Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1226/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3313/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) streitig.
Bei dem 1953 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt K. mit Bescheid vom 15.03.2004 wegen einer periodischen hypokaliämischen Paralyse, Polyneuropathie (Teil-GdB 50), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (Teil-GdB 20) und einer Polyneuropathie (Teil-GdB 20) den GdB mit 70 seit 14.07.2003 neu sowie die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches (Merkzeichen) "G" erstmals fest. Diesem Bescheid lagen Berichte des Universitätsklinikums F. vom 27.03.2003, des Universitätsklinikums U. vom 01.10.2003, 29.01.2004 und 09.03.2004, des Universitätsklinikums H. vom 19.04.2001, die Gutachten von Prof. Dr. D. vom 12.12.2002 und 14.10.2002, der Reha-Entlassungsbericht der S. R. Klinik B. S. vom 29.01.2001, ärztliche Befundberichte von Dr. Z. vom 25.02.2004, Prof. Dr. M. vom 25.11.2003, Dr. M. vom 15.03.2001 und Dr. W. vom 28.06.1998 sowie die versorgungsärztlichen gutachtlichen Stellungnahmen von Dr. D.-L. vom 29.10.2003 und Dr. C. vom 12.03.2004 zu Grunde.
Am 12.07.2004 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB. Nach Auswertung der zu den Akten gelangten ärztlichen Unterlagen (Befundschein Dr. H. vom 16.08.2004, Befundberichte Dr. K. vom 29.03.2004, von Dr. Z. vom 23.02.2004 und Dr. M. vom 15.03.2001) durch den Versorgungsarzt Dr. N., der in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19.10.2004 unter zusätzlicher Berücksichtigung eines chronischen Schmerzsyndroms, einer seelischen Störung, eines Bluthochdrucks und einer Refluxkrankheit der Speiseröhre den GdB weiterhin mit 70 bewertete, wurde der Neufeststellungsantrag des Klägers vom Versorgungsamt K. mit Bescheid vom 25.10.2004 abgelehnt. Der gegen diesen Bescheid vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde nach Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen entsprechend der gutachtlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 03.03.2005 unter weiterer Berücksichtigung einer Funktionsbehinderung des linken Schultergelenkes und einer Herzleistungsminderung mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 24.03.2005 zurückgewiesen.
Am 05.08.2008 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt K. die Überprüfung des Bescheides vom 15.03.2004 gemäß § 44 SGB X. Er machte geltend, die durch eine zervikale Myelopathie entstandenen Funktionsbeeinträchtigungen seien in den ärztlichen Berichten dokumentiert. Der Kläger legte die Befundberichte des Dr. K. vom 29.03.2004 (Diagnose: zervikaler Bandscheibenschaden mit Myelopathie), des Dr. Z. vom 25.02.2004 (Diagnose: kein Nachweis eines kompressiven zervikalen Discusprolaps), zwei Papierprintbilder der Halswirbelsäule sowie den Bericht für den Medizinischen Dienst des Dr. H. vom 28.05.2001 vor. Gestützt auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. P. vom 26.08.2008, der wegen einer Polyneuropathie, einer periodischen hypokaliämische Paralyse, einem chronischen Schmerzsyndrom, einer seelischen Störung (Teil-GdB 60), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten, Bandscheibenschaden mit Myelopathie, einer Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (Teil-GdB 20) und Bluthochdruck, Refluxkrankheit der Speiseröhre und Herzleistungsminderung (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB weiterhin mit 70 bewertete, sowie Dr. Z.-C. vom 14.10.2008 und 01.12.2008 entsprach das zwischenzeitlich zuständig gewordene Landratsamt R. Sozialamt - Versorgungsamt - (VA) mit Bescheid vom 09.12.2008 dem Antrag des Klägers auf Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X nicht.
Hiergegen legte der Kläger am 22.12.2008 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, aus den übersandten und den in der Verwaltungsakte befindlichen Unterlagen gehe eine Druckschädigung im Bereich der Halswirbelsäule hervor, die sensomotorische Störungen an den Armen und Beinen sowie eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion hervorrufe. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme seines versorgungsärztlichen Dienstes vom 01.02.2009 wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2009 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.03.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er trug zur Begründung vor, die Diagnosen eines Schulter-Arm-Syndroms links, eines Zervikalbrachialsyndroms, eine sensible Wurzelreizsymptomatik und eine Schädigung der Nervenbahnen im Rückenmark sowie die Symptome sensible und motorische Störungen an Armen und Beinen, Gangstörungen und Störungen der Blasen- und Mastdarmentleerung, die Ausdruck einer Druckschädigung von Nervenbahnen im Rückenmark und der Nervenwurzeln seien, seien durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen dokumentiert. Diese Funktionsbeeinträchtigungen erhöhten den GdB. Die Modifizierung und Erweiterung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen sei erforderlich. Der Bescheid vom 15.03.2004 sei im Zeitpunkt des Erlasses nicht rechtmäßig gewesen. Der Kläger legte weitere ärztliche Berichte von Dr. S. vom 10.05.2004, Dr. S. vom 05.07.2005 und Dr. Z. vom 26.07.2005 vor.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 10.06.2009 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.07.2009 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde auf die Darstellungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Ergänzend wurde ausgeführt, bedeutsame Funktionseinschränkungen, die eine Erhöhung des Gesamt-GdB rechtfertigten, würden durch die Berichte des Dr. Z. vom 25.02.2004, das Röntgenbild vom 22.03.2004 und den Bericht des Dr. K. nicht dokumentiert. Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule hätten nicht zur Folge, dass die im Bescheid vom 15.03.2004 erfolgte Feststellung des GdB von 70 rechtswidrig sei.
Gegen den dem Kläger am 16.07.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 22.07.2009 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, ihm sei vom SG keine Gelegenheit gegeben worden, den Sachverhalt vor Gericht ausführlich vorzutragen. Seine Klage richte sich im Wesentlichen auf die zusätzliche Anerkennung und entsprechende Bewertung der Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion und die Anerkennung des Schulter-Arm-Syndroms sowie des Zervikalsyndroms als Funktionsbeeinträchtigungen. Sensible und motorische Störungen an Armen und Beinen sowie eine Gangstörung seien nach dem Bericht der Universitätsklinik U. vom 29.01.2004 nicht auf die hypokaliämische periodische Paralyse zurückzuführen. Die Beschwerden seien durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen dokumentiert. Das SG habe die Grenze der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten. Die geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen seien bereits vor dem 14.07.2003 nachweisbar und der GdB von 70 unter Abänderung des Bescheides vom 15.03.2004 zu erhöhen. Der Kläger hat einen im Internet veröffentlichten Bericht der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum T., Ärztlicher Direktor Dr. T. zur Wirbelsäulenchirurgie, sowie Befundberichte von Dr. D. vom 03.12.1998 und Dr. K. vom 02.08.2000 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 15. März 2004 teilweise zurückzunehmen und den Grad der Behinderung von mehr als 70 seit 14. Juli 2003 festzustellen, sowie die Blasen- und Enddarmentleerungsstörung und das Schulter-Arm-Syndrom/Zervikobrachialsyndrom werden als Funktionsbeeinträchtigung festgestellt und entsprechend bewertet.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass bei Erlass des Bescheides vom 15.03.2004 das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Es seien keine Funktionsbeeinträchtigungen dokumentiert bzw. Befunde aktenkundig, die eine höhere Bewertung zum damaligen Zeitpunkt begründen könnten. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 10.12.2009 vorgelegt.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 02.07.2010 erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 02.07.2010 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im vorliegenden Verfahren angefallenen Akten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogenen Akten L 10 U 5642/06, L 10 U 1411/05 sowie S 3 U 41/04 (insbesondere das Gutachten von Dr. v. S. vom 19.11.2004) und ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 15.03.2004 und Feststellung eines GdB von über 70 seit dem 14.07.2003. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers ist § 44 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist nach Absatz 2 dieser Vorschrift ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 SGB X i.V.m. der Verfallklausel des Abs. 4 ist eine Spezialregelung für Verwaltungsakte über die Gewährung von sozialrechtlichen Leistungen. Die Unrichtigkeit eines Verwaltungsaktes, der zurückzunehmen und zu ersetzen sein soll, muss zur Folge gehabt haben, dass Leistungen der bezeichneten Art zunächst zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X), sodann aber für einen Zeitraum bis zu vier Jahren nachträglich zu erbringen sind (§ 44 SGB X). Um solche Leistungsbescheide geht es im SGB IX nicht. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 29.05.1991 (9a/9 RVSF/89) für den Bereich des Schwerbehindertenrechts entschieden. Es besteht kein Grund, dies nicht auch für das SGB IX, das das Schwerbehindertengesetz ab 01.07.2001 - allerdings ohne wesentliche Änderungen - abgelöst hat, anzunehmen. Ein Bescheid über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch oder die Höhe des GdB beschränkt sich nach diesem Urteil auf diese Feststellungen der zuständigen Behörden. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19.12.2008 - L 8 SB 3720/07 -). Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall § 44 Abs. 2 SGB X anzuwenden ist. Dabei sind die nach dem SGB IX zu treffenden Feststellungen auch i.V.m. der Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides zugunsten des Betroffenen grundsätzlich nur für die Zukunft zu treffen; die Rückwirkung liegt im Ermessen der Verwaltung.
Das bedeutet vorliegend, dass eine Rücknahme des Bescheides vom 15.03.2004 gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X grundsätzlich nur für die Zukunft erfolgen kann. Auf eine Rücknahme für die Vergangenheit besteht kein Rechtsanspruch. Insoweit besteht nur ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung des Beklagten (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Daraus folgt weiter, dass die Klage nur dann Erfolg haben kann, wenn der vom Kläger nicht mit Widerspruch angefochtene Bescheid vom 15.03.2004 zum Zeitpunkt seines Ergehens unrichtig/rechtswidrig war. Spätere Änderungen fallen in den Anwendungsbereich des - hier nicht anzuwendenden - § 48 SGB X.
Der Bescheid vom 15.03.2004 war zum Zeitpunkt seines Ergehens nicht unrichtig/rechtwidrig. Vielmehr bedingten die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers zu dieser Zeit keinen höheren GdB als 70.
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004, (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend ist der GdB vom Beklagten mit Bescheid vom 15.03.2004 zu Recht mit 70 seit 14.07.2003 festgestellt worden. Dass beim Kläger seinerzeit eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion, ein Schulter-Arm-Syndrom sowie ein Zervikalsyndrom bestand, die bei der Bildung des Gesamt-GdB erhöhend hätten berücksichtigt werden müssen, wie der Kläger geltend macht, trifft zur Überzeugung des Senats nicht zu.
Der Beklagte hat bei der Feststellung des GdB im Bescheid vom 15.03.2004 eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Wirbelgleiten mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt. Nach den AHP ist bei Wirbelsäulenschäden ein höherer Teil-GdB von 30 nur bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) oder bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende oder Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) in zwei Wirbelsäulenabschnitten gerechtfertigt (vgl. Nr. 26.18, S. 116). Dass beim Kläger schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 vorlagen, lässt sich den zahlreich zu den Akten gelangten bzw. vom Kläger vorgelegten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen. So waren nach dem Bericht der Neurologischen Klinik der Universität U. vom 09.03.2004 Kopf/Wirbelsäule des Klägers frei beweglich. Auch im Reha-Entlassungsbericht der S. R. Klinik B. S. vom 29.01.2001 wird die Wirbelsäule des Klägers als frei beweglich mit einem Finger-Boden-Abstand von 5 cm, Ott 30/38 cm, Schober 10/15 cm beschrieben. Weiter hatte nach den Befundbericht von Dr. Z. vom 25.02.2004 eine am 23.02.2004 durchgeführte Kernspintomographie der Halswirbelsäule des Klägers keinen Nachweis eines kompressiven zervikalen Diskusprolaps ergeben. Die vom Kläger vorgelegten Papierprintbilder betreffen die Kernspintomographie am 23.02.2004 und den hierzu gefertigten Befundbericht des Dr. Z. vom 25.02.2004 und belegen damit keinen zusätzlichen Befund. Diese Befunde rechtfertigen nicht die Annahme schwerer funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Soweit Dr. K. in seinem Befundbericht vom 29.03.2004 (u.a.) einen zervikalen Bandscheidenschaden mit Myelopathie diagnostiziert hat, rechtfertigt dies für sich nicht die Feststellung eines höheren GdB für das Wirbelsäulenleiden des Klägers. Vielmehr sind für die Bewertung des GdB die durch die Gesundheitsstörung verursachten Funktionsbeeinträchtigungen maßgebend, worauf der Beklagte im Klageverfahren zutreffend hingewiesen hat. Dass beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule vorliegen, die einen Teil-GdB von 30 (oder mehr) rechtfertigen, lässt sich dem Befundbericht vom 29.03.2004 jedoch nicht entnehmen. Auch den vom Senat beigezogenen Gerichtsakten lassen sich keine Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule des Klägers entnehmen, die zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 einen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigen. So bestanden bei der Untersuchung des Klägers am 18.11.2004 im Rahmen der Begutachtung durch Dr. v. S. (Gutachten vom 19.11.2004, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet) zwar funktionelle Einschränkungen der Lendenwirbelsäule. Hinsichtlich der Halswirbelsäule bestand eine im Wesentlichen freie Beweglichkeit bei Druckschmerzhaftigkeit der Dornfortsatzreihe im Bereich C2/3 und Stauchungsempfindlichkeit der Halswirbelsäule. Auch diese von Dr. v. S. festgestellten Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule des Klägers rechtfertigen, unabhängig davon, dass sie erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 erhoben wurden, nicht die Annahme eines Teil-GdB von 30 (oder mehr) für das Wirbelsäulenleiden des Klägers.
Die vom Kläger geltend gemachten sensomotorische Störungen an Armen und Beinen sind im Rahmen der Polyneuropathie mit einem zusätzlichen Teil-GdB von 20 vom Beklagten ausreichend berücksichtigt worden.
Dass beim Kläger seinerzeit eine für die Bildung des Gesamt-GdB relevante Blasen- und Mastdarmstörung vorlag, trifft nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht zu. So bestand beim Kläger nach dem Bericht der Neurologischen Klinik der Universität U. vom 09.03.2004 lediglich ein häufiger Harndrang bei unauffälliger Defäkation (Stuhlentleerung). Nach den vom Senat beigezogenen Gerichtsakten L 10 U 1411/05 bestanden beim Kläger nach den Bericht des Universitätsklinikums U. vom 29.09.2000 ebenfalls keine Blasen- und Darmentleerungsstörungen. Soweit sich der Kläger auf die Diagnose einer Blasen- und Darmentleerungsstörung im LVA-Gutachten vom 25.08.1999 beruft, ist diese Diagnose durch die genannten späteren Berichte widerlegt. Der vom Kläger vorgelegte, im Internet veröffentlichte wissenschaftliche Bericht der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum T. zur Wirbelsäulenchirurgie, auf den sich der Kläger im Berufungsverfahren zum Beleg einer Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung berufen hat, ist nicht geeignet, die Annahme des Vorliegens einer solchen Störung beim Kläger zu belegen.
Beim Kläger liegen auch keine Funktionsbehinderungen der oberen Extremitäten (Schulter-Arm) vor, die zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 einen höheren GdB als 70 rechtfertigten. So lag beim Kläger nach dem Reha-Entlassungsbericht der S. R. Klinik B. S. vom 29.01.2001 hinsichtlich der oberen Extremitäten eine freie Beweglichkeit der Schultern vor. Schürzen- und Nackengriff waren beidseits mühelos möglich. Die Gelenke der oberen Extremitäten waren in Form und Funktion regelrecht. Nach dem Befundbericht des Dr. S. vom 10.05.2004 bestand beim Kläger an Armen und Händen keine Parese. Auch in den vom Senat beigezogenen Gerichtsakten finden sich keine medizinischen Unterlagen, die zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt eine Gesamt-GdB relevante Funktionsbehinderung der oberen Extremitäten ergeben. So waren insbesondere im Rahmen der Begutachtung durch Dr. v. S. (Gutachten vom 19.11.2004 im Verfahren S 3 U 41/04) die Schultergelenke im Wesentlichen frei beweglich. Auch sonst bestand nach den von Dr. v. S. erhobenen Befunden hinsichtlich des Ellenbogens, der Handgelenke und Finger keine Funktionseinschränkung.
Auch sonst sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die den Bescheid vom 15.03.2004 rechtswidrig erscheinen lassen. Insbesondere ist die beim Kläger im Vordergrund stehende periodische hypokaliämische Paralyse (Muskelschwäche) im Zusammenhang mit einer Polyneuropathie mit einem Teil-GdB von 50 nicht zum Nachteil des Klägers zu niedrig bewertet worden. Dabei ging der Beklagte von mittelgradigen Auswirkungen (zunehmende Gelenkkontrakturen und Deformitäten, Aufrichten aus dem Liegen nicht mehr möglich, Unmöglichkeit des Treppensteigens) aus, die nach den AHP (Nr. 26.18, S. 114) mit einem GdB von 50 bis 80 zu bewerten sind. Nach dem Befundbericht des Universitätsklinikums U. vom 29.01.2004 war die hypokaliämische periodische Paralyse bei relativ selten auftretenden Attacken mit entsprechender Behandlung und Medikation gut eingestellt. Nach den Berichten der Neurologischen Klinik der Universität U. vom 29.01.2004 und 09.03.2004 zeigte sich bei einer klinischen Untersuchung des Klägers eine proximale Muskelschwäche der Extremitäten (Kraft der oberen Extremitäten voll bzw. proximal 4/5, distal 5/5, der unteren Extremitäten 3/5 bds., Fußheber und -senker 4/5 bis 5/5 bds.) ohne Faszikulationen bei normalem Muskeltonus. Die erschwerten Stand- und Gangarten wurden vom Kläger sicher beherrscht. Die Feinmotorik war nicht beeinträchtigt. Nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den GdB-Rahmen nicht nach oben ausgeschöpft hat. Gegen die Bewertung der Muskelschwäche des Klägers mit einem Teil-GdB von 50 hat sich der Kläger im Übrigen auch nicht substantiiert gewandt.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Gesundheitsstörungen "Blasen- und Enddarmentleerungsstörung" und "Schulter-Arm-Syndrom/Zervikobrachialsyndrom" als Funktionsbeeinträchtigungen und auf entsprechende Bewertung, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat außerdem beantragt hat. Eine Klage auf Verurteilung des Beklagten zur isolierten Feststellung von Gesundheitsstörungen bzw. Funktionsbeeinträchtigungen als weitere Behinderung ist nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R -, BSGE 82, 176 u. SozR 3-3870 § 4 Nr. 24).
Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das SG über die Klage des Klägers mit Gerichtsbescheid entschieden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) streitig.
Bei dem 1953 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt K. mit Bescheid vom 15.03.2004 wegen einer periodischen hypokaliämischen Paralyse, Polyneuropathie (Teil-GdB 50), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (Teil-GdB 20) und einer Polyneuropathie (Teil-GdB 20) den GdB mit 70 seit 14.07.2003 neu sowie die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches (Merkzeichen) "G" erstmals fest. Diesem Bescheid lagen Berichte des Universitätsklinikums F. vom 27.03.2003, des Universitätsklinikums U. vom 01.10.2003, 29.01.2004 und 09.03.2004, des Universitätsklinikums H. vom 19.04.2001, die Gutachten von Prof. Dr. D. vom 12.12.2002 und 14.10.2002, der Reha-Entlassungsbericht der S. R. Klinik B. S. vom 29.01.2001, ärztliche Befundberichte von Dr. Z. vom 25.02.2004, Prof. Dr. M. vom 25.11.2003, Dr. M. vom 15.03.2001 und Dr. W. vom 28.06.1998 sowie die versorgungsärztlichen gutachtlichen Stellungnahmen von Dr. D.-L. vom 29.10.2003 und Dr. C. vom 12.03.2004 zu Grunde.
Am 12.07.2004 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB. Nach Auswertung der zu den Akten gelangten ärztlichen Unterlagen (Befundschein Dr. H. vom 16.08.2004, Befundberichte Dr. K. vom 29.03.2004, von Dr. Z. vom 23.02.2004 und Dr. M. vom 15.03.2001) durch den Versorgungsarzt Dr. N., der in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19.10.2004 unter zusätzlicher Berücksichtigung eines chronischen Schmerzsyndroms, einer seelischen Störung, eines Bluthochdrucks und einer Refluxkrankheit der Speiseröhre den GdB weiterhin mit 70 bewertete, wurde der Neufeststellungsantrag des Klägers vom Versorgungsamt K. mit Bescheid vom 25.10.2004 abgelehnt. Der gegen diesen Bescheid vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde nach Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen entsprechend der gutachtlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 03.03.2005 unter weiterer Berücksichtigung einer Funktionsbehinderung des linken Schultergelenkes und einer Herzleistungsminderung mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 24.03.2005 zurückgewiesen.
Am 05.08.2008 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt K. die Überprüfung des Bescheides vom 15.03.2004 gemäß § 44 SGB X. Er machte geltend, die durch eine zervikale Myelopathie entstandenen Funktionsbeeinträchtigungen seien in den ärztlichen Berichten dokumentiert. Der Kläger legte die Befundberichte des Dr. K. vom 29.03.2004 (Diagnose: zervikaler Bandscheibenschaden mit Myelopathie), des Dr. Z. vom 25.02.2004 (Diagnose: kein Nachweis eines kompressiven zervikalen Discusprolaps), zwei Papierprintbilder der Halswirbelsäule sowie den Bericht für den Medizinischen Dienst des Dr. H. vom 28.05.2001 vor. Gestützt auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. P. vom 26.08.2008, der wegen einer Polyneuropathie, einer periodischen hypokaliämische Paralyse, einem chronischen Schmerzsyndrom, einer seelischen Störung (Teil-GdB 60), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten, Bandscheibenschaden mit Myelopathie, einer Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (Teil-GdB 20) und Bluthochdruck, Refluxkrankheit der Speiseröhre und Herzleistungsminderung (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB weiterhin mit 70 bewertete, sowie Dr. Z.-C. vom 14.10.2008 und 01.12.2008 entsprach das zwischenzeitlich zuständig gewordene Landratsamt R. Sozialamt - Versorgungsamt - (VA) mit Bescheid vom 09.12.2008 dem Antrag des Klägers auf Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X nicht.
Hiergegen legte der Kläger am 22.12.2008 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, aus den übersandten und den in der Verwaltungsakte befindlichen Unterlagen gehe eine Druckschädigung im Bereich der Halswirbelsäule hervor, die sensomotorische Störungen an den Armen und Beinen sowie eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion hervorrufe. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme seines versorgungsärztlichen Dienstes vom 01.02.2009 wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2009 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.03.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er trug zur Begründung vor, die Diagnosen eines Schulter-Arm-Syndroms links, eines Zervikalbrachialsyndroms, eine sensible Wurzelreizsymptomatik und eine Schädigung der Nervenbahnen im Rückenmark sowie die Symptome sensible und motorische Störungen an Armen und Beinen, Gangstörungen und Störungen der Blasen- und Mastdarmentleerung, die Ausdruck einer Druckschädigung von Nervenbahnen im Rückenmark und der Nervenwurzeln seien, seien durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen dokumentiert. Diese Funktionsbeeinträchtigungen erhöhten den GdB. Die Modifizierung und Erweiterung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen sei erforderlich. Der Bescheid vom 15.03.2004 sei im Zeitpunkt des Erlasses nicht rechtmäßig gewesen. Der Kläger legte weitere ärztliche Berichte von Dr. S. vom 10.05.2004, Dr. S. vom 05.07.2005 und Dr. Z. vom 26.07.2005 vor.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 10.06.2009 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.07.2009 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde auf die Darstellungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Ergänzend wurde ausgeführt, bedeutsame Funktionseinschränkungen, die eine Erhöhung des Gesamt-GdB rechtfertigten, würden durch die Berichte des Dr. Z. vom 25.02.2004, das Röntgenbild vom 22.03.2004 und den Bericht des Dr. K. nicht dokumentiert. Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule hätten nicht zur Folge, dass die im Bescheid vom 15.03.2004 erfolgte Feststellung des GdB von 70 rechtswidrig sei.
Gegen den dem Kläger am 16.07.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 22.07.2009 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, ihm sei vom SG keine Gelegenheit gegeben worden, den Sachverhalt vor Gericht ausführlich vorzutragen. Seine Klage richte sich im Wesentlichen auf die zusätzliche Anerkennung und entsprechende Bewertung der Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion und die Anerkennung des Schulter-Arm-Syndroms sowie des Zervikalsyndroms als Funktionsbeeinträchtigungen. Sensible und motorische Störungen an Armen und Beinen sowie eine Gangstörung seien nach dem Bericht der Universitätsklinik U. vom 29.01.2004 nicht auf die hypokaliämische periodische Paralyse zurückzuführen. Die Beschwerden seien durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen dokumentiert. Das SG habe die Grenze der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten. Die geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen seien bereits vor dem 14.07.2003 nachweisbar und der GdB von 70 unter Abänderung des Bescheides vom 15.03.2004 zu erhöhen. Der Kläger hat einen im Internet veröffentlichten Bericht der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum T., Ärztlicher Direktor Dr. T. zur Wirbelsäulenchirurgie, sowie Befundberichte von Dr. D. vom 03.12.1998 und Dr. K. vom 02.08.2000 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 15. März 2004 teilweise zurückzunehmen und den Grad der Behinderung von mehr als 70 seit 14. Juli 2003 festzustellen, sowie die Blasen- und Enddarmentleerungsstörung und das Schulter-Arm-Syndrom/Zervikobrachialsyndrom werden als Funktionsbeeinträchtigung festgestellt und entsprechend bewertet.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass bei Erlass des Bescheides vom 15.03.2004 das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Es seien keine Funktionsbeeinträchtigungen dokumentiert bzw. Befunde aktenkundig, die eine höhere Bewertung zum damaligen Zeitpunkt begründen könnten. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 10.12.2009 vorgelegt.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 02.07.2010 erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 02.07.2010 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im vorliegenden Verfahren angefallenen Akten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogenen Akten L 10 U 5642/06, L 10 U 1411/05 sowie S 3 U 41/04 (insbesondere das Gutachten von Dr. v. S. vom 19.11.2004) und ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 15.03.2004 und Feststellung eines GdB von über 70 seit dem 14.07.2003. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers ist § 44 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist nach Absatz 2 dieser Vorschrift ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 SGB X i.V.m. der Verfallklausel des Abs. 4 ist eine Spezialregelung für Verwaltungsakte über die Gewährung von sozialrechtlichen Leistungen. Die Unrichtigkeit eines Verwaltungsaktes, der zurückzunehmen und zu ersetzen sein soll, muss zur Folge gehabt haben, dass Leistungen der bezeichneten Art zunächst zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X), sodann aber für einen Zeitraum bis zu vier Jahren nachträglich zu erbringen sind (§ 44 SGB X). Um solche Leistungsbescheide geht es im SGB IX nicht. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 29.05.1991 (9a/9 RVSF/89) für den Bereich des Schwerbehindertenrechts entschieden. Es besteht kein Grund, dies nicht auch für das SGB IX, das das Schwerbehindertengesetz ab 01.07.2001 - allerdings ohne wesentliche Änderungen - abgelöst hat, anzunehmen. Ein Bescheid über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch oder die Höhe des GdB beschränkt sich nach diesem Urteil auf diese Feststellungen der zuständigen Behörden. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19.12.2008 - L 8 SB 3720/07 -). Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall § 44 Abs. 2 SGB X anzuwenden ist. Dabei sind die nach dem SGB IX zu treffenden Feststellungen auch i.V.m. der Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides zugunsten des Betroffenen grundsätzlich nur für die Zukunft zu treffen; die Rückwirkung liegt im Ermessen der Verwaltung.
Das bedeutet vorliegend, dass eine Rücknahme des Bescheides vom 15.03.2004 gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X grundsätzlich nur für die Zukunft erfolgen kann. Auf eine Rücknahme für die Vergangenheit besteht kein Rechtsanspruch. Insoweit besteht nur ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung des Beklagten (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Daraus folgt weiter, dass die Klage nur dann Erfolg haben kann, wenn der vom Kläger nicht mit Widerspruch angefochtene Bescheid vom 15.03.2004 zum Zeitpunkt seines Ergehens unrichtig/rechtswidrig war. Spätere Änderungen fallen in den Anwendungsbereich des - hier nicht anzuwendenden - § 48 SGB X.
Der Bescheid vom 15.03.2004 war zum Zeitpunkt seines Ergehens nicht unrichtig/rechtwidrig. Vielmehr bedingten die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers zu dieser Zeit keinen höheren GdB als 70.
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004, (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend ist der GdB vom Beklagten mit Bescheid vom 15.03.2004 zu Recht mit 70 seit 14.07.2003 festgestellt worden. Dass beim Kläger seinerzeit eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion, ein Schulter-Arm-Syndrom sowie ein Zervikalsyndrom bestand, die bei der Bildung des Gesamt-GdB erhöhend hätten berücksichtigt werden müssen, wie der Kläger geltend macht, trifft zur Überzeugung des Senats nicht zu.
Der Beklagte hat bei der Feststellung des GdB im Bescheid vom 15.03.2004 eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Wirbelgleiten mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt. Nach den AHP ist bei Wirbelsäulenschäden ein höherer Teil-GdB von 30 nur bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) oder bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende oder Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) in zwei Wirbelsäulenabschnitten gerechtfertigt (vgl. Nr. 26.18, S. 116). Dass beim Kläger schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 vorlagen, lässt sich den zahlreich zu den Akten gelangten bzw. vom Kläger vorgelegten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen. So waren nach dem Bericht der Neurologischen Klinik der Universität U. vom 09.03.2004 Kopf/Wirbelsäule des Klägers frei beweglich. Auch im Reha-Entlassungsbericht der S. R. Klinik B. S. vom 29.01.2001 wird die Wirbelsäule des Klägers als frei beweglich mit einem Finger-Boden-Abstand von 5 cm, Ott 30/38 cm, Schober 10/15 cm beschrieben. Weiter hatte nach den Befundbericht von Dr. Z. vom 25.02.2004 eine am 23.02.2004 durchgeführte Kernspintomographie der Halswirbelsäule des Klägers keinen Nachweis eines kompressiven zervikalen Diskusprolaps ergeben. Die vom Kläger vorgelegten Papierprintbilder betreffen die Kernspintomographie am 23.02.2004 und den hierzu gefertigten Befundbericht des Dr. Z. vom 25.02.2004 und belegen damit keinen zusätzlichen Befund. Diese Befunde rechtfertigen nicht die Annahme schwerer funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Soweit Dr. K. in seinem Befundbericht vom 29.03.2004 (u.a.) einen zervikalen Bandscheidenschaden mit Myelopathie diagnostiziert hat, rechtfertigt dies für sich nicht die Feststellung eines höheren GdB für das Wirbelsäulenleiden des Klägers. Vielmehr sind für die Bewertung des GdB die durch die Gesundheitsstörung verursachten Funktionsbeeinträchtigungen maßgebend, worauf der Beklagte im Klageverfahren zutreffend hingewiesen hat. Dass beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule vorliegen, die einen Teil-GdB von 30 (oder mehr) rechtfertigen, lässt sich dem Befundbericht vom 29.03.2004 jedoch nicht entnehmen. Auch den vom Senat beigezogenen Gerichtsakten lassen sich keine Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule des Klägers entnehmen, die zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 einen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigen. So bestanden bei der Untersuchung des Klägers am 18.11.2004 im Rahmen der Begutachtung durch Dr. v. S. (Gutachten vom 19.11.2004, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet) zwar funktionelle Einschränkungen der Lendenwirbelsäule. Hinsichtlich der Halswirbelsäule bestand eine im Wesentlichen freie Beweglichkeit bei Druckschmerzhaftigkeit der Dornfortsatzreihe im Bereich C2/3 und Stauchungsempfindlichkeit der Halswirbelsäule. Auch diese von Dr. v. S. festgestellten Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule des Klägers rechtfertigen, unabhängig davon, dass sie erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 erhoben wurden, nicht die Annahme eines Teil-GdB von 30 (oder mehr) für das Wirbelsäulenleiden des Klägers.
Die vom Kläger geltend gemachten sensomotorische Störungen an Armen und Beinen sind im Rahmen der Polyneuropathie mit einem zusätzlichen Teil-GdB von 20 vom Beklagten ausreichend berücksichtigt worden.
Dass beim Kläger seinerzeit eine für die Bildung des Gesamt-GdB relevante Blasen- und Mastdarmstörung vorlag, trifft nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht zu. So bestand beim Kläger nach dem Bericht der Neurologischen Klinik der Universität U. vom 09.03.2004 lediglich ein häufiger Harndrang bei unauffälliger Defäkation (Stuhlentleerung). Nach den vom Senat beigezogenen Gerichtsakten L 10 U 1411/05 bestanden beim Kläger nach den Bericht des Universitätsklinikums U. vom 29.09.2000 ebenfalls keine Blasen- und Darmentleerungsstörungen. Soweit sich der Kläger auf die Diagnose einer Blasen- und Darmentleerungsstörung im LVA-Gutachten vom 25.08.1999 beruft, ist diese Diagnose durch die genannten späteren Berichte widerlegt. Der vom Kläger vorgelegte, im Internet veröffentlichte wissenschaftliche Bericht der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum T. zur Wirbelsäulenchirurgie, auf den sich der Kläger im Berufungsverfahren zum Beleg einer Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung berufen hat, ist nicht geeignet, die Annahme des Vorliegens einer solchen Störung beim Kläger zu belegen.
Beim Kläger liegen auch keine Funktionsbehinderungen der oberen Extremitäten (Schulter-Arm) vor, die zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 15.03.2004 einen höheren GdB als 70 rechtfertigten. So lag beim Kläger nach dem Reha-Entlassungsbericht der S. R. Klinik B. S. vom 29.01.2001 hinsichtlich der oberen Extremitäten eine freie Beweglichkeit der Schultern vor. Schürzen- und Nackengriff waren beidseits mühelos möglich. Die Gelenke der oberen Extremitäten waren in Form und Funktion regelrecht. Nach dem Befundbericht des Dr. S. vom 10.05.2004 bestand beim Kläger an Armen und Händen keine Parese. Auch in den vom Senat beigezogenen Gerichtsakten finden sich keine medizinischen Unterlagen, die zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt eine Gesamt-GdB relevante Funktionsbehinderung der oberen Extremitäten ergeben. So waren insbesondere im Rahmen der Begutachtung durch Dr. v. S. (Gutachten vom 19.11.2004 im Verfahren S 3 U 41/04) die Schultergelenke im Wesentlichen frei beweglich. Auch sonst bestand nach den von Dr. v. S. erhobenen Befunden hinsichtlich des Ellenbogens, der Handgelenke und Finger keine Funktionseinschränkung.
Auch sonst sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die den Bescheid vom 15.03.2004 rechtswidrig erscheinen lassen. Insbesondere ist die beim Kläger im Vordergrund stehende periodische hypokaliämische Paralyse (Muskelschwäche) im Zusammenhang mit einer Polyneuropathie mit einem Teil-GdB von 50 nicht zum Nachteil des Klägers zu niedrig bewertet worden. Dabei ging der Beklagte von mittelgradigen Auswirkungen (zunehmende Gelenkkontrakturen und Deformitäten, Aufrichten aus dem Liegen nicht mehr möglich, Unmöglichkeit des Treppensteigens) aus, die nach den AHP (Nr. 26.18, S. 114) mit einem GdB von 50 bis 80 zu bewerten sind. Nach dem Befundbericht des Universitätsklinikums U. vom 29.01.2004 war die hypokaliämische periodische Paralyse bei relativ selten auftretenden Attacken mit entsprechender Behandlung und Medikation gut eingestellt. Nach den Berichten der Neurologischen Klinik der Universität U. vom 29.01.2004 und 09.03.2004 zeigte sich bei einer klinischen Untersuchung des Klägers eine proximale Muskelschwäche der Extremitäten (Kraft der oberen Extremitäten voll bzw. proximal 4/5, distal 5/5, der unteren Extremitäten 3/5 bds., Fußheber und -senker 4/5 bis 5/5 bds.) ohne Faszikulationen bei normalem Muskeltonus. Die erschwerten Stand- und Gangarten wurden vom Kläger sicher beherrscht. Die Feinmotorik war nicht beeinträchtigt. Nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den GdB-Rahmen nicht nach oben ausgeschöpft hat. Gegen die Bewertung der Muskelschwäche des Klägers mit einem Teil-GdB von 50 hat sich der Kläger im Übrigen auch nicht substantiiert gewandt.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Gesundheitsstörungen "Blasen- und Enddarmentleerungsstörung" und "Schulter-Arm-Syndrom/Zervikobrachialsyndrom" als Funktionsbeeinträchtigungen und auf entsprechende Bewertung, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat außerdem beantragt hat. Eine Klage auf Verurteilung des Beklagten zur isolierten Feststellung von Gesundheitsstörungen bzw. Funktionsbeeinträchtigungen als weitere Behinderung ist nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R -, BSGE 82, 176 u. SozR 3-3870 § 4 Nr. 24).
Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das SG über die Klage des Klägers mit Gerichtsbescheid entschieden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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