Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 77/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 96/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 18. November 2009 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind für beide Rechtszüge und das Vorverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Riss einer Bizepssehne des Klägers einen Arbeitsunfall darstellt.
Der damals 50-jährige Kläger, der den Beruf eines Schlossers erlernt hatte und ausübte, hatte im Rahmen seiner Beschäftigung am 23. Mai 2008 den Auftrag, Kunststoffbehälter mit Waschmitteln im Aufbewahrungsraum umzulagern. Beim Anheben eines Behälters mit der linken Hand verspürte er plötzlich einen Schmerz im linken Oberarm. Dieser Vorgang ist Gegenstand der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 30. Mai 2008. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom 26. Mai 2008 suchte der Kläger noch am Unfalltag um 9.30 Uhr den Chirurgen Bundz auf, der eine körpernahe Bizepsverletzung links diagnostizierte. Dieser gab den Vorgang wieder, der Kläger habe beim Anheben eines 25 kg schweren Teils ohne äußere Einwirkungen plötzlich einen Schmerz im Schulter-Oberarm-Bereich verspürt. Herr B. führte weiterhin aus, nach allgemeinen klinischen Erfahrungswerten beruhten solche Verletzungen in überwiegender Zahl auf degenerativen Vorveränderungen, sodass eine derartige Verletzung auch anlässlich eines koordinierten Hebevorgangs erklärlich sei. Er halte die Beklagte nicht für zuständig, weil es an einem Unfallereignis fehle.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2008 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, ein Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung habe nicht stattgefunden. Bei den Beschwerden handele es sich um Überlastungsfolgen nach einem willensmäßig ausgeführten Arbeitsvorgang. Mit dem im gleichen Monat eingegangenen Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, der Vorgang stelle durchaus einen Arbeitsunfall dar. Er fügte einen Entlassungsbericht der Klinik für Unfall- und Handchirurgie des Städtischen Klinikums D vom 2. Juni 2008 bei, der die Diagnosen eines körpernahen Abrisses der langen Bizepssehne des linken Schultergelenkes bei vorbestehender Degeneration und einer Teilverletzung der Supraspinatussehne der linken Schulter in der Gelenkkapsel enthielt. Es sei eine Arthroskopie des linken Schultergelenkes mit Debridement des Bizepssehnenankers und der Rotatorenmanschette vorgenommen worden. Dabei sei eine offene knöcherne Reinsertion der langen Bizepssehne des linken Oberarmes im Sulcus intertubercularis durch Corkscrew-Titananker erfolgt. Der Kläger hatte angegeben, er habe beim Anheben eines 25 Liter-Kanisters ein plötzliches Knacken in der linken Schulter verspürt. Die Operation wurde am 30. Mai 2008 vorgenommen; die Entlassung erfolgte am 2. Juni 2008. In einer Stellungnahme vom 11. Juli 2008 führte der beratende Arzt der Beklagten, der Chirurg Dr. T., aus, als Unfallereignis reiche selbst jeder völlig normale Bewegungsablauf aus. Es fehle aber an der Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges zwischen Unfallereignis und Körperschaden, weil die geltende medizinische Lehrmeinung einen Riss der langen Bizepssehne durch eine normale koordinierte Bewegung ausschließe. Der Muskel könne nicht die erforderliche Kraft zur Zerstörung der anhängigen Sehne aufbringen. Der Riss der Sehne sei nur durch eine krankhafte Erniedrigung der Belastungsfähigkeit zu erklären.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und stütze sich auf die Begründung des beratenden Arztes.
Mit der am 24. September 2008 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau eingegangenen Klage hat der Kläger ausgeführt, der Unfallhergang stelle einen geeigneten Verletzungsmechanismus dar. Für die Annahme einer krankhaften Vorschädigung liege keine gesicherte medizinische Erhebung vor. Auch bei bestehender Degeneration könne das Unfallereignis wesentliche Teilursache der Verletzung sein.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Chefarztes der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Städtischen Klinikums D., Dr. Z., vom 9. April 2009 eingeholt, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 31 - 44 verwiesen wird. Der Sachverständige hat mit dem Gutachten den Bericht des Instituts für Pathologie seines Krankenhauses vom 3. Juni 2008 vorgelegt, wonach der Bizepssehnenstumpf sich in der Alzianblau-Reaktion ohne degenerative Veränderungen dargestellt hatte.
Dr. Z. ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, er halte einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 23. Mai 2008 und der Zusammenhangstrennung der Bizepssehne für gegeben. Er teile zwar die Auffassung, wonach der Bizepsmuskel in aller Regel nicht die erforderliche Kraftentfaltung zur Bewirkung eines Risses aufbringen könne. Von Bedeutung sei auch, dass die körpernahe lange Bizepssehne wegen ihrer anatomischen Lage häufig degenerativen Veränderungen unterworfen sei. Diese Veränderungen verliefen stumm, verursachten aber eine vermehrte Rissbereitschaft des Sehnengewebes. Meist erfolgten Zusammenhangstrennungen auf dem Boden vorbestehender degenerativer Veränderungen. Diese Annahme müsse man aber bei dem Kläger ausschließen, weil degenerative Veränderungen im Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung auszuschließen seien.
Eine traumatische Zusammenhangstrennung erfordere eine unphysiologische Überlastung der Sehne. Geeignet sei ein Ereignis nur dann, wenn die Belastung überfallartig die muskulär vorgespannte Sehne treffe. Nur dann werde die unphysiologische Belastung der Sehne aufgezwungen und könne die Belastbarkeit des Sehnengewebes überschritten werden. Dies sei hier vordergründig nicht erkennbar. Neben der Belastung sei aber auch die Bewegungsdynamik zu berücksichtigen. So könne an der Achillessehne eine hohe Bewegungsdynamik kurzfristig eine so hohe Zugbelastung mit sich bringen, dass die Rissfestigkeit um ein Mehrfaches überschritten werde. Auch reflektorisch ausgelöste Muskelanspannungen könnten eine traumatische Sehnenruptur herbeiführen, wenn sie auf ein fixiertes und passiv gegensinnig bewegtes Gelenk träfen. Inwieweit dem hier betroffenen Hebevorgang eine so hohe Bewegungsdynamik inne gewohnt habe, lasse sich nicht mit genügender Sicherheit aussagen. Eine hohe Bewegungsdynamik sei bei einem schwungvollen Anheben möglich, lasse sich aber nicht quantifizieren. Vermehrte degenerative Veränderungen träten typischerweise schon vor dem Lebensalter des Klägers auf. Solche Veränderungen seien aber durch den Pathologen befundmäßig ausgeschlossen worden. Allgemeinerkrankungen des Klägers mit der Folge einer Beeinträchtigung der Zugfestigkeit des Sehnengewebes lägen nicht vor. Auch nehme er keine ungünstigen Medikamente ein. Die Mehrzahl der Indizien sprächen für die Annahme des ursächlichen Zusammenhanges. Dieser sei nach seiner Einschätzung auch bei einem ungeeigneten Geschehensablauf anzunehmen. Er halte eine Ablehnung des ursächlichen Zusammenhanges allein aufgrund des Geschehensablaufes ohne Nachweis konkurrierender Ereignisse oder Einwirkungen für problematisch.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme von Dr. T. vom 15. Mai 2009, Bl. 51 - 54 d. A., vorgelegt. Im Wesentlichen hat er mitgeteilt, die feingewebliche Bewertung stelle nur einen Teilgesichtspunkt von mehreren dar. Auch sei zu berücksichtigen, dass die fehlende Einblutung gegen einen Unfallzusammenhang spreche. Aus dem tatsächlichen Geschehensablauf ergäben sich keine Hinweise auf einen unphysiologischen Bewegungsablauf.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 14. Juli 2009 hat Dr. Z. entgegnet, auch Dr. T. könne die Ursache der Bizepssehnenruptur nicht darlegen. Der histologische Ausschluss verschleißbedingter Veränderungen im Bereich der Rissstelle lasse sich nicht in seiner Bedeutung verringern. Daneben spreche der gesamte zeitliche Zusammenhang für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs, während der Geschehensablauf nicht ausreichend klar nachgewiesen werden könne. Der Einteilung in geeignete und ungeeignete Verletzungsmechanismen komme die Bedeutung eines Anhaltspunktes, nicht aber diejenige eines Beweises zu.
Die Beklagte hat eine weitere beratende Stellungnahme des Chirurgen Dr. C. vom 7. August 2009, Bl. 65 - 68 d. A. vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, Ursache des Sehnenrisses sei der Wille, eine Last aufzunehmen, gewesen. Der damit verbundenen Kraftanstrengung sei die Sehne nicht gewachsen gewesen. Unter Kraftanstrengung sei ein willentlich gesteuerter und motorisch koordinierter Bewegungsablauf zu verstehen, auch wenn er schwungvoll erfolge. Bei einer solchen Muskelanspannung übertrage sich die Spannung allmählich. In der Sehne seien Fühler eingebaut, die dem Muskel jederzeit den Spannungszustand der Sehne signalisierten. Sie verhinderten eine Überlastung der Sehne. Wenn es gleichwohl bei einem willentlich gesteuerten Kraftakt zu einem Riss komme, stimme etwas im Bauplan der Sehne nicht. Im Rahmen der Operation sei eine Degeneration gesehen worden. Möglicherweise seien die entsprechenden Teile nicht von der Entnahme des Präparates für die histologische Untersuchung erfasst worden. Die Entnahme mehrerer Proben an verschiedenen Stellen sei erforderlich. Auch der Teilriss der Supraspinatussehne weise auf eine degenerative Entstehung des Bizepssehnenrisses hin. Zudem führten ständige Reibungen am Ein- und Ausgang des Sulcus intertubercularis zu Rissen ohne angemessenes Verletzungsereignis. Wenn ein Ereignis die geschädigte Struktur nicht gefährde, könne zwischen dem festgestellten Schaden und dem angeschuldigten Ereignis kein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Bei dem Geschehen vom 23. Mai 2008 habe es sich um ein austauschbares Ereignis gehandelt. Der Schaden wäre bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens in naher Zukunft in ähnlicher Weise eingetreten.
Mit Urteil vom 18. November 2009 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, das Ereignis vom 23. Mai 2008 als Arbeitsunfall festzustellen und dem Kläger Leistungen nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen. Sie hat ausgeführt, der Riss der Bizepssehne sei ein Unfallereignis gewesen. Ein solches schließe auch körpereigene Vorgänge wie z. B. Heben, Schieben oder Laufen mit ein. Dadurch sei ein Gesundheitsschaden hervorgerufen worden, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Z. sei zu folgen.
Gegen das ihr am 17. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Sie verweist zunächst auf die Ausführungen ihrer beratenden Ärzte und ergänzt, die fehlende medizinische Feststellung einer Vorerkrankung rechtfertige nicht den Umkehrschluss auf die Verursachung durch ein äußeres Ereignis. Sie sei für eine Alternativursache nicht beweispflichtig. Zudem sei nach einem Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg kein Unfallereignis gegeben, wenn betriebliche Tätigkeiten regelrecht verrichtet würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 18. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 12. April 2005 – B 2 U 27/ 04 R. Danach sei auch in seinem Fall ein Unfallereignis gegeben. Auch eine sogenannte innere Ursache sei in seinem Fall nicht feststellbar. Es liege ein Arbeitsunfall vor. Der Sachverständige sei in Fällen der vorliegenden Art erfahren und seine Begutachtung sei auch schon zur Grundlage von Rechtsprechung des Senates gemacht worden. Warum dies hier anders sein solle, sei nicht nachvollziehbar.
Das Gericht hat den Operationsbericht des Städtischen Klinikums D. vom 30. Mai 2008, Bl. 119 f. d. A., beigezogen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Bei der Entscheidungsfindung hat die Akte der Beklagten – Az. – vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat Erfolg. Die Klage ist schon unzulässig, soweit das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von Leistungen nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung verurteilt hat. Insoweit fehlt es an der Bestimmtheit des Antrags im Sinne von § 202 SGG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), die geeignet wäre, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abzugrenzen; der Mangel führt zur Unzulässigkeit (Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 253 Rdnrn. 10, 13). Über den Hinweis auf die Unzulässigkeit hinaus war die Anregung eines bestimmten Antrages beim Kläger nach § 106 Abs. 1 SGG weder möglich noch erforderlich. Über konkrete Leistungen haben die Beteiligten nämlich zu keinem Zeitpunkt gestritten. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2008 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt hat. Denn auf diese Feststellung hat der Kläger keinen Anspruch. Die versicherte Tätigkeit in Form des Anhebens des Kanisters hat nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) zu einem Gesundheitsschaden geführt. Ein Unfallereignis bei Verrichtung der versicherten Tätigkeit im Sinne der Vorschrift liegt vor. Der Kläger hat in einem von äußeren Umständen unbeeinflussten und geplanten Vorgang einen Kanister erfasst, um ihn anzuheben und den Hebevorgang eingeleitet. Diesen Ablauf hält der Senat auf Grund der durchgehenden Schilderungen des Klägers für erwiesen. Er ist deswegen glaubhaft, weil der Kläger an seiner Schilderung auch dann noch festgehalten hat, als er erkennen konnte, dass sie die Verfolgung möglicher Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung erschwert. Dies hatte ihm bereits der zuerst behandelnde Chirurg B verdeutlicht, der schon ein Unfallereignis nicht für gegeben hielt und dies nach seinem Bericht dem Kläger auch mitgeteilt hat. Mit dem Ansetzen zum Anheben des Kanisters hat dessen Gewicht als ein zeitlich begrenzt von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis den Arm des Klägers belastet. Das Unfallereignis ist auch in einem naturwissenschaftlichen Sinne für den Bizepssehnenriss ursächlich geworden. In diesem Rahmen sind nur die Bedingungen in die weitere Prüfung einzubeziehen, die gedanklich nicht fehlen dürfen, ohne dass auch der zu prüfende Gesundheitsschaden fehlen würde (BSG, Urt. v. 17. 2. 09 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, Rdnr. 12). Erforderlich ist dazu eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Insoweit folgt das Gericht dem Sachverständigen Dr. Z ... Denn im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Verrichtung sind ein Knacken und Schmerzen aufgetreten, wie der Kläger durchgehend glaubhaft angegeben hat. Weiterhin hat sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit der für einen Bizepssehnenriss kennzeichnende Funktionsverlust gezeigt, der dem Chirurgen B bei der am gleichen Tag noch vor dem gewöhnlichen Schichtende des Klägers vorgenommenen Untersuchung die klinische Diagnose einer körpernahen Bizepsverletzung ermöglicht hat. Weiterhin spricht für den naturwissenschaftlichen Zusammenhang, dass die Risszeichen im Rahmen einer Gewichtsbelastung und Muskelanspannung aufgetreten sind, die die Bizepssehne jedenfalls beansprucht haben. Das Anheben des Kanisters als versicherte Verrichtung war aber nicht wesentliche Ursache des Risses der Bizepssehne. Der Senat lässt offen, ob auch in Fällen wie dem vorliegenden vor der Abwägung, welche Ursache wesentlich den zu prüfenden Schaden herbeigeführt hat, die naturwissenschaftliche Unfallkausalität einer ggf. konkurrierenden Ursache zu prüfen ist (vgl. BSG, Urt. v. 17. 2. 09 – B 2 U 18/07 R – a.a.O., Rdnr. 13) oder ob es dabei sein Bewenden hat, dass die versicherte naturwissenschaftliche Ursache auch bei fehlender Alternativursache – oder hier konkurrierender Ursache – nicht automatisch eine wesentliche Ursache ist (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 Rdnr. 2). Der Senat kann die Frage offen lassen, weil er auf Grund der gesamten Umstände voll davon überzeugt ist, dass weitere körperliche Umstände, zumindest im Sinne einer Schadensanlage, zum Eintritt des Sehnenrisses unverzichtbar beigetragen haben. Dies setzt nicht voraus, dass diese Umstände auf Grund erhobener Befunde näher bezeichnet werden können, was hier mangels konkreter Hinweise aus dem Beweisergebnis auch nicht möglich ist. Insbesondere lässt sich ein Einfluss degenerativer Veränderungen auf den Eintritt des Risses nicht wahrscheinlich machen. Zwar gehen solche Veränderungen aus dem Operationsbericht hervor, sind aber nach dem histologischen Befund auszuschließen. Der Senat schließt sich der Würdigung des Sachverständigen an, der hier dem histologischen Befund den Vorrang bei der Beurteilung einräumt. Denn die histologische Untersuchung ermöglicht eine zuverlässige Beurteilung der Rissstelle selbst, die im Hinblick auf erkannte Auffaserungen bei der Probenentnahme auch offensichtlich erfasst worden ist. Insoweit ist es als folgerichtig nachvollziehbar, wenn die Pathologen die Diagnose eines "Bizepssehnenstumpfes" ohne degenerative Veränderungen stellen. Nicht überzeugen kann der Einwand der beratenden Ärzte der Beklagten, eine zuverlässige Beurteilung erfordere die Entnahme mehrerer Proben. Denn wenn die Rissstelle frei von degenerativen Veränderungen ist, kann der Nachweis solcher Veränderungen an anderer Stelle den Riss nicht mehr erklären. Gleichwohl ist der Senat vom Mitwirken einer Schadensanlage überzeugt, weil die versicherte Einwirkung zur alleinigen Erklärung des Schadenseintritts ungeeignet ist. Auf der Ebene der naturwissenschaftlichen Ursächlichkeit ist dabei nur zu prüfen, ob sich nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand das Vorhandensein weiterer, nicht versicherter Ursachen beweiskräftig aufdrängt. Dies ist hier der Fall, weil die Anhebung eines 25 kg schweren Kanisters durch den Kläger ungeeignet ist, den Schadenseintritt allein zu erklären. Denn bei Gesundheit der Sehne würde diese eine vielfache Lastaufnahme aushalten, die die mögliche Kraftentfaltung der Muskulatur deutlich übersteigt. Diese Gesichtspunkte ergeben sich aus dem Gutachten des Sachverständigen, der als geeignete Einwirkung nur unphysiologische Belastungen der Sehne ansieht, wobei er eine besondere Bewegungsdynamik, ggf. auch durch abrupte Muskelanspannungen, für möglicherweise ausreichend hält. Nicht zu folgen ist seinen daraus gezogenen, der Art nach rechtlichen Schlussfolgerungen für den Einzelfall. Vielmehr ergeben sich aus der durchgehenden Schilderung des Klägers keinerlei Hinweise auf eine dieser Möglichkeiten. Der Kläger beschreibt durchgehend eine banale Anhebung, die der Sachverständige selbst "vordergründig" – das bedeutet ohne seine Überlegungen zur Bewegungsdynamik – als physiologisch einstuft. Nur auf die Beschreibung des Klägers zu dem Geschehensablauf kann der Senat sich hier aber stützen. Rechtlich ursächlich sind darüber hinaus nur Ereignisse, die sich wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens als wesentliche Ursache darstellen (BSG, Urt. v. 15.2.05 – B 2 U 1/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 12 Rdnr. 14). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Ist die ursächliche Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis oder die eigengesetzliche Entwicklung zu der selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.). Der Anhebung kommt die Bedeutung eines in diesem Sinne wesentlichen Ereignisses nicht zu. Dabei handelt es sich um eine Anstrengung, der sich der Kläger mit dem Beruf eines Schlossers nach aller Erfahrung im Laufe seines Lebens bereits in nicht zählbarer Häufigkeit ausgesetzt haben wird. Es handelt sich weiterhin um ein alltägliches Ereignis, dem sich ein Mann mit dem vom Kläger ausgeübten Beruf eines Schlossers bedenkenlos auch in seinem Privatleben immer wieder aussetzt. Weiterhin ist in Anbetracht des großen Unterschiedes zwischen der grundsätzlichen Lastaufnahmemöglichkeit der Bizepssehne von 330 kp und der tatsächlichen Lastaufnahme von höchstens 25 kp nahe liegend, dass zeitnah auch die Muskelanspannung zur Aufnahme eines noch geringeren Gewichtes oder im Rahmen einer anderen Anstrengung den Riss bewirkt hätte. Denn die Umstände belegen jedenfalls eine bereits eingetretene starke Verminderung der Widerstandskraft der Sehne. Danach fehlt dem Unfallereignis die Unersetzlichkeit und liegt ein zeitnaher Riss auch auf Grund alltäglicher Belastungen zu etwa der gleichen Zeit nahe. Insoweit folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen der Beratungsärzte der Beklagten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind für beide Rechtszüge und das Vorverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Riss einer Bizepssehne des Klägers einen Arbeitsunfall darstellt.
Der damals 50-jährige Kläger, der den Beruf eines Schlossers erlernt hatte und ausübte, hatte im Rahmen seiner Beschäftigung am 23. Mai 2008 den Auftrag, Kunststoffbehälter mit Waschmitteln im Aufbewahrungsraum umzulagern. Beim Anheben eines Behälters mit der linken Hand verspürte er plötzlich einen Schmerz im linken Oberarm. Dieser Vorgang ist Gegenstand der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 30. Mai 2008. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom 26. Mai 2008 suchte der Kläger noch am Unfalltag um 9.30 Uhr den Chirurgen Bundz auf, der eine körpernahe Bizepsverletzung links diagnostizierte. Dieser gab den Vorgang wieder, der Kläger habe beim Anheben eines 25 kg schweren Teils ohne äußere Einwirkungen plötzlich einen Schmerz im Schulter-Oberarm-Bereich verspürt. Herr B. führte weiterhin aus, nach allgemeinen klinischen Erfahrungswerten beruhten solche Verletzungen in überwiegender Zahl auf degenerativen Vorveränderungen, sodass eine derartige Verletzung auch anlässlich eines koordinierten Hebevorgangs erklärlich sei. Er halte die Beklagte nicht für zuständig, weil es an einem Unfallereignis fehle.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2008 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, ein Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung habe nicht stattgefunden. Bei den Beschwerden handele es sich um Überlastungsfolgen nach einem willensmäßig ausgeführten Arbeitsvorgang. Mit dem im gleichen Monat eingegangenen Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, der Vorgang stelle durchaus einen Arbeitsunfall dar. Er fügte einen Entlassungsbericht der Klinik für Unfall- und Handchirurgie des Städtischen Klinikums D vom 2. Juni 2008 bei, der die Diagnosen eines körpernahen Abrisses der langen Bizepssehne des linken Schultergelenkes bei vorbestehender Degeneration und einer Teilverletzung der Supraspinatussehne der linken Schulter in der Gelenkkapsel enthielt. Es sei eine Arthroskopie des linken Schultergelenkes mit Debridement des Bizepssehnenankers und der Rotatorenmanschette vorgenommen worden. Dabei sei eine offene knöcherne Reinsertion der langen Bizepssehne des linken Oberarmes im Sulcus intertubercularis durch Corkscrew-Titananker erfolgt. Der Kläger hatte angegeben, er habe beim Anheben eines 25 Liter-Kanisters ein plötzliches Knacken in der linken Schulter verspürt. Die Operation wurde am 30. Mai 2008 vorgenommen; die Entlassung erfolgte am 2. Juni 2008. In einer Stellungnahme vom 11. Juli 2008 führte der beratende Arzt der Beklagten, der Chirurg Dr. T., aus, als Unfallereignis reiche selbst jeder völlig normale Bewegungsablauf aus. Es fehle aber an der Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges zwischen Unfallereignis und Körperschaden, weil die geltende medizinische Lehrmeinung einen Riss der langen Bizepssehne durch eine normale koordinierte Bewegung ausschließe. Der Muskel könne nicht die erforderliche Kraft zur Zerstörung der anhängigen Sehne aufbringen. Der Riss der Sehne sei nur durch eine krankhafte Erniedrigung der Belastungsfähigkeit zu erklären.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und stütze sich auf die Begründung des beratenden Arztes.
Mit der am 24. September 2008 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau eingegangenen Klage hat der Kläger ausgeführt, der Unfallhergang stelle einen geeigneten Verletzungsmechanismus dar. Für die Annahme einer krankhaften Vorschädigung liege keine gesicherte medizinische Erhebung vor. Auch bei bestehender Degeneration könne das Unfallereignis wesentliche Teilursache der Verletzung sein.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Chefarztes der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Städtischen Klinikums D., Dr. Z., vom 9. April 2009 eingeholt, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 31 - 44 verwiesen wird. Der Sachverständige hat mit dem Gutachten den Bericht des Instituts für Pathologie seines Krankenhauses vom 3. Juni 2008 vorgelegt, wonach der Bizepssehnenstumpf sich in der Alzianblau-Reaktion ohne degenerative Veränderungen dargestellt hatte.
Dr. Z. ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, er halte einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 23. Mai 2008 und der Zusammenhangstrennung der Bizepssehne für gegeben. Er teile zwar die Auffassung, wonach der Bizepsmuskel in aller Regel nicht die erforderliche Kraftentfaltung zur Bewirkung eines Risses aufbringen könne. Von Bedeutung sei auch, dass die körpernahe lange Bizepssehne wegen ihrer anatomischen Lage häufig degenerativen Veränderungen unterworfen sei. Diese Veränderungen verliefen stumm, verursachten aber eine vermehrte Rissbereitschaft des Sehnengewebes. Meist erfolgten Zusammenhangstrennungen auf dem Boden vorbestehender degenerativer Veränderungen. Diese Annahme müsse man aber bei dem Kläger ausschließen, weil degenerative Veränderungen im Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung auszuschließen seien.
Eine traumatische Zusammenhangstrennung erfordere eine unphysiologische Überlastung der Sehne. Geeignet sei ein Ereignis nur dann, wenn die Belastung überfallartig die muskulär vorgespannte Sehne treffe. Nur dann werde die unphysiologische Belastung der Sehne aufgezwungen und könne die Belastbarkeit des Sehnengewebes überschritten werden. Dies sei hier vordergründig nicht erkennbar. Neben der Belastung sei aber auch die Bewegungsdynamik zu berücksichtigen. So könne an der Achillessehne eine hohe Bewegungsdynamik kurzfristig eine so hohe Zugbelastung mit sich bringen, dass die Rissfestigkeit um ein Mehrfaches überschritten werde. Auch reflektorisch ausgelöste Muskelanspannungen könnten eine traumatische Sehnenruptur herbeiführen, wenn sie auf ein fixiertes und passiv gegensinnig bewegtes Gelenk träfen. Inwieweit dem hier betroffenen Hebevorgang eine so hohe Bewegungsdynamik inne gewohnt habe, lasse sich nicht mit genügender Sicherheit aussagen. Eine hohe Bewegungsdynamik sei bei einem schwungvollen Anheben möglich, lasse sich aber nicht quantifizieren. Vermehrte degenerative Veränderungen träten typischerweise schon vor dem Lebensalter des Klägers auf. Solche Veränderungen seien aber durch den Pathologen befundmäßig ausgeschlossen worden. Allgemeinerkrankungen des Klägers mit der Folge einer Beeinträchtigung der Zugfestigkeit des Sehnengewebes lägen nicht vor. Auch nehme er keine ungünstigen Medikamente ein. Die Mehrzahl der Indizien sprächen für die Annahme des ursächlichen Zusammenhanges. Dieser sei nach seiner Einschätzung auch bei einem ungeeigneten Geschehensablauf anzunehmen. Er halte eine Ablehnung des ursächlichen Zusammenhanges allein aufgrund des Geschehensablaufes ohne Nachweis konkurrierender Ereignisse oder Einwirkungen für problematisch.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme von Dr. T. vom 15. Mai 2009, Bl. 51 - 54 d. A., vorgelegt. Im Wesentlichen hat er mitgeteilt, die feingewebliche Bewertung stelle nur einen Teilgesichtspunkt von mehreren dar. Auch sei zu berücksichtigen, dass die fehlende Einblutung gegen einen Unfallzusammenhang spreche. Aus dem tatsächlichen Geschehensablauf ergäben sich keine Hinweise auf einen unphysiologischen Bewegungsablauf.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 14. Juli 2009 hat Dr. Z. entgegnet, auch Dr. T. könne die Ursache der Bizepssehnenruptur nicht darlegen. Der histologische Ausschluss verschleißbedingter Veränderungen im Bereich der Rissstelle lasse sich nicht in seiner Bedeutung verringern. Daneben spreche der gesamte zeitliche Zusammenhang für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs, während der Geschehensablauf nicht ausreichend klar nachgewiesen werden könne. Der Einteilung in geeignete und ungeeignete Verletzungsmechanismen komme die Bedeutung eines Anhaltspunktes, nicht aber diejenige eines Beweises zu.
Die Beklagte hat eine weitere beratende Stellungnahme des Chirurgen Dr. C. vom 7. August 2009, Bl. 65 - 68 d. A. vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, Ursache des Sehnenrisses sei der Wille, eine Last aufzunehmen, gewesen. Der damit verbundenen Kraftanstrengung sei die Sehne nicht gewachsen gewesen. Unter Kraftanstrengung sei ein willentlich gesteuerter und motorisch koordinierter Bewegungsablauf zu verstehen, auch wenn er schwungvoll erfolge. Bei einer solchen Muskelanspannung übertrage sich die Spannung allmählich. In der Sehne seien Fühler eingebaut, die dem Muskel jederzeit den Spannungszustand der Sehne signalisierten. Sie verhinderten eine Überlastung der Sehne. Wenn es gleichwohl bei einem willentlich gesteuerten Kraftakt zu einem Riss komme, stimme etwas im Bauplan der Sehne nicht. Im Rahmen der Operation sei eine Degeneration gesehen worden. Möglicherweise seien die entsprechenden Teile nicht von der Entnahme des Präparates für die histologische Untersuchung erfasst worden. Die Entnahme mehrerer Proben an verschiedenen Stellen sei erforderlich. Auch der Teilriss der Supraspinatussehne weise auf eine degenerative Entstehung des Bizepssehnenrisses hin. Zudem führten ständige Reibungen am Ein- und Ausgang des Sulcus intertubercularis zu Rissen ohne angemessenes Verletzungsereignis. Wenn ein Ereignis die geschädigte Struktur nicht gefährde, könne zwischen dem festgestellten Schaden und dem angeschuldigten Ereignis kein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Bei dem Geschehen vom 23. Mai 2008 habe es sich um ein austauschbares Ereignis gehandelt. Der Schaden wäre bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens in naher Zukunft in ähnlicher Weise eingetreten.
Mit Urteil vom 18. November 2009 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, das Ereignis vom 23. Mai 2008 als Arbeitsunfall festzustellen und dem Kläger Leistungen nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen. Sie hat ausgeführt, der Riss der Bizepssehne sei ein Unfallereignis gewesen. Ein solches schließe auch körpereigene Vorgänge wie z. B. Heben, Schieben oder Laufen mit ein. Dadurch sei ein Gesundheitsschaden hervorgerufen worden, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Z. sei zu folgen.
Gegen das ihr am 17. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Sie verweist zunächst auf die Ausführungen ihrer beratenden Ärzte und ergänzt, die fehlende medizinische Feststellung einer Vorerkrankung rechtfertige nicht den Umkehrschluss auf die Verursachung durch ein äußeres Ereignis. Sie sei für eine Alternativursache nicht beweispflichtig. Zudem sei nach einem Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg kein Unfallereignis gegeben, wenn betriebliche Tätigkeiten regelrecht verrichtet würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 18. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 12. April 2005 – B 2 U 27/ 04 R. Danach sei auch in seinem Fall ein Unfallereignis gegeben. Auch eine sogenannte innere Ursache sei in seinem Fall nicht feststellbar. Es liege ein Arbeitsunfall vor. Der Sachverständige sei in Fällen der vorliegenden Art erfahren und seine Begutachtung sei auch schon zur Grundlage von Rechtsprechung des Senates gemacht worden. Warum dies hier anders sein solle, sei nicht nachvollziehbar.
Das Gericht hat den Operationsbericht des Städtischen Klinikums D. vom 30. Mai 2008, Bl. 119 f. d. A., beigezogen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Bei der Entscheidungsfindung hat die Akte der Beklagten – Az. – vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat Erfolg. Die Klage ist schon unzulässig, soweit das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von Leistungen nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung verurteilt hat. Insoweit fehlt es an der Bestimmtheit des Antrags im Sinne von § 202 SGG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), die geeignet wäre, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abzugrenzen; der Mangel führt zur Unzulässigkeit (Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 253 Rdnrn. 10, 13). Über den Hinweis auf die Unzulässigkeit hinaus war die Anregung eines bestimmten Antrages beim Kläger nach § 106 Abs. 1 SGG weder möglich noch erforderlich. Über konkrete Leistungen haben die Beteiligten nämlich zu keinem Zeitpunkt gestritten. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2008 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt hat. Denn auf diese Feststellung hat der Kläger keinen Anspruch. Die versicherte Tätigkeit in Form des Anhebens des Kanisters hat nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) zu einem Gesundheitsschaden geführt. Ein Unfallereignis bei Verrichtung der versicherten Tätigkeit im Sinne der Vorschrift liegt vor. Der Kläger hat in einem von äußeren Umständen unbeeinflussten und geplanten Vorgang einen Kanister erfasst, um ihn anzuheben und den Hebevorgang eingeleitet. Diesen Ablauf hält der Senat auf Grund der durchgehenden Schilderungen des Klägers für erwiesen. Er ist deswegen glaubhaft, weil der Kläger an seiner Schilderung auch dann noch festgehalten hat, als er erkennen konnte, dass sie die Verfolgung möglicher Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung erschwert. Dies hatte ihm bereits der zuerst behandelnde Chirurg B verdeutlicht, der schon ein Unfallereignis nicht für gegeben hielt und dies nach seinem Bericht dem Kläger auch mitgeteilt hat. Mit dem Ansetzen zum Anheben des Kanisters hat dessen Gewicht als ein zeitlich begrenzt von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis den Arm des Klägers belastet. Das Unfallereignis ist auch in einem naturwissenschaftlichen Sinne für den Bizepssehnenriss ursächlich geworden. In diesem Rahmen sind nur die Bedingungen in die weitere Prüfung einzubeziehen, die gedanklich nicht fehlen dürfen, ohne dass auch der zu prüfende Gesundheitsschaden fehlen würde (BSG, Urt. v. 17. 2. 09 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, Rdnr. 12). Erforderlich ist dazu eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Insoweit folgt das Gericht dem Sachverständigen Dr. Z ... Denn im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Verrichtung sind ein Knacken und Schmerzen aufgetreten, wie der Kläger durchgehend glaubhaft angegeben hat. Weiterhin hat sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit der für einen Bizepssehnenriss kennzeichnende Funktionsverlust gezeigt, der dem Chirurgen B bei der am gleichen Tag noch vor dem gewöhnlichen Schichtende des Klägers vorgenommenen Untersuchung die klinische Diagnose einer körpernahen Bizepsverletzung ermöglicht hat. Weiterhin spricht für den naturwissenschaftlichen Zusammenhang, dass die Risszeichen im Rahmen einer Gewichtsbelastung und Muskelanspannung aufgetreten sind, die die Bizepssehne jedenfalls beansprucht haben. Das Anheben des Kanisters als versicherte Verrichtung war aber nicht wesentliche Ursache des Risses der Bizepssehne. Der Senat lässt offen, ob auch in Fällen wie dem vorliegenden vor der Abwägung, welche Ursache wesentlich den zu prüfenden Schaden herbeigeführt hat, die naturwissenschaftliche Unfallkausalität einer ggf. konkurrierenden Ursache zu prüfen ist (vgl. BSG, Urt. v. 17. 2. 09 – B 2 U 18/07 R – a.a.O., Rdnr. 13) oder ob es dabei sein Bewenden hat, dass die versicherte naturwissenschaftliche Ursache auch bei fehlender Alternativursache – oder hier konkurrierender Ursache – nicht automatisch eine wesentliche Ursache ist (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 Rdnr. 2). Der Senat kann die Frage offen lassen, weil er auf Grund der gesamten Umstände voll davon überzeugt ist, dass weitere körperliche Umstände, zumindest im Sinne einer Schadensanlage, zum Eintritt des Sehnenrisses unverzichtbar beigetragen haben. Dies setzt nicht voraus, dass diese Umstände auf Grund erhobener Befunde näher bezeichnet werden können, was hier mangels konkreter Hinweise aus dem Beweisergebnis auch nicht möglich ist. Insbesondere lässt sich ein Einfluss degenerativer Veränderungen auf den Eintritt des Risses nicht wahrscheinlich machen. Zwar gehen solche Veränderungen aus dem Operationsbericht hervor, sind aber nach dem histologischen Befund auszuschließen. Der Senat schließt sich der Würdigung des Sachverständigen an, der hier dem histologischen Befund den Vorrang bei der Beurteilung einräumt. Denn die histologische Untersuchung ermöglicht eine zuverlässige Beurteilung der Rissstelle selbst, die im Hinblick auf erkannte Auffaserungen bei der Probenentnahme auch offensichtlich erfasst worden ist. Insoweit ist es als folgerichtig nachvollziehbar, wenn die Pathologen die Diagnose eines "Bizepssehnenstumpfes" ohne degenerative Veränderungen stellen. Nicht überzeugen kann der Einwand der beratenden Ärzte der Beklagten, eine zuverlässige Beurteilung erfordere die Entnahme mehrerer Proben. Denn wenn die Rissstelle frei von degenerativen Veränderungen ist, kann der Nachweis solcher Veränderungen an anderer Stelle den Riss nicht mehr erklären. Gleichwohl ist der Senat vom Mitwirken einer Schadensanlage überzeugt, weil die versicherte Einwirkung zur alleinigen Erklärung des Schadenseintritts ungeeignet ist. Auf der Ebene der naturwissenschaftlichen Ursächlichkeit ist dabei nur zu prüfen, ob sich nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand das Vorhandensein weiterer, nicht versicherter Ursachen beweiskräftig aufdrängt. Dies ist hier der Fall, weil die Anhebung eines 25 kg schweren Kanisters durch den Kläger ungeeignet ist, den Schadenseintritt allein zu erklären. Denn bei Gesundheit der Sehne würde diese eine vielfache Lastaufnahme aushalten, die die mögliche Kraftentfaltung der Muskulatur deutlich übersteigt. Diese Gesichtspunkte ergeben sich aus dem Gutachten des Sachverständigen, der als geeignete Einwirkung nur unphysiologische Belastungen der Sehne ansieht, wobei er eine besondere Bewegungsdynamik, ggf. auch durch abrupte Muskelanspannungen, für möglicherweise ausreichend hält. Nicht zu folgen ist seinen daraus gezogenen, der Art nach rechtlichen Schlussfolgerungen für den Einzelfall. Vielmehr ergeben sich aus der durchgehenden Schilderung des Klägers keinerlei Hinweise auf eine dieser Möglichkeiten. Der Kläger beschreibt durchgehend eine banale Anhebung, die der Sachverständige selbst "vordergründig" – das bedeutet ohne seine Überlegungen zur Bewegungsdynamik – als physiologisch einstuft. Nur auf die Beschreibung des Klägers zu dem Geschehensablauf kann der Senat sich hier aber stützen. Rechtlich ursächlich sind darüber hinaus nur Ereignisse, die sich wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens als wesentliche Ursache darstellen (BSG, Urt. v. 15.2.05 – B 2 U 1/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 12 Rdnr. 14). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Ist die ursächliche Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis oder die eigengesetzliche Entwicklung zu der selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.). Der Anhebung kommt die Bedeutung eines in diesem Sinne wesentlichen Ereignisses nicht zu. Dabei handelt es sich um eine Anstrengung, der sich der Kläger mit dem Beruf eines Schlossers nach aller Erfahrung im Laufe seines Lebens bereits in nicht zählbarer Häufigkeit ausgesetzt haben wird. Es handelt sich weiterhin um ein alltägliches Ereignis, dem sich ein Mann mit dem vom Kläger ausgeübten Beruf eines Schlossers bedenkenlos auch in seinem Privatleben immer wieder aussetzt. Weiterhin ist in Anbetracht des großen Unterschiedes zwischen der grundsätzlichen Lastaufnahmemöglichkeit der Bizepssehne von 330 kp und der tatsächlichen Lastaufnahme von höchstens 25 kp nahe liegend, dass zeitnah auch die Muskelanspannung zur Aufnahme eines noch geringeren Gewichtes oder im Rahmen einer anderen Anstrengung den Riss bewirkt hätte. Denn die Umstände belegen jedenfalls eine bereits eingetretene starke Verminderung der Widerstandskraft der Sehne. Danach fehlt dem Unfallereignis die Unersetzlichkeit und liegt ein zeitnaher Riss auch auf Grund alltäglicher Belastungen zu etwa der gleichen Zeit nahe. Insoweit folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen der Beratungsärzte der Beklagten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG liegen nicht vor.
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