L 1 KR 263/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 86 KR 3362/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 263/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2006 werden in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 6) in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 5) ab dem 1. Januar 1991 bis zum 31. März 2006 der Rentenversicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unterlag. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, welche diese jeweils selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Wert des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Im Streit steht die Rentenversicherungspflicht der Beschäftigung der Beigeladenen zu 6) bei der Beigeladenen zu 5) im Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis 31. März 2006.

Die Beigeladene zu 6) arbeitet seit dem 1. Januar 1987 im Unternehmen ihres Ehemannes, der B HG. Zum 1. Januar 1991 erfolgte die Umwandlung des Unternehmens in die Beigeladene zu 5). Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der Ehemann der Beigeladenen zu 6).

Diese ist gelernte Zahnarzthelferin. Sie betreute und betreut im Betrieb ihres Ehemannes den kompletten kaufmännischen Bereich. Daneben ist sie als Tierphysiotherapeutin tätig. Die Beigeladene zu 6) und ihr Ehemann sind die Vermieter eines Zimmers für die Beigeladene zu 5) in ihrem Haus samt Fahrzeugabstellplatz. Die Warmendmiete beträgt 100,00 EUR. Die Beigeladene zu 6) bürgt in Höhe von 105.000,00 EUR für die Darlehensverpflichtungen der Beigeladenen zu 5) gegenüber der Kreissparkasse Köln sowie in Höhe von 10.000,00 EUR für ein weiteres Darlehen.

Die Beigeladene zu 6) beantragte mit Schreiben vom 13. Februar 2006 bei der Beklagten die Überprüfung der Sozialversicherungspflicht ihrer Beschäftigung im Unternehmen ihres Ehemannes. Beigefügt war u. a. ein "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen". Laut diesem Feststellungsbogen arbeitete sie im Betrieb oder Zuhause an drei Arbeitstagen in der Woche zwischen 30 und 40 Stunden nach Belieben, zu einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt von 1.188,00 EUR. Ihr stehe ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen im Jahr und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen zu. Das Arbeitsentgelt sei zu gering für den Aufwand. Es werde auf ein privates Bankkonto überwiesen. Von ihm würde Lohnsteuer entrichtet. Es werde als Betriebsausgabe gebucht. Beigefügt war auch der Arbeitsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 5) und ihr vom 31. Oktober 1993. Laut dessen § 9 bedürfen Änderungen und/oder Ergänzungen zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Vereinbarung.

Die Beklagte teilte der Klägerin (Clearingstelle) mit Schreiben vom 30. Mai 2006 die Absicht mit, von einer selbstständigen Beschäftigung auszugehen. Diese antwortete mit Schreiben vom 6. Juli 2006, sich dieser Rechtsauffassung nicht anzuschließen. Die Beklagte ihrerseits verwies die Beigeladenen zu 5) und 6) auf deren Sachstandsnachfrage hin auf die Stellungnahme der Klägerin.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2006 stellte die Beklagte gegenüber der Beigeladenen zu 6) fest, dass diese in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 5) in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis 31. März 2006 als selbstständig Tätige beurteilt werde. Sie übermittelte diesen Bescheid der Klägerin mit Schreiben vom 12. September 2006.

Diese hat am 1. Dezember 2006 Klage erhoben.

Die Beigeladenen zu 5) und 6) haben vorgebracht, der Umstand, dass die Gehaltszahlungen als Betriebsausgaben verbucht worden seien, falle nicht wesentlich ins Gewicht, da die steuerrechtliche Beurteilung und die sozialrechtliche in Randbereichen abweichen könnten (Bezugnahme auf Bundessozialgericht -BSG, Urteil vom 23. September 1992, 10 RAr 10/81). Die Beigeladene zu 6) habe keinem Weisungsrecht unterlegen und sei eine unternehmerische Mitverantwortung eingegangen. Sie habe ein Gehalt bezogen, für das keine fremde Arbeitskraft in diesem erforderlichen Umfange hätte eingestellt werden können. Sie habe erhebliche Teile des Betriebsvermögens in Höhe von 80.000,00 DM in das Unternehmen eingebracht. Dies sei auch aus der Bilanz ersichtlich. Ferner sei sie in erheblichem Umfange Bürgschaftsverpflichtungen eingegangen. Sie sei dadurch einem erheblichen Unternehmerrisiko ausgesetzt, dass sie im Jahre 2005 der Beigeladenen zu 5) Beträge in einer Gesamthöhe von 41.400,00 EUR habe zukommen lassen. Ganz allgemein sei anerkannt, dass eine Innengesellschaft ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht immer ausschließe. Sei ein Ehepartner im Einzelfalle im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig oder aufgrund seiner Gesellschafterstellung in der Innengesellschaft als Unternehmer zu betrachten, fehle es regelmäßig am Merkmal der unselbstständigen Beschäftigung (Bezugnahme auf BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1). Ferner sei bereits die Klagebefugnis der Klägerin fraglich. Auch führe die Klagefrist von einem Jahr zu einer für die Betroffenen unerträglichen Rechtsunsicherheit.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2009 abgewiesen. Es sprächen hier unter Berücksichtigung aller Umstände die gewichtigeren Anzeichen für eine nichtabhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 6). So sei sie Miteigentümerin des Betriebsvermögens. Sie sei in Bezug auf Arbeitszeit, Ort und Leistung frei gewesen und habe praktisch keine Weisungen empfangen. Entscheidend seien ferner die ganz erheblichen Bürgschaftsverpflichtungen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie beantragt,

Den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2006 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 6) in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 5) der Rentenversicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ab dem 1. Januar 1991 bis zum 31. März 2006 unterlegen hat.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Das Begehren der Klägerin ist dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen den angegriffenen Bescheid und den diesen bestätigenden Gerichtsbescheid nur wendet, soweit sie sich in eigenen Rechten verletzt sieht.

Die Klage ist als Kombination von Anfechtungsklage und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig.

Vor Erhebung der Anfechtungsklage bedurfte es keines Vorverfahrens, weil die Klägerin ein Versicherungsträger nach der Ausnahmevorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. SGG ist.

Die Klägerin ist auch klagebefugt, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Sie macht geltend, durch den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2006 in eigenen Rechten verletzt zu sein. Ist der Verwaltungsakt wie hier gegenüber einem Dritten ergangen, ist eine Rechtsverletzung möglich, sofern zumindest mittelbar eigene rechtliche Interessen der Klägerin betroffen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rdnr. 14 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, BSGE 61, 27). Eine solche rechtliche Beschwer der Klägerin besteht hier, wie sogleich auszuführen ist. Die Feststellungen der Beklagten zur Versicherungsfreiheit haben Auswirkung auf deren Beitragsansprüche.

Die Klage ist auch fristgemäß erhoben. Die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG beginnt gemäß § 66 Abs. 1 SGG nur dann zu laufen, wenn der "Beteiligte" über den Rechtsbehelf schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Die Klägerin ist Beteiligte, auch wenn sie als mittelbare Bundesverwaltung keiner Rechtsmittelbelehrung bedarf. Beteiligte sind nämlich nach § 69 SGG (alle) Kläger. Statt der Monatsfrist hat deshalb gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG eine Jahresfrist seit Bekanntgabe gegolten. Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Klagerechts sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Die Klage hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch SGB VI ). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob ein Arbeitnehmer abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 1 BvR 21/96 SozR 3 2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung entstehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechtes unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abgedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 8. August 1990 11 RAr 77/89 SozR 3 2400 § 7 Nr. 4 Seite 14, und vom 8. Dezember 1994 11 RAr 49/94 SozR 3 4100 § 168 Nr. 18 Seite 45; so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 B 12 KR 30/04 R juris).

Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH Geschäftsführer BSG, a. a. O.).

Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 12 RK 72/92 NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 12 BK 98/94 ).

Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 B 7 AL 34/02 R USK 2002 - 42).

Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8).

Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat angeschlossen hat, ist ferner bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z. B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird, oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 7 RAr 25/86 BB 1989, 72; vom 14. Dezember 1999 B 2 U 48/98 R USK 9975).

Für abhängige Beschäftigung spricht hier, dass (ab 1993) ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht und die Beigeladene eine regelmäßige Zahlung unabhängig von der Ertragslage des Betriebes erhalten hat. Für die Beigeladene zu 6) ist Lohnsteuer abgeführt und das Gehalt als Betriebsausgabe hat den Erlös des Unternehmens vermindert.

Für eine bewusste Wahl der Rechtsgeschäfte –und gegen die Annahme einer irgendwie gearteten Mitunternehmereigenschaft der Beigeladenen zu 6) an der Beigeladenen zu 5)- spricht ferner, dass die Beigeladene zu 6) und ihr Ehemann als Vermieter der Beigeladenen zu 5) aufgetreten sind.

Ganz allgemein müssen und können sich Eheleute oder andere (Geschäfts-)Partner an die von ihnen gewählte Vertragsgestaltung auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht festhalten lassen. Es unterliegt nicht ihrer Disposition, die Wirkungen des Vertragsverhältnisses nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (BSG - Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -).

Es ist auch nach dem Vortrag der Eheleute nicht so, dass die Beigeladene zu 6) nach eigenem Gutdünken wie eine Alleingeschäftsführerin auftreten konnte und kann. Sie war für den kompletten kaufmännischen Bereich zuständig. Im Innen- wie im Außenverhältnis war allerdings allein ihr Ehemann als Geschäftsführer und Alleingesellschafter zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Rein rechtlich hatte die Beigeladene zu 6) keinen Einfluss auf die Beigeladene zu 5), die GmbH. Dass sie Geschäftsangelegenheiten einvernehmlich regelten und regeln, ist nach den vorgenannten Grundsätzen nicht ausschlaggebend. Ganz allgemein kann ein ständig und dauerhaft bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.

Das Risiko, das durch die Stellung von Sicherheiten geprägt ist demgegenüber nicht so gewichtig, dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung nicht mehr überwögen. Dem Umstand, dass für den Ehepartner gebürgt wird, bzw. für Unternehmensdarlehen mitgehaftet wird, kommt regelmäßig und auch hier trotz des hohen Umfangs keine entscheidende Bedeutung zu, da die Gewährung von Darlehen bzw. Sicherheiten unter Familienangehörigen mit der Gewährung eines Darlehens oder einer Sicherheit durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht zu vergleichen ist; Familienmitglieder haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt (ständige Rechtsprechung des Senat unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2010 - L 11 KR 2460/09- juris). Soweit die Beigeladene zu 6) Einlagen für die GmbH erbracht hat, ohne Gesellschafterin zu sein, kann dies auch in Erfüllung einer Verpflichtung ihres Ehemannes erfolgt sein.

Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Urteil des Senats vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -). § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz ungeachtet dessen auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An einem solchen fehlt es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gibt oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage nur zur Aufhebung der eine Versicherungspflicht verneinenden Bescheide der Beklagten und nicht umgekehrt automatisch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen aus deren Sicht begünstigende Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -). Die Klage ist aus den soeben ausgeführten Gründen auch begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die grundsätzlichen Kriterien sind von der Rechtsprechung geklärt.

Der Beschluss über den Streitwert, der nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar ist, folgt aus §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG. Der Senat hat sich für Fälle außerhalb des Antragsverfahrens nach § 7a SGB IV der Rechtsprechung des 9. Senates im Hause angeschlossen, wonach sich der Streitwert in einem Rechtsstreit über die Versicherungspflicht regelmäßig nach dem Auffangstreitwert bemisst (vgl. Urteil vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 - mit Bezugnahme auf Beschluss vom 12. August 2008 - L 9 KR 119/08 -). Die wirtschaftliche Bedeutung eines solchen Rechtsstreits kann nämlich regelmäßig nicht überblickt werden. Er korrespondiert regelmäßig nicht mit der Höhe der entweder zu erstattenden oder nachzufordernden Versicherungsbeiträge. Auch kann der wirtschaftliche Wert, gesetzlich rentenversichert zu sein, kaum bemessen werden. Erst wenn Zeiträume von mehr als fünfzehn Jahren streitbefangen sind, wie hier, ist regelmäßig (nur) eine Verdoppelung des Streitwertes angemessen. Ein Ausnahmefall, in welchem eine Einschränkung aufgrund der Umstände des Einzelfalles geboten ist, liegt vorliegend nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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