Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 325/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt, wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind, die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (Anschluss an LSG Bayern, Urt. v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für die acht Quartale I/04 bis IV/05 in Höhe von noch 14.479,56 Euro.
Der Kläger ist als Zahnarzt mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.
Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen – Hessen – beschloss in seiner Sitzung am 09.05.2006, die Unterlagen auf Grund der Überprüfung der Honorarabrechnungen für die befangenen Quartale zur sachlich-rechnerischen Berichtigung an die Beklagte zu verweisen. Zur Begründung führte er aus, er habe festgestellt, dass in sämtlichen Fällen die Dokumentation in den Aufzeichnungen unvollständig bzw. nicht vorhanden gewesen sei. Darüber hinaus seien die Röntgenaufnahmen in sämtlichen besprochenen Fällen nicht bzw. unvollständig befundet gewesen. Die vorliegenden Aufzeichnungen seien für die Prüfung unbrauchbar und elementare Dokumentationspflichten seien nicht beachtet worden. Er vermute, dass die abgerechneten Leistungen nicht in dem vorgeschriebenen Umfang erbracht worden seien.
Bereits zuvor hatte die Beklagte mit Bescheid vom 28.03.2006 auf Grund eines Beschlusses des Prüfungsausschusses vom 13.05.2005 eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal IV/03 vorgenommen und eine Honorarberichtigung in Höhe von 3.033,87 Euro in 91 Behandlungsfällen festgesetzt.
Die Beklagte forderte den Kläger unter Datum vom 09.06.2006 auf, in 52 namentlich aufgeführten Behandlungsfällen Kopien der Karteiblätter zur Verfügung zu stellen. Sie weise darauf hin, dass der Ausdruck der über die Praxis-EDV abgerechneten Leistungen im Hinblick auf die Dokumentationspflichten als unzureichend zu bewerten sei. Dies gelte auch dann, wenn – wie bereits vorliegend – solche Ausdrucke handschriftlich individualisiert werden würden. Sie füge ein Merkblatt über die grundsätzlichen Anforderungen an die zahnärztliche Dokumentation bei.
Der Kläger erwiderte hierauf unter Datum vom 19.06.2006, die Unterlagen des Prüfungsausschusses zu übernehmen.
Die Beklagte wiederholte ihre Aufforderung mit Schreiben vom 04.08.2006. Ergänzend wies sie auf die Mitwirkungspflicht des Klägers hin. Nicht vollständig dokumentierte Leistungen würden auch als nicht erbrachte Leistungen gelten. Für den Fall der Nichtvorlage behalte sie sich die Absetzung und die Prüfung weiterer Fälle vor.
Der Kläger führte unter Datum vom 12.09.2006 aus, er schicke das Sammelsurium der Einzelnotizen zusammengefasst auf einem Karteiblatt.
Die Beklagte bot dem Kläger unter Datum vom 19.04.2007 zwei alternative Gesprächstermine an, die der Kläger telefonisch aus gesundheitlichen Gründen ablehnte.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 19.04.2007 exemplarisch in 5 von 52 Behandlungsfällen eine sachlich-rechnerische Berichtigung in Höhe von insgesamt 507,46 Euro fest.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 04.06.2008 eine Honorarberichtigung in 52 Behandlungsfällen in Höhe von insgesamt 20.254,04 Euro fest. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung einer Gebührenposition seien vom Vertragszahnarzt nachzuweisen. Hierfür genüge in der Regel das Einreichen der Abrechnungsdaten auf Erfassungsschein oder Diskette. Komme es jedoch zu Beanstandungen, so habe der Vertragszahnarzt im Einzelfall die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung der Leistungen bei Tragung des Beweislastrisikos nachzuweisen. Im Hinblick auf die Verweisung seien einzelne Behandlungsfälle herangezogen und die abgerechneten Gebühren und Behandlungsabläufe aus den prüfgegenständlichen Quartalen unter Einbeziehung der zur Verfügung gestellten Röntgenaufnahmen und Karteiblätter einer eingehenden Überprüfung unterzogen worden. Allgemein machte sie einzelne Ausführungen zum Inhalt und Umfang der Dokumentationspflicht. Ferner begründete sie im Einzelnen in den 52 Behandlungsfällen die Absetzung bzw. Umwandlung der einzelnen Leistungsfälle.
Hiergegen legte der Kläger am 11.06.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, durch das SGB V und § 5 des Bundesmantelvertrages würden Beanstandungen (Dokumentationen) eindeutig definiert werden. Er nehme an, dass die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung andere Grundlagen habe. Aus den Originalunterlagen gehe hervor, dass die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien, welche die Beklagte beschrieben habe, voll erfüllt seien. Aus der Dokumentation gehe hervor, von welchem Geschehen er ausgegangen sei, welche Befunde der Behandlungen zugrunde gelegen hätten und welche Maßnahmen ergriffen worden seien. Es sei dokumentiert worden. Mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 führte er weiter aus, nach der herrschenden Rechtsprechung dürfe auf mehr als drei Jahre zurückliegende Quartale im Hinblick auf das Vertrauen der Bestandskraft nicht mehr zurückgegriffen werden. Für die Zukunft biete er eine Kooperation an. Er verwies ferner auf ein Schreiben der Beklagten zur Abrechnung von Aufbisshilfen für den Zeitraum II/07 bis I/08. Der Kläger führte in einem weiteren Schreiben seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 zur Abrechnung von Aufbisshilfen aus, diese Arbeiten habe er nach einer entsprechenden Kostenkalkulation und Berechnung und daraufhin erfolgte Akzeptanz der Krankenkassen durchgeführt. Er gehe davon aus, dass die entsprechenden Unterlagen unmittelbar zwischen Beklagten und Krankenkassen ausgetauscht würden. Eine darüber hinausgehende Dokumentation ergebe keinen anderen Inhalt, da eben exakt diese Arbeiten ausgeführt worden seien. Wenn die Anzahl der Aufbisshilfen pro Quartal beanstandet werde, so sei dies nicht nachvollziehbar. Es könne möglich sein, dass schon länger beantragte und bewilligte Arbeiten erst zu einem späteren Quartal durchgeführt würden und sich dann mit anderen summierten. Dies beruhe aber auf organisatorischen oder persönlichen Gründen bei den Patienten. Auch die Häufigkeit der Aufbissbehelfe habe nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip sehr wohl positive wirtschaftliche Aspekte. Es würden teuere Folgebehandlungen vermieden werden.
Die Beklagte lehnte unter Datum vom 09.07.2008 eine Rückgabe der Kopien der Karteikartenblätter ab, da sie davon ausgehe, dem Kläger lägen die Originale vor. Mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2008 teilte der Kläger mit, die Originalkarteien seien bei ihm nicht mehr auffindbar.
Die Beklagte wies wiederholt auf das Fehlen der bereits vom Kläger angeforderten Röntgenaufnahmen hin. Der Kläger wies unter Datum vom 27.11.2008 darauf hin, er habe alle Patienten angeschrieben und um schriftliche Erlaubnis zur Weitergabe der diagnostischen Daten gebeten. Ferner führte er im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.11.2008 aus, er benötige die Röntgenunterlagen aktuell. Er werde jedoch versuchen, die Bilder zur Verfügung zu stellen. Die 4-jährige Ausschlussfrist dürfe bzgl. des Quartals I/04 auf Grund der Zustellung des Erstbescheides am 10.06.2008 nicht gewahrt sein.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2009, dem Kläger am 20.04. zugegangen, als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, die Röntgenunterlagen seien an sie vom Kläger nicht vollständig zurück übersandt worden und führte hierzu fünf Patientennamen an. Eine detaillierte Begründung des Widerspruchs für sämtliche Behandlungsfälle sei nicht eingegangen. Von daher bestehe keine Veranlassung, die Entscheidung zu revidieren. Im Übrigen wiederholte sie weitgehend wortgleich die Ausführungen im Ausgangsbescheid.
Hiergegen hat der Kläger am 20.05.2009 die Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er begehre mit der Klage die Aufhebung des Honorarkürzungsbescheides, sofern sich dieser auf Leistungen beziehe, die nach BEMA Teil 2 – Behandlung von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch), Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe) abgerechnet worden seien. Die Begründung lasse zunächst Zweifel aufkommen, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der Prüfung überhaupt alle wesentlichen Unterlagen vorliegen gehabt habe. Eine Prüfung und detaillierte Auseinandersetzung mit der Dokumentation könne man dem Kürzungsbescheid nicht entnehmen. Die Dokumentation führe er in mehrfacher Weise. Er führe eine digitale Dokumentation, die im Wesentlichen der Abrechnung der erbrachten Leistungen diene. Des Weiteren werde für jeden Patienten eine handschriftliche Karteikarte geführt, in welche die Befunderhebungen sowie die einzelnen Therapiemaßnahmen aufgeführt seien. Die handschriftliche Karteikarte werde im Widerspruchsbescheid nicht erwähnt. Er überreiche deshalb eine vollständige Kopie der handschriftlichen Behandlungskarteikarten. Hieraus ergebe sich eine ausreichende Dokumentation und Begründung der einzelnen Behandlungsschritte in Bezug auf die abgerechneten Kieferbruch-Leistungen. Gleiches gelte auch für den K1-Laufzettel, in welchen die einzelnen Leistungen einschließlich des Erbringungsdatums aufgeführt seien. Diese reiche er als weitere Anlage zur Gerichtsakte. Er mache diese Unterlagen ausdrücklich zum Klagevortrag. Beispielhaft führe er die Behandlung der Patientin WG an. Aus der gesamten zitierten Aufzeichnung ergebe sich ein nachvollziehbarer Behandlungsablauf einer schwierigen und komplexen Behandlung, in deren Verlauf mehrfach die Anfertigung einer K1 bei der Krankenkasse beantragt worden sei. Die Krankenkasse habe die geplante Leistung 3-mal geprüft und 1 mal sogar dem Gutachter vorgelegt, der die Planung ebenfalls befürwortet habe. Ohne eine hinreichende Dokumentation wäre dies nicht möglich gewesen. Bei sämtlichen anderen streitgegenständlichen Behandlungen verhalte es sich in ähnlicher Weise.
Der Kläger beantragt,
den Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 insoweit aufzuheben, soweit sich die Nachforderung auf einen über 5.747,48 Euro hinausgehenden Betrag erstreckt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, bei den Aufzeichnungen, die dem Prüfungsausschuss vom Kläger vorgelegt worden seien, handele es sich um die gleichen Dokumentationen, die im weiteren Verlauf auch ihr vorgelegt worden seien. Es handele sich um eine Liste der über die Praxis-EDV abgerechneten Leistungen. Anhand dieser Unterlagen sei in der Folge die sachlich-rechnerische Überprüfung vorgenommen worden. Sie habe den Kläger erstmals mit Schreiben vom 09.06.2006 um Vorlage von Kopien der Karteiblätter gebeten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Ausdruck, der über die Praxis-EDV abgerechneten Leistungen im Hinblick auf die Dokumentationspflichten als unzureichend zu bewerten sei. Dies gelte auch bei einer handschriftlichen Individualisierung der Ausdrucke. Der Kläger habe die Kenntnisnahme des Schreibens bestätigt. Die Wiederholung der Aufforderung sei ebenfalls ohne Erfolg. geblieben. Daraufhin habe sie nach Aktenlage einen Erstbescheid erlassen. Nach Widerspruchseinlegung habe sie den Kläger nochmals auf eine vollständige Dokumentationsvorlage aufmerksam gemacht. Auf Wunsch des Klägers habe sie die Röntgenbilder zurückgegeben. Die Kopien der Karteikarten habe sie allerdings aus Beweisgründen nicht herausgegeben. Daraufhin habe die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, die Originale seien bei dem Kläger nicht mehr aufzufinden. Im Zusammenhang mit dem vorausgehenden Schriftverkehr erscheine dieser Verlust nicht glaubwürdig. Drei Monate zuvor sei noch eine Diskrepanz zwischen den Originalkarteikarten und den Kopien vermutet worden. Genau diese Originale seien aber zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vorhanden gewesen. Der Kläger habe in der weiteren Zeit die Rückgabe der Röntgenbilder verweigert. Erst nach mehrmaliger erneuter Fristsetzung seien ein Teil der Röntgenbilder zurückgegeben worden. Der Kläger habe aber keine Widerspruchsbegründung eingereicht. Der Kläger beschränke sich mit seiner Klage ausdrücklich auf die Absetzung der Kiefergelenkserkrankungen. Die Absetzung der KCH-Leistungen sei damit nicht mehr strittig. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 5 Abs. 2 der Satzung nicht nachgekommen. Es bleibe unverständlich, weshalb der Kläger erst im Gerichtsverfahren die vollständigen Kopien der handschriftlichen Behandlungskarteikarten und die K1 Laufzettel der betroffenen Patienten zur Verfügung gestellt habe. Zwar sei dem Kläger zuzugestehen, dass diese Aufzeichnungen zu einem Großteil den Anforderungen an eine ordentliche Dokumentation nunmehr genügten und auch hinsichtlich der Abrechung weitestgehend stimmig seien. Hierzu bleibe aber festzustellen, dass der Kläger während des Verwaltungsverfahrens Mitarbeiterinnen von ihr kontaktiert habe, um Informationen hinsichtlich des Umfangs von Dokumentationspflichten zu erhalten. Erstmals sei dies am 13.06.2008 geschehen. Es sei zu beachten, dass die geforderte Dokumentation erst nach den ausführlichen Hinweisen, welche Mängel vorlägen, in das Verfahren eingeführt worden seien. Auch die teilweise offensichtlichen Abweichungen der Eintragungen und Daten der handschriftlichen Karteikarte auf der einen Seite und den "K1-Laufzetteln" auf der anderen Seite seien sehr kritisch zu berücksichtigen. Dies dürfte bei einer ordentlichen und insbesondere zeitnah erstellten Dokumentation nicht vorkommen. Jedenfalls seien die Unterlagen verspätet eingereicht worden. Es sei Sache des Arztes, die Richtigkeit der Abrechnung im Einzelfall nachzuweisen (so BSGE 73,234). Sie habe zweimal nach Aktenlage entscheiden müssen. Im Klageverfahren sei die Nachholung des Nachweises der Leistungserbringung nicht mehr möglich (so SG Marburg, Urteil vom 03.06.2009 – S 12 KA 521/08). Das Sozialgericht habe entsprechend auch in einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung entschieden (so SG Marburg, Urteil vom 25.11.2009 – S 12 KA 137/09). Diese Grundsätze müssten auch im Rahmen der sachlich-rechnerischen Prüfung gelten. Ansonsten bestehe auch in den Verfahren nach § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V die Gefahr, dass die Gerichte durch ihre Entscheidungen in den Beurteilungsspielraum der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen eingriffen.
Der Kläger erwiderte hierauf, es treffe zu, dass er zunächst nur den Ausdruck der abgerechneten Leistungen aus der Praxis-EDV vorgelegt habe. Er sei bis dahin der Ansicht gewesen, dies reiche aus. Er habe auch nicht davon ausgehen könne, dass seine Patienten mit Übersendung ihrer vollständigen Behandlungskarteien einverstanden seien. Er habe sich aber auch außer Stande gesehen, von jedem Patienten eine entsprechende Erlaubnis einzuholen. Er habe sich deshalb mit der Beklagten in Verbindung gesetzt, nicht aber, um sich nach der Dokumentationspflicht im Allgemeinen zu erkundigen, sondern über den Umfang der vorzulegenden Dokumentation. Man habe ihm nicht erläutert, dass er die gesamte handschriftliche Karteikarte vorlegen müsse und auf welcher Rechtsgrundlage dies geschehe. Es habe ihm nicht erklärt werden können, warum es keiner Entbindung von der Schweigepflicht bedürfe. Er habe nunmehr den Nachteil, dass er den Inhalt der geführten Telefonate nicht wörtlich belegen könne. Aus diesen sei jedoch eindeutig hervorgegangen, dass die Vorlage sämtlicher ungeschwärzter Behandlungskarteikarten im Original bedenkenlos und ohne Wahlrecht vorzulegen seien. Ein bloßes Berufen auf ein verspätetes Vorbringen könne nicht automatisch zum Ausschluss des Beweismittels führen. Es erscheine unbillig, ihm eine Honorarkürzung aufzuerlegen, die nach objektiven Gesichtspunkten und nach unstreitiger Ansicht beider Parteien nicht gerechtfertigt sein könne. Die Kürzung könne ihn auch in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen. Die vorgelegte Behandlungsdokumentation habe er nicht nachträglich frisiert. Er habe sich allein aus Kostengründen entschlossen, das Verfahren nicht gegen den gesamten unrichtigen Bescheid zu führen, sondern nur gegen einen Teilbetrag.
Hierauf führte die Beklagte unter Datum vom 31.05.2010 aus, der erforderliche Umfang einer Dokumentation sei jedem Vertragszahnarzt bekannt. Sie habe den Kläger hierüber und zur Vorlagepflicht mehrmals aufgeklärt. Die Gelder stünden dem Kläger nicht zu. Von einer sofortigen Vollziehung der Regresssumme habe sie keinen Gebrauch gemacht. Eine ratenweise Zahlung habe der Kläger abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 ist, soweit sich die Nachforderung auf einen über 5.747,48 Euro hinausgehenden Betrag erstreckt, rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Der Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 ist, soweit er noch angefochten wird, rechtmäßig.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z/§ 17 EKV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt, erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 1998, Az: B 6 KA 48/97 R- BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 S 43 = Breith 1999, 659 = USK 98163, juris Rdnr. 15 m. w. N.). Eine K(Z)V darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall nicht nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur in Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist. Während bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung allein an die Menge ärztlicher oder ärztlich veranlasster Leistungen angeknüpft wird, die in grundsätzlicher Übereinstimmung mit den gesetzlichen und/oder vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, bezieht sich die Prüfung der Abrechnung seitens der KV auf Rechenfehler und die Einhaltung der tatbestandlich umschriebenen Voraussetzungen einer Position der Gebührenordnung und der sie flankierenden Regelungen. Dieses bedingt bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Zurückführung der überhöht erbrachten Leistungen ggf. auf Durchschnittswerte, während für nicht in Einklang mit den Vergütungsnormen erbrachte Leistungen - unabhängig von ihrer Menge - kein Vergütungsanspruch besteht. Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse. Den KVen ist es nicht untersagt, anhand von Einzelfällen zu prüfen, worauf etwa ein als implausibel bewerteter Anstieg der Ansatzhäufigkeit einer bestimmten EBM-Ä-Position beruht und darauf ggf. mit einer Korrektur der Abrechnung zu reagieren (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist ferner anerkannt, dass die K(Z)Ven ärztliche Leistungen nicht honorieren müssen, die der Vertragsarzt nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Eine Leistungspflicht der GKV besteht nicht bei solchen Leistungen, die sich im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden sind. Ist bei vertragsarztrechtlich an sich zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht, kommt aus kompetenzrechtlichen Gründen nur die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die zuständigen Prüfgremien in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1 = MedR 2003, 591 = Breith 2003, 704 = USK 2003-125, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 20.03.1996 - 6 RKa 85/95 - SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1 = NZS 1997, 44 = SGb 1997, 229 = MedR 1997, 187 = USK 9696, juris Rdnr. 14; jurisPK-Clemens, § 106a, Rdnr. 38; s.a. BSG, Beschl. v. 17.03.2010 - B 6 KA 23/09 B -, juris Rdnr. 11).
Die Beklagte geht davon aus, dass die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung einer Gebührenposition vom Vertragszahnarzt nicht nachgewiesen worden sind. Von daher war sie für die Berichtigung zuständig.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beklagte stützt im Wesentlich die Honorarberichtigung auf den fehlenden Nachweis einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung aufgrund unzureichender Dokumentation. Grundsätzlich ist für die Erbringung einer zahnärztlichen Leistung der Vertragszahnarzt als Leistungserbringer nachweispflichtig. Im vertragszahnärztlichen Leistungssystem reicht hierfür im Regelfall der Nachweis durch die Angaben des Vertragszahnarztes auf dem Behandlungsausweis aus. Bestehen allerdings Zweifel an der ordnungsgemäßen und/oder vollständigen Erbringung der Leistung, so ist der Vertragszahnarzt wiederum nachweispflichtig. Ein Mittel für den Nachweis der Leistungserbringung sind seine Aufzeichnungen in der Karteikarte, die auch elektronisch geführt werden kann, oder die angefertigten technischen Aufzeichnungen wie z. B. Röntgenbilder.
Der Zahnarzt ist bereits nach berufsrechtlichen Regelungen grundsätzlich verpflichtet, Befunde und Behandlungsmaßnahmen chronologisch und für jeden Patienten getrennt zu dokumentieren (zahnärztliche Dokumentation) und mindestens zehn Jahre aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften andere Aufbewahrungspflichten bestehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Hessen v. 04.06.2005, zit. nach www.lzkh.de/S002DABE8-0062292A.0/BO LZKH neu.pdf, im Folgenden: BO).
Soweit diese Dokumentationspflicht in erster Linie therapeutischen Zwecken dient, wird sie im Rahmen des Sachleistungsprinzips innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert und dient auch zum Nachweis einer wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung.
Die Dokumentationspflichten werden daher im SGB V, in den Bundesmantelverträgen und auch in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt und erweitert.
Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen Leistungserbringer sind verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringung, der Verordnung sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen (§ 294 SGB V). Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, u. a. in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln (§ 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V).
Nach den Bundesmantelverträgen ist der Vertragszahnarzt verpflichtet, über jeden behandelten Kranken Aufzeichnungen zu machen, aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und, soweit erforderlich, der Befund sowie die Behandlungsdaten ersichtlich sein müssen (§ 5 Abs. 1 BMV-Z). Der Vertragszahnarzt hat die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung mit Zahnbezug fortlaufend in geeigneter Weise zu dokumentieren. Die zahnärztlichen Aufzeichnungen und sonstigen Behandlungsunterlagen, Kiefermodelle, ggf. Fotografien, und bei kieferorthopädischen Maßnahmen HNO-Befund, dessen Einholung der Vertragszahnarzt bei Mundatmung veranlassen kann, sind vier Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben sind (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 EKV-Z).
Nach der Richtlinie des GBA für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie) gehören zur vertragszahnärztlichen Versorgung die Befunderhebung und Diagnose sowie ihre Dokumentation. Inhalt und Umfang der diagnostischen Maßnahmen sind in zahnmedizinisch sinnvoller Weise zu beschränken (Abschn. B.I.1. Abs. 1 Behandlungsrichtlinie). Weitere Vorgaben werden z. b. hinsichtlich der Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) (B.V.2. Behandlungsrichtlinie) oder der Röntgenuntersuchungen (B.II.5 Behandlungsrichtlinie) gegeben.
So handelt es sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Dokumentationspflicht seit jeher um eine jeden Behandler treffende Verpflichtung, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 11/06 R - SozR 4-2500 § 95c Nr. 2 = GesR 2007, 260-264 = NZS 2007, 609-612 = USK 2007-20, juris Rdnr. 23).
Wie weit im Einzelnen die Dokumentationspflicht reicht, ist weder berufs- noch sozialrechtlich geregelt und folgt aus berufsrechtlichen bzw. zahnmedizinischen Standards und, soweit eine Leistung innerhalb des Leistungssystems der Gesetzlichen Krankenversicherung betroffen ist, aber auch unter Berücksichtigung des Zwecks, einen Nachweis für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung im Zweifelsfall erbringen zu können. Insofern hat die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid einige inhaltliche Standards aufgeführt.
Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt, wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind, die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (so LSG Bayern, Urt. v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Soweit die Beklagte daher Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung hat, hat sie einen Vertragszahnarzt hierzu anzuhören und ihn aufzufordern, einen vollständigen Beweis für die Leistungserbringung zu führen. Maßgeblich sind dann die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden oder sonstigen Nachweise. Die vom Vertragszahnarzt geführte Dokumentation nebst weiteren technischen Aufzeichnungen kann allein vom Vertragszahnarzt vorgelegt werden.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 – juris Rdnr. 27, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 50/09 -). Ein Vertragszahnarzt ist in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der Beklagten als Widerspruchsbehörde nachzukommen. Dies beruht letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen allein in der Sphäre des Vertragszahnarztes liegt, soweit sie nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung wird der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragszahnarzt nachweisen, dass er die Leistung erbracht hat (vgl. bereits zur Wirtschaftlichkeitsprüfung SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – juris Rdnr. 73 (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 99/09 -; zum verspäteten Vorbringen in einem Disziplinarverfahren SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – AZR 2007, 108, juris Rdnr. 43).
Von daher kommt es nicht darauf an, welche Unterlagen der Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat. Aus diesem Grund ist auch unerheblich, ob es sich um eine tatsächliche, am Behandlungsablauf orientierte, oder um eine nachträglich "geschönte" Dokumentation handelt, wenn auch für letzteres der von der Beklagten nochmals geschilderte Verfahrensablauf und das einheitliche Schriftbild der handschriftlichen Aufzeichnungen spricht. Nach zahnärztlichem Erfahrungswissen kann ein solches Schriftbild bei einer zeitnahen Erstellung der Dokumentation nicht durchgehalten werden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Einzelabsetzungen der KB-Leistungen nicht zu beanstanden. Für ihre ordnungsgemäße und vollständige Erbringung fehlt es an einem Nachweis. Dies ist zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat insoweit in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die von der Beklagten herangezogenen Unterlagen reichten für den Nachweis der strittigen Leistungen nicht aus und dass im Falle einer Präklusion der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig wäre. Die im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen waren aber nicht mehr heranzuziehen. Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf die Einreichung weiterer Unterlagen im Verwaltungsverfahren hingewiesen hat, fehlt es hierfür aber an jeglichem Nachweis. Die Beklagte hat den Kläger wiederholt auf die fehlenden Unterlagen hingewiesen. Abgesehen von widersprüchlichen Äußerungen bzgl. der Karteiblätter kann der Kläger nicht nachweisen, weitere Unterlagen vorgelegt zu haben. Der Kammer sind auch keine Umstände ersichtlich, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte bei ihr vorhandene Unterlagen nicht berücksichtigt hätte oder diese bei ihr verlorengegangen wären. Hiergegen spricht bereits die zeitnahe Aufforderung zur Vorlage weiterer Nachweise.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für die acht Quartale I/04 bis IV/05 in Höhe von noch 14.479,56 Euro.
Der Kläger ist als Zahnarzt mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.
Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen – Hessen – beschloss in seiner Sitzung am 09.05.2006, die Unterlagen auf Grund der Überprüfung der Honorarabrechnungen für die befangenen Quartale zur sachlich-rechnerischen Berichtigung an die Beklagte zu verweisen. Zur Begründung führte er aus, er habe festgestellt, dass in sämtlichen Fällen die Dokumentation in den Aufzeichnungen unvollständig bzw. nicht vorhanden gewesen sei. Darüber hinaus seien die Röntgenaufnahmen in sämtlichen besprochenen Fällen nicht bzw. unvollständig befundet gewesen. Die vorliegenden Aufzeichnungen seien für die Prüfung unbrauchbar und elementare Dokumentationspflichten seien nicht beachtet worden. Er vermute, dass die abgerechneten Leistungen nicht in dem vorgeschriebenen Umfang erbracht worden seien.
Bereits zuvor hatte die Beklagte mit Bescheid vom 28.03.2006 auf Grund eines Beschlusses des Prüfungsausschusses vom 13.05.2005 eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal IV/03 vorgenommen und eine Honorarberichtigung in Höhe von 3.033,87 Euro in 91 Behandlungsfällen festgesetzt.
Die Beklagte forderte den Kläger unter Datum vom 09.06.2006 auf, in 52 namentlich aufgeführten Behandlungsfällen Kopien der Karteiblätter zur Verfügung zu stellen. Sie weise darauf hin, dass der Ausdruck der über die Praxis-EDV abgerechneten Leistungen im Hinblick auf die Dokumentationspflichten als unzureichend zu bewerten sei. Dies gelte auch dann, wenn – wie bereits vorliegend – solche Ausdrucke handschriftlich individualisiert werden würden. Sie füge ein Merkblatt über die grundsätzlichen Anforderungen an die zahnärztliche Dokumentation bei.
Der Kläger erwiderte hierauf unter Datum vom 19.06.2006, die Unterlagen des Prüfungsausschusses zu übernehmen.
Die Beklagte wiederholte ihre Aufforderung mit Schreiben vom 04.08.2006. Ergänzend wies sie auf die Mitwirkungspflicht des Klägers hin. Nicht vollständig dokumentierte Leistungen würden auch als nicht erbrachte Leistungen gelten. Für den Fall der Nichtvorlage behalte sie sich die Absetzung und die Prüfung weiterer Fälle vor.
Der Kläger führte unter Datum vom 12.09.2006 aus, er schicke das Sammelsurium der Einzelnotizen zusammengefasst auf einem Karteiblatt.
Die Beklagte bot dem Kläger unter Datum vom 19.04.2007 zwei alternative Gesprächstermine an, die der Kläger telefonisch aus gesundheitlichen Gründen ablehnte.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 19.04.2007 exemplarisch in 5 von 52 Behandlungsfällen eine sachlich-rechnerische Berichtigung in Höhe von insgesamt 507,46 Euro fest.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 04.06.2008 eine Honorarberichtigung in 52 Behandlungsfällen in Höhe von insgesamt 20.254,04 Euro fest. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung einer Gebührenposition seien vom Vertragszahnarzt nachzuweisen. Hierfür genüge in der Regel das Einreichen der Abrechnungsdaten auf Erfassungsschein oder Diskette. Komme es jedoch zu Beanstandungen, so habe der Vertragszahnarzt im Einzelfall die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung der Leistungen bei Tragung des Beweislastrisikos nachzuweisen. Im Hinblick auf die Verweisung seien einzelne Behandlungsfälle herangezogen und die abgerechneten Gebühren und Behandlungsabläufe aus den prüfgegenständlichen Quartalen unter Einbeziehung der zur Verfügung gestellten Röntgenaufnahmen und Karteiblätter einer eingehenden Überprüfung unterzogen worden. Allgemein machte sie einzelne Ausführungen zum Inhalt und Umfang der Dokumentationspflicht. Ferner begründete sie im Einzelnen in den 52 Behandlungsfällen die Absetzung bzw. Umwandlung der einzelnen Leistungsfälle.
Hiergegen legte der Kläger am 11.06.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, durch das SGB V und § 5 des Bundesmantelvertrages würden Beanstandungen (Dokumentationen) eindeutig definiert werden. Er nehme an, dass die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung andere Grundlagen habe. Aus den Originalunterlagen gehe hervor, dass die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien, welche die Beklagte beschrieben habe, voll erfüllt seien. Aus der Dokumentation gehe hervor, von welchem Geschehen er ausgegangen sei, welche Befunde der Behandlungen zugrunde gelegen hätten und welche Maßnahmen ergriffen worden seien. Es sei dokumentiert worden. Mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 führte er weiter aus, nach der herrschenden Rechtsprechung dürfe auf mehr als drei Jahre zurückliegende Quartale im Hinblick auf das Vertrauen der Bestandskraft nicht mehr zurückgegriffen werden. Für die Zukunft biete er eine Kooperation an. Er verwies ferner auf ein Schreiben der Beklagten zur Abrechnung von Aufbisshilfen für den Zeitraum II/07 bis I/08. Der Kläger führte in einem weiteren Schreiben seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 zur Abrechnung von Aufbisshilfen aus, diese Arbeiten habe er nach einer entsprechenden Kostenkalkulation und Berechnung und daraufhin erfolgte Akzeptanz der Krankenkassen durchgeführt. Er gehe davon aus, dass die entsprechenden Unterlagen unmittelbar zwischen Beklagten und Krankenkassen ausgetauscht würden. Eine darüber hinausgehende Dokumentation ergebe keinen anderen Inhalt, da eben exakt diese Arbeiten ausgeführt worden seien. Wenn die Anzahl der Aufbisshilfen pro Quartal beanstandet werde, so sei dies nicht nachvollziehbar. Es könne möglich sein, dass schon länger beantragte und bewilligte Arbeiten erst zu einem späteren Quartal durchgeführt würden und sich dann mit anderen summierten. Dies beruhe aber auf organisatorischen oder persönlichen Gründen bei den Patienten. Auch die Häufigkeit der Aufbissbehelfe habe nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip sehr wohl positive wirtschaftliche Aspekte. Es würden teuere Folgebehandlungen vermieden werden.
Die Beklagte lehnte unter Datum vom 09.07.2008 eine Rückgabe der Kopien der Karteikartenblätter ab, da sie davon ausgehe, dem Kläger lägen die Originale vor. Mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2008 teilte der Kläger mit, die Originalkarteien seien bei ihm nicht mehr auffindbar.
Die Beklagte wies wiederholt auf das Fehlen der bereits vom Kläger angeforderten Röntgenaufnahmen hin. Der Kläger wies unter Datum vom 27.11.2008 darauf hin, er habe alle Patienten angeschrieben und um schriftliche Erlaubnis zur Weitergabe der diagnostischen Daten gebeten. Ferner führte er im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.11.2008 aus, er benötige die Röntgenunterlagen aktuell. Er werde jedoch versuchen, die Bilder zur Verfügung zu stellen. Die 4-jährige Ausschlussfrist dürfe bzgl. des Quartals I/04 auf Grund der Zustellung des Erstbescheides am 10.06.2008 nicht gewahrt sein.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2009, dem Kläger am 20.04. zugegangen, als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, die Röntgenunterlagen seien an sie vom Kläger nicht vollständig zurück übersandt worden und führte hierzu fünf Patientennamen an. Eine detaillierte Begründung des Widerspruchs für sämtliche Behandlungsfälle sei nicht eingegangen. Von daher bestehe keine Veranlassung, die Entscheidung zu revidieren. Im Übrigen wiederholte sie weitgehend wortgleich die Ausführungen im Ausgangsbescheid.
Hiergegen hat der Kläger am 20.05.2009 die Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er begehre mit der Klage die Aufhebung des Honorarkürzungsbescheides, sofern sich dieser auf Leistungen beziehe, die nach BEMA Teil 2 – Behandlung von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch), Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe) abgerechnet worden seien. Die Begründung lasse zunächst Zweifel aufkommen, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der Prüfung überhaupt alle wesentlichen Unterlagen vorliegen gehabt habe. Eine Prüfung und detaillierte Auseinandersetzung mit der Dokumentation könne man dem Kürzungsbescheid nicht entnehmen. Die Dokumentation führe er in mehrfacher Weise. Er führe eine digitale Dokumentation, die im Wesentlichen der Abrechnung der erbrachten Leistungen diene. Des Weiteren werde für jeden Patienten eine handschriftliche Karteikarte geführt, in welche die Befunderhebungen sowie die einzelnen Therapiemaßnahmen aufgeführt seien. Die handschriftliche Karteikarte werde im Widerspruchsbescheid nicht erwähnt. Er überreiche deshalb eine vollständige Kopie der handschriftlichen Behandlungskarteikarten. Hieraus ergebe sich eine ausreichende Dokumentation und Begründung der einzelnen Behandlungsschritte in Bezug auf die abgerechneten Kieferbruch-Leistungen. Gleiches gelte auch für den K1-Laufzettel, in welchen die einzelnen Leistungen einschließlich des Erbringungsdatums aufgeführt seien. Diese reiche er als weitere Anlage zur Gerichtsakte. Er mache diese Unterlagen ausdrücklich zum Klagevortrag. Beispielhaft führe er die Behandlung der Patientin WG an. Aus der gesamten zitierten Aufzeichnung ergebe sich ein nachvollziehbarer Behandlungsablauf einer schwierigen und komplexen Behandlung, in deren Verlauf mehrfach die Anfertigung einer K1 bei der Krankenkasse beantragt worden sei. Die Krankenkasse habe die geplante Leistung 3-mal geprüft und 1 mal sogar dem Gutachter vorgelegt, der die Planung ebenfalls befürwortet habe. Ohne eine hinreichende Dokumentation wäre dies nicht möglich gewesen. Bei sämtlichen anderen streitgegenständlichen Behandlungen verhalte es sich in ähnlicher Weise.
Der Kläger beantragt,
den Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 insoweit aufzuheben, soweit sich die Nachforderung auf einen über 5.747,48 Euro hinausgehenden Betrag erstreckt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, bei den Aufzeichnungen, die dem Prüfungsausschuss vom Kläger vorgelegt worden seien, handele es sich um die gleichen Dokumentationen, die im weiteren Verlauf auch ihr vorgelegt worden seien. Es handele sich um eine Liste der über die Praxis-EDV abgerechneten Leistungen. Anhand dieser Unterlagen sei in der Folge die sachlich-rechnerische Überprüfung vorgenommen worden. Sie habe den Kläger erstmals mit Schreiben vom 09.06.2006 um Vorlage von Kopien der Karteiblätter gebeten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Ausdruck, der über die Praxis-EDV abgerechneten Leistungen im Hinblick auf die Dokumentationspflichten als unzureichend zu bewerten sei. Dies gelte auch bei einer handschriftlichen Individualisierung der Ausdrucke. Der Kläger habe die Kenntnisnahme des Schreibens bestätigt. Die Wiederholung der Aufforderung sei ebenfalls ohne Erfolg. geblieben. Daraufhin habe sie nach Aktenlage einen Erstbescheid erlassen. Nach Widerspruchseinlegung habe sie den Kläger nochmals auf eine vollständige Dokumentationsvorlage aufmerksam gemacht. Auf Wunsch des Klägers habe sie die Röntgenbilder zurückgegeben. Die Kopien der Karteikarten habe sie allerdings aus Beweisgründen nicht herausgegeben. Daraufhin habe die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, die Originale seien bei dem Kläger nicht mehr aufzufinden. Im Zusammenhang mit dem vorausgehenden Schriftverkehr erscheine dieser Verlust nicht glaubwürdig. Drei Monate zuvor sei noch eine Diskrepanz zwischen den Originalkarteikarten und den Kopien vermutet worden. Genau diese Originale seien aber zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vorhanden gewesen. Der Kläger habe in der weiteren Zeit die Rückgabe der Röntgenbilder verweigert. Erst nach mehrmaliger erneuter Fristsetzung seien ein Teil der Röntgenbilder zurückgegeben worden. Der Kläger habe aber keine Widerspruchsbegründung eingereicht. Der Kläger beschränke sich mit seiner Klage ausdrücklich auf die Absetzung der Kiefergelenkserkrankungen. Die Absetzung der KCH-Leistungen sei damit nicht mehr strittig. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 5 Abs. 2 der Satzung nicht nachgekommen. Es bleibe unverständlich, weshalb der Kläger erst im Gerichtsverfahren die vollständigen Kopien der handschriftlichen Behandlungskarteikarten und die K1 Laufzettel der betroffenen Patienten zur Verfügung gestellt habe. Zwar sei dem Kläger zuzugestehen, dass diese Aufzeichnungen zu einem Großteil den Anforderungen an eine ordentliche Dokumentation nunmehr genügten und auch hinsichtlich der Abrechung weitestgehend stimmig seien. Hierzu bleibe aber festzustellen, dass der Kläger während des Verwaltungsverfahrens Mitarbeiterinnen von ihr kontaktiert habe, um Informationen hinsichtlich des Umfangs von Dokumentationspflichten zu erhalten. Erstmals sei dies am 13.06.2008 geschehen. Es sei zu beachten, dass die geforderte Dokumentation erst nach den ausführlichen Hinweisen, welche Mängel vorlägen, in das Verfahren eingeführt worden seien. Auch die teilweise offensichtlichen Abweichungen der Eintragungen und Daten der handschriftlichen Karteikarte auf der einen Seite und den "K1-Laufzetteln" auf der anderen Seite seien sehr kritisch zu berücksichtigen. Dies dürfte bei einer ordentlichen und insbesondere zeitnah erstellten Dokumentation nicht vorkommen. Jedenfalls seien die Unterlagen verspätet eingereicht worden. Es sei Sache des Arztes, die Richtigkeit der Abrechnung im Einzelfall nachzuweisen (so BSGE 73,234). Sie habe zweimal nach Aktenlage entscheiden müssen. Im Klageverfahren sei die Nachholung des Nachweises der Leistungserbringung nicht mehr möglich (so SG Marburg, Urteil vom 03.06.2009 – S 12 KA 521/08). Das Sozialgericht habe entsprechend auch in einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung entschieden (so SG Marburg, Urteil vom 25.11.2009 – S 12 KA 137/09). Diese Grundsätze müssten auch im Rahmen der sachlich-rechnerischen Prüfung gelten. Ansonsten bestehe auch in den Verfahren nach § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V die Gefahr, dass die Gerichte durch ihre Entscheidungen in den Beurteilungsspielraum der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen eingriffen.
Der Kläger erwiderte hierauf, es treffe zu, dass er zunächst nur den Ausdruck der abgerechneten Leistungen aus der Praxis-EDV vorgelegt habe. Er sei bis dahin der Ansicht gewesen, dies reiche aus. Er habe auch nicht davon ausgehen könne, dass seine Patienten mit Übersendung ihrer vollständigen Behandlungskarteien einverstanden seien. Er habe sich aber auch außer Stande gesehen, von jedem Patienten eine entsprechende Erlaubnis einzuholen. Er habe sich deshalb mit der Beklagten in Verbindung gesetzt, nicht aber, um sich nach der Dokumentationspflicht im Allgemeinen zu erkundigen, sondern über den Umfang der vorzulegenden Dokumentation. Man habe ihm nicht erläutert, dass er die gesamte handschriftliche Karteikarte vorlegen müsse und auf welcher Rechtsgrundlage dies geschehe. Es habe ihm nicht erklärt werden können, warum es keiner Entbindung von der Schweigepflicht bedürfe. Er habe nunmehr den Nachteil, dass er den Inhalt der geführten Telefonate nicht wörtlich belegen könne. Aus diesen sei jedoch eindeutig hervorgegangen, dass die Vorlage sämtlicher ungeschwärzter Behandlungskarteikarten im Original bedenkenlos und ohne Wahlrecht vorzulegen seien. Ein bloßes Berufen auf ein verspätetes Vorbringen könne nicht automatisch zum Ausschluss des Beweismittels führen. Es erscheine unbillig, ihm eine Honorarkürzung aufzuerlegen, die nach objektiven Gesichtspunkten und nach unstreitiger Ansicht beider Parteien nicht gerechtfertigt sein könne. Die Kürzung könne ihn auch in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen. Die vorgelegte Behandlungsdokumentation habe er nicht nachträglich frisiert. Er habe sich allein aus Kostengründen entschlossen, das Verfahren nicht gegen den gesamten unrichtigen Bescheid zu führen, sondern nur gegen einen Teilbetrag.
Hierauf führte die Beklagte unter Datum vom 31.05.2010 aus, der erforderliche Umfang einer Dokumentation sei jedem Vertragszahnarzt bekannt. Sie habe den Kläger hierüber und zur Vorlagepflicht mehrmals aufgeklärt. Die Gelder stünden dem Kläger nicht zu. Von einer sofortigen Vollziehung der Regresssumme habe sie keinen Gebrauch gemacht. Eine ratenweise Zahlung habe der Kläger abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 ist, soweit sich die Nachforderung auf einen über 5.747,48 Euro hinausgehenden Betrag erstreckt, rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Der Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 ist, soweit er noch angefochten wird, rechtmäßig.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z/§ 17 EKV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt, erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 1998, Az: B 6 KA 48/97 R- BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 S 43 = Breith 1999, 659 = USK 98163, juris Rdnr. 15 m. w. N.). Eine K(Z)V darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall nicht nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur in Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist. Während bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung allein an die Menge ärztlicher oder ärztlich veranlasster Leistungen angeknüpft wird, die in grundsätzlicher Übereinstimmung mit den gesetzlichen und/oder vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, bezieht sich die Prüfung der Abrechnung seitens der KV auf Rechenfehler und die Einhaltung der tatbestandlich umschriebenen Voraussetzungen einer Position der Gebührenordnung und der sie flankierenden Regelungen. Dieses bedingt bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Zurückführung der überhöht erbrachten Leistungen ggf. auf Durchschnittswerte, während für nicht in Einklang mit den Vergütungsnormen erbrachte Leistungen - unabhängig von ihrer Menge - kein Vergütungsanspruch besteht. Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse. Den KVen ist es nicht untersagt, anhand von Einzelfällen zu prüfen, worauf etwa ein als implausibel bewerteter Anstieg der Ansatzhäufigkeit einer bestimmten EBM-Ä-Position beruht und darauf ggf. mit einer Korrektur der Abrechnung zu reagieren (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist ferner anerkannt, dass die K(Z)Ven ärztliche Leistungen nicht honorieren müssen, die der Vertragsarzt nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Eine Leistungspflicht der GKV besteht nicht bei solchen Leistungen, die sich im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden sind. Ist bei vertragsarztrechtlich an sich zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht, kommt aus kompetenzrechtlichen Gründen nur die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die zuständigen Prüfgremien in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1 = MedR 2003, 591 = Breith 2003, 704 = USK 2003-125, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 20.03.1996 - 6 RKa 85/95 - SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1 = NZS 1997, 44 = SGb 1997, 229 = MedR 1997, 187 = USK 9696, juris Rdnr. 14; jurisPK-Clemens, § 106a, Rdnr. 38; s.a. BSG, Beschl. v. 17.03.2010 - B 6 KA 23/09 B -, juris Rdnr. 11).
Die Beklagte geht davon aus, dass die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung einer Gebührenposition vom Vertragszahnarzt nicht nachgewiesen worden sind. Von daher war sie für die Berichtigung zuständig.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beklagte stützt im Wesentlich die Honorarberichtigung auf den fehlenden Nachweis einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung aufgrund unzureichender Dokumentation. Grundsätzlich ist für die Erbringung einer zahnärztlichen Leistung der Vertragszahnarzt als Leistungserbringer nachweispflichtig. Im vertragszahnärztlichen Leistungssystem reicht hierfür im Regelfall der Nachweis durch die Angaben des Vertragszahnarztes auf dem Behandlungsausweis aus. Bestehen allerdings Zweifel an der ordnungsgemäßen und/oder vollständigen Erbringung der Leistung, so ist der Vertragszahnarzt wiederum nachweispflichtig. Ein Mittel für den Nachweis der Leistungserbringung sind seine Aufzeichnungen in der Karteikarte, die auch elektronisch geführt werden kann, oder die angefertigten technischen Aufzeichnungen wie z. B. Röntgenbilder.
Der Zahnarzt ist bereits nach berufsrechtlichen Regelungen grundsätzlich verpflichtet, Befunde und Behandlungsmaßnahmen chronologisch und für jeden Patienten getrennt zu dokumentieren (zahnärztliche Dokumentation) und mindestens zehn Jahre aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften andere Aufbewahrungspflichten bestehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Hessen v. 04.06.2005, zit. nach www.lzkh.de/S002DABE8-0062292A.0/BO LZKH neu.pdf, im Folgenden: BO).
Soweit diese Dokumentationspflicht in erster Linie therapeutischen Zwecken dient, wird sie im Rahmen des Sachleistungsprinzips innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert und dient auch zum Nachweis einer wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung.
Die Dokumentationspflichten werden daher im SGB V, in den Bundesmantelverträgen und auch in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt und erweitert.
Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen Leistungserbringer sind verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringung, der Verordnung sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen (§ 294 SGB V). Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, u. a. in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln (§ 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V).
Nach den Bundesmantelverträgen ist der Vertragszahnarzt verpflichtet, über jeden behandelten Kranken Aufzeichnungen zu machen, aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und, soweit erforderlich, der Befund sowie die Behandlungsdaten ersichtlich sein müssen (§ 5 Abs. 1 BMV-Z). Der Vertragszahnarzt hat die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung mit Zahnbezug fortlaufend in geeigneter Weise zu dokumentieren. Die zahnärztlichen Aufzeichnungen und sonstigen Behandlungsunterlagen, Kiefermodelle, ggf. Fotografien, und bei kieferorthopädischen Maßnahmen HNO-Befund, dessen Einholung der Vertragszahnarzt bei Mundatmung veranlassen kann, sind vier Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben sind (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 EKV-Z).
Nach der Richtlinie des GBA für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie) gehören zur vertragszahnärztlichen Versorgung die Befunderhebung und Diagnose sowie ihre Dokumentation. Inhalt und Umfang der diagnostischen Maßnahmen sind in zahnmedizinisch sinnvoller Weise zu beschränken (Abschn. B.I.1. Abs. 1 Behandlungsrichtlinie). Weitere Vorgaben werden z. b. hinsichtlich der Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) (B.V.2. Behandlungsrichtlinie) oder der Röntgenuntersuchungen (B.II.5 Behandlungsrichtlinie) gegeben.
So handelt es sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Dokumentationspflicht seit jeher um eine jeden Behandler treffende Verpflichtung, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 11/06 R - SozR 4-2500 § 95c Nr. 2 = GesR 2007, 260-264 = NZS 2007, 609-612 = USK 2007-20, juris Rdnr. 23).
Wie weit im Einzelnen die Dokumentationspflicht reicht, ist weder berufs- noch sozialrechtlich geregelt und folgt aus berufsrechtlichen bzw. zahnmedizinischen Standards und, soweit eine Leistung innerhalb des Leistungssystems der Gesetzlichen Krankenversicherung betroffen ist, aber auch unter Berücksichtigung des Zwecks, einen Nachweis für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung im Zweifelsfall erbringen zu können. Insofern hat die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid einige inhaltliche Standards aufgeführt.
Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt, wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind, die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (so LSG Bayern, Urt. v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Soweit die Beklagte daher Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung hat, hat sie einen Vertragszahnarzt hierzu anzuhören und ihn aufzufordern, einen vollständigen Beweis für die Leistungserbringung zu führen. Maßgeblich sind dann die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden oder sonstigen Nachweise. Die vom Vertragszahnarzt geführte Dokumentation nebst weiteren technischen Aufzeichnungen kann allein vom Vertragszahnarzt vorgelegt werden.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 – juris Rdnr. 27, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 50/09 -). Ein Vertragszahnarzt ist in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der Beklagten als Widerspruchsbehörde nachzukommen. Dies beruht letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen allein in der Sphäre des Vertragszahnarztes liegt, soweit sie nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung wird der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragszahnarzt nachweisen, dass er die Leistung erbracht hat (vgl. bereits zur Wirtschaftlichkeitsprüfung SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – juris Rdnr. 73 (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 99/09 -; zum verspäteten Vorbringen in einem Disziplinarverfahren SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – AZR 2007, 108, juris Rdnr. 43).
Von daher kommt es nicht darauf an, welche Unterlagen der Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat. Aus diesem Grund ist auch unerheblich, ob es sich um eine tatsächliche, am Behandlungsablauf orientierte, oder um eine nachträglich "geschönte" Dokumentation handelt, wenn auch für letzteres der von der Beklagten nochmals geschilderte Verfahrensablauf und das einheitliche Schriftbild der handschriftlichen Aufzeichnungen spricht. Nach zahnärztlichem Erfahrungswissen kann ein solches Schriftbild bei einer zeitnahen Erstellung der Dokumentation nicht durchgehalten werden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Einzelabsetzungen der KB-Leistungen nicht zu beanstanden. Für ihre ordnungsgemäße und vollständige Erbringung fehlt es an einem Nachweis. Dies ist zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat insoweit in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die von der Beklagten herangezogenen Unterlagen reichten für den Nachweis der strittigen Leistungen nicht aus und dass im Falle einer Präklusion der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig wäre. Die im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen waren aber nicht mehr heranzuziehen. Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf die Einreichung weiterer Unterlagen im Verwaltungsverfahren hingewiesen hat, fehlt es hierfür aber an jeglichem Nachweis. Die Beklagte hat den Kläger wiederholt auf die fehlenden Unterlagen hingewiesen. Abgesehen von widersprüchlichen Äußerungen bzgl. der Karteiblätter kann der Kläger nicht nachweisen, weitere Unterlagen vorgelegt zu haben. Der Kammer sind auch keine Umstände ersichtlich, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte bei ihr vorhandene Unterlagen nicht berücksichtigt hätte oder diese bei ihr verlorengegangen wären. Hiergegen spricht bereits die zeitnahe Aufforderung zur Vorlage weiterer Nachweise.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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