Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 3291/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5057/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. September 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Durchführung einer Gebisssanierung nach einem Arbeitsunfall streitig.
Der am 1968 geborene Kläger erlitt am 22.09.2006 in Ausübung einer versicherten Tätigkeit einen Unfall. Der Kläger wurde von einem an einem Kranhaken pendelnden Anschlaggehänge am Mund getroffen. Dabei zog sich der Kläger eine Wunde an der Unterlippe zu. Weiter wurden ihm zwei Schneidezähne (Zähne 11 und 12) ausgeschlagen sowie der Zahn 21 beschädigt (Durchgangsarztbericht Dr. W. vom 25.09.2006; Auskunft Dr. Schw. vom 24.10.2006). Am 29.09.2006 wurde der Kläger mit einer Interim-Teilprothese zum Ersatz der Zähne 11 und 12 versorgt (Rechnung Dr. Schw. vom 29.09.2006).
Der Beklagten wurden zwei Heil- und Kostenpläne der Dr. Schw. vom 28.09.2006 hinsichtlich einer Behandlung der Zahnverletzungen durch Implantate (Gesamtkosten 2.969,43 EUR) bzw. für eine prothetische Behandlung (Gesamtkosten 3.812,04 EUR) vorgelegt. Die Beklagte holte die Auskunft von Dr. Schw. vom 24.10.2006 ein, in der der Zustand des Gebisses vor dem Unfall, der Unfallbefund, die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen und als weitere Behandlung für Ende November 2006 eine verzögerte Sofortimplantation der Zähne 11 und 12 und spätere Kronen der Zähne 11, 12 und 21 mitgeteilt wurden. Außerdem legte Dr. Schw. Röntgenbilder vor. Anschließend holte die Beklagte die Stellungnahme von Dr. N. vom 29.11.2006 ein, in der mitgeteilt wurde, der Verlust der Zähne 12 und 11 und der Schaden an Zahn 21 seien mit Wahrscheinlichkeit durch unfallbedingte Einwirkungen entstanden. Als Behandlungsmaßnahmen seien eine provisorische Prothese und Implantate mit Kronen wie geplant oder eine Brücke 12 bis 21, 22 erforderlich. Der vorgesehene Zahnersatz sei nach Aktenlage ausreichend und zweckmäßig.
Mit Schreiben vom 14.12.2006 teilte die Beklagte Dr. Schw. mit, dass die Kosten für eine Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 einmalig genehmigt würden und bat um die Erstellung eines Heil- und Kostenplanes gemäß beiliegendem Gebührenverzeichnis. Mit Schreiben vom 27.03.2007 teilte Dr. Schw. unter Vorlage eines Heil- und Kostenplans vom 21.03.2007 (geschätzte prothetische Behandlungskosten 3.296,56 EUR) mit, sie bitte um Kostenzusage für eine Versorgung mit zwei Implantaten an 12, 11 und drei Kronen auf 12, 11 und 21, da die vorhandene Diastema zwischen den Frontzähnen 13 bis 23 bei einer verblockten Brückenversorgung zu einer massiven Sprachbeeinträchtigung und nachfolgender Umgewöhnung führen würden. Auf Nachfrage durch die Beklagte (Schreiben vom 06.06.2007) machte Dr. Schw. unter Vorlage von Röntgenaufnahmen und Modellen mit Schreiben vom 13.06.2007 weitere Angaben zur Erhaltungswürdigkeit des Zahns 13, zur Indikation einer verzögerten Sofortimplantation sowie zu zwischenzeitlich eingetretenen Knochen- und Weichteilverlusten. Die Beklagte holte die weitere Stellungnahme von Dr. N. vom 09.07.2007 ein, in der mitgeteilt wurde, dass die Implantate wohl sinnvoll seien, dass aus den Unterlagen kein unfallbedingter Schaden an Zahn 21 hervorgehe und dass ein abnehmbarer Zahnersatz wohl wirtschaftlicher sei. Mit Schreiben vom 09.08.2007 an Dr. Schw. genehmigte die Beklagte den Heil- und Kostenplan vom 21.03.2007 für eine Kronen-/Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22.
Mit Schreiben vom 17.08.2007 wandte sich der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) an die Beklagte. Er machte eine Implantatversorgung geltend, die medizinisch angezeigt sei, und bat um Erteilung eines Bescheides. Mit Bescheid vom 07.09.2007 teilt die Beklagte dem Kläger mit, dass die Versorgung seiner Zähne mit Implantaten nicht übernommen werde. Die Kosten für eine Kronen-/Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 werde für zweckmäßig gehalten. Der Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 21.03.2003 sei genehmigt worden.
Gegen den Bescheid vom 07.09.2007 legte der Kläger am 10.09.2007 Widerspruch ein, mit dem er eine Implantatversorgung geltend machte. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Kronen-/Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 werde für zweckmäßig und wirtschaftlicher gehalten.
Hiergegen erhob der Kläger am 02.05.2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der er weiterhin eine Implantatversorgung geltend machte.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte einen weiteren Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 09.07.2008 (für eine erneuerte Interimsversorgung) und ein Schreiben vom 16.07.2008, in dem mitgeteilt wird, während der Zeit der Interimsversorgung seit September 2006 hätten die Zähne 14 und 24 gezogen werden müssen, die Stellungnahme des Dr. N. vom 22.08.2008 und den Bescheid vom 01.10.2008, in dem die Kosten der erneuten Interimsversorgung zu 5/12 übernommen würden, vor.
Das SG holte von Amts wegen das zahnärztliche Gutachten vom Dr. R. vom 20.03.2009 ein. Dr. R. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, die Versorgung der Zähne 12 und 11 mittels Implantaten sei zum Unfallzeitpunkt medizinisch aus Strukturerhaltungsüberlegungen der betroffenen Kieferknochenabschnitte und wegen der nicht notwendigen Überkronung des damals nicht überkronungsbedürftigen Zahnes 13 angezeigt gewesen und wäre zur Wiederherstellung der ursprünglichen Ästhetik sicher geeigneter gewesen als eine konventionelle Brückenversorgung. Zum heutigen Zeitpunkt sei der alleinige Ersatz der Zähne 12 und 11 durch Implantation nicht mehr ausreichend, um die Funktionstüchtigkeit des Oberkiefers wiederherzustellen. Zwischenzeitlich seien Lockerungen der Nachbarzähne entstanden, der Zahn 14 sei extrahiert worden, der Zahn 21 nicht mehr erhaltungswürdig und der Zahn 24 unter prothetischen Aspekten kritisch zu bewerten. Es sei eine Gesamtplanung für den Oberkiefer notwendig, die implantatgestützt sein könne.
Die Beklagte trug zum Gutachten des Dr. R. unter Vorlage der Stellungnahme des Dr. N. vom 18.06.2009 mit Schriftsatz vom 06.07.2009 vor, sie sei bereit, die Kosten für die Implantation der Zähne 11 und 12 zu übernehmen. Kosten für die Implantation der Nachbarzähne der Zähne 11 und 12 könnten nicht übernommen werden, da kein ursächlicher Zusammenhang zum Unfall vom 22.09.2006 bestehe. Dr. N. führte in seiner Stellungnahme insbesondere aus, er sei der Meinung, dass der jetzige Zustand überwiegend auf eine nicht dem Unfall zuzuschreibende verkürzte Seitenzahnreihe zurückzuführen sei.
In der öffentlichen Sitzung des SG wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger reichte den Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 07.09.2009 (Gesamtkosten 16.785,84 EUR) zur Gerichtsakte. Auf die Niederschrift des SG vom 10.09.2009 wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 10.09.2009 verurteilte das SG die Beklagte, beim Kläger aufgrund des anerkannten Arbeitsunfalls vom 22.09.2006 eine unfallbedingte Schädigung des Gebisses auf Basis des Heil- und Kostenplanes vom 07.09.2009 festzustellen und die Kosten einer diesbezüglichen Versorgung im Rahmen des Heil- und Kostenplanes vom 07.09.2009 zu übernehmen. Das SG führte zur Begründung aus, eine Einstandspflicht der Beklagten für die Zähne 11 und 12 folge bereits aus dem abgegebenen Teilanerkenntnis. Zudem sei bereits in den Stellungnahmen des Dr. N. und im Gutachten des Dr. R. eine entsprechende Versorgung dieser Zähne mit Implantaten als zweckmäßig und der zahnärztlichen Heilkunst entsprechend ausgewiesen. Der Zahn 21 sei bei dem Unfall geschädigt worden. Der zwischenzeitlich bestehende entzündliche Prozess mit Knochenauflösung sei als Folge einer unfallbedingten Lockerung dieses Zahnes einzuordnen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Zahn 21 tragender Zahn für die Interimsversorgung der Zähne 11 und 12 und dadurch einer dem Unfall zuzuschreibenden erheblichen Beeinträchtigung ausgesetzt gewesen sei. Der Zahn 13 sei zwar durch den Unfall nicht geschädigt worden. Dieser Zahn habe jedoch wegen der unterbliebenen dauerhaften Versorgung erheblichen Schaden genommen. Weiter sei er wie der Zahn 21 einer erheblichen Mehrbelastung durch die Interimsversorgung ausgesetzt gewesen, weshalb keine Zweifel bestünden, dass auch dessen Schädigung als Folgeschaden rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 22.09.2006 zurückzuführen sei. Für die weiteren, nunmehr vom Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 umfassten Zahnbehandlungen und Rechnungsposten ergebe sich eine Einstandspflicht der Beklagten unter dem Aspekt der Folgeschäden, aus der Natur der Sache heraus sowie unter Berücksichtigung des dem Ereignis nachfolgenden Zeitablaufs. Angesichts des Vorschreitens der Zeit ohne eine adäquate Versorgung müsse die entstandene Sanierungsbedürftigkeit bei wertender Betrachtung der Beklagten zugerechnet werden. Eine bereits von vorneherein indizierte Versorgung mit Implantaten der Zähne 11 und 12, die zu einer Stabilisierung des Gebisses geführt hätte, sei nicht erfolgt. Hieran könne auch die zwischenzeitliche Entfernung der Zähne 14 und 24 nichts ändern. Der Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 habe Grundlage der Entscheidungsfindung sein können.
Gegen das der Beklagten am 07.10.2009 zugestellte Urteil hat sie am 02.11.2009 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, Dr. R. habe in seinem Gutachten unter Hinweis auf eine mehr als ein Jahr vor dem Unfall angefertigte Panoramaschichtaufnahme des Gebisses des Klägers auf den unversorgten Seitenzahnbereich hingewiesen, weshalb es zu Kippungen und Elongationen gekommen sei. Seinem Gutachten sei auch nicht zu entnehmen, dass alle jetzt notwendigen zahnärztlichen Maßnahmen durch den Unfall vom 22.09.2006 bedingt seien. Dies schlösse Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 18.06.2009 aus. Eine Brückenversorgung der Zähne sei bereits mit Schreiben vom 14.12.2006 genehmigt worden. Hierauf habe die behandelnde Zahnärztin erst mit Schreiben vom 27.03.2007 reagiert. Der darin enthaltene Hinweis auf eine bei einer Brückenversorgung erforderlichen Umgewöhnung sei kein Grund, die Brückenversorgung abzulehnen. Da jetzt unfallbedingte und unfallunabhängige Zahnschäden bestünden, sei eine Implantatversorgung der Zähne 11 und 12, die übernommen würden, nur sinnvoll, wenn auch die unfallunabhängigen Zahnschäden durch Implantate behoben würden. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die behandelnde Zahnärztin im Heil- und Kostenplan einen anderen Zahnstatus (fehlende Zähne 14, 15, 16 und 17) als der Gerichtsgutachter im Gutachten vom 20.03.2009 (fehlende Zähne 15, 17 und 18) angebe. Hierzu hätte es weiterer Ermittlungen bedurft. Die Kosten der Implantatversorgung der Zähne 11 und 12 seien an den Kläger angewiesen worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. September 2009 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, Leistungen zu gewähren, die über das Angebot vom 6. Juli 2009 hinausgehen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei ihm sei ein Gesamtkonzept notwendig geworden, bei der auch Zähne in die Sanierung einbezogen würden, die von der Beklagten ohne weitere Begründung nicht als unfallbedingt sanierungsbedürftig eingestuft würden. Dr. N. sei vom gerichtlichen Gutachter widerlegt worden. Die geforderte Implantatversorgung sei medizinisch angezeigt gewesen. Er habe zwischenzeitlich mit der Implantatversorgung begonnen, da sonst weitere Schäden im Kiefer entstünden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Die auf Gewährung von Heilbehandlung (Sachleistungen) gerichtete Klage hat sich nicht durch die im Verlaufe des Berufungsverfahrens vom Kläger begonnene zahnärztliche Behandlung erledigt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung am 17.09.2010 erklärt, dass die Zahnbehandlung aus dem Unfall noch nicht abgeschlossen ist.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Vorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargelegt. Das SG ist weiter zutreffend zu der Überzeugung gelangt, dass eine Einstandspflicht der Beklagten für die Zähne 11 und 12 bereits aus dem abgegebenen Teilanerkenntnis folgt. Dem entspricht auch der Berufungsantrag der Beklagten. Weiter hat das SG ausführlich und zutreffend begründet, dass eine entsprechende Versorgung der Zähne 11 und 12 mit Implantaten zweckmäßig und nach der zahnärztlichen Heilkunst hätte erfolgen müssen, dass der Zahn 21 bei dem Unfall geschädigt wurde, der zwischenzeitlich bestehende entzündliche Prozess mit Knochenauflösung als Folge einer unfallbedingten Lockerung dieses Zahnes einzuordnen ist, dass weiter zu berücksichtigen ist, dass der Zahn 21 tragender Zahn für die Interimsversorgung der Zähne 11 und 12 und dadurch einer dem Unfall zuzuschreibenden erheblichen Beeinträchtigung ausgesetzt gewesen ist, dass der Zahn 13 zwar durch den Unfall nicht unmittelbar geschädigt worden ist, dieser Zahn jedoch wegen der unterbliebenen dauerhaften Versorgung erheblichen Schaden genommen hat und wie der Zahn 21 einer erheblichen Mehrbelastung durch die Interimsversorgung ausgesetzt gewesen ist, weshalb keine Zweifel bestehen, dass auch dessen Schädigung als Folgeschaden rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 22.09.2006 zurückzuführen ist, für die weiteren, nunmehr vom Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 umfassten Zahnbehandlungen und Rechnungsposten sich eine Einstandspflicht der Beklagten unter dem Aspekt der Folgeschäden, aus der Natur der Sache heraus sowie unter Berücksichtigung des dem Ereignis nachfolgenden Zeitablaufs ergibt, dass angesichts der langen Zeitdauer ohne eine adäquate Versorgung die entstandene Sanierungsbedürftigkeit bei wertender Betrachtung der Beklagten zugerechnet werden muss, da eine bereits von Anfang an indizierte Versorgung mit Implantaten der Zähne 11 und 12, die zu einer Stabilisierung des Gebisses des Klägers geführt hätten, nicht erfolgt ist und dass der Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 Grundlage der Entscheidungsfindung sein konnte. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er schließt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur Begründung seiner eigenen Entscheidung voll umfänglich an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
Auch für den Senat steht aufgrund des vom SG eingeholten Gutachtens von Dr. R. vom 20.03.2009 fest, dass eine Versorgung der durch das Unfallereignis am 22.09.2006 ausgeschlagenen Zähne 11 und 12 durch Implantate medizinisch angezeigt war. Dies wird von der Beklagten zwischenzeitlich auch anerkannt.
Die von Dr. R. bei der Untersuchung des Klägers festgestellten sanierungsbedürftigen klinischen Veränderungen sind auch zur Überzeugung des Senats rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 22.09.2006 zurückzuführen. Dr. R. ist in seinem Gutachten zutreffend davon ausgegangen, dass der übrige Zahnzustand zur Zeit des Unfallgeschehens nicht sanierungsbedürftig war. Zur Zeit der Untersuchung des Klägers im Rahmen der Begutachtung ca. 2 ½ Jahre nach dem Unfallereignis waren beim Kläger aber Änderungen des klinischen Zustandes eingetreten. Es sind Lockerungen der Nachbarzähne 13, 16, 21, 22, und 24 entstanden. Zudem bestand im Wurzelspitzenbereich des Zahns 21 ein entzündlicher Prozess mit Knochenauflösung. Der Zahn 24 ist unter prothetischen Aspekten kritisch zu bewerten, wie Dr. R. in seinem Gutachten außerdem überzeugend ausgeführt hat. Diese Veränderungen sind mittelbare Folgeschäden wegen einer verzögerten Heilbehandlung durch die Beklagte und damit als rechtlich wesentliche Unfallfolgen zu werten.
Nach den Ausführungen von Dr. R. sind die beim Kläger medizinisch angezeigten Implantate ein verlässliches Therapiemittel und dienen u.a. der Prävention durch Strukturerhalt sowohl der knöchernen als auch der Weichteilstrukturen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14.12.2006 demgegenüber lediglich die Kosten für eine Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 übernommen. Auf den von Dr. Schw. mit Schreiben vom 27.03.2007 medizinisch begründeten Antrag auf Kostenzusage für eine Versorgung mit Implantaten der Zähne 11 und 12 mit Kronen der Zähne 11, 12 und 13 hat die Beklagte eine solche Heilbehandlung durch Kostenzusage oder (Abschlags)Zahlung nicht ermöglicht. Sie hat sich vielmehr erst im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 06.07.2009 bereit erklärt, die Kosten für die Implantation der Zähne 11 und 12 zu übernehmen und erst im Berufungsverfahren im Januar 2010 ein Zahlung an den Kläger hinsichtlich der Implantate der Zähne 11 und 12 erbracht. Damit hat die Beklagte die zeitnahe zur Prävention medizinisch angezeigte Implantatversorgung verhindert. Die Fehleinschätzung geht zu Lasten der Beklagten.
Die abweichende Ansicht von Dr. N. vom 18.06.2009, auf die sich die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung stützt, überzeugt nicht. Dass die von Dr. R. festgestellten klinischen Veränderungen überwiegend auf eine nicht unfallbedingte verkürzte Seitenzahnreihe zurückzuführen sei, hat Dr. N. nicht näher begründet. Demgegenüber hat Dr. R. in seinem Gutachten ausgeführt, dass der Zustand der verkürzten Zahnreihen nach zahnmedizinischem Wissenstand durch Molaren ausreichenden abstützenden und funktionellen Kontakt hatte. Dass der veränderte klinische Zustand auf körpereigene Ursachen zurückzuführen ist, ist zudem nicht ersichtlich. Die genannten klinischen Veränderungen entsprechen dem Bild der Veränderungen, denen medizinisch vorgebeugt werden muss. Nach den von Dr. R. erhobenen Befunden bestanden beim Kläger zudem eine gute Mundhygiene und kein Zahnfleischbluten. Auch sonst hat Dr. R. keinen pathologischen Befund genannt, der auf eine körpereigne Ursache der genannten klinischen Veränderungen hindeutet. Der Ansicht von Dr. N. kann deshalb nicht gefolgt werden.
Der von Dr. R. in seinem Gutachten überzeugend für erforderlich angesehenen Gesamtplanung für den Oberkiefer trägt der Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 07.09.2009 voll Rechnung. Nach der überzeugenden Bewertung von Dr. R. ist beim Kläger der alleinige Ersatz der Zähne 11 und 12 durch Implantate nicht mehr ausreichend, um die Funktionstüchtigkeit des Oberkiefers wiederherzustellen. Vielmehr machen insbesondere die zwischenzeitlich entstandenen Lockerungen der Zähne 13, 16, 21, 22 und 24, die Extraktion des Zahnes 14 und der nichterhaltungswürdige Zahn 21, eine Gesamtplanung für den Oberkiefer notwendig, die implantatgestützt sein kann. Der Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 betrifft ausschließlich die von Dr. R. als im Rahmen einer Gesamtplanung implantatgestützt für sanierungsbedürftig gehaltenen Zähne und die davon im Rahmen dieser Gesamtplanung mit betroffenen Nachbarzähne. Zwar wendet die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend ein, dass Dr. Schw. im Heil- und Kostenplan einen anderen Zahnstatus (fehlende Zähne 14, 15, 16 und 17) als der Gerichtsgutachter im Gutachten vom 20.03.2009 (fehlende Zähne 15, 17 und 18) angibt. Soweit Dr. R. in seinem Gutachten den Zahn 14 nicht als fehlend genannt hat, handelt es sich jedoch um eine offensichtliche Fehlangabe, die sein Gutachten nicht unbrauchbar macht. Dr. Schw. hat bereits in ihrem Schreiben vom 16.07.2008 mitgeteilt, während der Zeit der Interimsversorgung seit September 2006 hätten die Zähne 14 (und 24) gezogen werden müssen. Auch Dr. R. geht am Ende seines Gutachtens davon aus, dass der Zahn 14 extrahiert wurde. Dies lässt sich für den Senat auch aufgrund der im Gutachten enthaltenen Aufnahmen nachvollziehen. Soweit der Heil- und Kostenplan den Zahn 16 mit einbezieht, trifft es nach den Angaben von Dr. R. und den im Gutachten enthaltenen Aufnahmen zu, dass dieser Zahn zur Zeit der Begutachtung (noch) nicht extrahiert war. Dr. R. hat jedoch eine Lockerung des Zahnes 16 festgestellt, der von der Gesamtplanung mit erfasst ist und damit, nachdem der Kläger unstreitig zwischenzeitlich mit der Implantatversorgung begonnen hat, zwangsläufig als fehlend in Heil- und Kostenplan mit einbezogen ist/werden muss. Der Zahn 18 wird vom Heil- und Kostenplan nicht erfasst. Es bedarf danach keiner weiteren Ermittlungen zur Abklärung des unterschiedlich genannten Zahnstatus.
Auch sonst besteht kein Anlass für weitere Ermittlungen. Der Senat hält den für die Entscheidung relevanten Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und das vom SG eingeholte Gutachten von Dr. R. für aufgeklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Durchführung einer Gebisssanierung nach einem Arbeitsunfall streitig.
Der am 1968 geborene Kläger erlitt am 22.09.2006 in Ausübung einer versicherten Tätigkeit einen Unfall. Der Kläger wurde von einem an einem Kranhaken pendelnden Anschlaggehänge am Mund getroffen. Dabei zog sich der Kläger eine Wunde an der Unterlippe zu. Weiter wurden ihm zwei Schneidezähne (Zähne 11 und 12) ausgeschlagen sowie der Zahn 21 beschädigt (Durchgangsarztbericht Dr. W. vom 25.09.2006; Auskunft Dr. Schw. vom 24.10.2006). Am 29.09.2006 wurde der Kläger mit einer Interim-Teilprothese zum Ersatz der Zähne 11 und 12 versorgt (Rechnung Dr. Schw. vom 29.09.2006).
Der Beklagten wurden zwei Heil- und Kostenpläne der Dr. Schw. vom 28.09.2006 hinsichtlich einer Behandlung der Zahnverletzungen durch Implantate (Gesamtkosten 2.969,43 EUR) bzw. für eine prothetische Behandlung (Gesamtkosten 3.812,04 EUR) vorgelegt. Die Beklagte holte die Auskunft von Dr. Schw. vom 24.10.2006 ein, in der der Zustand des Gebisses vor dem Unfall, der Unfallbefund, die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen und als weitere Behandlung für Ende November 2006 eine verzögerte Sofortimplantation der Zähne 11 und 12 und spätere Kronen der Zähne 11, 12 und 21 mitgeteilt wurden. Außerdem legte Dr. Schw. Röntgenbilder vor. Anschließend holte die Beklagte die Stellungnahme von Dr. N. vom 29.11.2006 ein, in der mitgeteilt wurde, der Verlust der Zähne 12 und 11 und der Schaden an Zahn 21 seien mit Wahrscheinlichkeit durch unfallbedingte Einwirkungen entstanden. Als Behandlungsmaßnahmen seien eine provisorische Prothese und Implantate mit Kronen wie geplant oder eine Brücke 12 bis 21, 22 erforderlich. Der vorgesehene Zahnersatz sei nach Aktenlage ausreichend und zweckmäßig.
Mit Schreiben vom 14.12.2006 teilte die Beklagte Dr. Schw. mit, dass die Kosten für eine Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 einmalig genehmigt würden und bat um die Erstellung eines Heil- und Kostenplanes gemäß beiliegendem Gebührenverzeichnis. Mit Schreiben vom 27.03.2007 teilte Dr. Schw. unter Vorlage eines Heil- und Kostenplans vom 21.03.2007 (geschätzte prothetische Behandlungskosten 3.296,56 EUR) mit, sie bitte um Kostenzusage für eine Versorgung mit zwei Implantaten an 12, 11 und drei Kronen auf 12, 11 und 21, da die vorhandene Diastema zwischen den Frontzähnen 13 bis 23 bei einer verblockten Brückenversorgung zu einer massiven Sprachbeeinträchtigung und nachfolgender Umgewöhnung führen würden. Auf Nachfrage durch die Beklagte (Schreiben vom 06.06.2007) machte Dr. Schw. unter Vorlage von Röntgenaufnahmen und Modellen mit Schreiben vom 13.06.2007 weitere Angaben zur Erhaltungswürdigkeit des Zahns 13, zur Indikation einer verzögerten Sofortimplantation sowie zu zwischenzeitlich eingetretenen Knochen- und Weichteilverlusten. Die Beklagte holte die weitere Stellungnahme von Dr. N. vom 09.07.2007 ein, in der mitgeteilt wurde, dass die Implantate wohl sinnvoll seien, dass aus den Unterlagen kein unfallbedingter Schaden an Zahn 21 hervorgehe und dass ein abnehmbarer Zahnersatz wohl wirtschaftlicher sei. Mit Schreiben vom 09.08.2007 an Dr. Schw. genehmigte die Beklagte den Heil- und Kostenplan vom 21.03.2007 für eine Kronen-/Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22.
Mit Schreiben vom 17.08.2007 wandte sich der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) an die Beklagte. Er machte eine Implantatversorgung geltend, die medizinisch angezeigt sei, und bat um Erteilung eines Bescheides. Mit Bescheid vom 07.09.2007 teilt die Beklagte dem Kläger mit, dass die Versorgung seiner Zähne mit Implantaten nicht übernommen werde. Die Kosten für eine Kronen-/Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 werde für zweckmäßig gehalten. Der Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 21.03.2003 sei genehmigt worden.
Gegen den Bescheid vom 07.09.2007 legte der Kläger am 10.09.2007 Widerspruch ein, mit dem er eine Implantatversorgung geltend machte. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Kronen-/Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 werde für zweckmäßig und wirtschaftlicher gehalten.
Hiergegen erhob der Kläger am 02.05.2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der er weiterhin eine Implantatversorgung geltend machte.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte einen weiteren Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 09.07.2008 (für eine erneuerte Interimsversorgung) und ein Schreiben vom 16.07.2008, in dem mitgeteilt wird, während der Zeit der Interimsversorgung seit September 2006 hätten die Zähne 14 und 24 gezogen werden müssen, die Stellungnahme des Dr. N. vom 22.08.2008 und den Bescheid vom 01.10.2008, in dem die Kosten der erneuten Interimsversorgung zu 5/12 übernommen würden, vor.
Das SG holte von Amts wegen das zahnärztliche Gutachten vom Dr. R. vom 20.03.2009 ein. Dr. R. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, die Versorgung der Zähne 12 und 11 mittels Implantaten sei zum Unfallzeitpunkt medizinisch aus Strukturerhaltungsüberlegungen der betroffenen Kieferknochenabschnitte und wegen der nicht notwendigen Überkronung des damals nicht überkronungsbedürftigen Zahnes 13 angezeigt gewesen und wäre zur Wiederherstellung der ursprünglichen Ästhetik sicher geeigneter gewesen als eine konventionelle Brückenversorgung. Zum heutigen Zeitpunkt sei der alleinige Ersatz der Zähne 12 und 11 durch Implantation nicht mehr ausreichend, um die Funktionstüchtigkeit des Oberkiefers wiederherzustellen. Zwischenzeitlich seien Lockerungen der Nachbarzähne entstanden, der Zahn 14 sei extrahiert worden, der Zahn 21 nicht mehr erhaltungswürdig und der Zahn 24 unter prothetischen Aspekten kritisch zu bewerten. Es sei eine Gesamtplanung für den Oberkiefer notwendig, die implantatgestützt sein könne.
Die Beklagte trug zum Gutachten des Dr. R. unter Vorlage der Stellungnahme des Dr. N. vom 18.06.2009 mit Schriftsatz vom 06.07.2009 vor, sie sei bereit, die Kosten für die Implantation der Zähne 11 und 12 zu übernehmen. Kosten für die Implantation der Nachbarzähne der Zähne 11 und 12 könnten nicht übernommen werden, da kein ursächlicher Zusammenhang zum Unfall vom 22.09.2006 bestehe. Dr. N. führte in seiner Stellungnahme insbesondere aus, er sei der Meinung, dass der jetzige Zustand überwiegend auf eine nicht dem Unfall zuzuschreibende verkürzte Seitenzahnreihe zurückzuführen sei.
In der öffentlichen Sitzung des SG wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger reichte den Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 07.09.2009 (Gesamtkosten 16.785,84 EUR) zur Gerichtsakte. Auf die Niederschrift des SG vom 10.09.2009 wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 10.09.2009 verurteilte das SG die Beklagte, beim Kläger aufgrund des anerkannten Arbeitsunfalls vom 22.09.2006 eine unfallbedingte Schädigung des Gebisses auf Basis des Heil- und Kostenplanes vom 07.09.2009 festzustellen und die Kosten einer diesbezüglichen Versorgung im Rahmen des Heil- und Kostenplanes vom 07.09.2009 zu übernehmen. Das SG führte zur Begründung aus, eine Einstandspflicht der Beklagten für die Zähne 11 und 12 folge bereits aus dem abgegebenen Teilanerkenntnis. Zudem sei bereits in den Stellungnahmen des Dr. N. und im Gutachten des Dr. R. eine entsprechende Versorgung dieser Zähne mit Implantaten als zweckmäßig und der zahnärztlichen Heilkunst entsprechend ausgewiesen. Der Zahn 21 sei bei dem Unfall geschädigt worden. Der zwischenzeitlich bestehende entzündliche Prozess mit Knochenauflösung sei als Folge einer unfallbedingten Lockerung dieses Zahnes einzuordnen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Zahn 21 tragender Zahn für die Interimsversorgung der Zähne 11 und 12 und dadurch einer dem Unfall zuzuschreibenden erheblichen Beeinträchtigung ausgesetzt gewesen sei. Der Zahn 13 sei zwar durch den Unfall nicht geschädigt worden. Dieser Zahn habe jedoch wegen der unterbliebenen dauerhaften Versorgung erheblichen Schaden genommen. Weiter sei er wie der Zahn 21 einer erheblichen Mehrbelastung durch die Interimsversorgung ausgesetzt gewesen, weshalb keine Zweifel bestünden, dass auch dessen Schädigung als Folgeschaden rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 22.09.2006 zurückzuführen sei. Für die weiteren, nunmehr vom Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 umfassten Zahnbehandlungen und Rechnungsposten ergebe sich eine Einstandspflicht der Beklagten unter dem Aspekt der Folgeschäden, aus der Natur der Sache heraus sowie unter Berücksichtigung des dem Ereignis nachfolgenden Zeitablaufs. Angesichts des Vorschreitens der Zeit ohne eine adäquate Versorgung müsse die entstandene Sanierungsbedürftigkeit bei wertender Betrachtung der Beklagten zugerechnet werden. Eine bereits von vorneherein indizierte Versorgung mit Implantaten der Zähne 11 und 12, die zu einer Stabilisierung des Gebisses geführt hätte, sei nicht erfolgt. Hieran könne auch die zwischenzeitliche Entfernung der Zähne 14 und 24 nichts ändern. Der Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 habe Grundlage der Entscheidungsfindung sein können.
Gegen das der Beklagten am 07.10.2009 zugestellte Urteil hat sie am 02.11.2009 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, Dr. R. habe in seinem Gutachten unter Hinweis auf eine mehr als ein Jahr vor dem Unfall angefertigte Panoramaschichtaufnahme des Gebisses des Klägers auf den unversorgten Seitenzahnbereich hingewiesen, weshalb es zu Kippungen und Elongationen gekommen sei. Seinem Gutachten sei auch nicht zu entnehmen, dass alle jetzt notwendigen zahnärztlichen Maßnahmen durch den Unfall vom 22.09.2006 bedingt seien. Dies schlösse Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 18.06.2009 aus. Eine Brückenversorgung der Zähne sei bereits mit Schreiben vom 14.12.2006 genehmigt worden. Hierauf habe die behandelnde Zahnärztin erst mit Schreiben vom 27.03.2007 reagiert. Der darin enthaltene Hinweis auf eine bei einer Brückenversorgung erforderlichen Umgewöhnung sei kein Grund, die Brückenversorgung abzulehnen. Da jetzt unfallbedingte und unfallunabhängige Zahnschäden bestünden, sei eine Implantatversorgung der Zähne 11 und 12, die übernommen würden, nur sinnvoll, wenn auch die unfallunabhängigen Zahnschäden durch Implantate behoben würden. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die behandelnde Zahnärztin im Heil- und Kostenplan einen anderen Zahnstatus (fehlende Zähne 14, 15, 16 und 17) als der Gerichtsgutachter im Gutachten vom 20.03.2009 (fehlende Zähne 15, 17 und 18) angebe. Hierzu hätte es weiterer Ermittlungen bedurft. Die Kosten der Implantatversorgung der Zähne 11 und 12 seien an den Kläger angewiesen worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. September 2009 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, Leistungen zu gewähren, die über das Angebot vom 6. Juli 2009 hinausgehen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei ihm sei ein Gesamtkonzept notwendig geworden, bei der auch Zähne in die Sanierung einbezogen würden, die von der Beklagten ohne weitere Begründung nicht als unfallbedingt sanierungsbedürftig eingestuft würden. Dr. N. sei vom gerichtlichen Gutachter widerlegt worden. Die geforderte Implantatversorgung sei medizinisch angezeigt gewesen. Er habe zwischenzeitlich mit der Implantatversorgung begonnen, da sonst weitere Schäden im Kiefer entstünden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Die auf Gewährung von Heilbehandlung (Sachleistungen) gerichtete Klage hat sich nicht durch die im Verlaufe des Berufungsverfahrens vom Kläger begonnene zahnärztliche Behandlung erledigt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung am 17.09.2010 erklärt, dass die Zahnbehandlung aus dem Unfall noch nicht abgeschlossen ist.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Vorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargelegt. Das SG ist weiter zutreffend zu der Überzeugung gelangt, dass eine Einstandspflicht der Beklagten für die Zähne 11 und 12 bereits aus dem abgegebenen Teilanerkenntnis folgt. Dem entspricht auch der Berufungsantrag der Beklagten. Weiter hat das SG ausführlich und zutreffend begründet, dass eine entsprechende Versorgung der Zähne 11 und 12 mit Implantaten zweckmäßig und nach der zahnärztlichen Heilkunst hätte erfolgen müssen, dass der Zahn 21 bei dem Unfall geschädigt wurde, der zwischenzeitlich bestehende entzündliche Prozess mit Knochenauflösung als Folge einer unfallbedingten Lockerung dieses Zahnes einzuordnen ist, dass weiter zu berücksichtigen ist, dass der Zahn 21 tragender Zahn für die Interimsversorgung der Zähne 11 und 12 und dadurch einer dem Unfall zuzuschreibenden erheblichen Beeinträchtigung ausgesetzt gewesen ist, dass der Zahn 13 zwar durch den Unfall nicht unmittelbar geschädigt worden ist, dieser Zahn jedoch wegen der unterbliebenen dauerhaften Versorgung erheblichen Schaden genommen hat und wie der Zahn 21 einer erheblichen Mehrbelastung durch die Interimsversorgung ausgesetzt gewesen ist, weshalb keine Zweifel bestehen, dass auch dessen Schädigung als Folgeschaden rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 22.09.2006 zurückzuführen ist, für die weiteren, nunmehr vom Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 umfassten Zahnbehandlungen und Rechnungsposten sich eine Einstandspflicht der Beklagten unter dem Aspekt der Folgeschäden, aus der Natur der Sache heraus sowie unter Berücksichtigung des dem Ereignis nachfolgenden Zeitablaufs ergibt, dass angesichts der langen Zeitdauer ohne eine adäquate Versorgung die entstandene Sanierungsbedürftigkeit bei wertender Betrachtung der Beklagten zugerechnet werden muss, da eine bereits von Anfang an indizierte Versorgung mit Implantaten der Zähne 11 und 12, die zu einer Stabilisierung des Gebisses des Klägers geführt hätten, nicht erfolgt ist und dass der Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 Grundlage der Entscheidungsfindung sein konnte. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er schließt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur Begründung seiner eigenen Entscheidung voll umfänglich an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
Auch für den Senat steht aufgrund des vom SG eingeholten Gutachtens von Dr. R. vom 20.03.2009 fest, dass eine Versorgung der durch das Unfallereignis am 22.09.2006 ausgeschlagenen Zähne 11 und 12 durch Implantate medizinisch angezeigt war. Dies wird von der Beklagten zwischenzeitlich auch anerkannt.
Die von Dr. R. bei der Untersuchung des Klägers festgestellten sanierungsbedürftigen klinischen Veränderungen sind auch zur Überzeugung des Senats rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 22.09.2006 zurückzuführen. Dr. R. ist in seinem Gutachten zutreffend davon ausgegangen, dass der übrige Zahnzustand zur Zeit des Unfallgeschehens nicht sanierungsbedürftig war. Zur Zeit der Untersuchung des Klägers im Rahmen der Begutachtung ca. 2 ½ Jahre nach dem Unfallereignis waren beim Kläger aber Änderungen des klinischen Zustandes eingetreten. Es sind Lockerungen der Nachbarzähne 13, 16, 21, 22, und 24 entstanden. Zudem bestand im Wurzelspitzenbereich des Zahns 21 ein entzündlicher Prozess mit Knochenauflösung. Der Zahn 24 ist unter prothetischen Aspekten kritisch zu bewerten, wie Dr. R. in seinem Gutachten außerdem überzeugend ausgeführt hat. Diese Veränderungen sind mittelbare Folgeschäden wegen einer verzögerten Heilbehandlung durch die Beklagte und damit als rechtlich wesentliche Unfallfolgen zu werten.
Nach den Ausführungen von Dr. R. sind die beim Kläger medizinisch angezeigten Implantate ein verlässliches Therapiemittel und dienen u.a. der Prävention durch Strukturerhalt sowohl der knöchernen als auch der Weichteilstrukturen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14.12.2006 demgegenüber lediglich die Kosten für eine Brückenversorgung der Zähne 13 bis 22 übernommen. Auf den von Dr. Schw. mit Schreiben vom 27.03.2007 medizinisch begründeten Antrag auf Kostenzusage für eine Versorgung mit Implantaten der Zähne 11 und 12 mit Kronen der Zähne 11, 12 und 13 hat die Beklagte eine solche Heilbehandlung durch Kostenzusage oder (Abschlags)Zahlung nicht ermöglicht. Sie hat sich vielmehr erst im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 06.07.2009 bereit erklärt, die Kosten für die Implantation der Zähne 11 und 12 zu übernehmen und erst im Berufungsverfahren im Januar 2010 ein Zahlung an den Kläger hinsichtlich der Implantate der Zähne 11 und 12 erbracht. Damit hat die Beklagte die zeitnahe zur Prävention medizinisch angezeigte Implantatversorgung verhindert. Die Fehleinschätzung geht zu Lasten der Beklagten.
Die abweichende Ansicht von Dr. N. vom 18.06.2009, auf die sich die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung stützt, überzeugt nicht. Dass die von Dr. R. festgestellten klinischen Veränderungen überwiegend auf eine nicht unfallbedingte verkürzte Seitenzahnreihe zurückzuführen sei, hat Dr. N. nicht näher begründet. Demgegenüber hat Dr. R. in seinem Gutachten ausgeführt, dass der Zustand der verkürzten Zahnreihen nach zahnmedizinischem Wissenstand durch Molaren ausreichenden abstützenden und funktionellen Kontakt hatte. Dass der veränderte klinische Zustand auf körpereigene Ursachen zurückzuführen ist, ist zudem nicht ersichtlich. Die genannten klinischen Veränderungen entsprechen dem Bild der Veränderungen, denen medizinisch vorgebeugt werden muss. Nach den von Dr. R. erhobenen Befunden bestanden beim Kläger zudem eine gute Mundhygiene und kein Zahnfleischbluten. Auch sonst hat Dr. R. keinen pathologischen Befund genannt, der auf eine körpereigne Ursache der genannten klinischen Veränderungen hindeutet. Der Ansicht von Dr. N. kann deshalb nicht gefolgt werden.
Der von Dr. R. in seinem Gutachten überzeugend für erforderlich angesehenen Gesamtplanung für den Oberkiefer trägt der Heil- und Kostenplan der Dr. Schw. vom 07.09.2009 voll Rechnung. Nach der überzeugenden Bewertung von Dr. R. ist beim Kläger der alleinige Ersatz der Zähne 11 und 12 durch Implantate nicht mehr ausreichend, um die Funktionstüchtigkeit des Oberkiefers wiederherzustellen. Vielmehr machen insbesondere die zwischenzeitlich entstandenen Lockerungen der Zähne 13, 16, 21, 22 und 24, die Extraktion des Zahnes 14 und der nichterhaltungswürdige Zahn 21, eine Gesamtplanung für den Oberkiefer notwendig, die implantatgestützt sein kann. Der Heil- und Kostenplan vom 07.09.2009 betrifft ausschließlich die von Dr. R. als im Rahmen einer Gesamtplanung implantatgestützt für sanierungsbedürftig gehaltenen Zähne und die davon im Rahmen dieser Gesamtplanung mit betroffenen Nachbarzähne. Zwar wendet die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend ein, dass Dr. Schw. im Heil- und Kostenplan einen anderen Zahnstatus (fehlende Zähne 14, 15, 16 und 17) als der Gerichtsgutachter im Gutachten vom 20.03.2009 (fehlende Zähne 15, 17 und 18) angibt. Soweit Dr. R. in seinem Gutachten den Zahn 14 nicht als fehlend genannt hat, handelt es sich jedoch um eine offensichtliche Fehlangabe, die sein Gutachten nicht unbrauchbar macht. Dr. Schw. hat bereits in ihrem Schreiben vom 16.07.2008 mitgeteilt, während der Zeit der Interimsversorgung seit September 2006 hätten die Zähne 14 (und 24) gezogen werden müssen. Auch Dr. R. geht am Ende seines Gutachtens davon aus, dass der Zahn 14 extrahiert wurde. Dies lässt sich für den Senat auch aufgrund der im Gutachten enthaltenen Aufnahmen nachvollziehen. Soweit der Heil- und Kostenplan den Zahn 16 mit einbezieht, trifft es nach den Angaben von Dr. R. und den im Gutachten enthaltenen Aufnahmen zu, dass dieser Zahn zur Zeit der Begutachtung (noch) nicht extrahiert war. Dr. R. hat jedoch eine Lockerung des Zahnes 16 festgestellt, der von der Gesamtplanung mit erfasst ist und damit, nachdem der Kläger unstreitig zwischenzeitlich mit der Implantatversorgung begonnen hat, zwangsläufig als fehlend in Heil- und Kostenplan mit einbezogen ist/werden muss. Der Zahn 18 wird vom Heil- und Kostenplan nicht erfasst. Es bedarf danach keiner weiteren Ermittlungen zur Abklärung des unterschiedlich genannten Zahnstatus.
Auch sonst besteht kein Anlass für weitere Ermittlungen. Der Senat hält den für die Entscheidung relevanten Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und das vom SG eingeholte Gutachten von Dr. R. für aufgeklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Aus
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