein durch Beschäftigungszeiten in Deutschland entstanden seien. So wäre zum Beispiel ein Ingenieur, der zur Überbrückung einen Monat eine Beschäftigung im Niedriglohnbereich annehme, wesentlich schlechter gestellt, wenn seine Leistungen ausschließlich nach diesem Monat berechnet werden würden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Januar 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat zur Begründung vorgetragen, für die Berechnung der Leistungen gelte Art. 68 EWG-VO 1408/71, dessen Anwendung Vorrang gegenüber dem nationalen Recht habe. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift seien Leistungen für Beschäftigungsverhältnisse ab vier Wochen nach dem Entgelt zu berechnen, welches der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Bundesgebiet erhalten habe. Damit sei das Alg auf der Basis des Einkommens bei der F. S. zu berechnen. Für eine fiktive Bemessung sei kein Raum. Es bleibe festzustellen, dass bei Nichtanwendung der europarechtlichen Vorschriften durchaus eine Schlechterstellung im Vergleich zu Arbeitnehmern, welche durchgehend im Bundesgebiet gearbeitet hätten, bestünde. Dies mache der von der Beklagten vorgebrachte Beispielsfall deutlich. Die Vorschriften der EWG-VO 1408/71 würden in dem von der Beklagten genannten Beispielsfall nicht zur Anwendung gekommen, sondern § 130 Abs. 1 SGB III.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist kraft der den Senat gemäß § 144 Abs. 3 SGG bindenden Zulassung der Berufung im angefochtenen Urteil gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG insgesamt zulässig.

Streitgegenstand ist nur der Bescheid der Beklagten vom 15.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.10.2008. Nicht Streitgegenstand ist der Bescheid vom 10.07.2008. Die Klägerin hat nach Aktenlage ihren gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch nicht weiter verfolgt und ein Entscheidung über diesen Widerspruch ist noch nicht ergangen. Dem entspricht auch der Klageantrag der Klägerin.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 14.01.2010 ist nicht zu beanstanden.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Das SG hat weiter ausführlich und zutreffend begründet, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg bei der Klägerin vorliegen, dass die angegriffenen Bescheide hinsichtlich der auf der Grundlage der Bestimmungen der §§ 129 ff. SGB III errechneten Höhe des bewilligten Alg rechtlich zu beanstanden sind, weil die Vorschriften der §§ 129 ff. SGB III durch die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung des Art. 68 EWG-VO 1408/71 verdrängt werden, dass aus Art. 68 Absatz 1 S. 1 EWG-VO 1408/71 hervorgeht, dass in der Regel der Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit das Entgelt zu Grunde zu legen ist, das der Arbeitnehmer während seiner letzten Beschäftigung "erhalten" hat und nur dann, wenn die inländische Beschäftigung weniger als vier Wochen gedauert hat, die im Ausland ausgeübte Beschäftigung im Rahmen einer fiktiven Bemessung berücksichtigt wird, dass die Leistungsbemessungsvorschriften des zuständigen Trägers sich diesem Grundsatz unterzuordnen haben mit der Folge, dass der relevante Bemessungszeitraum für das Alg modifiziert wird und dass hiervon ausgehend das Alg der Klägerin auf der Grundlage des Verdienstes bei der Firma Siemens (01.08.2008 bis 31.08.2008) unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen ist. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils voll umfänglich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 68 Absatz 1 EWG-VO 1408/71 beruht diese Vorschrift auf dem allgemeinen Grundsatz, dass das zur Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit maßgebliche frühere Entgelt dasjenige ist, das der Arbeitnehmer während der letzten Beschäftigung, die er unmittelbar vor seiner Arbeitslosigkeit ausgeübt hat, tatsächlich erhalten hat. Dieser Grundsatz entspricht nicht nur den Erfordernissen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer i.S. von Art. 51 des EWG-Vertrages, sondern auch der der EWG-VO 1408/71 zugrunde liegenden Forderung, den Arbeitnehmern bei Arbeitslosigkeit Leistungen zu sichern, die in angemessenem Verhältnis zur Höhe des Entgeltes stehen, das sie zu dem Zeitpunkt erhielten, zu dem sie arbeitslos wurden. Hiervon abweichend kann nur in dem in Art. 68 Absatz 1 Satz 2 EWG-VO 1408/71 geregelten Sonderfall, dass die letzte Beschäftigung weniger als vier Wochen gedauert hat, was bei der Klägerin unstreitig nicht der Fall ist, die Berechnung der Leistung auf der Grundlage des vermuteten und nicht des tatsächlichen Entgeltes für die letzte Beschäftigung erfolgen (vgl. zum Vorstehenden EuGH, Urteil vom 28.02.1980 - Az.: 67/79 -, SozR 6050 Art. 68 Nr. 1).

Diesen Maßstäben wird die von der Beklagten (im Fall der Klägerin) praktizierten Methode zur Berechnung der Höhe des Alg-Anspruches nicht gerecht. Sie widerspricht dem Bestreben des Art. 68 Absatz 1 EWG-VO 1408/71, für die Mobilität der Arbeitskräfte bessere Voraussetzungen zu schaffen (vgl. hierzu EuGH vom 28.02.1980, a.a.O.). Die Beklagte lässt, insoweit Art. 68 Absatz 1 EWG-VO 1408/71 folgend, das von der Klägerin während ihrer Tätigkeit in Österreich im Bemessungszeitraum erzielte Bemessungsentgelt unberücksichtigt, was - ausgehend von der Ansicht der Beklagten - die Voraussetzungen für die Mobilität der Arbeitskräfte verschlechtern kann, wenn erzieltes Arbeitsentgelt gänzlich unberücksichtigt bleibt und die Höhe des Alg auf der Grundlage eines fiktiven Bemessungsentgeltes berechnet wird, das zudem nicht den Vorgaben des Art. 68 Abs. 1 Satz 2 EWG-VO 1408/71 zur fiktiven Bemessung des Arbeitsentgeltes entspricht (vgl. auch EuGH, a.a.O., für den Fall eines Grenzgängers). Die Leistungsbemessungsvorschriften der § 129 ff. SGB III haben sich dem Grundsatz, dass das zur Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit maßgebliche frühere Entgelt dasjenige ist, das der Arbeitnehmer während der letzten Beschäftigung, die er unmittelbar vor seiner Arbeitslosigkeit ausgeübt hat, tatsächlich erhalten hat, unterzuordnen (vgl. Geiger, "Aktuelle europarechtliche Entwicklungen zu Ansprüchen auf Arbeitslosenunterstützung", info also 2004, 58 ff.). Die EWG-VO 1408/71 ist allgemein verbindlich. Sie gilt in den Mitgliedstaaten unmittelbar und bedarf zu ihrer Wirksamkeit keines staatlichen Umsetzungaktes (vgl. Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III EWGVO 1408/71, Vor Art. 67-71a, RdNr. 28). Die abweichenden Dienstanweisungen zu Art. 68 Absatz 1 EWG-VO 1408/71 der Beklagten sind nicht mit der oben dargestellten vom EuGH (a.a.O.) vertretenen und für die deutschen Gerichte bindenden Auslegung zu vereinbaren (vgl. auch Geiger, a.a.O.). Der abweichenden Ansicht von Marscher in GK-SGB III, Art. 68 RdNr. 7, auf die sich die Beklagte beruft, kann nicht gefolgt werden. Die Ansicht, das Entgelt der letzten Beschäftigung werde nach Maßgabe der Berechnungsvorschriften der §§ 129 ff. SGB III berechnet, wird in einem "Nebensatz" ohne weitere Begründung geäußert und setzt sich nicht mit der oben genannten Rechtsprechung des EuGH zu Art. 68 Absatz 1 EWG-VO 1408/71 auseinander.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat misst dem vorliegenden Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung bei. Dabei kann offen bleiben, ob eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreites bereits deshalb zu verneinen ist, weil die EWG-VO 1408/71 seit 01.05.2010 durch die EG-VO 883/2004 abgelöst worden ist. Denn der Senat hält die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsfragen durch die genannte Rechtsprechung des EuGH für geklärt.
Rechtskraft
Aus
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