L 10 AL 182/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 543/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 182/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Frage der Statthaftigkeit der Berufung
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichtes Nürnberg vom
16.06.2009 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Gründe:

I.
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Insolvenzgeld nach § 183 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Der 1969 geborene, in Polen wohnhafte Kläger beantragte am 10.02.2006 bei der Beklagten die Bewilligung von Insolvenzgeld für die Monate Juni und Juli 2004. Unter Hinweis auf Unterlagen aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren gegen seinen vormaligen Arbeitgeber machte er geltend, er habe bis 29.07.2004 bei der Fa. K. G. (K. G). gearbeitet. Für Juni und Juli 2004 habe er beim Arbeitsgericht B. rückständigen Bruttolohn in Höhe von 4.322,76 EUR eingeklagt. Mit Beschluss vom 28.07.2005 - Az. 55 Ca 24850/04 -habe das Arbeitsgericht B. das Zustandekommen eines Vergleiches festgestellt, in dem u.a. geregelt war, der Arbeitgeber des Klägers werde zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis an diesen einen Betrag von 547,91 EUR netto zahlen.
Mit Bescheid vom 27.05.2008 lehnte die Beklagte die Zahlung von Insolvenzgeld ab, weil ein Insolvenzereignis iSd § 183 Abs 1 SGB III nicht vorliege. Den nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2008 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und vorgetragen, ein Insolvenzereignis liege vor, denn die Fa. K.G. habe ihren Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt und sei aus dem Gewerberegister gelöscht. Bereits vor dem Wegzug des Firmeninhabers aus B. sei dieser masselos gewesen, denn Vollstreckungsversuche aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich seien wie in Fällen mehrerer Arbeitskollegen ausnahmslos erfolglos geblieben. Zudem habe sein Arbeitgeber die ausgebliebenen Lohnzahlungen damit begründet, er selbst habe noch Geld von Auftraggebern zu erhalten und könne erst nach Durchsetzung seiner Forderungen die ausstehenden Löhne begleichen. Die Voraussetzungen des § 183 Abs.1 Nr. 3 SGB III seien somit erfüllt.
Das SG hat die Klage mit Urteil 16.06.2009 abgewiesen, denn es sei nicht zu belegen, dass die Masselosigkeit des Arbeitgebers vor oder spätestens mit der Einstellung des Geschäftsbetriebes vorgelegen habe. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Lohnzahlungen seitens des Arbeitgebers wegen Zahlungsunfähigkeit abgelehnt worden seien. Auch seien keine weitergehenden Zahlungsrückstände des Arbeitgebers bei Sozialversicherungsträgern und Finanzbehörden bekannt geworden. Zudem sei der Betrieb bis ins Jahr 2006 weitergeführt worden. Soweit sich keine Feststellung treffen ließe, ob nicht gezahltes Arbeitsentgelt auf Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zurückzuführen sei, gehe diese Ungewissheit zu Lasten des Klägers. Auch habe er mit dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht B. weitgehend auf Arbeitsentgeltansprüche verzichtet, so dass nur noch ein Betrag in Höhe von 547,91 EUR netto zu beanspruchen gewesen wäre. Zuletzt habe sich der Kläger auch nicht hinreichend um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht, so dass ein Insolvenzgeldanspruch auch an einer verspäteten Antragsstellung scheitere.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht hat der Kläger nicht begründet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Nürnberg vom 16.Juni 2009, Az: S 5 AL 543/08, zugestellt am 24.Juni 2009, aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Insolvenzgeld antragsgemäß zu bewilligen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 01.12.2009 und 05.03.2010 auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.
Die Berufung ist nicht statthaft und damit als unzulässig zu verwerfen, denn es stehen keine laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den Betrag von 750,00 EUR nicht und das SG hat die Berufung im Urteil vom 16.06.2009 nicht zugelassen.
Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft ist oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wurde. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen, § 158 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften der §§ 143 bis 159 nichts anderes ergibt (§ 143 SGG). Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG).
Vorliegend stehen lediglich Leistungen der Insolvenzsicherung für die Monate Juni und Juli 2004 im Streit. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Zahlung des beantragten Insolvenzgeldes beträgt 547,91 EUR. Der Kläger hatte im Rahmen seines damit in Zusammenhang stehenden Rechtsstreites vor dem Arbeitsgericht B. gegenüber seinem vormaligen Arbeitgeber zwar einen Bruttoarbeitslohn von 4.322,76 EUR geltend gemacht, so dass der ursprüngliche Arbeitsentgeltanspruch bzw. der daraus folgende Insolvenzgeldanspruch - nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen - den für eine zulassungsfreie Berufung maßgeblichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR möglicherweise überschritten hätte. Der Kläger hat jedoch mit dem arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 28.07.2005 seine Forderung bezüglich des Arbeitsentgeltes auf 547,91 EUR beschränkt und somit auf weitergehende Ansprüche verzichtet. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass er gegenüber der Beklagten im Rahmen des Insolvenzgeldantrages einen höheren Anspruch als diese 547,91 EUR geltend gemacht hätte.
Zwar hat der Kläger mit seinem Antrag vom 10.02.2006 Unterlagen in Bezug auf das arbeitsgerichtliche Verfahren vorgelegt, aus dem sich seine ursprüngliche Forderung ergeben hat. Der Hinweis auf das Verfahren vor dem Arbeitsgericht B. und die Beiziehung des hieraus resultierenden arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 28.07.2005 durfte bei der Beklagten aus der Sicht eines verständigen Empfängers jedoch den Schluss nahe legen, er verfolge die ursprüngliche Forderung lediglich im titulierten Umfang weiter. Dies bestätigt sich auch durch die vom Kläger im Verfahren vor dem SG vorgetragene Begründung, denn dort hat er darauf hingewiesen, (allein) die titulierte, d.h. die im Rahmen des Vergleiches festgestellte Forderung, sei ordnungsgemäß weiterverfolgt worden, womit er darlegen wollte, er habe sich mit hinreichender Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche (§ 324 Abs.3 Satz 3 SGB III) bemüht. Zuletzt wurde der Kläger auch seitens des Senates darauf hingewiesen, dass die streitgegenständliche Forderung lediglich 547,91 EUR betrage. Weitergehende Erklärungen hierzu hat der Kläger - trotz mehrfacher gerichtlicher Hinweise - nicht mehr abgegeben, so dass keinerlei Anhaltspunkte zu erkennen sind, der Wert des Beschwerdegegenstandes würde 750,00 EUR überschreiten.
Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen. Die Erteilung einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung genügt nicht, um eine Zulassung der Berufung annehmen zu können, denn diese muss sich aus dem Wortlaut des Urteils ergeben, wobei die Zulassung zweckmäßigerweise im Tenor auszusprechen wäre, jedoch auch wirksam ist, soweit sie sich eindeutig aus den Entscheidungsgründen entnehmen lässt (vgl. Meyer- Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rn. 39 unter Hinweis auf die st. Rspr.). Allein die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung durch das SG führt nicht zu einer Zulässigkeit der Berufung (vgl. Meyer-Ladewig aaO 160 Rn.24b, § 144 Rn. 40 mwN), sodass die Berufung mangels Statthaftigkeit zu verwerfen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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