Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 2157/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3751/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 13.07.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1948 geborene Klägerin begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Das Landratsamt S. stellte, nachdem das Sozialgericht Konstanz die Gutachten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. vom 07.12.2004 und des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. K. vom 22.08.2005 eingeholt und Versorgungsarzt D. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.02.2006 als Behinderungen eine Depression, eine Somatisierungsstörung und ein chronisches Schmerz-Syndrom (Teil-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und einen operierten Bandscheibenschaden (Teil-GdB 30), eine Gebrauchseinschränkung des linken Fußes und Krampfadern (Teil-GdB 20) sowie eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 10) berücksichtigt sowie den Gesamt-GdB mit 60 eingeschätzt hatte, in Ausführung des nach erneuter Prüfung vor dem Sozialgericht abgegebenen Anerkenntnisses des Regierungspräsidiums St. vom 15.05.2006 mit Bescheid vom 21.09.2006 den GdB der Klägerin mit 70 ab 23.04.2003 fest.
Am 07.09.2007 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihres GdB. Das Landratsamt holte die Befundberichte des Internisten Dr. A. vom 28.09.2007, des Dr. Sch. vom 25.10.2007 und des Orthopäden Dr. H. vom 20.12.2007 ein und berücksichtigte die diesen Befundberichten beigefügten Arztbriefe der die Klägerin behandelnden Ärzte. Dr. Sch. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.01.2008 als Behinderungen eine seelische Behinderung, eine Somatisierungsstörung und ein chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, einen operierten Bandscheibenschaden und eine Kalksalzminderung des Knochens (Teil-GdB 30), eine Funktionsstörung durch eine beidseitige Fußfehlform, eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks, eine Polyarthrose, eine Beinverkürzung links und Krampfadern (Teil-GdB 30) sowie eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 10) und schätzte den Gesamt-GdB mit 80 ein. Das Landratsamt stellte mit Bescheid vom 27.02.2008 den GdB der Klägerin mit 80 ab 07.09.2007 fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.03.2008 Widerspruch ein. Dr. Z. hielt in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.06.2008 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2008 wies das Regierungspräsidium St den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17.07.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz.
Das Sozialgericht hörte Dr. A. unter dem 14.10.2008 und Dr. H. unter dem 15.10.2008 schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.11.2008 aus, es ergäben sich keine Gesichtspunkte für ein Abweichen von der bisherigen Beurteilung. Das Sozialgericht zog das für die Deutsche Rentenversicherung von der Neurologin Dr. O.-J. erstellte Gutachten vom 07.08.2007 bei. Dr. G. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.05.2009 aus, aus diesem Gutachten lasse sich keine Höherbewertung des GdB ableiten.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.07.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 15.07.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.08.2009 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 13.07.2009 aufzuheben, den Bescheid des Landratsamts S. vom 27.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums St. vom 11.07.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihren GdB unter Abänderung des Bescheides vom 21.09.2006 mit 100 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Gutachten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. Z. vom 31.12.2009 und des Dr. B., Leitender Chefarzt an der Akutklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bad S., vom 28.04.2010 eingeholt. Dr. Z. berücksichtigte auf orthopädischem Fachgebiet als Behinderungen ein fortgeschrittenes Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, Fehlbelastung der Schultern mit Impingement-Syndrom und Zustand nach Schulteroperation sowie ein fortgeschrittenes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Wirbelgleiten des 5. Lendenwirbels über dem 1. Kreuzbeinwirbel und Zustand nach Bandscheiben-Operation mit pseudoradikulärer Reizsymptomatik (Teil-GdB 40) und eine Bewegungseinschränkung der Hüften bei mäßiger Coxarthrose sowie eine Fehlstatik der unteren Extremität bei Hallux rigidus bei Zustand nach Vorfuß-Operation und Senk-Spreiz-Fuß (Teil-GdB 20). Dr. B. berücksichtigte auf psychiatrischem Fachgebiet als Behinderungen eine Wesensänderung im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung, einen Zustand nach Vergewaltigung vor vielen Jahren, eine leichte bis phasenweise mittelschwer rezidivierende depressive Symptomatik im Sinne einer anhaltenden affektiven Störung und ein chronifiziertes Schmerzsyndrom (Teil-GdB 50 bis 60) und schätzte den Gesamt-GdB mit mindestens 80 ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 80.
Zu Recht hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 27.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 11.07.2008 eine über die Neufeststellung des GdB mit 80 hinausgehende Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2006 abgelehnt.
Rechtsgrundlage für eine Aufhebung von Verwaltungsakten wegen einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Eine wesentliche Änderung im Ausmaß der Behinderung liegt nur vor, wenn eine dauerhafte Änderung des Gesundheitszustands zu einer Änderung des GdB um wenigstens 10 führt.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des GdB sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden.
Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen sind. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien ist hiermit - von wenigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nicht verbunden. Vielmehr wurde an die seit Jahren bewährten Bewertungsgrundsätze und Verfahrensabläufe angeknüpft. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnistand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Dabei dürfen die einzelnen Werte bei der Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet (VG Teil A Nr. 3 a). Vielmehr ist darauf abzustellen, ob und wie sich die Auswirkungen von einzelnen Beeinträchtigungen einander verstärken, überschneiden oder aber auch gänzlich voneinander unabhängig sein können. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (VG Teil A Nr. 3 c). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, von Ausnahmefällen abgesehen, leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Teil-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte. Dies auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (VG Teil A Nr. 3 d ee).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt nach Überzeugung des Senats für die Klägerin kein höherer Gesamt-GdB als 80 in Betracht. Der Senat folgt dabei den überzeugenden Gutachten des Dr. Z. und des Dr. B ...
Der Gesundheitsschaden für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ist mit einem Teil-GdB von 50 zu bewerten. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7, S. 42 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40, schweren Störungen (beispielsweise schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 sowie mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100. Die Klägerin leidet ausweislich des Gutachtens des Dr. B. an einem Schmerzsyndrom und einer damit verbundenen Wesensänderung im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung. Dabei handelt es sich angesichts der von Dr. B. dokumentierten Befunde und des in seinem Gutachten geschilderten Tagesablaufs der Klägerin um einen GdB-Rahmen zwischen 50 und 70 bedingende schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten. Nach Ansicht des Senats ist der GdB der Klägerin im unteren Bereich dieses Rahmens anzusiedeln, zumal auch Dr. B. lediglich einen GdB zwischen 50 und 60 für angemessen erachtet hat und bei der Klägerin ausweislich des Gutachtens der Dr. O.-J. bislang keine adäquate Schmerztherapie, psychotherapeutische Betreuung oder antidepressive Therapie durchgeführt worden ist.
Der Gesundheitsschaden für das Funktionssystem "Rumpf" ist mit einem Teil-GdB von 40 zu bewerten. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9, S. 107 beträgt bei Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität der GdB 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30, mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40, mit besonders schweren Auswirkungen (zum Beispiel Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [zum Beispiel Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70 Grad nach Cobb]) der GdB 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit der GdB 80 bis 100. Die Klägerin leidet ausweislich der aktenkundigen medizinischen Unterlagen des Dr. H. und des Gutachtens des Dr. Z. an einem Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom und einem Lendenwirbelsäulensyndrom nach Bandscheiben-Operation mit pseudoradikulärer Reizsymptomatik. Dabei handelt es sich um einen GdB zwischen 30 und 40 rechtfertigende mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Angesichts der von Dr. Z. dokumentierten Befunde hält es der Senat für angebracht, diesen GdB-Rahmen nach oben auszuschöpfen. Anhaltspunkte, von einen höheren GdB bedingenden besonders schweren Auswirkungen auszugehen, hat der Senat, zumal auch Dr. Z. lediglich einen GdB von 40 für angemessen erachtet hat, nicht.
Der Gesundheitsschaden für das Funktionssystem "Beine" ist mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Die Klägerin leidet ausweislich der aktenkundigen medizinischen Unterlagen des Dr. H. und des Gutachtens des Dr. Z. an einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke bei mäßiger Coxarthrose sowie einer Fehlstatik der unteren Extremität bei Hallux rigidus und Zustand nach Vorfuß-Operation und Senk-Spreiz-Fuß. Nach den VG, Teil B. Nr. 18.14, S. 115 beträgt bei einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 10 bis 20, beidseitig der GdB 20 bis 30 sowie mittleren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 30 und beidseitig der GdB 50. Nach den VG, Teil B. Nr. 18.14, S. 118 beträgt bei Fußdeformitäten ohne wesentliche statische Auswirkungen (zum Beispiel Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch) der GdB 0 sowie mit statischer Auswirkung je nach Funktionsstörung geringen Grades der GdB 10 und stärkeren Grades der GdB 20. Angesichts der von Dr. Z. dokumentierten Bewegungsmaße in den Hüftgelenken handelt es sich um eine beidseitige Bewegungseinschränkung geringen Grades, die einen GdB von 20 rechtfertigt. Die von Dr. Z. festgestellten Fußdeformitäten rechtfertigen allenfalls einen GdB von 10, da im Gutachten lediglich eine fehlende Abrollbewegung der linken Großzehe und mithin allenfalls eine statische Auswirkung geringen Grades beschrieben worden ist.
Unter Berücksichtigung dieser Einzel-GdB-Werte (Teil-GdB 50 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche", Teil-GdB 40 für das Funktionssystem "Rumpf" und Teil-GdB 20 für das Funktionssystem "Beine") kommt kein höherer Gesamt-GdB als 80 in Betracht. Der Senat stützt sich bei der Beurteilung des Gesamt-GdB auf die schlüssigen und gut nachvollziehbaren versorgungsärztlichen Beurteilungen. Maßgeblich ist für den Senat dabei die erhebliche Überschneidung der sich aus dem im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" berücksichtigten Schmerzsyndrom ergebenden Funktionsbehinderung mit den in den Funktionssystemen "Rumpf" und "Beine" berücksichtigten orthopädischen Behinderungen und den daraus resultierenden Funktionseinschränkungen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein Gesamt-GdB von 100 beispielsweise nur angenommen werden kann, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich ist wie etwa bei Persönlichkeitsstörungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten oder einem Wirbelsäulenschaden mit schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit. Ein vergleichbares Ausmaß erreichen die vom Senat festgestellten Funktionsbehinderungen der Klägerin nicht.
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 80.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1948 geborene Klägerin begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Das Landratsamt S. stellte, nachdem das Sozialgericht Konstanz die Gutachten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. vom 07.12.2004 und des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. K. vom 22.08.2005 eingeholt und Versorgungsarzt D. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.02.2006 als Behinderungen eine Depression, eine Somatisierungsstörung und ein chronisches Schmerz-Syndrom (Teil-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und einen operierten Bandscheibenschaden (Teil-GdB 30), eine Gebrauchseinschränkung des linken Fußes und Krampfadern (Teil-GdB 20) sowie eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 10) berücksichtigt sowie den Gesamt-GdB mit 60 eingeschätzt hatte, in Ausführung des nach erneuter Prüfung vor dem Sozialgericht abgegebenen Anerkenntnisses des Regierungspräsidiums St. vom 15.05.2006 mit Bescheid vom 21.09.2006 den GdB der Klägerin mit 70 ab 23.04.2003 fest.
Am 07.09.2007 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihres GdB. Das Landratsamt holte die Befundberichte des Internisten Dr. A. vom 28.09.2007, des Dr. Sch. vom 25.10.2007 und des Orthopäden Dr. H. vom 20.12.2007 ein und berücksichtigte die diesen Befundberichten beigefügten Arztbriefe der die Klägerin behandelnden Ärzte. Dr. Sch. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.01.2008 als Behinderungen eine seelische Behinderung, eine Somatisierungsstörung und ein chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, einen operierten Bandscheibenschaden und eine Kalksalzminderung des Knochens (Teil-GdB 30), eine Funktionsstörung durch eine beidseitige Fußfehlform, eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks, eine Polyarthrose, eine Beinverkürzung links und Krampfadern (Teil-GdB 30) sowie eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 10) und schätzte den Gesamt-GdB mit 80 ein. Das Landratsamt stellte mit Bescheid vom 27.02.2008 den GdB der Klägerin mit 80 ab 07.09.2007 fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.03.2008 Widerspruch ein. Dr. Z. hielt in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.06.2008 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2008 wies das Regierungspräsidium St den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17.07.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz.
Das Sozialgericht hörte Dr. A. unter dem 14.10.2008 und Dr. H. unter dem 15.10.2008 schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.11.2008 aus, es ergäben sich keine Gesichtspunkte für ein Abweichen von der bisherigen Beurteilung. Das Sozialgericht zog das für die Deutsche Rentenversicherung von der Neurologin Dr. O.-J. erstellte Gutachten vom 07.08.2007 bei. Dr. G. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.05.2009 aus, aus diesem Gutachten lasse sich keine Höherbewertung des GdB ableiten.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.07.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 15.07.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.08.2009 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 13.07.2009 aufzuheben, den Bescheid des Landratsamts S. vom 27.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums St. vom 11.07.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihren GdB unter Abänderung des Bescheides vom 21.09.2006 mit 100 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Gutachten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. Z. vom 31.12.2009 und des Dr. B., Leitender Chefarzt an der Akutklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bad S., vom 28.04.2010 eingeholt. Dr. Z. berücksichtigte auf orthopädischem Fachgebiet als Behinderungen ein fortgeschrittenes Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, Fehlbelastung der Schultern mit Impingement-Syndrom und Zustand nach Schulteroperation sowie ein fortgeschrittenes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Wirbelgleiten des 5. Lendenwirbels über dem 1. Kreuzbeinwirbel und Zustand nach Bandscheiben-Operation mit pseudoradikulärer Reizsymptomatik (Teil-GdB 40) und eine Bewegungseinschränkung der Hüften bei mäßiger Coxarthrose sowie eine Fehlstatik der unteren Extremität bei Hallux rigidus bei Zustand nach Vorfuß-Operation und Senk-Spreiz-Fuß (Teil-GdB 20). Dr. B. berücksichtigte auf psychiatrischem Fachgebiet als Behinderungen eine Wesensänderung im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung, einen Zustand nach Vergewaltigung vor vielen Jahren, eine leichte bis phasenweise mittelschwer rezidivierende depressive Symptomatik im Sinne einer anhaltenden affektiven Störung und ein chronifiziertes Schmerzsyndrom (Teil-GdB 50 bis 60) und schätzte den Gesamt-GdB mit mindestens 80 ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 80.
Zu Recht hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 27.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 11.07.2008 eine über die Neufeststellung des GdB mit 80 hinausgehende Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2006 abgelehnt.
Rechtsgrundlage für eine Aufhebung von Verwaltungsakten wegen einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Eine wesentliche Änderung im Ausmaß der Behinderung liegt nur vor, wenn eine dauerhafte Änderung des Gesundheitszustands zu einer Änderung des GdB um wenigstens 10 führt.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des GdB sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden.
Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen sind. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien ist hiermit - von wenigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nicht verbunden. Vielmehr wurde an die seit Jahren bewährten Bewertungsgrundsätze und Verfahrensabläufe angeknüpft. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnistand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Dabei dürfen die einzelnen Werte bei der Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet (VG Teil A Nr. 3 a). Vielmehr ist darauf abzustellen, ob und wie sich die Auswirkungen von einzelnen Beeinträchtigungen einander verstärken, überschneiden oder aber auch gänzlich voneinander unabhängig sein können. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (VG Teil A Nr. 3 c). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, von Ausnahmefällen abgesehen, leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Teil-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte. Dies auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (VG Teil A Nr. 3 d ee).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt nach Überzeugung des Senats für die Klägerin kein höherer Gesamt-GdB als 80 in Betracht. Der Senat folgt dabei den überzeugenden Gutachten des Dr. Z. und des Dr. B ...
Der Gesundheitsschaden für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ist mit einem Teil-GdB von 50 zu bewerten. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7, S. 42 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40, schweren Störungen (beispielsweise schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 sowie mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100. Die Klägerin leidet ausweislich des Gutachtens des Dr. B. an einem Schmerzsyndrom und einer damit verbundenen Wesensänderung im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung. Dabei handelt es sich angesichts der von Dr. B. dokumentierten Befunde und des in seinem Gutachten geschilderten Tagesablaufs der Klägerin um einen GdB-Rahmen zwischen 50 und 70 bedingende schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten. Nach Ansicht des Senats ist der GdB der Klägerin im unteren Bereich dieses Rahmens anzusiedeln, zumal auch Dr. B. lediglich einen GdB zwischen 50 und 60 für angemessen erachtet hat und bei der Klägerin ausweislich des Gutachtens der Dr. O.-J. bislang keine adäquate Schmerztherapie, psychotherapeutische Betreuung oder antidepressive Therapie durchgeführt worden ist.
Der Gesundheitsschaden für das Funktionssystem "Rumpf" ist mit einem Teil-GdB von 40 zu bewerten. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9, S. 107 beträgt bei Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität der GdB 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30, mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40, mit besonders schweren Auswirkungen (zum Beispiel Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [zum Beispiel Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70 Grad nach Cobb]) der GdB 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit der GdB 80 bis 100. Die Klägerin leidet ausweislich der aktenkundigen medizinischen Unterlagen des Dr. H. und des Gutachtens des Dr. Z. an einem Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom und einem Lendenwirbelsäulensyndrom nach Bandscheiben-Operation mit pseudoradikulärer Reizsymptomatik. Dabei handelt es sich um einen GdB zwischen 30 und 40 rechtfertigende mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Angesichts der von Dr. Z. dokumentierten Befunde hält es der Senat für angebracht, diesen GdB-Rahmen nach oben auszuschöpfen. Anhaltspunkte, von einen höheren GdB bedingenden besonders schweren Auswirkungen auszugehen, hat der Senat, zumal auch Dr. Z. lediglich einen GdB von 40 für angemessen erachtet hat, nicht.
Der Gesundheitsschaden für das Funktionssystem "Beine" ist mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Die Klägerin leidet ausweislich der aktenkundigen medizinischen Unterlagen des Dr. H. und des Gutachtens des Dr. Z. an einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke bei mäßiger Coxarthrose sowie einer Fehlstatik der unteren Extremität bei Hallux rigidus und Zustand nach Vorfuß-Operation und Senk-Spreiz-Fuß. Nach den VG, Teil B. Nr. 18.14, S. 115 beträgt bei einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 10 bis 20, beidseitig der GdB 20 bis 30 sowie mittleren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig der GdB 30 und beidseitig der GdB 50. Nach den VG, Teil B. Nr. 18.14, S. 118 beträgt bei Fußdeformitäten ohne wesentliche statische Auswirkungen (zum Beispiel Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch) der GdB 0 sowie mit statischer Auswirkung je nach Funktionsstörung geringen Grades der GdB 10 und stärkeren Grades der GdB 20. Angesichts der von Dr. Z. dokumentierten Bewegungsmaße in den Hüftgelenken handelt es sich um eine beidseitige Bewegungseinschränkung geringen Grades, die einen GdB von 20 rechtfertigt. Die von Dr. Z. festgestellten Fußdeformitäten rechtfertigen allenfalls einen GdB von 10, da im Gutachten lediglich eine fehlende Abrollbewegung der linken Großzehe und mithin allenfalls eine statische Auswirkung geringen Grades beschrieben worden ist.
Unter Berücksichtigung dieser Einzel-GdB-Werte (Teil-GdB 50 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche", Teil-GdB 40 für das Funktionssystem "Rumpf" und Teil-GdB 20 für das Funktionssystem "Beine") kommt kein höherer Gesamt-GdB als 80 in Betracht. Der Senat stützt sich bei der Beurteilung des Gesamt-GdB auf die schlüssigen und gut nachvollziehbaren versorgungsärztlichen Beurteilungen. Maßgeblich ist für den Senat dabei die erhebliche Überschneidung der sich aus dem im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" berücksichtigten Schmerzsyndrom ergebenden Funktionsbehinderung mit den in den Funktionssystemen "Rumpf" und "Beine" berücksichtigten orthopädischen Behinderungen und den daraus resultierenden Funktionseinschränkungen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein Gesamt-GdB von 100 beispielsweise nur angenommen werden kann, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich ist wie etwa bei Persönlichkeitsstörungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten oder einem Wirbelsäulenschaden mit schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit. Ein vergleichbares Ausmaß erreichen die vom Senat festgestellten Funktionsbehinderungen der Klägerin nicht.
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 80.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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