S 5 AS 3308/10 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 3308/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin zur Bestreitung ihres Umzuges in die Raffelbergerstr. in E. vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens ein Darlehen in Höhe von EUR 998,41 zu gewähren.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Umzugskosten.

Die 42jährige Antragstellerin lebt mit ihrer 15jährigen Tochter und ihrem 2jährigen Sohn in einer Wohnung in der Sälzerstr. in E ... Die Bedarfsgemeinschaft steht fortlaufend im Bezug von Grunsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Warmmiete für die Wohnung in der Sälzerstr. beträgt EUR 528,20 (Grundmiete: EUR 330; Heizkosten: EUR 88,20; Nebenkosten: EUR 110,00). Der Ehemann der Antragstellerin und Vater des jüngsten Sohnes, bei dem infolge Drogenmissbrauchs eine Hepatitis C diagnostiziert wurde, lebt seit dem 1.7.2010 von der Familie getrennt.

Die Antragstellerin hat drei weitere erwachsene Kinder von unterschiedlichen Vätern, die nicht mehr in ihrem Haushalt wohnen.

Unter dem 15.6.2010 kündigte der Vermieter der Antragstellerin das Mietverhältnis zum 30.9.2010 wegen Eigenbedarfes.

Am 25.6.2010 sprach die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin vor. Sie reichte ein Mietangebot vom 22.6.2010 über eine 73,56 qm große, unrenovierte Wohnung in der Raffelbergerstr. 41 in E. zu den Akten mit einer Grundmiete von EUR 348,00 und Betriebskosten in Höhe von EUR 110,00 monatlich.

Ausweislich der Verhandlungsniederschrift vom selben Tage stimmte die Antragsgegnerin dem Umzug zu und bestätigte die Angemessenheit der neuen Miete. Die Antragstellerin beantragte die Übernahme der Umzugskosten, sie verfüge weder über einen Führerschein noch über private Helfer.

Mit Schreiben vom 25.6.2010, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass eine Übernahme der Kosten für ein Umzugsunternehmen nicht in Betracht komme, da sie die Voraussetzungen hierfür nicht erfülle. Sie möge drei Kostenvoranschläge von Autoverleihfirmen beibringen. Zudem könnten vier Umzugshelfer für eine Verköstigungspauschale von EUR 20,00 engagiert werden.

Unter dem 30.6.2010 unterzeichnete die Antragstellerin den Mietvertrag über die Wohnung in der Raffelbergerstr. 41 in E. mit Mietbeginn zum 1.9.2010.

Mit Schreiben vom 6.7.2010 bestätigte der Vermieter der Antragstellerin auf Anfrage, dass sie das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bereits zum 1.9.2010 beenden könne.

Unter dem 11.7.2010 legte die Antragstellerin gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 25.6.2010 "Beschwerde" ein. Sie habe keine privaten Umzugshelfer. Der Behörde sei die Drogen- und Gefängnisvergangenheit ihres Ehemannes bekannt. Zugleich legte sie drei Kostenvoranschläge für den geplanten Umzug über EUR 1.190,00, EUR 998,41 und EUR 1.000,00 vor (Bl. 971 ff. Bd. III LA).

Mit Bescheid vom 21.7.2010 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten für das Umzugsunternehmen ab. Die Antragstellerin sei nicht anspruchsberechtigt, da sie nicht älter als 65 sei, einen Grad der Behinderung von 50 bzw. einen Pflegebedarf der Pflegestufe 1 habe oder aber ein privatärztliches Attest vorlegen könnte und zusätzlich nachgewiesen habe, dass sie nicht über Helfer im Familien- und Freundeskreis verfüge.

Ebenfalls mit Bescheid vom 21.7.2010 gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin ein Darlehen für die Mietkaution in Höhe von EUR 1.044,00.

Gegen den die Übernahme der Umzugskosten für ein Umzugsunternehmen ablehnenden Bescheid legte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.7.2010 Widerspruch ein.

Mit ihrem unter dem 19.8.2010 bei Gericht eingegangen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin weiterhin die Übernahme der Kosten für ein Umzugsunternehmen. Zur Glaubhaftmachung hat sie ein Attest ihres behandelnden Allgemeinmediziners, Dr. K., vom 10.8.2010 vorgelegt, das ihr unter anderem Tachykardie (beschleunigter Puls/"Herzrasen") und Schmerzen im rechten Knie bescheinigt. Mit einem ergänzenden Attest vom 30.8.2010 bestätigt der Mediziner, dass die Antragstellerin an einen Orthopäden überwiesen worden sei. Sie könne derzeit keine schweren Lasten tragen oder heben. Zugleich hat die Antragstellerin eidesstattlich versichert, dass sie zu den Kindsvätern keinen Kontakt habe und auch innerhalb der Familie oder im Bekanntenkreis niemand zur Verfügung stünde, der ihr helfen könnte. Sie sei nicht in der Lage, den anstehenden Umzug alleine zu bewältigen.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die Durchführung ihres Umzuges in die Raffelbergerstr. 41 in E. zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, es könnten regelmäßig nur die Kosten für einen Umzug in Eigenregie übernommen werden. Diese beliefen sich auf insgesamt EUR 160,00 (EUR 80,00 für ein Mietfahrzeug und EUR 80,00 Verpflegungspauschale für die privaten Umzugshelfer). Insoweit gelte der Vorrang der Selbsthilfe. Es sei nicht lebensnah, dass die Antragstellerin über keine privaten Helfer verfüge. Auch die angegebenen eher diffusen Schmerzen würden die Durchführung des kostenintensiven Umzuges durch ein Unternehmen nicht zwingend erforderlich machen, wie es die kommunalen Weisungen jedoch verlangten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholen eines Befundberichtes bei dem Allgemeinmediziner Dr. K ... Auf den Befundbericht vom 17.9.2010 wird Bezug genommen.

Das Gericht hat ferner Beweis erhoben durch Einholen eines Befundberichtes bei der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dr. C. und Dr. S ... Auf den Befundbericht vom 7.10.2010 wird Bezug genommen.

Die Antragstellerin ist nicht wie geplant zum 1.9.2010 umgezogen, sondern hat die hiesige gerichtliche Entscheidung abgewartet. Sie hat eidesstattlich unter dem 1.1.2010 versichert, dass der Vermieter der Wohnung in der Sälzerstr. ihr mittlerweile mit Räumung der Wohnung gedroht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

1. Die Antragstellerin, die zugleich gesetzliche Vertreterin der beiden mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder ist, konnte den Antrag auf einstweilige Anordnung zunächst wirksam nur im eigenen Namen erheben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes müssen bei zusätzlichen Leistungen nur dann alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft klagen, wenn dem einzelnen Hilfebedürftigen weitergehende Ansprüche zustehen können als der Bedarfsgemeinschaft (vgl. BSG, Urteil v. 23.3.2010 - B 14 AS 81/08 R Rn. 12 m.w.N. unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Dies ist bei Umzugskosten, die der gesamten Bedarfsgemeinschaft nur einmal zustehen, nicht der Fall.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. Die Antragsgegnerin war vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zur Übernahme der Kosten für das günstigste Umzugsunternehmen in Höhe von EUR 998,41 als Darlehen zu verpflichten.

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch (vgl. hierzu unter b.), d.h. den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, und einen Anordnungsgrund (vgl. hierzu unter a.), d.h. die besondere Dringlichkeit des Begehrens, die ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar erscheinen lässt, glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern dass eine Wechselwirkung derart besteht, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteiles (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhanges ein bewegliches System (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 86 b Rn. 27 und 29 m.w.N). Ist die Klage bzw. der Widerspruch in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage bzw. der Widerspruch in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, zitiert nach juris).

a. Ein Anordnungsgrund im oben beschriebenen Sinne ist glaubhaft gemacht. Die derzeitige Wohnung der Antragstellerin und ihrer Kinder wurde zum 30.9.2010 wegen Eigenbedarfes gekündigt, so dass die Antragstellerin zur Vermeidung einer Räumung dringend auf die Klärung der Übernahmefähigkeit ihrer Umzugskosten angewiesen ist (zum Eilbedürfnis bei drohender Räumung vgl. LSG NRW, Beschluss v. 16.3.2010 - L 6 AS 230/10 B ER und L 6 AS 231 10; Beschluss v. 10.2.2010 – L 7 B 469/09 AS ER; Beschluss v. 9.9.2009 – L 12 B 62/09 AS ER; Beschluss v. 20.12.2007 - L 1 B 65/07 AS ER; Beschluss v. 02.11.2006 - L 20 B 209/06 AS ER, jeweils abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).

b. Nach summarischen Maßstäben ist auch ein Anordnungsanspruch im Gesetzessinne glaubhaft gemacht.

Ein vorläufiger Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten ergibt sich dem Grunde nach aus § 22 Abs. 3 S. 2 SGB II.

Danach soll die Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten im Sinne von § 22 Abs. 3 S. 1 SGB II erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Prüfung erfüllt. Die Zusicherung zum Umzug in die Wohnung in der Raffelbergerstr. ist im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null zu erteilen.

Die neue Wohnung ist für einen Drei-Personen-Haushalt mit einer Grundmiete von EUR 348,00 angemessen und erfüllt damit auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal von § 22 Abs. 3 SGB II (vgl. hierzu Lang/Link in: Eicher/Spellbrink, 2. Aufl. 2008, § 22 SGB Rn. 82). Die Antragsgegnerin hat die Angemessenheit in der Verhandlungsniederschrift vom 25.6.2010 selbst bestätigt.

Der Umzug ist auch notwendig im Sinne von § 22 Abs. 3 S. 2 SGB II. Durch die Eigenbedarfskündigung des Vermieters (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss v. 3.9.2010 - 1085/10 B ER unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) haben die Antragstellerin und ihre Familie keine Möglichkeit in ihrer bisherigen Wohnung dauerhaft zu verbleiben oder die Zeit auf eine andere Wohnung zu warten.

Letztlich hat die Antragstellerin auch die Notwendigkeit des Umzuges als solche in der Verhandlungsniederschrift vom 25.6.2010 selbst zugestanden. Ergänzend wird auf den internen Vermerk vom selben Tage auf Bl. 906 der Leistungsakte verwiesen, der die Notwendigkeit des Umzuges ausdrücklich bestätigt.

Vor diesem Hintergrund liegen die Voraussetzungen für die Zusicherung zum Umzug der Antragstellerin im Sinne von § 22 Abs. 3 SGB II vor. Die Ablehnung der Umzugskosten durch die Antragsgegnerin ist ermessensfehlerhaft.

Dies ist letztlich widersprüchlich, weil die Voraussetzungen für die Übernahme der Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 SGB II identisch sind mit den Voraussetzungen für die von der Antragsgegnerin im Gegensatz dazu positiv beschiedene Übernahme der Kosten für die Mietkaution.

Ermessensfehlerhaft ist weiterhin, dass nicht einmal die Kostenübernahme für einen selbst organisierten Umzug zugesagt wird. Hierzu verhält sich weder das "Schreiben" vom 25.6.2010, noch der Bescheid vom 21.7.2010, obwohl die Antragstellerin die Übernahme der Umzugskosten - und nicht ausschließlich die Kosten für ein Umzugsunternehmen - beantragt hat (vgl. Verhandlungsniederschrift vom 25.6.2010).

Folge der zu erteilenden Zusicherung ist nach § 22 Abs. 3 S. 1 SGB II die Pflicht zur Übernahme der Umzugskosten.

Nach summarischen Maßstäben ist darüber hinaus glaubhaft gemacht, dass ein selbst organisierter Umzug nicht möglich ist und insoweit ausnahmsweise die Kosten für ein Umzugsunternehmen - jedenfalls vorläufig - zu übernehmen sind.

Nach der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung geht die Antragsgegnerin zwar zutreffend davon aus, dass aufgrund des Vorranges der Selbsthilfe (vgl. § 2 Abs. 1 SGB II) regelmäßig nur die Kosten für einen selbstorganisierten Umzug zu übernehmen sind (vgl. BSG, Urteil v. 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Allerdings können nach dieser Rechtsprechung auch ausnahmsweise die Übernahme der Kosten für einen gewerblich organisierten Umzug angezeigt sein. Davon soll auszugehen sein, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann. Insoweit hat der Leistungsträger zu ermitteln (BSG, Urteil v. 6.5.2010 a.a.O.).

Entsprechende Ermittlungen wurden von Seiten der Behörde im Vorfeld der Entscheidung nicht unternommen.

Allein unter dem Aspekt der fehlenden körperlichen Leistungsfähigkeit hält die Kammer vorliegend die Kosten für ein Umzugsunternehmen nicht für übernahmefähig. Zwar hat der behandelnde Allgemeinmediziner der Antragstellerin "Schmerzen im Knie" attestiert, die ihr schweres Tragen und Heben unmöglich machen sollen. Allerdings konnte der eingeholte orthopädische und damit fachärztliche Befundbericht diesen Vortrag nicht bestätigen. Der attestierte leichte Bewegungsschmerz reicht nicht aus, um von einer erheblichen Einschränkung der Umzugsfähigkeit auszugehen. Dies wäre ggf. über ein Sachverständigengutachten in der Hauptsache zu prüfen.

Was die Kammer hingegen vorliegend zur vorläufigen und darlehensweisen Zusprache der Kosten für das Unternehmen bewogen hat, ist zum einen die Tatsache, dass die Antragstellerin eidesstattlich versichert hat, dass ihr aus der Familie und dem Freundeskreis niemand helfen kann bzw. würde. Die erwachsenen Kinder befänden sich in Ausbildung bzw. hätten die Hilfe abgelehnt, der getrennt lebende Ehemann sei körperlich nicht zur tatkräftigen Unterstützung in der Lage. Zu den übrigen Kindsvätern bestünde kein Kontakt.

Im Rahmen eines Eilverfahrens ist diese Versicherung ausreichend. Inwiefern die Aussage auch der gerichtlichen Überprüfung - insbesondere durch Zeugenvernehmungen - im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens standhalten wird, ist dort zu klären.

Zum anderen war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit dem zweijährigen Sohn ein "Kleinstkind" im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung betreut. Selbst wenn man davon ausginge, dass die 15jährige Tochter die Betreuung übernehmen könnte, wäre die Antragstellerin doch nicht in der Lage alleine den Umzug der Familie zu bewerkstelligen.

Die Motivation, die den Gesetzgeber in § 21 Abs. 3 SGB II zur Anerkennung eines Mehrbedarfes für Alleinerziehende bewogen hat, ist als Gedanke letztlich auch auf einen Umzug zu übertragen. Auch hier ist die besondere Belastung des Alleinerziehenden dadurch, dass Aufgaben nicht auf den Partner delegiert werden und mit diesem geteilt werden können, im Rahmen des Ermessens zu würdigen.

Auch ist die Antragstellerin bisher - trotz Verstreichens der Kündigungsfrist - nicht ausgezogen, was zumindest auch ein Indiz dafür ist, dass ohne weiteres kein selbst organisierter Umzug möglich ist.

Würden die Umzugskosten verweigert, bestünde schließlich und vor allem anderen die ernsthafte Gefahr der Räumung der Wohnung und damit der Obdachlosigkeit der Bedarfsgemeinschaft.

Die Folgenabwägung war nach alledem zu Gunsten der Antragstellerin und ihrer Kinder zu treffen.

Hinsichtlich der Kostenhöhe erscheint der günstigste der drei vorgelegten Kostenvoranschläge über EUR 998,41 für den Umzug einer dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft angemessen. Da die Kostenvoranschläge letztlich im selben Preisrahmen liegen, hatte die Kammer keine Anhaltspunkte, davon auszugehen, dass die veranschlagten Kosten unbillig sein könnten.

Anders als in anderen Kommunen besteht in Essen derzeit keine Kooperation mit einem sozialen Umzugsdienst (wie z.B. "Flickwerk" in Oberhausen oder "GfB" in Duisburg), der den Umzug durch Vermittlung von Studenten oder Arbeitslosen unterhalb der marktüblichen Preise sicherstellen könnte. Zur Kostenminimierung dürfte es sich anbieten, über den künftigen Vorhalt einer solchen Lösung nachzudenken.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved