Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3243/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5942/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2007 und eine damit verbundene Rückforderung überzahlter Leistungen sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.190 EUR für den Zeitraum 1. Januar bis 30. April 2007.
Der 1959 geborene Kläger bezieht seit 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten. Für die Zeit von Januar bis September 2007 wurden ihm mit Bescheid vom 15. Dezember 2006 Leistungen in Höhe von 420 EUR bewilligt. Der Kläger ist ein nichteheliches Kind des am 29. Mai 2005 verstorbenen O. L. H., dessen Ehefrau G. H. Alleinerbin wurde. In einem im Dezember 2006 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich G. H., an den Kläger zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche insbesondere anlässlich des Ablebens von O. H. einen Gesamtbetrag von 6.910,45 EUR zu zahlen. Dieser Betrag ging am 28. Dezember 2006 auf dem Konto der Bevollmächtigten des Klägers ein und wurde seinem Konto am 15. Januar 2007 - unter Abzug der Anwaltsvergütung - in Höhe von 5.669,25 EUR gutgeschrieben.
Am 26. April 2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er aus dem Nachlass seines Vaters am 15. Januar 2007 einen Betrag in Höhe von 5.669,25 EUR erhalten habe. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26. April 2007 hob die Beklagte sodann den Bewilligungsbescheid ab 1. Januar 2007 auf und forderte die für den Zeitraum Januar bis April 2007 überzahlten Leistungen von 420 EUR und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von 127,50 EUR monatlich zurück, insgesamt 2.190 EUR. Die am 15. Januar 2007 zugeflossenen Barmittel aus der Erbschaft seien Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II. Als einmalige Einnahme sei der Betrag von 5.669,25 EUR auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag auf den Bedarf anzurechnen. Als angemessener Zeitraum seien sechs Monate anzusehen. Da der Kläger nicht hilfebedürftig sei, habe er keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. In der Folgezeit hat der Beklagte ab 1. Juli 2007 erneut Leistungen bewilligt (Bescheid vom 19. Juni 2007).
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass der Beklagte von seinem nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht habe. Es liege ein atypischer Fall vor. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass es sich nicht um Einkommen handele und habe die Erbschaft daher bereits gutgläubig verbraucht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Erbschaft handele es sich um Einkommen. Der Bewilligungsbescheid sei nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.v.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) aufzuheben gewesen.
Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2008 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Grundlage der Aufhebungsentscheidung seien §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Mit der am 15. Januar 2007 ausgezahlten Erbschaft habe der Kläger Einkommen erzielt, das zum Wegfall der Bedürftigkeit und zugleich des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II geführt habe. Zum Einkommen zähle alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhalte, Vermögen sei, was er bei Beginn des Zahlungszeitraums bereits gehabt habe. Auch ererbte Barmittel seien daher grundsätzlich als einmalige Einnahmen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II einzustufen. Ohne Bedeutung sei, ob die Erbschaft steuerrechtlich als Einkommen anzusehen sei, da dem SGB II ein spezifischer Einkommensbegriff zugrunde liege. Gemäß § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) sei die Erbschaft als einmalige Einnahme von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zugeflossen sei. Nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V seien einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall etwas anderes angezeigt sei, auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen und monatlich mit einem entsprechenden Betrag anzurechnen. Diese Regelung sei nach § 2b Alg II-V auf sonstiges Einkommen entsprechend anzuwenden. Die vorgenommene Aufteilung über einen Zeitraum von sechs Monaten erscheine angemessen. Damit übersteige das monatliche Einkommen den zu berücksichtigenden Hilfebedarf in Höhe von 420 EUR, so dass im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2007 kein Leistungsanspruch des Klägers bestanden habe. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III modifiziere die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X; die Behörde sei verpflichtet, die Bewilligung ohne Ausüben von Ermessen aufzuheben. Die Rückforderung der in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen bemesse sich nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X. Die Ersatzforderung wegen der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beurteile sich nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1, 5 SGB III.
Hiergegen richtet sich die am 11. Dezember 2008 eingelegte Berufung des Klägers. Der Anspruch des Klägers gegen die Erbin sei bereits mit dem Eingang der Zahlung auf das Konto der Bevollmächtigten und damit noch im Dezember 2006 erfüllt worden. Damit treffe die Annahme nicht zu, dem Kläger sei Einkommen während des Leistungsbezugs zugeflossen, nämlich nach dem 1. Januar 2007. Im Übrigen würde eine Berücksichtigung der Auszahlung des Pflichtteilsanspruchs als Einkommen auch zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung führen. Vorliegend wäre zu berücksichtigen, dass der Kläger - wäre er nicht als nichteheliches Kind übergangen worden - bereits mit dem Tode des Erblassers Erbe geworden und damit die Zahlung als Vermögen zu behandeln wäre. Bei dem Pflichtteilsanspruch handele es sich um die durch die Erbrechtsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG)) gewährleistete unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder am Nachlass. Der Pflichtteilsanspruch werde mit dem Erbfall fällig. Es wäre mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar, den Zufluss an einen Erben als Vermögen zu bewerten, weil es nach § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Todeszeitpunkt des Erblassers ankomme und für den Pflichtteilsanspruch auf den tatsächlichen Zugang der Zahlung an den Berechtigten abzustellen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. November 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Auffassung, dass die ererbten Barmittel bereits im Dezember 2006 mit dem Eingang der Zahlung auf das Konto der Bevollmächtigten zugeflossen seien und die Erbschaft im Übrigen als Vermögen zu bewerten sei, könne nicht gefolgt werden. Die ererbten Barmittel seien dem Kläger nachweislich am 15. Januar 2007 zugeflossen, denn er habe erst ab diesem Zeitpunkt hierüber verfügen können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt. Die Berufung ist indes nicht begründet, denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2008 sowie der Gerichtsbescheid vom 24. November 2008 sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte war wegen des vom Kläger erzielten Einkommens in Form des Pflichtteils berechtigt, die Leistungsbewilligungen für die Monate Januar bis Juni 2007 ganz aufzuheben und die überzahlten Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum Januar bis April 2007 in Höhe von insgesamt 2.190 EUR vom Kläger zurück zu fordern.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2007 ist mit Blick auf den ursprünglich rechtmäßigen Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2006 die Bestimmung des § 48 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 3 SGB III. Die Vorschrift des § 48 SGB X ist anzuwenden, wenn die Regelung in einem Dauerverwaltungsakt durch eine nachträgliche Entwicklung rechtswidrig wird, während auf § 45 SGB X in Abgrenzung hierzu zurückzugreifen ist, wenn der begünstigende Bescheid bereits zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe rechtswidrig war (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 32; BSG, Urteil vom 14. März 1996 -7 RAr 84/94- (juris)). Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Bewilligung von Arbeitslosengeld II - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dabei ist die Aufhebung der Bewilligung unter den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen über §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 S. 1 SGB III zwingend vorgeschrieben, so dass weder Raum für eine gesonderte Vertrauensschutzprüfung noch eine Ermessensentscheidung verbleibt. Es kann daher auch keine Berücksichtigung finden, dass der Kläger das zu viel Erlangte inzwischen verbraucht hat und somit nicht mehr bereichert ist.
Der Kläger hat hier Einkommen erzielt, welches zum Wegfall des Leistungsanspruchs im Zeitraum Januar bis Juni 2007 geführt hat.
Der Kläger ist dem Grunde nach als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II anspruchsberechtigt für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist jedoch im hier streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II, weil er seinen Lebensunterhalt ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern konnte, insbesondere aus dem zu berücksichtigenden Einkommen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und anderer im einzelnen genannter - hier nicht einschlägiger - Leistungen. Zum Einkommen zählt auch der auf den Pflichtteilsanspruch erlangte Barbetrag. Der Senat vermag sich insoweit nicht der Argumentation des Klägers anzuschließen, es handele sich um - da unterhalb des Vermögensfreibetrags nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegend - geschütztes Vermögen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie; vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15 zu Steuererstattung). Abzustellen ist somit darauf, ob der Zufluss vor oder nach der im Grundsatz für die Abgrenzung von Einkommen oder Vermögen maßgeblichen (ersten) Antragstellung eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 62/08 R - (juris)). Denn wenn eine als Einkommen zu berücksichtigende einmalige Einnahme zugeflossen ist, ändert allein eine erneute Antragstellung "den Aggregatzustand der Einnahme nicht. Sie mutiert nicht gleichsam durch eine neue Antragstellung zum Vermögen" (so BSG, Urteil vom 30. September 2008, a.a.O.), also auch nicht durch den bloßen Beginn eines neuen Bewilligungsabschnitts.
Im konkreten Fall ist der Kläger nicht Erbe geworden, zum Zeitpunkt des Erbfalls am 29. Mai 2005 ist ihm daher nichts zugeflossen. Als gesetzlicher Erbe erster Ordnung (§ 1924 Abs. 1 BGB), der durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen war, konnte er von der Alleinerbin nach § 2303 Abs. 1 BGB den Pflichtteil verlangen. Dieser Anspruch entsteht mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1 BGB). Da es nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf das Schicksal der Forderung ankommt, ist allein entscheidend, wann der Kläger den Pflichtteil tatsächlich erlangt hat. Insoweit kann allerdings dahin stehen, ob hier auf die Zahlung an die Bevollmächtigte des Klägers als Treuhänderin im Dezember 2006 oder auf den Zahlungseingang auf dem Konto des Klägers im Januar 2007 abzustellen ist, denn ein Zufluss zu beiden Zeitpunkten rechtfertigt die Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum Januar bis Juni 2007.
Wie bereits oben ausgeführt, kommt es bei laufendem, durchgehenden Leistungsbezug auf die erstmalige Antragstellung an für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen. Auch wenn auf einen Zufluss im Dezember 2006 abgestellt wird, ändert sich daher an der Zuordnung als Einkommen nichts. Nach §§ 2b, 2 Abs. 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Folglich lässt auch ein Zufluss im Dezember 2006 die Aufhebung der Leistungsbewilligung ab Januar 2007 zu.
Angesichts des monatlichen Bedarfs des Klägers in Höhe von 420 EUR ist auch die erfolgte Aufteilung der einmaligen Einnahme von 5.669,25 EUR auf einen Zeitraum von sechs Monaten und eine damit verbundene vollständige Aufhebung der Leistungsbewilligung für Januar bis Juni 2007 nicht zu beanstanden. Angesichts der Höhe des den Bedarf überschießenden Betrags von 524,88 EUR monatlich verbleiben ausreichende Mittel, um die Zahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu ermöglichen. Auf die Frage, ob auch ein längerer Verteilzeitraum zulässig gewesen wäre, kommt es vorliegend ebenso wenig an wie darauf, ob die vom Pflichtteil abgezogene Anwaltsvergütung nicht ebenfalls als Einkommen anzusehen wäre.
Die vom Kläger angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken gebieten keine andere Beurteilung. Für den Senat erschließt sich im vorliegenden Fall schon keine Ungleichbehandlung zwischen den Konstellationen einer Erbenstellung und eines Pflichtteilsanspruchs. Denn auch wenn der Kläger Erbe geworden und insoweit auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen wäre (in diesem Sinne wohl BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 62/08 R - (juris)), wäre der Leistungsanspruch wegen Erzielung von Einkommen - dann allerdings rückwirkend für Zeiträume im Jahr 2005 bei Zufluss im Mai 2005 - weggefallen, da der Kläger auch damals schon im Leistungsbezug stand. Auch das Pflichtteilsrecht, das den unter dem Schutz der Erbrechtsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) stehenden Grundsatz der Testierfreiheit einschränkt und den nächsten Angehörigen des Erblassers einen Mindestanteil an seinem Vermögen sichert, gebietet im Hinblick auf den Nachranggrundsatz staatlicher Fürsorgeleistungen nicht, Pflichtteilsansprüche im Rahmen des § 11 Abs. 1 SGB II unberücksichtigt zu lassen.
Auch die Fristen des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten.
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Kläger die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit die Bewilligung zu Recht aufgehoben worden ist. Der Erstattungsbetrag für die von Januar bis April 2007 erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beläuft sich damit auf 1.680 EUR. Die nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstattenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung belaufen sich für diesen Zeitraum auf insgesamt 510 EUR. Der Beklagte hat somit den insgesamt zu erstattenden Betrag mit 2.190 EUR zutreffend berechnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2007 und eine damit verbundene Rückforderung überzahlter Leistungen sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.190 EUR für den Zeitraum 1. Januar bis 30. April 2007.
Der 1959 geborene Kläger bezieht seit 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten. Für die Zeit von Januar bis September 2007 wurden ihm mit Bescheid vom 15. Dezember 2006 Leistungen in Höhe von 420 EUR bewilligt. Der Kläger ist ein nichteheliches Kind des am 29. Mai 2005 verstorbenen O. L. H., dessen Ehefrau G. H. Alleinerbin wurde. In einem im Dezember 2006 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich G. H., an den Kläger zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche insbesondere anlässlich des Ablebens von O. H. einen Gesamtbetrag von 6.910,45 EUR zu zahlen. Dieser Betrag ging am 28. Dezember 2006 auf dem Konto der Bevollmächtigten des Klägers ein und wurde seinem Konto am 15. Januar 2007 - unter Abzug der Anwaltsvergütung - in Höhe von 5.669,25 EUR gutgeschrieben.
Am 26. April 2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er aus dem Nachlass seines Vaters am 15. Januar 2007 einen Betrag in Höhe von 5.669,25 EUR erhalten habe. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26. April 2007 hob die Beklagte sodann den Bewilligungsbescheid ab 1. Januar 2007 auf und forderte die für den Zeitraum Januar bis April 2007 überzahlten Leistungen von 420 EUR und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von 127,50 EUR monatlich zurück, insgesamt 2.190 EUR. Die am 15. Januar 2007 zugeflossenen Barmittel aus der Erbschaft seien Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II. Als einmalige Einnahme sei der Betrag von 5.669,25 EUR auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag auf den Bedarf anzurechnen. Als angemessener Zeitraum seien sechs Monate anzusehen. Da der Kläger nicht hilfebedürftig sei, habe er keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. In der Folgezeit hat der Beklagte ab 1. Juli 2007 erneut Leistungen bewilligt (Bescheid vom 19. Juni 2007).
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass der Beklagte von seinem nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht habe. Es liege ein atypischer Fall vor. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass es sich nicht um Einkommen handele und habe die Erbschaft daher bereits gutgläubig verbraucht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Erbschaft handele es sich um Einkommen. Der Bewilligungsbescheid sei nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.v.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) aufzuheben gewesen.
Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2008 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Grundlage der Aufhebungsentscheidung seien §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Mit der am 15. Januar 2007 ausgezahlten Erbschaft habe der Kläger Einkommen erzielt, das zum Wegfall der Bedürftigkeit und zugleich des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II geführt habe. Zum Einkommen zähle alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhalte, Vermögen sei, was er bei Beginn des Zahlungszeitraums bereits gehabt habe. Auch ererbte Barmittel seien daher grundsätzlich als einmalige Einnahmen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II einzustufen. Ohne Bedeutung sei, ob die Erbschaft steuerrechtlich als Einkommen anzusehen sei, da dem SGB II ein spezifischer Einkommensbegriff zugrunde liege. Gemäß § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) sei die Erbschaft als einmalige Einnahme von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zugeflossen sei. Nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V seien einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall etwas anderes angezeigt sei, auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen und monatlich mit einem entsprechenden Betrag anzurechnen. Diese Regelung sei nach § 2b Alg II-V auf sonstiges Einkommen entsprechend anzuwenden. Die vorgenommene Aufteilung über einen Zeitraum von sechs Monaten erscheine angemessen. Damit übersteige das monatliche Einkommen den zu berücksichtigenden Hilfebedarf in Höhe von 420 EUR, so dass im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2007 kein Leistungsanspruch des Klägers bestanden habe. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III modifiziere die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X; die Behörde sei verpflichtet, die Bewilligung ohne Ausüben von Ermessen aufzuheben. Die Rückforderung der in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen bemesse sich nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X. Die Ersatzforderung wegen der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beurteile sich nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1, 5 SGB III.
Hiergegen richtet sich die am 11. Dezember 2008 eingelegte Berufung des Klägers. Der Anspruch des Klägers gegen die Erbin sei bereits mit dem Eingang der Zahlung auf das Konto der Bevollmächtigten und damit noch im Dezember 2006 erfüllt worden. Damit treffe die Annahme nicht zu, dem Kläger sei Einkommen während des Leistungsbezugs zugeflossen, nämlich nach dem 1. Januar 2007. Im Übrigen würde eine Berücksichtigung der Auszahlung des Pflichtteilsanspruchs als Einkommen auch zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung führen. Vorliegend wäre zu berücksichtigen, dass der Kläger - wäre er nicht als nichteheliches Kind übergangen worden - bereits mit dem Tode des Erblassers Erbe geworden und damit die Zahlung als Vermögen zu behandeln wäre. Bei dem Pflichtteilsanspruch handele es sich um die durch die Erbrechtsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG)) gewährleistete unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder am Nachlass. Der Pflichtteilsanspruch werde mit dem Erbfall fällig. Es wäre mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar, den Zufluss an einen Erben als Vermögen zu bewerten, weil es nach § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Todeszeitpunkt des Erblassers ankomme und für den Pflichtteilsanspruch auf den tatsächlichen Zugang der Zahlung an den Berechtigten abzustellen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. November 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Auffassung, dass die ererbten Barmittel bereits im Dezember 2006 mit dem Eingang der Zahlung auf das Konto der Bevollmächtigten zugeflossen seien und die Erbschaft im Übrigen als Vermögen zu bewerten sei, könne nicht gefolgt werden. Die ererbten Barmittel seien dem Kläger nachweislich am 15. Januar 2007 zugeflossen, denn er habe erst ab diesem Zeitpunkt hierüber verfügen können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt. Die Berufung ist indes nicht begründet, denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2008 sowie der Gerichtsbescheid vom 24. November 2008 sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte war wegen des vom Kläger erzielten Einkommens in Form des Pflichtteils berechtigt, die Leistungsbewilligungen für die Monate Januar bis Juni 2007 ganz aufzuheben und die überzahlten Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum Januar bis April 2007 in Höhe von insgesamt 2.190 EUR vom Kläger zurück zu fordern.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2007 ist mit Blick auf den ursprünglich rechtmäßigen Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2006 die Bestimmung des § 48 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 3 SGB III. Die Vorschrift des § 48 SGB X ist anzuwenden, wenn die Regelung in einem Dauerverwaltungsakt durch eine nachträgliche Entwicklung rechtswidrig wird, während auf § 45 SGB X in Abgrenzung hierzu zurückzugreifen ist, wenn der begünstigende Bescheid bereits zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe rechtswidrig war (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 32; BSG, Urteil vom 14. März 1996 -7 RAr 84/94- (juris)). Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Bewilligung von Arbeitslosengeld II - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dabei ist die Aufhebung der Bewilligung unter den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen über §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 S. 1 SGB III zwingend vorgeschrieben, so dass weder Raum für eine gesonderte Vertrauensschutzprüfung noch eine Ermessensentscheidung verbleibt. Es kann daher auch keine Berücksichtigung finden, dass der Kläger das zu viel Erlangte inzwischen verbraucht hat und somit nicht mehr bereichert ist.
Der Kläger hat hier Einkommen erzielt, welches zum Wegfall des Leistungsanspruchs im Zeitraum Januar bis Juni 2007 geführt hat.
Der Kläger ist dem Grunde nach als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II anspruchsberechtigt für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist jedoch im hier streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II, weil er seinen Lebensunterhalt ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern konnte, insbesondere aus dem zu berücksichtigenden Einkommen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und anderer im einzelnen genannter - hier nicht einschlägiger - Leistungen. Zum Einkommen zählt auch der auf den Pflichtteilsanspruch erlangte Barbetrag. Der Senat vermag sich insoweit nicht der Argumentation des Klägers anzuschließen, es handele sich um - da unterhalb des Vermögensfreibetrags nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegend - geschütztes Vermögen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie; vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15 zu Steuererstattung). Abzustellen ist somit darauf, ob der Zufluss vor oder nach der im Grundsatz für die Abgrenzung von Einkommen oder Vermögen maßgeblichen (ersten) Antragstellung eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 62/08 R - (juris)). Denn wenn eine als Einkommen zu berücksichtigende einmalige Einnahme zugeflossen ist, ändert allein eine erneute Antragstellung "den Aggregatzustand der Einnahme nicht. Sie mutiert nicht gleichsam durch eine neue Antragstellung zum Vermögen" (so BSG, Urteil vom 30. September 2008, a.a.O.), also auch nicht durch den bloßen Beginn eines neuen Bewilligungsabschnitts.
Im konkreten Fall ist der Kläger nicht Erbe geworden, zum Zeitpunkt des Erbfalls am 29. Mai 2005 ist ihm daher nichts zugeflossen. Als gesetzlicher Erbe erster Ordnung (§ 1924 Abs. 1 BGB), der durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen war, konnte er von der Alleinerbin nach § 2303 Abs. 1 BGB den Pflichtteil verlangen. Dieser Anspruch entsteht mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1 BGB). Da es nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf das Schicksal der Forderung ankommt, ist allein entscheidend, wann der Kläger den Pflichtteil tatsächlich erlangt hat. Insoweit kann allerdings dahin stehen, ob hier auf die Zahlung an die Bevollmächtigte des Klägers als Treuhänderin im Dezember 2006 oder auf den Zahlungseingang auf dem Konto des Klägers im Januar 2007 abzustellen ist, denn ein Zufluss zu beiden Zeitpunkten rechtfertigt die Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum Januar bis Juni 2007.
Wie bereits oben ausgeführt, kommt es bei laufendem, durchgehenden Leistungsbezug auf die erstmalige Antragstellung an für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen. Auch wenn auf einen Zufluss im Dezember 2006 abgestellt wird, ändert sich daher an der Zuordnung als Einkommen nichts. Nach §§ 2b, 2 Abs. 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Folglich lässt auch ein Zufluss im Dezember 2006 die Aufhebung der Leistungsbewilligung ab Januar 2007 zu.
Angesichts des monatlichen Bedarfs des Klägers in Höhe von 420 EUR ist auch die erfolgte Aufteilung der einmaligen Einnahme von 5.669,25 EUR auf einen Zeitraum von sechs Monaten und eine damit verbundene vollständige Aufhebung der Leistungsbewilligung für Januar bis Juni 2007 nicht zu beanstanden. Angesichts der Höhe des den Bedarf überschießenden Betrags von 524,88 EUR monatlich verbleiben ausreichende Mittel, um die Zahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu ermöglichen. Auf die Frage, ob auch ein längerer Verteilzeitraum zulässig gewesen wäre, kommt es vorliegend ebenso wenig an wie darauf, ob die vom Pflichtteil abgezogene Anwaltsvergütung nicht ebenfalls als Einkommen anzusehen wäre.
Die vom Kläger angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken gebieten keine andere Beurteilung. Für den Senat erschließt sich im vorliegenden Fall schon keine Ungleichbehandlung zwischen den Konstellationen einer Erbenstellung und eines Pflichtteilsanspruchs. Denn auch wenn der Kläger Erbe geworden und insoweit auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen wäre (in diesem Sinne wohl BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 62/08 R - (juris)), wäre der Leistungsanspruch wegen Erzielung von Einkommen - dann allerdings rückwirkend für Zeiträume im Jahr 2005 bei Zufluss im Mai 2005 - weggefallen, da der Kläger auch damals schon im Leistungsbezug stand. Auch das Pflichtteilsrecht, das den unter dem Schutz der Erbrechtsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) stehenden Grundsatz der Testierfreiheit einschränkt und den nächsten Angehörigen des Erblassers einen Mindestanteil an seinem Vermögen sichert, gebietet im Hinblick auf den Nachranggrundsatz staatlicher Fürsorgeleistungen nicht, Pflichtteilsansprüche im Rahmen des § 11 Abs. 1 SGB II unberücksichtigt zu lassen.
Auch die Fristen des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten.
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Kläger die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit die Bewilligung zu Recht aufgehoben worden ist. Der Erstattungsbetrag für die von Januar bis April 2007 erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beläuft sich damit auf 1.680 EUR. Die nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstattenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung belaufen sich für diesen Zeitraum auf insgesamt 510 EUR. Der Beklagte hat somit den insgesamt zu erstattenden Betrag mit 2.190 EUR zutreffend berechnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved