L 11 KR 3684/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 KR 3102/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3684/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Baumwollkleidung, Schonbettwäsche, Olivenseife und hautschonendes Waschmittel streitig.

Der 1957 geborene Kläger ist als Rentner (Rente wegen voller Erwerbsminderung) bei der Beklagten versichert. Er arbeitete ab Juni 1997 bei dem Zeitarbeitsunternehmen R. D. GmbH & Co. KG in U. und war im März 2000 bei der Firma M. A.-S. GmbH in E. eingesetzt, die bei der Firma B. I. P. KG in B. an einem Gebäude Entkernungsarbeiten durchführte. Diese Tätigkeit begann der Kläger am 10. März 2000 und beendete sie am 16. März 2000, nachdem er ärztliche Hilfe in Anspruch nahm und sich krank meldete. Der Arbeitgeber zeigte daraufhin der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft L. (BG) im April 2000 einen Unfall an mit der Begründung, der Kläger sei bei der Firma B. I. als Abbrucharbeiter eingesetzt gewesen, wobei der Kläger der Meinung sei, er sei verstrahlt worden. Die BG lehnte die Feststellung einer Berufskrankheit nach der Nr 2402 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ab (Bescheid vom 29. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2001). Die Klage und die Berufung hiergegen blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Ulm [SG] vom 12. Februar 2003, S 6 U 1139/01 und Urteil des Landessozialgerichts [LSG] vom 11. August 2005, L 6 U 1006/03). Das LSG vertrat hierbei die Auffassung, dass es nicht erwiesen sei, dass der Kläger in der Zeit vom 10. bis 15. März 2000 während seiner Mitwirkung bei den Abbrucharbeiten bei der Firma B. I. ionisierenden Strahlen ausgesetzt gewesen sei. Auch ein Überprüfungsverfahren blieb erfolglos (Urteil des SG vom 30. Juli 2007, S 9 U 281/07, Urteil des LSG vom 30. März 2010, L 9 U 5206/07, derzeit anhängig beim Bundessozialgericht [BSG] unter B 2 U 133/10 B).

Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit März 2000 anerkannt (Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes U. vom 14. Mai 2003). Der Kläger erhält zudem Leistungen der Pflegestufe I.

Am 4. Dezember 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme für verschiedene Nahrungsergänzungsmittel, Olivenseife, Vitaminpräparate, gesunde Kost, Obst und dergleichen mehr. Er machte hierfür eine monatliche Pauschale in Höhe von ca 600,- EUR geltend und legte zur weiteren Begründung die ärztliche Verordnung der Gemeinschaftspraxis Dres. K.-E., G. und W. (Hautärzte) vom 8. Oktober 2007 (5 Stück Olivenseife und hautschonende Waschmittel) und die privatärztliche Verordnung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 12. Juli 2007 (Canesten Creme N2) sowie dessen Verordnung vom 25. November 2007 vor, wonach der Kläger "bekannte Strahlungsschäden" beklage und deshalb Nahrungsergänzungsmittel zur Therapie eingesetzt werden sollten, wobei die Krankenkasse die Kosten übernehmen solle. Zur weiteren Begründung gab der Kläger an, er benötige diese Produkte infolge des Arbeitsunfalles, bei dem er verstrahlt worden sei.

Mit Bescheid vom 3. Januar 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme von unfallbedingten Mehrausgaben mit der Begründung ab, dass für die vom Kläger erneut beantragte Pauschale von 600,- EUR weiterhin keine Rechtsgrundlage bestehe.

Hiergegen erhob der Kläger am 8. Januar 2008 Widerspruch und am 20. August 2008 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Ulm (SG; Az: S 5 KR 2947/08). Nachdem der Widerspruchsausschuss der Beklagten am 28. August 2008 den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen hatte, nahm er die Untätigkeitsklage am 3. September 2008 zurück. Der Widerspruchsausschuss begründete seine Entscheidung damit, dass die Beklagte als gesetzliche Krankenkasse keine Möglichkeit habe, Kosten für Nahrungsergänzungsmittel, Olivenseifen und hautschonende Waschmittel zu übernehmen. Nach den Arzneimittelrichtlinien dürften Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente) nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Eine Kostenbeteiligung könne daher ebenfalls nicht erfolgen.

Am 3. September 2008 hat der Kläger beim SG Klage erhoben (Az: S 13 KR 3102/08) und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt (Az: S 5 KR 3101/08 ER). Mit Beschluss vom 26. September 2008 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, da es sowohl an einem Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch fehle. Letzterer sei insbesondere deshalb nicht gegeben, weil es sich bei den begehrten Nahrungsergänzungsmitteln bzw Pflegezusatzmitteln nicht um apothekenpflichtige Arzneimittel handle. Es fehle unstreitig die arzneimittelrechtliche Zulassung, so dass die Mittel im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähig seien. Zudem habe das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für Mehraufwendungen abgelehnt, die Versicherten dadurch entstünden, dass sie anstelle haushaltsüblicher Lebensmittel aus Krankheitsgründen eine Diät oder Krankenkost verwenden müssten. Sowohl die begehrte Olivenseife als auch hautschonende Waschmittel würden im alltäglichen Leben zudem von vielen Menschen genutzt und dienten nicht ausschließlich bzw überwiegend der Behandlung von Strahlenschäden. Die hiergegen zum Landessozialgericht (LSG) erhobene Beschwerde des Klägers blieb erfolglos (Beschluss des Senats vom 23. Oktober 2008; Az: L11 KR 4809/08 ER-B).

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, die Leistungen, für die er Kostenübernahme beantrage, seien Standardhilfsmittel gegen allgemeine radioaktive Inkorporation und Verstrahlung. Hierzu gehörten grünes Apfelpektin, Selen, Zink (Q 10) und Meeresfisch. Es sei ihm nicht zuzumuten, über Jahre hinweg diese lebensverlängernden finanziellen Mehrbelastungen bei seiner "mickrigen" Rente selbst zu tragen. Bei der Beklagten fehle der gute Wille, im Rahmen von Ausnahme- bzw Härtefallregelungen die entsprechenden Kosten zu übernehmen. Mit Schreiben vom 12. Februar 2009 hat der Kläger zudem begehrt festzustellen, wer die beantragten Hilfsmittel bezahlen müsse. Dazu seien die zuständigen Berufsgenossenschaften, die Pflegekasse, der Rentenversicherungsträger, das Sozialamt U., hilfsweise das Umweltministerium B.-W. oder die "Kerninhaberfirma selber" heranzuziehen. Darüber hinaus hat der Kläger mehrere Videotextausdrucke (ua zur Ernährung mit mediterraner Kost) und Zeitungsartikel vorgelegt.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 hat das SG den Kläger darauf hingewiesen, dass die Klageerweiterung vom 12. Februar 2009 unzulässig sei, da die Beklagte ihr nicht zugestimmt habe und sie auch nicht sachdienlich erscheine. Darüber hinaus habe bereits die damalige 5. Kammer des SG in dem ER-Beschluss vom 26. September 2008 dargelegt, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach nicht bestehe. Dies habe das LSG bestätigt. Nach derzeitiger Einschätzung folge die Kammer dieser Ansicht, weshalb die Klage offensichtlich aussichtslos sei. Er werde deshalb darauf hingewiesen, dass eine Fortführung des Rechtsstreits missbräuchlich erscheine und dass bei einem Weiterbetreiben des Verfahrens Kosten nach § 192 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auferlegt werden könnten. Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 12. Mai 2009 auf das Hinweisschreiben des SG vom 11. Mai 2009 Bezug genommen und angekündigt, einen Befangenheitsantrag zu stellen. Unter dem 4. Juni 2009 bestimmte das SG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9. Juli 2009. Der daraufhin vom Kläger am 25. Juli 2009 gestellte Befangenheitsantrag wurde vom LSG als unbegründet angesehen (Beschluss vom 3. Juli 2009; Az: L 5 SF 2963/09 A). Der Kläger ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG angehört worden (vgl Niederschrift vom 9. Juli 2009, Blatt 38-40 der SG-Akte S 13 KR 3102/08).

Mit Urteil vom 9. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und dem Kläger eine Missbrauchsgebühr von 150,- EUR auferlegt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klage sei nur teilweise zulässig, da die am 12. Februar 2009 beantragte Klageerweiterung weder die erforderliche Zustimmung der Beklagten gefunden habe noch nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts sachdienlich erscheine. Der Kläger solle sich zunächst im Verwaltungsverfahren an die von ihm genannten weiteren Leistungsträger wenden. Denn diese seien bislang nicht mit dem Kostenbegehren des Klägers befasst worden, so dass sich die Entscheidung des Rechtsstreits voraussichtlich um Monate in die Länge ziehen würde. Der Termin zur mündlichen Verhandlung habe nicht aufgehoben werden müssen, nachdem das LSG das Ablehnungsgesuch des Klägers bereits mit Beschluss vom 3. Juli 2009 zurückgewiesen habe. Auch sei es im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu keinem neuen Sachvortrag seitens des Klägers gekommen. Im Umfang ihrer Zulässigkeit sei die Klage hingegen unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die beantragten Produkte (Nahrungsergänzungsmittel, Vitaminpräparate, allerlei gesunde Nahrungsmittel, Olivenseife und Waschmittel). Die beantragten Leistungen seien weder unaufschiebbar noch sei die Ablehnung zu Unrecht erfolgt, so dass ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ausscheide. Überdies sehe das SGB V keine pauschale Übernahme von Mehraufwendungen vor. Weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen seien nicht notwendig gewesen. Auf spezifische nuklearmedizinische oder strahlenbiologische Fragestellungen komme es nämlich für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr in Höhe von 150,- EUR beruhe auf § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG idF vom 26. März 2008. Danach sei es im Unterschied zur zuvor geltenden Fassung nicht mehr erforderlich, den entsprechenden Hinweis im Rahmen eines Termins zu erteilen; er könne auch schriftlich erfolgen. Da bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das Begehren des Klägers nicht etwa wegen fehlender Eilbedürftigkeit oder aufgrund einer Folgenabwägung bei völlig offenen voraussichtlichem Ausgang des Hauptverfahrens gescheitert sei, sondern aufgrund der Tatsache, dass der von ihm geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt existiere, hätte dies dem Kläger verdeutlichen müssen, dass seine Klage ohne jede Substanz sei. Überdies liege eine ständige Rechtsprechung des BSG vor, in der eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für Mehraufwendungen für eine Diät oder Krankenkost oder sonstige Aufwendungen für eine krankheitsangepasste Ernährungsweise verneint werde (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 1 KR 12/03 R). Ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter hätte unter diesen Umständen das Verfahren beendet, weil es ihm als eindeutig aussichtslos erschienen wäre. Auf die Missbräuchlichkeit dieser Art der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung sei der Kläger auch durch die Hinweisverfügung vom 11. Mai 2009 aufmerksam gemacht worden. Die Höhe des Kostenbeitrags richtet sich nach dem in § 192 Abs 1 Satz 2 iVm § 184 SGG festgelegten Mindestbetrag für ein Verfahren in der ersten Instanz in Höhe von 150,- EUR.

Hiergegen hat der Kläger am 4. August 2009 beim SG Berufung zum LSG eingelegt und zur Begründung auf die Klageschrift sowie auf den bisherigen geführten Schriftverkehr Bezug genommen. Darüber hinaus hat er ein Schreiben vom 4. August 2009 ("Beschwerde u. Beanstandungen") vorgelegt, wonach der Pauschalantrag "auf 600,- EUR" nicht von ihm sondern von der Beklagten stamme. Auch sei die Beklagte zu seinem Klageerweiterungsantrag nicht angefragt worden. Zudem verfüge der Vorsitzende des SG über "keine Strahlenermächtigung". Es hätte ein strahlenermächtigter Arzt hinzugezogen werden müssen. Desweitern hat der Kläger das ärztliche Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 3. August 2009 vorgelegt, wonach der Kläger in seiner hausärztlichen Behandlung stehe und er aufgrund der aktuellen gesundheitlichen Situation als prozessunfähig einzustufen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2008 zu verurteilen, die Kosten für krankheitsbedingt erforderliche Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Baumwollkleidung, Schonbettwäsche, Olivenseife und hautschonendes Waschmittel zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat mit Schreiben vom 17. August 2010 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, den Rechtsstreit durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogene LSG-Akte L 11 KR 4809/08 ER-B und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und statthaft, aber nicht begründet. Hierbei geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass der Wert des Beschwerdegegenstands mehr als 750,- EUR (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) beträgt. Das SG hat die Klage aber zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die von ihm begehrten Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Baumwollkleidung, Schonbettwäsche, Olivenseife und hautschonende Waschmittel.

Der Senat musste für den Kläger keinen besonderen Vertreter nach § 72 Abs 1 SGG bestellen. Nach der genannten Vorschrift kann der Vorsitzende bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen, wenn der Beteiligte nicht prozessfähig ist und keinen gesetzlichen Vertreter hat. Die Entscheidung über die Prozessfähigkeit im Sinne des § 71 Abs 1 SGG, an den § 72 Abs 1 SGG mit der Verpflichtung zur Bestellung eines besonderen Vertreters anknüpft, obliegt der tatrichterlichen Würdigung (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 5. Mai 2010, B 6 KA 49/09 B = veröffentlicht in Juris). Prozessunfähig sind Personen, die nicht geschäftsfähig im Sinne des § 104 BGB sind (vgl BSG, SozR 3-1500 § 160 a Nr 32, S 64). Das ist nach § 104 Nr 2 BGB der Fall, wenn sich eine Person in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach nur ein vorübergehender ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein Betroffener nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen; es reicht nicht aus, dass der Betroffene seit längerem an geistigen oder seelischen Störungen leidet (BSG, Beschluss vom 5. Mai 2010 - B 6 KA 49/09 B = aaO).

Das Vorliegen dieser sehr strengen Voraussetzungen für die Annahme von Geschäfts- und damit Prozessunfähigkeit kann vorliegend durch den Senat jedoch nicht bejaht werden. Zwar hat der Kläger das ärztliche Attest des Dr. F. vom 3. August 2009 vorgelegt, wonach sich der Kläger in seiner hausärztlichen Behandlung befinde und er aufgrund der "aktuellen" gesundheitlichen Situation als prozessunfähig einzustufen sei. Der Senat hat aber im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2010 in dem Rechtsstreit L 11 KR 4549/09, in dem der Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung begehrte, aufgrund der Anwesenheit und den Ausführungen des Klägers den Eindruck gewonnen, dass dieser noch in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Im Hinblick auf das Gesamtverhalten des Klägers (eigenständige Führung von mehreren Rechtsstreitigkeiten sowie der Ausdruckfähigkeit im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2010) ist der Senat mithin zu der Ansicht gelangt, dass der Kläger prozessfähig ist. Die Schwelle der Ausschließung der freien Willensbestimmung im Sinne des § 104 Nr 2 BGB ist damit nicht erreicht.

Der Kläger kann in der Sache die begehrte Versorgung mit krankheitsbedingten erforderlichen Lebensmittel-, Nahrungsergänzungsmittel, Baumwollkleidung, Schonbettwäsche, Olivenseife und hautschonendes Waschmittel nicht verlangen. Dabei geht der Senat nach dem bisherigen Vorbringen des Klägers davon aus, dass dieser keine Kostenerstattung im Sinne des § 13 Abs 3 SGB V geltend macht, da er weder im Verwaltungs- noch im Klage- bzw Berufungsverfahren angegeben hat, ob und in welcher Höhe ihm bereits Kosten entstanden sind.

Der Kläger hat aber keinen Naturalleistungsanspruch auf die von ihm begehrten Mittel. Der Kläger hat zwar nach § 27 Abs 1 Satz 1 Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung der Versicherten mit Arznei, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Dabei hat das SG zurecht darauf hingewiesen, dass die Versorgung mit Lebensmitteln grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung zählt, selbst wenn therapeutische Nebeneffekte damit verbunden sind (ständige Rechtsprechung, vgl zB BSGE 81, 240; BSGE 96, 153). Ausnahmen hiervon regelt § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V. Die Vorschrift bestimmt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen hat, in welchen medizinischen notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen werden. Zu den Ausnahmefällen nach § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V, in denen die Versorgung mit Lebensmitteln in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung fällt, gehören jedoch die vom Kläger begehrten Lebensmittel nicht (vgl in diesem Zusammenhang auch ausführlich BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KN 3/07 KR R - "Lorenzos Öl" = veröffentlicht in Juris).

Soweit sich das Klagebegehren auf Seife und Waschmittel bezieht, handelt es sich - wie das SG zutreffend entschieden hat - auch nicht um Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V, weil diese Produkte nicht überwiegend der Behandlung von Krankheiten dienen. Desweiteren handelt es sich bei der Baumwollbekleidung und Schonbettwäsche um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V von der Verordnung als Hilfsmittel ausgeschlossen sind. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG diesbezüglich an und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs 2 SGG).

Soweit das SG dem Kläger eine "Missbrauchsgebühr" in Höhe von 150,- EUR auferlegt hat, ist auch dies nicht zu beanstanden. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Nach § 192 Abs 1 Satz 3 SGG gilt als verursachter Kostenbetrag mindestens der Betrag nach § 184 Abs 2 SGG für die jeweilige Instanz. Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das SG hat zutreffend und ausführlich dargelegt, dass die Fortführung des Rechtsstreits nach dem schriftlichen Hinweis des SG vom 11. Mai 2009 rechtsmissbrächlich war. Aus dem Schreiben des Klägers vom 12. Mai 2009 ergibt sich auch eindeutig, dass er die Hinweisverfügung des SG vom 11. Mai 2009 erhalten hat. Die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung wurde vom SG in seinem Hinweisschreiben vom 11. Mai 2009 auch hinreichend unter Bezugnahme auf die Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz dargelegt. Der Kläger konnte insbesondere auch durch die Entscheidung des LSG vom 23. Oktober 2008 (L 11 KR 4809/08 ER-B) die Aussichtslosigkeit erkennen.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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