Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 5323/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5456/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe des Beitragsabzuges zur Pflegeversicherung im Rahmen der ihr gewährten Altersrente.
Die 1947 geborene Klägerin bezog zunächst eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.05.2001 (Leistungsfall 17.01.2001, Bescheid vom 04.03.2004) bzw. eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab 01.08.2001 (Bescheid vom 26.05.2004) bis 31.07.2004 und ab 01.08.2004 bis 31.07.2007 (Bescheid v. 23.08.2004). Auf ihren Antrag vom 05.03.2007 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 10.04.2007 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Ab dem 01.04.2007 wurden ihr monatlich 997,52 EUR abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 71,82 EUR, eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 8,98 EUR und des Beitrages zur Pflegeversicherung in Höhe von 16,96 EUR bewilligt. Der monatliche Zahlbetrag belief sich auf 899,76 EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem sich die Klägerin gegen die Höhe des Krankenversicherungsbeitrages, den Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung und den festgestellten Zugangsfaktor wandte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2008 zurück. Eine hiergegen zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhobene Klage ist noch anhängig (S 11 R 293/08).
In einer dem Bevollmächtigten der Klägerin am 25.06.2008 zugegangenen Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum 01.07.2008 - ohne Datum - teilte die Beklagte mit, dass der aktuelle Rentenwert aufgrund des Gesetzes zur Rentenanpassung 2008 für die Zeit ab 01.07.2008 26,56 EUR betrage und zu einer Erhöhung des Rentenbetrages führe. Dieser Bescheid trete für die Zeit ab 01.07.2008 an die Stelle des zuletzt erteilten Bescheides über die Höhe des Rentenbetrages. Durch die Höhe des Rentenbetrages ändere sich auch die Höhe der aus der Rente zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Ferner sei der geänderte Beitragssatz zur Pflegeversicherung ab dem 01.07.2008 zu berücksichtigen. Die Beklagte stellte die Rente nunmehr mit 1.013,93 EUR statt der bislang bewilligten 1.002,86 EUR fest. Der Beitragsanteil zur Krankenversicherung erhöhte sich bei einem unveränderten Beitragssatz von 14,40 % von 72,20 EUR auf 73 EUR. Der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 0,9 % stieg von 9,03 EUR auf 9,13 EUR an und der Beitrag zur Pflegeversicherung von 17,05 EUR auf 19,77 EUR. Statt des bisherigen Zahlbetrages in Höhe von 904,58 EUR wurden der Klägerin für die Zeit ab 01.07.2008 912,03 EUR bewilligt. Den hiergegen, auf die Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung beschränkten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass sich die veränderte Höhe des Beitragssatzes aus dem Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 ergebe. Durch dieses Gesetz sei § 55 Abs. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) mit Wirkung ab 01.07.2008 geändert worden. Es bestehe auch unter Berücksichtigung der mit dem Widerspruch vorgetragenen Argumente keine Möglichkeit von dieser zwingenden gesetzlichen Vorgabe abzuweichen.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.10.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass schon der Beitragssatz der Krankenversicherung zum 01.04.2008 angehoben worden sei, nun auch der Beitragssatz für die Pflegeversicherung und zudem sei mit einer weiteren Beitragsanhebung des Krankenversicherungsbeitrages zum 01.01.2009 auf 15,5 % im Rahmen des sogenannten Gesundheitsfonds zu rechnen. Dabei handele es sich schlicht und ergreifend um Kürzungsgesetze. Unter Berücksichtigung eines hier vorhandenen 10,8 % Abschlages sei auch ein vom Bundesverfassungsgericht eingeräumter weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zur Erhaltung des Gesamtsystems überschritten. Es sei ein Scheinargument des Gesetzgebers, dass kein Geld da wäre, wenn man innerhalb von 72 Stunden 500 Milliarden Euro staatlicherseits locker machen könne und gleichzeitig auf der anderen Seite die Rentenanwartschaften innerhalb von 10 Jahren um rund 30 % zusammenstreiche. Denn die Kürzungen hätten ja bereits indirekt mit der Veränderung der Berechnungselemente begonnen, ohne dass die Betreffenden dies jemals bemerkt hätten. Hinzugekommen sei der versicherungsmathematische Abschlag, so wie auch bei der Klägerin hier, der sich auch noch bei der Altersrente fortsetze sowie die ganzen einzelnen Kürzungsgesetze über die Pflichtbeiträge zu anderen Sozialversicherungszweigen bis hin zu dem mit enteignendem Charakter versehenen 0,9 %-igen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag für die Rentner.
Mit Beschluss vom 13.01.2009 hat das SG die B. Ersatzkasse sowie die B. Ersatzkasse - Pflegekasse - zum Verfahren gemäß §§ 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.10.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Anhebung des Beitragssatzes von vorher 1,7 % auf nun 1,95 % durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 zum 01.07.2008 festgelegt worden sei. Diese Regelung habe der streitgegenständliche Bescheid zutreffend umgesetzt. Das Gericht habe auch keine Bedenken bzgl. der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift. Denn die Anhebung der Beitragssätze habe alle Mitglieder der Pflegeversicherung betroffen. Darüber hinaus habe die Beklagte die Beiträge zur Pflegeversicherung zulässigerweise durch Verrechnung einbehalten dürfen. Ein Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz liege insoweit nicht vor.
Gegen den ihr am 31.10.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.11.2009 Berufung eingelegt.
Sie hält daran fest, dass die gesamte Struktur, wie die Eingriffe in die gesetzliche Sozialversicherung erfolgen und wie zusätzliche Belastungen auf Rentner abgewälzt werden, verfassungswidrig sei. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber im Winter 2008/2009 600 Milliarden Euro in die Wirtschaft gepumpt habe, aber keinen Cent in die gesetzlichen Sozialversicherungen, schreibe der ganzen Sache auf die Stirn, dass die dauernden Eingriffe in die Sozialversicherung sowie auch die Anhebung der Beiträge unverhältnismäßig seien. Der Ablauf der letzten 8 Jahre sei gekennzeichnet gewesen durch Kürzungen und Anhebungen von Beitragsbelastungen, Umverteilungen von Geldern und dramatischen Ablehnungen von Geldleistungen, insbesondere auch im Bereich der Pflegeversicherung. Die Frage der Verhältnismäßigkeit führe zwangsläufig zu einer politischen Diskussion. Das SG habe nicht erkannt, dass die Milliarden, die in die Wirtschaft hätten gepumpt werden müssen, durch die Kürzungen der Sozialversicherung zum Teil mit verursacht worden seien. Politische Fehler durch Unterlassen ordnungsgemäßer Strukturreformen zu einem rechtzeitigen Zeitpunkt, durch das Erkennen, wann gravierende Änderungen in den Finanzierungssystemen der Sozialversicherungssysteme hätten erfolgen müssen, könnten im vorliegenden Falle verfassungswidrig sein und seien es auch. Die Adressaten der dauernden Leistungskürzungen könnten nicht grenzenlos in ihren Leistungsansprüchen, die eigentumsgeschützt seien, herunter gekürzt werden, wenn offensichtlich sei, dass sämtliche Maßnahmen ins Leere gingen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass ein Ende nicht absehbar sei, was bereits vor 5 Jahren prognostiziert worden sei und sich durch den Ablauf der letzten 5 Jahre komplett erwiesen habe.
Die Klägerin beantragt -sachdienlich gefasst-,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27.10.2009 aufzuheben und die Rentenanpassungsmitteilung - ohne Datum - zum Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2008 aufzuheben, soweit die Beklagte mit Wirkung ab 1. Juli 2008 der Berechnung des Pflegebeitrages den um 0,25 Prozent erhöhten Beitragssatz zugrundegelegt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an der bislang vertretenen Auffassung fest.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht und auch sonst zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Gegenstand der statthaften Anfechtungsklage ist die infolge des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (BGBl. I 2008, S. 874 ff.) vom 28.05.2008 (gem. Art. 17 Abs. 1 dieses Gesetzes am 1.07.2008 in Kraft getreten) erfolgte Anhebung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Pflegeversicherung von vormals 1,7 v.H. (§ 55 SGB XI in der bis 30.06.2008 anzuwendenden Fassung) um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen mit Wirkung ab 01.07.2008. Nur hierdurch wird die Klägerin durch die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung beschwert, nur hierüber hat die Beklagte entschieden. Soweit mit der Rentenanpassung auch eine höhere Beitragsbelastung für die Krankenversicherung verbunden ist, ist diese - bei einem insoweit unveränderten Beitragssatz - allein der Erhöhung der Rente aufgrund des angepassten aktuellen Rentenwerts geschuldet. Eine Veränderung der Grundlagen der Berechnung der Rente und damit ein Eingriff in Rechte der Klägerin durch die Rentenanpassungsmitteilung ist dadurch also gerade nicht erfolgt. Einwendungen gegen die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben sind darüber hinaus auch nicht vorgebracht worden. Klage und Berufung sind auch nicht deshalb unzulässig, weil die angefochtene Entscheidung bereits anderweitig rechtshängig sein könnte. Denn sie ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des gegen den Altersrentenbescheid vor dem SG Freiburg geführten Klageverfahrens geworden. Gegenstand dieses Verfahrens (Bescheid vom 10.04.2007) ist der der Altersrente zugrundegelegte Zugangsfaktor und damit die Höhe der zu gewährenden Rente. Im vorliegenden Verfahren ist dagegen lediglich die Höhe des Abzugs für die Pflegeversicherung streitig. Diese wirkt sich nur mittelbar auf den Auszahlungsbetrag der Rente, nicht aber auf die Rentenhöhe an sich aus.
Die Beklagte ist für die Tragung und Feststellung der Höhe der Beiträge auch sachlich zuständig (vgl. BSG Urteil v. 29.11.2006, B 12 RJ 4/05 R in SozR 4-3300 § 59 Nr. 1).
Der von der Beklagten berücksichtigte Beitragssatz ergibt sich aus § 55 Abs. 1 S. 1 SGB XI in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (BGBl. I 2008, S. 874 ff.) vom 28.05.2008. Danach beträgt der Beitragssatz 1,95 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Als Rentenbezieherin ist die Klägerin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 SGB XI i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Pflichtmitglied der gesetzlichen Kranken- als auch Pflegeversicherung der Rentner. § 57 SGB XI bestimmt, dass für Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, für die Beitragsbemessung die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23 a und 23 b Abs. 2 bis 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch entsprechend gelten. Bei versicherungspflichtigen Rentenbeziehern wird der Beitragsbemessung - u.a. - der Zahlbetrag der Rente zugrundegelegt. Dieser beläuft sich unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwerts für die Zeit ab 01.07.2008 auf 26,56 EUR (vgl. § 1 Abs. 1 Gesetz über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2008 vom 26. Juni 2008 (BGBl. I S. 1076 [Rentenwertbestimmungsgesetz 2008]). Berücksichtigt man die im Bescheid vom 10.04.2007 festgestellten persönlichen Entgeltpunkte aus zwischenstaatlicher Rente in Höhe von 38,1751 und einen Rentenartfaktor von 1,0 ergibt sich eine Monatsrente von 1013,93 EUR (§ 64 SGB VI: 38,1751 x 1 x 26,56). Hiervon hat die Beklagte 1,95 v.H. und damit 19,77 EUR zu Recht als Beitrag zur Pflegeversicherung abgezogen.
Soweit die Einwendungen der Klägerin auf Zweifeln beruhen, die die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit der Neuregelung betreffen sollen, teilt der Senat diese Zweifel nicht. Gegenstand des Verfahrens ist - wie bereits ausgeführt - gerade nicht die in der Rentenanpassungsmitteilung wiedergegebene Rentenhöhe. Der Regelungsgehalt einer Anpassungsmitteilung erschöpft sich in der wertmäßigen Fortschreibung eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente (BSG in SozR 3-2600 § 248 Nr. 8 m.w.N.). In einer Rentenanpassung wird also nicht über den Geldwert einer Rente, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung des bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente entschieden. Die Einwendungen der Klägerin im Hinblick auf die Höhe der verbleibenden Rente unter Berücksichtigung der angeblich in den letzten Jahren erfolgten faktischen Rentenkürzungen gehen daher vorliegend ins Leere.
Eine unabhängig hiervon bestehende - sozusagen isolierte - Verfassungswidrigkeit der Anhebung des Beitragssatzes für die Pflegeversicherung erschließt sich dem Senat nicht. Unabhängig davon, dass diese Beitragserhöhung alle Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung trifft und nicht nur diejenigen, die aufgrund ihres Rentenbezuges Mitglieder dieses Sozialversicherungszweiges sind, ist zu berücksichtigen, dass mit dieser Beitragserhöhung eine Erweiterung des Leistungsspektrums im Bereich der Pflegeversicherung einhergeht, wovon auch die Klägerin als Mitglied profitiert (vgl. hierzu im Einzelnen die Begründung im Entwurf des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung BT-Drs 16/7439). Der Einwand der Schlechterstellung dieser Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung greift aber hier schon deshalb nicht, weil die Renten zum 01.08.2008 durch die Aussetzung des Altersvorsorgeanteils in der Rentenanpassungsformel um 1,1 % angehoben wurden, obwohl zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Entwicklung der Bruttolöhne - an welche die Steigerung der Renten gekoppelt ist (vgl. § 68 Abs. 2 SGB VI) - nur eine Steigerung um 0,46 % gerechtfertigt gewesen wäre (vgl. Begründung zum Rentenanpassungsgesetz 2008 BT-Drs. 16/8744, A, II.). Eine Grundrechtsverletzung der Klägerin durch die Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrages zum 01.07.2008 ist nach alledem nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe des Beitragsabzuges zur Pflegeversicherung im Rahmen der ihr gewährten Altersrente.
Die 1947 geborene Klägerin bezog zunächst eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.05.2001 (Leistungsfall 17.01.2001, Bescheid vom 04.03.2004) bzw. eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab 01.08.2001 (Bescheid vom 26.05.2004) bis 31.07.2004 und ab 01.08.2004 bis 31.07.2007 (Bescheid v. 23.08.2004). Auf ihren Antrag vom 05.03.2007 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 10.04.2007 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Ab dem 01.04.2007 wurden ihr monatlich 997,52 EUR abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 71,82 EUR, eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 8,98 EUR und des Beitrages zur Pflegeversicherung in Höhe von 16,96 EUR bewilligt. Der monatliche Zahlbetrag belief sich auf 899,76 EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem sich die Klägerin gegen die Höhe des Krankenversicherungsbeitrages, den Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung und den festgestellten Zugangsfaktor wandte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2008 zurück. Eine hiergegen zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhobene Klage ist noch anhängig (S 11 R 293/08).
In einer dem Bevollmächtigten der Klägerin am 25.06.2008 zugegangenen Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum 01.07.2008 - ohne Datum - teilte die Beklagte mit, dass der aktuelle Rentenwert aufgrund des Gesetzes zur Rentenanpassung 2008 für die Zeit ab 01.07.2008 26,56 EUR betrage und zu einer Erhöhung des Rentenbetrages führe. Dieser Bescheid trete für die Zeit ab 01.07.2008 an die Stelle des zuletzt erteilten Bescheides über die Höhe des Rentenbetrages. Durch die Höhe des Rentenbetrages ändere sich auch die Höhe der aus der Rente zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Ferner sei der geänderte Beitragssatz zur Pflegeversicherung ab dem 01.07.2008 zu berücksichtigen. Die Beklagte stellte die Rente nunmehr mit 1.013,93 EUR statt der bislang bewilligten 1.002,86 EUR fest. Der Beitragsanteil zur Krankenversicherung erhöhte sich bei einem unveränderten Beitragssatz von 14,40 % von 72,20 EUR auf 73 EUR. Der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 0,9 % stieg von 9,03 EUR auf 9,13 EUR an und der Beitrag zur Pflegeversicherung von 17,05 EUR auf 19,77 EUR. Statt des bisherigen Zahlbetrages in Höhe von 904,58 EUR wurden der Klägerin für die Zeit ab 01.07.2008 912,03 EUR bewilligt. Den hiergegen, auf die Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung beschränkten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass sich die veränderte Höhe des Beitragssatzes aus dem Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 ergebe. Durch dieses Gesetz sei § 55 Abs. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) mit Wirkung ab 01.07.2008 geändert worden. Es bestehe auch unter Berücksichtigung der mit dem Widerspruch vorgetragenen Argumente keine Möglichkeit von dieser zwingenden gesetzlichen Vorgabe abzuweichen.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.10.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass schon der Beitragssatz der Krankenversicherung zum 01.04.2008 angehoben worden sei, nun auch der Beitragssatz für die Pflegeversicherung und zudem sei mit einer weiteren Beitragsanhebung des Krankenversicherungsbeitrages zum 01.01.2009 auf 15,5 % im Rahmen des sogenannten Gesundheitsfonds zu rechnen. Dabei handele es sich schlicht und ergreifend um Kürzungsgesetze. Unter Berücksichtigung eines hier vorhandenen 10,8 % Abschlages sei auch ein vom Bundesverfassungsgericht eingeräumter weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zur Erhaltung des Gesamtsystems überschritten. Es sei ein Scheinargument des Gesetzgebers, dass kein Geld da wäre, wenn man innerhalb von 72 Stunden 500 Milliarden Euro staatlicherseits locker machen könne und gleichzeitig auf der anderen Seite die Rentenanwartschaften innerhalb von 10 Jahren um rund 30 % zusammenstreiche. Denn die Kürzungen hätten ja bereits indirekt mit der Veränderung der Berechnungselemente begonnen, ohne dass die Betreffenden dies jemals bemerkt hätten. Hinzugekommen sei der versicherungsmathematische Abschlag, so wie auch bei der Klägerin hier, der sich auch noch bei der Altersrente fortsetze sowie die ganzen einzelnen Kürzungsgesetze über die Pflichtbeiträge zu anderen Sozialversicherungszweigen bis hin zu dem mit enteignendem Charakter versehenen 0,9 %-igen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag für die Rentner.
Mit Beschluss vom 13.01.2009 hat das SG die B. Ersatzkasse sowie die B. Ersatzkasse - Pflegekasse - zum Verfahren gemäß §§ 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.10.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Anhebung des Beitragssatzes von vorher 1,7 % auf nun 1,95 % durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 zum 01.07.2008 festgelegt worden sei. Diese Regelung habe der streitgegenständliche Bescheid zutreffend umgesetzt. Das Gericht habe auch keine Bedenken bzgl. der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift. Denn die Anhebung der Beitragssätze habe alle Mitglieder der Pflegeversicherung betroffen. Darüber hinaus habe die Beklagte die Beiträge zur Pflegeversicherung zulässigerweise durch Verrechnung einbehalten dürfen. Ein Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz liege insoweit nicht vor.
Gegen den ihr am 31.10.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.11.2009 Berufung eingelegt.
Sie hält daran fest, dass die gesamte Struktur, wie die Eingriffe in die gesetzliche Sozialversicherung erfolgen und wie zusätzliche Belastungen auf Rentner abgewälzt werden, verfassungswidrig sei. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber im Winter 2008/2009 600 Milliarden Euro in die Wirtschaft gepumpt habe, aber keinen Cent in die gesetzlichen Sozialversicherungen, schreibe der ganzen Sache auf die Stirn, dass die dauernden Eingriffe in die Sozialversicherung sowie auch die Anhebung der Beiträge unverhältnismäßig seien. Der Ablauf der letzten 8 Jahre sei gekennzeichnet gewesen durch Kürzungen und Anhebungen von Beitragsbelastungen, Umverteilungen von Geldern und dramatischen Ablehnungen von Geldleistungen, insbesondere auch im Bereich der Pflegeversicherung. Die Frage der Verhältnismäßigkeit führe zwangsläufig zu einer politischen Diskussion. Das SG habe nicht erkannt, dass die Milliarden, die in die Wirtschaft hätten gepumpt werden müssen, durch die Kürzungen der Sozialversicherung zum Teil mit verursacht worden seien. Politische Fehler durch Unterlassen ordnungsgemäßer Strukturreformen zu einem rechtzeitigen Zeitpunkt, durch das Erkennen, wann gravierende Änderungen in den Finanzierungssystemen der Sozialversicherungssysteme hätten erfolgen müssen, könnten im vorliegenden Falle verfassungswidrig sein und seien es auch. Die Adressaten der dauernden Leistungskürzungen könnten nicht grenzenlos in ihren Leistungsansprüchen, die eigentumsgeschützt seien, herunter gekürzt werden, wenn offensichtlich sei, dass sämtliche Maßnahmen ins Leere gingen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass ein Ende nicht absehbar sei, was bereits vor 5 Jahren prognostiziert worden sei und sich durch den Ablauf der letzten 5 Jahre komplett erwiesen habe.
Die Klägerin beantragt -sachdienlich gefasst-,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27.10.2009 aufzuheben und die Rentenanpassungsmitteilung - ohne Datum - zum Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2008 aufzuheben, soweit die Beklagte mit Wirkung ab 1. Juli 2008 der Berechnung des Pflegebeitrages den um 0,25 Prozent erhöhten Beitragssatz zugrundegelegt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an der bislang vertretenen Auffassung fest.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht und auch sonst zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Gegenstand der statthaften Anfechtungsklage ist die infolge des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (BGBl. I 2008, S. 874 ff.) vom 28.05.2008 (gem. Art. 17 Abs. 1 dieses Gesetzes am 1.07.2008 in Kraft getreten) erfolgte Anhebung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Pflegeversicherung von vormals 1,7 v.H. (§ 55 SGB XI in der bis 30.06.2008 anzuwendenden Fassung) um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen mit Wirkung ab 01.07.2008. Nur hierdurch wird die Klägerin durch die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung beschwert, nur hierüber hat die Beklagte entschieden. Soweit mit der Rentenanpassung auch eine höhere Beitragsbelastung für die Krankenversicherung verbunden ist, ist diese - bei einem insoweit unveränderten Beitragssatz - allein der Erhöhung der Rente aufgrund des angepassten aktuellen Rentenwerts geschuldet. Eine Veränderung der Grundlagen der Berechnung der Rente und damit ein Eingriff in Rechte der Klägerin durch die Rentenanpassungsmitteilung ist dadurch also gerade nicht erfolgt. Einwendungen gegen die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben sind darüber hinaus auch nicht vorgebracht worden. Klage und Berufung sind auch nicht deshalb unzulässig, weil die angefochtene Entscheidung bereits anderweitig rechtshängig sein könnte. Denn sie ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des gegen den Altersrentenbescheid vor dem SG Freiburg geführten Klageverfahrens geworden. Gegenstand dieses Verfahrens (Bescheid vom 10.04.2007) ist der der Altersrente zugrundegelegte Zugangsfaktor und damit die Höhe der zu gewährenden Rente. Im vorliegenden Verfahren ist dagegen lediglich die Höhe des Abzugs für die Pflegeversicherung streitig. Diese wirkt sich nur mittelbar auf den Auszahlungsbetrag der Rente, nicht aber auf die Rentenhöhe an sich aus.
Die Beklagte ist für die Tragung und Feststellung der Höhe der Beiträge auch sachlich zuständig (vgl. BSG Urteil v. 29.11.2006, B 12 RJ 4/05 R in SozR 4-3300 § 59 Nr. 1).
Der von der Beklagten berücksichtigte Beitragssatz ergibt sich aus § 55 Abs. 1 S. 1 SGB XI in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (BGBl. I 2008, S. 874 ff.) vom 28.05.2008. Danach beträgt der Beitragssatz 1,95 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Als Rentenbezieherin ist die Klägerin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 SGB XI i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Pflichtmitglied der gesetzlichen Kranken- als auch Pflegeversicherung der Rentner. § 57 SGB XI bestimmt, dass für Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, für die Beitragsbemessung die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23 a und 23 b Abs. 2 bis 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch entsprechend gelten. Bei versicherungspflichtigen Rentenbeziehern wird der Beitragsbemessung - u.a. - der Zahlbetrag der Rente zugrundegelegt. Dieser beläuft sich unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwerts für die Zeit ab 01.07.2008 auf 26,56 EUR (vgl. § 1 Abs. 1 Gesetz über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2008 vom 26. Juni 2008 (BGBl. I S. 1076 [Rentenwertbestimmungsgesetz 2008]). Berücksichtigt man die im Bescheid vom 10.04.2007 festgestellten persönlichen Entgeltpunkte aus zwischenstaatlicher Rente in Höhe von 38,1751 und einen Rentenartfaktor von 1,0 ergibt sich eine Monatsrente von 1013,93 EUR (§ 64 SGB VI: 38,1751 x 1 x 26,56). Hiervon hat die Beklagte 1,95 v.H. und damit 19,77 EUR zu Recht als Beitrag zur Pflegeversicherung abgezogen.
Soweit die Einwendungen der Klägerin auf Zweifeln beruhen, die die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit der Neuregelung betreffen sollen, teilt der Senat diese Zweifel nicht. Gegenstand des Verfahrens ist - wie bereits ausgeführt - gerade nicht die in der Rentenanpassungsmitteilung wiedergegebene Rentenhöhe. Der Regelungsgehalt einer Anpassungsmitteilung erschöpft sich in der wertmäßigen Fortschreibung eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente (BSG in SozR 3-2600 § 248 Nr. 8 m.w.N.). In einer Rentenanpassung wird also nicht über den Geldwert einer Rente, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung des bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente entschieden. Die Einwendungen der Klägerin im Hinblick auf die Höhe der verbleibenden Rente unter Berücksichtigung der angeblich in den letzten Jahren erfolgten faktischen Rentenkürzungen gehen daher vorliegend ins Leere.
Eine unabhängig hiervon bestehende - sozusagen isolierte - Verfassungswidrigkeit der Anhebung des Beitragssatzes für die Pflegeversicherung erschließt sich dem Senat nicht. Unabhängig davon, dass diese Beitragserhöhung alle Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung trifft und nicht nur diejenigen, die aufgrund ihres Rentenbezuges Mitglieder dieses Sozialversicherungszweiges sind, ist zu berücksichtigen, dass mit dieser Beitragserhöhung eine Erweiterung des Leistungsspektrums im Bereich der Pflegeversicherung einhergeht, wovon auch die Klägerin als Mitglied profitiert (vgl. hierzu im Einzelnen die Begründung im Entwurf des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung BT-Drs 16/7439). Der Einwand der Schlechterstellung dieser Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung greift aber hier schon deshalb nicht, weil die Renten zum 01.08.2008 durch die Aussetzung des Altersvorsorgeanteils in der Rentenanpassungsformel um 1,1 % angehoben wurden, obwohl zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Entwicklung der Bruttolöhne - an welche die Steigerung der Renten gekoppelt ist (vgl. § 68 Abs. 2 SGB VI) - nur eine Steigerung um 0,46 % gerechtfertigt gewesen wäre (vgl. Begründung zum Rentenanpassungsgesetz 2008 BT-Drs. 16/8744, A, II.). Eine Grundrechtsverletzung der Klägerin durch die Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrages zum 01.07.2008 ist nach alledem nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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