Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 9 (19) KR 244/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist die Erteilung einer Zustimmung für den Abschluss von Ausnahme-vereinbarungen nach Art. 17 der Verordnung (VO) (EWG) Nr. 1408/71.
Die Klägerin war eine GmbH nach polnischem Recht auf dem Gebiet der Bau- und Möbel-branche mit Sitz in Krzeszowicze/Polen. Zu diesem Zweck unterhielt sie unter anderem Produktionshallen sowie eine Näherinnenwerkstatt in Polen. Im Rahmen der Dienst-leistungsfreiheit führte sie auch in der Bundesrepublik Deutschland Werkverträge aus und entsendete hierfür Arbeitnehmer nach Deutschland.
Im Jahr 2005 hatte sie erstmalig bei der in Polen für den Abschluss von Ausnahme-vereinbarungen zuständigen Stelle, der Zaklad Ubezpieczen Spolecznych (ZUS), für 24 Arbeitnehmer/innen beantragt, dass während deren Tätigkeit in Deutschland die polnischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit bis 30.09.2006 weiterhin anwendbar sein sollten. Die von der ZUS konsultierte Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland (DVKA), Bonn, hatte dem Antrag mit Schreiben vom 08.02.2006 für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 30.09.2006 zugestimmt. In dem Schreiben war ausgeführt worden, dass die Zustimmung ausnahmsweise erteilt werde, da die normalerweise stets geforderten Voraussetzungen zur Zustimmung zum Zeitpunkt der Mitteilung an die ZUS noch nicht vorgelegen hätten, sondern lediglich in Aussicht gestellt worden seien. Die Zustimmung war explizit auf den angegebenen Zeitraum beschränkt und unter den Vorbehalt gestellt worden, dass keine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliege. Abschließend war ausdrücklich darauf verwiesen worden, dass weitere Ausnahmevereinbarungen für einen Zeitraum nach dem 30.09.2006 lediglich auf neue Vereinbarungsvorschläge der ZUS hin geschlossen werden könnten. Daraufhin hatte die ZUS die Klägerin dahingehend beschieden, dass auf die aufgeführten Arbeitnehmer/innen für den Zeitraum der Ausführung ihrer Arbeit in Deutschland zwischen dem 01.10.2005 und 30.09.2006 nicht die deutschen, sondern die polnischen Rechts-vorschriften über soziale Sicherheit anzuwenden seien.
Mit Schreiben vom 09.08.2006 unterbreitete die ZUS der DVAK neue Vereinbarungs-vorschläge für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 30.06.2007 für dieselben Personen, die zum Zwecke der Entsendung eingestellt und für die bereits bis 30.09.2006 Ausnahmen vereinbart worden waren. Darauf folgend wurde die DVAK durch die ZUS darüber informiert, dass einige der betroffenen Arbeitnehmer/innen ihre tatsächliche Tätigkeit in Deutschland bereits vor Ablauf des beantragten Zeitraums, dem 30.06.2007, beendet hätten. Mit Schreiben vom 22.01.2007 teilte die die DVKA der ZUS mit, dass sie den Vereinbarungsvorschlägen für den weiteren Zeitraum nicht zustimme, zumal die Sach-verhaltsaufklärung ergeben habe, dass die Klägerin keine überwiegende Geschäfts-tätigkeit in Polen ausgeführt habe. Daraufhin erteilt die ZUS der Klägerin einen ablehnenden Bescheid.
Mit Schreiben vom 28.03.2007 wandte sich die DVKA an die Klägerin mit der Bitte, das Kassenwahlrecht bezüglich der betroffenen Arbeitnehmer/innen auszuüben. Gegen dieses Schreiben legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, dass die DVAK hoheitlich handelnd einen Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin erlassen habe. Dieser sei sachlich fehlerhaft, weil die für die einzelnen Arbeitnehmer/innen angegebenen Zeiträume teilweise zu lang seien. Darüber hinaus seien bei der Beurteilung der Anträge vom 09.08.2006 für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 30.06.2007 die Ermessenskriterien aus dem Jahr 2005 anzuwenden, womit auch für den strittigen Zeitraum eine nennenswerte Geschäftstätigkeit in Polen noch ausreichend sein müsse. Durch die Auskunft der DVAK aus 2005 zu den Voraussetzungen zum Zu-Stande-Kommen von Ausnahmevereinbarungen sei ein Aus-tauschvertrag zwischen der Klägerin und der DVKA zu Stande gekommen. Die regel-mäßigen Unterrichtungen durch die Klägerin über den Ausbau der Geschäftstätigkeit und deren anvisierten nennenswerten Umfang in Polen sei als Verpflichtungserklärung zu werten, die durch die DVAK angenommen worden sei. Hierdurch habe sich die DVAK zur Zustimmung zu den unterbreiteten Vereinbarungsvorschlägen verpflichtet. Insoweit sei das Vertrauen der Klägerin auf das Zu-Stande-Kommen der Ausnahmevereinbarungen bei einer derzeitigen Geschäftstätigkeit von 45 % in Polen -auch hinsichtlich ihrer unter-nehmerischen Investitionen- schutzwürdig. An der Verpflichtung der DVAK, ihre Zustimmung zum Abschluss der Ausnahmevereinbarungen für die betroffenen Arbeit-nehmer/innen zu erteilen, ändere auch der Umstand nichts, dass gegen den Geschäfts-führer der Klägerin wegen des Verdachts der illegalen Arbeitnehmerüberlassung ermittelt werde. Es wurde daher beantragt, den " Ablehnungsbescheid" aufzugeben und für die einzelnen aufgeführten Arbeitnehmer/innen in den genannten Zeiträumen die Zustimmung zum Abschluss einer Ausnahmevereinbarung zu erteilen. Den Widerspruch wies die DVKA mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2007 zurück.
Am 04.10.2007 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Köln unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren Klage erhoben.
Ein Vertreter der Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung am 25.8.2010 nicht erschienen. Der Geschäftsführer der Klägerin ist zu dem Termin mit Einschreiben/Rückschein am 19.05.2010 mit dem Hinweis geladen worden, dass das Gericht auch in seiner Abwesenheit verhandeln und entscheiden könne.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der DVKA vom 28.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 31.08.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, nachträglich ihre Zustimmung zum Abschluss von Ausnahmevereinbarungen nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 für die in der Klageschrift im Einzelnen genannten 24 Arbeitnehmer und Zeiträume zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die DVKA hat die Auffassung vertreten, dass die Klage unzulässig sei, da der Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung gemäß Art. 17 VO ( EWG) Nr. 1408/71 bei dem Mitglieds-staat einzureichen sei, in dessen Gebiet der Arbeitgeber seinen Sitz habe. Der Begriff des Sitzes des Arbeitgebers orientiere sich an den Vorschriften besagter Verordnung. Der Antrag auf Vereinbarung einer Ausnahmegenehmigung sei im Entsendestaat, mithin in dem Staat zu stellen, den die betreffende Person verlasse, um vorübergehend im anderen Mitgliedstaat zu arbeiten. Demnach sei die ZUS die zuständige Stelle im Sinne von Art. 17 VO (EWG) Nr. 1408/71 gewesen, die den Antrag auch zu bescheiden habe. Die DVKA habe gegenüber der Klägerin keinen Verwaltungsakt erlassen. Die Klägerin sei durch die ZUS, bei der sie als zuständige Behörde die Weitergeltung der Anwendung der polnischen Rechtsvorschriften beantragt habe, über die Ablehnung des Antrags beschieden worden. Im üblichen Verfahren nach Art. 17 VO übermittelte die zuständige Stelle, bei der die Ausnahmevereinbarung beantragt werde, im Falle ihrer positiven Entscheidung einen Vereinbarungsvorschlag für die betreffende Person an die zuständige Stelle im Beschäftigungsstaat. Diese prüfe wiederum ihrerseits, ob sie bereit sei, dem Vereinbarungsvorschlag zuzustimmen. Ausnahmevereinbarungen für in Deutschland tätige Personen aus Polen dürften erst nach Erteilung der Zustimmung durch die DVKA zu dem durch die zuständige polnische Stelle vorgelegten Vorschlag erlassen werden. Bei dem gegenüber der Klägerin erlassenen Bescheid auf ihre Anträge auf Ausnahmeverein-barungen gemäß Art. 17 VO handele es sich um einen mehrstufigen Verwaltungsakt. Dieser sehe beim Erlass die Herstellung des Einvernehmens einer anderen Behörde vor. Bei der Mitwirkungshandlung handele es sich um ein Verwaltungsinternum. Die Mitteilung eines EG-ausländischen Versicherungsträgers entfalte ebenfalls keine unmittelbare Außenwirkung. Denknotwendig handele es sich bei dem Verfahren zwischen der ZUS und der DVKA nach Art. 17 VO um ein verwaltungsinternes Abstimmungsverfahren. Die ZUS habe den Antrag nach Abwicklung des internen Abstimmungsverfahren zu bescheiden. Die DVKA sei bei ablehnendem Bescheid lediglich dann Widerspruchs- bzw. Klagegegnerin, wenn sie einen ablehnenden Bescheid auf Antragstellung der Weitergeltung deutschen Sozialversicherungsrechts abschlägig gegenüber dem Antragsteller beschieden habe. Habe die DVKA im internen Konsultationsverfahren mit der ausländischen Behörde keine Zustimmung zur Weitergeltung ausländischen Sozialversicherungsrechts gegeben, sei entsprechend gegen die ausländische Stelle vorzugehen, bei der der Antrag auf Weitergeltung der nationalen Rechtsvorschriften gestellt worden sei. Eine rein inner-staatliche Kontrolle der Ausnahmevereinbarung komme nicht in Frage, mit Ausnahme des Verhaltens, das eindeutig jenem Mitgliedstaat zuordenbar sei, in dem der Antrag auf Ausnahmevereinbarung gestellt worden sei. Gegen die Entscheidung der ZUS könne die Klägerin den zulässigen Rechtsbehelf in Polen gegen die ZUS einlegen, um eine Über-prüfung der streitigen Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen. Der von der DVKA im Laufe des Verfahrens mit dem Bevollmächtigten der Klägerin geführte Schriftverkehr habe lediglich der Sachverhaltsklärung gedient. Die DVKA habe mehrfach darauf verwiesen, dass die ZUS zuständige Stelle bleibe. Die Klage sei daher als unzulässig zu verwerfen, da die DVKA falsche Klagegegnerin sei. Das Schreiben vom 28.03.2007 sei kein Verwaltungsakt, da es lediglich auf die Bescheidung, die durch die ZUS vorzunehmen gewesen sei, Bezug nehme. Eine gestaltende Wirkung liege in dieser Bezugnahme nicht. In der Aufforderung zur Ausübung des Kassenwahlrechts liege zudem keine Außenwirkung. Zudem sei die Klägerin nicht klagebefugt, da sie von der Entscheidung der ZUS nicht beschwert sei. Es sei nicht ersichtlich, worin die Beschwer für die Klägerin als Arbeit-geberin bei einer Entscheidung über das auf die im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer/-innen anwendbare Versicherungsrecht liege. Der Arbeitgeberanteil an den verschiedenen Sozialversicherungsbeiträgen betrage in Deutschland circa 20,85 %, wohingegen der Versicherungsbeitrag des Arbeitgebers in Polen circa 22,40 % ausmache. Die Beitrags-sätze unterlägen geringfügigen Schwankungen abhängig vom Bruttolohn und dem Beitragssatz der Krankenkasse. Womit die Klägerin bei Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften beschwert sein solle, sei zumindest fraglich. Darüber hinaus wird hilfsweise vorgetragen, dass die Klage auch unbegründet sei. Denn die Ablehnung der von der ZUS vorgeschlagenen Vereinbarungen durch die Beklagte sei auch sachlich und rechtlich begründet und ermessensfehlerfrei erfolgt. Insoweit verweist sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 31.08.2007. Mit Schriftsatz vom 31.05.2010 hat der GKV-Spitzenverband, DVKA, mitgeteilt, dass er zum 01.07.2008 Rechtsnachfolger der DVKA geworden sei. Er hält an der Auffassung zur Unzulässigkeit fest und verweist im Übrigen auf ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Coburg vom 27.07.2009, Az. 1 Kls 119 Js 6651/06 , wonach der Geschäftsführer der Klägerin zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Vorenthaltens von Arbeits-entgelt in 31 Fällen verurteilt worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte auch in Abwesenheit eines Vertreters der Klägerin entscheiden, da die Beteiligten in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 126 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Die Klage ist unzulässig.
Aus dem von der Beklagten vorgelegten Urteil des Landgerichts Coburg vom 27.07.2009 geht hervor, dass die Klägerin im Jahr 2008 in Insolvenz gefallen ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Polen wurde mangels Masse abgelehnt. Die Firma wurde bis Juni 2009 liquidiert. Dies bedeutet, dass die Klägerin rechtlich nicht mehr existiert. Auch ist nicht ersichtlich, dass ein Rechtsnachfolger in die Klägerin eingetreten bzw. diese übernommen hat. Eine liquidierte GmbH ist nicht mehr in der Lage, am Verfahren beteiligt zu sein, d.h. ihr fehlt die Beteiligtenfähigkeit nach § 70 Ziff. 1 SGG.
Darüber hinaus hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klage auch des-wegen unzulässig ist, weil die Beklagte vorliegend nicht Adressat eines Antrages auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung gemäß Art. 17 VO (EWG) Nr. 1408/71 sein kann. Denn ein derartiger Antrag ist bei der Behörde des Mitgliedstaats einzureichen, in dessen Gebiet der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Folglich kann nur die ZUS in Polen Adressat eines derartigen Antrages sein, so dass gegen den ablehnenden Bescheid der ZUS in Polen ein entsprechender Rechtsstreit zu führen (gewesen) wäre. Zu Recht weist die Beklagte ferner darauf hin, dass ein Bescheid über einen Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung gemäß Art. 17 VO (EWG) ein mehrstufiger Verwaltungsakt ist. Dieser mehrstufige Verwaltungsakt sieht die Herstellung des Einvernehmens der erlassenden Behörde des Heimatstaates (vorliegend die ZUS in Polen) mit der Behörde des Beschäftigungsstaates, in den die Arbeitnehmer entsandt werden sollen (vorliegend die DVKA in Deutschland) vor. Bei der Herstellung des Einvernehmens handelt es sich um ein reines Verwaltungsinternum, das nicht separat justiziabel ist. Anfechtbar ist dem-nach ausschließlich der letztlich durch die ausführende Behörde in Polen zu erteilende Bescheid, in dessen Rahmen inzident auch die Rechtmäßigkeit der (versagten) Zustimmung zu prüfen wäre. Eine Klage unmittelbar gegen die nicht separat justitiable Versagung der Zustimmungserklärung seitens der DVKA ist unzulässig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Tatbestand:
Streitig ist die Erteilung einer Zustimmung für den Abschluss von Ausnahme-vereinbarungen nach Art. 17 der Verordnung (VO) (EWG) Nr. 1408/71.
Die Klägerin war eine GmbH nach polnischem Recht auf dem Gebiet der Bau- und Möbel-branche mit Sitz in Krzeszowicze/Polen. Zu diesem Zweck unterhielt sie unter anderem Produktionshallen sowie eine Näherinnenwerkstatt in Polen. Im Rahmen der Dienst-leistungsfreiheit führte sie auch in der Bundesrepublik Deutschland Werkverträge aus und entsendete hierfür Arbeitnehmer nach Deutschland.
Im Jahr 2005 hatte sie erstmalig bei der in Polen für den Abschluss von Ausnahme-vereinbarungen zuständigen Stelle, der Zaklad Ubezpieczen Spolecznych (ZUS), für 24 Arbeitnehmer/innen beantragt, dass während deren Tätigkeit in Deutschland die polnischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit bis 30.09.2006 weiterhin anwendbar sein sollten. Die von der ZUS konsultierte Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland (DVKA), Bonn, hatte dem Antrag mit Schreiben vom 08.02.2006 für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 30.09.2006 zugestimmt. In dem Schreiben war ausgeführt worden, dass die Zustimmung ausnahmsweise erteilt werde, da die normalerweise stets geforderten Voraussetzungen zur Zustimmung zum Zeitpunkt der Mitteilung an die ZUS noch nicht vorgelegen hätten, sondern lediglich in Aussicht gestellt worden seien. Die Zustimmung war explizit auf den angegebenen Zeitraum beschränkt und unter den Vorbehalt gestellt worden, dass keine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliege. Abschließend war ausdrücklich darauf verwiesen worden, dass weitere Ausnahmevereinbarungen für einen Zeitraum nach dem 30.09.2006 lediglich auf neue Vereinbarungsvorschläge der ZUS hin geschlossen werden könnten. Daraufhin hatte die ZUS die Klägerin dahingehend beschieden, dass auf die aufgeführten Arbeitnehmer/innen für den Zeitraum der Ausführung ihrer Arbeit in Deutschland zwischen dem 01.10.2005 und 30.09.2006 nicht die deutschen, sondern die polnischen Rechts-vorschriften über soziale Sicherheit anzuwenden seien.
Mit Schreiben vom 09.08.2006 unterbreitete die ZUS der DVAK neue Vereinbarungs-vorschläge für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 30.06.2007 für dieselben Personen, die zum Zwecke der Entsendung eingestellt und für die bereits bis 30.09.2006 Ausnahmen vereinbart worden waren. Darauf folgend wurde die DVAK durch die ZUS darüber informiert, dass einige der betroffenen Arbeitnehmer/innen ihre tatsächliche Tätigkeit in Deutschland bereits vor Ablauf des beantragten Zeitraums, dem 30.06.2007, beendet hätten. Mit Schreiben vom 22.01.2007 teilte die die DVKA der ZUS mit, dass sie den Vereinbarungsvorschlägen für den weiteren Zeitraum nicht zustimme, zumal die Sach-verhaltsaufklärung ergeben habe, dass die Klägerin keine überwiegende Geschäfts-tätigkeit in Polen ausgeführt habe. Daraufhin erteilt die ZUS der Klägerin einen ablehnenden Bescheid.
Mit Schreiben vom 28.03.2007 wandte sich die DVKA an die Klägerin mit der Bitte, das Kassenwahlrecht bezüglich der betroffenen Arbeitnehmer/innen auszuüben. Gegen dieses Schreiben legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, dass die DVAK hoheitlich handelnd einen Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin erlassen habe. Dieser sei sachlich fehlerhaft, weil die für die einzelnen Arbeitnehmer/innen angegebenen Zeiträume teilweise zu lang seien. Darüber hinaus seien bei der Beurteilung der Anträge vom 09.08.2006 für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 30.06.2007 die Ermessenskriterien aus dem Jahr 2005 anzuwenden, womit auch für den strittigen Zeitraum eine nennenswerte Geschäftstätigkeit in Polen noch ausreichend sein müsse. Durch die Auskunft der DVAK aus 2005 zu den Voraussetzungen zum Zu-Stande-Kommen von Ausnahmevereinbarungen sei ein Aus-tauschvertrag zwischen der Klägerin und der DVKA zu Stande gekommen. Die regel-mäßigen Unterrichtungen durch die Klägerin über den Ausbau der Geschäftstätigkeit und deren anvisierten nennenswerten Umfang in Polen sei als Verpflichtungserklärung zu werten, die durch die DVAK angenommen worden sei. Hierdurch habe sich die DVAK zur Zustimmung zu den unterbreiteten Vereinbarungsvorschlägen verpflichtet. Insoweit sei das Vertrauen der Klägerin auf das Zu-Stande-Kommen der Ausnahmevereinbarungen bei einer derzeitigen Geschäftstätigkeit von 45 % in Polen -auch hinsichtlich ihrer unter-nehmerischen Investitionen- schutzwürdig. An der Verpflichtung der DVAK, ihre Zustimmung zum Abschluss der Ausnahmevereinbarungen für die betroffenen Arbeit-nehmer/innen zu erteilen, ändere auch der Umstand nichts, dass gegen den Geschäfts-führer der Klägerin wegen des Verdachts der illegalen Arbeitnehmerüberlassung ermittelt werde. Es wurde daher beantragt, den " Ablehnungsbescheid" aufzugeben und für die einzelnen aufgeführten Arbeitnehmer/innen in den genannten Zeiträumen die Zustimmung zum Abschluss einer Ausnahmevereinbarung zu erteilen. Den Widerspruch wies die DVKA mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2007 zurück.
Am 04.10.2007 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Köln unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren Klage erhoben.
Ein Vertreter der Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung am 25.8.2010 nicht erschienen. Der Geschäftsführer der Klägerin ist zu dem Termin mit Einschreiben/Rückschein am 19.05.2010 mit dem Hinweis geladen worden, dass das Gericht auch in seiner Abwesenheit verhandeln und entscheiden könne.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der DVKA vom 28.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 31.08.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, nachträglich ihre Zustimmung zum Abschluss von Ausnahmevereinbarungen nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 für die in der Klageschrift im Einzelnen genannten 24 Arbeitnehmer und Zeiträume zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die DVKA hat die Auffassung vertreten, dass die Klage unzulässig sei, da der Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung gemäß Art. 17 VO ( EWG) Nr. 1408/71 bei dem Mitglieds-staat einzureichen sei, in dessen Gebiet der Arbeitgeber seinen Sitz habe. Der Begriff des Sitzes des Arbeitgebers orientiere sich an den Vorschriften besagter Verordnung. Der Antrag auf Vereinbarung einer Ausnahmegenehmigung sei im Entsendestaat, mithin in dem Staat zu stellen, den die betreffende Person verlasse, um vorübergehend im anderen Mitgliedstaat zu arbeiten. Demnach sei die ZUS die zuständige Stelle im Sinne von Art. 17 VO (EWG) Nr. 1408/71 gewesen, die den Antrag auch zu bescheiden habe. Die DVKA habe gegenüber der Klägerin keinen Verwaltungsakt erlassen. Die Klägerin sei durch die ZUS, bei der sie als zuständige Behörde die Weitergeltung der Anwendung der polnischen Rechtsvorschriften beantragt habe, über die Ablehnung des Antrags beschieden worden. Im üblichen Verfahren nach Art. 17 VO übermittelte die zuständige Stelle, bei der die Ausnahmevereinbarung beantragt werde, im Falle ihrer positiven Entscheidung einen Vereinbarungsvorschlag für die betreffende Person an die zuständige Stelle im Beschäftigungsstaat. Diese prüfe wiederum ihrerseits, ob sie bereit sei, dem Vereinbarungsvorschlag zuzustimmen. Ausnahmevereinbarungen für in Deutschland tätige Personen aus Polen dürften erst nach Erteilung der Zustimmung durch die DVKA zu dem durch die zuständige polnische Stelle vorgelegten Vorschlag erlassen werden. Bei dem gegenüber der Klägerin erlassenen Bescheid auf ihre Anträge auf Ausnahmeverein-barungen gemäß Art. 17 VO handele es sich um einen mehrstufigen Verwaltungsakt. Dieser sehe beim Erlass die Herstellung des Einvernehmens einer anderen Behörde vor. Bei der Mitwirkungshandlung handele es sich um ein Verwaltungsinternum. Die Mitteilung eines EG-ausländischen Versicherungsträgers entfalte ebenfalls keine unmittelbare Außenwirkung. Denknotwendig handele es sich bei dem Verfahren zwischen der ZUS und der DVKA nach Art. 17 VO um ein verwaltungsinternes Abstimmungsverfahren. Die ZUS habe den Antrag nach Abwicklung des internen Abstimmungsverfahren zu bescheiden. Die DVKA sei bei ablehnendem Bescheid lediglich dann Widerspruchs- bzw. Klagegegnerin, wenn sie einen ablehnenden Bescheid auf Antragstellung der Weitergeltung deutschen Sozialversicherungsrechts abschlägig gegenüber dem Antragsteller beschieden habe. Habe die DVKA im internen Konsultationsverfahren mit der ausländischen Behörde keine Zustimmung zur Weitergeltung ausländischen Sozialversicherungsrechts gegeben, sei entsprechend gegen die ausländische Stelle vorzugehen, bei der der Antrag auf Weitergeltung der nationalen Rechtsvorschriften gestellt worden sei. Eine rein inner-staatliche Kontrolle der Ausnahmevereinbarung komme nicht in Frage, mit Ausnahme des Verhaltens, das eindeutig jenem Mitgliedstaat zuordenbar sei, in dem der Antrag auf Ausnahmevereinbarung gestellt worden sei. Gegen die Entscheidung der ZUS könne die Klägerin den zulässigen Rechtsbehelf in Polen gegen die ZUS einlegen, um eine Über-prüfung der streitigen Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen. Der von der DVKA im Laufe des Verfahrens mit dem Bevollmächtigten der Klägerin geführte Schriftverkehr habe lediglich der Sachverhaltsklärung gedient. Die DVKA habe mehrfach darauf verwiesen, dass die ZUS zuständige Stelle bleibe. Die Klage sei daher als unzulässig zu verwerfen, da die DVKA falsche Klagegegnerin sei. Das Schreiben vom 28.03.2007 sei kein Verwaltungsakt, da es lediglich auf die Bescheidung, die durch die ZUS vorzunehmen gewesen sei, Bezug nehme. Eine gestaltende Wirkung liege in dieser Bezugnahme nicht. In der Aufforderung zur Ausübung des Kassenwahlrechts liege zudem keine Außenwirkung. Zudem sei die Klägerin nicht klagebefugt, da sie von der Entscheidung der ZUS nicht beschwert sei. Es sei nicht ersichtlich, worin die Beschwer für die Klägerin als Arbeit-geberin bei einer Entscheidung über das auf die im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer/-innen anwendbare Versicherungsrecht liege. Der Arbeitgeberanteil an den verschiedenen Sozialversicherungsbeiträgen betrage in Deutschland circa 20,85 %, wohingegen der Versicherungsbeitrag des Arbeitgebers in Polen circa 22,40 % ausmache. Die Beitrags-sätze unterlägen geringfügigen Schwankungen abhängig vom Bruttolohn und dem Beitragssatz der Krankenkasse. Womit die Klägerin bei Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften beschwert sein solle, sei zumindest fraglich. Darüber hinaus wird hilfsweise vorgetragen, dass die Klage auch unbegründet sei. Denn die Ablehnung der von der ZUS vorgeschlagenen Vereinbarungen durch die Beklagte sei auch sachlich und rechtlich begründet und ermessensfehlerfrei erfolgt. Insoweit verweist sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 31.08.2007. Mit Schriftsatz vom 31.05.2010 hat der GKV-Spitzenverband, DVKA, mitgeteilt, dass er zum 01.07.2008 Rechtsnachfolger der DVKA geworden sei. Er hält an der Auffassung zur Unzulässigkeit fest und verweist im Übrigen auf ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Coburg vom 27.07.2009, Az. 1 Kls 119 Js 6651/06 , wonach der Geschäftsführer der Klägerin zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Vorenthaltens von Arbeits-entgelt in 31 Fällen verurteilt worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte auch in Abwesenheit eines Vertreters der Klägerin entscheiden, da die Beteiligten in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 126 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Die Klage ist unzulässig.
Aus dem von der Beklagten vorgelegten Urteil des Landgerichts Coburg vom 27.07.2009 geht hervor, dass die Klägerin im Jahr 2008 in Insolvenz gefallen ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Polen wurde mangels Masse abgelehnt. Die Firma wurde bis Juni 2009 liquidiert. Dies bedeutet, dass die Klägerin rechtlich nicht mehr existiert. Auch ist nicht ersichtlich, dass ein Rechtsnachfolger in die Klägerin eingetreten bzw. diese übernommen hat. Eine liquidierte GmbH ist nicht mehr in der Lage, am Verfahren beteiligt zu sein, d.h. ihr fehlt die Beteiligtenfähigkeit nach § 70 Ziff. 1 SGG.
Darüber hinaus hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klage auch des-wegen unzulässig ist, weil die Beklagte vorliegend nicht Adressat eines Antrages auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung gemäß Art. 17 VO (EWG) Nr. 1408/71 sein kann. Denn ein derartiger Antrag ist bei der Behörde des Mitgliedstaats einzureichen, in dessen Gebiet der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Folglich kann nur die ZUS in Polen Adressat eines derartigen Antrages sein, so dass gegen den ablehnenden Bescheid der ZUS in Polen ein entsprechender Rechtsstreit zu führen (gewesen) wäre. Zu Recht weist die Beklagte ferner darauf hin, dass ein Bescheid über einen Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung gemäß Art. 17 VO (EWG) ein mehrstufiger Verwaltungsakt ist. Dieser mehrstufige Verwaltungsakt sieht die Herstellung des Einvernehmens der erlassenden Behörde des Heimatstaates (vorliegend die ZUS in Polen) mit der Behörde des Beschäftigungsstaates, in den die Arbeitnehmer entsandt werden sollen (vorliegend die DVKA in Deutschland) vor. Bei der Herstellung des Einvernehmens handelt es sich um ein reines Verwaltungsinternum, das nicht separat justiziabel ist. Anfechtbar ist dem-nach ausschließlich der letztlich durch die ausführende Behörde in Polen zu erteilende Bescheid, in dessen Rahmen inzident auch die Rechtmäßigkeit der (versagten) Zustimmung zu prüfen wäre. Eine Klage unmittelbar gegen die nicht separat justitiable Versagung der Zustimmungserklärung seitens der DVKA ist unzulässig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
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