Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 19 (6) SB 155/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 SB 170/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) festzustellen sind.
Bereits seit November 1995 beläuft sich der Grad der Behinderung (GdB) der Klägerin auf 100 (Halbseitenschwäche rechts mit Gangstörung und Bluthochdruck Einzel-GdB 60, Funktionseinschränkung der Kniegelenke Einzel-GdB 70, Harnentleerungsstörung Einzel-GdB 40, Herzdurchblutungsstörung Einzel-GdB 20, Wirbelsäulenfunktionseinschränkung Einzel-GdB 20, Darmstörung Einzel-GdB 10, Haut- und Muskelstörungen Einzel-GdB 40, Lungenfunktionseinschränkung Einzel-GdB 20). Weiter stellte die Beklagte bei der Klägerin fest, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "G" (erhebliche Gehbehindung), "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung) vorliegen. Am 17.12.2007 beantragte die Klägerin im Rahmen eines Verschlimmerungsantrages, ihr auch den Nachteilsausgleich "RF" zuzuerkennen und fügte insbesondere medizinische Unterlagen betreffend eine kardiale Dekompensation im Jahre 2007 sowie die Pflegeversicherungsgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MdK) der Jahre 2005 und 2006 bei. Darin hatte der MdK die Pflegestufe 1 und ein Schwerlastpflegebett befürwortet. Die Klägerin könne sich nur mit großer Mühe und Hilfsmitteln in ihrer Wohnung noch fortbewegen, es käme zu extremer Dyspnoe, die Klägerin bedürfe der Hilfe beim Anziehen, bei der Intimpflege und beim Waschen. Die Beklagte zog daraufhin einen Befund- und Behandlungsbericht von Dr. I, Facharzt für Allgemeinmedizin, bei und ließ diesen zusammen mit den übrigen medizinischen Unterlagen versorgungsärztlich auswerten. Anschließend lehnte die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.05.2008 die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" ab. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich zwar verschlechtert, sie sei jedoch noch in der Lage, zumindest mit fremder Hilfe und technischen Hilfsmitteln an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie nicht nachvollziehen könne, wie sie bei einem GdB von 100 und den Nachteilsausgleichen "G", "aG" und "B" noch ständig an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können soll. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2008 zurück. Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "RF" lägen nicht vor. Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrt die Klägerin weiterhin den Nachteilsausgleich "RF". Ihr Gesundheitszustand werde zunehmend schlechter. Inzwischen seien eine Herzerkrankung, Diabetes mellitus, ein metabolisches Syndrom, eine operationspflichtige Hüftarthrose sowie Myopathie (Muskelschwäche) hinzugekommen. Die Leiden verstärkten sich gegenseitig. Sie könne daher auch im Rollstuhl keine Stunde oder gar länger an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Selbst wenn man jedoch von einer etwas längeren Zeit ausginge, in der sie sitzend an öffentlichen Veranstaltungen teilhaben könne, erfülle sie die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF". Man müsse nämlich bedenken, dass sie erst noch zu öffentlichen Veranstaltungen gelangen müsse, und zwar ebenfalls sitzend, im Auto. Hinzu käme die Wartezeit vor den entsprechenden Veranstaltungen und die Zeit für die Rückfahrt. Insgesamt sei so viel Zeit für die An- und Rückfahrt zu öffentlichen Veranstaltungen notwendig, dass sie aufgrund der zeitlichen Limitierung des Sitzenkönnens an der eigentlichen Veranstaltung dann nicht mehr teilhaben könne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2008 zu verurteilen, bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "RF" festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der eigenen medizinischen Ermittlungen und nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichtes noch imstande, an öffentlichen Veranstaltungen jeder Art teilzunehmen. Das hätten die behandelnden Ärzte der Klägerin bestätigt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch einen Befundbericht des Diplom-Psychologen Dr. H. Dieser stellte im November 2008 fest, dass die Klägerin nicht an ihre Wohnung gebunden sei. Vielmehr könne sie sich mit dem Rollator noch eingeschränkt fortbewegen. Sie könne das Kino besuchen, an religiösen Veranstaltungen, Konzerten etc. teilnehmen. Die Klägerin habe ihn zuletzt am 19.06. und am 20.11.2008 in seiner Praxis aufgesucht. Auch von Dr. I, Facharzt für Allgemeinmedizin, hat das Gericht einen Befundbericht beigezogen. Dieser hat ebenfalls angegeben, dass die Klägerin ihn in seiner Praxis aufsuche; auch er halte die Klägerin für im Stande, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Weiter hat das Gericht ein Gutachten von Dr. N, Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Arzt für Chirotherapie, Sozialmedizin und Betriebsmedizin, vom 07.01.2010 eingeholt. Danach leidet die Klägerin an einer Halbseitenschwäche rechts mit Greif- und Gangstörung nach Hirnblutung (Einzel-GdB 60), einer Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke und Kniegelenke (Einzel-GdB 80), einer Harnblasenrückhalteschwäche (Einzel-GdB 40), einer Herzleistungsminderung, einem Bluthochdruck (Einzel-GdB 50), einer Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule, einem Schulter-Armsyndrom (Einzel-GdB 60), dem Teilverlust des Dickdarms, Verdauungsstörungen, einer Stuhlrückhalteschwäche (Einzel-GdB 40), einer Muskelerkrankung bei entzündlichen Veränderungen (Einzel-GdB 40), einer Lungenfunktionseinschränkung (Einzel-GdB 20), seelischen Störungen (Einzel-GdB 20), einer peripheren Nervenstörung (Einzel-GdB 20), einer Nierenfunktionsstörung (Einzel-GdB 20), sowie einer Zuckerstoffwechselstörung (Einzel-GdB 10). Die Klägerin wird zur Überzeugung des Sachverständigen durch die erheblichen Gesundheitsstörungen nicht derart beeinträchtigt, dass sie außerstande ist, an öffentlichen Veranstaltungen jeder Art, auch mit Hilfe einer Begleitperson oder technischen Hilfsmitteln, teilzunehmen. Die Teilnahme ist jedoch, da die Klägerin wegen zunehmender Schmerzen insbesondere aufgrund ihrer Hüftarthrose nur noch sitzen und nicht mehr stehen kann, auf 2 Stunden limitiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten betreffend die Klägerin verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid vom 25.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2008 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie hat keinen Anspruch darauf, dass bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nach-teilsausgleich "RF" (§ 69 Abs. 4, 5 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV)) festgestellt werden. Maßgeblich für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "RF" sind die im 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 08.03.2005 im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Die § 6 Abs. 1 Nr. 7a und b sowie in § 8 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RgebStV) aufgeführten gesundheitlichen Voraussetzungen, die abschießend geregelt sind, erfüllt die Klägerin nicht. Sie gehört nicht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7a und b RgebStV zum Kreis der Blinden oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderten Personen mit einem GdB von 60 allein wegen der Sehbehinderung oder zum Kreis der Hörgeschädigten, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist. Ebensowenig ist sie nach Nr. 8 der genannten Vorschrift zu befreien. Dies setzt nämlich nicht nur voraus, dass der Klägerin nicht nur vorübergehend ein GdB von 80 zuerkannt worden ist, sondern auch, dass sie wegen ihrer Leiden an öffentlichen Veranstaltungen nicht ständig teilnehmen kann. Unter öffentlichen Veranstaltungen in diesem Sinne sind alle Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und wirtschaftlicher Art zu verstehen (BSG, Urteile vom 10. August 1993 -9/9a RVs 7/91, vom 16. März 1994 - 9 RVs 3/83, vom 12. Februar 1991 - 9 RVs 2/96 -). Die Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist nur dann unmöglich, wenn der Schwerbehinderte wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und umfassend vom Besuch ausgeschlossen ist, also allenfalls an einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher Veranstaltungen teilnehmen kann. Daher muss aufgrund der bei ihm bestehenden Funktionsstörungen der Behinderte auf Dauer selbst mit Hilfe von Begleitpersonen oder mit Hilfsmitteln (z.B. einem Rollstuhl) öffentliche Veranstaltungen in ihm zumutbarer Weise nicht besuchen können (BSG, Urteil vom 11. September 1991 -9a RVs 1/90-). Regelmäßig sind die Voraussetzungen letztlich nur dann zu bejahen, wenn der Schwerbehinderte praktisch an das Haus gebunden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 3. Juni 1987 -9a RVs 27/85-, vom 12. Februar 1997 -9 RVs 2/96). Diese Voraussetzungen sind in der Person der Klägerin nicht erfüllt. Bei ihr liegen zwar schwere, vom Sachverständigen Dr. N in seinem Gutachten von Januar 2010 mit einem Gesamt-GdB von 100 eingestufte gesundheitliche Beeinträchtigungen vor. Sie ist hierdurch aber nicht ständig gehindert, mit Hilfe von Begleitpersonen und technischen Hilfsmitteln an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Allerdings ist wegen der erheblichen Mobilitätseinschränkung mit Haltungsschwäche und Schmerzen des Rumpfes die Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung auf eine solche in sitzender Position, in der Regel im Rollstuhl, begrenzt. Die Teilnahme wird dabei aufgrund der auch bei dieser Körperhaltung bestehenden erheblichen und mit der Dauer der Veranstaltung zunehmenden Schmerzen auf zwei Stunden limitiert. Insoweit folgt das Gericht den überzeugenden Ausführungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. N. Ihnen hat die Klägerin nicht widersprochen, sondern sie sich sogar am Ende zu Eigen gemacht. Bestätigt wird das Gutachten durch den Umstand, dass die Klägerin sowohl am Erörterungstermin vom 24.04.2009 inklusive Wartezeit über zwei Stunden teilgenommen hat als auch an der rund zweistündigen Untersuchung durch den Sachverständigen. Beides Mal musste sie zusätzlich auch noch während der An- und Abfahrt sitzen. Anzeichen dafür, dass die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung oder an der Untersuchung durch den Sachverständigen nicht zumutbar waren, sind nicht ersichtlich. Schließlich wird das Ergebnis - die Fähigkeit der Klägerin zur Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen für zwei Stunden bestätigt durch die Befundberichte, die das Gericht bei den die Klägerin behandelnden Ärzten eingeholt hat. Auch sie halten die Klägerin noch für in der Lage, an öffentlichen künstlerischen, kirchlichen etc. Veranstaltungen teilzunehmen. Die Klägerin ist auch nicht etwa derart immobil und an ihre Wohnung gebunden, dass die behandelnden Ärzte Hausbesuche durchführen müssten. Vielmehr sucht die Klägerin ihre Ärzte in deren Praxen auf.
Die Klägerin stützt sich bei ihrer Argumentation auf das Urteil des Sozialgerichtes Detmold vom 04.04.2002 - S 7 (16, 18) SB 120/00 -. Danach soll ein Behinderter, der (maximal) noch eine Stunde sitzend an Veranstaltungen teilnehmen kann, nicht mehr in "noch nennenswertem Umfang" an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen, ihm stehe der Nachteilsausgleich "RF" zu. Die Kammer lässt offen, ob sie sich dieser Auffassung anschließt. Die Klägerin kann zumindest deutlich länger, nämlich zumindest für bis zu zwei Stunden, an öffentlichen Veranstaltungen in sitzender Haltung teilnehmen. Im Übrigen ist es so, dass es neben Veranstaltungen, die regelhaft eine durchgängige und längere Teilnahme erforderlich machen (Kino- und Theaterbesuche), auch eine Vielzahl von Veranstaltungen, insbesondere für kleine Besucherkreise, Senioren und behinderte Menschen, gibt, die keine längere Anwesenheit erfordern. Diese Veranstaltungen finden zum Beispiel zur Geselligkeit (Kaffeetafeln) sowie auf kulturellem (Ausstellungen, Lesungen), religiösem oder wissenschaftlichem Gebiet statt (ebenso Urteil des LSW NRW vom 09.12.2008 - L 6 SB 49/07 -). Insbesondere an diesen kann die Klägerin nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen und nach der Einschätzung der sie behandelnden Ärzte teilnehmen. Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass gerade im Wohngebiet der Klägerin, in R, insbesondere im Sommer im Schlosspark praktisch jedes Wochenende öffentliche Veranstaltungen stattfinden, die ohne Weiteres einer Teilnahme der Klägerin unter Inanspruchnahme von Hilfsmitteln (Rollstuhl bzw. Rollator) und Hilfspersonen zugänglich sind.
Soweit die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte im Termin vom 30.04.2010 erstmals hat vortragen lassen, die gesundheitliche Situation habe sich erneut verschlechtert, ist der Vortrag unsubstantiiert. Was sich seit wann wie verschlechtert hat, ob insofern bereits ein Dauerzustand eingetreten ist etc. wird nicht mitgeteilt. Die Kammer war daher nicht verpflichtet, ins Blaue hinein weiter zu ermitteln. Im Übrigen datiert die Begutachtung der Klägerin durch den Sachverständigen vom Januar diesen Jahres. Eine dauerhafte (- einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten umfassende -) Verschlechterung kann allein vom Zeitablauf noch nicht eingetreten sein. Nur solche Dauerzustände rechtfertigen indes die Annahme, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleich vorliegen.
Entsprechendes gilt für den im Termin vom 30.04.2010 zum ersten Mal gemachten Vortrag, die Windeln der Klägerin hielten nicht dicht und ihre Darmgeräusche würden auf andere Teilnehmer derart abstoßend wirken, dass ihr bzw. den anderen Teilnehmern eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen nicht mehr zumutbar seien. Auch insoweit ist der Vortrag nicht hinreichend konkret. Anhaltspunkte dafür, dass der Vortrag der Klägerin zutreffen könnte, ergaben sich für das Gericht weder durch die Teilnahme der Klägerin am Termin vom April 2009 noch durch das Gutachten von Dr. N. Auch hat die Klägerin bis zum Termin im April 2010 nie vorgetragen, dass störende Darmgeräusche oder undichte Windeln sie an der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen abhalten würden. Das BSG zudem entschieden, dass es inkontinenten Behinderten im Regelfall zunächst zuzumuten ist, moderne Hilfsmittel wie Spezial-Windelhosen zu verwenden und so zu erreichen, dass selbst bei unkontrolliertem Ausscheiden eine Teilnahme an einer Vielzahl von Veranstaltungen noch möglich ist. Darüber hinaus müsse der Behinderte gegebenenfalls - sofern medizinisch möglich - hier seine Lebensgewohnheiten umstellen und - zumindest zeitweise - weniger oder anderes trinken und essen, um zu erreichen, dass die von ihm gewünschten öffentlichen Veranstaltungen für eine überschaubare Zeit besucht werden können (BSG, Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 -). Dass die Klägerin dies bereits erfolglos versucht hätte, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Detmold, Richthofenstraße 3, 32756 Detmold,
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Detmold schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Dr. Kahlert
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) festzustellen sind.
Bereits seit November 1995 beläuft sich der Grad der Behinderung (GdB) der Klägerin auf 100 (Halbseitenschwäche rechts mit Gangstörung und Bluthochdruck Einzel-GdB 60, Funktionseinschränkung der Kniegelenke Einzel-GdB 70, Harnentleerungsstörung Einzel-GdB 40, Herzdurchblutungsstörung Einzel-GdB 20, Wirbelsäulenfunktionseinschränkung Einzel-GdB 20, Darmstörung Einzel-GdB 10, Haut- und Muskelstörungen Einzel-GdB 40, Lungenfunktionseinschränkung Einzel-GdB 20). Weiter stellte die Beklagte bei der Klägerin fest, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "G" (erhebliche Gehbehindung), "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung) vorliegen. Am 17.12.2007 beantragte die Klägerin im Rahmen eines Verschlimmerungsantrages, ihr auch den Nachteilsausgleich "RF" zuzuerkennen und fügte insbesondere medizinische Unterlagen betreffend eine kardiale Dekompensation im Jahre 2007 sowie die Pflegeversicherungsgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MdK) der Jahre 2005 und 2006 bei. Darin hatte der MdK die Pflegestufe 1 und ein Schwerlastpflegebett befürwortet. Die Klägerin könne sich nur mit großer Mühe und Hilfsmitteln in ihrer Wohnung noch fortbewegen, es käme zu extremer Dyspnoe, die Klägerin bedürfe der Hilfe beim Anziehen, bei der Intimpflege und beim Waschen. Die Beklagte zog daraufhin einen Befund- und Behandlungsbericht von Dr. I, Facharzt für Allgemeinmedizin, bei und ließ diesen zusammen mit den übrigen medizinischen Unterlagen versorgungsärztlich auswerten. Anschließend lehnte die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.05.2008 die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" ab. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich zwar verschlechtert, sie sei jedoch noch in der Lage, zumindest mit fremder Hilfe und technischen Hilfsmitteln an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie nicht nachvollziehen könne, wie sie bei einem GdB von 100 und den Nachteilsausgleichen "G", "aG" und "B" noch ständig an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können soll. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2008 zurück. Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "RF" lägen nicht vor. Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrt die Klägerin weiterhin den Nachteilsausgleich "RF". Ihr Gesundheitszustand werde zunehmend schlechter. Inzwischen seien eine Herzerkrankung, Diabetes mellitus, ein metabolisches Syndrom, eine operationspflichtige Hüftarthrose sowie Myopathie (Muskelschwäche) hinzugekommen. Die Leiden verstärkten sich gegenseitig. Sie könne daher auch im Rollstuhl keine Stunde oder gar länger an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Selbst wenn man jedoch von einer etwas längeren Zeit ausginge, in der sie sitzend an öffentlichen Veranstaltungen teilhaben könne, erfülle sie die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF". Man müsse nämlich bedenken, dass sie erst noch zu öffentlichen Veranstaltungen gelangen müsse, und zwar ebenfalls sitzend, im Auto. Hinzu käme die Wartezeit vor den entsprechenden Veranstaltungen und die Zeit für die Rückfahrt. Insgesamt sei so viel Zeit für die An- und Rückfahrt zu öffentlichen Veranstaltungen notwendig, dass sie aufgrund der zeitlichen Limitierung des Sitzenkönnens an der eigentlichen Veranstaltung dann nicht mehr teilhaben könne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2008 zu verurteilen, bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "RF" festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der eigenen medizinischen Ermittlungen und nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichtes noch imstande, an öffentlichen Veranstaltungen jeder Art teilzunehmen. Das hätten die behandelnden Ärzte der Klägerin bestätigt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch einen Befundbericht des Diplom-Psychologen Dr. H. Dieser stellte im November 2008 fest, dass die Klägerin nicht an ihre Wohnung gebunden sei. Vielmehr könne sie sich mit dem Rollator noch eingeschränkt fortbewegen. Sie könne das Kino besuchen, an religiösen Veranstaltungen, Konzerten etc. teilnehmen. Die Klägerin habe ihn zuletzt am 19.06. und am 20.11.2008 in seiner Praxis aufgesucht. Auch von Dr. I, Facharzt für Allgemeinmedizin, hat das Gericht einen Befundbericht beigezogen. Dieser hat ebenfalls angegeben, dass die Klägerin ihn in seiner Praxis aufsuche; auch er halte die Klägerin für im Stande, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Weiter hat das Gericht ein Gutachten von Dr. N, Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Arzt für Chirotherapie, Sozialmedizin und Betriebsmedizin, vom 07.01.2010 eingeholt. Danach leidet die Klägerin an einer Halbseitenschwäche rechts mit Greif- und Gangstörung nach Hirnblutung (Einzel-GdB 60), einer Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke und Kniegelenke (Einzel-GdB 80), einer Harnblasenrückhalteschwäche (Einzel-GdB 40), einer Herzleistungsminderung, einem Bluthochdruck (Einzel-GdB 50), einer Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule, einem Schulter-Armsyndrom (Einzel-GdB 60), dem Teilverlust des Dickdarms, Verdauungsstörungen, einer Stuhlrückhalteschwäche (Einzel-GdB 40), einer Muskelerkrankung bei entzündlichen Veränderungen (Einzel-GdB 40), einer Lungenfunktionseinschränkung (Einzel-GdB 20), seelischen Störungen (Einzel-GdB 20), einer peripheren Nervenstörung (Einzel-GdB 20), einer Nierenfunktionsstörung (Einzel-GdB 20), sowie einer Zuckerstoffwechselstörung (Einzel-GdB 10). Die Klägerin wird zur Überzeugung des Sachverständigen durch die erheblichen Gesundheitsstörungen nicht derart beeinträchtigt, dass sie außerstande ist, an öffentlichen Veranstaltungen jeder Art, auch mit Hilfe einer Begleitperson oder technischen Hilfsmitteln, teilzunehmen. Die Teilnahme ist jedoch, da die Klägerin wegen zunehmender Schmerzen insbesondere aufgrund ihrer Hüftarthrose nur noch sitzen und nicht mehr stehen kann, auf 2 Stunden limitiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten betreffend die Klägerin verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid vom 25.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2008 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie hat keinen Anspruch darauf, dass bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nach-teilsausgleich "RF" (§ 69 Abs. 4, 5 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV)) festgestellt werden. Maßgeblich für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "RF" sind die im 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 08.03.2005 im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Die § 6 Abs. 1 Nr. 7a und b sowie in § 8 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RgebStV) aufgeführten gesundheitlichen Voraussetzungen, die abschießend geregelt sind, erfüllt die Klägerin nicht. Sie gehört nicht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7a und b RgebStV zum Kreis der Blinden oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderten Personen mit einem GdB von 60 allein wegen der Sehbehinderung oder zum Kreis der Hörgeschädigten, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist. Ebensowenig ist sie nach Nr. 8 der genannten Vorschrift zu befreien. Dies setzt nämlich nicht nur voraus, dass der Klägerin nicht nur vorübergehend ein GdB von 80 zuerkannt worden ist, sondern auch, dass sie wegen ihrer Leiden an öffentlichen Veranstaltungen nicht ständig teilnehmen kann. Unter öffentlichen Veranstaltungen in diesem Sinne sind alle Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und wirtschaftlicher Art zu verstehen (BSG, Urteile vom 10. August 1993 -9/9a RVs 7/91, vom 16. März 1994 - 9 RVs 3/83, vom 12. Februar 1991 - 9 RVs 2/96 -). Die Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist nur dann unmöglich, wenn der Schwerbehinderte wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und umfassend vom Besuch ausgeschlossen ist, also allenfalls an einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher Veranstaltungen teilnehmen kann. Daher muss aufgrund der bei ihm bestehenden Funktionsstörungen der Behinderte auf Dauer selbst mit Hilfe von Begleitpersonen oder mit Hilfsmitteln (z.B. einem Rollstuhl) öffentliche Veranstaltungen in ihm zumutbarer Weise nicht besuchen können (BSG, Urteil vom 11. September 1991 -9a RVs 1/90-). Regelmäßig sind die Voraussetzungen letztlich nur dann zu bejahen, wenn der Schwerbehinderte praktisch an das Haus gebunden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 3. Juni 1987 -9a RVs 27/85-, vom 12. Februar 1997 -9 RVs 2/96). Diese Voraussetzungen sind in der Person der Klägerin nicht erfüllt. Bei ihr liegen zwar schwere, vom Sachverständigen Dr. N in seinem Gutachten von Januar 2010 mit einem Gesamt-GdB von 100 eingestufte gesundheitliche Beeinträchtigungen vor. Sie ist hierdurch aber nicht ständig gehindert, mit Hilfe von Begleitpersonen und technischen Hilfsmitteln an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Allerdings ist wegen der erheblichen Mobilitätseinschränkung mit Haltungsschwäche und Schmerzen des Rumpfes die Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung auf eine solche in sitzender Position, in der Regel im Rollstuhl, begrenzt. Die Teilnahme wird dabei aufgrund der auch bei dieser Körperhaltung bestehenden erheblichen und mit der Dauer der Veranstaltung zunehmenden Schmerzen auf zwei Stunden limitiert. Insoweit folgt das Gericht den überzeugenden Ausführungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. N. Ihnen hat die Klägerin nicht widersprochen, sondern sie sich sogar am Ende zu Eigen gemacht. Bestätigt wird das Gutachten durch den Umstand, dass die Klägerin sowohl am Erörterungstermin vom 24.04.2009 inklusive Wartezeit über zwei Stunden teilgenommen hat als auch an der rund zweistündigen Untersuchung durch den Sachverständigen. Beides Mal musste sie zusätzlich auch noch während der An- und Abfahrt sitzen. Anzeichen dafür, dass die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung oder an der Untersuchung durch den Sachverständigen nicht zumutbar waren, sind nicht ersichtlich. Schließlich wird das Ergebnis - die Fähigkeit der Klägerin zur Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen für zwei Stunden bestätigt durch die Befundberichte, die das Gericht bei den die Klägerin behandelnden Ärzten eingeholt hat. Auch sie halten die Klägerin noch für in der Lage, an öffentlichen künstlerischen, kirchlichen etc. Veranstaltungen teilzunehmen. Die Klägerin ist auch nicht etwa derart immobil und an ihre Wohnung gebunden, dass die behandelnden Ärzte Hausbesuche durchführen müssten. Vielmehr sucht die Klägerin ihre Ärzte in deren Praxen auf.
Die Klägerin stützt sich bei ihrer Argumentation auf das Urteil des Sozialgerichtes Detmold vom 04.04.2002 - S 7 (16, 18) SB 120/00 -. Danach soll ein Behinderter, der (maximal) noch eine Stunde sitzend an Veranstaltungen teilnehmen kann, nicht mehr in "noch nennenswertem Umfang" an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen, ihm stehe der Nachteilsausgleich "RF" zu. Die Kammer lässt offen, ob sie sich dieser Auffassung anschließt. Die Klägerin kann zumindest deutlich länger, nämlich zumindest für bis zu zwei Stunden, an öffentlichen Veranstaltungen in sitzender Haltung teilnehmen. Im Übrigen ist es so, dass es neben Veranstaltungen, die regelhaft eine durchgängige und längere Teilnahme erforderlich machen (Kino- und Theaterbesuche), auch eine Vielzahl von Veranstaltungen, insbesondere für kleine Besucherkreise, Senioren und behinderte Menschen, gibt, die keine längere Anwesenheit erfordern. Diese Veranstaltungen finden zum Beispiel zur Geselligkeit (Kaffeetafeln) sowie auf kulturellem (Ausstellungen, Lesungen), religiösem oder wissenschaftlichem Gebiet statt (ebenso Urteil des LSW NRW vom 09.12.2008 - L 6 SB 49/07 -). Insbesondere an diesen kann die Klägerin nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen und nach der Einschätzung der sie behandelnden Ärzte teilnehmen. Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass gerade im Wohngebiet der Klägerin, in R, insbesondere im Sommer im Schlosspark praktisch jedes Wochenende öffentliche Veranstaltungen stattfinden, die ohne Weiteres einer Teilnahme der Klägerin unter Inanspruchnahme von Hilfsmitteln (Rollstuhl bzw. Rollator) und Hilfspersonen zugänglich sind.
Soweit die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte im Termin vom 30.04.2010 erstmals hat vortragen lassen, die gesundheitliche Situation habe sich erneut verschlechtert, ist der Vortrag unsubstantiiert. Was sich seit wann wie verschlechtert hat, ob insofern bereits ein Dauerzustand eingetreten ist etc. wird nicht mitgeteilt. Die Kammer war daher nicht verpflichtet, ins Blaue hinein weiter zu ermitteln. Im Übrigen datiert die Begutachtung der Klägerin durch den Sachverständigen vom Januar diesen Jahres. Eine dauerhafte (- einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten umfassende -) Verschlechterung kann allein vom Zeitablauf noch nicht eingetreten sein. Nur solche Dauerzustände rechtfertigen indes die Annahme, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleich vorliegen.
Entsprechendes gilt für den im Termin vom 30.04.2010 zum ersten Mal gemachten Vortrag, die Windeln der Klägerin hielten nicht dicht und ihre Darmgeräusche würden auf andere Teilnehmer derart abstoßend wirken, dass ihr bzw. den anderen Teilnehmern eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen nicht mehr zumutbar seien. Auch insoweit ist der Vortrag nicht hinreichend konkret. Anhaltspunkte dafür, dass der Vortrag der Klägerin zutreffen könnte, ergaben sich für das Gericht weder durch die Teilnahme der Klägerin am Termin vom April 2009 noch durch das Gutachten von Dr. N. Auch hat die Klägerin bis zum Termin im April 2010 nie vorgetragen, dass störende Darmgeräusche oder undichte Windeln sie an der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen abhalten würden. Das BSG zudem entschieden, dass es inkontinenten Behinderten im Regelfall zunächst zuzumuten ist, moderne Hilfsmittel wie Spezial-Windelhosen zu verwenden und so zu erreichen, dass selbst bei unkontrolliertem Ausscheiden eine Teilnahme an einer Vielzahl von Veranstaltungen noch möglich ist. Darüber hinaus müsse der Behinderte gegebenenfalls - sofern medizinisch möglich - hier seine Lebensgewohnheiten umstellen und - zumindest zeitweise - weniger oder anderes trinken und essen, um zu erreichen, dass die von ihm gewünschten öffentlichen Veranstaltungen für eine überschaubare Zeit besucht werden können (BSG, Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 -). Dass die Klägerin dies bereits erfolglos versucht hätte, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Detmold, Richthofenstraße 3, 32756 Detmold,
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Detmold schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Dr. Kahlert
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