Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 15 U 199/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 38/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Februar 2007 wird aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 wird aufgehoben, soweit die Beklagte darin die Anerkennung einer Verschlimmerung der motorischen Fähigkeiten auf Grund einer Leukodystrophie (Myelinopathia diffusa centralis) und entsprechende Leistungen abgelehnt hat. Es wird festgestellt, dass bei der Klägerin ab November 2001 als weitere Unfallfolgen eine Ausdehnung eines ataktischen Gangbildes und fein- und grobmotorischer Beschränkungen zu einer linksbetonten spastisch-ataktischen Tetrasymptomatik mit Gangunsicherheit und Fallneigung und eine Verminderung der korrigierten Sehschärfe des linken Auges um 0,1 auf 0,9 und des rechten Auges um 0,2 auf 0,8, binokular 1,0, als einmalige dauerhafte Verschlimmerung einer Leukoencephalopathie with vanishing white matter vorliegen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Schulunfall der Klägerin dauerhafte Unfallfolgen zurückgelassen hat. Die damals 14jährige Klägerin war wegen einer Lernbehinderung Schülerin an einer integrativen Gesamtschule. Am 12. Juni 2001 erlitt sie im Sportunterricht ihrer Schule beim Basketballspiel nach dem Durchgangsarztbericht vom 14. Juni 2001 einen Sturz auf den Hinterkopf. Ärzte stellten die Diagnose eines Schädel-Hirn-Traumas und einer Halswirbelsäulenverrenkung. Die Klägerin hatte einen Gedächtnisverlust für die Zeit vor dem Unfallereignis, Kopfschmerz, Zittern, Kribbeln der Fingerkuppen beider Hände und einen diffusen Druckschmerz der oberen Halswirbelsäule angegeben. Am Hinterkopf befand sich eine leichte Prellmarke.
Im Entlassungsbericht vom 20. Juni 2001 über die stationäre Behandlung vom 12. bis 16. Juni 2001 teilten die Ärzte der Klinik für Kinderchirurgie des Krankenhauses St. E und St. B in H. mit, der Befund und die bei den Eltern erhobene Anamnese sei mit einer im Computertomogramm erkennbaren Ventrikelerweiterung und mit weiteren Auffälligkeiten der Hirnmorphologie im Zusammenhang zu sehen. Dem Unfallgeschehen komme möglicherweise eine Triggerfunktion zu. Insgesamt bestehe der Verdacht auf eine komplexe Fehlbildung im Sinne eines Hydrocephalus internus. Bei dem Unfall sei die Klägerin von einem Ball getroffen ohnmächtig geworden, unkontrolliert auf das H.nparkett aufgeschlagen und kurzzeitig bewusstlos gewesen. Die Eltern hätten "eingeräumt", schon seit etwa 1995 hätten ein verzögertes Reagieren und ein ataktisches Gangbild vorgelegen. An anderer Stelle heißt es, die nach Heilung der akuten Unfallfolgen verbliebene Stand-, Gang- und Rumpfataxie bestehe nach Angaben der Eltern bereits über Jahre.
Im weiteren Verlauf reichten die Eltern der Klägerin im Rahmen eines Antrages auf Rentengewährung Behandlungsberichte ein. Nach einem Bericht vom 24. Juli 2002 äußerte Prof ...Dr. K. von der Abteilung für Neuropädiatrie des Universitätsklinikums H.-E den Verdacht, die Symptome ließen an eine Leukodystrophie vom Typ Vanishing white matter denken. Typisch dafür sei der Ausbruch der Erkrankung durch ein Schädelhirntrauma. Nach den Mitteilungen der Eltern habe die Klägerin in der ersten Schulklasse Lernschwierigkeiten entwickelt, die zu einem Schulwechsel geführt hätten. Auch seien von Anfang an kleinere feinmotorische Ungeschicklichkeiten aufgefallen. Seit dem Unfall schreite eine spastischataktische Gangstörung mit Schwindel und Fallneigung langsam voran.
Schon in einem Bericht vom 29. Januar 2002 waren die Ärzte der Neurologischen Universitätsklinik H. von der Möglichkeit des genannten Krankheitsbildes ausgegangen und hatten darauf verwiesen, im Rahmen dieser Krankheit könne die klinische Symptomatik nach leichtem Schädel-Hirn-Trauma entweder entstehen oder sich verschlechtern.
In einem Anfang 2003 erstellten sonderpädagogischen Gutachten wird dargelegt, seit dem Sportunfall hätten sich der körperliche und intellektuelle Status der Klägerin verändert. Sie zeige eine deutliche Wesensänderung, eine fortschreitende linksbetonte Gangataxie, eine schlechte Beherrschung der linken Körperhälfte, ein herabgesetztes Orientierungsvermögen, eine Verschlechterung der Sehkraft und stark eingeschränkte geistige Leistungen. Die Zensierung sei im Schuljahr 2001/02 ausgesetzt und durch ein Worturteil ersetzt worden.
In einem Gutachten für die Beklagte vom 29. August 2003 gelangte Prof ...Dr. K. zu dem Ergebnis, die Diagnose der Leukodystrophie Vanishing white matter disease sei nunmehr auch molekulargenetisch gesichert. Durch den Unfall im Juni 2001 sei eine genetisch vorbestehende Erkrankung getriggert worden, das heißt, der Ausbruch der Erkrankung sei ausgelöst worden. Eine fortschreitende Störung und beginnende Spastik seien aufgetreten, die sich hauptsächlich als Gangstörung äußerten. Außerdem seien mentale Defizite weiter in den Vordergrund getreten, die aber auch schon vor dem Unfall aufgefallen seien. Ohne die Grunderkrankung hätte das Unfallereignis nur eine Gehirnerschütterung verursacht und keine weiteren Folgeschäden nach sich gezogen. Das Ereignis habe den Ausbruch der Krankheit gefördert. Diese Einschätzung werde durch wissenschaftliche Beobachtungen ähnlicher Fälle gestützt. Der Krankheitsausbruch sei individuell unterschiedlich und könne nicht vorhergesagt werden. Es sei aber durchaus denkbar, dass die Klägerin ohne das Unfallereignis noch einige Jahre relativ unbeeinträchtigt hätte leben können.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. D. vom 3. Dezember 2003 eingeholt, der das Schädel-Hirn-Trauma vom 12. Juni 2001 als Gelegenheitsursache bezeichnet hat. Zwar könnten von außen kommende Ereignisse offenbar die Erkrankung bzw. bei vorbestehender Erkrankung einen Schub auslösen. Allerdings seien sie dann als Bedingung nicht wesentlich. Äußeren Einflüssen möge zwar eine gewisse zeitliche Beeinflussung im Krankheitsverlauf zukommen, was an dem schicksalhaften Gesamtverlauf aber nichts ändere. Ohne die Gelegenheitsursache wäre die Krankheit zu einem bestimmten Zeitpunkt spontan oder nach einem banalen Infekt aufgetreten. Da schon vor dem Unfall Krankheitssymptome bestanden hätten, käme nur eine Verschlimmerung der Erkrankung in Betracht. Es handele sich aber um eine ohnehin eigengesetzlich fortschreitende Störung. Ein schwererer Verlauf nach Ablauf eines Schädel-Hirn-Traumas sei in der Literatur nicht beschrieben. Insoweit fehle eine Grundlage für eine Verschlimmerung.
Die Beklagte zog einen Bericht der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des St. B-Krankenhauses H. über eine tagesklinische Behandlung von März bis August 1996 bei. Dort ist als Schilderung der Eltern wiedergegeben, die Klägerin sei im Kindergarten wegen verlangsamter Bewegungen und Reaktionen aufgefallen. Den Anforderungen der ersten Schulklasse habe sie vor allem beim Rechnen, mit besonderen Schwierigkeiten bei abstrakten Aufgaben, nicht genügt. Sie sei allgemein ängstlich und leide unter motorischen Schwierigkeiten. Die neurologische Untersuchung ergab Hinweise auf eine Störung der Grob- und Feinmotorik, eine diskrete Störung der Koordination und eine Bradydiadochokinese. Nach dem psychologischen Befund bestanden weit unter dem Durchschnitt liegende kognitive Leistungsmöglichkeiten.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2003 erkannte die Beklagte den Unfall vom 12. Juni 2001 als Arbeitsunfall mit den Unfallfolgen einer folgenlos verheilten Schädelprellung und Halswirbelsäulen-Zerrung an und lehnte einen Rentenanspruch und die Anerkennung einer Verschlimmerung der motorischen und geistigen Fähigkeiten aufgrund einer Leukodystrophie (Myelinopathia diffusa centralis) ab. Sie führte aus, die Krankheits-/ Schadensanlage sei so stark und leicht ansprechbar gewesen, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkungen bedurft hätte, sondern jedes andere, alltäglich vorkommende, ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die alleinige rechtlich wesentliche Ursache liege in der persönlichen Risikosphäre.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 5. Januar 2004 Widerspruch ein und führte aus, nach dem Unfall seien drastische Veränderungen in ihrem geistigen und körperlichen Zustand eingetreten. Der Ausbruch der Krankheit durch den Sportunfall sei bewiesen. Welche anderen Ereignisse zu einem Ausbruch hätten führen können, sei spekulativ. In ihrem Fall sei dies der Unfall als wesentlicher Teil des Gesundheitsschadens.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Direktorin der Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin G, Prof ...Dr. G., vom 19. April 2004 ein. Diese führte aus, die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Unfallereignisses am 12. Juni 2001 bereits unter neurologischen Beschwerden ihrer Grunderkrankung gelitten. Diese Grunderkrankung habe dazu geführt, dass sie auf ein eher geringgradiges Schädel-Hirn-Trauma mit einem inadäquaten komatösen Zustand reagiert habe. In der Literatur lägen ausreichend klinischwissenschaftliche Daten vor, die belegten, dass ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma einen Krankheitsschub dieser Grundkrankheit auslöse und zu einer deutlichen Verschlechterung der klinischen Symptome dieser Patienten führen könne. Die Erkrankung sei nicht durch das Schädel-Hirn-Trauma ausgelöst worden, jedoch sei es dadurch unmittelbar zu einem Krankheitsschub mit deutlicher Verschlechterung der vorbestehenden neurologischen Beschwerden gekommen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem äußeren Ereignis und dem Körperschaden sei zumindest mit bestehend. Die unmittelbar nach dem Schädel-Hirn-Trauma bei vorbestehender Grunderkrankung aufgetretene Verschlechterung der neurologischen Beschwerden sei als unmittelbare Unfallfolge anzusehen. Für das klinische Beschwerdebild in den Folgemonaten sowie die gegenwärtig vorliegende Behinderung könnten sowohl der Unfall als auch das krankheitsbedingte Fortschreiten als alleinige oder auch gemeinsame Ursache angenommen werden. Eine Differenzierung zwischen diesen beiden Ursachen sei nicht möglich. Im Hinblick auf die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei eine Differenzierung des durch die Unfallfolgen einerseits und durch den natürlichen Krankheitsverlauf andererseits hervorgerufenen klinischen Zustandes der Klägerin nur schwer möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, der Unfall vom 12. Juni 2001 habe nach den Feststellungen der Gutachterin nur zu einem Krankheitsschub mit deutlicher Verschlechterung der vorbestehenden neurologischen Beschwerden geführt. Demnach sei der Unfall nicht die rechtlich wesentliche Ursache für die Leukodystrophieerkrankung und die daraus resultierenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen.
Mit der am 11. November 2004 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sowohl Prof ...Dr. K. als auch Prof ...Dr. G. hätten festgestellt, dass das Schädel-Hirn-Trauma einen Krankheitsschub verursacht habe. Weitere Überlegungen der Gutachterin Prof ...Dr. G. seien allerdings unschlüssig.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht der Augenärzte F vom 10. Mai 2005, (Bl. 39-41 d. A.) eingeholt. Diese haben mitgeteilt, bei der Klägerin habe eine Refraktionsanomalie durch Verordnung einer Brille vollständig ausgeglichen werden können. Nach dem Unfall habe sich die Sehschärfe verschlechtert.
In einem weiteren Befundbericht vom 26. Mai 2005 hat der Oberarzt der Klinik für Kinderchirurgie des St. E und St. B-Krankenhauses H. Dr. B. ausgeführt, Aussagen zur Ursächlichkeit ließen sich aus kinderchirurgischer Sicht nur bedingt treffen. Zum Zeitpunkt des Unfalls und der stationären Behandlung sei die Erkrankung der Klägerin noch nicht bekannt gewesen. Der vorliegende Unfall habe mit Sicherheit die entsprechenden Befunde nicht verursacht. Ein Schädel-Hirn-Trauma könne bei der vorliegenden Grunderkrankung möglicherweise zu heftigeren Reaktionen und Folgen führen. Zusätzliche Verletzungen durch den Unfall seien jedoch nicht gefunden worden. Die Zeichen der Gehirnerschütterung hätten sich unter der Behandlung zurückgebildet. Die verbliebene Symptomatik sei aus seiner Sicht auf die Grunderkrankung zurückzuführen. Soweit von ihm beurteilbar, sei eine Verschlimmerung der Symptomatik in keinem ursächlichen Verhältnis zu dem erlittenen Schulunfall zu sehen. Eine zusätzliche Aussage dazu könne der die Grunderkrankung behandelnde Neurologe geben. Wegen eines weiteren Berichts des leitenden Oberarztes der Neurologischen Universitätsklinik H. Dr. K. wird auf Bl. 57 f. d. A. Bezug genommen.
Das Gericht hat ein Gutachten des Ärztlichen Direktors der Neurologischen Klinik H. O, Prof ...Dr. R., vom 22. November 2005 eingeholt, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 75 - 90 d. A. Bezug genommen wird. Er hat ausgeführt, bei der Klägerin hätten bereits vor dem Unfall stark unterdurchschnittliche Intelligenzleistungen sowie ein spastischataktisches Gangbild vorgelegen, die sich zeitlich nach dem Unfall vom 12. Juni 2001 langsam schleichend verschlechtert hätten. Im Falle von Verschlechterungen einer Leukodystrophie durch Infektionen mit Fieber oder leichtere Kopfverletzungen liege häufig ein Koma vor, das bei der Klägerin nachweislich nicht eingetreten sei. Bereits ein MRT des Schädels, das nur zwei Wochen nach dem Unfall durchgeführt worden sei, habe erhebliche Veränderungen im Sinne eines Hydrocephalus gezeigt. Solche Veränderungen entstünden innerhalb von Jahren. Dass es nach dem Unfall nicht zu einer sprunghaften Verschlechterung der Grunderkrankung gekommen sei, werde auch dadurch belegt, dass ein Voranschreiten der Grunderkrankung bildmorphologisch im Verlauf von mehr als einem halben Jahr nicht nachweisbar gewesen sei. Es lasse sich festhalten, dass fieberhafte Infekte sowie banale Schädel-Hirn-Traumata zu einer Verschlechterung der Grunderkrankung führen könnten. Ein solches Trauma liege auch hier vor. Er gehe insoweit von einer Gelegenheitsursache aus. Die unfallunabhängige Vorschädigung sei bereits so stark ausgeprägt gewesen, dass es nur noch eines geringfügigen Anlasses für die aufgetretene Verschlechterung bedurft habe. Es könne auch diskutiert werden, ob es sich um einen zufälligen Zusammenfall mit einer schicksalhaften Verschlechterung der Grunderkrankung handele. Einen Zusammenhang mit dem Schadensereignis könne er nicht feststellen.
Die Klägerin hat dem entgegengehalten, das konkret einwirkende Sportereignis sei nach seiner Eigenart und Stärke eine besondere Einwirkung, die nicht mit vermeidbaren Anlässen des täglichen Lebens vergleich- und austauschbar sei. Nach dem Unfallereignis habe sich die Symptomatik massiv verschlechtert.
Mit Urteil vom 2. Februar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, es sei zwar möglich, aber nicht hinreichend wahrscheinlich, dass sich die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Klägerin durch den Schulunfall vom 12. Juni 2001 verschlechtert hätten. Nach derzeitigem medizinischwissenschaftlichen Erkenntnisstand könne in dem Schädel-Hirn-Trauma keine rechtlich wesentliche Ursache oder Mitursache gesehen werden. Die anlagebedingte Leukodystrophie sei nicht erst durch den Schulunfall ausgebrochen, da bereits vorher charakteristische Symptome der Grunderkrankung bestanden hätten. Bereits 1996 seien maßgebliche Befunde im Sinne eines geistigen Zurückbleibens und motorischer Störungen erhoben worden. Insoweit sei dem Gutachten von Prof ...Dr. K. nicht zu folgen. Auch eine Verschlimmerung lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Schulunfall zurückführen. Es könne nicht als gesichert gelten, dass ein Schädel-Hirn-Trauma bei einer Leukodystrophie zwingend einen Krankheitsschub auslöse. Dafür sei das erst seit 1999 identifizierbare Krankheitsbild noch zu unerforscht. Zwar sei medizinisch festgestellt worden, dass es zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes nach einem fieberhaften Infekt und leichtem Schädel-Hirn-Trauma und unerklärlichem Koma kommen könne. In wie vielen Fällen es zum Krankheitsschub nach einer Kopfverletzung gekommen sei, sei indes nicht geklärt. Unklar sei auch, ob diese äußeren Einflüsse den Ausbruch oder die Verschlechterung der Krankheit allein bedingt hätten oder auch andere Umstände dafür ursächlich gewesen seien. Insoweit handele es sich um eine wissenschaftliche Hypothese, aber nicht um gesicherte medizinische Erkenntnisse. Entsprechend den schlüssigen Darlegungen der beratungsärztlichen Stellungnahme zu den Ausführungen von Prof ...Dr. K., wonach die geringen Fallzahlen und kasuistischen Beobachtungen keine statistisch verwertbare Auskunft zuließen, könne von einer gesicherten medizinischwissenschaftlichen Datenlage nicht ausgegangen werden.
Andere Schlussfolgerungen ergäben sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof ...Dr. G ... Auch diese habe sich offensichtlich allein auf eine Abhandlung gestützt, die auf die Exploration von neun Kindern bezogen sei. Bei dieser geringen Zahl ließen sich keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse begründen, zumal offen bleibe, ob die Krankheit zum Zeitpunkt des Traumas so weit vorangeschritten gewesen sei, dass auch ohne äußeren Einfluss eine Verschlechterung eingetreten wäre. Denn nach den Ausführungen von Prof ...Dr. K. könne der Zeitpunkt des Ausbruchs einer Leukodystrophie nicht vorhergesagt werden. Bei der Klägerin hätten schon unmittelbar nach dem Unfall komplexe Hirnschädigungen bildlich festgehalten werden können. Es sei ungewiss, ob sich die motorischen und kognitiven Fähigkeiten der Klägerin durch das Anlageleiden zu annähernd gleicher Zeit verschlechtert hätten. Nach den Ausführungen von Prof ...Dr. G. komme das krankheitsbedingte Fortschreiten der Leukodystrophie auch als alleinige Ursache einer Verschlechterung in Betracht.
Bei der Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin spreche nicht mehr für als gegen einen unfallbedingten Zusammenhang. Die Befundverschlechterung lasse sich nicht zeitnah zum Schulunfall belegen. Die bei der Krankenhausentlassung der Klägerin am 16. Juni 2001 aufgefallene Ataxie sei nach Angaben der Eltern vorbestehend gewesen. Bei der Leistungs- und Intelligenzdiagnostik am 10. Januar 2002 habe im Vergleich zum Vorbefund der Tagesklinik aus dem Jahre 1996 kein auffälliger Abbau des Gesamt-Intelligenzquotienten bestätigt werden können. In beiden Fällen sei eine leichte geistige Behinderung bescheinigt worden. Erst aus den sonderpädagogischen Erhebungen für den Zeitraum Januar bis März 2003 gehe bei kontinuierlicher schulischer Entwicklung und Förderung bis Juni 2001 eine Verlangsamung, Verminderung der Belastbarkeit und Verschlechterung der Handschrift hervor. Hierbei habe es sich offensichtlich um einen originär krankheitsbedingten Abbau gehandelt, der sich 2002 zunehmend abgezeichnet habe. Ein akuter Schub unmittelbar nach dem Schulunfall lasse sich den vorliegenden Unterlagen gerade nicht entnehmen. Diese Annahme werde durch die bildgebenden Befunde bestätigt, deren Zustand sich über Jahre herausbilde. Die Möglichkeit eines noch jahrelangen weitgehend unbeeinträchtigten Lebens der Klägerin sei eine bloße Vermutung. Unmittelbare Traumafolgen im Bereich des Gehirns seien diagnostisch ausgeschlossen worden. Angesichts des folgenlosen Ausheilens der anerkannten Gesundheitsschäden in Form einer Schädelprellung und einer Halswirbelsäulen-Zerrung komme ein Anspruch auf eine Verletztenrente nicht in Betracht.
Gegen das ihr am 27. Februar 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. März 2007 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, in der Zeit vor dem Unfall seien wesentliche Krankheitssymptome nicht zu verzeichnen gewesen. Aufgrund der zeitlichen Abläufe habe es sich bei dem Unfall um ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades gehandelt. Die nach dem Unfall vorgenommenen Auswertungen von CT und MRT hielten einer kritischen Überprüfung nicht stand. Es könne auch nicht einerseits darauf verwiesen werden, die maßgeblichen Befunde könnten nur über Jahre entstehen und andererseits trotz starker Verschlechterung der klinischen Befunde ein Gleichbleiben der bildgebenden Befunde der Ursächlichkeit des Unfalls entgegen gehalten werden. Vielmehr könne dann nicht die Leukodystrophie die Ursache der Verschlechterungen sein. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 154 – 193 d. A. Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Februar 2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 hinsichtlich der Feststellung der Unfallfolgen und der Entscheidung über die Leistungsberechtigung aufzuheben und festzustellen, dass ein Schub einer Leukoencephalopathie with vanishing white matter mit Verschlechterung der motorischen und geistigen Fähigkeiten und einer Sehverschlechterung weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 12. Juni 2001 ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichtes für überzeugend und bezieht sich darauf.
Der Senat Auszüge aus dem Internet durch Übergabe an die Beteiligten eingeführt. In der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung hat ein Ausdruck der elektronischen Akte der Beklagten – Az. – vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat überwiegend Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 beschwert die Klägerin im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte die Unfallfolgen der Klägerin nicht vollständig festgestellt hat. Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen, nämlich einer einmaligen dauerhaften Verschlimmerung einer Leukoencephalopathie with vanishing white matter mit Ausdehnung eines ataktischen Gangbildes und fein- und grobmotorischer Einschränkungen zu einer linksbetonten spastischataktischen Tetrasymptomatik mit Gangunsicherheit und Fallneigung und mit einer Verminderung der korrigierten Sehschärfe des linken Auges um 0,1 auf 0,9 und des rechten Auges um 0,2 auf 0,8, binokular 1,0. Denn diese Gesundheitsschäden sind, wie z. B. durch § 26 Abs. 2 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in der Fassung durch G. v. 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254) für Unfallfolgen bestimmt, durch den anerkannten Unfall – als Versicherungsfall im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB VII – verursacht.
Die oben umrissenen Entwicklungen sind Teil eines Krankheitsschubes der nachgewiesenen Grundkrankheit Leukoencephalopathie with vanishing white matter; bedeutungsgleich wird die Leukoencephalopathie als Leukodystrophie und das Krankheitsbild als Myelinopathia diffusa centralis bezeichnet. Dieser Schub ergibt sich als ein dem Unfall nachfolgendes Ereignis mit einer nachweisbaren Dauer bis zum Februar 2002. Die im Bericht der neurologischen Universitätsklinik H. vom 16. Mai 2002 über die stationäre Behandlung im Februar 2002 beschriebenen Befunde stellen insoweit den Endpunkt der dem Unfall unmittelbar nachfolgenden Entwicklung dar, weil die Befunde, die anlässlich der Begutachtungen durch Prof ...Dr. K. und Prof ... Dr. G. erhoben worden sind, davon nicht mehr abgrenzbar abweichen. Die Veränderung bezüglich der Augen ergibt sich aus dem Befundbericht der Augenärzte F vom 10. Mai 2005 im Vergleich der am 24. Februar 2000 erhobenen Befunde mit denen, die die Ärzte am 13. September 2002 erhoben haben. Dass eine Verschlechterung des Sehvermögens mit der Entwicklung der Grundkrankheit einen bekannten Zusammenhang darstellt, hatten bereits die Ärzte der neurologischen Universitätsklinik H. in ihrem Bericht vom 29. Januar 2002 mitgeteilt; Zweifel daran sind im weiteren Verlauf nicht laut geworden. Der Senat geht mit allen beteiligten Ärzten davon aus, dass sich das Krankheitsbild nach dem Unfall langsam, gegenüber dem vorherigen Zustand aber beschleunigt, verschlimmert hat. Dies haben zunächst die Eltern als dem Geschehen nächste Personen durchgehend so geschildert. Dagegen spricht aus Sicht des Senates nicht der in sich widersprüchliche Bericht des St. E und St. B-Krankenhauses vom 20. Juni 2001. Zwar wird dort glaubhaft wiedergegeben, die Eltern hätten das Vorbestehen eines ataktischen Gangbildes und einer Verlangsamung eingeräumt. Dies ist aber nicht das umfassendere Behinderungsbild, das die Ärzte später als Gang-, Stand- und Rumpfataxie beschreiben und von dem sie dort behaupten, die Eltern hätten dies als vorbestehend bezeichnet. Dass die Ärzte eine im Zusammenhang mit dem Unfall eingetretene Änderung auch gar nicht ausschließen konnten, zeigen ihre Überlegungen, das Unfallgeschehen könne triggernd gewirkt haben. Wo keine Änderungen erkennbar geworden sind, kann keine triggernde Wirkung vorliegen. Nicht folgen kann der Senat dementsprechend der Einschätzung in dem Befundbericht des Krankenhauses vom 26. Mai 2005, das klinische und neurologische Auffälligkeitsmuster habe sich in dem Nachbeobachtungszeitraum nur "unwesentlich" geändert, was ebenfalls mit einem angeblich anamnestisch schon vorher so bestehenden Krankheitsbild begründet wird. Die Beschreibung einer Änderung mit dem Unfallereignis geht auch aus dem sonderpädagogischen Gutachten vom Frühjahr 2003 hervor. Insoweit ist nicht davon auszugehen, dass allein die Angaben der Eltern Verwertung fanden, da auch Lehrer beteiligt waren, die die Entwicklung der Klägerin beobachten konnten. Nicht schlüssig erscheint die Erwägung Prof ...Dr. R.s, für die Annahme einer Verschlechterung der Grunderkrankung fehle es an einem Voranschreiten der Befunde im MRT; vielmehr sei dieses über mehr als ein halbes Jahr hinweg ohne Kennzeichen eines Voranschreitens der Erkrankung geblieben. Der Nachweis einer Befundverschlimmerung wird dadurch nicht in Frage gestellt, weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen klinischer Entwicklung und MRT-Befunden nicht gesehen wird. So wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die für die Grundkrankheit typischen MRT-Befunde schon vorliegen können, bevor die Krankheit symptomatisch wird (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung). Der Umfang der motorischen Änderungen ergibt sich insbesondere aus einem Vergleich des Förderplans vom Oktober 1998 mit den Beschreibungen im pädagogischen Fördergutachten aus dem Jahr 2003, dem aber in stärkerer Zusammenfassung die für November 2001 und Februar 2002 mitgeteilten Befunde entsprechen. Der Förderplan beschreibt verlangsamte, verunsicherte und gehemmte Bewegungsabläufe und fehlendes körperliches Geschick bei fehlendem Körperschema. Demgegenüber ist im Gutachten von 2003 eine linksbetonte Gangataxie mit unsicherem Gang, Nachziehen des linken Beines und Nachwippen der rechten Körperhälfte beschrieben, Schwierigkeiten beim Bewältigen von Steigungen, Gefälle und Unebenheiten und ein Abrutschen nach links im Sitzen. Der Senat hält auch Angaben aus dem Jahr 1998 für den Vergleich für geeignet, weil sich für den Zeitraum vor dem Unfall ein weitgehend stabiler Krankheitsverlauf erkennen lässt. Dies ergibt sich z. B. aus dem Fördergutachten von 2003. Die genannten Unfallfolgen sind zunächst in einem logisch-naturwissenschaftlichen Sinn Folge des Unfalls. In diesem Rahmen sind nur die Bedingungen in die weitere Prüfung einzubeziehen, die gedanklich nicht fehlen dürfen, ohne dass auch der zu prüfende Gesundheitsschaden fehlen würde (BSG, Urt. v. 17. 2. 09 – B 2 U 18/07 R – Juris, Rdnr. 12). Ein solcher Einfluss kommt dem Unfall auf die weitere Entwicklung der Grunderkrankung hier zu. Maßgeblich ist für den Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Einen solchen Zusammenhang sieht zunächst Prof ...Dr. K. in seinem Gutachten. Zwar stellt er vordergründig auf das Triggern eines Krankheitsausbruchs ab, doch zeigen seine Hinweise auf vorbestehende Krankheitssymptome, dass er sich bewusst ist, dass es um das Fortschreiten einer bestehenden Krankheit geht. So beschäftigt sich die von ihm hervorgehobene Zitatstelle mit einer Verschlimmerung ("deterioration"). Ein Triggern ist im vorbeschriebenen Sinn ursächlich, weil es ein Fördern des "Ausbruchs" bzw. eines Krankheitsschubes bedeutet. Auch Prof ...Dr. G. nimmt die Ursächlichkeit des Unfalles an, durch den es unmittelbar zu einem Krankheitsschub mit deutlicher Verschlechterung der vorbestehenden neurologischen Beschwerden gekommen sei. Gegen diese Beurteilungen wenden sich Dr. D. und Prof ...Dr. R. nicht, soweit sie dem Ereignis die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zuschreiben. Denn auch eine Gelegenheitsursache ist im naturwissenschaftlich-logischen Sinne ursächlich. Lediglich Dr. B. spricht in seinem Befundbericht dem Unfall die wahrscheinliche Ursächlichkeit ab. Dieser Einschätzung folgt der Senat aber nicht. Die Einschätzungen Prof ...Dr. K.s und Prof ...Dr. G.s sind vorzuziehen, weil es sich um anerkannte Experten auf dem Gebiet der Grunderkrankung handelt. Dies geht bezüglich Prof ...Dr. K.s aus dem Attest der neurologischen Universitätsklinik H. vom 18. September 2002 hervor, bezüglich Prof ...Dr. G.s aus den Recherchen der Beklagten selbst, die im Hinblick auf die Ausnahmestellung Prof ...Dr. G.s im Widerspruchsverfahren in bewusster Ausnahme von § 200 Abs. 2 1. Halbsatz SGB VII diese allein als Sachverständige vorgeschlagen hat. Eben wegen der Expertenstellung Prof ...Dr. K.s ist auch die Klägerin zur Klärung der Krankheitszusammenhänge nach dem Unfall von der Klinik, der Dr. B. angehört, über die Zwischenbehandlung in einer Universitätsklinik letztlich zu Prof ...Dr. K. überwiesen worden. Für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs spricht die wissenschaftliche Erkenntnis, dass die Grunderkrankung häufiger durch Stressfaktoren wie Infektionen, leichte Schädel-Hirn-Traumen oder Angstsituationen verstärkt wird und diese sich umgekehrt über ihre typische Bedeutung hinaus auswirken (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung). Schon die Ärzte der neurologischen Universitätsklinik H. hatten in ihren Berichten vom 29. Januar 2002 und 18. Mai 2002 auf diesen Zusammenhang hingewiesen, der ihnen danach im Falle der Klägerin sogar einen Hinweis auf die später bestätigte Diagnose gab. Auch Prof ...Dr. K. und Prof ...Dr. G. weisen ausdrücklich auf einen solchen Zusammenhang für Schädel-Hirn-Traumen hin. Grundlegende Zweifel daran äußert kein anderer Arzt. Soweit Dr. D. im Hinblick auf die Seltenheit der Krankheit meint, ein typisches Krankheitsbild sei nicht zu sichern, heißt dies jedenfalls noch nicht, die konkrete Verbindung zu Schädel-Hirn-Traumen sei nicht wahrscheinlich. Im Übrigen ist auch hier den Einschätzungen von Prof ...Dr. K. und Prof ...Dr. G. fachlich der Vorzug zu geben, da Dr. D. von seinem Fachgebiet als Internist her den Fall nur schwer einschätzen konnte, wie er der Beklagten gegenüber am 2. Dezember 2002 auch ausdrücklich bekundet hat. Der Senat schließt sich nicht der Auffassung des Sozialgerichts an, angesichts der geringen Zahl beobachteter Fälle seien ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen Schädel-Hirn-Traumen und Krankheitsschüben der Grundkrankheit nicht vorhanden. Dies einzuschätzen ist vorrangig Aufgabe der eingeschalteten medizinisch sachverständigen Gutachter. Insoweit begegnet es zunächst keinen Bedenken, wenn Prof ...Dr. G. mit ihrer von der Beklagten selbst hervorgehobenen Sachkunde von einem Beleg durch ausreichende klinisch-wissen-schaftliche Daten spricht. Auch kann dem Umstand, dass Prof ...Dr. K. auf einen zitierten Aufsatz verweist, der auf der Beobachtung von acht betroffenen Personen beruht, nicht entnommen werden, dies sei die gesamte Grundlage des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Schließlich kann es aber auch bei einer geringen Zahl beobachteter Personen einen bezeichnenden Zusammenhang begründen, wenn Schädel-Hirn-Traumen die Symptome der Grundkrankheit zum Ausbruch bringen oder verschlimmern. Denn Schädel-Hirn-Traumen sind nicht typischer Bestandteil des Lebenslaufs von Kindern und Jugendlichen. Offenbar spielen sie hier eine größere Rolle, weil erst sie zu Symptomen führen, die – wie bei der Klägerin – einen Hinweis auf die Grundkrankheit geben. Jedenfalls kann danach die Zusammenhangsbeobachtung nicht im Hinblick auf die Seltenheit der Grundkrankheit verworfen werden. Soweit Einwände von Prof ...Dr. R. gegen die Ursächlichkeit bereits die naturwissenschaftliche Ursächlichkeit betreffen, folgt der Senat ihnen nicht. Solche Zweifel äu-ßert er zunächst, indem er darauf hinweist, im Rahmen der Beteiligung eines Schädel-Hirn-Traumas führe dieses häufig zu einem Koma, das hier nicht eingetreten sei. Auf den Eintritt eines Komas wird aber nur als auf eine Möglichkeit der Ausweitung hingewiesen (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung), die nicht notwendiges Durchgangsstadium eines durch Schädel-Hirn-Traumen getriggerten Krankheitsschubes ist. Eine solche Verbindung stellt der Sachverständige auch nicht dar. Die Einschätzung von Prof ...Dr. G. ist nicht nachvollziehbar, soweit sie die Ursächlichkeit des Unfalls auf einen kurzen Zeitraum nach dem Unfall begrenzen will. Die ausdrückliche Aussage, das Schädel-Hirn-Trauma habe einen Krankheitsschub ausgelöst, ist mit der Aussage, für einen über Monate bemessenen Zeitraum nach dem Unfall und auf Dauer lasse sich die Ursächlichkeit zwischen Krankheit und Unfall nicht mehr feststellen, nicht vereinbar. Dies würde voraussetzen, dass der Krankheitsschub rückgängig gemacht worden wäre, was angesichts des auch von Prof ...Dr. G. als Fortschreiten der Krankheit bezeichneten Zustandes in diesem Zeitraum nicht der Fall war. Anderenfalls – so auch hier – ist nicht wahrscheinlich, dass an Stelle des unfallbedingten Krankheitsschubs ein natürlicher Krankheitsverlauf tritt. Die Annahme einer wachsenden Ursächlichkeit des eigenständigen Krankheitsverlaufs bleibt nur spekulativ, weil Prof ...Dr. G. keine Gesichtspunkte dafür benennt, wie lange ein unfallbedingter Krankheitsschub nur dauern kann oder wie sein Ende in Abgrenzung zu eigengesetzlichen Entwicklungen zu bestimmen ist.
Der Unfall ist als Ursache der eingetretenen Verschlimmerung auch wesentlich. Rechtlich ursächlich sind nämlich nur Ereignisse, die sich wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens als wesentliche Ursache darstellen (BSG, Urt. v. 15.2.05 – B 2 U 1/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 12 Rdnr. 14). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Ist die ursächliche Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheit zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheit für Verschlimmerungen so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung der Verschlimmerung nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis oder die eigengesetzliche Entwicklung zu der selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (entsprechend für Krankheitsanlagen BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.).
Eine solche Anfälligkeit für Verschlimmerungen liegt hier nicht vor. Prof. Dr. K. äußert nachvollziehbar die Vermutung, ohne das Unfallereignis hätte die Klägerin noch längere Zeit relativ unbeeinträchtigt leben können. Die Überlegung ist folgerichtig aus der wissenschaftlichen Erkenntnis abgeleitet, dass Schädel-Hirn-Traumen Ausbruch und Verschlimmerung der Grundkrankheit auslösen. Vor diesem Hintergrund tritt der Umstand, dass die Grundkrankheit ohnehin insgesamt fortschreitend verläuft, in den Hintergrund. Denn Krankheitsfortschritte waren ohne den Unfall für die hier betroffene nachfolgende Zeit nicht vorherzusagen, weil dem Unfall eine mehrere Jahre dauernde Phase von Stabilität des Krankheitsbildes vorausgegangen war und sie auch nicht untypisch für den Krankheitsverlauf ist. Vielmehr wird insoweit auf den ungleichmäßigen Verlauf der Verschlechterungen verwiesen (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung).
Der Senat folgt auch nicht der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. R. und des Beratungsarztes Dr. D., die den Unfall als Gelegenheitsursache bezüglich des Krankheitsfortschrittes bezeichnen. Mit diesem Begriff legen sie der Sache nach dar, dass sie den Unfall nicht für wesentlich für den Krankheitsfortschritt halten. Prof ...Dr. R. behauptet lediglich formelhaft die leichte Ansprechbarkeit der Erkrankung für eine Verschlimmerung, ohne den Umstand zu gewichten, dass eine Verschlimmerung gerade durch leichte Schädel-Hirn-Traumen einen bekannten Zusammenhang darstellt. Dr. D. stellt gegenüber der Beeinflussung der Krankheit durch Schädel-Hirn-Traumen den schicksalhaft ohnehin fortschreitenden Verlauf der Erkrankung in den Vordergrund. Demgegenüber hält der Senat bei der Abwägung für entscheidend, dass der unfallbedingte Schub der Krankheit eine konkrete Verschlechterung bewirkt, die – gerade wegen des fortschreitenden Charakters der Krankheit – nicht rückgängig zu machen ist. Weiterhin ist umgekehrt der Zeitpunkt der Verschlechterung durch eigengesetzliche Entwicklung nur spekulativ vorherzusagen. Ebenso wenig lässt sich vorhersagen, dass eine eigengesetzliche Verschlechterung zu einem festgelegten Zeitpunkt in den gleichen Zustand mündet wie die konkrete Verschlechterung durch ein Schädel-Hirn-Trauma. Dies gilt insbesondere, wenn der Schub durch das Schädel-Hirn-Trauma wieder in einen Zustand einer gewissen Stabilisierung auf geringerem Niveau übergeht. Es scheint dann noch wahrscheinlicher, dass ohne den Unfall die ganze Verschlimmerung nicht zeitnah eingetreten wäre.
Es stellt auch keinen gleichgewichtigen, alltäglich wahrscheinlichen Ablauf gegenüber dem konkret eingetretenen Unfall dar, dass Infektionen, nach der Wiedergabe Prof ...Dr. K.s auch fieberhafte Infekte, ebenso Krankheitsschübe auslösen können wie leichte Schädel-Hirn-Traumen. Denn auch dabei handelt es sich – wie allgemein bekannt ist – bei einem 14-jährigen Kind nicht um Ereignisse, die in solcher Häufigkeit auftreten, dass die hier maßgebliche Auswirkung, die Verschlechterung der Grundkrankheit, zu etwa gleicher Zeit zu erwarten gewesen wäre.
Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Unfallfolgen waren insoweit nicht festzustellen, als die Verschlimmerung nicht nachweisbar eine Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten umfasste, sie nicht als richtungsgebende Verschlimmerung Krankheitsfortschritte nach Februar 2002 umfasst und ihre Auswirkungen in Unfallfolgen nicht vor November 2001 festzustellen waren.
Durch den Einfluss des Schädel-Hirn-Traumas ist die Einschränkung des geistigen Leistungsvermögens der Klägerin nicht nachweisbar beeinflusst worden. Die Ärzte des Sozialpädiatrischen Zentrums des St. E u. St. B-Krankenhauses haben in ihrem Bericht vom 7. März 2002 ausdrücklich keine signifikante Änderung ihrer Testergebnisse gegenüber Ergebnissen aus dem Jahre 1996 feststellen können. Soweit sie darlegen, ein genauer Vergleich sei wegen der Verwendung zweier unterschiedlicher Testverfahren nicht möglich, ist aber auch der Vollbeweis des Eintritts einer Verschlechterung ausgeschlossen. Gegen diese Beweislage lassen sich die Verschlechterung der schulischen Leistungen und die Notwendigkeit verstärkter sonderpädagogischer Bemühungen nicht schlüssig einwenden. Denn ein Nachlassen schulischer Leistungen kann auch bei gesunden Menschen auftreten und verschiedenste Ursachen haben. Im Falle der Klägerin wäre sogar denkbar, dass sie wegen der stärkeren Inanspruchnahme durch eine Verschlechterung der körperlichen Fähigkeiten nur noch eine geringere Konzentration für den schulischen Stoff aufbringen konnte. Auch dies beträfe aber nicht ihre unmittelbaren psychischen Fähigkeiten, deren Verschlechterung testpsychologisch nicht nachzuweisen war.
Auch soweit die Klägerin eine Verminderung der Sehschärfe durch den Krankheitsschub auf die Hälfte geltend macht, war ihr nicht zu folgen. Der Senat geht davon aus, dass die vor September 2002 erhobenen, entsprechend schlechten Werte der Sehschärfe auf Messungenauigkeiten beruhen, denn für eine Besserung der Augenbefunde zum September 2002 hin fehlt im Hinblick auf die Verschlechterungsneigung der Grundkrankheit jeder Anhaltspunkt. Die Verschlimmerung von Unfallfolgen war nur insoweit anzuerkennen, als die Krankheitsentwicklung bis zum Februar 2002 betroffen war. Zwar sind die Folgen im Sinne einer einmaligen Verschlimmerung auch danach verblieben. Weitere etwaige Änderungen, die angesichts der Ähnlichkeit der im Februar 2002 bestehenden Befunde mit denen in den nachfolgenden Gutachten erst ab 2004 eingetreten sein könnten, sind aber nicht mehr dem Schub zuzurechnen. Insoweit fehlt es für die Wahrscheinlichkeit einer Verursachung weiterer Änderungen an dem zeitlichen Zusammenhang des Verlaufs, der einen Krankheitsschub ausmacht. Im Hinblick auf die grundsätzliche Verschlechterungstendenz der Krankheit liegt es nach diesem Zeitpunkt sehr viel näher, die Ursache für weitere Verschlimmerungen in dem natürlichen Krankheitsverlauf zu sehen, auf dessen allgemeine Bedeutung für die Einschätzung des Zusammenhangs Prof ...Dr. G. und Prof ...Dr. R. durchaus zutreffend hinweisen. Eine richtungsgebende Verschlimmerung des vor dem Unfall bestehenden Krankheitsbildes der Klägerin kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt festgestellt werden, dass es sich bei der späteren Krankheitsentwicklung nicht wesentlich um eine Weiterentwicklung der Grundkrankheit, sondern um unmittelbare Folgen eines schwereren Schädel-Hirn-Traumas handele. Die insoweit von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte widerlegen nicht die einhellige Auffassung aller beteiligten Ärzte, die die Krankheitsentwicklung bei der Klägerin als Fortentwicklung der Grundkrankheit beurteilen. Nicht belegt ist die Behauptung der Klägerin, die nach dem Aufprall auf dem H.nboden aufgetretene Bewusstlosigkeit sei nicht nur "kurz" gewesen, sondern könne bis zu 26 Minuten angedauert haben. Die darin liegende Unterstellung, der anwesende Notarzt habe die Angabe einer kurzen Bewusstlosigkeit aus eigener Beobachtung nach dem Eintreffen am Unfallort abgeleitet und dabei die bis zu seinem Eintreffen schon abgelaufene Zeit verkannt, findet in dem Notarztprotokoll keine Stütze. Darin findet sich die Angabe der kurzen Bewusstlosigkeit nach anderen Mitteilungen, die der Arzt nur von Personen am Unfallort erfragt haben kann. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er nicht auch die Dauer der Bewusstlosigkeit erfragt haben sollte. Aus dem Protokoll ist weiterhin ersichtlich, dass dem Notarzt die Bedeutung genauer Angaben für die Prüfung der Schwere des Schädel-Hirn-Traumas bekannt waren, denn dieses enthält eine vollständige Prüfung und Punktbewertung des Schädel-Hirn-Traumas auch nach dem Glasgow-Coma-Scale, die mit der folgerichtigen Einordnung des Traumas als erstgradig endet. Insbesondere ist danach aber auch die Dauer der Bewusstlosigkeit nicht der einzige und entscheidende Maßstab für die Einschätzung der Ursachen von Folgeschäden nach Hirnverletzungen, weil die vollständige Prüfung von Art und Ausmaß des Schädel-Hirn-Traumas eine Vielzahl von Befunden umfasst. Auch die nach dem Unfall erhobenen bildgebenden Befunde scheiden als Grundlage für eine unfallbedingte Erklärung der nachfolgenden Krankheitsentwicklung aus, soweit sie über eine Triggerfunktion hinaus gehen. Denn sie geben nach einhelliger ärztlicher Auswertung überhaupt keinen Hinweis auf ein Schädel-Hirn-Trauma. Die von der Klägerin zitierten Texte zur Auswertung von MRT und CT auf Hirnschäden treffen Aussagen dazu, in welchem Zeitraum bestimmte traumatische Veränderungen zu erheben sind und welche Veränderungen keine vorschnelle Festlegung auf traumatische Ursachen zulassen. Aus beiden Gesichtspunkten lässt sich gegen die konkrete Auswertung nicht positiv herleiten, den Abbildungen seien im Falle der Klägerin positiv Verletzungsfolgen zu entnehmen. Schließlich lässt sich den MRT-Abbildungen auch nicht mittelbar die Ursächlichkeit einer Hirnverletzung für alle weiteren Krankheitsentwicklungen entnehmen, indem die Überlegung von Prof ...Dr. R. aufgegriffen wird, die MRT-Befunde hätten sich nicht verändert. Abgesehen davon, dass dies – wie oben dargelegt – nicht gegen ein Fortschreiten der Grundkrankheit spricht, ermöglicht der Gedanke auch im Übrigen nicht, bei völligem Fehlen verletzungstypischer Veränderungen im MRT gleichwohl von schwereren Hirnverletzungsfolgen auszugehen. Die konkrete Feststellung von Unfallfolgen aus der seit Juni 2001 erfolgten Verschlimmerung war für einen Zeitraum vor November 2001 nicht möglich, weil für diesen Zeitraum mangels konkreter Behandlung keine Befundberichte vorlagen und durchgehend ein nur langsam fortschreitender Verlauf der Verschlechterung beschrieben wird. Aus dem November 2001 stammen die ersten Berichte bzw. berichteten Befunde, die die konkreten Änderungen zum Gegenstand haben. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Schulunfall der Klägerin dauerhafte Unfallfolgen zurückgelassen hat. Die damals 14jährige Klägerin war wegen einer Lernbehinderung Schülerin an einer integrativen Gesamtschule. Am 12. Juni 2001 erlitt sie im Sportunterricht ihrer Schule beim Basketballspiel nach dem Durchgangsarztbericht vom 14. Juni 2001 einen Sturz auf den Hinterkopf. Ärzte stellten die Diagnose eines Schädel-Hirn-Traumas und einer Halswirbelsäulenverrenkung. Die Klägerin hatte einen Gedächtnisverlust für die Zeit vor dem Unfallereignis, Kopfschmerz, Zittern, Kribbeln der Fingerkuppen beider Hände und einen diffusen Druckschmerz der oberen Halswirbelsäule angegeben. Am Hinterkopf befand sich eine leichte Prellmarke.
Im Entlassungsbericht vom 20. Juni 2001 über die stationäre Behandlung vom 12. bis 16. Juni 2001 teilten die Ärzte der Klinik für Kinderchirurgie des Krankenhauses St. E und St. B in H. mit, der Befund und die bei den Eltern erhobene Anamnese sei mit einer im Computertomogramm erkennbaren Ventrikelerweiterung und mit weiteren Auffälligkeiten der Hirnmorphologie im Zusammenhang zu sehen. Dem Unfallgeschehen komme möglicherweise eine Triggerfunktion zu. Insgesamt bestehe der Verdacht auf eine komplexe Fehlbildung im Sinne eines Hydrocephalus internus. Bei dem Unfall sei die Klägerin von einem Ball getroffen ohnmächtig geworden, unkontrolliert auf das H.nparkett aufgeschlagen und kurzzeitig bewusstlos gewesen. Die Eltern hätten "eingeräumt", schon seit etwa 1995 hätten ein verzögertes Reagieren und ein ataktisches Gangbild vorgelegen. An anderer Stelle heißt es, die nach Heilung der akuten Unfallfolgen verbliebene Stand-, Gang- und Rumpfataxie bestehe nach Angaben der Eltern bereits über Jahre.
Im weiteren Verlauf reichten die Eltern der Klägerin im Rahmen eines Antrages auf Rentengewährung Behandlungsberichte ein. Nach einem Bericht vom 24. Juli 2002 äußerte Prof ...Dr. K. von der Abteilung für Neuropädiatrie des Universitätsklinikums H.-E den Verdacht, die Symptome ließen an eine Leukodystrophie vom Typ Vanishing white matter denken. Typisch dafür sei der Ausbruch der Erkrankung durch ein Schädelhirntrauma. Nach den Mitteilungen der Eltern habe die Klägerin in der ersten Schulklasse Lernschwierigkeiten entwickelt, die zu einem Schulwechsel geführt hätten. Auch seien von Anfang an kleinere feinmotorische Ungeschicklichkeiten aufgefallen. Seit dem Unfall schreite eine spastischataktische Gangstörung mit Schwindel und Fallneigung langsam voran.
Schon in einem Bericht vom 29. Januar 2002 waren die Ärzte der Neurologischen Universitätsklinik H. von der Möglichkeit des genannten Krankheitsbildes ausgegangen und hatten darauf verwiesen, im Rahmen dieser Krankheit könne die klinische Symptomatik nach leichtem Schädel-Hirn-Trauma entweder entstehen oder sich verschlechtern.
In einem Anfang 2003 erstellten sonderpädagogischen Gutachten wird dargelegt, seit dem Sportunfall hätten sich der körperliche und intellektuelle Status der Klägerin verändert. Sie zeige eine deutliche Wesensänderung, eine fortschreitende linksbetonte Gangataxie, eine schlechte Beherrschung der linken Körperhälfte, ein herabgesetztes Orientierungsvermögen, eine Verschlechterung der Sehkraft und stark eingeschränkte geistige Leistungen. Die Zensierung sei im Schuljahr 2001/02 ausgesetzt und durch ein Worturteil ersetzt worden.
In einem Gutachten für die Beklagte vom 29. August 2003 gelangte Prof ...Dr. K. zu dem Ergebnis, die Diagnose der Leukodystrophie Vanishing white matter disease sei nunmehr auch molekulargenetisch gesichert. Durch den Unfall im Juni 2001 sei eine genetisch vorbestehende Erkrankung getriggert worden, das heißt, der Ausbruch der Erkrankung sei ausgelöst worden. Eine fortschreitende Störung und beginnende Spastik seien aufgetreten, die sich hauptsächlich als Gangstörung äußerten. Außerdem seien mentale Defizite weiter in den Vordergrund getreten, die aber auch schon vor dem Unfall aufgefallen seien. Ohne die Grunderkrankung hätte das Unfallereignis nur eine Gehirnerschütterung verursacht und keine weiteren Folgeschäden nach sich gezogen. Das Ereignis habe den Ausbruch der Krankheit gefördert. Diese Einschätzung werde durch wissenschaftliche Beobachtungen ähnlicher Fälle gestützt. Der Krankheitsausbruch sei individuell unterschiedlich und könne nicht vorhergesagt werden. Es sei aber durchaus denkbar, dass die Klägerin ohne das Unfallereignis noch einige Jahre relativ unbeeinträchtigt hätte leben können.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. D. vom 3. Dezember 2003 eingeholt, der das Schädel-Hirn-Trauma vom 12. Juni 2001 als Gelegenheitsursache bezeichnet hat. Zwar könnten von außen kommende Ereignisse offenbar die Erkrankung bzw. bei vorbestehender Erkrankung einen Schub auslösen. Allerdings seien sie dann als Bedingung nicht wesentlich. Äußeren Einflüssen möge zwar eine gewisse zeitliche Beeinflussung im Krankheitsverlauf zukommen, was an dem schicksalhaften Gesamtverlauf aber nichts ändere. Ohne die Gelegenheitsursache wäre die Krankheit zu einem bestimmten Zeitpunkt spontan oder nach einem banalen Infekt aufgetreten. Da schon vor dem Unfall Krankheitssymptome bestanden hätten, käme nur eine Verschlimmerung der Erkrankung in Betracht. Es handele sich aber um eine ohnehin eigengesetzlich fortschreitende Störung. Ein schwererer Verlauf nach Ablauf eines Schädel-Hirn-Traumas sei in der Literatur nicht beschrieben. Insoweit fehle eine Grundlage für eine Verschlimmerung.
Die Beklagte zog einen Bericht der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des St. B-Krankenhauses H. über eine tagesklinische Behandlung von März bis August 1996 bei. Dort ist als Schilderung der Eltern wiedergegeben, die Klägerin sei im Kindergarten wegen verlangsamter Bewegungen und Reaktionen aufgefallen. Den Anforderungen der ersten Schulklasse habe sie vor allem beim Rechnen, mit besonderen Schwierigkeiten bei abstrakten Aufgaben, nicht genügt. Sie sei allgemein ängstlich und leide unter motorischen Schwierigkeiten. Die neurologische Untersuchung ergab Hinweise auf eine Störung der Grob- und Feinmotorik, eine diskrete Störung der Koordination und eine Bradydiadochokinese. Nach dem psychologischen Befund bestanden weit unter dem Durchschnitt liegende kognitive Leistungsmöglichkeiten.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2003 erkannte die Beklagte den Unfall vom 12. Juni 2001 als Arbeitsunfall mit den Unfallfolgen einer folgenlos verheilten Schädelprellung und Halswirbelsäulen-Zerrung an und lehnte einen Rentenanspruch und die Anerkennung einer Verschlimmerung der motorischen und geistigen Fähigkeiten aufgrund einer Leukodystrophie (Myelinopathia diffusa centralis) ab. Sie führte aus, die Krankheits-/ Schadensanlage sei so stark und leicht ansprechbar gewesen, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkungen bedurft hätte, sondern jedes andere, alltäglich vorkommende, ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die alleinige rechtlich wesentliche Ursache liege in der persönlichen Risikosphäre.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 5. Januar 2004 Widerspruch ein und führte aus, nach dem Unfall seien drastische Veränderungen in ihrem geistigen und körperlichen Zustand eingetreten. Der Ausbruch der Krankheit durch den Sportunfall sei bewiesen. Welche anderen Ereignisse zu einem Ausbruch hätten führen können, sei spekulativ. In ihrem Fall sei dies der Unfall als wesentlicher Teil des Gesundheitsschadens.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Direktorin der Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin G, Prof ...Dr. G., vom 19. April 2004 ein. Diese führte aus, die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Unfallereignisses am 12. Juni 2001 bereits unter neurologischen Beschwerden ihrer Grunderkrankung gelitten. Diese Grunderkrankung habe dazu geführt, dass sie auf ein eher geringgradiges Schädel-Hirn-Trauma mit einem inadäquaten komatösen Zustand reagiert habe. In der Literatur lägen ausreichend klinischwissenschaftliche Daten vor, die belegten, dass ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma einen Krankheitsschub dieser Grundkrankheit auslöse und zu einer deutlichen Verschlechterung der klinischen Symptome dieser Patienten führen könne. Die Erkrankung sei nicht durch das Schädel-Hirn-Trauma ausgelöst worden, jedoch sei es dadurch unmittelbar zu einem Krankheitsschub mit deutlicher Verschlechterung der vorbestehenden neurologischen Beschwerden gekommen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem äußeren Ereignis und dem Körperschaden sei zumindest mit bestehend. Die unmittelbar nach dem Schädel-Hirn-Trauma bei vorbestehender Grunderkrankung aufgetretene Verschlechterung der neurologischen Beschwerden sei als unmittelbare Unfallfolge anzusehen. Für das klinische Beschwerdebild in den Folgemonaten sowie die gegenwärtig vorliegende Behinderung könnten sowohl der Unfall als auch das krankheitsbedingte Fortschreiten als alleinige oder auch gemeinsame Ursache angenommen werden. Eine Differenzierung zwischen diesen beiden Ursachen sei nicht möglich. Im Hinblick auf die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei eine Differenzierung des durch die Unfallfolgen einerseits und durch den natürlichen Krankheitsverlauf andererseits hervorgerufenen klinischen Zustandes der Klägerin nur schwer möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, der Unfall vom 12. Juni 2001 habe nach den Feststellungen der Gutachterin nur zu einem Krankheitsschub mit deutlicher Verschlechterung der vorbestehenden neurologischen Beschwerden geführt. Demnach sei der Unfall nicht die rechtlich wesentliche Ursache für die Leukodystrophieerkrankung und die daraus resultierenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen.
Mit der am 11. November 2004 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sowohl Prof ...Dr. K. als auch Prof ...Dr. G. hätten festgestellt, dass das Schädel-Hirn-Trauma einen Krankheitsschub verursacht habe. Weitere Überlegungen der Gutachterin Prof ...Dr. G. seien allerdings unschlüssig.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht der Augenärzte F vom 10. Mai 2005, (Bl. 39-41 d. A.) eingeholt. Diese haben mitgeteilt, bei der Klägerin habe eine Refraktionsanomalie durch Verordnung einer Brille vollständig ausgeglichen werden können. Nach dem Unfall habe sich die Sehschärfe verschlechtert.
In einem weiteren Befundbericht vom 26. Mai 2005 hat der Oberarzt der Klinik für Kinderchirurgie des St. E und St. B-Krankenhauses H. Dr. B. ausgeführt, Aussagen zur Ursächlichkeit ließen sich aus kinderchirurgischer Sicht nur bedingt treffen. Zum Zeitpunkt des Unfalls und der stationären Behandlung sei die Erkrankung der Klägerin noch nicht bekannt gewesen. Der vorliegende Unfall habe mit Sicherheit die entsprechenden Befunde nicht verursacht. Ein Schädel-Hirn-Trauma könne bei der vorliegenden Grunderkrankung möglicherweise zu heftigeren Reaktionen und Folgen führen. Zusätzliche Verletzungen durch den Unfall seien jedoch nicht gefunden worden. Die Zeichen der Gehirnerschütterung hätten sich unter der Behandlung zurückgebildet. Die verbliebene Symptomatik sei aus seiner Sicht auf die Grunderkrankung zurückzuführen. Soweit von ihm beurteilbar, sei eine Verschlimmerung der Symptomatik in keinem ursächlichen Verhältnis zu dem erlittenen Schulunfall zu sehen. Eine zusätzliche Aussage dazu könne der die Grunderkrankung behandelnde Neurologe geben. Wegen eines weiteren Berichts des leitenden Oberarztes der Neurologischen Universitätsklinik H. Dr. K. wird auf Bl. 57 f. d. A. Bezug genommen.
Das Gericht hat ein Gutachten des Ärztlichen Direktors der Neurologischen Klinik H. O, Prof ...Dr. R., vom 22. November 2005 eingeholt, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 75 - 90 d. A. Bezug genommen wird. Er hat ausgeführt, bei der Klägerin hätten bereits vor dem Unfall stark unterdurchschnittliche Intelligenzleistungen sowie ein spastischataktisches Gangbild vorgelegen, die sich zeitlich nach dem Unfall vom 12. Juni 2001 langsam schleichend verschlechtert hätten. Im Falle von Verschlechterungen einer Leukodystrophie durch Infektionen mit Fieber oder leichtere Kopfverletzungen liege häufig ein Koma vor, das bei der Klägerin nachweislich nicht eingetreten sei. Bereits ein MRT des Schädels, das nur zwei Wochen nach dem Unfall durchgeführt worden sei, habe erhebliche Veränderungen im Sinne eines Hydrocephalus gezeigt. Solche Veränderungen entstünden innerhalb von Jahren. Dass es nach dem Unfall nicht zu einer sprunghaften Verschlechterung der Grunderkrankung gekommen sei, werde auch dadurch belegt, dass ein Voranschreiten der Grunderkrankung bildmorphologisch im Verlauf von mehr als einem halben Jahr nicht nachweisbar gewesen sei. Es lasse sich festhalten, dass fieberhafte Infekte sowie banale Schädel-Hirn-Traumata zu einer Verschlechterung der Grunderkrankung führen könnten. Ein solches Trauma liege auch hier vor. Er gehe insoweit von einer Gelegenheitsursache aus. Die unfallunabhängige Vorschädigung sei bereits so stark ausgeprägt gewesen, dass es nur noch eines geringfügigen Anlasses für die aufgetretene Verschlechterung bedurft habe. Es könne auch diskutiert werden, ob es sich um einen zufälligen Zusammenfall mit einer schicksalhaften Verschlechterung der Grunderkrankung handele. Einen Zusammenhang mit dem Schadensereignis könne er nicht feststellen.
Die Klägerin hat dem entgegengehalten, das konkret einwirkende Sportereignis sei nach seiner Eigenart und Stärke eine besondere Einwirkung, die nicht mit vermeidbaren Anlässen des täglichen Lebens vergleich- und austauschbar sei. Nach dem Unfallereignis habe sich die Symptomatik massiv verschlechtert.
Mit Urteil vom 2. Februar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, es sei zwar möglich, aber nicht hinreichend wahrscheinlich, dass sich die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Klägerin durch den Schulunfall vom 12. Juni 2001 verschlechtert hätten. Nach derzeitigem medizinischwissenschaftlichen Erkenntnisstand könne in dem Schädel-Hirn-Trauma keine rechtlich wesentliche Ursache oder Mitursache gesehen werden. Die anlagebedingte Leukodystrophie sei nicht erst durch den Schulunfall ausgebrochen, da bereits vorher charakteristische Symptome der Grunderkrankung bestanden hätten. Bereits 1996 seien maßgebliche Befunde im Sinne eines geistigen Zurückbleibens und motorischer Störungen erhoben worden. Insoweit sei dem Gutachten von Prof ...Dr. K. nicht zu folgen. Auch eine Verschlimmerung lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Schulunfall zurückführen. Es könne nicht als gesichert gelten, dass ein Schädel-Hirn-Trauma bei einer Leukodystrophie zwingend einen Krankheitsschub auslöse. Dafür sei das erst seit 1999 identifizierbare Krankheitsbild noch zu unerforscht. Zwar sei medizinisch festgestellt worden, dass es zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes nach einem fieberhaften Infekt und leichtem Schädel-Hirn-Trauma und unerklärlichem Koma kommen könne. In wie vielen Fällen es zum Krankheitsschub nach einer Kopfverletzung gekommen sei, sei indes nicht geklärt. Unklar sei auch, ob diese äußeren Einflüsse den Ausbruch oder die Verschlechterung der Krankheit allein bedingt hätten oder auch andere Umstände dafür ursächlich gewesen seien. Insoweit handele es sich um eine wissenschaftliche Hypothese, aber nicht um gesicherte medizinische Erkenntnisse. Entsprechend den schlüssigen Darlegungen der beratungsärztlichen Stellungnahme zu den Ausführungen von Prof ...Dr. K., wonach die geringen Fallzahlen und kasuistischen Beobachtungen keine statistisch verwertbare Auskunft zuließen, könne von einer gesicherten medizinischwissenschaftlichen Datenlage nicht ausgegangen werden.
Andere Schlussfolgerungen ergäben sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof ...Dr. G ... Auch diese habe sich offensichtlich allein auf eine Abhandlung gestützt, die auf die Exploration von neun Kindern bezogen sei. Bei dieser geringen Zahl ließen sich keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse begründen, zumal offen bleibe, ob die Krankheit zum Zeitpunkt des Traumas so weit vorangeschritten gewesen sei, dass auch ohne äußeren Einfluss eine Verschlechterung eingetreten wäre. Denn nach den Ausführungen von Prof ...Dr. K. könne der Zeitpunkt des Ausbruchs einer Leukodystrophie nicht vorhergesagt werden. Bei der Klägerin hätten schon unmittelbar nach dem Unfall komplexe Hirnschädigungen bildlich festgehalten werden können. Es sei ungewiss, ob sich die motorischen und kognitiven Fähigkeiten der Klägerin durch das Anlageleiden zu annähernd gleicher Zeit verschlechtert hätten. Nach den Ausführungen von Prof ...Dr. G. komme das krankheitsbedingte Fortschreiten der Leukodystrophie auch als alleinige Ursache einer Verschlechterung in Betracht.
Bei der Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin spreche nicht mehr für als gegen einen unfallbedingten Zusammenhang. Die Befundverschlechterung lasse sich nicht zeitnah zum Schulunfall belegen. Die bei der Krankenhausentlassung der Klägerin am 16. Juni 2001 aufgefallene Ataxie sei nach Angaben der Eltern vorbestehend gewesen. Bei der Leistungs- und Intelligenzdiagnostik am 10. Januar 2002 habe im Vergleich zum Vorbefund der Tagesklinik aus dem Jahre 1996 kein auffälliger Abbau des Gesamt-Intelligenzquotienten bestätigt werden können. In beiden Fällen sei eine leichte geistige Behinderung bescheinigt worden. Erst aus den sonderpädagogischen Erhebungen für den Zeitraum Januar bis März 2003 gehe bei kontinuierlicher schulischer Entwicklung und Förderung bis Juni 2001 eine Verlangsamung, Verminderung der Belastbarkeit und Verschlechterung der Handschrift hervor. Hierbei habe es sich offensichtlich um einen originär krankheitsbedingten Abbau gehandelt, der sich 2002 zunehmend abgezeichnet habe. Ein akuter Schub unmittelbar nach dem Schulunfall lasse sich den vorliegenden Unterlagen gerade nicht entnehmen. Diese Annahme werde durch die bildgebenden Befunde bestätigt, deren Zustand sich über Jahre herausbilde. Die Möglichkeit eines noch jahrelangen weitgehend unbeeinträchtigten Lebens der Klägerin sei eine bloße Vermutung. Unmittelbare Traumafolgen im Bereich des Gehirns seien diagnostisch ausgeschlossen worden. Angesichts des folgenlosen Ausheilens der anerkannten Gesundheitsschäden in Form einer Schädelprellung und einer Halswirbelsäulen-Zerrung komme ein Anspruch auf eine Verletztenrente nicht in Betracht.
Gegen das ihr am 27. Februar 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. März 2007 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, in der Zeit vor dem Unfall seien wesentliche Krankheitssymptome nicht zu verzeichnen gewesen. Aufgrund der zeitlichen Abläufe habe es sich bei dem Unfall um ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades gehandelt. Die nach dem Unfall vorgenommenen Auswertungen von CT und MRT hielten einer kritischen Überprüfung nicht stand. Es könne auch nicht einerseits darauf verwiesen werden, die maßgeblichen Befunde könnten nur über Jahre entstehen und andererseits trotz starker Verschlechterung der klinischen Befunde ein Gleichbleiben der bildgebenden Befunde der Ursächlichkeit des Unfalls entgegen gehalten werden. Vielmehr könne dann nicht die Leukodystrophie die Ursache der Verschlechterungen sein. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 154 – 193 d. A. Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Februar 2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 hinsichtlich der Feststellung der Unfallfolgen und der Entscheidung über die Leistungsberechtigung aufzuheben und festzustellen, dass ein Schub einer Leukoencephalopathie with vanishing white matter mit Verschlechterung der motorischen und geistigen Fähigkeiten und einer Sehverschlechterung weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 12. Juni 2001 ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichtes für überzeugend und bezieht sich darauf.
Der Senat Auszüge aus dem Internet durch Übergabe an die Beteiligten eingeführt. In der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung hat ein Ausdruck der elektronischen Akte der Beklagten – Az. – vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat überwiegend Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 beschwert die Klägerin im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte die Unfallfolgen der Klägerin nicht vollständig festgestellt hat. Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen, nämlich einer einmaligen dauerhaften Verschlimmerung einer Leukoencephalopathie with vanishing white matter mit Ausdehnung eines ataktischen Gangbildes und fein- und grobmotorischer Einschränkungen zu einer linksbetonten spastischataktischen Tetrasymptomatik mit Gangunsicherheit und Fallneigung und mit einer Verminderung der korrigierten Sehschärfe des linken Auges um 0,1 auf 0,9 und des rechten Auges um 0,2 auf 0,8, binokular 1,0. Denn diese Gesundheitsschäden sind, wie z. B. durch § 26 Abs. 2 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in der Fassung durch G. v. 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254) für Unfallfolgen bestimmt, durch den anerkannten Unfall – als Versicherungsfall im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB VII – verursacht.
Die oben umrissenen Entwicklungen sind Teil eines Krankheitsschubes der nachgewiesenen Grundkrankheit Leukoencephalopathie with vanishing white matter; bedeutungsgleich wird die Leukoencephalopathie als Leukodystrophie und das Krankheitsbild als Myelinopathia diffusa centralis bezeichnet. Dieser Schub ergibt sich als ein dem Unfall nachfolgendes Ereignis mit einer nachweisbaren Dauer bis zum Februar 2002. Die im Bericht der neurologischen Universitätsklinik H. vom 16. Mai 2002 über die stationäre Behandlung im Februar 2002 beschriebenen Befunde stellen insoweit den Endpunkt der dem Unfall unmittelbar nachfolgenden Entwicklung dar, weil die Befunde, die anlässlich der Begutachtungen durch Prof ...Dr. K. und Prof ... Dr. G. erhoben worden sind, davon nicht mehr abgrenzbar abweichen. Die Veränderung bezüglich der Augen ergibt sich aus dem Befundbericht der Augenärzte F vom 10. Mai 2005 im Vergleich der am 24. Februar 2000 erhobenen Befunde mit denen, die die Ärzte am 13. September 2002 erhoben haben. Dass eine Verschlechterung des Sehvermögens mit der Entwicklung der Grundkrankheit einen bekannten Zusammenhang darstellt, hatten bereits die Ärzte der neurologischen Universitätsklinik H. in ihrem Bericht vom 29. Januar 2002 mitgeteilt; Zweifel daran sind im weiteren Verlauf nicht laut geworden. Der Senat geht mit allen beteiligten Ärzten davon aus, dass sich das Krankheitsbild nach dem Unfall langsam, gegenüber dem vorherigen Zustand aber beschleunigt, verschlimmert hat. Dies haben zunächst die Eltern als dem Geschehen nächste Personen durchgehend so geschildert. Dagegen spricht aus Sicht des Senates nicht der in sich widersprüchliche Bericht des St. E und St. B-Krankenhauses vom 20. Juni 2001. Zwar wird dort glaubhaft wiedergegeben, die Eltern hätten das Vorbestehen eines ataktischen Gangbildes und einer Verlangsamung eingeräumt. Dies ist aber nicht das umfassendere Behinderungsbild, das die Ärzte später als Gang-, Stand- und Rumpfataxie beschreiben und von dem sie dort behaupten, die Eltern hätten dies als vorbestehend bezeichnet. Dass die Ärzte eine im Zusammenhang mit dem Unfall eingetretene Änderung auch gar nicht ausschließen konnten, zeigen ihre Überlegungen, das Unfallgeschehen könne triggernd gewirkt haben. Wo keine Änderungen erkennbar geworden sind, kann keine triggernde Wirkung vorliegen. Nicht folgen kann der Senat dementsprechend der Einschätzung in dem Befundbericht des Krankenhauses vom 26. Mai 2005, das klinische und neurologische Auffälligkeitsmuster habe sich in dem Nachbeobachtungszeitraum nur "unwesentlich" geändert, was ebenfalls mit einem angeblich anamnestisch schon vorher so bestehenden Krankheitsbild begründet wird. Die Beschreibung einer Änderung mit dem Unfallereignis geht auch aus dem sonderpädagogischen Gutachten vom Frühjahr 2003 hervor. Insoweit ist nicht davon auszugehen, dass allein die Angaben der Eltern Verwertung fanden, da auch Lehrer beteiligt waren, die die Entwicklung der Klägerin beobachten konnten. Nicht schlüssig erscheint die Erwägung Prof ...Dr. R.s, für die Annahme einer Verschlechterung der Grunderkrankung fehle es an einem Voranschreiten der Befunde im MRT; vielmehr sei dieses über mehr als ein halbes Jahr hinweg ohne Kennzeichen eines Voranschreitens der Erkrankung geblieben. Der Nachweis einer Befundverschlimmerung wird dadurch nicht in Frage gestellt, weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen klinischer Entwicklung und MRT-Befunden nicht gesehen wird. So wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die für die Grundkrankheit typischen MRT-Befunde schon vorliegen können, bevor die Krankheit symptomatisch wird (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung). Der Umfang der motorischen Änderungen ergibt sich insbesondere aus einem Vergleich des Förderplans vom Oktober 1998 mit den Beschreibungen im pädagogischen Fördergutachten aus dem Jahr 2003, dem aber in stärkerer Zusammenfassung die für November 2001 und Februar 2002 mitgeteilten Befunde entsprechen. Der Förderplan beschreibt verlangsamte, verunsicherte und gehemmte Bewegungsabläufe und fehlendes körperliches Geschick bei fehlendem Körperschema. Demgegenüber ist im Gutachten von 2003 eine linksbetonte Gangataxie mit unsicherem Gang, Nachziehen des linken Beines und Nachwippen der rechten Körperhälfte beschrieben, Schwierigkeiten beim Bewältigen von Steigungen, Gefälle und Unebenheiten und ein Abrutschen nach links im Sitzen. Der Senat hält auch Angaben aus dem Jahr 1998 für den Vergleich für geeignet, weil sich für den Zeitraum vor dem Unfall ein weitgehend stabiler Krankheitsverlauf erkennen lässt. Dies ergibt sich z. B. aus dem Fördergutachten von 2003. Die genannten Unfallfolgen sind zunächst in einem logisch-naturwissenschaftlichen Sinn Folge des Unfalls. In diesem Rahmen sind nur die Bedingungen in die weitere Prüfung einzubeziehen, die gedanklich nicht fehlen dürfen, ohne dass auch der zu prüfende Gesundheitsschaden fehlen würde (BSG, Urt. v. 17. 2. 09 – B 2 U 18/07 R – Juris, Rdnr. 12). Ein solcher Einfluss kommt dem Unfall auf die weitere Entwicklung der Grunderkrankung hier zu. Maßgeblich ist für den Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Einen solchen Zusammenhang sieht zunächst Prof ...Dr. K. in seinem Gutachten. Zwar stellt er vordergründig auf das Triggern eines Krankheitsausbruchs ab, doch zeigen seine Hinweise auf vorbestehende Krankheitssymptome, dass er sich bewusst ist, dass es um das Fortschreiten einer bestehenden Krankheit geht. So beschäftigt sich die von ihm hervorgehobene Zitatstelle mit einer Verschlimmerung ("deterioration"). Ein Triggern ist im vorbeschriebenen Sinn ursächlich, weil es ein Fördern des "Ausbruchs" bzw. eines Krankheitsschubes bedeutet. Auch Prof ...Dr. G. nimmt die Ursächlichkeit des Unfalles an, durch den es unmittelbar zu einem Krankheitsschub mit deutlicher Verschlechterung der vorbestehenden neurologischen Beschwerden gekommen sei. Gegen diese Beurteilungen wenden sich Dr. D. und Prof ...Dr. R. nicht, soweit sie dem Ereignis die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zuschreiben. Denn auch eine Gelegenheitsursache ist im naturwissenschaftlich-logischen Sinne ursächlich. Lediglich Dr. B. spricht in seinem Befundbericht dem Unfall die wahrscheinliche Ursächlichkeit ab. Dieser Einschätzung folgt der Senat aber nicht. Die Einschätzungen Prof ...Dr. K.s und Prof ...Dr. G.s sind vorzuziehen, weil es sich um anerkannte Experten auf dem Gebiet der Grunderkrankung handelt. Dies geht bezüglich Prof ...Dr. K.s aus dem Attest der neurologischen Universitätsklinik H. vom 18. September 2002 hervor, bezüglich Prof ...Dr. G.s aus den Recherchen der Beklagten selbst, die im Hinblick auf die Ausnahmestellung Prof ...Dr. G.s im Widerspruchsverfahren in bewusster Ausnahme von § 200 Abs. 2 1. Halbsatz SGB VII diese allein als Sachverständige vorgeschlagen hat. Eben wegen der Expertenstellung Prof ...Dr. K.s ist auch die Klägerin zur Klärung der Krankheitszusammenhänge nach dem Unfall von der Klinik, der Dr. B. angehört, über die Zwischenbehandlung in einer Universitätsklinik letztlich zu Prof ...Dr. K. überwiesen worden. Für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs spricht die wissenschaftliche Erkenntnis, dass die Grunderkrankung häufiger durch Stressfaktoren wie Infektionen, leichte Schädel-Hirn-Traumen oder Angstsituationen verstärkt wird und diese sich umgekehrt über ihre typische Bedeutung hinaus auswirken (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung). Schon die Ärzte der neurologischen Universitätsklinik H. hatten in ihren Berichten vom 29. Januar 2002 und 18. Mai 2002 auf diesen Zusammenhang hingewiesen, der ihnen danach im Falle der Klägerin sogar einen Hinweis auf die später bestätigte Diagnose gab. Auch Prof ...Dr. K. und Prof ...Dr. G. weisen ausdrücklich auf einen solchen Zusammenhang für Schädel-Hirn-Traumen hin. Grundlegende Zweifel daran äußert kein anderer Arzt. Soweit Dr. D. im Hinblick auf die Seltenheit der Krankheit meint, ein typisches Krankheitsbild sei nicht zu sichern, heißt dies jedenfalls noch nicht, die konkrete Verbindung zu Schädel-Hirn-Traumen sei nicht wahrscheinlich. Im Übrigen ist auch hier den Einschätzungen von Prof ...Dr. K. und Prof ...Dr. G. fachlich der Vorzug zu geben, da Dr. D. von seinem Fachgebiet als Internist her den Fall nur schwer einschätzen konnte, wie er der Beklagten gegenüber am 2. Dezember 2002 auch ausdrücklich bekundet hat. Der Senat schließt sich nicht der Auffassung des Sozialgerichts an, angesichts der geringen Zahl beobachteter Fälle seien ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen Schädel-Hirn-Traumen und Krankheitsschüben der Grundkrankheit nicht vorhanden. Dies einzuschätzen ist vorrangig Aufgabe der eingeschalteten medizinisch sachverständigen Gutachter. Insoweit begegnet es zunächst keinen Bedenken, wenn Prof ...Dr. G. mit ihrer von der Beklagten selbst hervorgehobenen Sachkunde von einem Beleg durch ausreichende klinisch-wissen-schaftliche Daten spricht. Auch kann dem Umstand, dass Prof ...Dr. K. auf einen zitierten Aufsatz verweist, der auf der Beobachtung von acht betroffenen Personen beruht, nicht entnommen werden, dies sei die gesamte Grundlage des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Schließlich kann es aber auch bei einer geringen Zahl beobachteter Personen einen bezeichnenden Zusammenhang begründen, wenn Schädel-Hirn-Traumen die Symptome der Grundkrankheit zum Ausbruch bringen oder verschlimmern. Denn Schädel-Hirn-Traumen sind nicht typischer Bestandteil des Lebenslaufs von Kindern und Jugendlichen. Offenbar spielen sie hier eine größere Rolle, weil erst sie zu Symptomen führen, die – wie bei der Klägerin – einen Hinweis auf die Grundkrankheit geben. Jedenfalls kann danach die Zusammenhangsbeobachtung nicht im Hinblick auf die Seltenheit der Grundkrankheit verworfen werden. Soweit Einwände von Prof ...Dr. R. gegen die Ursächlichkeit bereits die naturwissenschaftliche Ursächlichkeit betreffen, folgt der Senat ihnen nicht. Solche Zweifel äu-ßert er zunächst, indem er darauf hinweist, im Rahmen der Beteiligung eines Schädel-Hirn-Traumas führe dieses häufig zu einem Koma, das hier nicht eingetreten sei. Auf den Eintritt eines Komas wird aber nur als auf eine Möglichkeit der Ausweitung hingewiesen (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung), die nicht notwendiges Durchgangsstadium eines durch Schädel-Hirn-Traumen getriggerten Krankheitsschubes ist. Eine solche Verbindung stellt der Sachverständige auch nicht dar. Die Einschätzung von Prof ...Dr. G. ist nicht nachvollziehbar, soweit sie die Ursächlichkeit des Unfalls auf einen kurzen Zeitraum nach dem Unfall begrenzen will. Die ausdrückliche Aussage, das Schädel-Hirn-Trauma habe einen Krankheitsschub ausgelöst, ist mit der Aussage, für einen über Monate bemessenen Zeitraum nach dem Unfall und auf Dauer lasse sich die Ursächlichkeit zwischen Krankheit und Unfall nicht mehr feststellen, nicht vereinbar. Dies würde voraussetzen, dass der Krankheitsschub rückgängig gemacht worden wäre, was angesichts des auch von Prof ...Dr. G. als Fortschreiten der Krankheit bezeichneten Zustandes in diesem Zeitraum nicht der Fall war. Anderenfalls – so auch hier – ist nicht wahrscheinlich, dass an Stelle des unfallbedingten Krankheitsschubs ein natürlicher Krankheitsverlauf tritt. Die Annahme einer wachsenden Ursächlichkeit des eigenständigen Krankheitsverlaufs bleibt nur spekulativ, weil Prof ...Dr. G. keine Gesichtspunkte dafür benennt, wie lange ein unfallbedingter Krankheitsschub nur dauern kann oder wie sein Ende in Abgrenzung zu eigengesetzlichen Entwicklungen zu bestimmen ist.
Der Unfall ist als Ursache der eingetretenen Verschlimmerung auch wesentlich. Rechtlich ursächlich sind nämlich nur Ereignisse, die sich wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens als wesentliche Ursache darstellen (BSG, Urt. v. 15.2.05 – B 2 U 1/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 12 Rdnr. 14). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Ist die ursächliche Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheit zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheit für Verschlimmerungen so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung der Verschlimmerung nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis oder die eigengesetzliche Entwicklung zu der selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (entsprechend für Krankheitsanlagen BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.).
Eine solche Anfälligkeit für Verschlimmerungen liegt hier nicht vor. Prof. Dr. K. äußert nachvollziehbar die Vermutung, ohne das Unfallereignis hätte die Klägerin noch längere Zeit relativ unbeeinträchtigt leben können. Die Überlegung ist folgerichtig aus der wissenschaftlichen Erkenntnis abgeleitet, dass Schädel-Hirn-Traumen Ausbruch und Verschlimmerung der Grundkrankheit auslösen. Vor diesem Hintergrund tritt der Umstand, dass die Grundkrankheit ohnehin insgesamt fortschreitend verläuft, in den Hintergrund. Denn Krankheitsfortschritte waren ohne den Unfall für die hier betroffene nachfolgende Zeit nicht vorherzusagen, weil dem Unfall eine mehrere Jahre dauernde Phase von Stabilität des Krankheitsbildes vorausgegangen war und sie auch nicht untypisch für den Krankheitsverlauf ist. Vielmehr wird insoweit auf den ungleichmäßigen Verlauf der Verschlechterungen verwiesen (U.S. National Library of Medicine, Leukoencephalopathy with vanishing white matter, zu recherchieren über die Internetseiten der US-Regierung).
Der Senat folgt auch nicht der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. R. und des Beratungsarztes Dr. D., die den Unfall als Gelegenheitsursache bezüglich des Krankheitsfortschrittes bezeichnen. Mit diesem Begriff legen sie der Sache nach dar, dass sie den Unfall nicht für wesentlich für den Krankheitsfortschritt halten. Prof ...Dr. R. behauptet lediglich formelhaft die leichte Ansprechbarkeit der Erkrankung für eine Verschlimmerung, ohne den Umstand zu gewichten, dass eine Verschlimmerung gerade durch leichte Schädel-Hirn-Traumen einen bekannten Zusammenhang darstellt. Dr. D. stellt gegenüber der Beeinflussung der Krankheit durch Schädel-Hirn-Traumen den schicksalhaft ohnehin fortschreitenden Verlauf der Erkrankung in den Vordergrund. Demgegenüber hält der Senat bei der Abwägung für entscheidend, dass der unfallbedingte Schub der Krankheit eine konkrete Verschlechterung bewirkt, die – gerade wegen des fortschreitenden Charakters der Krankheit – nicht rückgängig zu machen ist. Weiterhin ist umgekehrt der Zeitpunkt der Verschlechterung durch eigengesetzliche Entwicklung nur spekulativ vorherzusagen. Ebenso wenig lässt sich vorhersagen, dass eine eigengesetzliche Verschlechterung zu einem festgelegten Zeitpunkt in den gleichen Zustand mündet wie die konkrete Verschlechterung durch ein Schädel-Hirn-Trauma. Dies gilt insbesondere, wenn der Schub durch das Schädel-Hirn-Trauma wieder in einen Zustand einer gewissen Stabilisierung auf geringerem Niveau übergeht. Es scheint dann noch wahrscheinlicher, dass ohne den Unfall die ganze Verschlimmerung nicht zeitnah eingetreten wäre.
Es stellt auch keinen gleichgewichtigen, alltäglich wahrscheinlichen Ablauf gegenüber dem konkret eingetretenen Unfall dar, dass Infektionen, nach der Wiedergabe Prof ...Dr. K.s auch fieberhafte Infekte, ebenso Krankheitsschübe auslösen können wie leichte Schädel-Hirn-Traumen. Denn auch dabei handelt es sich – wie allgemein bekannt ist – bei einem 14-jährigen Kind nicht um Ereignisse, die in solcher Häufigkeit auftreten, dass die hier maßgebliche Auswirkung, die Verschlechterung der Grundkrankheit, zu etwa gleicher Zeit zu erwarten gewesen wäre.
Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Unfallfolgen waren insoweit nicht festzustellen, als die Verschlimmerung nicht nachweisbar eine Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten umfasste, sie nicht als richtungsgebende Verschlimmerung Krankheitsfortschritte nach Februar 2002 umfasst und ihre Auswirkungen in Unfallfolgen nicht vor November 2001 festzustellen waren.
Durch den Einfluss des Schädel-Hirn-Traumas ist die Einschränkung des geistigen Leistungsvermögens der Klägerin nicht nachweisbar beeinflusst worden. Die Ärzte des Sozialpädiatrischen Zentrums des St. E u. St. B-Krankenhauses haben in ihrem Bericht vom 7. März 2002 ausdrücklich keine signifikante Änderung ihrer Testergebnisse gegenüber Ergebnissen aus dem Jahre 1996 feststellen können. Soweit sie darlegen, ein genauer Vergleich sei wegen der Verwendung zweier unterschiedlicher Testverfahren nicht möglich, ist aber auch der Vollbeweis des Eintritts einer Verschlechterung ausgeschlossen. Gegen diese Beweislage lassen sich die Verschlechterung der schulischen Leistungen und die Notwendigkeit verstärkter sonderpädagogischer Bemühungen nicht schlüssig einwenden. Denn ein Nachlassen schulischer Leistungen kann auch bei gesunden Menschen auftreten und verschiedenste Ursachen haben. Im Falle der Klägerin wäre sogar denkbar, dass sie wegen der stärkeren Inanspruchnahme durch eine Verschlechterung der körperlichen Fähigkeiten nur noch eine geringere Konzentration für den schulischen Stoff aufbringen konnte. Auch dies beträfe aber nicht ihre unmittelbaren psychischen Fähigkeiten, deren Verschlechterung testpsychologisch nicht nachzuweisen war.
Auch soweit die Klägerin eine Verminderung der Sehschärfe durch den Krankheitsschub auf die Hälfte geltend macht, war ihr nicht zu folgen. Der Senat geht davon aus, dass die vor September 2002 erhobenen, entsprechend schlechten Werte der Sehschärfe auf Messungenauigkeiten beruhen, denn für eine Besserung der Augenbefunde zum September 2002 hin fehlt im Hinblick auf die Verschlechterungsneigung der Grundkrankheit jeder Anhaltspunkt. Die Verschlimmerung von Unfallfolgen war nur insoweit anzuerkennen, als die Krankheitsentwicklung bis zum Februar 2002 betroffen war. Zwar sind die Folgen im Sinne einer einmaligen Verschlimmerung auch danach verblieben. Weitere etwaige Änderungen, die angesichts der Ähnlichkeit der im Februar 2002 bestehenden Befunde mit denen in den nachfolgenden Gutachten erst ab 2004 eingetreten sein könnten, sind aber nicht mehr dem Schub zuzurechnen. Insoweit fehlt es für die Wahrscheinlichkeit einer Verursachung weiterer Änderungen an dem zeitlichen Zusammenhang des Verlaufs, der einen Krankheitsschub ausmacht. Im Hinblick auf die grundsätzliche Verschlechterungstendenz der Krankheit liegt es nach diesem Zeitpunkt sehr viel näher, die Ursache für weitere Verschlimmerungen in dem natürlichen Krankheitsverlauf zu sehen, auf dessen allgemeine Bedeutung für die Einschätzung des Zusammenhangs Prof ...Dr. G. und Prof ...Dr. R. durchaus zutreffend hinweisen. Eine richtungsgebende Verschlimmerung des vor dem Unfall bestehenden Krankheitsbildes der Klägerin kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt festgestellt werden, dass es sich bei der späteren Krankheitsentwicklung nicht wesentlich um eine Weiterentwicklung der Grundkrankheit, sondern um unmittelbare Folgen eines schwereren Schädel-Hirn-Traumas handele. Die insoweit von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte widerlegen nicht die einhellige Auffassung aller beteiligten Ärzte, die die Krankheitsentwicklung bei der Klägerin als Fortentwicklung der Grundkrankheit beurteilen. Nicht belegt ist die Behauptung der Klägerin, die nach dem Aufprall auf dem H.nboden aufgetretene Bewusstlosigkeit sei nicht nur "kurz" gewesen, sondern könne bis zu 26 Minuten angedauert haben. Die darin liegende Unterstellung, der anwesende Notarzt habe die Angabe einer kurzen Bewusstlosigkeit aus eigener Beobachtung nach dem Eintreffen am Unfallort abgeleitet und dabei die bis zu seinem Eintreffen schon abgelaufene Zeit verkannt, findet in dem Notarztprotokoll keine Stütze. Darin findet sich die Angabe der kurzen Bewusstlosigkeit nach anderen Mitteilungen, die der Arzt nur von Personen am Unfallort erfragt haben kann. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er nicht auch die Dauer der Bewusstlosigkeit erfragt haben sollte. Aus dem Protokoll ist weiterhin ersichtlich, dass dem Notarzt die Bedeutung genauer Angaben für die Prüfung der Schwere des Schädel-Hirn-Traumas bekannt waren, denn dieses enthält eine vollständige Prüfung und Punktbewertung des Schädel-Hirn-Traumas auch nach dem Glasgow-Coma-Scale, die mit der folgerichtigen Einordnung des Traumas als erstgradig endet. Insbesondere ist danach aber auch die Dauer der Bewusstlosigkeit nicht der einzige und entscheidende Maßstab für die Einschätzung der Ursachen von Folgeschäden nach Hirnverletzungen, weil die vollständige Prüfung von Art und Ausmaß des Schädel-Hirn-Traumas eine Vielzahl von Befunden umfasst. Auch die nach dem Unfall erhobenen bildgebenden Befunde scheiden als Grundlage für eine unfallbedingte Erklärung der nachfolgenden Krankheitsentwicklung aus, soweit sie über eine Triggerfunktion hinaus gehen. Denn sie geben nach einhelliger ärztlicher Auswertung überhaupt keinen Hinweis auf ein Schädel-Hirn-Trauma. Die von der Klägerin zitierten Texte zur Auswertung von MRT und CT auf Hirnschäden treffen Aussagen dazu, in welchem Zeitraum bestimmte traumatische Veränderungen zu erheben sind und welche Veränderungen keine vorschnelle Festlegung auf traumatische Ursachen zulassen. Aus beiden Gesichtspunkten lässt sich gegen die konkrete Auswertung nicht positiv herleiten, den Abbildungen seien im Falle der Klägerin positiv Verletzungsfolgen zu entnehmen. Schließlich lässt sich den MRT-Abbildungen auch nicht mittelbar die Ursächlichkeit einer Hirnverletzung für alle weiteren Krankheitsentwicklungen entnehmen, indem die Überlegung von Prof ...Dr. R. aufgegriffen wird, die MRT-Befunde hätten sich nicht verändert. Abgesehen davon, dass dies – wie oben dargelegt – nicht gegen ein Fortschreiten der Grundkrankheit spricht, ermöglicht der Gedanke auch im Übrigen nicht, bei völligem Fehlen verletzungstypischer Veränderungen im MRT gleichwohl von schwereren Hirnverletzungsfolgen auszugehen. Die konkrete Feststellung von Unfallfolgen aus der seit Juni 2001 erfolgten Verschlimmerung war für einen Zeitraum vor November 2001 nicht möglich, weil für diesen Zeitraum mangels konkreter Behandlung keine Befundberichte vorlagen und durchgehend ein nur langsam fortschreitender Verlauf der Verschlechterung beschrieben wird. Aus dem November 2001 stammen die ersten Berichte bzw. berichteten Befunde, die die konkreten Änderungen zum Gegenstand haben. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG liegen nicht vor.
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