S 25 KR 636/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 25 KR 636/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 168/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2006 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

3. Der Streitwert wird auf 3.754,68 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht von sogenannten Restaurantschecks.

Der Kläger ist Inhaber einer Steuerberaterkanzlei. In den Jahren 2002 bis 2004 gewährte er seinen Arbeitnehmern pro Monat bis zu 15 Restaurantschecks der Firma S. P. GmbH mit einem Einlösungswert von 5,00 EUR. In Höhe des Sachbezugswerts für eine Mahlzeit führte der Kläger pauschal die Lohnsteuer ab. Die Restaurantschecks konnten nur bei den Akzeptanzpartnern der Firma S. P. GmbH eingelöst werden. Diese hatte über die Einlösung solcher Schecks Verträge mit Restaurants, Gastronomiebetrieben innerhalb bestimmter Märkte, Einkaufszentren und sonstiger Verkaufshäuser sowie Lebensmittelketten abgeschlossen. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Bestimmungen zwischen dem Emittenten der Restaurantschecks und den Lieferanten sowie dem Kläger wird auf den "Vertrag zur Abrechnung von S. P. Dienstleistungsschecks Restaurant Scheck & Geschenk Scheck" (Blatt 38 bis 39 der Gerichtsakte) und den "Vertrag zum Erweb von S. P. Restaurant Schecks" vom 29. Januar 2003 (Blatt 40 der Gerichtsakte) verwiesen. Auf den Restaurantschecks ist folgender Hinweis vermerkt: "Nur zum Erwerb von Mahlzeiten (nur ein Scheck pro Arbeitstag). Nicht gültig für Alkohol, Tabakwaren, "Non Food" und ähnliches. Keine Einlösung/Rückgabe von Bargeld. Nicht übertragbar. Bei Missbrauch keine Bezahlung. Bei Verlust kein Ersatz. Jede Nachmachung wird gesetzlich verfolgt. Nur einlösbar bei angeschlossenen Akzeptanzstellen/Vertragspartnern."

Aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) vom 7. September 2005 über den Prüfzeitraum vom 1. Mai 2001 bis 31. Dezember 2004 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 4. November 2005 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.754,68 EUR auf die Restaurantschecks für die Jahre 2002 bis 2004 von dem Kläger nach. Die Voraussetzungen für die Zahlung eines steuer- und damit sozialversicherungsfreien Arbeitgeberzuschusses seien nicht erfüllt. Der Kläger könne nicht sicherstellen und nachweisen, dass die Arbeitnehmer die Restaurantschecks ausschließlich für arbeitstäglich eine Mahlzeit verwenden.

Hiergegen erhob der Kläger am 2. Dezember 2005 Widerspruch und machte geltend, alle Voraussetzungen nach R 31 Abs. 7 Nr. 4 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2002/2004 seien erfüllt. Nach der Vertragsvereinbarung der Firma S. GmbH dürften die Akzeptanzstellen ausschließlich Gutscheine für Mahlzeiten annehmen. Die Arbeitnehmer seien darauf hingewiesen worden, wie eine vertragskonforme Nutzung der Restaurantschecks zu erfolgen hat. Der Kläger sei seinen Informations- und Fürsorgepflichten nachgekommen. Bereits die Bezeichnung als "Restaurantscheck" lasse nicht erkennen, dass diese für anders geartete Einkäufe eingesetzt werden könnten. An den Nachweis der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen sei wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geringe Anforderungen zu stellen. Die bloße Unterstellung einer prinzipiell vertragswidrigen Abwicklung sei nicht gerechtfertigt, entsprechende Indizien lägen nicht vor.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2006 zurück. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Zahlung eines steuer- und beitragsfreien Arbeitgeberzuschusses zur arbeitstäglichen Verpflegung der Arbeitnehmer nicht erfüllt seien. In Höhe des Verrechnungswertes der Restaurantschecks liege ein geldwerter Vorteil vor, der beitragspflichtig zur Sozialversicherung sei. Der Kläger könne die bestimmungsgemäße Verwendung der Restaurantschecks im Sinne der Nr. 1. von R 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 2002/2004 nicht nachweisen. Eine Verwendungskontrolle sei weder im Abrechnungsverfahren durch die S. GmbH vorgesehen noch durch den Kläger als Arbeitgeber möglich. Ohne eine solche Kontrollmöglichkeit bleibe die für die Schecks ausgesprochene Verwendungsbestimmung letztlich wirkungslos. Faktisch könnten die Schecks beliebig eingelöst werden, ohne dass der Kläger davon erfahre. Die Regelungen in R 31 Abs. 7 LStR seien für die Aufwendungen der von dem Kläger eingesetzten Restaurantschecks der S. P. GmbH nicht anwendbar, da es sich um Einkaufsgutscheine über einen bestimmten Geldbetrag zur Einlösung bei fremden Dritten handele; sie könnten bei einer Vielzahl von Annahmestellen mit breitem Warenangebot eingesetzt werden, die mit Gaststätten nicht mehr vergleichbar seien. Der mögliche Kauf von "Non Food" - Produkten sei gerade typisch für derartige Supermärkte. Die Einlösung für andere Produkte als für die übliche arbeitstägliche Verpflegung sei nicht wirksam ausgeschlossen. Die Ausgabe mit derart umfangreichen Einsatzmöglichkeiten stehe nicht mehr im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung in R 31 Abs. 7 LStR (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 28. September 2000 – 11 K 380/98 und Urteil vom 11. Januar 2001 – 11 K 513/97).

Am 18. September 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Er hat unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im Vorverfahren die Auffassung vertreten, dass die Restaurantschecks nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterliegen. Eine lediglich abstrakte Missbrauchsgefahr könne die Versagung der Anwendung der Regelung der R 31 Abs. 7 Nr. 4 d LStR 2002/2004 nicht begründen. Der Kläger und die Firma S. P. GmbH hätten in dem praktizierten System den höchstmöglichen Standard an Schutz vor Missbrauchsmöglichkeiten installiert, der in einem System mit der Abgabe von Gutscheinen bei nicht eigenhändiger Essensversorgung durch den Arbeitgeber möglich sei. Als Akzeptanzpartner seien ausschließlich solche Unternehmen gewählt, die auch einen gastronomischen Bereich unterhalten. Reine Lebensmittelgeschäfte ohne "Non Food" - Artikel seien praktisch überhaupt nicht mehr existent. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und der gesetzlichen Regelung der R 31 Abs. 7 Nr. 4 d LStR 2002/2004 sei sowohl bei der Geeignetheit der von den Arbeitnehmern erworbenen Lebensmitteln ein großzügiger Maßstab anzulegen (BFH, Urteil vom 7. November 1975 – VI R 174/73BFHE 117, 72) als auch an den Nachweis der bestimmungsgemäßen Verwendung der Schecks keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Würde das von dem Kläger praktizierte Restaurantscheck - System generell aus dem Anwendungsbereich der LStR R 31 ausgenommen, so wäre dies das Ende jedweder Subventionierung von Mahlzeiten durch Arbeitgeber in Kleinbetrieben. Dies könne vom Gesetzgeber auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht gewollt sein und stehe nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Bescheid aus den Gründen des Widerspruchsbescheids für zutreffend. Ausschlaggebend sei die fehlende Kontrolle über die Einhaltung der Regeln bzw. ob die Einsetzung der Gutscheine tatsächlich für den erlaubten Zweck verwendet wurden. Die Voraussetzungen der R 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 2002/2004 seien nicht erfüllt, weil die Möglichkeit zum Erwerb anderer Produkte als von Mahlzeiten bestehe und eine Kontrolle auch seitens der Akzeptanzpartner nicht vorgenommen werden. Die Beklagte unterstelle keinen Missbrauch der Arbeitnehmer. Es gehe ausschließlich darum, dass die Verwendung der Schecks für Mahlzeiten nicht von dem Kläger überwacht worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch sachlich begründet.

Der Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht Gesamtsozialversicherungsbeiträge in der streitigen Höhe auf die Restaurantschecks gefordert. Die Restaurantschecks, die der Kläger seinen Arbeitnehmern gewährte, unterliegen nicht als Arbeitsentgelt der Sozialversicherungspflicht.

Nach § 14 Abs. 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. In Ausführung dieser Ermächtigung bestimmt § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung – Arbeitsentgeltverordnung - (ArEV) in der bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV sind, Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG, Beiträge und Zuwendungen nach § 40b des EStG, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit Satz 2 nichts Abweichendes bestimmt, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben kann und er die Lohnsteuer nicht nach den Vorschriften der §§ 39b, 39c oder 39d des EStG erhebt. Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG in der bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 vom Hundert erheben, soweit er arbeitstäglich Mahlzeiten im Betrieb an die Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt abgibt oder Barzuschüsse an ein anderes Unternehmen leistet, das arbeitstäglich Mahlzeiten an die Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt abgibt. Voraussetzung ist, dass die Mahlzeiten nicht als Lohnbestandteile vereinbart sind.

Für die Bewertung von Mahlzeiten, die arbeitstäglich an die Arbeitnehmer abgegeben werden, gilt gemäß Abschnitt (R) 31 Abs. 7 EStR 2002/2004 Folgendes: 1. Mahlzeiten, die durch eine vom Arbeitgeber selbst betriebene Kantine, Gaststätte oder vergleichbare Einrichtung abgegeben werden, sind mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert nach der Sachbezugsverordnung zu bewerten. Abweichendes gilt nach § 8 Abs. 3 EStG nur dann, wenn die Mahlzeiten überwiegend nicht für die Arbeitnehmer zubereitet werden. 2. Mahlzeiten, die die Arbeitnehmer in einer nicht vom Arbeitgeber selbst betriebenen Kantine, Gaststätte oder vergleichbaren Einrichtung erhalten, sind vorbehaltlich der Nummer 4 ebenfalls mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert zu bewerten, wenn der Arbeitgeber aufgrund vertraglicher Vereinbarung durch Barzuschüsse oder andere Leistungen an die die Mahlzeiten vertreibende Einrichtung, z. B. durch verbilligte Überlassung von Räumen, Energie oder Einrichtungsgegenständen, zur Verbilligung der Mahlzeiten beiträgt. Es ist nicht erforderlich, dass die Mahlzeiten im Rahmen eines Reihengeschäfts zunächst an den Arbeitgeber und danach von diesem an die Arbeitnehmer abgegeben werden. 3. In den Fällen der Nummern 1 und 2 ist ein geldwerter Vorteil als Arbeitslohn zu erfassen, wenn und soweit der vom Arbeitnehmer für eine Mahlzeit gezahlte Preis (einschließlich Umsatzsteuer) den maßgebenden amtlichen Sachbezugswert unterschreitet. 4. Bestehen die Leistungen des Arbeitgebers im Falle der Nummer 2 aus Barzuschüssen in Form von Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks), die vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer verteilt und von einer Gaststätte oder vergleichbaren Einrichtung (Annahmestelle) bei der Abgabe einer Mahlzeit in Zahlung genommen werden, so gilt Folgendes: a) Es ist nicht die Essenmarke mit ihrem Verrechnungswert, sondern vorbehaltlich des Buchstaben b) die Mahlzeit mit dem maßgebenden Sachbezugswert zu bewerten, wenn aa) tatsächlich eine Mahlzeit abgegeben wird. Lebensmittel sind nur dann als Mahlzeit anzuerkennen, wenn sie zum unmittelbaren Verzehr geeignet oder zum Verbrauch während der Essenpausen bestimmt sind, bb) für jede Mahlzeit lediglich eine Essenmarke täglich in Zahlung genommen wird, cc) der Verrechnungswert der Essenmarke den amtlichen Sachbezugswert einer Mittagsmahlzeit um nicht mehr als 3,10 EUR übersteigt und dd) die Essenmarke nicht an Arbeitnehmer ausgegeben wird, die eine Dienstreise ausführen oder eine Einsatzwechseltätigkeit oder Fahrtätigkeit ausüben. Dies gilt auch dann, wenn zwischen dem Arbeitgeber und der Annahmestelle keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen bestehen, weil ein Unternehmen eingeschaltet ist, das die Essenmarken ausgibt. Zur Erfüllung der Voraussetzungen nach Doppelbuchstabe bb) hat der Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer die Tage der Abwesenheit z. B. infolge von Dienstreisen, Urlaub oder Erkrankung festzustellen und die für diese Tage ausgegebenen Essenmarken zurückzufordern oder die Zahl der im Folgemonat auszugebenden Essenmarken um die Zahl der Abwesenheitstage zu vermindern. Die Pflicht zur Feststellung der Abwesenheitstage und zur Anpassung der Zahl der Essenmarken im Folgemonat entfällt für Arbeitnehmer, die im Kalenderjahr durchschnittlich an nicht mehr als drei Arbeitstagen je Kalendermonat Dienstreisen ausführen, wenn keiner dieser Arbeitnehmer im Kalendermonat mehr als 15 Essenmarken erhält. b) Bestehen die Leistungen des Arbeitgebers ausschließlich in der Hingabe von Essenmarken, so ist auch unter den Voraussetzungen des Buchstaben a) der Verrechnungswert der Essenmarke als Arbeitslohn anzusetzen, wenn dieser Wert den geldwerten Vorteil nach Nummer 3 unterschreitet. c) Wird der Arbeitsvertrag dahin gehend geändert, dass der Arbeitnehmer anstelle von Barlohn Essenmarken erhält, so vermindert sich dadurch der Barlohn in entsprechender Höhe. Die Essenmarken sind mit dem Wert anzusetzen, der sich nach den Buchstaben a) oder b) ergibt. Ohne Änderung des Arbeitsvertrags führt der Austausch von Barlohn durch Essenmarken nicht zu einer Herabsetzung des steuerpflichtigen Barlohns. In diesem Fall ist der Betrag, um den sich der ausgezahlte Barlohn verringert, als Entgelt für die Mahlzeit oder Essenmarke anzusehen und von dem nach Nummer 4 Buchstabe a) oder b) maßgebenden Wert abzusetzen. d) Die von Annahmestellen eingelösten Essenmarken brauchen nicht an den Arbeitgeber zurückgegeben und von ihm nicht aufbewahrt zu werden, wenn der Arbeitgeber eine Abrechnung erhält, aus der sich ergibt, wie viele Essenmarken mit welchem Verrechnungswert eingelöst worden sind, und diese aufbewahrt. Dasselbe gilt, wenn ein Essenmarkenemittent eingeschaltet ist, und der Arbeitgeber von diesem eine entsprechende Abrechnung erhält und aufbewahrt.

Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte nicht berechtigt, Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus dem Verrechnungswert der Restaurantschecks für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 von dem Kläger zu fordern.

Die von dem Kläger seinen Arbeitnehmern gewährten Restaurantschecks unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht, weil entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Voraussetzung der R 31 Abs. 7 Nr. 4 lit aa) LStR 2002/2004 erfüllt ist. Eine lediglich theoretische Möglichkeit, dass die Arbeitnehmer die Restaurantschecks für den Erwerb anderer Produkte als von Mahlzeiten eingesetzt haben, begründet nicht den Ausschluss von der Sozialversicherungsfreiheit. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass eine missbräuchliche Verwendung der Restaurantschecks durch die Arbeitnehmer des Klägers weder unterstellt wird noch gar nachgewiesen ist. In den von der Fa. S. P. GmbH geschlossenen Kunden- und Akzeptanzverträgen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den Instruktionen für Verwender, Kunden und Akzeptanzpartner sowie in dem eindeutigen Hinweis auf der Rückseite eines jeden Restaurantschecks wird ausdrücklich auf die definierte Zweckbindung der Schecks hingewiesen. So verpflichtet sich der Akzeptanzpartner in Ziffer 5. des "Vertrags zur Abrechnung von S. P. Dienstleistungsschecks" unter anderem, die Restaurantschecks nur für Mahlzeiten oder für zum direkten Verbrauch bestimmte Lebensmittel zu akzeptieren, die üblicherweise der Ernährung dienen (nicht für Zigaretten, Alkohol etc.), pro Arbeitstag nur einen Restaurantscheck für eine Mahlzeit entgegen zu nehmen, auf die Zahlung kein Wechselgeld herauszugeben sowie die Sicherheitskriterien der Schecks zu beachten. Ziffer 7. Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der S. P. GmbH für Verträge mit Akzeptanzpartnern regelt, dass der Akzeptanzpartner Restaurantschecks nur als Zahlungsmittel für den Kauf von Nahrungsmitteln (Essen, für den direkten Verbrauch bestimmte Lebensmittel und ortsübliche Getränke eingeschlossen) annehmen und nicht gegen Bargeld oder andere Produkte ("Non-Food"-Artikel, insbesondere Zigaretten oder Alkohol) tauschen darf. Jeder Restaurantscheck enthält auf seiner Rückseite folgenden Hinweis: "Nur zum Erwerb von Mahlzeiten (nur ein Scheck pro Arbeitstag). Nicht gültig für Alkohol, Tabakwaren, "Non Food" und ähnliches. Keine Einlösung/Rückgabe von Bargeld. Nicht übertragbar. Bei Missbrauch keine Bezahlung. Bei Verlust kein Ersatz. Jede Nachahmung wird gesetzlich verfolgt. Nur einlösbar bei angeschlossenen Akzeptanzstellen/Vertragspartnern". Die Oberfinanzdirektion B-Stadt hat in ihrer steuerlichen Beurteilung von Restaurantschecks der Fa. S. P. GmbH vom 9. Oktober 2008 gegenüber der Beklagten bereits zu Recht die Auffassung vertreten, dass damit die Voraussetzungen der R 31 Abs. 7 LStR 2005 erfüllt sind und keine Bedenken bestehen, die Restaurantschecks mit den Beträgen der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV) zu bewerten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH – Urteil vom 7. November 1975 VI R 174/73BFHE 117, 172 -) und der Regelung der R 31 Abs. 7 Nr. 4d LStR 2002/2004 ist sowohl bei der Geeignetheit der von den Arbeitnehmern erworbenen Lebensmitteln ein großzügiger Maßstab anzulegen als auch an den Nachweis der bestimmungsgemäßen Verwendung der Schecks keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Der Kläger und die Fa. S. P. GmbH haben in dem hier praktizierten System der Restaurantschecks den höchstmöglichen Standard an Schutz vor Missbrauchsmöglichkeiten installiert, der in einem System mit der Abgabe von Gutscheinen bei einer Essensversorgung außerhalb einer Kantine des Arbeitgebers möglich ist. Der Kläger genügt damit seinen ihm unmittelbar möglichen Überwachungs- und Kontrollpflichten, indem er seine Mitarbeiter auf die Einhaltung der Zweckbestimmung der Restaurantschecks hinweist. Soweit die Beklagte von dem Kläger pauschal eine darüber hinaus gehende Überwachung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Restaurantschecks fordert, ohne deren Umsetzung zu konkretisieren, verlangt sie eine unmögliche Leistung. Die Vorlage der Kassenbons durch die Arbeitnehmer an den Kläger als Maßnahme zur Kontrolle der vertragsgemäßen Verwendung der Restaurantscheck, wie von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgebracht, ist unverhältnismäßig, unpraktikabel und verletzt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten. Eine rein abstrakte Missbrauchsgefahr oder eine zweckwidrige Verwendung im Einzelfall rechtfertigt des Weiteren noch nicht den generellen Ausschluss des hier praktizierten Systems der Restaurantschecks von der Anwendung der R 31 Abs. 7 LStR 2002/2004. Zutreffend hat bereits der BFH darauf hingewiesen, dass bei der "rechtlichen Beurteilung unterschieden werden muss zwischen der Frage, ob die im Einzelfall bestehende Regelung (z.B. Anweisungen an die betriebseigene Kantine oder Vereinbarungen mit Vertragsgaststätten oder Vertragshändlern) insgesamt den Voraussetzungen des Abschnitt 15 LStR entspricht, und der weiteren Frage, wie bei einer wirksamen Gesamtregelung einzelne festgestellte Missbräuche zu beurteilen sind. Denn es würde dem Vereinfachungszweck der Richtlinienregelung widersprechen, jeden einzelnen Verstoß gegen deren Sinn und Zweck zum Anlass zu nehmen, die vom Arbeitgeber getroffene Regelung insgesamt zu verwerfen" (Urteil vom 7. November 1975 – VI R 174/73BFHE 117, 172 -). Die gegenteilige Ansicht der Beklagten mit der Folge der generellen und vollständigen Sozialversicherungspflicht des hier praktizierten Restaurantscheck – Systems würde im Ergebnis zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Kleinbetrieben ohne eigene Kantine bei der Subventionierung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber führen, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann. Im Übrigen ist jede Subventionierung von Leistungen der Gefahr des Missbrauchs ausgesetzt. Auch bei einer Beschränkung eines Restaurantscheck – Systems auf reine Speisegaststätten besteht die theoretische Möglichkeit der zweckwidrigen Verwendung der Gutscheine für Alkohol oder Zigaretten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) und §§ 161 Abs. 1 und 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Gegenstandswert ist gemäß § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für den Kläger zu bestimmen. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend. Da es vorliegend um die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2006 ging, ist es angemessen, von der Beitragsforderung in Höhe von 3.754,68 Euro auszugehen.
Rechtskraft
Aus
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