Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 4101/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 608/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. November 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 26. März 1950 geborene Klägerin erlernte nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf und war von 1964 bis 1979 als Näherin und von November 1990 bis April 2000 als Reinigungskraft beschäftigt. Von September 1999 bis 2003 pflegte sie ihre Mutter. Im Jahr 2002 wurde bei der Klägerin ein Tumor in der rechten Lunge diagnostiziert. Im September desselben Jahres kam es zu einer Unterlappenresektion rechts wegen eines Plattenepithelkarzinoms der rechten Lunge. Sie wurde deswegen vom 17. September bis 4. Oktober 2002 in der Klinik S. behandelt. Im Anschluss daran erfolgte eine adjuvante Radiotherapie bis Dezember 2002. Seither besteht kein Anhalt für einen Turmorrezidiv oder Metastasen. Auf ihren Antrag vom 11. März 2003 hin bezog sie aufgrund dieser Erkrankung in der Zeit vom 1. März 2003 bis 31. August 2004 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2005), nachdem die Beklagte zuvor den Antrag wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorerst abgelehnt hatte (Bescheid vom 21. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2004; Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart [SG] S 2 RJ 1887/04).
Seit 1999 lebt die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann vorwiegend in Spanien und kommt zweimal pro Jahr nach Deutschland. Ihre Wohnung in Deutschland wird von ihr weiter gehalten, wobei ihr jüngster Sohn (30 Jahre) dort lebt. Seit 1. April 2010 bezieht sie eine Altersrente von der Beklagten.
Am 6. Juli 2005 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, an ihrem Gesundheitszustand habe sich nichts geändert. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin fachärztlich untersuchen. Internist Dr. B. kam in seinem Gutachten vom 22. September 2005 zu dem Ergebnis, bislang bestehe ein rezidivfreier Verlauf. Trotz geklagter rezidivierender migräneartiger Beschwerden und Belastungsatemnot habe sich nur eine grenzwertige, leichtgradige Ventilationsstörung gezeigt. Bei angegebenen Wirbelsäulenbeschwerden im BWS-Bereich sei keine bedeutsame Funktionsminderung festzustellen. Die Klägerin könne als Arbeiterin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2005 lehnte die Beklagte den Antrag daraufhin mit der Begründung ab, bei dem vorhandenen Leistungsvermögen liege eine teilweise Erwerbsminderung bzw Berufsunfähigkeit nicht vor.
Mit ihrem dagegen am 2. November 2005 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin unter Vorlage eines Schreibens von Dr. R.-K. vom 28. Dezember 2005 geltend (ua folgende Diagnosen: Schwere Migräne und schweres depressives Syndrom mit Angstzuständen), sie sei nur noch in der Lage, allenfalls zwei Stunden pro Tag erwerbstätig zu sein. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K.-M. vom 21. Februar 2006 ein. Diese gelangte für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: Plattenepithelkarzinom des rechten Lungenunterlappens mit Unterlappenresektion rechts und Bronchoplastik September 2002 (kein Rezidiv), Belastungsstörung mit leicht depressiver ängstlicher Reaktion, Migräne und Spannungskopfschmerz gemischt sowie beginnender Analgetikamissbrauch. Eine schwere depressive Symptomatik liege nicht vor. Die Klägerin könne anspruchslose leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Schichtarbeit vollschichtig verrichten. Die dreimal im Monat auftretenden Migräneattacken seien quantitativ nicht leistungseinschränkend. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. April 2006). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei wieder in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aufgrund ihrer zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit könne sie auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten oder zumutbaren Tätigkeit sei daher nicht erforderlich.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. Juni 2006 Klage beim SG erhoben (Az: S 21 R 4101/06) und vorgetragen, sie leide zehnmal pro Monat unter Migräne. Zudem sei sie nur minderbelastbar und rasch erschöpft, weshalb sie auch schnell außer Atem gerate. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin zahlreiche ärztliche Unterlagen vorgelegt, unter anderem die gutachterliche Äußerung des Dr. H. vom 2. Februar 2008 (Leistungsvermögen bis auf Weiteres unter drei Stunden), Arztbrief des Kardiologen Dr. B. vom 8. Oktober 2007 (Diagnose: Dyspnoe und Ausschluss einer Herzinsuffizienz), Attest der Dr. R.-K. vom 14. August 2008 (Erschwerung der Alltagsbewältigung durch schwere Migräneanfälle), Entlassungsbericht des Spanischen Krankenhauses "Hospital de T." vom 2. April 2009 über einen stationären Aufenthalt wegen eine Bruches des rechten Schien- und Wadenbeins, das weitere Attest der Dr. R.-K. vom 14. August 2009 (Leistungsfähigkeit von höchstens zwei Stunden) und das Schreiben des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 24. Juli 2009, wonach die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig erkrankt sei.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. R.-K. hat angegeben (Auskunft vom 18. Mai 2007), im Vordergrund stehe derzeit eine schwere Depression, welche an Intensität zugenommen habe. Die Klägerin müsse ihren an cerebraler Demenz erkrankten Mann versorgen. Sie könne nur noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich verrichten. Fachärztin für psychotherapeutische Medizin Dr. M. hat mitgeteilt (Auskunft vom 4. Januar 2008), die Klägerin habe sich lediglich im März und Mai 2006 bei ihr vorgestellt. Die depressive Symptomatik stehe im Zusammenhang mit unverarbeiteten Verlusterlebnissen (Suizid des ältesten Sohnes 1993 und Tod der Mutter). Die bestehenden seelischen Gesundheitsstörungen seien jedoch nicht quantitativ leistungseinschränkend im Hinblick auf eine Tätigkeit als Reinigungskraft sowie im Hinblick auf andere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Arzt für Innere Medizin Prof. Dr. L. hat ausgeführt (Auskunft vom 23. März 2009), die Klägerin sei im März/April und Juli 2008 stationär behandelt worden. Es seien folgende Diagnosen erhoben worden: Pneumonie rechter Ober- und Mittellappen mit Begleitpleuritis, Harnwegsinfekt, Sinustachykardie, Ausschluss Gastritis/Ulcus, Zustand nach Bronchialkarzinom und Migräne. Es habe sich eine normale hämodynamische Situation und eine normale linksventrikuläre Pumpfunktion gezeigt. Internist und Oberarzt Dr. F. hat angegeben (Auskunft vom 29. September 2009), er habe die Klägerin zuletzt im Juni 2009 behandelt. Eine Spiroergometrie im Oktober 2007 habe eine normale Leistungsfähigkeit und Sauerstoffaufnahme gezeigt. Er stimme der Leistungseinschätzung der Dr. K.-M. zu.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 2. Juli 2008 und das Gutachten des Internisten Dr. K. vom 28. Januar 2009 eingeholt.
Dr. P. führte in seinem Gutachten aus, die Klägerin habe zum Tagesablauf angegeben, sie gehe mit ihren Hunden regelmäßig spazieren, mache den Haushalt, koche das Essen und verrichte dann andere Hausarbeiten (Staubsaugen, Bügeln). Sie übe gerne Handarbeiten (Stricken) aus. Sie habe zu ihren Kindern guten Kontakt und habe in Spanien auch eine gute Freundin und Bekannte. Dr. P. führte weiter aus, dass schwerwiegende depressive Hinweise nicht zu erkennen gewesen seien. Die Schwingungsfähigkeit sei adäquat gewesen. Gegen eine schwerwiegende Depression spreche auch die fehlende psychiatrische Behandlung. Zudem werde die Migränesymptomatik nicht fachspezifisch neurologisch behandelt. Auch sei die Alltagsbewältigung hierdurch nicht wesentlich beeinflusst. Die Klägerin sei sowohl am Aufenthaltsort in Spanien als auch hier in Deutschland durchaus in der Lage, ihrer Haushaltsführung nachzukommen und den Alltag zu bewältigen. Die Klägerin sehe ihre hauptsächliche Beeinträchtigungen weniger auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet, als vielmehr auf kardiologisch-pulmonalem Fachgebiet. Sie leide an einer Anpassungsstörungen mit depressiv-ängstlicher Symptomatik und an Migränekopfschmerz. Sie müsse deshalb Tätigkeiten als Haushaltshilfe und sonstige vergleichbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die verbunden seien mit Schichtdienst, Akkordarbeiten, Fließbandarbeiten und Tätigkeiten unter widrigen Witterungsbedingungen vermeiden. Unter Beachtung dieser Leistungseinschränkungen sei sie noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Dr. K. hat das röntgenfachärztliche Gutachten des Prof. Dr. G. vom 15. Januar 2009 eingeholt, wonach kein überzeugender Anhalt für ein Tumorrezidiv bestehe. Es könnten jedoch postentzündliche Veränderungen im Rahmen einer kryptogenen organisierenden Pneumonie vorliegen. Dr. K. hat in seinem Gutachten im Hinblick auf den von der Klägerin mitgeteilten Tagesablauf ausgeführt, sie richte das Frühstück und führe anschließend Reinigungsarbeiten im Haus aus. Danach widme sie sich überwiegend Handarbeiten. Alles ginge nur sehr langsam. Der Sachverständige hat folgende Diagnosen erhoben: Unklare pulmonale Infiltrate im Oberlappensegment rechts mit begleitender bronchialer Hyperreagibilität, Zustand nach Unterlappenresektion rechts bei Plattenepithelkarzinom, Migräne und Sinustachykardie sowie intermittierender Supraventrikulärer Tachykardie. Bei Zigarettenrauch-, Staub-, Rauch-, Gas- oder Dampfexposition könnten Beschwerden wie Husten oder ein thorakales Engegefühl auftreten. Leistungslimitierend sei aktuell nicht die pulmonale Situation, sondern das Auftreten von supraventrikulären Herzrhythmusstörungen. Deshalb sei zur weiteren Beurteilung eine kardiologische Begutachtung erforderlich, um ein individuelles positives und negatives Leistungsbild erstellen zu können. Das SG hat sodann - wie bereits dargelegt - Prof. Dr. L. und Dr. F. als sachverständige Zeugen vernommen.
Mit Urteil vom 23. November 2009 hat das SG die Klage nach ausführlicher Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom selben Tag mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei grundsätzlich noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich insbesondere aus den Gutachten der Dr. K.-M. und des Dr. B ... Auch sei die Leistungseinschätzung des Dr. P. nachvollziehbar, da soziale Rückzugstendenzen bei der Klägerin nicht erkennbar gewesen seien. Diese Leistungseinschätzung werde zudem von der behandelnden Psychotherapeutin Dr. M. gedeckt. Auch aus dem Gutachten des Dr. K. ergebe sich keine quantitative Leistungseinschränkung. So bestehe kein Nachweis einer relevanten obstruktiven Ventilationsstörung. Auch auf kardiologischem Gebiet bestehe keine quantitative Leistungsminderung. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. B ... Auch die im Klageverfahren vorgelegten kardiologischen Berichte ließen nicht auf eine quantitative Beeinträchtigung der Belastbarkeit im Berufsleben schließen. Mit der Auskunft des Dr. F. lasse sich eine quantitative Leistungsminderung nicht nachweisen. Dieser habe zwar eine kardiale Limitation beschrieben. Er habe hierbei jedoch auch mitgeteilt, dass diese mit einer altersentsprechenden normalen Leistungsfähigkeit einhergehe. Aufgrund der Herzbeschwerden müsse die Klägerin körperlich schwere Tätigkeiten vermeiden. Auch müssten Tätigkeiten vermieden werden, die eine Exposition mit lungenschädlichen Stoffen erforderten. Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung von der Klägerin hervorgehobene Migräne führe ebenfalls nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung. Denn die geschilderte Häufigkeit und Intensität lasse sich anhand der eingeholten medizinischen Unterlagen nicht bestätigen und sei damit nicht nachgewiesen. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit auf alle Tätigkeiten einer ungelernten Arbeiterin verwiesen werden könne.
Gegen das der klägerischen Bevollmächtigten am 4. Januar 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. Februar 2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, Dr. K.-M. sei in ihrem Gutachten von falschen Grundlagen ausgegangen, da es weder zutreffend sei, dass sie den Haushalt selbständig alleine bewältige, ihre Enkelkinder betreue oder ihre Mutter pflege. Sie könne nur noch leichte Tätigkeiten im Haushalt ausüben und ihre Mutter sei bereits im Jahr 2003 verstorben. An mindestens der Hälfte der Tage im Monat leide sie an schweren Migränekopfschmerzen, die ihr ein Aufstehen unmöglich machten. An diesen Tagen sei eine Tätigkeit überhaupt nicht möglich. Sie habe diesbezüglich schon mehrere Therapien erfolglos ausprobiert. Des Weiteren sei die fahrradergometrische Belastungsprobe bei Dr. F. durch diesen beendet worden, nachdem sie ihre Auslastungsgrenze erreicht habe. Schließlich habe bis 6. April 2008 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 bestanden (seit 7. April 2008: GdB von 50). Zudem leide sie an Osteoporose der Extremitäten, an Sarkopenie/Muskelatrophie und an einer BWS-Kyphoskoliose mit Wirbelkörperfrakturen. Dies sei für sie nicht nur sehr schmerzhaft, sondern führe auch zu einer Leistungsminderung bzw Arbeitsunfähigkeit. Auch sei die Lungenfunktionsbeeinträchtigung größer als angenommen. Hinzu komme, dass sie im Juli 2009 notfallmäßig im Krankenhaus E. behandelt worden sei. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin folgende ärztliche Unterlagen vorgelegt: Arztbrief des Dr. R. vom 29. Juni 2009 (Diagnose: Osteoporose der Extremitäten, an Wirbelsäule und Hüfte noch im osteopenischen Bereich, Sarkopenie/Muskelatrophie, BWS-Kyphoskoliose mit Wirbelsäulenfrakturen und Zustand nach Lungenoperation sowie Zustand nach Fraktur rechter Unterschenkel; die Klägerin solle konsequent 1000 I.E. Vitamin D und mehr als 1000 mg (Nahrungs-)Kalzium pro Tag einnehmen, auch werde das Bewegungsprogramm "Fünf Esslinger" empfohlen), das Schreiben der Dr. R.-K. vom 28. Dezember 2005, Arztbrief des Radiologen Dr. K. vom 18. Februar 2008 (Bericht über MR rechte Schulter: Aktivierte AC-Gelenksarthrose mit Supraspinatus Impingement, Peritendinitis und Tendinose [kein Ruptur-Verdacht], aktivierte Enthesiopathie am Infraspinatusansatz und ventrale Labrumläsion), Arztbrief des Radiologen T. vom 3. Juni 2009 (wahrscheinlich osteoporotische Deckplattenimpressionen des 3. und 4. BWK) und Bericht des Oberarztes Dr. L. vom 17. Juli 2009 (kein Nachweis einer Lungenarterienembolie sowie narbige Veränderungen der rechten Lunge apical bei Zustand nach Lungenteilresektion).
Die Klägerin beantragt - sachdienlich gefasst -
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31. August 2004 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. L. hat angegeben (Auskunft vom 26. April 2010), er habe lediglich im Juni 2009 in seiner Funktion als Oberarzt des radiologischen Zentralinstituts des Klinikums E. die Thorax-CT-Untersuchung gegenkontrolliert und den Befund freigegeben. Zum damaligen Zeitpunkt habe kein Nachweis einer Lungenarterienembolie bestanden. Es hätten sich jedoch narbige Veränderungen der rechten Lungen apical bei einem Zustand nach Lungenteilresektion sowie ein begleitendes großflächiges Infiltrat gezeigt. Dr. R. hat mitgeteilt (Auskunft vom 17. März 2010), er habe die Klägerin nur am 29. Juni 2010 untersucht. Zu diesem Zeitpunkt habe sie wegen subjektiven und objektiven Zeichen einer Muskelschwäche, Gehstörung und Balancestörung mit Sturzgefahr keine leichten Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten können.
Für die Beklagte hat Obermedizinalrat F. am 31. Mai 2010 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass Dr. R. lediglich Arbeitsunfähigkeit angenommen habe. Zudem sei eine Osteoporose einer konsequenten Behandlung zugänglich. Soweit Schulterbeschwerden bestünden, verbiete sich lediglich eine Tätigkeit mit häufigen Überkopfarbeiten rechts. Schließlich habe die Bronchoskopie im Juni 2009 gezeigt, dass es nicht zu einer bösartigen Neubildung im Bronchialbereich gekommen sei. Das nunmehr vorliegende großflächige Lungeninfiltrat sei als vereinbar mit einer Lungenentzündung gedeutet worden. Eine Lungenentzündung sei aber einer entsprechenden antibiotischen Behandlung zugänglich und lasse ebenfalls nicht auf eine dauerhafte wesentliche Beeinträchtigung der Belastbarkeit im Berufsleben schließen.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 27. Juli 2010 erörtert. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (Bl 59 bis 61 der LSG-Akte). Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und weiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 SGG), ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Bescheid vom 7. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2006 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Weitergewährung der bis zum 31. August 2004 gezahlten Rente wegen voller Erwerbsminderung noch einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302 b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies hat das SG zutreffend aufgrund der Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem, pulmologischen und radiologischen Fachgebiet entschieden; der Senat verweist insoweit nach § 153 Abs 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Hinweis der Klägerin, die Gutachter seien von falschen Grundlagen ausgegangen, da ihre Mutter bereits im Jahr 2003 gestorben sei, insoweit fehl geht, als Dr. P. in seinem Gutachten zutreffend vermerkt hat, dass sie Klägerin ihre Mutter nur bis zu deren Tod (dort angegebene Jahreszahl "2004") gepflegt hat. Dennoch gelangte auch Dr. P. - wie auch Dr. K.-M. - zu der nachvollziehbaren und schlüssigen Einschätzung, dass die Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Vermeidung von Tätigkeiten, die mit Schichtdienst, Akkord, Fließband oder widrigen Witterungsbedingungen verbunden sind, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens, wie etwa von Dr. R.-K. angenommen, lässt sich insbesondere nicht mit dem Tagesablauf der Klägerin und ihren Alltagsaktivitäten in Einklang bringen. Hierauf hat bereits das SG zutreffend hingewiesen. Auch ihre Aussagen im Erörterungstermin bestätigen, dass ein sozialer Rückzug nicht stattgefunden hat. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl Urteil vom 20. Juli 2010, L 11 R 5140/09; Urteil vom 24. September 2009 - L 11 R 742/09) der Schweregrad psychischer Erkrankungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit ableitet. Unter Beachtung dieser Maßstäbe kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin immer noch in der Lage ist, sowohl ihren Mann in Spanien zu versorgen, der nach ihren eigenen Angaben an Demenz leidet, als auch zweimal jährlich nach Deutschland zu fliegen, um sich um ihre Wohnung hier zu kümmern. Darüber hinaus hat Dr. P. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Migränekopfschmerzen weitere psychiatrische und neurologische Behandlungsoptionen bestehen, die zu einer Besserung der geklagten Gesundheitsstörungen führen können.
Auch im Hinblick auf die Ermittlungen im Berufungsverfahren stellt der Senat fest, dass eine quantitative Leistungseinschränkung bei der Klägerin derzeit nicht eingetreten ist.
Eine solche quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ergibt sich insoweit auch nicht auf orthopädischem Fachgebiet. Zwar steht aufgrund der Auskunft des Dr. R. vom 17. Mai 2010 fest, dass die Klägerin an Osteoporose der Extremitäten, an Sarkopenie/Muskelatrophie und an einer BWS-Kyphoskoliose mit WK-Frakturen leidet. Im Bereich der Wirbelsäule und der Hüfte liegt jedoch nur eine Osteopenie vor. Aufgrund der Osteoporose und der Osteopenie hat Dr. R. die Einnahme von 1000 I.E. Vitamin D und mehr als 1000 mg (Nahrungs-)Kalzium pro Tag, das Bewegungsprogramm "Fünf Esslinger" sowie eine Kontrolle der Knochendichte in einem Jahr empfohlen. Der von Dr. R. erhobene Befund deckt sich mit dem Befund des Dr. T. aufgrund der Computertomographie im Bereich des Brustkorbes am 3. Juni 2009, wonach Anzeichen für eine diskrete Einsenkung der Deckplatten des 3. und 4. Brustwirbelkörpers im Sinne einer sehr wahrscheinlich osteoporotisch bedingten Impression vorliegen. Dies führt jedoch im Hinblick auf die der Klägerin allein zumutbaren leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Die Leistungseinschätzung des Dr. R. vom 17. Mai 2010 hält der Senat nicht für überzeugend. Zum einen hat er die Klägerin lediglich einmalig im Juni 2009 untersucht. Zum anderen ergibt sich aus seiner Bescheinigung vom 24. Juli 2009, dass er lediglich von Arbeitsunfähigkeit ausgeht, mithin nicht von einer dauernden Minderung der Leistungsfähigkeit. Schließlich spricht auch die Empfehlung des Bewegungsprogrammes dagegen, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin im Hinblick auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, dh unter Vermeidung von mittelschweren und schweren Tätigkeiten, eingeschränkt ist.
Soweit sich aus dem Arztbrief des Dr. K. vom 18. Februar 2008 ergibt, dass bei der Klägerin eine aktivierte AC-Gelenksarthrose mit Supraspinatus Impingement, Peritendinitis und Tendinose (kein Ruptur-Verdacht), aktivierte Enthesiopathie am Infraspinatusansatz und ventrale Labrumläsion vorliegt, hat Obermedizinalrat F. in seiner Stellungnahme vom 31. Mai 2010 zutreffend darauf hingewiesen, dass sich hierdurch lediglich häufige Überkopfarbeiten verbieten. Dies hält der Senat für nachvollziehbar, zumal Dr. K. in seinem Arztbrief angegeben hat, dass Hinweise für eine Atrophie im Bereich der Rotatorenmanschettenmuskulatur nicht bestehen.
Aus der Auskunft des Dr. L. vom 26. April 2010 folgt zudem, dass die im Juli 2009 durchgeführte Thorax-CT-Untersuchung keine Nachweise einer Lungenarterienembolie ergeben hat. Die dabei festgestellten narbigen Veränderungen der rechten Lunge apical bei Zustand nach Lungenteilresektion mit begleitendem großflächigen Infiltrat rechts können im Zusammenhang mit einer Lungenentzündung gedeutet werden. Dies ergibt sich aus dem Befundbericht des Dr. L. vom 17. Juli 2009. Eine Lungenentzündung ist aber - wie von Obermedizinalrat F. zutreffend dargelegt - einer entsprechenden antibiotischen Behandlung zugänglich und führt nicht zu einer dauerhaften Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht.
Im Hinblick auf die Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr 136). Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr weiterhin noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert werden wie zB Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Die Klägerin ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Sie hat keinen Beruf erlernt und hat während ihres Versicherungslebens allenfalls angelernte Tätigkeiten verrichtet. Sie ist deswegen auch zur Überzeugung des Senats auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen besteht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 26. März 1950 geborene Klägerin erlernte nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf und war von 1964 bis 1979 als Näherin und von November 1990 bis April 2000 als Reinigungskraft beschäftigt. Von September 1999 bis 2003 pflegte sie ihre Mutter. Im Jahr 2002 wurde bei der Klägerin ein Tumor in der rechten Lunge diagnostiziert. Im September desselben Jahres kam es zu einer Unterlappenresektion rechts wegen eines Plattenepithelkarzinoms der rechten Lunge. Sie wurde deswegen vom 17. September bis 4. Oktober 2002 in der Klinik S. behandelt. Im Anschluss daran erfolgte eine adjuvante Radiotherapie bis Dezember 2002. Seither besteht kein Anhalt für einen Turmorrezidiv oder Metastasen. Auf ihren Antrag vom 11. März 2003 hin bezog sie aufgrund dieser Erkrankung in der Zeit vom 1. März 2003 bis 31. August 2004 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2005), nachdem die Beklagte zuvor den Antrag wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorerst abgelehnt hatte (Bescheid vom 21. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2004; Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart [SG] S 2 RJ 1887/04).
Seit 1999 lebt die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann vorwiegend in Spanien und kommt zweimal pro Jahr nach Deutschland. Ihre Wohnung in Deutschland wird von ihr weiter gehalten, wobei ihr jüngster Sohn (30 Jahre) dort lebt. Seit 1. April 2010 bezieht sie eine Altersrente von der Beklagten.
Am 6. Juli 2005 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, an ihrem Gesundheitszustand habe sich nichts geändert. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin fachärztlich untersuchen. Internist Dr. B. kam in seinem Gutachten vom 22. September 2005 zu dem Ergebnis, bislang bestehe ein rezidivfreier Verlauf. Trotz geklagter rezidivierender migräneartiger Beschwerden und Belastungsatemnot habe sich nur eine grenzwertige, leichtgradige Ventilationsstörung gezeigt. Bei angegebenen Wirbelsäulenbeschwerden im BWS-Bereich sei keine bedeutsame Funktionsminderung festzustellen. Die Klägerin könne als Arbeiterin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2005 lehnte die Beklagte den Antrag daraufhin mit der Begründung ab, bei dem vorhandenen Leistungsvermögen liege eine teilweise Erwerbsminderung bzw Berufsunfähigkeit nicht vor.
Mit ihrem dagegen am 2. November 2005 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin unter Vorlage eines Schreibens von Dr. R.-K. vom 28. Dezember 2005 geltend (ua folgende Diagnosen: Schwere Migräne und schweres depressives Syndrom mit Angstzuständen), sie sei nur noch in der Lage, allenfalls zwei Stunden pro Tag erwerbstätig zu sein. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K.-M. vom 21. Februar 2006 ein. Diese gelangte für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: Plattenepithelkarzinom des rechten Lungenunterlappens mit Unterlappenresektion rechts und Bronchoplastik September 2002 (kein Rezidiv), Belastungsstörung mit leicht depressiver ängstlicher Reaktion, Migräne und Spannungskopfschmerz gemischt sowie beginnender Analgetikamissbrauch. Eine schwere depressive Symptomatik liege nicht vor. Die Klägerin könne anspruchslose leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Schichtarbeit vollschichtig verrichten. Die dreimal im Monat auftretenden Migräneattacken seien quantitativ nicht leistungseinschränkend. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. April 2006). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei wieder in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aufgrund ihrer zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit könne sie auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten oder zumutbaren Tätigkeit sei daher nicht erforderlich.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. Juni 2006 Klage beim SG erhoben (Az: S 21 R 4101/06) und vorgetragen, sie leide zehnmal pro Monat unter Migräne. Zudem sei sie nur minderbelastbar und rasch erschöpft, weshalb sie auch schnell außer Atem gerate. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin zahlreiche ärztliche Unterlagen vorgelegt, unter anderem die gutachterliche Äußerung des Dr. H. vom 2. Februar 2008 (Leistungsvermögen bis auf Weiteres unter drei Stunden), Arztbrief des Kardiologen Dr. B. vom 8. Oktober 2007 (Diagnose: Dyspnoe und Ausschluss einer Herzinsuffizienz), Attest der Dr. R.-K. vom 14. August 2008 (Erschwerung der Alltagsbewältigung durch schwere Migräneanfälle), Entlassungsbericht des Spanischen Krankenhauses "Hospital de T." vom 2. April 2009 über einen stationären Aufenthalt wegen eine Bruches des rechten Schien- und Wadenbeins, das weitere Attest der Dr. R.-K. vom 14. August 2009 (Leistungsfähigkeit von höchstens zwei Stunden) und das Schreiben des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 24. Juli 2009, wonach die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig erkrankt sei.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. R.-K. hat angegeben (Auskunft vom 18. Mai 2007), im Vordergrund stehe derzeit eine schwere Depression, welche an Intensität zugenommen habe. Die Klägerin müsse ihren an cerebraler Demenz erkrankten Mann versorgen. Sie könne nur noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich verrichten. Fachärztin für psychotherapeutische Medizin Dr. M. hat mitgeteilt (Auskunft vom 4. Januar 2008), die Klägerin habe sich lediglich im März und Mai 2006 bei ihr vorgestellt. Die depressive Symptomatik stehe im Zusammenhang mit unverarbeiteten Verlusterlebnissen (Suizid des ältesten Sohnes 1993 und Tod der Mutter). Die bestehenden seelischen Gesundheitsstörungen seien jedoch nicht quantitativ leistungseinschränkend im Hinblick auf eine Tätigkeit als Reinigungskraft sowie im Hinblick auf andere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Arzt für Innere Medizin Prof. Dr. L. hat ausgeführt (Auskunft vom 23. März 2009), die Klägerin sei im März/April und Juli 2008 stationär behandelt worden. Es seien folgende Diagnosen erhoben worden: Pneumonie rechter Ober- und Mittellappen mit Begleitpleuritis, Harnwegsinfekt, Sinustachykardie, Ausschluss Gastritis/Ulcus, Zustand nach Bronchialkarzinom und Migräne. Es habe sich eine normale hämodynamische Situation und eine normale linksventrikuläre Pumpfunktion gezeigt. Internist und Oberarzt Dr. F. hat angegeben (Auskunft vom 29. September 2009), er habe die Klägerin zuletzt im Juni 2009 behandelt. Eine Spiroergometrie im Oktober 2007 habe eine normale Leistungsfähigkeit und Sauerstoffaufnahme gezeigt. Er stimme der Leistungseinschätzung der Dr. K.-M. zu.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 2. Juli 2008 und das Gutachten des Internisten Dr. K. vom 28. Januar 2009 eingeholt.
Dr. P. führte in seinem Gutachten aus, die Klägerin habe zum Tagesablauf angegeben, sie gehe mit ihren Hunden regelmäßig spazieren, mache den Haushalt, koche das Essen und verrichte dann andere Hausarbeiten (Staubsaugen, Bügeln). Sie übe gerne Handarbeiten (Stricken) aus. Sie habe zu ihren Kindern guten Kontakt und habe in Spanien auch eine gute Freundin und Bekannte. Dr. P. führte weiter aus, dass schwerwiegende depressive Hinweise nicht zu erkennen gewesen seien. Die Schwingungsfähigkeit sei adäquat gewesen. Gegen eine schwerwiegende Depression spreche auch die fehlende psychiatrische Behandlung. Zudem werde die Migränesymptomatik nicht fachspezifisch neurologisch behandelt. Auch sei die Alltagsbewältigung hierdurch nicht wesentlich beeinflusst. Die Klägerin sei sowohl am Aufenthaltsort in Spanien als auch hier in Deutschland durchaus in der Lage, ihrer Haushaltsführung nachzukommen und den Alltag zu bewältigen. Die Klägerin sehe ihre hauptsächliche Beeinträchtigungen weniger auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet, als vielmehr auf kardiologisch-pulmonalem Fachgebiet. Sie leide an einer Anpassungsstörungen mit depressiv-ängstlicher Symptomatik und an Migränekopfschmerz. Sie müsse deshalb Tätigkeiten als Haushaltshilfe und sonstige vergleichbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die verbunden seien mit Schichtdienst, Akkordarbeiten, Fließbandarbeiten und Tätigkeiten unter widrigen Witterungsbedingungen vermeiden. Unter Beachtung dieser Leistungseinschränkungen sei sie noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Dr. K. hat das röntgenfachärztliche Gutachten des Prof. Dr. G. vom 15. Januar 2009 eingeholt, wonach kein überzeugender Anhalt für ein Tumorrezidiv bestehe. Es könnten jedoch postentzündliche Veränderungen im Rahmen einer kryptogenen organisierenden Pneumonie vorliegen. Dr. K. hat in seinem Gutachten im Hinblick auf den von der Klägerin mitgeteilten Tagesablauf ausgeführt, sie richte das Frühstück und führe anschließend Reinigungsarbeiten im Haus aus. Danach widme sie sich überwiegend Handarbeiten. Alles ginge nur sehr langsam. Der Sachverständige hat folgende Diagnosen erhoben: Unklare pulmonale Infiltrate im Oberlappensegment rechts mit begleitender bronchialer Hyperreagibilität, Zustand nach Unterlappenresektion rechts bei Plattenepithelkarzinom, Migräne und Sinustachykardie sowie intermittierender Supraventrikulärer Tachykardie. Bei Zigarettenrauch-, Staub-, Rauch-, Gas- oder Dampfexposition könnten Beschwerden wie Husten oder ein thorakales Engegefühl auftreten. Leistungslimitierend sei aktuell nicht die pulmonale Situation, sondern das Auftreten von supraventrikulären Herzrhythmusstörungen. Deshalb sei zur weiteren Beurteilung eine kardiologische Begutachtung erforderlich, um ein individuelles positives und negatives Leistungsbild erstellen zu können. Das SG hat sodann - wie bereits dargelegt - Prof. Dr. L. und Dr. F. als sachverständige Zeugen vernommen.
Mit Urteil vom 23. November 2009 hat das SG die Klage nach ausführlicher Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom selben Tag mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei grundsätzlich noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich insbesondere aus den Gutachten der Dr. K.-M. und des Dr. B ... Auch sei die Leistungseinschätzung des Dr. P. nachvollziehbar, da soziale Rückzugstendenzen bei der Klägerin nicht erkennbar gewesen seien. Diese Leistungseinschätzung werde zudem von der behandelnden Psychotherapeutin Dr. M. gedeckt. Auch aus dem Gutachten des Dr. K. ergebe sich keine quantitative Leistungseinschränkung. So bestehe kein Nachweis einer relevanten obstruktiven Ventilationsstörung. Auch auf kardiologischem Gebiet bestehe keine quantitative Leistungsminderung. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. B ... Auch die im Klageverfahren vorgelegten kardiologischen Berichte ließen nicht auf eine quantitative Beeinträchtigung der Belastbarkeit im Berufsleben schließen. Mit der Auskunft des Dr. F. lasse sich eine quantitative Leistungsminderung nicht nachweisen. Dieser habe zwar eine kardiale Limitation beschrieben. Er habe hierbei jedoch auch mitgeteilt, dass diese mit einer altersentsprechenden normalen Leistungsfähigkeit einhergehe. Aufgrund der Herzbeschwerden müsse die Klägerin körperlich schwere Tätigkeiten vermeiden. Auch müssten Tätigkeiten vermieden werden, die eine Exposition mit lungenschädlichen Stoffen erforderten. Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung von der Klägerin hervorgehobene Migräne führe ebenfalls nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung. Denn die geschilderte Häufigkeit und Intensität lasse sich anhand der eingeholten medizinischen Unterlagen nicht bestätigen und sei damit nicht nachgewiesen. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit auf alle Tätigkeiten einer ungelernten Arbeiterin verwiesen werden könne.
Gegen das der klägerischen Bevollmächtigten am 4. Januar 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. Februar 2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, Dr. K.-M. sei in ihrem Gutachten von falschen Grundlagen ausgegangen, da es weder zutreffend sei, dass sie den Haushalt selbständig alleine bewältige, ihre Enkelkinder betreue oder ihre Mutter pflege. Sie könne nur noch leichte Tätigkeiten im Haushalt ausüben und ihre Mutter sei bereits im Jahr 2003 verstorben. An mindestens der Hälfte der Tage im Monat leide sie an schweren Migränekopfschmerzen, die ihr ein Aufstehen unmöglich machten. An diesen Tagen sei eine Tätigkeit überhaupt nicht möglich. Sie habe diesbezüglich schon mehrere Therapien erfolglos ausprobiert. Des Weiteren sei die fahrradergometrische Belastungsprobe bei Dr. F. durch diesen beendet worden, nachdem sie ihre Auslastungsgrenze erreicht habe. Schließlich habe bis 6. April 2008 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 bestanden (seit 7. April 2008: GdB von 50). Zudem leide sie an Osteoporose der Extremitäten, an Sarkopenie/Muskelatrophie und an einer BWS-Kyphoskoliose mit Wirbelkörperfrakturen. Dies sei für sie nicht nur sehr schmerzhaft, sondern führe auch zu einer Leistungsminderung bzw Arbeitsunfähigkeit. Auch sei die Lungenfunktionsbeeinträchtigung größer als angenommen. Hinzu komme, dass sie im Juli 2009 notfallmäßig im Krankenhaus E. behandelt worden sei. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin folgende ärztliche Unterlagen vorgelegt: Arztbrief des Dr. R. vom 29. Juni 2009 (Diagnose: Osteoporose der Extremitäten, an Wirbelsäule und Hüfte noch im osteopenischen Bereich, Sarkopenie/Muskelatrophie, BWS-Kyphoskoliose mit Wirbelsäulenfrakturen und Zustand nach Lungenoperation sowie Zustand nach Fraktur rechter Unterschenkel; die Klägerin solle konsequent 1000 I.E. Vitamin D und mehr als 1000 mg (Nahrungs-)Kalzium pro Tag einnehmen, auch werde das Bewegungsprogramm "Fünf Esslinger" empfohlen), das Schreiben der Dr. R.-K. vom 28. Dezember 2005, Arztbrief des Radiologen Dr. K. vom 18. Februar 2008 (Bericht über MR rechte Schulter: Aktivierte AC-Gelenksarthrose mit Supraspinatus Impingement, Peritendinitis und Tendinose [kein Ruptur-Verdacht], aktivierte Enthesiopathie am Infraspinatusansatz und ventrale Labrumläsion), Arztbrief des Radiologen T. vom 3. Juni 2009 (wahrscheinlich osteoporotische Deckplattenimpressionen des 3. und 4. BWK) und Bericht des Oberarztes Dr. L. vom 17. Juli 2009 (kein Nachweis einer Lungenarterienembolie sowie narbige Veränderungen der rechten Lunge apical bei Zustand nach Lungenteilresektion).
Die Klägerin beantragt - sachdienlich gefasst -
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31. August 2004 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. L. hat angegeben (Auskunft vom 26. April 2010), er habe lediglich im Juni 2009 in seiner Funktion als Oberarzt des radiologischen Zentralinstituts des Klinikums E. die Thorax-CT-Untersuchung gegenkontrolliert und den Befund freigegeben. Zum damaligen Zeitpunkt habe kein Nachweis einer Lungenarterienembolie bestanden. Es hätten sich jedoch narbige Veränderungen der rechten Lungen apical bei einem Zustand nach Lungenteilresektion sowie ein begleitendes großflächiges Infiltrat gezeigt. Dr. R. hat mitgeteilt (Auskunft vom 17. März 2010), er habe die Klägerin nur am 29. Juni 2010 untersucht. Zu diesem Zeitpunkt habe sie wegen subjektiven und objektiven Zeichen einer Muskelschwäche, Gehstörung und Balancestörung mit Sturzgefahr keine leichten Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten können.
Für die Beklagte hat Obermedizinalrat F. am 31. Mai 2010 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass Dr. R. lediglich Arbeitsunfähigkeit angenommen habe. Zudem sei eine Osteoporose einer konsequenten Behandlung zugänglich. Soweit Schulterbeschwerden bestünden, verbiete sich lediglich eine Tätigkeit mit häufigen Überkopfarbeiten rechts. Schließlich habe die Bronchoskopie im Juni 2009 gezeigt, dass es nicht zu einer bösartigen Neubildung im Bronchialbereich gekommen sei. Das nunmehr vorliegende großflächige Lungeninfiltrat sei als vereinbar mit einer Lungenentzündung gedeutet worden. Eine Lungenentzündung sei aber einer entsprechenden antibiotischen Behandlung zugänglich und lasse ebenfalls nicht auf eine dauerhafte wesentliche Beeinträchtigung der Belastbarkeit im Berufsleben schließen.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 27. Juli 2010 erörtert. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (Bl 59 bis 61 der LSG-Akte). Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und weiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 SGG), ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Bescheid vom 7. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2006 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Weitergewährung der bis zum 31. August 2004 gezahlten Rente wegen voller Erwerbsminderung noch einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302 b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies hat das SG zutreffend aufgrund der Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem, pulmologischen und radiologischen Fachgebiet entschieden; der Senat verweist insoweit nach § 153 Abs 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Hinweis der Klägerin, die Gutachter seien von falschen Grundlagen ausgegangen, da ihre Mutter bereits im Jahr 2003 gestorben sei, insoweit fehl geht, als Dr. P. in seinem Gutachten zutreffend vermerkt hat, dass sie Klägerin ihre Mutter nur bis zu deren Tod (dort angegebene Jahreszahl "2004") gepflegt hat. Dennoch gelangte auch Dr. P. - wie auch Dr. K.-M. - zu der nachvollziehbaren und schlüssigen Einschätzung, dass die Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Vermeidung von Tätigkeiten, die mit Schichtdienst, Akkord, Fließband oder widrigen Witterungsbedingungen verbunden sind, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens, wie etwa von Dr. R.-K. angenommen, lässt sich insbesondere nicht mit dem Tagesablauf der Klägerin und ihren Alltagsaktivitäten in Einklang bringen. Hierauf hat bereits das SG zutreffend hingewiesen. Auch ihre Aussagen im Erörterungstermin bestätigen, dass ein sozialer Rückzug nicht stattgefunden hat. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl Urteil vom 20. Juli 2010, L 11 R 5140/09; Urteil vom 24. September 2009 - L 11 R 742/09) der Schweregrad psychischer Erkrankungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit ableitet. Unter Beachtung dieser Maßstäbe kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin immer noch in der Lage ist, sowohl ihren Mann in Spanien zu versorgen, der nach ihren eigenen Angaben an Demenz leidet, als auch zweimal jährlich nach Deutschland zu fliegen, um sich um ihre Wohnung hier zu kümmern. Darüber hinaus hat Dr. P. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Migränekopfschmerzen weitere psychiatrische und neurologische Behandlungsoptionen bestehen, die zu einer Besserung der geklagten Gesundheitsstörungen führen können.
Auch im Hinblick auf die Ermittlungen im Berufungsverfahren stellt der Senat fest, dass eine quantitative Leistungseinschränkung bei der Klägerin derzeit nicht eingetreten ist.
Eine solche quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ergibt sich insoweit auch nicht auf orthopädischem Fachgebiet. Zwar steht aufgrund der Auskunft des Dr. R. vom 17. Mai 2010 fest, dass die Klägerin an Osteoporose der Extremitäten, an Sarkopenie/Muskelatrophie und an einer BWS-Kyphoskoliose mit WK-Frakturen leidet. Im Bereich der Wirbelsäule und der Hüfte liegt jedoch nur eine Osteopenie vor. Aufgrund der Osteoporose und der Osteopenie hat Dr. R. die Einnahme von 1000 I.E. Vitamin D und mehr als 1000 mg (Nahrungs-)Kalzium pro Tag, das Bewegungsprogramm "Fünf Esslinger" sowie eine Kontrolle der Knochendichte in einem Jahr empfohlen. Der von Dr. R. erhobene Befund deckt sich mit dem Befund des Dr. T. aufgrund der Computertomographie im Bereich des Brustkorbes am 3. Juni 2009, wonach Anzeichen für eine diskrete Einsenkung der Deckplatten des 3. und 4. Brustwirbelkörpers im Sinne einer sehr wahrscheinlich osteoporotisch bedingten Impression vorliegen. Dies führt jedoch im Hinblick auf die der Klägerin allein zumutbaren leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Die Leistungseinschätzung des Dr. R. vom 17. Mai 2010 hält der Senat nicht für überzeugend. Zum einen hat er die Klägerin lediglich einmalig im Juni 2009 untersucht. Zum anderen ergibt sich aus seiner Bescheinigung vom 24. Juli 2009, dass er lediglich von Arbeitsunfähigkeit ausgeht, mithin nicht von einer dauernden Minderung der Leistungsfähigkeit. Schließlich spricht auch die Empfehlung des Bewegungsprogrammes dagegen, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin im Hinblick auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, dh unter Vermeidung von mittelschweren und schweren Tätigkeiten, eingeschränkt ist.
Soweit sich aus dem Arztbrief des Dr. K. vom 18. Februar 2008 ergibt, dass bei der Klägerin eine aktivierte AC-Gelenksarthrose mit Supraspinatus Impingement, Peritendinitis und Tendinose (kein Ruptur-Verdacht), aktivierte Enthesiopathie am Infraspinatusansatz und ventrale Labrumläsion vorliegt, hat Obermedizinalrat F. in seiner Stellungnahme vom 31. Mai 2010 zutreffend darauf hingewiesen, dass sich hierdurch lediglich häufige Überkopfarbeiten verbieten. Dies hält der Senat für nachvollziehbar, zumal Dr. K. in seinem Arztbrief angegeben hat, dass Hinweise für eine Atrophie im Bereich der Rotatorenmanschettenmuskulatur nicht bestehen.
Aus der Auskunft des Dr. L. vom 26. April 2010 folgt zudem, dass die im Juli 2009 durchgeführte Thorax-CT-Untersuchung keine Nachweise einer Lungenarterienembolie ergeben hat. Die dabei festgestellten narbigen Veränderungen der rechten Lunge apical bei Zustand nach Lungenteilresektion mit begleitendem großflächigen Infiltrat rechts können im Zusammenhang mit einer Lungenentzündung gedeutet werden. Dies ergibt sich aus dem Befundbericht des Dr. L. vom 17. Juli 2009. Eine Lungenentzündung ist aber - wie von Obermedizinalrat F. zutreffend dargelegt - einer entsprechenden antibiotischen Behandlung zugänglich und führt nicht zu einer dauerhaften Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht.
Im Hinblick auf die Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr 136). Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr weiterhin noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert werden wie zB Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Die Klägerin ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Sie hat keinen Beruf erlernt und hat während ihres Versicherungslebens allenfalls angelernte Tätigkeiten verrichtet. Sie ist deswegen auch zur Überzeugung des Senats auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen besteht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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