S 12 KA 126/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 126/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 71/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Adressat einer Honorarberichtigung kann eine Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung sein, auch wenn sie sich auf Quartale bezieht, in denen die Gemeinschaftspraxis z. T. andere Mitglieder hatte.
Eine Jobsharingpraxis kann gegen eine Honorarrückforderung wegen Überschreitens der Leistungsbegrenzung Vertrauensschutz geltend machen, wenn die KV über Jahre hinweg mit dem Quartalshonorarbescheid ankündigt, bezüglich der Prüfung der Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werde sie die Praxis jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren, aber untätig bleibt.
1. Die Rückforderungsbescheide der Beklagten vom 04.12.2008 bzgl. des fünften bis siebten. Leistungsjahres Jobsharing (Quartale II/05 bis I/07) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Honorarrückforderung in Höhe von 344.799,14 EUR wegen Überschreitens der Leistungsbeschränkung im Rahmen eines sog. Jobsharing-Verhältnisses für den Zeitraum II/04 bis I/07 (fünftes bis siebtes Leistungsjahr).

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt. Sie besteht aus sechs Radiologen. Frau Dr. med. CC wurde als Fachärztin für diagnostische Radiologie durch Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 28.03.2000 zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr. med. DD gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abschnitt 4 Nr. 23a der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte zugelassen. Der Zulassungsausschuss genehmigte mit weiterem Beschluss vom 28.03.2000 die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit der Frau Dr. CC mit den übrigen fünf Radiologen der Gemeinschaftspraxis und legte zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber den Erstzugelassenen in den Quartalen I/96 bis IV/96 ergangenen Abrechnungsbescheiden ein quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis gemeinsam als Leistungsbeschränkung für Herrn Dr. DD und Frau Dr. CC maßgeblich ist, wie folgt fest:

1. Jahresquartal – 2.224.972,18 Punkte
2. Jahresquartal – 2.303.798,08 Punkte
3. Jahresquartal – 2.364.090,20 Punkte
4. Jahresquartal – 2.396.412,18 Punkte
jeweils zzgl. 3 % des Fachgruppendurchschnitts des entsprechenden Vorjahresquartals.

Frau Dr. CC beendete zum 31.07.2007 das Jobsharing-Verhältnis und schied aus der Gemeinschaftspraxis aus. Ebenfalls endete die Tätigkeit a des Facharztes für diagnostische Radiologe Dr. med. EE als angestellter Arzt gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV zum 31.03.2007 (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 27.03.2007).

In den streitbefangenen Quartalen nahm die Beklagte folgende Honorarfestsetzungen vor:

II/04 III/04 IV/04 I/04
Honorarbescheid vom 09.10.2004 07.02.2005 18.04.2005 26.07.2005
Nettohonorar gesamt in EUR 572.739,86 574.657,68 658.538,79 613.527,39
Bruttohonorar PK + EK in EUR 573.670,71 570.344,52 659.283,83 615.444,00
Fallzahl PK + EK 6.734 6.830 7.024 7.084
Angefordertes Honorar Basis EBM in Punkten 930.256,52 981.293,64 995.947,42 1.027.581,93
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 930.256,52 981.293,64 995.947,42 1.027.581,93

II/05 III/05 IV/05 I/06
Honorarbescheid vom 29.06.2006 12.08.2006 06.08.2007 20.01.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 614.102,46 525.492,53 617.349,42 508.255,81
Bruttohonorar PK + EK in EUR 617.066,46 527.896,06 625.094,76 512.077,30
Fallzahl PK + EK 7.597 6.878 7.087 7.506
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in Punkten 876.480,24 820.477,13 842.740,76 850.645,34
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 876.480,24 820.477,13 842.740,76 850.645,34

II/06 III/06 IV/06 I/07
Honorarbescheid vom 04.02.2007 17.03.2007 18.04.2007 08.03.2008
Nettohonorar gesamt in EUR 526.688,11 527.873,54 600.824,84 533.633,39
Bruttohonorar PK + EK in EUR 531.026,60 531.308,91 608.589,25 537.396,92
Fallzahl PK + EK 7.014 6814 7.432 7.556
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in Punkten 804.894,50 814.471,93 861.543,74 898.163,99
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 804.894,50 814.471,93 861.543,74 898.163,99

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 04.12.2008 für das fünfte Leistungsjahr – Quartale II/04 bis I/05 einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 143.609,57 EUR (147.343,25 EUR brutto abzüglich 3.733,68 EUR anteilige Verwaltungskosten) fest. Zur Begründung verwies sie auf das Jobsharing-Verhältnis und einen beigefügten Berechnungsbogen.

Hiergegen legte die Klägerin am 12.12.2008 Widerspruch ein. Die Beklagte setzte mit weiteren Rückforderungsbescheiden vom 04.12.2008 für das sechste Leistungsjahr – Quartale II/05 bis I/06 – und für das siebte Leistungsjahr – Quartale II/06 bis I/07 – eine Honorarrückforderung in Höhe von 102.744,01 EUR bzw. 98.445,56 EUR fest. Auch hiergegen legte die Klägerin am 12.12.2008 Widerspruch ein.

Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, die Bedarfsplanungs-Richtlinie lasse offen, wie bei einer bereits vor dem Jobsharing bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft die anerkannten Punktzahlanforderungen im entsprechenden Vorjahresquartal des erstzugelassenen Vertragsarztes zu rechnen seien. Die Beklagte mache sich diese Berechnung sehr einfach, indem sie sich an den jeweiligen EHV-Quoten orientiere und unterstelle, dass diese 1:1 dem entsprächen, was der einzelne Vertragsarzt anteilig an der von der Berufsausübungsgemeinschaft insgesamt zur Abrechnung gebrachten Punktzahlvolumen an Leistung erbracht habe. Die Beklagte stelle zudem nur auf das Jobsharing-Paar ab und nehme keine Gesamtbetrachtung vor. Sie lasse unberücksichtigt, ob die Berufsausübungsgemeinschaft insgesamt mit der von ihr zur Abrechnung gebrachten Gesamtpunktzahl die Gesamtpunktzahl der Berufsausübungsgemeinschaft im entsprechenden Ausgangquartal überschritten habe. Dies gelte für das erste Leistungsjahr. Die Rückforderungsbescheide seien an die Berufsausübungsgemeinschaft Dres. med. AA adressiert. Diese Berufsausübungsgemeinschaft existiere aber erst seit dem Quartal II/07. Sie könne schon rein zeitlich nicht die im Rahmen des Jobsharings überzahlte Berufsausübungsgemeinschaft sein. Komme es innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft zu einem Wechsel der Gesellschafter, werde lediglich die der Berufsausübungsgemeinschaft zugrunde liegende Gesellschaft fortgeführt, nicht jedoch die vertragsärztliche Berufsausübungsgemeinschaft. Eine Haftung der Gesellschaft scheide aus, da es zwischen ihr und der Kassenärztlichen Vereinigung mangels Zulassungsstatus an einer Rechtsbeziehung fehle. Mangels Haftung der Gesellschafter bestehe dann nach dem zwingenden Akzessorietätsgrundsatz auch keine Haftung der Gesellschafter. Bei einem Neuantritt von Gesellschaftern komme es zu einer neuen vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft. Richtiger Adressat wäre die Berufsausübungsgemeinschaft Dres. med. AB gewesen. Die Anpassungsfaktoren seien ihr zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden. Sie sei erst durch die angefochtenen Bescheide hierüber informiert worden. Der Anpassungsfaktor sei stets (1 gewesen. Dies habe dazu geführt, dass die ihr zuerkannte Gesamtpunktzahlobergrenze stets deutlich unterhalb des Fachgruppendurchschnitts gelegen habe. Wegen der fehlenden Kenntnis des Anpassungsfaktors habe sie keine Orientierung gehabt. Soweit die Beklagte sie mit jeder Quartalsabrechnung über eine Prüfung der Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenzen im Rahmen des Jobsharings hingewiesen habe, habe sie weiter erklärt, jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben zu informieren. Die angekündigte Information sei aber nicht nur nach Ablauf des ersten Leistungsjahres nicht erfolgt, sie sei vielmehr während des gesamten Jobsharings ausgeblieben. Es bestehe ein schützenswertes Vertrauen, wenn es die Kassenärztliche Vereinigung unterlassen habe, auf ihr bekannte Ungewissheiten hinzuweisen. Die Beklagte sei sieben Jahre untätig geblieben.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2010 alle drei Widersprüche als unbegründet zurück. Sie führte darin aus, der Zulassungsausschuss habe das Punktzahlvolumen festgelegt. Soweit sie sich gegen die von ihr angewandte Berechnungsweise anhand der EHV-Aufteilung wende, sei anzuführen, dass die festgelegten Punktzahlobergrenzen vor Erlass des Zulassungsbeschlusses schriftlich anerkannt worden seien. Der Beschluss sei inzwischen bestandskräftig. Etwaige Einwände hätten vor dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden müssen. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolge, weil die Beschäftigung eines Jobsharing-Partners gerade auch in wegen Überversorgung gesperrten Zulassungsbereichen ermöglicht werde. Gläubiger der Forderung einer BGB-Gesellschaft sei die BGB-Gesellschaft selbst, unabhängig vom Bestand ihrer Mitglieder. Dies gelte auch für Honoraransprüche einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Neugesellschafter träten in die Haftung für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft ein. Die BGB-Gesellschafter, nicht ihre einzelnen Mitglieder seien Gläubiger der Honorarforderung im Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung. Nach dem Bundessozialgericht sei es aus Rechtsgründen ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile der gemeinsamen Patientenbehandlung zugute kommen zu lassen, im Falle einer Regressforderung einer Gemeinschaftspraxis diese jedoch außer Betracht zu lassen (BSG, Urteil vom 20.04.2004 – B 6 KA 41/03 –).

Hiergegen hat die Klägerin am 04.02.2010 die Klage erhoben. Sie trägt vor, mit Beendigung des Jobsharings habe gleichzeitig ein Wechsel von drei Gesellschaftern stattgefunden. Die Dres. FF, GG und CC. hätten die Berufsausübungsgemeinschaft verlassen. Als neue Gesellschafter seien die Dres. EE, HH und JJ hinzugekommen. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Rückforderungsbescheide seien gegenüber einem fehlerhaften Adressaten ergangen. Eine Berufsausübungsgemeinschaft unterscheide sich insofern von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts dadurch, dass sie in sozialrechtlicher Hinsicht erst dann existiere, wenn sie durch den Zulassungsausschuss entsprechend genehmigt werde. Es müsse zwischen der sozialrechtlichen Figur Berufsausübungsgemeinschaft und der ihr zivilrechtlich zugrunde liegenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterschieden werden. Ein Gesellschafterwechsel bedeute auch, eine haftungsrechtliche Zäsur der Berufsausübungsgemeinschaft. Sie mache weiterhin Vertrauensschutzgesichtspunkte geltend. Aufgrund der Untätigkeit der Beklagten nach dem zweiten Leistungsjahr hätte sie überhaupt keine Chance gehabt, die Gesamtpunktzahlobergrenzen einzuhalten, da ihnen diese überhaupt nicht bekannt gewesen seien. Sie habe in den streitgegenständlichen Quartalen das ihr zugewiesene Regelleistungsvolumen teilweise deutlich überschritten und deshalb nicht die angeforderte Honorarsumme zum Durchschnittspunktwert der Fachgruppe vergütet erhalten. Wenn sie nun Leistungen, die sie zum unteren Punktwert vergütet erhalten habe, zum oberen Punktwert zurückzahlen solle, müsse sie im Ergebnis mehr zurückzahlen, als sie tatsächlich erhalten habe. Maßgeblich müsse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der durchschnittliche Punktwert sein. Liege jedoch keine schuldhafte Pflichtverletzung vor, wie bei ihr, fehle es jedoch an einem sanktionswürdigen Verhalten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen. Selbst in Kenntnis des Anpassungsfaktors hätte sie nicht die einzuhaltende Gesamtpunktzahlobergrenze berechnen können, da hierfür der jeweilige Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe bekannt sein müsse. Wegen der fehlenden Hinweise sei sie davon ausgegangen, dass sie die Gesamtpunktzahlgrenze wohl einhalten werde, selbst nachdem es nach Beginn des Jobsharings zu einer Zunahme der zur Abrechnung gebrachten Punkte gekommen sei, da andernfalls eine Reaktion der Beklagten hätte erfolgen müssen. Ursprünglich hätten für den Zeitraum II/02 bis I/07 555.201,21 EUR zurückgefordert werden sollen. Für die nicht streitbefangenen Vorquartale habe die Beklagte aber keine Rückforderung geltend gemacht. Sie habe erst 14 Monate später die Bescheide erlassen und die Forderung wegen Verjährung beschränkt. Ihrer Prozessbevollmächtigten sei ein weiterer Fall bekannt, in dem die Beklagte entsprechend vorgegangen sei. Unterstellt, die Beklagte habe Rückforderungsbeträge ermittelt, so habe sie anscheinend die Verjährung absichtlich in Kauf genommen. Mit einem derartigen pflichtwidrigen Verhalten müsse ein Vertragsarzt nicht rechnen. Die Beklagte verstoße gegen ihre Amtspflicht zum Nachteil aller Vertragsärzte und könne sich nicht mehr auf die pflichtgemäße Umsetzung rechtlicher Vorgaben berufen.

Die Klägerin beantragt,
die Rückforderungsbescheide der Beklagten vom 04.12.2008 bezüglich des fünften (Quartale II/04 bis I/05), sechsten (Quartale II/05 bis I/06) und siebten Leistungsjahres Jobsharing (Quartale II/06 bis I/07) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Auffassung, die Vorgaben des Zulassungsausschusses seien bindend. Die Klägerin habe diese auch anerkannt. Der Beschluss des Zulassungsausschusses sei bestandskräftig geworden. Die Klägerin habe auch die Möglichkeit gehabt, einen entsprechenden Antrag auf Erweiterung der Punktzahlgrenzen beim Zulassungsausschuss zu stellen. Zu trennen seien die Vorgaben für die Honorarverteilung und die Berechnung des Rückforderungsbetrages. Die Feststellung, dass die Überschreitung der Leistungsobergrenze im Jobsharing ausschließlich durch solche Leistungen begründet sei, die dem Regelleistungsvolumen zugeordnet seien, sei nicht sachgerecht. Es habe mehrere Leistungsbereiche (Honorartöpfe), die jeweils mit eigener Quote bzw. Punktwerten vergütet worden seien, gegeben. Da dem Jobsharing sämtliche Leistungen unterworfen seien, seien demnach auch abstrakt Leistungsentwicklungen in allen Bereichen, z. B. der Prävention, für die Überschreitung verantwortlich. Eine Festlegung, dass nur die angeforderten Punktzahlen, die in diesem Leistungsjahr an Honorar vertraglich dem Regelleistungsvolumen zugeordnet werden, rechnerisch für die Überschreitung verantwortlich seien, sei demnach nicht möglich. Der Rückforderungsbetrag müsse nach einer Durchschnittsbetrachtung berechnet werden. Die Berechnung des durchschnittlichen Punktwertes eines Quartals erfolge durch Bereinigung der Honorarforderung um die LG14 und auch deren Euro-Bewertung, so dass ausschließlich Punktzahlen, die dem Jobsharing unterworfen würden, mit Punktwerten dieses Bereichs bewertet würden. Bei dieser Berechnung werde der sog. untere Punktwert anteilig betrachtet. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Honorarkürzungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen und sachlich-rechnerischer Berichtigung. Daher sei der jeweils auf Bl. 201, 397 und 600 der Verwaltungsakte genannte rechnerische Punktwert des Quartals in die Berechnung des Rückforderungsbetrages des jeweiligen Leistungsjahres eingeflossen. Soweit der Klägerin die entsprechend Anpassungsfaktoren nicht mitgeteilt worden seien, so schließe dies eine Honorarrückforderung nicht aus. Der Klägerin wäre es ohne weiteres möglich gewesen, die jeweiligen Anpassungsfaktoren bei ihr nachzufragen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Rückforderung nicht entgegen. Ab dem Quartal II/04 habe sie gemeinsam mit den Honorarunterlagen ein Schreiben übersandt, wonach auf den Vorbehalt evtl. Rückforderung durch die Jobsharing-Berechnung verwiesen worden sei. Sie habe nicht mitgeteilt, dass bis zum Ende des jeweiligen Leistungsjahres eine Überprüfung und Mitteilung erfolge. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung, dass ein Wechsel im Mitgliederbestand solange keinen Einfluss auf die Fortführung der Gesellschaft habe, solange durch die Zulassungsgremien keine Statusentscheidung getroffen und dadurch die Gemeinschaftspraxis zulassungsrechtlich beendet worden sei. Aufgrund des Anpassungsfaktors sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Punktzahlobergrenze aufgrund von Änderungen des EBM oder vertraglicher Vereinbarungen nicht vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.

Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 04.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind rechtswidrig. Sie waren daher aufzuheben. Der Klage war stattzugeben.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Die Beklagte hat aber zu Unrecht für das fünfte bis siebte Leistungsjahr die Punktzahlvolumen abgesetzt, die über dem vom Zulassungsausschuss genehmigten Leistungsvolumen lag. Insofern kann sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen.

Der Bescheid des Zulassungsausschusses vom 28.03.2000 ist bestandskräftig, was zwischen den Beteiligten unstrittig ist. Die von der Klägerin abgerechneten Honorarvolumina überschritten das im Bescheid des Zulassungsausschusses genannte Leistungsvolumen, was die entsprechenden Honorarrückforderungen ergibt. Auch dies ist insoweit unstreitig zwischen den Beteiligten. Eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig (Nr. 3.1 Satz 6 Halbsatz 2 Angestellte-Ärzte-Richtlinien). Mit Jahresbezug ist das Tätigkeitsjahr und nicht Kalenderjahr gemeint, wovon auch die Beklagte zutreffend ausgegangen ist.

Strittig zwischen den Beteiligten sind insbesondere die Fragen, ob wegen des Gesellschafterwechsels die Klägerin der richtige Adressat der Forderung ist, ob Vertrauensschutzgesichtspunkte der Forderung entgegenstehen, ob die fehlende Mitteilung des Anpassungsfaktor der Berichtigung entgegensteht und ob der Rückforderungsbetrag richtig berechnet ist

Die Klägerin ist trotz des Gesellschafterwechsels der richtige Adressat der Honorarrückforderungsbescheide.

In einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2001 entschieden, dass der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Rechtsfähigkeit zukommt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten als Außen-GbR begründet (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.2001 - II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056, zitiert nach juris Rdnr. 5 ff.). Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts besteht nach dem BGH darin, dass danach ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluss auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat. Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müssten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von Neuabschlüssen von Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermöge im Übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte (BGH, ebd., Rdnr. 9). In Fortführung seiner Rechtsprechung zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft geht der BGH ferner davon aus, dass der eintretende Neugesellschafter in die Haftung für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft eintritt. Die persönliche Haftung aller Gesellschafter entspricht in ihrem jeweiligen personellen Bestand dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen, weil die Gesellschaft kein eigenes, zu Gunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt. Ihr Gesellschaftsvermögen steht dem Zugriff der Gesellschafter jederzeit uneingeschränkt und sanktionslos offen. Bei dieser Sachlage ist die persönliche Haftung ihrer Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht nur die alleinige Grundlage für die Wertschätzung und Kreditwürdigkeit der Gesellschaft; sie ist vielmehr das notwendige Gegenstück zum Fehlen jeglicher Kapitalerhaltungsregeln. Dabei kann die Rechtsordnung konsequenterweise nicht bei einer Haftung nur der Altgesellschafter Halt machen. Denn mit dem Erwerb seiner Gesellschafterstellung erlangt auch ein neu eintretender Gesellschafter dieselben Zugriffsmöglichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen wie die Altgesellschafter, was angesichts der Komplementarität von Entnahmefreiheit und persönlicher Haftung sinnvollerweise nur durch Einbeziehung der Neugesellschafter in dasselbe Haftungsregime, dem auch die Altgesellschafter unterliegen, kompensiert werden kann. Zudem erwirbt der neu Eintretende mit seinem Eintritt in die Gesellschaft auch Anteil an dem Vermögen, der Marktstellung sowie den Kunden- bzw. Mandantenbeziehungen, die die Gesellschaft durch ihre bisherige wirtschaftliche Tätigkeit begründet hat. Es ist deshalb nicht unangemessen, wenn er im Gegenzug auch in die Verbindlichkeiten eintritt, die die Gesellschaft im Zuge ihrer auf Erwerb und Vermehrung dieser Vermögenswerte gerichteten wirtschaftlichen Tätigkeit begründet hat. Nicht selten wird die Altverbindlichkeit, für die der neu eingetretene Gesellschafter mithaften soll, exakt einem
Aktivum der Gesellschaft als Gegenleistung (aus der Sicht der Gesellschaft Gegenverpflichtung) zuzuordnen sein, an dem der Eintretende für sich eine Mitberechtigung reklamiert (vgl. BGH, Urteil v. 07.04.2003 - II ZR 56/02 - BGHZ 154, 370 = NJW 2003, 1803, zitiert nach juris Rdnr. 11 f.).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung, der die Kammer folgt, wird Gläubiger der Forderung einer BGB-Gesellschaft jeweils die BGB-Gesellschaft selbst, unabhängig vom Bestand ihrer Mitglieder. Dies gilt auch für Honoraransprüche einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft gegenüber der Beklagten als Kassenärztliche Vereinigung. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil v. 07.03.2007 - S 12 KA 59/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris = www.lareda.hessenrecht.hessen.de (rechtskräftig) entschieden (s. a. SG Marburg, Beschl. v. 23.08.2007 - S 12 KA 313/07 ER -, aaO., Beschwerde durch LSG Hessen, Beschl. v. 10.04.2008 - L 4 KA 63/07 ER – zurückgewiesen). Die Kammer hat darin weiter ausgeführt:

"Honoraransprüche sind vermögensrechtliche Ansprüche. Es sind keine zwingenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften ersichtlich, die ein Abweichen von der genannten BGH-Rechtsprechung gebieten würden.

Die von der Beklagten angeführte "Sperrwirkung des Zulassungsrechts" gilt nur insofern, als es für den jeweiligen Bestand der Gemeinschaftspraxis ausschließlich auf den aktuellen Zulassungsstatus, nicht die diesem zugrunde liegenden vertraglichen Absprachen zwischen den Gesellschaftern ankommt. Insofern kommt es auch nicht auf eine Kenntnis der Gesellschaftsverträge an, wenn sich aus dem Zulassungsstatus ergibt, dass die Gemeinschaftspraxis, wenn auch in veränderter Zusammensetzung fortbesteht. Erst bei Ausscheiden aller Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis bzw. bei Übrigbleiben eines Vertragsarztes ist die Gemeinschaftspraxis zulassungsrechtlich beendet. Solange zwei oder mehr Mitglieder in ihr verbleiben, wird sie fortgeführt, unabhängig vom Wechsel ihrer Mitglieder. Hat die Beklagte Zweifel am Fortbestand der Gemeinschaftspraxis, so kann sie Einsicht in die Zulassungsunterlagen nehmen. Anhand der Zulassungen kann im Regelfall nachverfolgt werden, ob eine Gemeinschaftspraxis aufgelöst wird oder nicht. Im Falle einer Auflösung haben die Beteiligten dies gegenüber dem Zulassungsausschuss zu erklären, der eine entsprechende Feststellung zu treffen hat. Insoweit übt der Zulassungsausschuss eine Notarfunktion aus. Wird eine Gemeinschaftspraxis fortgeführt, so kann man dies daran erkennen, dass ein Rest der Gemeinschaftspraxis bestehen bleibt. Insofern kann anhand der Zulassungen nachverfolgt werden, ob eine Gemeinschaftspraxis fortbesteht oder aufgelöst wird. Im Rechtsverkehr mit der Beklagten kommt es ausschließlich auf den Zulassungsstatus an. Insofern ist der Beklagten zuzugeben, dass hier eine öffentlich-rechtliche Überlagerung stattfindet, allerdings nicht mit den von der Beklagten genannten Folgerungen. Auf Grund des Zulassungsverfahrens und des Zulassungsregisters tritt insofern verbindlich die Gemeinschaftspraxis im Außenverkehr auf und muss sich daran festhalten lassen, wie sie zugelassen ist.

Den ausscheidenden Mitgliedern obliegt es mit den verbleibenden Mitgliedern im Rahmen der Auseinandersetzung über das Gesellschaftsvermögen zu regeln, wie die noch ausstehenden Honoraransprüche, die bereits erarbeitet wurden, aber noch nicht festgesetzt sind, verrechnet werden (§ 738 BGB). Dies ist im Übrigen keine Besonderheit des Vertragsarztrechts, sondern gilt für alle BGB-Gesellschaften bzgl. künftiger bzw. noch nicht fälliger Forderungen. Im Außenverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung tritt aber nur die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung auf. Entsprechend wird sie mit Leistung an diese auch von ihrer Leistungspflicht vollständig befreit. Gegenüber den ausscheidenden Mitgliedern ist sie im Grunde genommen nie leistungspflichtig geworden, als nicht diese, sondern eben die Gemeinschaftspraxis an der Honorarverteilung nach § 85 Abs. 4 SGB V teilnimmt. Ändert sich deren Zusammensetzung, so nimmt sie eben in der geänderten Zusammensetzung an der Honorarverteilung teil.

Mit Ausscheiden eines Gesellschafters wird der bisherig praktizierten Ausübungsform vertragsärztlicher Tätigkeit nicht die reale Grundlage entzogen. Dies wird sinnbildlich, wenn die Gemeinschaftspraxis die bereits zuvor behandelten Patienten auch weiterhin behandelt. Die Vergabe einer neuen Abrechnungsnummer hat allenfalls eine honorartechnische, verwaltungsinterne Bedeutung. Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung ist lediglich eine Voraussetzung für die Abrechenbarkeit einer Leistung. Folgerungen für den Vergütungsanspruch ergeben sich, soweit die vertragsärztliche Leistung durch ein Mitglied der Gemeinschaftspraxis erbracht wurde, nicht. Auch die Beklagte geht davon aus, dass trotz des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung die Vergütung nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Gemeinschaftspraxis zuzufließen hat. Im Übrigen besteht nach § 85 Abs. 4 SGB V kein Anspruch auf Vergütung einer einzelnen Leistung, sondern nur auf Teilnahme an der Honorarverteilung.

Soweit sich das Bundessozialgericht mit dieser spezifischen Fallgestaltung noch nicht befasst hat, hat es aber in verschiedenen Entscheidungen zu erkennen gegeben, dass es ebf. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt (vgl. z. B. BSG, Urteil v. 21.05.2003 – B 6 KA 33/02 RMedR 2004, 172, juris Rdnr. 17). Soweit das BSG betont hat, auch der Schutz des neuen Praxispartners spreche dafür, Einzel- und Gemeinschaftspraxis im Zeitablauf nicht als Einheit zu sehen, da bei einer einheitlichen Betrachtung sich nämlich möglicherweise die Folgerung ergäbe, dass der erst später eingetretene Praxispartner für eventuelle Regresse wegen früherer unzulässiger Verordnungen und für etwaige Honorarrückforderungen z. B. wegen nachträglicher sachlich-rechnerischer Richtigstellungen mitzuhaften hätte und werde hiervor der hinzutretende Partner bewahrt, wenn der Wechsel des Praxisstatus als Zäsur anerkannt werde (vgl. BSG, Urteil v. 21.05.2003 – B 6 KA 33/02 RMedR 2004, 172, juris Rdnr. 24), so betraf diese Entscheidung allein den Fall des Hinzutretens eines weiteren Vertrags(zahn)arztes in die Praxis eines bereits praktizierenden Vertrags(zahn)arztes, also der Neugründung einer Gemeinschaftspraxis. In der Entscheidung zur Genehmigung überörtlicher Gemeinschaftspraxen führt das BSG aus, die Gemeinschaftspraxis ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abzurechnen, und tritt dieser entsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen ist eine Gemeinschaftspraxis eine Praxis (vgl. BSG, Urteil v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 RSozR 4-5520 § 33 Nr. 1 = BSGE 91, 164 = GesR 2004, 47 = MedR 2004, 114 = NJW 2004, 1820, juris Rdnr. 31). Die BGB-Gesellschaft und nicht ihre einzelnen Mitglieder sind Gläubiger der Honorarforderung im Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung. Der Honoraranspruch aus den ärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder steht nur der BGB-Gesellschaft selbst zu, denn diese ist nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst Träger aller Rechte und Pflichten im Rechtsverkehr. Umgekehrt richten sich Ansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung im Zusammenhang mit Honorarberichtigungen oder Honorarrückforderungen gegen die Gemeinschaftspraxis selbst und nicht gegen nur einzelne ihr angehörenden Ärzte. Das gilt auch für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie für Regresse wegen unwirtschaftlicher oder unzulässiger Verordnungen von Arznei- bzw. Heil- und Hilfsmitteln. Nicht die Behandlungs- und Verordnungsweise des einzelnen Arztes, sondern der Gemeinschaftspraxis als Ganzes ist Gegenstand der Prüfung durch die Prüfgremien (vgl. BSG, Urteil v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 R – aaO., juris Rdnr. 34). In einer weiteren Entscheidung hat es für den Regressanspruch, der sich aus unzulässigen Verordnungen eines Mitglieds einer Gemeinschaftspraxis ergibt, die Haftung auch der weiteren Mitglieder der Gemeinschaftspraxis bejaht. Nach dem BSG ist es aus Rechtsgründen ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile der gemeinsamen Patientenbehandlung zu Gute kommen zu lassen, im Falle eines unwirtschaftlichen oder rechtswidrigen Behandlungs- bzw. Verordnungsverhaltens den Status der Gemeinschaftspraxis aber außer Betracht zu lassen. Die wirtschaftlichen Folgen von Falschabrechnungen bzw. rechtswidrigen Verordnungen treffen notwendig die Gemeinschaftspraxis. Auf die vertretungs- und gesellschaftsrechtlichen Fragen kommt es nicht an. Solange ein Vertragsarzt seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt, sind seine Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen im Rechtssinne solche der Gemeinschaftspraxis. Lösen diese Abrechnungen oder Verordnungen Rückzahlungs- und Regressansprüche der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung aus, hat dafür die Gemeinschaftspraxis und damit jedes ihrer Mitglieder in gesamtschuldnerischer Haftung einzustehen. Diese Einstandspflicht kann durch vertragliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis nicht im Außenverhältnis zu den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (vgl. BSG, Urteil v. 20.2004 – B 6 KA 41/03 RSozR 4-2500 § 106 Nr. 6 = GesR 2005, 252 = MedR 2005, 421, juris Rdnr. 37 f.)."

An dieser Rechtsauffassung hat die Kammer im Urteil vom 20.05.2009 – S 12 KA 394/07 – aaO. festgehalten und hält nach nochmaliger Prüfung daran weiterhin fest. Soweit das BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 6/06 R – aaO., juris Rdnr. 15 ff., eine Kassenärztliche Vereinigung nicht als befugt ansieht, Honoraransprüche einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis mit Forderungen zu verrechnen, die ihr gegen einen der Praxispartner aus dessen vorangegangener Tätigkeit als Einzelvertragsarzt zustehen, so betrifft dieses Entscheidung gerade nicht das Fortbestehen einer Gemeinschaftspraxis. Das BSG hat im Übrigen an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten und betont, dass Schuldnerin eines Arzneikostenregresses, der wegen unwirtschaftlicher Verordnungen durch Ärzte einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis festgesetzt wird, die Gemeinschaftspraxis ist. Wird diese Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft betrieben, kommt dieser selbst die Sachbefugnis zu, eine solche Gesellschaftsverpflichtung im Prozess abzuwehren, und zwar unabhängig von Änderungen in ihrem Mitgliederbestand, die im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens möglicherweise erfolgen. Gleiches gilt hinsichtlich der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG) und der Aktivlegitimation im Sozialgerichtsprozess; auch diese stehen der Gemeinschaftspraxis als solcher unabhängig von Wechseln in ihrem Mitgliederbestand zu. Findet im Verlauf des Verfahrens ein Mitgliederwechsel statt, der zu einer Änderung des Namens der Gemeinschaftspraxis führt, ist dies von Amts wegen durch Anpassung ihrer Bezeichnung im Rubrum zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 RSozR 4-1500 § 141 Nr. 1 = ZMGR 2008, 36 = GesR 2008, 150 = Breith 2008, 440 = USK 2007-71, juris Rdnr. 17).

Das bedeutet, dass Forderungsinhaberin eines Honoraranspruchs die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung ist, die sich aber umgekehrt auch alle erfolgten Zahlungen anrechnen lassen muss. Andernfalls müsste eine Kassenärztliche Vereinigung zwar an die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung das Honorar auch für vergangene Quartale ausschütten, dürfte aber bereits erfolgte Zahlungen oder Honorarrückforderungen wegen eines Gesellschafterwechsels nicht anrechnen. Konsequenterweise würde dies nicht nur für "Überzahlungen", sondern für alle Abschlagszahlungen gelten. So hätte unter Berücksichtigung des Zeitfaktors, dass der Honorarbescheid in der Vergangenheit bei der Beklagten erst ca. 5 bis 12 Monate nach Quartalsende ergeht, die Gemeinschaftspraxis einen Anspruch auf den festgesetzten Honoraranspruch in voller Höhe, ohne dass die Kassenärztliche Vereinigung die bereits an die Gemeinschaftspraxis in ihrer früheren Zusammensetzung erfolgten Abschlagszahlungen anrechnen könnte. Dies ist nicht im Einklang mit der Stellung einer BGB-Gesellschaft im Rechtsverkehr nach der genannten neueren Rechtsprechung. Sinn dieser Rechtsprechung ist es gerade auch, dem Gläubiger, hier der Kassenärztlichen Vereinigung, einen Schuldner, hier die Klägerin, unabhängig vom Bestand ihrer Gesellschafter zu geben (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 20.05.2009 – S 12 KA 394/07 – aaO.).

Die Beklagte ist im Ergebnis daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ihrer jeweils aktuellen Zusammensetzung Schuldnerin des Berichtigungsbetrages ist. Die zulassungsrechtlichen Beschlüsse des Zulassungsgremiums bedeuten nicht, dass jeweils mit Ein- oder Austritt eines Gesellschafters eine neue Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder neue Berufsausübungsgemeinschaft entsteht. Sie geben lediglich die aktuelle Zusammensetzung der Berufsausübungsgemeinschaft wieder, auch richtet sich der Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft nach den Feststellungen der Zulassungsgremien. Nur insofern ist zwischen der sozialrechtlichen Berufsausübungsgemeinschaft und der ihr zivilrechtlich zugrunde liegenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu unterscheiden. Es handelt sich aber nicht um zwei verschiedene Zusammenschlüsse, vielmehr setzt die Berufsausübungsgemeinschaft bzw. Gemeinschaftspraxis das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (oder einer Partnerschaftsgesellschaft) zwischen den Partnern der Gemeinschaftspraxis voraus (Vgl. BSG v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 R – juris Rn. 34 - BSGE 91, 164 = SozR 4-5520 § 33 Nr. 1; BSG v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - juris Rn. 46 - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5).

Der Honorarrückforderung stehen aber Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die umfassende Berichtigungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigung, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhen. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der Kassenärztlichen Vereinigung auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549 = USK 2004-124, juris Rdnr. 19). Die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur nachträglichen Honorarberichtigung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften endet nicht nur mit dem Ablauf der dazu vorgesehenen Fristen, sondern auch dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht hat. In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen. Unabhängig davon hat das Bundessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen das Vertrauen des Vertragsarztes auf die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Abrechnungsweise gegenüber rückwirkenden Bescheidkorrekturen im Zusammenhang mit der Erbringung fachfremder Leistungen für schutzwürdig gehalten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 27). Soweit die anfängliche Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, wird der Vertrauensschutz des Arztes durch die Grundsätze über die Anbringung von Vorläufigkeitshinweisen und deren inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung realisiert (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 28). In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der Kassenärztlichen Vereinigung bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (vgl. zur Begründung im Einzelnen BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 30-36).

Soweit auf die Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 SGB X zurückzugreifen ist, ist in Bezug auf die Festsetzungen der Gesamtpunktzahlvolumina zunächst davon auszugehen, dass nicht schon mit dem Erlass des Honorarbescheids ein schutzwürdiges Vertrauen entstehen kann. Dies liegt in der Regelungssystematik, nach der die Festsetzungen der Gesamtpunktzahlvolumina ab dem zweiten Leistungsjahr anzupassen sind und das Leistungsjahr insgesamt, nicht quartalsweise zu betrachten ist. Von daher kann bei Bestehen eines sog. Jobsharing-Verhältnisses eine Vertragsarztpraxis bei Erhalt des Honorarbescheids nicht davon ausgehen, dass die durch den Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsbegrenzung bereits durchgeführt worden ist. Für das Entstehen von Vertrauensschutz bedarf es vielmehr der Setzung eines Vertrauenstatbestandes, dass die Festsetzungen der Gesamtpunktzahlvolumina berücksichtigt wurden und eine Leistungsüberschreitung nicht vorliegt. Insofern unterscheidet sich diese Konstellation von der bereits erwähnten und vom Bundessozialgericht entschiedenen Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der Kassenärztlichen Vereinigung bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides. Bei Erlass des Quartalshonorarbescheids kann die Leistungsbegrenzung noch nicht berücksichtigt werden. Grundlage der Rückforderung ist insofern auch kein Rechtsanwendungsfehler, sondern die Nichteinhaltung der Leistungsbegrenzung durch die Jobsharing-Praxis, die erst im Nachhinein festgestellt werden kann.

Nach der ab April 2007 geltenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 18. Februar 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010, S. 1641, in Kraft getreten am 8. Mai 2010 (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä), die bzgl. der hier maßgeblichen Regelungen insofern inhaltsgleich mit der in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vorgängerfassung ist, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach § 23f durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (§ 23c BedarfsplRL-Ä).

Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung / Benachteiligung darstellen würde (§ 23e BedarfsplRL-Ä).

Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach § 23c Satz 6 bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (§ 23f BedarfsplRL-Ä).

Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.

Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Jobsharingverhältnisses war der Klägerin das Bestehen einer Leistungsbegrenzung zwar grundsätzlich bekannt und musste sie davon ausgehen, dass ihr eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihr die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, muss sie sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte sie die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Jobsharingpraxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Jobsharingpraxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Jobsharingpraxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und die Klägerin Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihr diese nicht bekannt waren.

Die Beklagte hat aber allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a. ausführte:

"Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."

Dennoch ist die Beklagte über Jahre hinweg untätig geblieben. Im Fall der Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hat, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Diese ihren gesetzlichen Verpflichtungen offensichtlich nur höchst unzureichend nachkommende Verwaltung geht in erster Linie zu Lasten der gesamten Vertragsärzteschaft, führt sie doch zu rechtlich so nicht vorgesehenen Honorarzuweisungen, die im Hinblick auf die Verjährungsvorschriften nicht zurückgefordert werden können. Sie setzt aber auch für die Jobsharingpraxis einen Vertrauenstatbestand, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres ankündigt. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben ist, konnte sich nach Auffassung der insoweit mit zwei Vertragsärzten fachkundig besetzten Kammer das Vertrauen bilden, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gilt insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten hat, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgte. Die Klägerin hat dann sogleich auch auf die erstmalige Geltendmachung einer Rückforderung mit Beendigung des Jobsharingverhältnisses reagiert. Ein ähnliches Verhalten der betroffenen Vertragsärzte ist der Kammer aus weiteren Verfahren bekannt.

Von daher war der Klägerin Vertrauensschutz zuzubilligen, soweit die Beklagte nach Abschluss eines Leistungsjahres die Rückforderung nicht festgesetzt hat. Die Kammer geht davon aus, dass die Beklagte hierzu grundsätzlich mit dem Erlass des vierten Honorarbescheides in der Lage ist, da zu diesem Zeitpunkt die Abrechnungswerte der Jobsharingpraxis und der Fachgruppe bekannt sind. Die Kammer sieht die Vertrauensbildung aber erst dann als abgeschlossen an, wenn die Beklagte untätig bleibt und mit der Honorarbescheidung wie bisher fortfährt, also den ersten Honorarbescheid für das nächste Leistungsjahr erlässt. Im Sinne einer Rechtssicherheit ist hierbei von einem Zeitraum von sechs Monaten nach Erlass des letzten Honorarbescheids eines Leistungsjahres auszugehen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stand Vertrauensschutz einer Rückforderung auch für das siebte Leistungsjahr entgegen. Der Honorarbescheid vom 08.03.2008 ist der Klägerin spätestens im April 2008 zugegangen, von daher war die weitere Frist von sechs Monaten im Dezember 2008 jedenfalls abgelaufen.

Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Hierauf kommt es aber letztlich nicht an, da die angefochtenen Bescheide bereits aus anderen Gründen rechtswidrig sind ...

Im Ergebnis war der Klage daher stattzugeben und waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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