L 8 R 490/10 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 4/09
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 490/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 6.5.2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwalt P für das Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.5.2009, mit dem er die Vormerkung seiner in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten nach Art. 4 Abs. 2 des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens vom 9.10.1975 (DPSVA 1975) erreichen will.

Der am 00.00.1945 geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenenausweises A, reiste am 10.1.1991 aus Polen nach Deutschland ein. Sein Legitimationsbuch weist eine Beschäftigung bis zum 31.12.1990 sowie Zeiten der ambulanten Krankenbehandlung bzw. Hausbesuche u.a. für die Monate November und Dezember 1990 aus.

Am 8.12.2000 gab der Kläger in einer formularmäßigen Erklärung an, er habe den Entschluss zur Einreise nach Deutschland am 1.6.1989 gefasst. Seine verspätete Wohnsitznahme in Deutschland in der Zeit vom 1.1. bis 30.6.1991 begründete er wie folgt: "Einerseits hat unser Sohn das Abi 1990 gemacht und andererseits musste ich Vermögenssachen regeln." Unter dem entsprechenden Absatz findet sich der formularmäßige Hinweis: "Zur Überprüfung der Angaben in diesem Abschnitt bitte beifügen: Aufnahmebescheid des Bundesverwaltungsamtes oder polnischer Aussiedlerpass sowie sämtliche Unterlagen, die die Hinderungsgründe belegen können. (z.B. ärztliche Atteste über plötzlich eingetretene Erkrankungen usw.)"

Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger am 21.4.2001 in einer frei formulierten Erklärung an: Er habe den Übernahmeantrag für die ganze Familie am 28.7.1988 gestellt. Die Übernahmegenehmigung habe man am 2.12.1988 erhalten. Seine Ehefrau, er selbst und die beiden Söhne seien im Juni 1989 nach dem Schulende nach Unna Massen gekommen. Sein jüngerer Sohn habe gerade die 8. Klasse der Volksschule beendet. Sein Sohn K habe das Technikum in Polen besucht und noch 1 ½ Jahre zum Abschluss benötigt. Man habe ihnen in Unna Massen im Durchgangslager geraten, für diesen Zeitraum nach Polen zurückzufahren und den älteren Sohn den Abschluss machen zu lassen. Daraufhin habe er mit seiner Frau entschieden, dass diese mit dem jüngeren Sohn L in Deutschland bleiben solle, während er mit J zurückfahre. Nach Abschluss des Technikums von K seien beide nach Deutschland gekommen.

Mit Bescheid vom 21.4.2005 merkte die Beklagte die in Polen zurückgelegten und nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berücksichtigungsfähigen Zeiten im Versicherungskonto des Klägers vor.

Am 13.12.2007 beantragte der Kläger - anwaltlich vertreten - die Überprüfung des Bescheides vom 21.4.2005. Er habe aus familiären Gründen nicht zum 1.1.1991 einreisen können. Er habe seinen damals noch in der Ausbildung befindlichen Sohn begleiten müssen, sei jedoch zum Zeitpunkt der geplanten Ausreise wegen eines Beinbruchs reiseunfähig gewesen. Zwar sei seine Ehefrau bereits mit einem anderen Sohn am 1.6.1989 nach Deutschland eingereist. Die Einreise der gesamten Familie sei aufgrund der politischen und sozialen Situation damals absolut unmöglich und ausgeschlossen gewesen.

Die Beklagte lehnte eine Änderung des Bescheides vom 21.4.2005 ab (Bescheid v. 31.1.2008). Der Kläger sei am 10.1.1991 bereits zum zweiten Mal nach Deutschland eingereist. Daher seien Hinderungsgründe nicht zu prüfen.

Mit dem Widerspruch trug der Kläger vor: Die Übersiedlung der ganzen Familie nach Deutschland sei noch im Jahr 1990 geplant gewesen. Er habe jedoch im Herbst 1990 einen komplizierten Beinbruch erlitten. Hinzu seien Infektionen gekommen. Zeitweise habe er sich überhaupt nicht bewegen dürfen, von einer Reise ins Ausland ganz zu schweigen. Die Übersiedlung sei daher erst am 9.1.1991 möglich gewesen. Hinzu seien noch weitere Hindernisse verwaltungsrechtlicher Natur gekommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.5.2009 wies die Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.

Mit der Klage wiederholt der Kläger seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren und trägt vor, er könne wegen des lange zurückliegenden Zeitpunkts seiner Erkrankung keine ärztliche Bescheinigung über den Verlauf seiner Behandlung mehr beibringen. Seine Ehefrau habe kurz vor dem Stichtag am 1.1.1991 nach Deutschland übersiedeln können. Nur er selbst habe noch einige Zeit warten müssen, bis er überhaupt reisefähig gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 2.9.2009 trägt er nunmehr vor, er sei 1989 nur nach Deutschland gekommen, um seine Frau und den jüngeren Sohn zu begleiten. Wie ursprünglich geplant, sei er sodann zu seinem Sohn K zurückgefahren, der seine Ausbildung in Polen habe abschließen wollen.

Mit Beschluss vom 6.5.2010 hat das Sozialgericht (SG) Dortmund den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung von Rechtsanwalt P abgelehnt. Die Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 4 des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens vom 8.12.1990 (DPSVA 1990) seien im Hinblick auf die Erklärungen des Klägers im Verwaltungsverfahren nicht erfüllt. An diesen Erklärungen müsse der Kläger sich festhalten lassen.

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Beschwerde erhoben. Er trägt vor: Seiner Erklärung vom 8.12.2000 sei "keine abschließende Bedeutung beizumessen". Er habe "offensichtlich" nur einen der Gründe für seine verspätete Einreise nach Deutschland mitgeteilt. Er sei ein sehr familiärer Mensch und die Belange seines Sohnes hätten damals, im Jahre 1990, im Jahre 2000 und auch heute noch für ihn mental im Vordergrund gestanden. Zu den genauen Umständen seiner verspäteten Einreise sei er nicht gefragt worden. Eine umfassende Beschreibung der Situation aus dem Jahre 1990/91 hätte den Rahmen des damals ausgefüllten Fragebogens gesprengt.

II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung von Rechtsanwalt P zu Recht abgelehnt.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen dabei zum einen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt, zum anderen, wenn eine entscheidungserhebliche Tatsache zwischen den Beteiligten strittig ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten des Antragstellers ausgehen würde (statt aller: BVerfG, Beschluss v. 8.12.2009, 1 BvR 2733/06, NJW 2009, 2010, 1129 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben lassen sich hinreichende Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegenwärtig nicht feststellen.

1. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vormerkung rentenrechtlicher Zeiten ist § 149 Abs. 5 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Da der Kläger Vertriebener i.S.v. § 1 Buchst. a) Fremdrentengesetz (FRG) ist, hat die Beklagte die nach Maßgabe dieses Gesetzes vorzumerkenden Daten im Versicherungskonto des Klägers gespeichert. Ein Anspruch auf Vormerkung der polnischen Versicherungszeiten des Klägers gemäß Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 besteht demgegenüber nur dann, wenn dieses Abkommen auf den Kläger Anwendung findet. Die Voraussetzungen hierfür sind in Art. 27 Abs. 2 bis 4 DPSVA 1990 geregelt, der aufgrund von Anhang II der VO (EG) Nr. 883/04 i.d.F. Anhang B. der VO (EG) Nr. 988/2009 v. 16.9.2009 (ABl. L 284 v. 30.10.2009, S. 43) weiterhin anzuwenden ist.

a) Nach Art. 27 Abs. 3 Satz 1 DPSVA 1990 erwerben Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung nach dem DPSVA 1975 für die bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten Personen, die vor dem 1.1.1991 nach Deutschland eingereist sind, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnorts nach Deutschland beantragt haben und sich seither ununterbrochen hier aufgehalten haben, sofern sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalles, spätestens vom 30.6.1991 an, in Deutschland wohnen. Versicherte, die - wie der Kläger - zwar bereits 1989 nach Deutschland eingereist, dann jedoch nach Polen zurückgekehrt sind, um zu einem späteren Zeitpunkt ihren Wohnort nach Deutschland zu verlegen, werden von Art. 27 Abs. 3 Satz 1 DPSVA 1990 demgegenüber nicht erfasst.

b) Außerdem begünstigt Art. 27 Abs. 4 Satz 1 DPSVA 1990 auch solche Personen, die vor dem 1.7.1991 ihren Wohnort nach Deutschland verlegt haben, wenn die Verlegung des Wohnorts vor dem 1.1.1991 aus Gründen unterblieben ist, die diese Personen nicht zu vertreten haben. "Wohnort" bedeutet in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts, wobei es sich um einen unbefristeten rechtmäßigen Aufenthalt handeln muss (Art. 1 Nr. 10 DPSVA 1990). Zur Bestimmung des Wohnortes ist daher die Definition des "gewöhnlichen Aufenthaltes" in § 30 Abs. 3 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch heranzuziehen (BSG, Urteil v. 30.9.1993, 4 RA 49/92, SozR 3-6710 Art. 1 Nr. 1). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt, d.h. wenn der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse dort liegt und der Aufenthalt nicht auf Beendigung angelegt, sondern zukunftsoffen ist (BSG a.a.O.).

c) Die Beklagte trägt insoweit vor, die Rückkehr des Klägers nach Polen im Anschluss an seine erste Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1990 führe dazu, dass der Grund des "verspäteten erneuten zweiten Zuzugs" nicht mehr beachtlich sei. Soweit darin die Rechtsauffassung zum Ausdruck kommen sollte, die Anwendung von Art. 27 Abs. 4 DPSVA 1990 sei immer schon dann ausgeschlossen, wenn der Versicherte bereits vor dem 1.1.1991 vorübergehend (insbesondere ohne Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes) nach Deutschland eingereist, dann jedoch (ebenfalls vorübergehend) nach Polen zurückgekehrt, erschließt sich dies für den Senat aus Wortlaut und Regelungssystematik des Art. 27 Abs. 2 bis 4 DPSVA 1990 nicht ohne weiteres. Aus Sicht des Senates spricht mehr dafür, den Umstand der vorherigen Einreise im Einzelfall bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob die verspätete Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes "nicht zu vertreten" im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Satz 1 DPSVA 1990 ist.

d) Auf dieser Grundlage lässt sich gegenwärtig nicht feststellen, dass der Kläger vor dem 10.1.1991 seinen gewöhnlichen Aufenthalt und damit seinen Wohnort in Deutschland genommen hat. Dementsprechend kommt es für den Erfolg der Klage in erster Linie darauf an, ob er die Verlegung seines Wohnortes nach dem 31.12.1990 nicht zu vertreten hat.

2. Wann ein Versicherter die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts nach dem 31.12.1990 i.S.v. Art. 27 Abs. 4 DPSVA 1990 "nicht zu vertreten" hat, ist - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage wirft jedoch keine grundsätzlichen Probleme auf, die die Bewilligung von PKH für das vorliegende Verfahren rechtfertigen würden. Es ist vielmehr - entsprechend dem allgemeinen Verständnis auch in anderen Bereichen der Rechtsordnung - davon auszugehen, dass der Versicherte alle solchen Umstände nicht zu vertreten hat, hinsichtlich derer ihn kein Verschulden trifft bzw. die durch ein sozialadäquates Verhalten entstanden sind (vgl. statt aller: BSG, Urteil v. 26.7.2007, B 13 R 8/07 R, SozR 4-2600 § 58 Nr. 9). Weder dem DPSVA 1990 selbst noch der Denkschrift der Bundesregierung zum Abkommen (BT-Drucks. 12/470 S. 23 f.) lassen sich Anhaltspunkte für eine abweichende Lesart des Begriffs "nicht zu vertreten" im Rahmen des Sozialversicherungsabkommens entnehmen. Dementsprechend hat die Deutsche Verbindungsstelle - UV - in ihrem Rundschreiben Nr. VB 106/91 v. 5.12.1991 als typische Beispiele für Umstände, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, eine verzögerte Sachbearbeitung beim Bundesverwaltungsamt oder eine plötzliche Erkrankung angeführt (Ziff. 4 des Rundschreibens).

3. In tatsächlicher Hinsicht ist zwar zwischen den Beteiligten strittig, ob der Kläger durch eine plötzliche Erkrankung (und damit einen Umstand, den er gegebenenfalls nicht zu vertreten hätte) an einer Verlegung des Wohnorts vor dem 1.1.1991 gehindert worden ist. Nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens spricht jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Beweisaufnahme des SG insoweit zu Lasten des Klägers ausgehen wird.

a) Dem polnischen Legitimationsbuch des Klägers lässt sich lediglich eine ambulante Krankenbehandlung in den Monaten November und Dezember 1990 entnehmen. Welche Erkrankung bestanden und inwiefern diese den Kläger gegebenenfalls an einer Ausreise aus Polen noch im Jahr 1990 gehindert hat, ergibt sich daraus hingegen nicht.

b) Der Kläger hat für seine Behauptung, er habe wegen einer Fraktur mit anschließenden Komplikationen nicht vor dem 1.1.1991 seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach Deutschland begründen können, keinerlei Beweis angeboten. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt vorzutragen, er könne wegen des lange zurückliegenden Zeitpunkts seiner Erkrankung keine ärztliche Bescheinigung über den Verlauf seiner Behandlung mehr beibringen. Auch im Übrigen hat er keinen Zeugenbeweis angetreten. Die weiter behaupteten "Hindernisse verwaltungsrechtlicher Natur" hat er in keiner Weise konkretisiert.

c) Ansatzpunkte für Ermittlungen von Amts wegen sind derzeit, nicht zuletzt angesichts der erheblichen Widersprüche im Vorbringen des Klägers, nicht erkennbar.

aa) Der Kläger hat am 8.12.2000 angegeben, er sei nochmals nach Polen zurückgekehrt, weil sein Sohn dort die Schule abschließen sollte und er selbst Vermögenssachen zu regeln hatte. Zu einer Erkrankung hat er nichts vorgetragen, obwohl auf die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit der Vorlage ärztlicher Atteste über plötzlich eingetretene Erkrankungen in dem betreffenden Abschnitt des Formulars ausdrücklich hingewiesen worden ist. Wenn der Kläger hierzu nun mitteilen lässt, er sei ein familiärer Mensch und die Belange seines Sohnes hätten für ihn mental im Vordergrund gestanden, so vermag dies schon deshalb nicht zu überzeugen, weil er zusätzlich die Regelung von Vermögenssachen und damit einen nicht seinen Sohn betreffenden Verzögerungsgrund, nicht jedoch etwaige gesundheitliche Beeinträchtigungen angegeben hat.

bb) Der weitere Vortrag, das am 8.12.2000 ausgefüllte Formular habe nicht genug Platz für die Angabe sämtlicher Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Ausreise enthalten, ist auch deshalb unschlüssig, weil der Kläger auf ausdrückliche Nachfrage der Beklagten am 21.4.2001 in einer frei formulierten Erklärung ausführlich den Schulabschluss des älteren Sohnes als Grund für die Rückkehr nach Polen dargestellt, jedoch auch hier eine etwaige Erkrankung mit keinem Wort erwähnt hat.

cc) Das übrige Vorbringen des Klägers enthält gleichfalls widersprüchliche und miteinander unvereinbare Angaben. So hat er 2001 ausführlich dargelegt, dass zunächst die gesamte Familie 1989 nach Deutschland eingereist, dass er jedoch in Unna Massen dahingehend beraten worden sei, zunächst mit seinem älteren Sohn nach Polen zurückzukehren, um diesem dort den Schulabschluss zu ermöglichen. 2007 hat er demgegenüber vorgetragen, die Einreise der gesamten Familie nach Deutschland bereits 1989 sei "aufgrund der politischen und sozialen Situation damals absolut unmöglich und ausgeschlossen gewesen". Im Klageverfahren hat er zunächst mitgeteilt, seine Ehefrau sei "kurz vor dem Stichtag 1.1.1991" nach Deutschland übergesiedelt. Nach neuestem Stand seines Vortrags ist nunmehr wieder von einer Übersiedlung der Ehefrau im Jahr 1989 die Rede, wobei der Kläger lediglich zur Begleitung mitgefahren sein und die Rückkehr nach Polen von vornherein geplant haben will.

dd) Solange der Kläger nicht seiner prozessualen Verantwortung und Wahrheitspflicht entspricht und die Gründe seiner Ausreiseverhinderung eingehend, schlüssig und widerspruchsfrei vorträgt, bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, eine etwaige Beweisaufnahme werde zu seinen Gunsten ausfallen. Sollte sich nicht feststellen lassen, dass die Verlegung des Wohnorts vor dem 1.1.1991 aus Gründen unterblieben ist, die er nicht zu vertreten hatte, ginge dies nach allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast zu seinen Ungunsten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Rechtskraft
Aus
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