L 14 R 974/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 R 3693/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 974/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Berechtigung des Rentenversicherungsträgers, einen Bescheid übe die Bewilligung einer Maßnahme der stationären Rehabilitation mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X aufzuheben.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rücknahme eines Bescheids, mit dem dem Kläger Leistungen zur stationären medizinischen Rehabilitation bewilligt worden war.

Der im Jahr 1960 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben keine Berufsausbildung abgeschlossen. Von 1975 bis 1979 war er als Knopfarbeiter, 1980 als Lagerbuchhalter und im Anschluss daran bis 1987 als Ofenbauhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zeiten der selbstständigen Tätigkeit als Handelsvertreter war er von 1990 bis 1992 als Lagerist und zuletzt von 1992 bis 1993 als Wareneingangsleiter versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit ab Februar 1993 nahm der Kläger von Juni 1998 bis März 2000 an einer Umschulungsmaßnahme des Arbeitsamtes L. zum Sozialversicherungsfachangestellten teil, die er jedoch nicht erfolgreich beendete. In den Jahren 1997 und 1998 unterzog er sich stationären Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation in Bad G. bzw. Bad A ... Von Februar 2000 bis Februar 2004 war der Kläger in Haft.

Der Kläger begehrte mit Antrag vom 4. Juni 2004 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von der Beklagten. Er sei vor allem an einer primär chronischen Polyarthritis mit Befall der oberen und unteren Extremitäten erkrankt. Um eine Durchführung der Maßnahme im Gesundheitszentrum W., P., G., werde gebeten, da hier ein qualitativ hochwertiger und langanhaltender Heilerfolg gegeben scheine.

Die Beklagte zog einen Befundbericht der Benediktinerabtei St. B. bei. Hierin wird von multiplen Gelenkveränderungen mit Funktionseinschränkungen an den oberen und unteren Extremitäten bei deutlicher Gehbehinderung aufgrund einer seit 1994 bestehenden rheumatoiden Arthritis berichtet. Das Krankheitsbild habe sich trotz medikamentöser Behandlung und Kuren kontinuierlich verschlechtert. Krankengymnastik und Thermalbäder würden angeregt. Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom
24. Juni 2004 medizinische Leistungen zur Rehabilitation für die Dauer von voraussichtlich 3 Wochen in der Reha-Klinik W., Bad A ... Die Einrichtung sei nach pflichtgemäßem Ermessen nach medizinischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgewählt worden.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei bereits 1998 in der Klinik W. gewesen. Er sei damals nicht zufrieden gewesen. Auch habe seine Ärztin angegeben, für ihn sei eine Behandlung mit Thermalwasser erforderlich. Diese sei in Bad A. nicht möglich. Um die Zuweisung einer anderen Klinik wurde gebeten.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2004 nahm daraufhin die Beklagte den Bescheid vom 24. Juni 2004 zurück und gewährte Maßnahmen zur stationären Rehabilitation in dem Reha-Zentrum bei der Therme, Bad W ... Hiergegen erhob der Kläger erneut Widerspruch mit der Begründung, die Klinik sei für ihn nicht geeignet. Er habe auch Probleme mit den Bronchien. Es sei daher eine Klinik an der Nord- oder Ostsee sinnvoll.

Die Beklagte holte daraufhin Stellungnahmen des sozialmedizinischen Dienstes ein. Danach sei die Mitbehandlung der Bronchitis in der ausgewählten Klinik möglich. Eine erneute Umstellung sei aus medizinischer Sicht nicht erforderlich und aufgrund der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung nicht sinnvoll. An der See stünden keine Kliniken zur Behandlung rheumatologischer Erkrankungen zur Verfügung. Die durch Nikotinkonsum indizierte Bronchitis stelle keine Reha-Indikation dar.

Der Kläger teilte mit Schreiben vom 15. August 2004 den Kliniken Bad W. mit, er werde zu der vom 20. August bis 10. September 2004 vorgesehenen Reha-Maßnahme nicht anreisen. Er habe gegen den Bescheid vom 19. Juli 2004 Widerspruch eingelegt, da er den angebotenen Kurort für ungeeignet halte. Es werde gebeten, den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abzuwarten.

Die Beklagte erklärte, dem Wunsch nach einer Rehabilitationsmaßnahme an der Nord- oder Ostsee könne nicht entsprochen werden, da diese Einrichtung nicht indikationsgerecht sei. Eine erfolgreiche Durchführung der Leistung sei dann nicht gewährleistet.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 19. Juli 2004 an. Da der Kläger die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bisher nicht angetreten habe, sei die Aufhebung des Bewilligungsbescheids beabsichtigt. Eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen wurde eingeräumt.

Nachdem keine Reaktion des Klägers erfolgte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 6. Januar 2005 die Bewilligung vom 19. Juli 2004 mit Wirkung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X auf, da der Kläger die ihm bewilligte Leistung zur medizinischen Rehabilitation an dem vorgesehenen Termin nicht angetreten habe.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er halte durchaus eine Durchführung einer Reha-Maßnahme für angezeigt. Die besten Erfolgsaussichten bestünden jedoch nicht in einer Klinik in Bayern oder Baden-Württemberg. Auch hätte nochmals ein Aufnahmetermin in der Klinik in Bad W. angeboten werden müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Auf Nachfrage durch die Beklagte erklärte der Kläger, er sei nicht bereit, eine Reha-Maßnahme in der Klinik Bad W. anzutreten. Um Entscheidung über den Widerspruch und Zuweisung einer geeigneten Klinik außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs werde gebeten.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger im Eilverfahren daraufhin stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der F.-Klinik, Bad L ... Die durch das Widerspruchverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden auf Antrag erstattet.

Hiergegen erhob der Kläger erneut Widerspruch mit der Begründung, diese Reha-Einrichtung habe kein Thermalwasser. Die Beklagte entsprach dem Änderungsverlangen des Klägers und bewilligte ihm mit Bescheid vom 9. März 2005 Maßnahmen der stationären Rehabilitation in der Rheuma-Klinik Bad N ...

Der Kläger teilte daraufhin am 8. April 2005 mit, er habe eine Aufnahmebestätigung der Klinik Bad N. für den 12. April 2005 erhalten. Er habe beim Sozialamt A-Stadt eine Leistung als Voraussetzung zur Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme beantragt. Da noch keine Entscheidung über diese Leistung erfolgt sei, sei eine Durchführung der Reha-Maßnahme derzeit nicht möglich. Mit derselben Begründung wandte er sich an die Reha-Einrichtung mit der Bitte um Verschiebung der Aufnahme unter Umständen bis zu sechs Monaten. Zum Termin am 12. April 2005 werde er aus diesen Gründen nicht anreisen. Er legte ein Schreiben an das Sozialreferat der Stadt A-Stadt in Kopie vor, wonach er für die Durchführung der medizinischen Reha-Maßnahme einen Bademantel, eine Badehose, Bade- und Turnschuhe, einen Trainingsanzug sowie Handtücher anschaffen müsse. Diese außerordentlichen Belastungen seien nicht im Regelsatz enthalten. Um einen rechtsmittelfähigen Bescheid werde gebeten. Mit Bescheid vom 6. April 2005 lehnte die ARGE der Beschäftigung A-Stadt GmbH den Antrag ab. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er nicht näher begründete.

Die Beklagte erklärte daraufhin gegenüber dem Kläger ihr Einverständnis mit einer Verschiebung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bis August 2005. Sollte der Kläger diesen Zeitpunkt wieder nicht einhalten können, müsste der Bewilligungsbescheid vom 9. März 2005 zurückgenommen werden.

Mit Schreiben vom 11. August 2005 teilte der Kläger der Rheumaklinik Bad N. mit, den für 15. August 2005 vorgesehenen Anreisetermin könne er nicht wahrnehmen. Über den Widerspruch über die Bewilligung von Leistungen zur Durchführung der Maßnahme bzw. der hieraus resultierenden Klage sei noch nicht entschieden. Es werde um einen weiteren Aufschub bis zur Erklärung der Angelegenheit beim Sozialgericht gebeten.

Mit angefochtenem Bescheid vom 29. August 2005 hob die Beklagte daraufhin den Bewilligungsbescheid vom 9. März 2005 mit Wirkung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 S. 1
SGB X auf. Der Beklagte sei mit einer Verschiebung bis August 2005 einverstanden gewesen. Der Kläger könne die ihm bewilligten Leistungen an dem vorgesehenen Termin (25. August 2005) nicht antreten. Der beantragten Verlegung des Beginns auf einen späteren Zeitpunkt könne im Hinblick auf die Art der Gesundheitsstörungen des Klägers aus ärztlichen Gründen nicht entsprochen werden.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe die Reha-Maßnahme aus von ihm nicht zu vertretenden Umständen nicht angetreten. Wer für welche Kosten aufzukommen habe, sei nicht vom Versicherten, sondern von den zuständigen Trägern untereinander abzuklären.

Auf Anfrage der Beklagten, in welchem zeitlichen Umfang mit einer Aufnahme zu rechnen sei, erklärte der Kläger, dies könne er nicht beurteilen. Dies hänge vom Zeitpunkt der Entscheidung über seine Klage ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Beim Kläger sei eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eingetreten, da er sich aufgrund eines laufenden Rechtsstreits mit dem Sozialamt nicht in der Lage sehe, die Rehabilitationsleistung anzutreten. Seit Erteilung des ersten Bewilligungsbescheides und Prüfung diverser Umstellungswünsche seien bereits mehr als ein Jahr vergangen. Die für die Bewilligung maßgeblichen Unterlagen entsprächen nicht mehr dem aktuellen Gesundheitszustand. Die Beklagte sei bei jedem Antrag gehalten zu prüfen, ob die persönlichen Voraussetzungen des Antragstellers für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorliegen. Sie wähle im Hinblick auf die bestehenden Gesundheitsstörungen die Behandlungsstätte indikationsgerecht aus. Bei einem Zeitablauf von weit über einem Jahr sei nicht mehr gewährleistet, dass die oben genannten Bedingungen weiterhin erfüllt seien.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage unter dem Az. S 47 3693/06 beantragte der Kläger, die Beklagte durch Tatsachenfeststellung zu verpflichten, die beantragte Leistung zu erbringen. Zur Begründung verwies er auf seine bisherigen Ausführungen.

Die Beklagte machte geltend, der Klage fehle es bereits am Rechtsschutzbedürfnis, sie sei unzulässig. Um die vom Kläger begehrte Leistung zur medizinischen Rehabilitation zu erhalten, sei eine erneute Antragstellung nach Abschluss des Rechtsstreits mit dem Sozialamt A-Stadt angezeigt. Im übrigen sei die Klage unbegründet. Die im Widerspruchsbescheid gemachten Ausführungen wurden wiederholt.

Mit Urteil vom 17. September 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 verwiesen.

Mit der hiergegen erhobenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zudem begehrt er die Verbindung der Verfahren L 14 R 974/09 und L 14 R 975/09. Streitgegenstand des Verfahrens L 14 R 975/09 ist ein Bescheid, mit dem ein Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mangels Mitwirkung abgelehnt worden ist. Das Urteil des SG sei bereits deshalb anfechtbar, weil es verspätet zugestellt worden sei.

In der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2010 ist der Kläger nicht erschienen.

Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. September 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 29. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die vom Kläger begehrte Verbindung der Verfahren L 14 R 974/09 und L 14 R 975/09 kommt nicht in Betracht, da unterschiedliche Streitgegenstände (Rente wegen Erwerbsminderung auf der einen und Leistungen zur Teilhabe in Form der stationären Maßnahme der Rehabilitation auf der anderen Seite) vorliegen, die keine derartig enge Verknüpfung aufweisen, dass eine Verbindung der Verfahren sinnvoll wäre (vgl. §§ 153 Abs. 1, 113 Abs. 1 SGG).

Schließlich ist in der gebotenen Kürze darauf zu verweisen, dass das am 17. September 2009 ergangene Urteil des SG S 47 R 3693/05 am 20. Oktober 2009 und damit in keiner Weise "verspätet zugestellt" wurde. Das unterzeichnete Urteil ist der Geschäftsstelle des SG am 15. Oktober 2009 zugegangen. Die Sollvorschrift des § 134 Abs. 2 SGG wurde also eingehalten. Darüber hinaus ist eine verspätete Urteilsabfassung erst dann rechtlich bedeutsam, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monate nach der Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Auf den Tag der Zustellung kommt es nicht an (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 134 Rn. 4).

Die streitgegenständlichen Bescheide werden - bei sachgerechter Auslegung des klägerischen Antrags - vom Kläger allein mit einer Anfechtungsklage angegriffen (vgl. § 54
Abs. 4 SGG). Der Kläger begehrt nach wie vor die Gewährung einer stationären Maßnahme der Rehabilitation in der Klinik Bad N ... Mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheids würde der Bewilligungsbescheid vom 9. März 2005 wieder Wirksamkeit erlangen mit der Folge, dass der Kläger Anspruch auf Durchführung einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in dieser Einrichtung hätte. Einer zusätzlichen Verurteilung der Beklagten hierzu bedürfte es nicht.

Die Klage ist entgegen der im Klageverfahren geäußerten Ansicht der Beklagten zulässig. Der Kläger hat ein unbestreitbares Rechtsschutzinteresse an der Beseitigung des Aufhebungsbescheids. Falls die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 9. März 2005 nicht vorliegen und der Aufhebungsbescheid seinerseits aufzuheben ist, hat der Kläger ohne weiteres einen sich aus dem Bescheid vom 9. März 2005 ergebenden Anspruch auf Durchführung der Reha-Maßnahme in der von ihm gewünschten Rheumaklinik Bad N ... Auf die Möglichkeit, einen neuen Antrag zu stellen, muss er sich nicht verweisen lassen. Dies könnte etwa dazu führen, dass dem Kläger eine Maßnahme in einer anderen Rehabilitationseinrichtung gewährt wird.

Der angefochtene Bescheid ist jedoch rechtmäßig. Die Beklagte hat den Bewilligungsbescheid vom 9. März 2005 zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X aufgehoben.

Der Aufhebungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die fehlende Anhörung hat die Beklagte im Widerspruchsverfahren mit heilender Wirkung (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X) nachgeholt, da sie im Bescheid selbst alle wesentlichen Tatsachen mitgeteilt hat, auf die die Verwaltung ihre Entscheidung stützt. Neu ermittelte Umstände enthält der Widerspruchsbescheid nicht. Auch hat die Beklagte die Ausführungen des Klägers ausweislich des Widerspruchsbescheids zur Kenntnis genommen und erwogen.

Die angefochtene Aufhebungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für ihn ist § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist nach dieser Bestimmung der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Der Bescheid über die Gewährung einer auf die Dauer von zunächst drei Wochen angelegten Maßnahme der stationären Rehabilitation ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Verwaltungsakte mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X sind Verwaltungsentscheidungen, die sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpfen, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründen oder inhaltlich verändern. Ein Verwaltungsakt hat Dauerwirkung, wenn er rechtliche Wirkungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw. Bindungswirkung hinaus für eine gewisse zeitliche Dauer entfaltet (BSGE 58, 49, 71; 88, 172, 174; BSG in SozR 3-3110 § 10 Nr. 6)). Dies ist bei einer Bewilligung einer stationären Reha-Maßnahme der Fall, da sich diese gewöhnlich über einen längeren Zeitraum erstreckt (hier waren zunächst 3 Wochen bewilligt) und zudem in der Regel ein nicht unerheblicher Zeitraum zwischen Leistungsbewilligung und tatsächlichem Zeitpunkt der Leistungserbringung liegt.

In den tatsächlichen Verhältnissen, die der Bewilligung der Maßnahme der stationären Rehabilitation durch den Bescheid vom 9. März 2005 zugrunde lagen, ist dadurch eine wesentliche Änderung eingetreten, dass aufgrund des vom Kläger nach der Leistungsbewilligung an den Tag gelegten Verhaltens nicht mehr von einer Erfolgsaussicht der Maßnahme zur Rehabilitation ausgegangen werden konnte.

Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist eine solche, die zur Folge hat, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt so nicht hätte erlassen dürfen (KassKomm-Steinwedel, § 48 SGB X Rn. 13). Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung zur Teilhabe in Form der stationären medizinischen Rehabilitation ist gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, dass die - beim Kläger unstreitig vorliegende - Minderung der Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Für diese Prognose reicht die entfernt liegende Möglichkeit nicht. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Erfolg der Leistung wahrscheinlich ist. Es muss nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Leiden, der persönlichen Verhältnisse und der Bereitschaft zur Mitwirkung mehr dafür als dagegen sprechen, dass die Leistung zu einer wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit führen kann (KassKomm-Niesel, § 10 SGB VI Rn. 14). Zum Zeitpunkt der Bewilligung der Maßnahme am 9. März 2005 lagen die Voraussetzungen für deren Gewährung vor; insbesondere konnte die Beklagte (noch) von einem erfolgreichen Abschluss ausgehen. Die Bewilligung der Maßnahme war daher zunächst rechtmäßig.

In den tatsächlichen Verhältnissen hat sich durch das weitere Verhalten des Klägers jedoch eine Änderung ergeben, die die Beklagte zu Recht zu einer anderen Prognoseentscheidung bewogen hat.

Das BSG hat entscheiden, dass es bei länger andauernden Leistungen (hier: Behandlung von Alkoholabhängigen) nicht ausreicht, auf eine Reha-Bedürftigkeit bei deren Beginn abzustellen. Es muss vielmehr in sachgerechten Abständen ermittelt und geprüft werden, ob die Voraussetzungen weiterhin gegeben sind (BSG SozR 3-2200 § 1237 Nr. 2). Dasselbe muss dann gelten, wenn zwar die Leistung vorläufig "nur" auf drei Wochen festgelegt worden ist, sich der Beginn der Leistungserbringung aber seit der Bewilligung erheblich verzögert hat. Die Beklagte durfte und musste also prüfen, ob auch noch im August 2005 eine Erfolgsaussicht für eine Maßnahme der stationären Rehabilitation besteht, die dem Kläger bereits mit Bescheid vom 9. März 2005 bewilligt worden war.

Im August 2005 konnte die Beklagte von einer erfolgreichen Absolvierung der stationären Maßnahme zur Rehabilitation nicht mehr ausgehen. Die Maßnahme hatte sich seit der Antragstellung aus den unterschiedlichsten Gründen bereits über ein Jahr verzögert. Dessen ungeachtet hat der Kläger in keiner Weise nachvollziehbar erstmals im April 2005 sein Begehren um eine weitere Verschiebung der Maßnahme zur Rehabilitation aufgrund eines angeblichen Bedarfs an Handtüchern, Bademantel und Badeschuhen etc. artikuliert. Zum einen ist nicht erklärlich, warum der Kläger erst im April 2005 den Bedarf an diesen Utensilien erkennt und sich nicht bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung einer stationären Reha-Maßnahme im Juni 2004 hierum gekümmert hat. Zum andern umfasst die Regelleistung gemäß § 20 Abs. 1 und 2 SGB II neben der Ernährung unter anderem auch Kleidung, Hausrat und Körperpflege. Die beantragten Gegenstände sind hiervon abgedeckt. Der Kläger hatte über ein Jahr Zeit, sich aus den ihm zustehenden Regelleistungen die in der Anschaffung nicht sehr teuren Gegenstände zu beschaffen, soweit diese - wie etwa Handtücher - nicht ohnehin von der Rehabilitationseinrichtung gestellt werden.

Aus diesem nicht nachvollziehbaren verzögernden Verhalten des Klägers folgt nach Auffassung des Senats, dass im August 2005 die Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, ein Erfolg einer Rehabilitationsmaßnahme sei auf absehbare Zeit nicht mehr zu erwarten. Hierbei durfte die Beklagte auch berücksichtigen, dass der Kläger schon im Vorfeld erheblich zu einer Verzögerung der Maßnahme beigetragen hatte. Verständlich ist zwar sein Begehren, eine Rehabilitationseinrichtung zugewiesen zu bekommen, in der eine Behandlung mit Thermalbädern möglich ist, da dies von seinen behandelnden Ärzten empfohlen worden ist. Die Einwendungen gegen die Klinik in Bad W. sind jedoch nicht nachvollziehbar. Der medizinische Dienst der Beklagten hat überzeugend dargetan, dass diese Klinik die durch einen Nikotinabusus verursachten Gesundheitsstörungen an den Bronchien des Klägers hätte mitbehandeln können. Eine wirklich tragfähige Begründung für die Ablehnung auch dieser Klinik hatte der Kläger also nicht abgegeben. Die Benennung einer weiteren Klinik durch die Beklagte zu diesem Zeitpunkt ist daher ohnehin schon als sehr entgegenkommend anzusehen. Durch sein sich in einer Gesamtschau der Vorgänge seit Antragstellung zeigendes beharrliches Nichtantreten der Maßnahme aus zum Schluss in keiner Weise mehr plausiblen Gründen hat der Kläger sein Desinteresse an der Maßnahme hinreichend deutlich kundgetan. Angesichts dieses Desinteresses kann aber auch kein erfolgreicher Abschluss der bewilligten Maßnahme mehr erwartet werden. Die Bewilligungsvoraussetzungen für eine Maßnahme der stationären medizinischen Rehabilitation lagen damit nicht mehr vollständig vor. Darin liegt eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die die Beklagte berechtigt hat, den Bewilligungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Das SG hat damit die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt den Umstand, dass der Kläger auch in zweiter Instanz nicht erfolgreich war.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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