Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1360/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2348/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. März 2009 abgeändert und dem Teilanerkenntnis der Beklagten vom 7. Juni 2010 entsprechend der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 insoweit aufgehoben, als die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 30. Mai 1999 bis zum 6. Juni 1999 aufgehoben und die Erstattungspflicht des Klägers bezüglich Arbeitslosenhilfe auf mehr als 9.468,68 Euro festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. März 2009 aufgehoben, soweit dieses den Bescheid vom 21. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 betreffend die Erstattungspflicht für Beiträge zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung über einen Betrag von mehr als 59,66 Euro aufgehoben hat. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
3. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) zugunsten des Klägers im Zeitraum vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999, die Erstattung der in diesem Zeitraum gezahlten Alhi in Höhe von 9.468,68 Euro sowie die Erstattung von für diesem Zeitraum von der Beklagten gezahlten Beiträgen zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 2.645,67 Euro streitig.
Der 1967 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, hat am 18. Mai 1995 von Deutschland aus über die D. Bank einen Betrag von 60.000,00 DM bei der Türkischen Nationalbank (TCMB) für die Dauer von zwei Jahren angelegt.
Der Kläger war bis zum 30. Juni 1996 als Gießereiarbeiter beschäftigt, vom 5. August 1995 bis zum 30. Juni 1996 war der Kläger krank ohne Anspruch auf Lohnfortzahlung. Am 9. Januar 1997 meldete er sich arbeitslos, beantragte Arbeitslosengeld und bezog anschließend vom 29. Januar 1997 bis zur Erschöpfung seines Anspruchs am 27. Januar 1998 Arbeitslosengeld auf Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 870,00 DM.
Am 26. Januar 1998 beantragte der Kläger die Gewährung von Alhi. In seinem Antrag gab er selbst kein Vermögen an; auf dem Antragsformular findet sich jedoch ein Hinweis eines Mitarbeiters der Beklagten dahingehend, dass der Kläger Kontoauszüge vorlegen solle. Mit Schreiben vom 30. März 1998 forderte die Beklagte den Kläger auf, im Antrag auf Alhi die "Bedürftigkeitsprüfung" auszufüllen und "evtl. Nachweise" beizufügen. Hierauf legte der Kläger einen Umsatzausdruck seines Kontos bei der Deutschen Bank vor sowie einen Zeichnungsschein als stiller Gesellschafter im Rahmen des PSP-Systems bei der Gö. Gr. vor. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger Alhi auf Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts in Höhe von 870,00 DM Alhi ab dem 28. Januar 1998.
Vom 1. September 1998 bis zum 8. Januar 1999 war der Kläger versicherungspflichtig beschäftigt; in dieser Zeit bezog er keine Alhi. Mit neuem Antrag vom 7. Januar 1999 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Alhi. In diesem Antrag verneinte er die Fragen nach dem Vorhandensein von Vermögen. Die Beklagte bewilligte erneut Alhi ab dem 9. Januar 1999 auf Grundlage eines Bemessungsentgelts von 870,00 DM (ab 28. Januar 1999: 850,00 DM). Ab dem 7. Juni 1999 war der Kläger dann erneut versicherungspflichtig beschäftigt und bezog keine Alhi mehr.
Der Kläger war in der gesamten Zeit des Alhi-Bezugs alleine wegen des Bezugs der Leistung von der Beklagten kranken- und pflegeversichertes Mitglied der AOK. Er bezog von der Beklagten Leistungen wie folgt:
Arbeitslosenhilfe Zeitraum Leistungstage Tägl. Leistungshöhe in DM Summe Alhi in DM 28.01.1998 - 31.08.1998 216 51,88 11.206,08 09.01.1999 - 27.01.1999 19 52,66 1.000,54 28.01.1999 - 06.06.1999 130 51,77 6.730,10 Summe: 365 18.936,72 (9.682,19 Euro)
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge Zeitraum Leistungs-tage KV-Entgelt in DM Beitragssatz KV (%) PV-Entgelt in DM Beitragssatz PV (%) 28.01.1998 - 31.08.1998 216 21.476,57 13,0 % 21.476,57 1,7 %
09.01.1999 - 27.01.1999 19 1.889,14 13,0 % 1.889,14 1,7 % 28.01.1999 - 06.06.1999 130 12.628,57 13,0 % 12.628,57 1,7 % Summe: 365 35.994,28 (18.403,59 Euro) 13,0 % 35.994,28 (18.403,59 Euro) 1,7 % Beitragszahlung KV: 4.679,26 (2.392,47 Euro) Beitragszahlung PV: 611,90 (312,86 Euro)
Mit Schreiben vom 8. Februar 2005 teilte das Hauptzollamt Stuttgart der Beklagten mit, dass der Kläger am 18. Mai 1995 einen Betrag von 60.000,00 DM mit einer Laufzeit von zwei Jahren bei der TCMB angelegt gehabt habe. Auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 28. Juli 2005 hin teilte der Kläger mit, er habe das Geld 1994 angelegt. 1995 sei er mit seiner Familie in die Türkei gefahren und habe mit diesem Betrag eine Wohnung gekauft. Weil er krank gewesen sei und Depressionen gehabt habe, habe er mit der Familie mehrfach dort bleiben wollen. 1998 sei die Wohnung bei einem Erdbeben zerstört worden.
Mit Bescheid vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 hat die Beklagte die Bewilligungen von Alhi für die Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 6. Juni 1999 zurückgenommen und die Erstattung von 9.682,19 Euro an zu Unrecht gezahlter Alhi sowie die Erstattung von gezahlten Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 2.392,47 Euro sowie zur Sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 312,86 Euro (zusammen insgesamt 12.387,52 Euro) festgesetzt. In seinem Widerspruch hatte der Kläger geltend gemacht, das Geld im Mai 1995 angelegt, jedoch bereits im Juni 1995 in der Türkei abgehoben, zum Bau eines 12-Familienhauses durch seinen Vater (35.000,00 DM), für Reisen und Ärzte (10.000,00 DM) sowie für einen Autokauf in Deutschland (15.000,00 DM) ausgegeben zu haben.
Am 18. Mai 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, die 60.000,00 DM (30.677,51 Euro) seien zum Hausbau durch seinen Vater im Jahr 1995 (ca. 35.000,00 DM), zur Finanzierung eines fünfwöchigen Aufenthalts im Jahr 1995 in der Türkei unter Inanspruchnahme von ärztlichen und sonstigen Behandlungen wegen seiner damals aufgetretenen Depressionen (ca. 10.000,00 DM) sowie - ebenfalls im Jahr 1995 - zum Kauf eines Autos (ca. 15.000,00 DM) verwendet worden. Das Ziel der Einzahlung sei gewesen, zu diesen Zwecken in der Türkei über DM-Guthaben verfügen zu können. Das Haus des Vaters sei bei einem Erdbeben am 19. August 1999 zerstört worden.
Mit Urteil vom 24. März 2009 hat das SG den "Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 21. September 2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2006" aufgehoben, "soweit darin die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.795,33 EUR angeordnet wurde" und im Übrigen die Klage abgewiesen. Fest stehe, dass der Kläger bei der TCMB ein Konto besessen oder zu diesem Zweck eröffnet hatte und am 18. Mai 1995 dorthin einen Betrag von 60.000 DM überwiesen habe. Zum konkreten Sachverhalt lasse sich nur feststellen, dass auf dem Überweisungsträger als "gewünschte Kreditbrieflaufzeit" zwei Jahre eingetragen seien. Dies widerspreche der behaupteten alsbaldigen Abhebung des Kapitals in der Türkei. Die Überweisungen über die D. Bank an die TCMB seien nicht getätigt worden, um in der Türkei alsbald über das Kapital verfügen zu können, sondern regelmäßig wegen des hohen Zinsvorteils bei einer mehrjährigen Anlage dort. Es könne daher mangels Hinweises auf eine vorzeitige Beendigung der Anlage davon ausgegangen werden, dass entsprechend der Bestimmung auf dem Überweisungsträger eine Anlage mindestens bis zum Mai 1997 erfolgt ist. Die unsubstantiierten Angaben des Klägers, das Geld sei bereits 1995 für Aufwendungen anlässlich einer Türkeireise verbraucht und im Übrigen dem Vater des Klägers zum Hausbau übergeben worden, seien nicht geeignet, den durch die Eröffnung eines Anlagekontos auf zwei Jahre bei der TCMB indizierten Fortbestand des Vermögens zu widerlegen. Auch wenn der Kläger seinem Vater 1995 einen Betrag von 35.000 DM übergeben hätte, so sei durch nichts dargetan oder gar bewiesen, dass es sich hier um den identischen Vermögensteil gehandelt habe. Es lasse sich nicht feststellen, dass der Kläger den Vermögenswert von 60.000 DM während des Alhi-Bezuges nicht noch hatte. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in einer Entscheidung vom 24. Mai 2006 (B 11 a AL 7/05 R - BSGE 96, 238) dargelegt, dass eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sei, wenn in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien. Eine dem Kläger anzulastende Beweisnähe ergebe sich hier auch daraus, dass er durch seine unterbliebene Vorlage eines Kontoauszuges eine weitergehende Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere den Verbleib der Anlage nach Ablauf der mutmaßlichen ersten Anlagedauer von zwei Jahren, unmöglich gemacht habe (BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R - NZA 2007, 318; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2006 - L 12 AL 3427/06). Das verwertbare Vermögen des Klägers habe sich abzüglich eines Freibetrages gemäß § 6 Abs. 1 AlhiV 1974 von je 8.000 DM für den Kläger und seine Ehefrau auf einen Betrag von 44.000 DM belaufen. Hieraus resultiere mangelnde Bedürftigkeit für 51 Wochen. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen vor. Der Kläger habe auf das Anschreiben vom 30. März 1998 insoweit unvollständige Unterlagen vorgelegt, als die Anlage in der Türkei nicht belegt worden sei. Die Erstattungsanordnung der Beklagten sei nur im Hinblick auf die hinsichtlich der für den Kläger gezahlten Sozialversicherungsbeiträge rechtwidrig und daher zu reduzieren, denn für die Erstattung geleisteter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.795,33 EUR fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.
Gegen das ihm am 30. April 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Mai 2009 beim SG Berufung eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 22. Mai 2009). Eine nähere Begründung hat er nicht mitgeteilt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. März 2009 soweit dieses die Klage abgewiesen hat sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 in vollem Umfang aufzuheben und 2. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. März 2009 aufzuheben, soweit dieses den Bescheid vom 21. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 betreffend die Erstattungspflicht für Beiträge zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung über einen Betrag von mehr als 59,66 Euro aufgehoben hat und die Berufung des Klägers soweit sie über das Teilanerkenntnis vom 7. Juni 2010 hinausgeht zurückzuweisen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 7. Juni 2010 anerkannt, dass sich der zurückzufordernde Betrag der überzahlten Alhi auf 9.468,68 Euro reduziert, denn der Kläger sei lediglich bis zum 29. Mai 1999 nicht bedürftig gewesen. Im Übrigen hat sie am 7. Juni 2010 Anschlussberufung eingelegt und begehrt die Erstattung von Beiträgen zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung über (KV-Beiträge 2.339.71 Euro; PV-Beiträge: 305,96 Euro) insgesamt 2.645,67 Euro.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG, (S 3 AL 1360/06) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten ist erfolgreich.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG) und insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Alhi in der Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999, er hat der Beklagten die insoweit zu Unrecht gezahlte Alhi in Höhe von 9.468,68 Euro zu erstatten. In der Zeit vom 30. Mai 1999 bis zum 6. Juni 1999 steht ihm dagegen ein Anspruch auf Alhi zu. Auch die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten (§ 202 SGG in Verbindung mit § 524 ZPO) ist statthaft, zulässig und teilweise begründet. Entgegen der Entscheidung des SG hat der Kläger auch die für die Zeit seines zu Unrecht erfolgten Alhi-Bezugs vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 von der Beklagten gezahlten Beiträge zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung (2.339,71 Euro sowie 305,96 Euro zusammen 2.645,67 Euro) zu erstatten.
Der Senat musste auch trotz der vom Kläger am 31. August 2010 erklärten Rücknahme der Berufung in der Sache entscheiden, denn die Rücknahme hat den Rechtsstreit nicht beendet. Der Senat hat die mündliche Verhandlung ausweislich des Protokolls am 31. August 2010 um 10.30 Uhr geschlossen. Die per Fax übersandte Rücknahmeerklärung des Klägers ging beim LSG ausweislich des Fax-Eingangsprotokolls (Journal 31. August 2010) dagegen erst um 10.53 Uhr ein; die vom Senat eingeholten dienstlichen Äußerungen bestätigten, dass zum Ende der mündlichen Verhandlung die Rücknahmeerklärung des Klägers noch nicht eingegangen war, sowie die Richtigkeit des Fax-Eingangsprotokolls. Zwar kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils nach § 156 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückgenommen werden, doch bedarf die Zurücknahme nach Schluss der mündlichen Verhandlung der Einwilligung des Berufungsbeklagten (§ 156 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die entsprechend angefragte (Berufungs-)Beklagte hat mit Schriftsatz vom 9. September 2010 die Einwilligung verweigert; die Rücknahmeerklärung des Klägers hat daher nicht zur Beendigung des Verfahrens geführt.
Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheids der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 in der Fassung des Anerkenntnisses vom 7. Juni 2010 ist § 45 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, soweit er rechtswidrig ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Von der Regelung des § 45 SGB X werden nur die Verwaltungsakte erfasst, die - und auch nur soweit diese - zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach dem für die Leistung im streitgegenständlichen Rücknahmezeitraum maßgeblichen materiellen Recht.
Nach dem insoweit maßgeblichen Recht des ab dem 1. Januar 1998 geltenden SGB III hatte der Kläger im streitigen Zeitraum vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 keinen Anspruch auf Alhi, denn in dieser Zeit war er nicht bedürftig.
Gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in der vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung, hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer bedürftig ist. Die Bedürftigkeit bestimmt sich nach § 193 SGB III. Der Arbeitslose ist nach § 193 Abs. 2 SGB III nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Vermögen ist die Gesamtheit der dem Vermögensträger gehörenden Sachen und Rechte in Geld oder Geldeswert (BSG, Urteil vom 11. Februar 1976 - 7 Rar 159/74 - BSGE 41, 187-192 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Nach dieser Vorschrift sind die Vermögenswerte des Klägers bedürftigkeitsmindernd zu berücksichtigen.
Auf Grundlage der vorliegenden Beweismittel und des Vorbringens des Klägers ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger auch während des Alhi-Bezugs noch über die am 18. Mai 1995 auf das Konto bei der TCMB eingezahlten 60.000,00 DM verfügte. Dieser hatte zwar angegeben, das Geld restlos bereits im Jahr 1995 verbraucht zu haben. Hiervon, wie auch von einem Verbrauch der 60.000,00 DM in der Zeit bis zum Juni 1999 konnte sich der Senat nicht überzeugen. Gegen den Verbrauch des Geldes bereits im Jahr 1995 spricht, dass der Kläger das Geld im Mai 1995 für eine Laufzeit von zwei Jahren angelegt hatte. Dabei ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt, dass es gerade Geschäftsmodell der TCMB war, jeweils längerfristige Anlagen einzurichten und hierfür besonders hohe Zinsen zu zahlen. Das angelegte Geld war nach dem Geschäftsmodell der TCMB gerade nicht zum Verbrauch in der Türkei angelegt. Dafür, dass es sich beim Kläger aber anders verhalten haben sollte, liegen keine Anhaltspunkte vor; auch der Kläger hat hierzu keine glaubhaften Anhaltspunkte liefern können. Gegen die Ausführungen des Klägers, spricht auch, dass der Kläger das Geld vollständig in der Türkei abgehoben haben will, jedoch Ausgaben in Deutschland (z.B. Autokauf) getätigt haben will; er müsste also Bargeld in erheblichem Umfang (mindestens 15.000,00 DM) in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt haben. Dies hat der Kläger jedoch auch nie behauptet. Mit dem SG lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere auch nicht aus den Bestätigungen des Vaters des Klägers oder den Ausführungen des Klägers selbst entnehmen, dass es sich bei den angeblich 1995 verbrauchten Beträgen um das am 18. Mai 1995 angelegte Geld gehandelt hatte. Der Senat konnte auch einen späteren Verbrauch des Geldes nicht feststellen. Damit ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Verbrauch des Geldes in der Zeit zwischen Mai 1995 und Juni 1999 nicht nachgewiesen ist. Im Übrigen hat der Kläger zwar versucht, Kontoauszüge der TCMB zu erhalten, dies ist jedoch daran gescheitert, dass er bisher der Bank gegenüber weder einen deutschen oder türkischen Pass vorgelegt hat noch nähere Angaben zu seiner Person gemacht hatte. Die TCMB hatte den Kläger hierum mit dem im SG-Verfahren vorgelegten Schreiben vom 22. August 2008 gebeten (zur Übersetzung vgl. Bl. 71 SG-Akte). Insoweit muss der Senat feststellen, dass der Kläger an der Aufklärung des Sachverhalts nicht ausreichend mitgewirkt hat; weitere Erkenntnisquellen stehen auch dem Senat nicht zur Verfügung. Damit wäre auch unter Annahme einer vom BSG (Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238 = juris) bestimmten Umkehr der Beweislast davon auszugehen, dass sich der Verbrauch der 60.000,00 DM nicht feststellen lässt und somit vom Vorhandensein dieses Betrages zu Beginn des Alhi-Bezugs am 28. Januar 1998 auszugehen ist. Da auch ein tatsächlicher Verbrauch der 60.000,00 DM in den Jahren 1998 und 1999 nicht festgestellt werden konnte, besteht Bedürftigkeit im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Arbeitslosenhilfe richtet (§ 9 Alhi-VO).
Unter Berücksichtigung des sich aus § 6 Abs. 1 Alhi-VO ergebenden Freibetrags für den Kläger sowie dessen Ehefrau steht ein Vermögen des Klägers in Höhe von 44.000,00 DM der Bedürftigkeit im Sinne der §§ 190 Abs. 1 Nr. 5, 193 SGB III entgegen. Geteilt durch das wöchentliche Bemessungsentgelt von 870,00 DM ergibt sich Nichtbedürftigkeit von 51 Wochen (357 Kalendertage). Ausgehend vom Beginn der Alhi-Zahlungen am 28. Januar 1998 hatte der Kläger daher zunächst bis zum 31. August 1998 keinen Anspruch auf Alhi (216 Kalendertage). Während der Zeit der versicherungspflichtigen Beschäftigung vom 1. September 1998 bis zum 8. Januar 1999 ist ein Verbrauch des noch zu berücksichtigenden Restvermögens weder tatsächlich noch fiktiv eingetreten, da insoweit der Lebensunterhalt nicht durch den Verbrauch des Vermögens sondern durch das erwirtschaftete Erwerbseinkommen bestritten wurde. Damit steht das verwertbare Restvermögen einem Alhi-Anspruch ab dem 9. Januar 1999 für weitere 141 Kalendertage, also bis zum 29. Mai 1999, entgegen. Erst ab dem 30. Mai 1999 ist der Kläger bedürftig und damit ein Anspruch auf Alhi entstanden.
Damit waren die Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 anfänglich rechtswidrig. Der Kläger genießt keinen Vertrauensschutz denn die Bewilligungsentscheidungen der Beklagten beruhen auf Angaben, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Der Kläger hatte in den jeweiligen Antragsformularen, aber auch auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 30. März 1998, das vorhandene Vermögen (60.000,00 DM) nicht angegeben, obwohl dieses nach Überzeugung des Senats noch vorhanden war. Damit hat der Kläger vorsätzlich, zumindest jedoch grob fahrlässig, unrichtige Angaben gemacht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), also wenn die in der Personengruppe herrschende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist. Das ist der Fall, wenn außer Acht gelassen worden ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Auch dem Kläger hätte einleuchten müssen, dass vermögens- und einkommensabhängige Sozialleistungen auch von einem im Ausland befindlichen Vermögen beeinflusst werden. Im Antragsformular wird insoweit auch ohne geographische Einschränkung nach sämtlichen Vermögenswerten gefragt, sodass es jedem eingeleuchtet hätte, auch ausländisches Vermögen anzugeben. Dieser jedem einleuchtenden Einsicht und dem sich jedem aufdrängenden entsprechenden Verhalten hat sich der Kläger verschlossen. Die dahingehende Sorglosigkeit und Pflichtwidrigkeit des Klägers stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders schwerem Maße dar und begründet grobe Fahrlässigkeit.
Damit waren die jeweiligen Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 zurückzunehmen (§ 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III); Ermessen war nicht auszuüben.
Die Rücknahme erfolgte binnen der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Die Beklagte hat die Bewilligungsentscheidungen binnen Jahresfrist nach Kenntnis der maßgeblichen Umstände zurückgenommen. Unabhängig davon, ob Kenntnis der Beklagten bereits ab Vorliegen der Mitteilung des Hauptzollamtes Stuttgart vom 8. Februar 2005, bei der Beklagten am 9. Februar 2005 eingegangen, anzunehmen wäre oder - so auch die Rechtsprechung - Kenntnis erst nach Vorliegen des Ergebnisses der Anhörung des Klägers, mithin im August 2005, vorgelegen hatte, hat die Beklagte mit dem Aufhebungsbescheid vom 21. September 2005 die Jahresfrist gewahrt.
In der Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 hat die Beklagte dem Kläger (Alhi-Zahlung im gesamten Zeitraum bis 6. Juni 1999 18.936,72 DM (9.682,19 Euro), bis 29. Mai 1999 daher abzüglich 8 Kalendertage à 51,77 DM kalendertägliches Leistungsentgelt) insgesamt 18.522,56 DM (9.470,43 Euro) gezahlt. Da die Beklagte jedoch mit Anerkenntnis vom 7. Juni 2010 die Erstattungsforderung hinsichtlich der überzahlten Alhi auf (9.682,19 Euro./. 53 Wochen x 51 Wochen) 9.468,68 Euro begrenzt hat, hat der Kläger den Betrag von 9.468,68 Euro zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X).
Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger auch die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur Sozialen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.645,67 Euro zu erstatten. Rechtsgrundlage dieser Erstattungspflicht ist § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III in der hier anzuwendenden, ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Artikel 3 Nr. 29 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954 (n.F.)). Nach § 335 Abs. 1 S. 1 SGB III n.F. hat der Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) für ihn gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Entsprechendes gilt für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (§ 335 Abs. 5 SGB III).
Der Senat hat sich bereits mit Urteil vom 18. November 2009 (L 13 AL 2425/06), ebenso wie mit Urteil vom 15. Dezember 2009 (L 13 AL 5520/07 - juris Rdnr. 49) und Urteil vom 18. Mai 2010 (L 13 AL 5729/09), der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 7. Oktober 2009 - B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R, zuletzt Urteil vom 5. Mai 2010, B 11 AL 17/09 R - juris) angeschlossen, wonach die durch die Streichung des Begriffs der Alhi aus dem Wortlaut des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III zum 1. Januar 2005 entstandene Lücke im Wege der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung durch eine entsprechende Anwendung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848, (a.F.)) zu schließen ist. Danach hat nicht nur der unrechtmäßige Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld, sondern ausdrücklich auch der unrechtmäßige Bezieher von "Arbeitslosenhilfe" die von der BA gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen.
Die Tatbestandsvoraussetzungen für diesen Ersatzanspruch der Beklagten gegen den Kläger nach § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III sind vorliegend erfüllt.
Der Erstattungsanspruch, der durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist (BSG, Urteil vom 27. August 2008 - B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr. 1 RdNr. 14 m.w.N.), setzt nach § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III (sowohl nach der a.F. als auch der n.F.) einerseits voraus, dass die BA für den Leistungsbezieher Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bzw. zur sozialen Pflegeversicherung gezahlt hat, die Entscheidung über die Leistung, die den Grund für die Beitragszahlung gebildet hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist (BSG, a.a.O.). Darüber hinaus setzt der Erstattungsanspruch über den Wortlaut der Regelung hinaus auch voraus, dass der Leistungsempfänger pflichtwidrig gehandelt hat (BSG, Urteil vom 21. November 2002 - B 11 AL 79/01 R - SozR 3-4300 § 335 Nr 2 S 11 ff; BSG SozR 4 a.a.O. m.w.N.). Des Weiteren darf - als negative Tatbestandsvoraussetzung für einen Ersatzanspruch - in dem Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, kein weiteres Kranken- oder Pflegeversicherungsverhältnis bestanden haben und kein daraus folgender Anspruch der BA gegen die auf Grund des Leistungsbezuges zuständige Kranken- oder Pflegekasse nach § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III bestehen.
Der Kläger war in der Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 als Alhi-Bezieher gesetzlich kranken- und pflegeversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XI jeweils in der Fassung des Art. 5 Nr. 1 bzw. des Art. 10 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung - AFRG - vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594)), wofür die Beklagte in zutreffender Höhe Krankenversicherungsbeiträge von 2.339,71 Euro und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 305,96 Euro gezahlt hatte. Die Beklagte hat später durch den streitgegenständlichen Bescheid die dem Kläger für den genannten Zeitraum gewährte Alhi nach Aufhebung der zu Grunde liegenden Bewilligung gem. § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zurückgefordert (Bescheid vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 in der Fassung des Anerkenntnisses vom 7. Juni 2010). Der Kläger hat zudem hinsichtlich des Leistungsbezuges pflichtwidrig gehandelt (dazu siehe oben).
Der Kläger war in den genannten Zeiträumen lediglich durch den Bezug von Alhi kranken- und pflegeversichert, sodass auch kein Erstattungsanspruch der Beklagten nach § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III gegen die Kranken- und Pflegekasse in Betracht kommt, welcher einen Ersatzanspruch ausschließt. Für die Zeit des unrechtmäßigen Bezugs von Alhi vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 hat die Beklagte insgesamt 2.339,71 Euro an Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung sowie 305,96 Euro an Beiträgen zur Sozialen Pflegeversicherung gezahlt. Diese Beträge sowie die überzahlte Alhi in Höhe von 9.468,68 Euro, zusammen also insgesamt 12.114,35 Euro, hat der Kläger der Beklagten zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei wurde berücksichtigt, dass der Kläger im Ergebnis nur minimal obsiegt hat (statt 12.387,53 Euro nur 12.114,35 Euro) und dieses geringe Obsiegen (2,2 %) gegenüber dem Unterliegen nicht ins Gewicht fällt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
2. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. März 2009 aufgehoben, soweit dieses den Bescheid vom 21. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 betreffend die Erstattungspflicht für Beiträge zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung über einen Betrag von mehr als 59,66 Euro aufgehoben hat. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
3. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) zugunsten des Klägers im Zeitraum vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999, die Erstattung der in diesem Zeitraum gezahlten Alhi in Höhe von 9.468,68 Euro sowie die Erstattung von für diesem Zeitraum von der Beklagten gezahlten Beiträgen zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 2.645,67 Euro streitig.
Der 1967 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, hat am 18. Mai 1995 von Deutschland aus über die D. Bank einen Betrag von 60.000,00 DM bei der Türkischen Nationalbank (TCMB) für die Dauer von zwei Jahren angelegt.
Der Kläger war bis zum 30. Juni 1996 als Gießereiarbeiter beschäftigt, vom 5. August 1995 bis zum 30. Juni 1996 war der Kläger krank ohne Anspruch auf Lohnfortzahlung. Am 9. Januar 1997 meldete er sich arbeitslos, beantragte Arbeitslosengeld und bezog anschließend vom 29. Januar 1997 bis zur Erschöpfung seines Anspruchs am 27. Januar 1998 Arbeitslosengeld auf Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 870,00 DM.
Am 26. Januar 1998 beantragte der Kläger die Gewährung von Alhi. In seinem Antrag gab er selbst kein Vermögen an; auf dem Antragsformular findet sich jedoch ein Hinweis eines Mitarbeiters der Beklagten dahingehend, dass der Kläger Kontoauszüge vorlegen solle. Mit Schreiben vom 30. März 1998 forderte die Beklagte den Kläger auf, im Antrag auf Alhi die "Bedürftigkeitsprüfung" auszufüllen und "evtl. Nachweise" beizufügen. Hierauf legte der Kläger einen Umsatzausdruck seines Kontos bei der Deutschen Bank vor sowie einen Zeichnungsschein als stiller Gesellschafter im Rahmen des PSP-Systems bei der Gö. Gr. vor. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger Alhi auf Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts in Höhe von 870,00 DM Alhi ab dem 28. Januar 1998.
Vom 1. September 1998 bis zum 8. Januar 1999 war der Kläger versicherungspflichtig beschäftigt; in dieser Zeit bezog er keine Alhi. Mit neuem Antrag vom 7. Januar 1999 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Alhi. In diesem Antrag verneinte er die Fragen nach dem Vorhandensein von Vermögen. Die Beklagte bewilligte erneut Alhi ab dem 9. Januar 1999 auf Grundlage eines Bemessungsentgelts von 870,00 DM (ab 28. Januar 1999: 850,00 DM). Ab dem 7. Juni 1999 war der Kläger dann erneut versicherungspflichtig beschäftigt und bezog keine Alhi mehr.
Der Kläger war in der gesamten Zeit des Alhi-Bezugs alleine wegen des Bezugs der Leistung von der Beklagten kranken- und pflegeversichertes Mitglied der AOK. Er bezog von der Beklagten Leistungen wie folgt:
Arbeitslosenhilfe Zeitraum Leistungstage Tägl. Leistungshöhe in DM Summe Alhi in DM 28.01.1998 - 31.08.1998 216 51,88 11.206,08 09.01.1999 - 27.01.1999 19 52,66 1.000,54 28.01.1999 - 06.06.1999 130 51,77 6.730,10 Summe: 365 18.936,72 (9.682,19 Euro)
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge Zeitraum Leistungs-tage KV-Entgelt in DM Beitragssatz KV (%) PV-Entgelt in DM Beitragssatz PV (%) 28.01.1998 - 31.08.1998 216 21.476,57 13,0 % 21.476,57 1,7 %
09.01.1999 - 27.01.1999 19 1.889,14 13,0 % 1.889,14 1,7 % 28.01.1999 - 06.06.1999 130 12.628,57 13,0 % 12.628,57 1,7 % Summe: 365 35.994,28 (18.403,59 Euro) 13,0 % 35.994,28 (18.403,59 Euro) 1,7 % Beitragszahlung KV: 4.679,26 (2.392,47 Euro) Beitragszahlung PV: 611,90 (312,86 Euro)
Mit Schreiben vom 8. Februar 2005 teilte das Hauptzollamt Stuttgart der Beklagten mit, dass der Kläger am 18. Mai 1995 einen Betrag von 60.000,00 DM mit einer Laufzeit von zwei Jahren bei der TCMB angelegt gehabt habe. Auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 28. Juli 2005 hin teilte der Kläger mit, er habe das Geld 1994 angelegt. 1995 sei er mit seiner Familie in die Türkei gefahren und habe mit diesem Betrag eine Wohnung gekauft. Weil er krank gewesen sei und Depressionen gehabt habe, habe er mit der Familie mehrfach dort bleiben wollen. 1998 sei die Wohnung bei einem Erdbeben zerstört worden.
Mit Bescheid vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 hat die Beklagte die Bewilligungen von Alhi für die Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 6. Juni 1999 zurückgenommen und die Erstattung von 9.682,19 Euro an zu Unrecht gezahlter Alhi sowie die Erstattung von gezahlten Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 2.392,47 Euro sowie zur Sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 312,86 Euro (zusammen insgesamt 12.387,52 Euro) festgesetzt. In seinem Widerspruch hatte der Kläger geltend gemacht, das Geld im Mai 1995 angelegt, jedoch bereits im Juni 1995 in der Türkei abgehoben, zum Bau eines 12-Familienhauses durch seinen Vater (35.000,00 DM), für Reisen und Ärzte (10.000,00 DM) sowie für einen Autokauf in Deutschland (15.000,00 DM) ausgegeben zu haben.
Am 18. Mai 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, die 60.000,00 DM (30.677,51 Euro) seien zum Hausbau durch seinen Vater im Jahr 1995 (ca. 35.000,00 DM), zur Finanzierung eines fünfwöchigen Aufenthalts im Jahr 1995 in der Türkei unter Inanspruchnahme von ärztlichen und sonstigen Behandlungen wegen seiner damals aufgetretenen Depressionen (ca. 10.000,00 DM) sowie - ebenfalls im Jahr 1995 - zum Kauf eines Autos (ca. 15.000,00 DM) verwendet worden. Das Ziel der Einzahlung sei gewesen, zu diesen Zwecken in der Türkei über DM-Guthaben verfügen zu können. Das Haus des Vaters sei bei einem Erdbeben am 19. August 1999 zerstört worden.
Mit Urteil vom 24. März 2009 hat das SG den "Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 21. September 2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2006" aufgehoben, "soweit darin die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.795,33 EUR angeordnet wurde" und im Übrigen die Klage abgewiesen. Fest stehe, dass der Kläger bei der TCMB ein Konto besessen oder zu diesem Zweck eröffnet hatte und am 18. Mai 1995 dorthin einen Betrag von 60.000 DM überwiesen habe. Zum konkreten Sachverhalt lasse sich nur feststellen, dass auf dem Überweisungsträger als "gewünschte Kreditbrieflaufzeit" zwei Jahre eingetragen seien. Dies widerspreche der behaupteten alsbaldigen Abhebung des Kapitals in der Türkei. Die Überweisungen über die D. Bank an die TCMB seien nicht getätigt worden, um in der Türkei alsbald über das Kapital verfügen zu können, sondern regelmäßig wegen des hohen Zinsvorteils bei einer mehrjährigen Anlage dort. Es könne daher mangels Hinweises auf eine vorzeitige Beendigung der Anlage davon ausgegangen werden, dass entsprechend der Bestimmung auf dem Überweisungsträger eine Anlage mindestens bis zum Mai 1997 erfolgt ist. Die unsubstantiierten Angaben des Klägers, das Geld sei bereits 1995 für Aufwendungen anlässlich einer Türkeireise verbraucht und im Übrigen dem Vater des Klägers zum Hausbau übergeben worden, seien nicht geeignet, den durch die Eröffnung eines Anlagekontos auf zwei Jahre bei der TCMB indizierten Fortbestand des Vermögens zu widerlegen. Auch wenn der Kläger seinem Vater 1995 einen Betrag von 35.000 DM übergeben hätte, so sei durch nichts dargetan oder gar bewiesen, dass es sich hier um den identischen Vermögensteil gehandelt habe. Es lasse sich nicht feststellen, dass der Kläger den Vermögenswert von 60.000 DM während des Alhi-Bezuges nicht noch hatte. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in einer Entscheidung vom 24. Mai 2006 (B 11 a AL 7/05 R - BSGE 96, 238) dargelegt, dass eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sei, wenn in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien. Eine dem Kläger anzulastende Beweisnähe ergebe sich hier auch daraus, dass er durch seine unterbliebene Vorlage eines Kontoauszuges eine weitergehende Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere den Verbleib der Anlage nach Ablauf der mutmaßlichen ersten Anlagedauer von zwei Jahren, unmöglich gemacht habe (BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R - NZA 2007, 318; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2006 - L 12 AL 3427/06). Das verwertbare Vermögen des Klägers habe sich abzüglich eines Freibetrages gemäß § 6 Abs. 1 AlhiV 1974 von je 8.000 DM für den Kläger und seine Ehefrau auf einen Betrag von 44.000 DM belaufen. Hieraus resultiere mangelnde Bedürftigkeit für 51 Wochen. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen vor. Der Kläger habe auf das Anschreiben vom 30. März 1998 insoweit unvollständige Unterlagen vorgelegt, als die Anlage in der Türkei nicht belegt worden sei. Die Erstattungsanordnung der Beklagten sei nur im Hinblick auf die hinsichtlich der für den Kläger gezahlten Sozialversicherungsbeiträge rechtwidrig und daher zu reduzieren, denn für die Erstattung geleisteter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.795,33 EUR fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.
Gegen das ihm am 30. April 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Mai 2009 beim SG Berufung eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 22. Mai 2009). Eine nähere Begründung hat er nicht mitgeteilt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. März 2009 soweit dieses die Klage abgewiesen hat sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 in vollem Umfang aufzuheben und 2. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. März 2009 aufzuheben, soweit dieses den Bescheid vom 21. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 betreffend die Erstattungspflicht für Beiträge zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung über einen Betrag von mehr als 59,66 Euro aufgehoben hat und die Berufung des Klägers soweit sie über das Teilanerkenntnis vom 7. Juni 2010 hinausgeht zurückzuweisen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 7. Juni 2010 anerkannt, dass sich der zurückzufordernde Betrag der überzahlten Alhi auf 9.468,68 Euro reduziert, denn der Kläger sei lediglich bis zum 29. Mai 1999 nicht bedürftig gewesen. Im Übrigen hat sie am 7. Juni 2010 Anschlussberufung eingelegt und begehrt die Erstattung von Beiträgen zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung über (KV-Beiträge 2.339.71 Euro; PV-Beiträge: 305,96 Euro) insgesamt 2.645,67 Euro.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG, (S 3 AL 1360/06) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten ist erfolgreich.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG) und insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Alhi in der Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999, er hat der Beklagten die insoweit zu Unrecht gezahlte Alhi in Höhe von 9.468,68 Euro zu erstatten. In der Zeit vom 30. Mai 1999 bis zum 6. Juni 1999 steht ihm dagegen ein Anspruch auf Alhi zu. Auch die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten (§ 202 SGG in Verbindung mit § 524 ZPO) ist statthaft, zulässig und teilweise begründet. Entgegen der Entscheidung des SG hat der Kläger auch die für die Zeit seines zu Unrecht erfolgten Alhi-Bezugs vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 von der Beklagten gezahlten Beiträge zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung (2.339,71 Euro sowie 305,96 Euro zusammen 2.645,67 Euro) zu erstatten.
Der Senat musste auch trotz der vom Kläger am 31. August 2010 erklärten Rücknahme der Berufung in der Sache entscheiden, denn die Rücknahme hat den Rechtsstreit nicht beendet. Der Senat hat die mündliche Verhandlung ausweislich des Protokolls am 31. August 2010 um 10.30 Uhr geschlossen. Die per Fax übersandte Rücknahmeerklärung des Klägers ging beim LSG ausweislich des Fax-Eingangsprotokolls (Journal 31. August 2010) dagegen erst um 10.53 Uhr ein; die vom Senat eingeholten dienstlichen Äußerungen bestätigten, dass zum Ende der mündlichen Verhandlung die Rücknahmeerklärung des Klägers noch nicht eingegangen war, sowie die Richtigkeit des Fax-Eingangsprotokolls. Zwar kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils nach § 156 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückgenommen werden, doch bedarf die Zurücknahme nach Schluss der mündlichen Verhandlung der Einwilligung des Berufungsbeklagten (§ 156 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die entsprechend angefragte (Berufungs-)Beklagte hat mit Schriftsatz vom 9. September 2010 die Einwilligung verweigert; die Rücknahmeerklärung des Klägers hat daher nicht zur Beendigung des Verfahrens geführt.
Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheids der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 in der Fassung des Anerkenntnisses vom 7. Juni 2010 ist § 45 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, soweit er rechtswidrig ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Von der Regelung des § 45 SGB X werden nur die Verwaltungsakte erfasst, die - und auch nur soweit diese - zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach dem für die Leistung im streitgegenständlichen Rücknahmezeitraum maßgeblichen materiellen Recht.
Nach dem insoweit maßgeblichen Recht des ab dem 1. Januar 1998 geltenden SGB III hatte der Kläger im streitigen Zeitraum vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 keinen Anspruch auf Alhi, denn in dieser Zeit war er nicht bedürftig.
Gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in der vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung, hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer bedürftig ist. Die Bedürftigkeit bestimmt sich nach § 193 SGB III. Der Arbeitslose ist nach § 193 Abs. 2 SGB III nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Vermögen ist die Gesamtheit der dem Vermögensträger gehörenden Sachen und Rechte in Geld oder Geldeswert (BSG, Urteil vom 11. Februar 1976 - 7 Rar 159/74 - BSGE 41, 187-192 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Nach dieser Vorschrift sind die Vermögenswerte des Klägers bedürftigkeitsmindernd zu berücksichtigen.
Auf Grundlage der vorliegenden Beweismittel und des Vorbringens des Klägers ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger auch während des Alhi-Bezugs noch über die am 18. Mai 1995 auf das Konto bei der TCMB eingezahlten 60.000,00 DM verfügte. Dieser hatte zwar angegeben, das Geld restlos bereits im Jahr 1995 verbraucht zu haben. Hiervon, wie auch von einem Verbrauch der 60.000,00 DM in der Zeit bis zum Juni 1999 konnte sich der Senat nicht überzeugen. Gegen den Verbrauch des Geldes bereits im Jahr 1995 spricht, dass der Kläger das Geld im Mai 1995 für eine Laufzeit von zwei Jahren angelegt hatte. Dabei ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt, dass es gerade Geschäftsmodell der TCMB war, jeweils längerfristige Anlagen einzurichten und hierfür besonders hohe Zinsen zu zahlen. Das angelegte Geld war nach dem Geschäftsmodell der TCMB gerade nicht zum Verbrauch in der Türkei angelegt. Dafür, dass es sich beim Kläger aber anders verhalten haben sollte, liegen keine Anhaltspunkte vor; auch der Kläger hat hierzu keine glaubhaften Anhaltspunkte liefern können. Gegen die Ausführungen des Klägers, spricht auch, dass der Kläger das Geld vollständig in der Türkei abgehoben haben will, jedoch Ausgaben in Deutschland (z.B. Autokauf) getätigt haben will; er müsste also Bargeld in erheblichem Umfang (mindestens 15.000,00 DM) in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt haben. Dies hat der Kläger jedoch auch nie behauptet. Mit dem SG lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere auch nicht aus den Bestätigungen des Vaters des Klägers oder den Ausführungen des Klägers selbst entnehmen, dass es sich bei den angeblich 1995 verbrauchten Beträgen um das am 18. Mai 1995 angelegte Geld gehandelt hatte. Der Senat konnte auch einen späteren Verbrauch des Geldes nicht feststellen. Damit ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Verbrauch des Geldes in der Zeit zwischen Mai 1995 und Juni 1999 nicht nachgewiesen ist. Im Übrigen hat der Kläger zwar versucht, Kontoauszüge der TCMB zu erhalten, dies ist jedoch daran gescheitert, dass er bisher der Bank gegenüber weder einen deutschen oder türkischen Pass vorgelegt hat noch nähere Angaben zu seiner Person gemacht hatte. Die TCMB hatte den Kläger hierum mit dem im SG-Verfahren vorgelegten Schreiben vom 22. August 2008 gebeten (zur Übersetzung vgl. Bl. 71 SG-Akte). Insoweit muss der Senat feststellen, dass der Kläger an der Aufklärung des Sachverhalts nicht ausreichend mitgewirkt hat; weitere Erkenntnisquellen stehen auch dem Senat nicht zur Verfügung. Damit wäre auch unter Annahme einer vom BSG (Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238 = juris) bestimmten Umkehr der Beweislast davon auszugehen, dass sich der Verbrauch der 60.000,00 DM nicht feststellen lässt und somit vom Vorhandensein dieses Betrages zu Beginn des Alhi-Bezugs am 28. Januar 1998 auszugehen ist. Da auch ein tatsächlicher Verbrauch der 60.000,00 DM in den Jahren 1998 und 1999 nicht festgestellt werden konnte, besteht Bedürftigkeit im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Arbeitslosenhilfe richtet (§ 9 Alhi-VO).
Unter Berücksichtigung des sich aus § 6 Abs. 1 Alhi-VO ergebenden Freibetrags für den Kläger sowie dessen Ehefrau steht ein Vermögen des Klägers in Höhe von 44.000,00 DM der Bedürftigkeit im Sinne der §§ 190 Abs. 1 Nr. 5, 193 SGB III entgegen. Geteilt durch das wöchentliche Bemessungsentgelt von 870,00 DM ergibt sich Nichtbedürftigkeit von 51 Wochen (357 Kalendertage). Ausgehend vom Beginn der Alhi-Zahlungen am 28. Januar 1998 hatte der Kläger daher zunächst bis zum 31. August 1998 keinen Anspruch auf Alhi (216 Kalendertage). Während der Zeit der versicherungspflichtigen Beschäftigung vom 1. September 1998 bis zum 8. Januar 1999 ist ein Verbrauch des noch zu berücksichtigenden Restvermögens weder tatsächlich noch fiktiv eingetreten, da insoweit der Lebensunterhalt nicht durch den Verbrauch des Vermögens sondern durch das erwirtschaftete Erwerbseinkommen bestritten wurde. Damit steht das verwertbare Restvermögen einem Alhi-Anspruch ab dem 9. Januar 1999 für weitere 141 Kalendertage, also bis zum 29. Mai 1999, entgegen. Erst ab dem 30. Mai 1999 ist der Kläger bedürftig und damit ein Anspruch auf Alhi entstanden.
Damit waren die Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 anfänglich rechtswidrig. Der Kläger genießt keinen Vertrauensschutz denn die Bewilligungsentscheidungen der Beklagten beruhen auf Angaben, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Der Kläger hatte in den jeweiligen Antragsformularen, aber auch auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 30. März 1998, das vorhandene Vermögen (60.000,00 DM) nicht angegeben, obwohl dieses nach Überzeugung des Senats noch vorhanden war. Damit hat der Kläger vorsätzlich, zumindest jedoch grob fahrlässig, unrichtige Angaben gemacht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), also wenn die in der Personengruppe herrschende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist. Das ist der Fall, wenn außer Acht gelassen worden ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Auch dem Kläger hätte einleuchten müssen, dass vermögens- und einkommensabhängige Sozialleistungen auch von einem im Ausland befindlichen Vermögen beeinflusst werden. Im Antragsformular wird insoweit auch ohne geographische Einschränkung nach sämtlichen Vermögenswerten gefragt, sodass es jedem eingeleuchtet hätte, auch ausländisches Vermögen anzugeben. Dieser jedem einleuchtenden Einsicht und dem sich jedem aufdrängenden entsprechenden Verhalten hat sich der Kläger verschlossen. Die dahingehende Sorglosigkeit und Pflichtwidrigkeit des Klägers stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders schwerem Maße dar und begründet grobe Fahrlässigkeit.
Damit waren die jeweiligen Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 zurückzunehmen (§ 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III); Ermessen war nicht auszuüben.
Die Rücknahme erfolgte binnen der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Die Beklagte hat die Bewilligungsentscheidungen binnen Jahresfrist nach Kenntnis der maßgeblichen Umstände zurückgenommen. Unabhängig davon, ob Kenntnis der Beklagten bereits ab Vorliegen der Mitteilung des Hauptzollamtes Stuttgart vom 8. Februar 2005, bei der Beklagten am 9. Februar 2005 eingegangen, anzunehmen wäre oder - so auch die Rechtsprechung - Kenntnis erst nach Vorliegen des Ergebnisses der Anhörung des Klägers, mithin im August 2005, vorgelegen hatte, hat die Beklagte mit dem Aufhebungsbescheid vom 21. September 2005 die Jahresfrist gewahrt.
In der Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 hat die Beklagte dem Kläger (Alhi-Zahlung im gesamten Zeitraum bis 6. Juni 1999 18.936,72 DM (9.682,19 Euro), bis 29. Mai 1999 daher abzüglich 8 Kalendertage à 51,77 DM kalendertägliches Leistungsentgelt) insgesamt 18.522,56 DM (9.470,43 Euro) gezahlt. Da die Beklagte jedoch mit Anerkenntnis vom 7. Juni 2010 die Erstattungsforderung hinsichtlich der überzahlten Alhi auf (9.682,19 Euro./. 53 Wochen x 51 Wochen) 9.468,68 Euro begrenzt hat, hat der Kläger den Betrag von 9.468,68 Euro zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X).
Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger auch die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur Sozialen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.645,67 Euro zu erstatten. Rechtsgrundlage dieser Erstattungspflicht ist § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III in der hier anzuwendenden, ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Artikel 3 Nr. 29 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954 (n.F.)). Nach § 335 Abs. 1 S. 1 SGB III n.F. hat der Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) für ihn gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Entsprechendes gilt für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (§ 335 Abs. 5 SGB III).
Der Senat hat sich bereits mit Urteil vom 18. November 2009 (L 13 AL 2425/06), ebenso wie mit Urteil vom 15. Dezember 2009 (L 13 AL 5520/07 - juris Rdnr. 49) und Urteil vom 18. Mai 2010 (L 13 AL 5729/09), der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 7. Oktober 2009 - B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R, zuletzt Urteil vom 5. Mai 2010, B 11 AL 17/09 R - juris) angeschlossen, wonach die durch die Streichung des Begriffs der Alhi aus dem Wortlaut des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III zum 1. Januar 2005 entstandene Lücke im Wege der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung durch eine entsprechende Anwendung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848, (a.F.)) zu schließen ist. Danach hat nicht nur der unrechtmäßige Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld, sondern ausdrücklich auch der unrechtmäßige Bezieher von "Arbeitslosenhilfe" die von der BA gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen.
Die Tatbestandsvoraussetzungen für diesen Ersatzanspruch der Beklagten gegen den Kläger nach § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III sind vorliegend erfüllt.
Der Erstattungsanspruch, der durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist (BSG, Urteil vom 27. August 2008 - B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr. 1 RdNr. 14 m.w.N.), setzt nach § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III (sowohl nach der a.F. als auch der n.F.) einerseits voraus, dass die BA für den Leistungsbezieher Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bzw. zur sozialen Pflegeversicherung gezahlt hat, die Entscheidung über die Leistung, die den Grund für die Beitragszahlung gebildet hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist (BSG, a.a.O.). Darüber hinaus setzt der Erstattungsanspruch über den Wortlaut der Regelung hinaus auch voraus, dass der Leistungsempfänger pflichtwidrig gehandelt hat (BSG, Urteil vom 21. November 2002 - B 11 AL 79/01 R - SozR 3-4300 § 335 Nr 2 S 11 ff; BSG SozR 4 a.a.O. m.w.N.). Des Weiteren darf - als negative Tatbestandsvoraussetzung für einen Ersatzanspruch - in dem Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, kein weiteres Kranken- oder Pflegeversicherungsverhältnis bestanden haben und kein daraus folgender Anspruch der BA gegen die auf Grund des Leistungsbezuges zuständige Kranken- oder Pflegekasse nach § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III bestehen.
Der Kläger war in der Zeit vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 als Alhi-Bezieher gesetzlich kranken- und pflegeversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XI jeweils in der Fassung des Art. 5 Nr. 1 bzw. des Art. 10 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung - AFRG - vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594)), wofür die Beklagte in zutreffender Höhe Krankenversicherungsbeiträge von 2.339,71 Euro und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 305,96 Euro gezahlt hatte. Die Beklagte hat später durch den streitgegenständlichen Bescheid die dem Kläger für den genannten Zeitraum gewährte Alhi nach Aufhebung der zu Grunde liegenden Bewilligung gem. § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zurückgefordert (Bescheid vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 in der Fassung des Anerkenntnisses vom 7. Juni 2010). Der Kläger hat zudem hinsichtlich des Leistungsbezuges pflichtwidrig gehandelt (dazu siehe oben).
Der Kläger war in den genannten Zeiträumen lediglich durch den Bezug von Alhi kranken- und pflegeversichert, sodass auch kein Erstattungsanspruch der Beklagten nach § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III gegen die Kranken- und Pflegekasse in Betracht kommt, welcher einen Ersatzanspruch ausschließt. Für die Zeit des unrechtmäßigen Bezugs von Alhi vom 28. Januar 1998 bis zum 31. August 1998 sowie vom 9. Januar 1999 bis zum 29. Mai 1999 hat die Beklagte insgesamt 2.339,71 Euro an Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung sowie 305,96 Euro an Beiträgen zur Sozialen Pflegeversicherung gezahlt. Diese Beträge sowie die überzahlte Alhi in Höhe von 9.468,68 Euro, zusammen also insgesamt 12.114,35 Euro, hat der Kläger der Beklagten zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei wurde berücksichtigt, dass der Kläger im Ergebnis nur minimal obsiegt hat (statt 12.387,53 Euro nur 12.114,35 Euro) und dieses geringe Obsiegen (2,2 %) gegenüber dem Unterliegen nicht ins Gewicht fällt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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