Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 27 KA 566-568/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 KA 58/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Arzneimittelregress wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise im Rahmen der ambulanten Behandlung eines Patienten mit Nierenzellkarzinom im fortgeschrittenen (metastasierenden) Stadium durch Immuntherapie im Streit.
Die Klägerin ist eine gemäß § 117 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zur ambulanten Versorgung von Versicherten ermächtigte Poliklinik (Hochschulklinik). Sie hat den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (UKE-Gesetz vom 12. September 2001, HmbGVBl S. 375).
Im dritten Quartal 1999 wurde bei der Klägerin der am XX.XXXXXXXXX 1940 geborene, am XX.XXXXXXXX 1999 verstorbene W. S., im vierten Quartal 2000 und im ersten Quartal 2001 wurde der am XX.XXXXX 1941 geborene, am X.XXXXX 2002 verstorbene D. H., beide Mitglieder der Beigeladenen, jeweils wegen eines in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinoms durch Immuntherapie ambulant behandelt. Für den Bereich der Klägerin bestand für Patienten mit pulmonal oder/und mediastinal metastasiertem Nierenzellkarzinom seit dem 22. November 1996 eine generelle Arbeitsanweisung (Standard-Operation-Protocol) zur inhalativen Interleukin-2-Applikation als Standardanwendung. Diese Anweisung sah die Anwendung von Interleukin-2 gleichzeitig als Inhalation und als systemische Gabe vor, wobei die Inhalation fünf Mal pro Woche und die systemische Gabe subkutan drei Mal pro Woche erfolgen und anstelle von Interleukin-2 subkutan teilweise auch Interferon-alpha eingesetzt werden sollte. Die Interleukin-Dosis sollte im Verhältnis 90:10 zwischen lokaler und systemischer Gabe aufgeteilt werden. Nach einer im Regelfall stationären Einleitung der Therapie, bei welcher der Erkrankte vor allem die Bedienung des Inhalationsgeräts und die gebrauchsfertige Zubereitung des Medikaments zu erlernen hatte, konnte diese ambulant weitergeführt werden (vgl. Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein vom 27.04.1999, Blatt 107 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER sowie E. H1, H. H4, R. A. Jörres, Inhalative Immuntherapie des pulmonal metastasierten Nierenzellkarzinoms in: Der Onkologe 9, 2004, 945, 946 – von der Klägerin in Kopie als Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 9. September 2005 im Verfahren L 2 KA 37/06 eingereicht – und Nr. 40 des Anlagenbandes zur Sachakte des Beklagten).
Das Nierenzellkarzinom ist ein zwar eher seltenes, jedoch nach dem Prostata- und dem Blasenkarzinom das dritthäufigste urologische Malignom. Das Prädilektionsalter liegt bei etwa 62 Jahren, die geschätzte Letalität bei etwa 40 %. Spontanremissionen kommen in etwa 1% der Fälle vor. Da Nierenzellkarzinome gegenüber den meisten Zytostatika resistent sind, ist eine signifikante Verbesserung der Prognose durch Chemotherapie nicht zu erwarten. Marginale Remissionsraten konnten insoweit mit den Zytostatika Vinblastin oder 5-Fluorouracil erzielt werden. Auch Strahlen- und Hormontherapien sind bisher nur wenig wirksam und haben – wie die Chemotherapie – palliativen (die Beschwerden lindernden) Charakter. Beim metastasierenden Tumor liegt die mittlere Überlebensrate im Schnitt bei unter 12 Monaten. Hier kann die Entfernung des Primärtumors aus palliativen Gründen oder in einem kombinierten Behandlungskonzept erfolgen. Der Reduzierung der Tumorlast kann dann eine systemische (auf den ganzen Körper bezogene) Therapie (Immuntherapie, Antikörpertherapie oder Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren) oder eine weitergehende chirurgische Behandlung (Resektion von Metastasen) folgen. Unter dem Begriff "Immuntherapie" werden unterschiedliche Therapiekonzepte zusammengefasst. Bei allen soll durch die Veränderung der biologischen Eigenschaften der Tumorzellen eine Zerstörung der Tumorläsionen erreicht oder adjuvant das Auftreten von Rezidiven verhindert werden. Unterschieden werden Zytokintherapien mit Interferon-alpha und/oder Interleukin-2, häufig in Kombination mit 5-Fluorouracil, Vinblastin oder Retinoiden, zelluläre Vakzinierungen, Peptidvakzinierungen und Therapien mit Antikörpern (vgl. Leitlinie Nierenzellkarzinom der Deutschen Krebsgesellschaft, Stand 2004, Quelle: krebsgesellschaft.de/download/ll f 03.pdf). Zur Durchführung der Zytokintherapie beim metastasierenden Nierenzellkarzinom ist in Deutschland das Interleukin-2-Präparat Proleukin (Hersteller: Chiron) zugelassen. Es enthält den Wirkstoff Aldesleukin, ein gentechnisch hergestelltes Protein, welches dem körpereigenen Botenstoff Interleukin-2 nachgebildet ist, in Pulverform. Proleukin ist in intravenöser Verabreichung und – seit Oktober 2001 (als Proleukin S) – auch zur subkutanen Verabreichung zugelassen. Hierzu wird es in sterilem Wasser gelöst und mit einer Humanalbumin/Glukoselösung verdünnt. Es ist in der Lage, bestimmte weiße Blutkörperchen, die auch Tumoren angreifen, zu Wachstum, Reifung und Teilung anzuregen und so das Immunsystem zu stimulieren. Eine Zulassung zur Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms durch Zytokintherapie besteht des Weiteren für das Interferon-alpha-Präparat Roferon (Hersteller: Roche). Es handelt sich ebenfalls um ein gentechnisch hergestelltes Protein, welches zur subkutanen und intramuskulären Verabreichung zugelassen und dem körpereigenen Botenstoff Interferon-alpha nachgebildet ist. Es wirkt antiviral, antitumoral und immunmodulierend. Als Retinoid (13-cis-Retinsäure, Isotretinoin) wird Roaccutan (Hersteller: Roche) verabreicht, welches eine Zulassung zur Behandlung von schweren, therapieresistenten Formen der Akne besitzt. Fluorouracil (Hersteller: biosyn) ist ein Zytostatikum (Zellgift), welches im Rahmen der Chemotherapie zur Palliativbehandlung von Mamma-, Rektum- und Kolonkarzinomen, ferner zur Behandlung von Pankreaskarzinomen, primären Leber-, Ovarial-, Uterus- und Blasenkarzinomen zugelassen ist. Vinblastin, ein Alkaloid aus der Rosafarbenen Catharanthe (Madagaskar-Immergrün), ist ein Mitosehemmer, d.h. es verhindert die Zellteilung und beeinflusst so besonders die sich schnell teilenden Zellen in Tumoren. Es ist zur zytostatischen Behandlung der Lymphogranulomatose, des fortgeschrittenen Hodenkarzinoms, des Kaposi-Sarkoms, des Chorinkarzinoms u.a. zugelassen, nicht jedoch zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms. Als Medikament zur hormonellen Krebstherapie (Antiöstrogentherapie) gelangt u.a. Tamoxifen (Wirkstoff: Tamoxifencitrat) zur Anwendung, welches jedoch nur eine Zulassung zur Therapie von Mammakarzinomen besitzt. Bereits seit Beginn der 80er Jahre war versucht worden, mit einer systemischen Immuntherapie die Prognose für die an einem metastasierenden Nierenzellkarzinom erkrankten Menschen zu verbessern. Den Ausgangspunkt bildete die Zytokin-Monotherapie mit Interferon bzw. Interleukin, teilweise wurde mit Chemotherapeutika kombiniert. Es konnten Ansprechraten von etwa 15 % erzielt werden, wobei die in den Vereinigten Staaten von Amerika angewandte intravenöse Interleukintherapie wegen zum Teil schwerster Nebenwirkungen (bis zu 4 % Todesfälle an Therapie) in Deutschland kaum Anwendung fand und stattdessen eine subkutane Gabe des Medikaments erfolgte, die bei deutlich geringeren Nebenwirkungen nahezu gleiche Erfolge brachte. Seit Anfang der 90er Jahre wurde bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom und Metastasen in der Lunge als nicht-systemische Therapie auch die inhalative Gabe von Interleukin-2 diskutiert. Hierdurch sollte die effektive Kontrolle der lokalen Metastasen in der Lunge bei verringerten Nebenwirkungen erreicht werden. 1992 (Stand: 1991) veröffentlichten E1 H1, H2 H1 und H3 H4, die im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch im Klinikum S1 in B., als Ärzte beschäftigt waren, in "The Journal of Urology” (Vol. 147, 344-348, Februar 1992) den Beitrag "Interleukin-2 By Inhalation: Local Therapy For Metastatic Renal Cell Carcinoma” und 1993/1994 den Beitrag "Inhaled Interleukin-2 in combination with low dose systemic interleukin-2 and interferon alpha in patients with pulmonary metastatic renal-cell carcinoma: effectiveness and toxicity of mainly local treatment" (Cancer Research Clinical Oncology, 1994). E1 H1, Ärztin bei der Klägerin, war auch beteiligt an dem Beitrag "Phase I Trial of Inhaled Natural Interleukin 2 for Treatment of Pulmonary Malignancy: Toxicity, Pharmacokinetics, and Biological Effects” (Clinical Cancer Research, Vol. 2. 1115-1122, July 1996). In "Der Hautarzt" (1997 - 48 -, S. 894-896) beschrieben Enk/Nashan/Knop die "Therapie von Lungenmetastasen des malignen Melanoms mit inhalativem IL-2"; wiesen auf 1992 und 1994 von E1 H1 veröffentlichte Berichte hin und meinten abschließend, dass die Bedeutung des Interleukin-2 für die inhalative Therapie des malignen Melanoms jetzt in ausgedehnteren Therapiestudien weiter untersucht werden solle (alle Quellen von der Klägerin in Kopie als Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 9. September 2005 im Verfahren L 2 KA 37/06 eingereicht).
E1 H1, H2 H1, H3 H4 und T. S. M1, Ärzte bei der Klägerin, brachten 1997 in "The Cancer Journal from Scientific American" (Volume 3. Supplement 1, S. 51 f.) den Beitrag "Inhaled Interleukin-2 Therapy in Pulmonary Metastatic Renal Cell Carcinoma: Six Years of Experience" heraus. Ebenfalls 1997 veröffentlichten Nakamoto/Kasaoka/Mitani und Usui (Int J Urol 1997; 4: 343-348) den Beitrag "Inhalation of Interleukin-2 Combined with Subcutaneus Administration of Interferon for the Treatment of Pulmonary Metastases from Renal Cell Carcinoma" (alle Quellen von der Klägerin in Kopie als Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 9. September 2005 im Verfahren L 2 KA 37/06 eingereicht).
Im Dezember 1997 gab die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. eine Stellungnahme zur "Ambulanten Inhalations-/Immuntherapie mit Interleukin-2 und Interferon" beim Nierenzellkarzinom nach dem Schema der Urologischen Universitätsklinik der Klägerin ab. Dort (Blatt 150 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) heißt es unter Hinweis auf die Arbeiten von H1 und anderen, die Entwicklung der kombinierten systemischen und topischen Therapie mit Interleukin-2 bzw. Interferon-alpha befinde sich weiterhin in einem Stadium der klinischen Evaluierung. Bei der referierten Arbeit von Prof. Dr. H1 handele es sich weiterhin nicht um eine prospektiv-vergleichende Studie. Deshalb und aufgrund der beschriebenen Datenlage könne nicht entschieden werden, ob diese Therapie das Überleben der Patienten signifikant verlängere. Andererseits könne im Fall des metastasierten Nierenzellkarzinoms realistischerweise keine gegen einen Nullarm randomisierende Therapiestudie mehr verwirklicht werden, da ohnehin der überwiegende Teil der Patienten mit Interleukin-2-haltigen Schemata behandelt werde und damit ein de-facto-Therapiestandard existiere. Für die Indikation des Nierenzellkarzinoms sei inzwischen auch Interferon-alpha (Roferon) subkutan zugelassen. Es handele sich bei der Inhalationsbehandlung um eine Therapieoptimierung durch einen innovativen Applikationsweg. Da die inhalative Interleukin-2-Kombinationstherapie nach dem Hamburger Schema den Erhalt der Lebensqualität und gleichwertig das Erreichen eines Tumorregresses anstrebe, könne aufgrund der vorliegenden Erfahrungen eine Kostenübernahme für diese spezielle Therapieform empfohlen werden, wenn Patienten im Rahmen eines Therapieoptimierungsprotokolls behandelt würden, das ein externes Review-Verfahren erfolgreich durchlaufen habe (externe Qualitätskontrolle), und wenn Behandlungszentren nachweislich in die Besonderheiten dieser Behandlungsform eingeführt worden seien (interne Qualitätskontrolle). Von einer generellen Kostenübernahme ohne diese Nachweise sei aufgrund der Komplexität der Indikation zu dieser Therapieform und ihrer Durchführung weiterhin abzuraten. In einem an PD Dr. Dr. E1 H1 unter der Anschrift der Klägerin gerichteten Schreiben der Deutschen Krebsgesellschaft vom 15. Januar 1998 (Anlage K 5 zum Schriftsatz vom 10. Juni 2004, Blatt 49 der Gerichtsakte L 2 KA 37/06) heißt es, bei der Stellungnahme von Dezember 1997 handele es sich nicht um eine "Auswertung" von Daten aus Studien, sondern um eine Bewertung basierend auf bereits publizierten oder zur Publikation gereichten Daten. Es werde angeregt, die Datenlage durch aktuelle Informationen über derzeit laufende Studien oder aktuelle Publikationen noch zu ergänzen.
Prof. Dr. Dr. A., Abteilung Hämatologie und Onkologie der Medizinischen Hochschule Hannover, PD Dr. Dr. E. H1, Abteilung Urologie der Klägerin, Dr. R. O., Abteilung Urologie des Klinikums Großhadern der LMU und PD Dr. H. K., Medizinische Klinik für Hämatologie und Onkologie des Klinikums Hannover, erarbeiteten 1998 im Rahmen der Deutschen Urologischen Multicenter Gruppe das "DGCIN 98 Konsensusprotokoll Chemo-Immuntherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms: s.c. Interferon-&945;2, i.v. 5-Fluorouracil oder p.o. Capecitabine – Therapieoptimierungsvergleich – " (Blatt 116 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER (DGCIN 98 Konsensusprotokoll)). Der Therapieansatz nach dem DGCIN 98 Konsensusprotokoll sah eine Behandlung über mehrere Zyklen in vier Therapiearmen vor. Die Verteilung der Patienten auf die verschiedenen Arme sollte nach Zuordnung zu zwei Risikogruppen durch prospektive Randomisierung erfolgen. Arm A sah die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a und p.o. Isotretinoin, Arm B die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a, p.o. Isotretinoin und inhalativem Interleukin-2, Arm C die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a, p.o. Isotretinoin und i.v. 5-Fluorouracil und Arm D die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a, p.o. Isotretinoin und p.o. Capecitabine vor.
In der einen Bestandteil des Protokolls bildenden Patienteninformation heißt es:
Art der bösartigen Erkrankung Beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom liegt eine Ausbreitung über die Niere hinaus vor. Betroffen sein können die Lymphknoten, Lunge oder Knochen, seltener das Gehirn, die Leber oder andere Organe. In diesem Stadium ist Ihre Tumorerkrankung mit den heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten meist nicht heilbar. Mit der vorgesehenen Behandlung mit Interleukin-2, Interferon-&945;2a und Isotretinoin mit oder ohne Fluorouracil (5-FU) oder Capecitabine wollen wir jedoch versuchen, den Verlauf Ihrer Erkrankung günstig zu beeinflussen oder zum Stillstand zu bringen. In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, diese Behandlung mit einer Operation oder Bestrahlung zu kombinieren.
Beschreibung der Behandlung Im Falle der Behandlung mit Interleukin-2 in inhalativer Form wird dieses Medikament über ein spezielles Gerät vernebelt und dann 4x am Tag tief eingeatmet. Es ist denkbar, daß durch die Gabe von Interleukin-2 direkt an die in der Lunge vorhandenen Metastasen (Tochterabsiedlungen) eine stärkere Wirkung auf den Tumor bei relativ guter Verträglichkeit erreicht wird.
Möglicher Nutzen der Behandlung Wir gehen aufgrund der in den letzten Jahren gewonnenen Erfahrungen mit Interleukin-2, Interferon-&945;2a und Isotretinoin mit oder ohne 5-FU oder Capecitabine davon aus, daß die Therapie mit diesen Medikamenten bei Ihnen erfolgversprechend sein kann. Da wir jedoch nicht mit Sicherheit vorhersagen können, daß Ihnen die Therapie helfen wird, werden die Behandlungsergebnisse zum Zwecke der Qualitätssicherung fortlaufend dokumentiert.
Innerhalb von zwei verschiedenen Gruppen mit guter bzw. eingeschränkter Behandlungsprognose erfolgt die Zuordnung zu der jeweils individuell zu wählenden Therapieform für Sie nach dem Zufallsprinzip.
Der Internist Dr. Zeuner vom MDK Bayern führte in einer gutachtlichen Stellungnahme zur Inhalationsapplikation von Interleukin-2, welche den Fall eines anderen Kassenmitgliedes betraf, unter dem 7. Juli 1998 aus, die Vorstellung, durch die inhalative Verabreichung mittels eines Überdruckzerstäubers eine verbesserte Ansprechrate zu erzielen, befinde sich noch ausschließlich in einem experimentellen Forschungsstadium, eine Zulassung für eine erweiterte Indikationsstellung sei noch nicht absehbar. Die vorhandenen Arbeiten seien noch unzureichend, die Stabilität von IL-2, die Resorption über die Gas austauschenden Epithelien und die tatsächlich erreichbaren intravasalen oder intratumoralen Wirkstoffkonzentrationen seien noch ungeklärt. Die Datenlage zur inhalativen Applikationsform von IL-2 sei noch völlig unzureichend. Eine Kostenübernahme von IL-2 (Proleukin) für die inhalative Verabreichung sei zurzeit außerhalb von kontrollierten Studien nicht medizinisch begründbar zu befürworten. Auf die gutachtliche Stellungnahme (Blatt 154 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) wird ergänzend Bezug genommen.
In einem Grundsatzgutachten des MDK Nordrhein vom 30. April 1999 (Stand: 27. April 1999) zur inhalativen Anwendung von Interleukin-2 bei metastasiertem (bzw. metastasierendem) Nierenzellkarzinom (Blatt 107 der Akte S 23 KR 76/02 ER) heißt es im Hinblick auf die von der Klägerin propagierte inhalativ-subkutane Therapie mit u. a. Interleukin-2, dass ein Wirksamkeitsnachweis im Sinne der Rechtsprechung für die inhalative Gabe dieses Arzneimittels nicht vorliege. Es existierten keine klinischen Studien mit einem ausreichenden level of evidence. Randomisierte kontrollierte Studien lägen nicht vor. Fünf (wesentliche) Veröffentlichungen zur inhalativen Interleukin-2-Anwendung kämen über das Niveau einer Phase I - Prüfung nicht hinaus. Ansonsten fänden sich nur Studien ohne Kontrollgruppen. Die Wirksamkeit sei nicht indikationsbezogen an einer ausreichenden Zahl von Fällen in wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken nachgewiesen. Es bestehe derzeit allenfalls eine experimentelle Indikation für die genannte Behandlung.
Im Oktober 1999 (Endversion 5.6 vom 13.10.1999, vgl. Blatt 157 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) konzipierten die Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie, die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Urologie, der Berufsverband der Deutschen Urologen und das Referenzzentrum Lebensqualität in der Onkologie der Deutschen Krebshilfe den "Therapieoptimierungsvergleich: Nationales Tumorprojekt - Nierenzellkarzinom (NTP-N) zur Überprüfung der Wertigkeit einer medikamentösen Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms im adjuvanten und palliativen Ansatz". Ärzte der Klägerin waren nicht beteiligt. Eine inhalative Interleukin-2-Therapie ist nicht Bestandteil dieses Vergleichs.
In der Zeitschrift "Der Urologe" 1999 (A 38: 466-473) veröffentlichten H. H4, E. H1, M. A1, H. H1 "Unizentrische Erfahrungen seit 10 Jahren über die Behandlung des pulmonal metastasierten NZK mit inhalativem Interleukin-2." Experimentelle und klinische Therapiemodelle mit lokaler Interleukin-2 Gabe hätten eine bessere Verträglichkeit bei nachgewiesener Antitumoraktivität zeigen können. Seit 1989 seien an der Urologischen Klinik und Poliklinik des Universitätskrankenhauses E. 188 Patienten mit nachgewiesen progredienter Erkrankung mit inhalativem Interleukin-2, meist in der Kombination mit niedrig dosiertem Interleukin-2 oder Interferon-alpha behandelt worden. Bei nur gering beeinträchtigter Lebensqualität unter inhalativer Immuntherapie habe das mediane Überleben bei 12,4 Monaten gelegen, während nach Risikoanalyse das mediane Überleben in dieser Gruppe mit 5,3 Monaten zu erwarten gewesen sei.
Im Rahmen der von der Klägerin ambulant durchgeführten Immuntherapie erhielt der Patient W. S. am 2. August 1999 eine Verordnung über 20 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., am 10. August 1999 über 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und am 13. September 1999 über 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und 50 Flaschen Humanalbumin/Glukose Lösung. Die Verordnungen wurden von dem Patienten eingelöst. Hierfür entstanden der Beigeladenen im Quartal III/99 Kosten in Höhe von 50.493,84 DM (= 25.817,09 EUR).
Dem Patienten D. H. wurden am 6. Dezember 2000 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und 50 Flaschen Humanalbumin/Glukose Lösung, am 19. Dezember 2000 40 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und 3 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. verordnet. Am 18. Januar 2001 erhielt er eine Verordnung über 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., am 30. Januar 2001 über 40 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., 3 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. und 50 Flaschen Humanalbumin/Glukose Lösung, am 6. März 2001 über 20 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., 6 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. und 60 Roaccutan Kapseln, am 27. März 2001 über 20 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., 3 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. und 60 Roaccutan Kapseln. Die Verordnungen wurden von dem Patienten eingelöst. Hierfür entstanden der Beigeladenen (ohne Berücksichtigung der Verordnungen für Roferon) im Quartal IV/00 Kosten in Höhe von 43.950,86 DM (= 22.471,72 EUR) und im Quartal I/01 Kosten in Höhe von 69.432,94 DM (= 35.500,50).
Mit am 17. April 2000 (Quartal III/99), 5. Juni 2001 (Quartale IV/00 und I/01) eingegangenen Anträgen begehrte die Beigeladene die Prüfung der Verordnungsweise der Ärzte der Klägerin durch den Prüfungsausschuss im Hinblick auf Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und Verordnungsausschlussregelungen. Zu dem Prüfantrag betreffend den Patienten D. H. äußerte sich die Klägerin durch den Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie Prof. Dr. H2 H1 und den Oberarzt Dr. H3 H4 mit Schreiben vom 3. August 2001. Der Patient sei wegen eines metastasierten Nierenzellkarzinoms nach dem Stand der Wissenschaft therapiert worden. Es habe keine Behandlung im Rahmen einer Studie und keine Erprobung von Arzneimitteln stattgefunden. Auch könne als gesichert gelten, dass die inhalative Behandlung mit Proleukin zu einer zeitweisen Rückbildung der Tumore oder einem Stillstand des Wachstums der Tumore und damit zu einer Linderung der Beschwerden führe, wenn sich auch die Lebensverlängerung als nur wahrscheinlich und nicht als gesichert darstelle. Dies genüge für eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Hinsichtlich des Patienten W. S. gab die Klägerin eine Stellungnahme nicht ab. Im April 2000 wurde in den Räumen der Universität Hamburg die Deutsche Gesellschaft für Immuntherapie e. V. (DGFIT) gegründet (vgl. Internetauftritt-Ausdruck Blatt 205 der Akte S 23 KR 76/02 ER), deren Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Dr. E1 H1, Ärztin bei der Klägerin, war und die dort – bei der Klägerin – auch ihre Geschäftsstelle hatte. Diese gab unter dem 30. Juni 2000 ihre "Expertenempfehlung Interleukin-2-Immuntherapie nach aktuellem medizinischen Stand" heraus. Dort (Blatt 59 der Sachakte des Beklagten – P-100/01) und in der aktualisierten Fassung vom 2. Oktober 2001 (Blatt 39 der Gerichtsakte L 2 KA 38/06) heißt es, zur inhalativen Applikation von Interleukin-2 bei der Behandlung von Lungenmetastasen bestünden umfangreiche Erfahrungen. Sie sei die zweithäufigste Anwendungsform von Proleukin in Deutschland und werde – regelhaft – überwiegend bei seltenen Erkrankungen, wie dem pulmonal metastasierten Nierenzellkarzinom und Melanom angewendet. Zurzeit etwa 70 Veröffentlichungen beschrieben diese Applikationsform an mehreren hundert Patienten. Alle bestätigten die besonders gute Verträglichkeit. Im Journal of Clinical Oncologie sei 1999 eine prospektive Langzeitanalyse der Lebensqualität veröffentlicht worden. Es zeige sich Effizienz im Sinne einer lokalen und systemischen Immunmodulation und im Sinne von Tumoransprechen. Die Behandlung sei vor mehr als 10 Jahren erstmals in Deutschland eingesetzt worden, heute werde sie im In- und Ausland durchgeführt. Die Wirksamkeit sei durch Studien belegt, die Therapie werde durch (Fach-) Stellungnahmen (Deutsche Krebsgesellschaft, Tumorzentrum Hamburg, Ethikkommission Hamburg) befürwortend beurteilt, sei seit 1996 Standardtherapie der Universität Hamburg. Unter dem Stichwort "Zusammenfassung" wird am Ende ausgeführt, die subkutane und die inhalative Interleukin-2 Gabe seien klinisch regelhaft durchgeführte Modifikationen mit nachvollziehbarem pathophysiologischem Hintergrund. Sie seien durch prospektive Studien in Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gesichert.
Im Deutschen Ärzteblatt wurde im Herbst 2000 (Heft 42, S. A-2781) ein Beitrag von Wirth/Miller/Fischer/Oberneder/Altwein zur Immuntherapie des Nierenzellkarzinoms veröffentlicht. Dort heißt es unter "Zusammenfassung": Zur Immuntherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms mit Interleukin-2 und Interferon alpha-2a lägen viele widersprüchliche Ergebnisse vor. Ursache sei die uneinheitliche Studienlandschaft mit einem bisher bestehenden Defizit an korrekt konzipierten Protokollen. Dies treffe auch für die Vakzinierung des lokal fortgeschrittenen Tumors zu. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit einer konzertierten multizentrischen Studienstrategie unter Einschluss aller Fälle mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Weiter wird dort unter Hinweis auf eine Veröffentlichung von Prof. Dr. E. H1 ausgeführt: "Bei Lungen- und Mediastinalmetastasen kann Interleukin-2 auch per inhalationem verabreicht werden". Abschließend heißt es zur Immuntherapie mit Interleukin-2 und Interferon-alpha-2a, diese könne auch heute noch nicht als Standardtherapie angesehen werden und solle daher nur unter kontrollierten Bedingungen im Rahmen eines Therapieoptimierungsvergleichs durchgeführt werden. Individuelle Therapieversuche seien abzulehnen. Trotzdem habe sich diese Therapieform in den letzten Jahren zu einem De-facto-Standard entwickelt. Der überwiegende Teil der Patienten mit Nierenzellkarzinom werde heute mit einem Interleukin-2-haltigen Schema behandelt. Es bestehe weiterhin ein dringender Studienbedarf für die Immuntherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom.
Der Prüfungsausschuss setzte in der Sitzung 16. November 2000 (Bescheid vom 5. Dezember 2000) bzw. in der Sitzung am 6. September 2001 (Bescheide vom 20. September 2001) im Hinblick auf die beanstandeten Verordnungen einen Regress in Höhe von 50.493,84 DM (= 25.817,09 EUR) für das Quartal III/99, in Höhe von 43.950,86 DM (= 22.471,72 EUR) für das Quartal IV/00 und in Höhe von 69.432,94 DM (= 35.500,50) für das Quartal I/01 fest.
Zur Begründung heißt es, da der Applikationsart eines Arzneistoffes erhebliche Bedeutung hinsichtlich der Entfaltung der gewünschten Wirkung zukommen könne, sei eine gegenüber der Zulassung geänderte Applikationsform (hier inhalativ anstatt intravenös) von Interleukin-2 genauso zu bewerten wie der Einsatz eines zugelassenen Arzneimittels in einer nicht zugelassenen Indikation. Zwar könne in Ausnahmefällen eine Verordnung zu Lasten der Krankenkassen auch bei fehlender arzneimittelrechtlicher Zulassung gegeben sein. Hierfür sei aber der Wirksamkeitsnachweis anhand einer ausreichenden Anzahl von Patienten aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken zu erbringen. Daran fehle es nach Bewertung der dem Prüfungsausschuss zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Literatur. Das ebenfalls von dem Prüfantrag erfasste Medikament Roaccutan sei nur für die Behandlung der Akne zugelassen. Die Verordnung zu Lasten einer Krankenkasse für andere Indikationen sei aus den gleichen Erwägungen, wie diese für Proleukin dargestellt worden seien, nicht möglich. Nach den vorliegenden Unterlagen sei überdies davon auszugehen, dass die Klägerin Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom grundsätzlich nach dem DGCIN 98 Konsensusprotokoll behandelt habe. Studienmedikationen dürften aber nicht zulasten einer Krankenkasse durchgeführt werden. Auf die Bescheide vom 5. Dezember 2000 und vom 20. September 2001 (Blatt 15 ff. der Sachakte des Beklagten – P-148/00, jeweils Blatt 9 ff. der Sachakte des Beklagten – P-105/01 und 104/01) wird ergänzend Bezug genommen.
Mit weiteren Bescheiden setzte der Prüfungsausschuss Regresse in weiteren, ähnlich gelagerten Fällen gegen die Klägerin fest. Diese sind Gegenstand der Verfahren L 2 KA 37/06 bis L 2 KA 57/06 und L 2 KA 61 und 62/06.
Gegen den Bescheid vom 5. Dezember 2000 erhob die Klägerin am 18. Dezember 2000 Widerspruch, gegen die Bescheide vom 20. September 2001 am 28. September 2001. Zur Begründung ließ die Klägerin hinsichtlich des Regresses III/99 ausführen, das Nierenzellkarzinom sei mit einem Anteil von 85 % der häufigste maligne Tumor der Niere. Eine einheitliche medikamentöse Therapie habe nicht bestanden, vielmehr seien unterschiedliche Chemotherapie-Schemata – überwiegend als Kombinationstherapie – angewandt worden. Trotz des Einsatzes zugelassener rekombinanter humaner Zytokine allein oder in Kombination mit konventioneller Chemotherapie hätten keine Erkenntnisse über die Effektivität der verschiedenen anerkannten Therapie-Schemata bestanden. Aus diesem Grunde hätten sich die Spezialisten zahlreicher Universitätskliniken entschlossen, einen "Therapieoptimierungsvergleich" durchzuführen, d.h. die Behandlung des metastasierenden Nierenzellkarzinoms unter einheitlichen Behandlungsstandards und genauer Dokumentation der Behandlungsergebnisse durchzuführen, um so die Verpflichtung zur Qualitätssicherung zu erfüllen. Genau diesem Ziel habe das DGCIN 98 Konsensusprotokoll gedient. Dieses dürfe auch nicht an den Vorschriften des Arzneimittelrechts gemessen werden. Es handele sich insoweit nicht um eine gesetzwidrige Studie. Das Arzneimittelgesetz regele nämlich nur den Arzneimittelverkehr und nicht auch die Arzneimitteltherapie. Therapieoptimierungsstudien dienten nicht der klinischen Prüfung von Arzneimitteln, welche jeweils von dem pharmazeutischen Unternehmer in Auftrag gegeben würden, sondern der Therapiekontrolle. Für die korrekte Behandlung von Patienten seien Untersuchungen erforderlich, die den realen Patienten zum Gegenstand hätten. Insoweit sei "jede Therapie auch Versuch". Anstelle von unsystematischen Einzelfallbeobachtungen und daraus resultierenden Erfahrungsberichten könnten Ärzte die Therapie anhand von Protokollen standardisieren und dokumentieren und so Erkenntnisse gewinnen, die als wissenschaftlich qualifiziert werden könnten. Diese Art der Therapiekontrolle könne in Form von "Anwendungsbeobachtungen" oder "Therapieoptimierungsstudien" bzw. "Therapieoptimierungsvergleichen" durchgeführt werden. Hinsichtlich der weiter regressierten Quartale gab die Klägerin eine Stellungnahme nicht ab.
In einer Arbeit des Tumorzentrums München (Deutsche Krebsgesellschaft e. V.) – www.krebsinfo.de – von Wagner, Oberneder, Busch, Weiss, Schmeller und Petrides – (Copyright 1996-2001, Blatt 214-228 der Akte S 23 KR 76/02 ER) zum Nieren(zell)karzinom heißt es unter "Immunologische Therapien": In der Behandlung des fortgeschrittenen Nierenkarzinoms seien die Zytokine Interferon-alpha-2-a und –b (IFN-a) und Interleukin-2 (IL-2) die Therapeutika der ersten Wahl. Ihre Wirksamkeit habe durch eine Vielzahl von Autoren belegt werden können. Die subkutane Applikation der Zytokine habe sich als gleich wirksam erwiesen wie die intravenöse Gabe, die Nebenwirkungen seien bei der subkutanen Injektion jedoch deutlich schwächer als unter der i. v. Verabreichung. Derzeit werde eine Kombination von Interferon-alpha mit 13-cis-Retinolsäure (Isotretinoin) in Therapiestudien geprüft. Eine erste Phase II-Studie mit kleiner Patientenzahl habe eine synergistische Wirkung der Substanzen gezeigt und eine Verbesserung der objektiven Remissionsraten und des rezidivfreien Intervalls ergeben. Ein synergistischer Effekt habe durch die Kombination von subkutan applizierten IL-2 und IFN-alpha erzielt werden können. Die derzeit wirksamste Therapie scheine die von Atzpodien und Kirchner etablierte Kombination von IL-2 subkutan, IFN-alpha subkutan und 5-Fluorouracil intravenös zu sein. Die Durchführung der Therapien sollte im Rahmen von Studien angestrebt werden. Ob die zusätzliche Gabe von 13-cis-Retinolsäure (Isotretinoin) zu einer Verbesserung der Ergebnisse führen werde, untersuchten derzeit dieselben Autoren in einer vergleichenden Therapiestudie. Eine interessante Therapieform sei die inhalative Verabreichung von IL-2 (3-6x täglich), die von einer gleichzeitigen systemischen subkutanen IL-2 (und IFN-alpha)-Therapie begleitet werde. Die Anwendung und Wirksamkeit dieser Therapie sei auf Lungenmetastasen beschränkt. Diese sehr kostenaufwendige Therapie sollte nur im Rahmen von Studien durchgeführt werden. Die bisherigen Ergebnisse seien hinsichtlich der Remission von Lungenmetastasen mit den Erfolgen der subkutanen IFN-alpha/IL-2/5-FU-Therapie vergleichbar. Zur Behandlungsstrategie beim Nierenzellkarzinom - palliative Therapie - sind dort ausgeführt: lokale Therapie (Chirurgie, Radiatio, Embolisation, Chemoembolisation), systemische Therapie: Zytokintherapie, Zytokinchemotherapie, Schmerztherapie, Bisphosphonate.
Unter dem 30. Oktober 2001 erstellte das Kompetenz Centrum Onkologie des MDK Nordrhein (Prof. Dr. A. Heyll, Dr. Thiele) für die AOK Sachsen-Anhalt ein Gutachten zur Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung für eine inhalative InterleukinBehandlung eines dortigen Kassenmitglieds. Dort heißt es nach Auseinandersetzung mit den Publikationen zur Inhalationstherapie mit Interleukin-2: Dem publizierten Vorgehen liege das Behandlungsschema von H4 et al. zugrunde, über welches u.a. in der Zeitschrift "Der Urologe" (A 38: 466-473, 1999) berichtet worden sei. Diese Publikation enthalte Daten zur Behandlung von 188 Patienten, welche mit mindestens drei verschiedenen Interleukin-Präparaten behandelt worden seien. Es sei nicht näher ausgeführt worden, nach welchen Kriterien die Patienten für eine systemische Interleukin 2 Therapie ausgewählt worden seien. Nur 20 Patienten hätten eine reine Inhalationstherapie erhalten. Interleukin-2 sei überdies in unterschiedlichen Dosierungen eingesetzt worden. Einige Patienten hätten zusätzlich Interferon-alpha bekommen, ohne dass definiert worden sei, nach welchen Kriterien die Auswahl für die zusätzliche Interferon-alpha-Gabe erfolgt sei. Hieraus sei zu ersehen, dass es sich nicht um eine klinische Studie mit prospektiver Intervention bei einem einheitlichen Prüfprotokoll gehandelt habe. Das Vorgehen widerspreche den Minimalstandards bei der Publikation medizinischer Studien. Auch international hätten die Ergebnisse der Studiengruppe kaum Beachtung gefunden. Vielmehr gingen andere Arbeiten davon aus, dass randomisierte Studien erforderlich seien, um die Ergebnisse zu bestätigen. Weltweit seien zur inhalativen Interleukin-2 Therapie von Patienten mit metastasierten Nierenzellkarzinomen fast ausschließlich Daten der Arbeitsgruppe H1 und H4 publiziert. International werde sie als experimentelle Therapieform eingestuft. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass die unter dieser (subkutan-inhalativen) Behandlung erzielten Remissionsraten höher seien, als die, welche durch die intravenöse oder subkutane systemische Therapie erreicht werden könnten. Während die subkutane Gabe von Interleukin-2 zu vergleichbaren klinischen Ergebnissen führe wie die intravenöse Dauerinfusion, sei die Pharmakokinetik aufgrund inhalativer Gabe hiermit nicht vergleichbar. Es handele sich um eine topische (lokale) Anwendung, hinsichtlich derer ausreichende Daten bisher nicht publiziert seien. Da ca. 90% aller Patienten zusätzlich Interleukin-2 systemisch subkutan erhalten hätten und ca. 30% zusätzlich mit Interferon behandelt worden seien, könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die beobachteten Remissionen allein auf die systemische Gabe dieser Medikamente zurückzuführen seien. Der derzeitige Stand der Erforschung der Wirkung von inhalativem Interleukin-2 entspreche der Studienphase I/II. Auch die von den Autoren behauptete geringere Toxizität sei nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Auch bei systemischer subkutaner Gabe sei die Rate schwerer, lebensbedrohlicher Nebenwirkungen gering, über Todesfälle sei insoweit nicht berichtet worden. Alle verfügbaren Daten zeigten im Übrigen, dass Art und Schwere der Nebenwirkungen nicht nur von der Art der Applikation, sondern vor allem von der Höhe der Dosis beeinflusst würden. Die inhalative Gabe von Interleukin-2 könne nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin nicht begründet werden. Auf das von der AOK Rheinland/Hamburg im Verfahren S 23 KR 76/02 ER als Anlage B 5 vorgelegte Gutachten wird ergänzend Bezug genommen.
Am 12. November 2001 beschloss der Vorstand der Klägerin, dass eine Verordnung von Proleukin zur inhalativen Gabe auf Kassenrezept untersagt sei, sofern nicht die zuständige Krankenkasse einen Regressverzicht erklärt habe, und setzte diesen Beschluss in einer entsprechenden Dienstanweisung für die Ärzte der Klägerin um.
Daraufhin suchten Patienten anderer Kassen bei den für sie zuständigen Sozialgerichten um vorläufigen Rechtsschutz nach, damit ihre weitere Versorgung mit Proleukin zur Durchführung der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie sichergestellt werde. In einem im Rahmen eines derartigen einstweiligen Anordnungsverfahrens bei dem Sozialgericht Hamburg (S 23 KR 76/02 ER) erstatteten Gutachtens betreffend ein Mitglied der AOK Rheinland/Hamburg führte der Facharzt für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. Polak unter dem 29. Januar 2002 zusammenfassend aus, die Gabe einer als Injektion zu verabreichenden Substanz in inhalativer Form sei ohne ausreichende Informationen zur Resorptionsrate und anderer pharmakokinetischer Grundinformationen wissenschaftlich nicht begründbar und unzulässig. Bei der inhalativen Interleukin-2-Therapie würden im Bereich der Metastasen lokale Wirkstoffkonzentrationen erreicht, die nur einen Bruchteil (ca. 1:1000 geschätzt) der mittels Injektion erreichten Wirkstoffkonzentrationen im bzw. am Tumor betrügen. Bei dieser Therapie handele es sich nicht um eine Standard-Therapie, deren Wirksamkeit und Nutzen anhand einwandfrei geführter wissenschaftlicher Untersuchungen in einer für die Beurteilung ausreichenden Anzahl von Fällen belegt sei. Aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage könne von einer unwirtschaftlichen Therapieform ausgegangen werden. In der medizinisch-wissenschaftlichen Fachdiskussion besitze diese Therapieform keine breite Resonanz. Die inhalative Interleukin-2-Behandlung basiere ausschließlich auf im Stile der Erfahrungsmedizin retrospektiv beurteilten Behandlungsberichten. Zum Unterschied der Verabreichung des Medikaments Proleukin durch Injektion einerseits und Inhalation andererseits wird dort im Einzelnen ausgeführt: Durch Injektionen, gleich welcher Art (subkutan, intramuskulär, intravenös oder intrakutan), werde der gesamte Wirkstoff unter Umgehung eines "Resorptionsorgans" dosiskontrolliert verabreicht. Eine gewisse Verteilung im Gesamtorganismus könne unterstellt werden, wobei die lokale Verträglichkeit, das Erreichen einer ausreichenden Gewebe- oder Serumkonzentration und andere Faktoren, die die biologische Verfügbarkeit bestimmten, zu beachten seien. Bei der inhalativen Verabreichung seien die Verhältnisse grundsätzlich anders. Sie sei nicht mit einer Injektionsbehandlung vergleichbar. Bei inhalativer Verabreichung könne nicht mehr von einer ausreichenden Resorption der Wirksubstanzen ausgegangen werden. Die Resorptionsrate werde im Wesentlichen durch das Molekulargewicht bestimmt. Überschreite dieses eine gewisse kritische Größe, könne nicht mehr von einer effektiven Resorption ausgegangen werden. Eine systemische Wirksamkeit sei nicht zu erwarten. Dies treffe auch für das Interleukin-2 in Form des Arzneimittels Proleukin zu. Soweit geltend gemacht werde, es sei eine systemische Wirkung auch gar nicht beabsichtigt, vielmehr solle durch die inhalative Gabe eine lokoregionale Tumortherapie durchgeführt werden, sei zu beachten, dass bei einer lokoregionalen Tumortherapie die Wirkstoffe direkt in den Tumor oder in dessen Umgebung appliziert würden. Hierdurch würden Wirkstoffkonzentrationen erzeugt, die möglicherweise höher seien als bei intravenöser Gabe. Ein solcher Effekt sei durch rein inhalative Behandlung kaum vorstellbar, weil eine hochgradige Verdünnung der Wirkstoffkonzentration bereits in der Atemluft erfolge und ferner der mit der Atemluft aufgenommene Wirkstoff auch nur zu einem äußerst geringen Bruchteil in den unmittelbaren Bereich der Lungenmetastasen gelange. Soweit von den Vertretern der inhalativen Therapieform dargelegt werde, dass Interleukin-2 auch nach der Vernebelung aktiv bleibe und ein Ansteigen der immunkompetenten Zellen in der bronchio-alveolaren Lavage (Spülflüssigkeit) beobachtet worden sei, so stellten diese Beobachtungen allenfalls Wirkungen dar, berechtigten aber noch nicht zum Rückschluss auf eine Wirksamkeit gegenüber Lungenmetastasen. Auszuschließen sei auch nicht, dass die beobachteten Therapieerfolge des eingesetzten Konzepts ausschließlich der Begleittherapie, nämlich der subkutanen Interleukin-2-Gabe in reduzierter Dosis in Kombination mit Interferon-alpha in empfohlener Dosierung zurückzuführen seien. Auf das Gutachten (Blatt 231 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) wird ergänzend Bezug genommen.
In der Sitzung des Beklagten am 7. März 2002 machte die Klägerin zur Begründung ihrer Widersprüche gegen die Regressbescheide geltend, die DGCIN 98 Studie sei nicht realisiert worden. Auch hätten mehrere Patienten nur subkutane und keine inhalative Behandlung mit Proleukin erhalten, für einige Patienten lägen Genehmigungen der Krankenkasse vor und für weitere hätten die Sozialgerichte im Wege einer einstweiligen Anordnung die jeweilige Kasse zur Kostenübernahme verpflichtet.
Daraufhin vertagte sich der Beklagte und gab Gelegenheit zu weiteren Ausführungen, insbesondere zu der Erklärung, ob Interleukin 2 inhalativ verabreicht worden sei, ob eine Teilnahme am DGCIN 98 Konsensusprotokoll Therapieoptimierungsvergleich stattgefunden habe und ob Kostenübernahme- oder Regressverzichtserklärungen vorgelegen hätten. Die Klägerin erklärte sich hierauf in allen Einzelfällen mit einem Schreiben vom 5. Juli 2002. Sie verneinte eine Studienteilnahme in allen von Regressen betroffenen Fällen mit Ausnahme des den Patienten D1 M. (L 2 KA 37/06) betreffenden Falles.
Durch Beschlüsse vom 24. Juli 2002 bestätigte der Beklagte die ausgesprochenen Regresse. Die Entscheidung des Prüfungsausschusses könne nach erneuter Prüfung und unter Heranziehung der aufgrund des Beschlusses vom 7. März 2002 nachgereichten Unterlagen zum Teil bestätigt werden. Nachdem eine Studienteilnahme nunmehr mit Ausnahme eines Patienten ausdrücklich verneint werde, sei eine Entscheidung darüber, ob die vom Prüfungsausschuss beanstandeten Verordnungen auch unzulässig waren, weil sie im Rahmen des DGCIN 98 Konsensusprotokolls erfolgt seien, vom Beschwerdeausschuss allerdings nicht mehr zu treffen. Nicht beanstandet würden danach diejenigen Verordnungen, die eine ausschließlich subkutane Verabreichung von Proleukin zum Inhalt hätten. Hierfür sei mittlerweile eine Zulassung vorhanden. Nicht zu beanstanden sei danach auch die Verordnung von Roferon, da nicht mehr von einer Behandlung im Rahmen des DGCIN Konsensusprotokolls ausgegangen werden könne, nachdem nach der aktuellen Auskunft der Klägerin vom 5. Juli 2002 die Behandlung nicht im Rahmen dieser Studie vorgenommen wurde. Zu beanstanden seien aber diejenigen Verordnungen, die nach der Einlassung der Klägerin im Schreiben vom 5. Juli 2002 im Rahmen einer kombinierten subkutan-inhalativen Behandlung mit Proleukin erfolgt seien. Diese Form der Behandlung des pulmonal metastasierten Nierenzellkarzinoms mit Proleukin, bei der 10 % der Dosis subkutan und 90 % der Dosis inhalativ verabreicht würden, werde von der Klägerin praktiziert. Injektion bzw. Inhalation würden nach Anleitung durch die Patienten selber vorgenommen. Dieses Vorgehen stelle eine Verordnung des Medikaments Proleukin außerhalb dessen arzneimittelrechtlicher Zulassung dar. Denn nach § 22 Arzneimittelgesetz (AMG) müsse der Zulassungsantrag auch Angaben über die Darreichungsform und die Art der Anwendung enthalten. Angaben über die Art der Anwendung müssten nach § 11 a Abs. 1 Nr. 11 AMG auch die Fachinformationen enthalten. Hieraus ergebe sich zweifelsfrei, dass Darreichungsform und Art der Anwendung Bestandteile der Zulassung seien. Eine Verordnungsfähigkeit von Proleukin zur Anwendung nach dem Therapieschema der Klägerin könne daher nur auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den neuartigen Arzneitherapien beurteilt werden. Jedoch lägen – obschon es sich beim metastasierten Nierenzellkarzinom zweifelsfrei um eine lebensbedrohliche Erkrankung handele – keine Erkenntnisse vor, die zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zuließen und aufgrund derer deshalb in einschlägigen Fachkreisen Konsens über den voraussichtlichen Nutzen dieser Anwendung bestehe. Von der fehlenden Verordnungsfähigkeit des Proleukin in inhalativer Anwendung werde auch derjenige Anteil des Medikaments erfasst, welcher auf die subkutane Gabe entfalle. Denn die kombinierte subkutane und inhalative Behandlung stelle eine Einheit dar, aus der nicht einzelne Elemente herausgelöst und gesondert betrachtet werden könnten. Die Verordnungsfähigkeit fehle des Weiteren hinsichtlich des Medikaments Roaccutan. Dieses sei für die Behandlung des Nierenzellkarzinoms nicht zugelassen, und es seien keinerlei Informationen bekannt, wonach die Verordnung zu Lasten der Krankenkasse nach den Grundsätzen für den zulassungsüberschreitenden Einsatz gegeben wären. Auf die Beschlüsse (Blatt 69 ff. der Sachakte des Beklagten – P-148/00, jeweils Blatt 26 ff. der Sachakte des Beklagten – P-105/01 und 104/01) wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Beschlüssen vom 24. Juli 2002 entschied der Beklagte auch über Widersprüche in weiteren, ähnlich gelagerten Fällen. Diese sind Gegenstand der Verfahren L 2 KA 37/06 bis L 2 KA 57 und L 2 KA 61 und 62/06.
Die Klägerin hat unter Hinweis darauf, dass ihr die Bescheide des Beschwerdeausschusses jeweils am 12. Dezember 2002 zugestellt wurden, am 13. Januar 2003, einem Montag, zum Aktenzeichen S 27 KA 14/03 Klage erhoben, mit der sie ihr Anfechtungsbegehren gegenüber allen Regressbescheiden weiterverfolgt hat. Nach Trennung in 26 einzelne Verfahren hat das den Bescheid zum Aktenzeichen P-148/00 (Regress S.) betreffende Verfahren beim Sozialgericht das Aktenzeichen S 27 KA 566/03, das den Bescheid zum Aktenzeichen P-105/01 (Regress H. Quartal IV/00) das Aktenzeichen S 27 KA 567/03 und das den Bescheid P 104/01 (Regress H. Quartal I/01) das Aktenzeichen S 27 KA 568/03 erhalten.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, es sei außer in dem Fall des im Verfahren S 27 KA 14/03 (= L 2 KA 37/06) betroffenen Patienten M. , der tatsächlich im Rahmen der DGCIN 98 Studie behandelt worden sei, eine Studienteilnahme nicht erfolgt. Die DGCIN 98 Studie sei zwar durchgeführt worden, jedoch seien die Ergebnisse erst in der Zukunft zu erwarten. Gegenüber der Argumentation des Beschwerdeausschusses, dass das Medikament Proleukin außerhalb seiner Zulassung eingesetzt wurde, weil es inhalativ bzw. kombiniert subkutan-inhalativ anstelle der zugelassenen intravenösen Gabe eingesetzt wurde, werde daran festgehalten, dass lediglich in der Applikationsart (der Art der Anwendung) abgewichen worden sei, während es grundsätzlich um ein für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassenes Arzneimittel gehe. Krankenversicherungsrechtlich stelle die indikationsgemäße Verwendung eines zugelassenen Arzneimittels in einer von der Zulassung abweichenden Applikationsform keinen Off-Label-Use dar. Die insoweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufzuwerfenden Fragen der Zulassungsüberschreitung stellten sich nur bei Verwendung eines zugelassenen Medikaments außerhalb der in der Zulassung genannten Indikation. Proleukin sei aber – was unstreitig sei – für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassen. Im Übrigen liege der Entscheidung des Beschwerdeausschusses auch ein Fehlverständnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum zulassungsüberschreitenden Einsatz von Arzneimitteln zugrunde. Es handele sich beim metastasierten Nierenzellkarzinom zweifellos um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Auch sei keine andere Therapie verfügbar, denn auch die Therapiealternative der reinen subkutanen Anwendung sei mit schwersten Nebenwirkungen für die so behandelten Patienten verbunden. Bei systemischer Therapie führe der Wirkstoff Proleukin je nach Patient und verwendeter Dosis zu Symptomen ähnlich wie bei einer schweren Grippe. Dies könne bei den ohnehin vorbelasteten Patienten sogar zum Tode führen. Dagegen werde bei der kombinierten inhalativ-subkutanen Therapie das Problem der Verteilung von Proleukin im gesamten Gefäßsystem minimiert. Das inhalativ aufgenommene Proleukin gelange nicht in das Gefäßsystem. Deshalb würden die Nebenwirkungen durch den geringen subkutanen Medikamentenanteil gering gehalten. Andererseits würden durch die inhalative Gabe bei den Patienten mit Lungenmetastasen die Tumorzentren direkt erreicht und es könne ein Ersticken verhindert werden. Auch die Fachinformationen für subkutane bzw. intravenöse Gabe von Proleukin erwähnten als Risikofaktoren einen reduzierten Allgemeinzustand, metastatischen Befall in mehr als einem Organ sowie ein Intervall von mehr als 24 Monaten zwischen der Primärdiagnose und dem Beginn der Therapie mit Proleukin. Bei fast allen Patienten, derentwegen in den streitgegenständlichen Bescheiden Regresse ausgesprochen wurden, habe eine Kontraindikation für die systemische (also rein subkutane oder intravenöse) Therapie nach den Fachinformationen bestanden. Wären diese Patienten dennoch systemisch behandelt worden, hätte ein echter Off-Label-Use vorgelegen, da die Indikation nach den verbindlichen Fachinformationen verlassen worden wäre. Anders stelle sich der Fall allerdings bei den Patienten dar, bei denen erfolglos eine systemische Immuntherapie versucht worden sei und die inhalative Therapie sich als letzte Therapieoption mit einem für die Indikation zugelassenen Medikament dargestellt habe. Auch sei es für einige Patienten dringend notwendig gewesen, weiter ihren sozialen Pflichten nachgehen zu können, und sie hätten sich den Belastungen der nebenwirkungsreichen systemischen Therapie nicht gewachsen gefühlt. Vor diesem Hintergrund sei zu hinterfragen, ob den Patienten eine nachweislich erheblich weniger gefährliche Applikation hätte vorenthalten werden dürfen, selbst wenn diese formal für eine systemische Therapie geeignet gewesen wären. Diese Sachlage habe der Beschwerdeausschuss bei seiner rein formalen Argumentation verkannt. Die Therapieergebnisse der inhalativen Gabe zeigten ein Langzeitüberleben, das eher besser, mindestens aber genauso gut sei, wie dasjenige bei der toxischen systemischen Behandlungsform. Die inhalative Gabe erlaube Berufstätigkeit und Versorgung der Familie. Im Übrigen möge es zwar zutreffen, dass ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung auf die inhalative Therapieform mit veröffentlichten Phase-III-Studien nicht vorliege. Das Fehlen einer Phase-III-Studie sei aber kein Argument gegen die inhalative-subkutane Applikation. Dem Wirkstoff Aldesleukin in inhalativer Verabreichung sei nämlich am 8. Mai 2003 von der European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) ein "significant benefit" bescheinigt worden (orphan drug designation). Auch könne es auf den Nachweis pharmakologischer und immunologischer Prozesse bei der inhalativen Behandlung nicht ankommen. Abzustellen sei vielmehr auf den Überlebensvorteil der streitigen Behandlung und nicht auf die Herausarbeitung von Surrogatparametern und deren Veränderung bei der inhalativ-subkutanen (90% Inhalation, 10% subkutane Verabreichung) Behandlung durch Interleukin-2. Phase-III-Studien seien auch gar nicht zu verlangen, weil es nicht genügend Fälle von Patienten mit in die Lunge metastasierendem Nierenzellkarzinom gebe. Eine Phase-III-Studie könne auch gar nicht mehr verwirklicht werden, weil es ethisch nicht zu vertreten sei, im Rahmen einer solchen Studie Patienten Placebos zu verabreichen. Nach dem Inhalt der Stellungnahmen der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. vom 15. Januar 1998 und der Deutschen Gesellschaft für Immuntherapie e. V. vom 30. Juni 2000 sei die (zumindest palliative) Wirksamkeit der streitigen Therapie im Übrigen belegt bzw. belegt, dass der inhalative Einsatz von Proleukin in den wesentlichen Kreisen des betroffenen medizinischen Fachgebietes Akzeptanz gefunden habe. Danach sei ein Konsens innerhalb des beteiligten Fachkreises festzustellen. Auch die Behandlung des metastasierenden Nierenkarzinoms mit Roaccutan erfülle die vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen für einen Off-Label-Use. Das Medikament sei aufgrund seiner "spezifischen Wirkung auf das menschliche Immunsystem" geeignet, einer weiteren Metastasierung von Krebsleiden vorzubeugen. Unabhängig hiervon sei aber auch der Stand der wissenschaftlichen Diskussion zur inhalativen Anwendung von Proleukin nicht zutreffend gewürdigt worden. Der Beklagte habe auch bei der Berechnung des Mehraufwandes, der Gegenstand des Regresses sei, nicht Einsparungen bei anderen ärztlichen Leistungen (Vermeidung stationären Aufenthalts, Berücksichtigung der Kosten des systemischen Teils der kombinierten Behandlung) berücksichtigt. Er habe eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall eigentlich nicht vorgenommen. Im Übrigen sehe sie, die Klägerin, sich bestärkt durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98). Im vorliegenden Fall habe die rein systemische Applikation aus medizinischen Gründen nicht zur Anwendung gelangen können. Zumindest habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht durch die Kombination von subkutaner und inhalativer Applikation bestanden. Auch berufe sie, die Klägerin, sich auf Vertrauensschutz. Mit einem Regress sei nicht zu rechnen gewesen, weil die "orphan drug designation" zugebilligt worden sei, woraus auf "einen klinisch relevanten Vorteil oder bedeutenden Beitrag zur Behandlung von Patienten" habe geschlossen werden können. Außerdem stehe dem Regress der Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" entgegen. Es sei nicht davon auszugehen gewesen, dass die (beigeladene) Krankenkasse zwar das Inhalationsgerät, nicht aber das bei der Inhalation verwendete Medikament habe finanzieren wollen. Zusätzlich hat sich die Klägerin auf eine Reihe von Entscheidungen der Sozialgerichte in Eilverfahren bezogen, in denen Kassen verpflichtet wurden, ihren Mitgliedern die inhalative Interleukin-2 Therapie als Sachleistung zu gewähren. Auf die Schriftsätze vom 10. Juni 2004, 2. Dezember 2004, 15. April 2005, 9. September 2005 und 27. Januar 2006, 6. März 2006 und 18. September 2006 wird ergänzend Bezug genommen.
Der Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin unter Hinweis auf den die Zulassung überschreitenden Einsatz von Proleukin entgegen getreten und hat des Weiteren unter Hinweis auf die Ausführungen der AOK Rheinland/Hamburg in den Parallelverfahren, die er sich zu eigen mache, entgegnet, dass die vom Bundessozialgericht im Urteil vom 19. März 2002 aufgestellten Off-Label-Use-Kriterien hier nicht erfüllt seien, so dass die Verordnung von Proleukin zur inhalativen Applikation nicht erlaubt gewesen sei. Die Off-Label-Expertengruppe des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte habe in einer vorläufigen Bewertung Ende 2004 ausgeführt, dass ein Off-Label-Einsatz von Interleukin-2 in inhalativer Darreichung derzeit nicht gerechtfertigt sei. Zurzeit der hier streitigen Verordnungen hätten keine Studien vorgelegen, die eine Wirksamkeit belegten. Die von der Klägerin vorgelegten Beschlüsse und Urteile sozialgerichtlicher Rechtsprechung überzeugten nicht. Bei fast allen dieser Entscheidungen habe das eindeutige Ergebnis der Off-Label-Expertengruppe (noch) nicht vorgelegen. Diese Gerichte hätten ihre Auffassung überwiegend auf den Umstand gestützt, dass Proleukin auch in anderen Kliniken eingesetzt worden sei und auf die Ergebnisse der von Frau Prof. Dr. H1 geleiteten Deutschen Gesellschaft für Immuntherapie e. V. verwiesen. Andere Kliniken hätten wiederum Proleukin wegen der Veröffentlichungen der (Ärzte der) Klägerin eingesetzt. Diese Veröffentlichungen seien aber von der Expertengruppe, die bei ihrer Bewertung alle Originalarbeiten eingeschlossen habe, berücksichtigt worden. Die ausgewerteten Gutachten seien überwiegend vor 1999 erstellt worden, so dass auch zum Zeitpunkt der Verordnungen diese Datenlage bereits vorhanden gewesen sei. Der überwiegende Teil der Veröffentlichungen stamme von Frau Prof. Dr. H1 oder anderen Ärzten der Klägerin. Es hätten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Erkenntnisse vorgelegen, die zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zutage treten und die deshalb die Aussage zuließen, dass in einschlägigen Fachkreisen Konsens über den voraussichtlichen Nutzen der inhalativen Anwendung bestanden habe. Hierfür spreche auch, dass die Studienanalyse zu dem Ergebnis komme, dass unterschiedliche Dosierungsangaben für die inhalative Therapie publiziert worden seien. Wenn in jeder Studie eine andere Dosierung verwendet worden sei, könne nicht einmal von einheitlichen Studien, geschweige denn von einem Konsens in Fachkreisen gesprochen werden. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 stehe der Anwendung der Rechtsprechung zum Off-Label-Use hier nicht entgegen. Es habe im vorliegenden Fall andere – für die Erkrankung zugelassene – Medikamente gegeben. Auch seien im konkreten Behandlungsfall die Behandlungsweise und deren Resultate kaum hinreichend dokumentiert, was schon aus den unterschiedlich eingesetzten Dosierungen folge. Da auch unterschiedliche Kombinationen von Medikamenten eingesetzt worden seien, könnten die von den Ärzten der Klägerin angeblich beobachteten Wirkungen auch auf die Gabe dieser Medikamente (z. B. Roferon) zurückzuführen sein. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes reichten die Veröffentlichungen, die im Jahre 1999 bekannt gewesen und überwiegend von Ärzten der Klägerin verfasst worden seien, nicht aus.
Die Beigeladene hat ebenfalls auf die Überschreitung der Zulassung durch inhalative Verabreichung hingewiesen und hierzu an den Versuch der inhalativen Gabe von Insulin erinnert, welcher ebenfalls ein erneutes Zulassungsverfahren ausgelöst habe.
In dem Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Stand: Juli 2005) – Feststellung zu inhalativem Interleukin-2 bei metastasiertem Nierenzellkarzinom – heißt es zur Pharmakokinetik von inhalativem Interleukin-2 zusammenfassend:
Pharmakokinetische Studien zum inhalativen Einsatz von Interleukin-2 basieren derzeit nur auf einer sehr geringen Anzahl von Patienten. Untersuchungen zur Pharmakokinetik des Wirkstoffs in der Lunge liegen bisher nicht vor, so dass nur indirekt über die Messung von Surrogatparametern geschlossen werden kann, dass eine Verteilung des Wirkstoffs in der Lunge stattfindet. Nur unter den höchsten Dosen (1,2 Mio Units Interleukin-2) waren vereinzelt geringe Konzentrationen des Wirkstoffs auch im Plasma nachweisbar. Untersuchungen zur Pharmakokinetik sind deshalb notwendig, wenn Zusammenhänge zwischen verabreichter Dosis, der Pharmakokinetik des Wirkstoffs in der Lunge und ein Ansprechen des Patienten auf die Therapie aufgestellt werden sollen.
Abschließend werden einstimmig folgende Feststellungen getroffen:
1. Es existiert keine randomisierte Phase-III-Studie, die eine Interleukin-2 Inhalation mit irgendeiner anderen Therapie oder Kontrollgruppe vergleicht. 2. In Phase-I/II-Studien wurden Tumorremissionen und stabile Krankheitsverläufe beobachtet, sowohl unter alleiniger Inhalation von Interleukin-2 als auch mit Kombinationstherapien, die überwiegend oder teilweise eine Interleukin-2 Inhalation enthalten; und zwar sowohl bei chemo-immun-naiven wie bei systemisch vorbehandelten Patienten. 3. Der Einfluss der Dosierung, der Applikationsintervalle und der Inhalationsdauer auf die Wirksamkeit von Interleukin-2 in inhalativer Anwendung ist ebenso wenig geklärt, wie die Effekte von systemischen Begleittherapien. 4. Die Selektionskriterien für die Auswahl von Patienten, die bevorzugt von einer alleinigen oder zusätzlichen Interleukin-2-Inhalation profitieren, sind nicht abgesichert. 5. Ganz überwiegend wurde bei den Arbeiten zur Interleukin-2 Inhalation eine systemische Begleittherapie verabreicht. "Interleukin-2-Inhalation" ist daher im Folgenden als eine kombinierte Therapieform zu verstehen, die größtenteils zusätzlich zur Inhalation von Interleukin-2 eine systemische Behandlung mit Interferon-&945; (IFN) und/oder Interleukin-2 in subkutaner Applikationsweise beinhaltet hat. 6. Die durch eine "Interleukin-2-Inhalation" erzielten objektiven Tumoransprechraten (CR + PR) sind unterdurchschnittlich, verglichen mit systemischen Immun-Chemotherapien. 7. Nach der Datenlage konnte bei Patienten in ausgewählten Fällen durch eine "Interleukin-2-Inhalation" ein Behandlungserfolg erzielt werden, die für die zugelassenen Therapieformen nicht geeignet waren, oder die auf zugelassene Therapien nicht angesprochen haben. 8. Die hohe Rate an Krankheitsstabilisierungen, die für eine "Interleukin-2-Inhalation" berichtet wird, kann nur selten als objektiv überprüfbar eingestuft werden, da der sichere Nachweis einer vorherigen Tumorprogression höchstens erwähnt, aber nicht nachvollziehbar belegt wird. 9. Das Toxizitätsprofil einer "Interleukin-2-Inhalation" unterscheidet sich grundlegend von den charakteristischen Profilen systemischer Gaben von Interleukin-2 (und/oder Roferon). Die deskriptiven Daten zu den therapiebedingten Toxizitäten einer "Interleukin-2-Inhalation" deuten auf eine bessere Verträglichkeit als andere Interleukin-2-basierte Therapieprotokolle; ein prospektiv vergleichender Beleg fehlt. 10. Die publizierten Lebensqualitäten zur "Interleukin-2-Inhalation" sind in ihrer Form unzureichend bewertbar und aus methodischen Gründen nicht hinreichend aussagefähig.
Die Expertengruppe gelangt zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Indikation "Nierenzellkarzinom" im metastasierten Stadium um eine schwerwiegende Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung handelt, dass aber andere Therapien als die Behandlung mit Interleukin-2 in inhalativer Applikation zur Behandlung hierfür verfügbar und zugelassen seien. Zur Interleukin-2-Inhalation bestünden nur ganz vereinzelte kasuistische Schilderungen, die darauf verwiesen, dass durch ein Protokoll, in dem auch Interleukin-2 inhaliert wurde, ein Behandlungserfolg palliativ erzielt worden sei, nachdem andere Verfahren versagt hätten. Die Kasuistiken seien nicht im Detail überprüfbar und die Selektionskriterien für die Auswahl von Patienten, die bevorzugt von einer alleinigen oder zusätzlichen Interleukin-2-Inhalation profitieren, seien nicht abgesichert. Ein "Off-Label-Einsatz" von Interleukin-2 in inhalativer Darreichung sei derzeit nicht gerechtfertigt.
In seiner Sitzung am 18. April 2006 bestimmte der Gemeinsame Bundesausschuss, dass inhalatives Interleukin-2 nicht zur Therapie eines Nierenzellkarzinom verordnungsfähig ist und ergänzte insoweit die Arzneimittel-Richtlinie (BAnz Nr. 134, S. 5122, vom 20. Juli 2006).
Durch Urteile vom 4. Oktober 2006 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zur Behandlung eines metastasierenden Nierenzellkarzinoms sei Interleukin-2 nur für die intravenöse Verabreichung zugelassen gewesen. Dies folge aus § 29 Abs. 3 Nr. 2 AMG, wonach eine Änderung in eine mit der zugelassenen nicht vergleichbare Darreichungsform eines neuen Zulassungsantrages bedürfe. Die Voraussetzungen eines zulässigen Off-Label-Use von Interleukin-2 in der Form einer subkutan-inhalativen Applikation zulasten der Beigeladenen hätten nicht vorgelegen. Phase-III-Studien oder annähernd gleichwertige, wissenschaftlichen Ansprüchen genügende veröffentlichte Erkenntnisse über Qualität und Wirksamkeit dieser Behandlungsweise habe es nicht gegeben. Es hätten nur vereinzelt kasuistische Schilderungen zur Interleukin-2-Inhalation bei Nierenzellkarzinom vorgelegen. Die erfolgte Therapie sei auch nicht im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 zulässig gewesen. Denn es hätten für die behandelten Erkrankungen allgemein anerkannte und medizinischem Standard entsprechende Behandlungen zur Verfügung gestanden. Aus dem Umstand, dass dem Wirkstoff Aldesleukin in inhalativer Verabreichung von der EMEA der orphan drug status zuerkannt worden sei, ergebe sich nichts anderes. Denn mit dieser Zuerkennung werde eine arzneimittelrechtliche Zulassung nicht ersetzt. Aus ihr folgten vielmehr lediglich administrative und finanzielle Unterstützung im Zulassungsverfahren und ein verlängertes exklusives Vermarktungsrecht. Die Urteile sind den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14. November 2006 zugestellt worden. Auf die Entscheidungen wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin hat am 6. Dezember 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass bei den Behandelten keine medizinische Kontraindikation gegen die alleinige Therapie mit subkutanem Interleukin-2 bestanden habe und dass es anderweitige Behandlungsmöglichkeiten gegeben habe. Alle Versicherten, um deren Behandlung mit der kombinierten subkutan-inhalativen Therapie mit Interleukin-2 (Proleukin) es in den Parallelberufungsverfahren gehe, hätten eine medizinische Kontraindikation gegen alle Behandlungsformen mit Interleukin-2 oder Interferon-alpha mit Ausnahme der angewandten kombinierten Therapie aufgewiesen. Die damals zugelassene subkutane Applikation von Interferon-alpha habe bei den Versicherten nicht – jedenfalls nicht in einer der Zulassung entsprechenden Weise – zur Anwendung kommen können. Auch habe das Sozialgericht seine Entscheidung auf die unzutreffende Annahme gestützt, dass eine zugelassene Behandlungsalternative in Gestalt der subkutanen Gabe von Proleukin bestanden habe. Denn die alleinige Therapie mit subkutanem Interleukin-2 sei seinerzeit weder zugelassen noch "allgemein anerkannt" gewesen. Das Sozialgericht begründe auch nicht, weshalb aus seiner Sicht vorliegend ein Off-Label-Use bei alleiniger subkutaner Applikation von Interleukin-2 möglich, ein Off-Label-Use dieses Medikaments bei kombiniert inhalativ (90 v. H.) -subkutaner (10 v. H.) Therapie aber nicht möglich gewesen sei. Schließlich habe sich das Sozialgericht nicht mit den klägerischen Ausführungen/Argumenten zum Zustandekommen des Regressbescheids (Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, Feststellung des unwirtschaftlichen Mehraufwands, Einsparungen bei anderen ärztlichen Leistungen, insbesondere Kosten bei stationärer Aufnahme zur systemischen Therapie) auseinandergesetzt, interpretiere die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Off-Label-Use falsch und verkenne den Inhalt des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 sowie den klägerischen Einwand des Vertrauensschutzes. Außerdem werde daran festgehalten, dass hinreichend (positive) wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der inhalativen Gabe von Interleukin-2 vorliegen. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 6. März 2007 (Blatt 298 ff. der Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 13. November 2007 legt die Klägerin das Parteigutachten des Fachapothekers/Lebensmittelchemikers/Medizininformatikers Prof. Dr. rer. nat. habil H. G. Schweim vom 28. Oktober 2007 vor. Dieser vertritt die Auffassung, dass die Interleukin-2-Inhalation Wirksamkeit (wenn auch geringere bzw. unterdurchschnittliche im Vergleich mit der systemischen Immun-Chemotherapie) besitze. Eine palliative Wirkung sei in Einzelfällen möglich. Er hält im Übrigen die Auffassung der Expertengruppe und die auf ihr fußende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses für falsch. Auch eine kombinierte Therapie sei im Hinblick auf den erzielbaren palliativen Effekt medizinisch vertretbar. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 13. November 2007 (Blatt 317 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 58/06, Blatt 94 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 59/06, Blatt 95 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 60/06) und das als Anlage K 18 vorgelegte Gutachten des Prof. Dr. Schweim (Blatt 325 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 58/06, Blatt 102 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 59/06, Blatt 103 der Gerichtakte L 2 KA 60/06) wird ergänzend Bezug genommen.
Zu den konkreten Behandlungssachverhalten trägt die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Vorlage von Schriftsätzen vom selben Tage ergänzend vor, dem Patienten W. S. sei aufgrund eines fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms vom Typ Adenokarzinom mit ausgedehnter Infiltration in die Nierenvene und das umgebende Fettgewebe die linke Niere entfernt worden. Gleichzeitig seien mehrere Metastasen in der Lunge und in der Pleura diagnostiziert worden. Das Allgemeinbefinden sei als deutlich eingeschränkt zu bezeichnen gewesen bei krankheitsbedingten Beschwerden wie Gewichtsverlust (10 kg), Husten, Dyspnoe und Abgeschlagenheit. Laborchemisch hätten sich ein erniedrigtes Hämoglobin und ein deutlich erhöhtes C-reaktives Protein gefunden. Aufgrund des ausgedehnten Wachstums und der frühen multiplen Metastasierung in die Lunge und in den angrenzenden Pleuraraum sei leider nur noch ein palliatives therapeutisches Vorgehen möglich gewesen. Dem Patienten sei es vordergründig um eine Lebensverlängerung bei gleichzeitiger Verbesserung der Krankheitssymptomatik/Lebensqualität gegangen. Da die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit von nephrektomierten und früh in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinompatienten unbehandelt nur sechs Monate betrage, sei eine notstandsähnliche Situation eingetreten. Am 2. August 1999 sei deshalb im Sinne eines Off-Label-Use mit einer Immuntherapie begonnen worden. Da der Patient die anfängliche Dosis von täglich 36 Mio. i.E. Interleukin 2 (Proleukin), davon 1 Teil subkutan und 11 Teile inhalativ nicht vertragen und mit Herz-Kreislaufproblemen und Fieber reagiert habe, sei die Tagesdosis auf 18 Mio. i. E. Interleukin 2 (5Xtäglich 3.3. Mio. i.E. inhalativ und 1Xtäglich 1,5 Mio. i.E. subkutan) reduziert worden. Unter diesem Therapieregime habe der Behandelte bis zum 18. September 1999 gestanden. Am XX.XXXXXXXXXX 1999 sei er verstorben. Im streitbefangenen Zeitraum hätten zur Behandlung nur zwei Medikamente zur Verfügung gestanden, nämlich hoch-dosiert intravenös zu applizierendes Interleukin 2 (Proleukin) oder eine Kombinationstherapie von Interferon-alpha (Roferon-A) subkutan in Verbindung mit intravenösem Vinblastin, denn Roferon sei nach der entsprechenden Fachinformation zusammen mit Vinblastin zu verabreichen. Allerdings sei Vinblastin für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms nicht zugelassen und stelle aufgrund seiner hohen Toxizität für viele seiner zugelassenen Anwendungsgebiete auch nicht das Mittel der ersten Wahl dar. Hochdosiertes Interleukin 2 intravenös sei wegen des Allgemeinzustandes des Erkrankten (ECOG 2 = ständige Symptome, metastatischer Befall von mehr als einem Organ weniger als 24 Monate zwischen Primärdiagnose und Indikation zur Immuntherapie) ausgeschlossen gewesen. Die arzneimittelrechtlich zugelassene Anwendungsform Proleukin S habe im streitbefangenen Zeitraum ebenfalls noch nicht vorgelegen. Hier sei die Zulassung erst im September 2001 erteilt worden. Deshalb sei wegen des Fehlens zulassungskonformer Behandlungsmöglichkeiten auf die ambulante kombinierte subkutan-inhalative Immuntherapie ausgewichen worden. Bei dem bei der Beigeladenen versicherten D. H. sei im September 2000 aufgrund eines fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms eine operative Entfernung der linken Niere durchgeführt worden. Gleichzeitig seien mehrere Metastasen in der Lunge diagnostiziert worden, die nicht hätten operativ entfernt werden können. Das Allgemeinbefinden des Patienten sei als gut zu bezeichnen gewesen, bei krankheitsbedingten Beschwerden wie Gewichtsverlust (5 kg), Übelkeit, Husten, Dyspnoe und Abgeschlagenheit. Das Kreatinin sei im Serum teilweise erhöht gewesen. Aufgrund der frühen und ausgedehnten Metastasierung in die Lunge sei leider nur noch ein palliatives therapeutisches Vorgehen möglich gewesen. Bei der Auswahl einer dem Einzelfall angemessenen Tumortherapie sei es bei diesem Patienten vordergründig um eine Lebensverlängerung bei gleichzeitiger Verbesserung der Krankheitssymptomatik/Lebensqualität gegangen. Da die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit von nephrektomierten und früh in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinompatienten unbehandelt nur sechs Monate betrage, sei eine notstandsähnliche Situation eingetreten. Deshalb sei am 6. Dezember 2000 im Sinne eines Off-Label-Use mit einer Immuntherapie mit 36 Mio. i.E. Interleukin 2 (3Xtäglich Proleukin inhalativ und 1Xtäglich subkutan sowie 3Xwöchentlich 9 Mio. i.E. Interferon-alpha (Roferon) subkutan) begonnen worden. Aufgrund des raschen Fortschreitens der Metastasierung in der Lunge sei im März 2001 die subkutane Dosis von Interleukin 2 nochmals erhöht worden. Da das Wachstum leider nicht mehr aufzuhalten gewesen sei, habe die Immuntherapie im Mai 2001 abgebrochen werden müssen, da eine weitere Dosissteigerung keinen Nutzen mehr habe erwarten lassen. Als letzter Therapieversuch sei dem Patienten ebenfalls im Off-Label-Use ab 2. Quartal 2001 2Xtäglich 20 mg Tamoxifen verordnet worden. Er sei dann 60-jährig am X.XXXXX 2002 verstorben. Zur Behandlung beider Patienten sei ein Off-Label-Use dieser Art zulässig gewesen, weil andere zulässige Behandlungsmöglichkeiten gefehlt hätten. Als Indiz für die palliative Wirksamkeit dieser Behandlung müsse auch gelten, dass die Europäische Union inhalativ zu verabreichendes Aldesleukin als so genanntes Arzneimittel für seltene Krankheiten ausgewiesen habe. Auf den Schriftsatz vom 2. Dezember 2009 wird ergänzend Bezug genommen.
Nach Verbindung der Berufungsverfahren L 2 KA 58/06, 59/06 und 60/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L 2 KA 58/06 beantragt die Klägerin,
die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Oktober 2006 (S 27 KA 566/03, S 27 KA 567/03 und S 27 KA 568/03) und die Beschlüsse des Beklagten vom 24. Juli 2002 (P-148/00, P-105/01, P-104/01) aufzuheben, hilfsweise Beweis zu erheben, wie in den Schriftsätzen vom 6. März 2007, 13. November 2007, 24. April 2009 und 10. Juni 2009 und 2. Dezember 2009 beantragt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die fachlichen Stellungnahmen der AOK Rheinland/Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in den Parallelverfahren vor, es handle sich bei der inhalativ-subkutanen Verabreichung von Proleukin (Interleukin-2) um eine Art der Anwendung, die eine Neuzulassung erforderlich mache. Eine positive Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege nicht vor, so dass dahinstehen könne, ob es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handele. Auch lägen die Voraussetzungen für einen zulässigen Off-Label-Use nicht vor. Nach Auffassung der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. habe es bereits 1997 de facto eine Standardbehandlung für die Indikation eines metastasierenden Nierenzellkarzinoms gegeben, nämlich Interleukin-2 zur venösen Applikation und Interferon-alpha in der Form des Arzneimittels Roferon-A zur subkutanen oder intramuskulären Applikation. Interleukin-2 sei vor Oktober 2001, auch schon im Jahr 2000, in Europa für die subkutane Applikation zugelassen gewesen. Auch in Deutschland sei die subkutane Applikation von Interleukin-2 – trotz fehlender deutscher Zulassung – seinerzeit bereits die häufigste Art der Applikation gewesen. Die Klägerin könne nicht den Beweis führen, dass die von ihr angewandte kombinierte inhalativ-subkutane Therapie hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirksamkeit dieser damaligen Standardtherapie überlegen gewesen sei. Ihre Behauptung, dass Kontraindikationen gegen eine systemische Interleukin-2-Behandlung in subkutaner Applikation in Kombination mit Interferon-alpha vorgelegen hätten, werde bestritten. Es fehle an einem objektivierbaren Beleg dafür, dass die Therapie der Klägerin irgendeinen palliativen Nutzen gehabt habe. Zudem bestehe Anlass zur Vermutung, dass Frau Prof. Dr. H1 zum Zeitpunkt der Verordnungen noch Forschungen zur Frage der Wirksamkeit der von ihr entwickelten kombinierten Therapie durchgeführt habe. Für die Zeit einer klinischen Prüfung eines Arzneimittels sei die vertragsärztliche Verordnungsfähigkeit desselben aber nicht gegeben. Da ein Verordnungsausschluss vorgelegen habe, hätten bei der Entscheidung über den Regress schließlich auch kompensatorische Einsparungen nicht berücksichtigt werden müssen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie hält die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und bezieht sich im Übrigen ebenfalls auf die Ausführungen der AOK Rheinland/Hamburg in den Parallelverfahren.
Im Verfahren L 2 KA 38/06 legt die AOK Rheinland/Hamburg, die Beigeladene jenes Verfahrens, ein Gutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vom 13. Februar 2008 vor und vertritt hierauf gestützt die Auffassung, es habe ein unzulässiger Off-Label-Use vorgelegen, alternative Behandlungsmöglichkeiten – etwa mit Roferon – hätten bestanden. Soweit pauschal die Unverträglichkeit behauptet werde, fehle jeder Nachweis. Ein Vertrauensschutz habe nicht bestanden. In dem Gutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein heißt es im Wesentlichen, für die an einem metastasierten Nierenzellkarzinom Erkrankten habe eine dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende, für Patienten geeignete und zumutbare Behandlung zur Verfügung gestanden. Das sei in Gestalt der subkutanen, niedrig dosierten Behandlung mit Interleukin-2 der Fall gewesen. Zwar sei die subkutane Applikation dieses Medikaments in den streitigen Quartalen noch nicht zugelassen und deshalb damals ebenfalls ein Off-Label-Use gewesen, jedoch hätten seit 1992 wissenschaftliche Erkenntnisse vorgelegen, die die subkutane Anwendung von Interleukin-2 begründeten (Universität Groningen 1992). Schließlich habe die Klägerin das in Rede stehende Medikament auch (zu einem Zehntel) in Kombination mit 9 Zehnteln inhalativen Interleukins verabreicht. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin meine, dass Patienten auf die (ausschließliche, niedrig dosierte) subkutane Behandlung mit diesem Arzneimittel nicht hätten verwiesen werden können. Letztlich könne dies aber dahinstehen, weil seit dem 2. Juni 1997 mit Interferon alpha (Roferon-A) ein anderes Zytokinpräparat für die (niedrig dosierte) subkutane Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms zugelassen gewesen sei. Diesbezüglich habe eine klinische Studie der Phase III (aus 1999) vorgelegen, die eine überlebenszeitverlängernde Wirkung belegt habe. Interferon alpha sei in der subkutanen Gabe deutlich nebenwirkungsärmer als die intravenöse Anwendung von hoch dosiertem Interleukin-2 und könne deshalb regelhaft ambulant verabreicht werden. Vor der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin 2 Gabe sei auch kein Behandlungsversuch mit der zugelassenen subkutanen Gabe von Interferon alpha durchgeführt worden. Es sei aber schwierig bis unmöglich, von einer Unverträglichkeit der subkutanen Interferon alpha-Gabe auszugehen, wenn zuvor nicht wenigstens ein Therapieversuch durchgeführt wurde. Auf das "Viertgutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vom 13. Februar 2008" (Blatt 213 ff. der Gerichtsakte zum Verfahren L 2 KA 38/06) wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin erwidert mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2008 unter Vorlage eines Gutachtens von Prof. Dr. Dr. Hautmann, Ärztlicher Direktor der Urologischen Universitätsklinik Ulm, vom 2. April 2008. Dort heißt es, beim metastasierten Nierenzellkarzinom handele es sich unstrittig um eine lebensbedrohliche Krankheit. Beim Auftreten von Lungenmetastasen liege eine für Arzt und Patient gleichermaßen tragische Situation vor, da die Chance auf Heilung praktisch Null sei. Vor diesem Hintergrund seien mit der inhalativen Therapie Hoffnungen verbunden worden. Vor dem Hintergrund der Datenlage sei es vertretbar, Patienten, die die systemische Behandlung mit Proleukin und Interferon nicht vertrügen und bei denen sich diese wegen des Vorliegens von Kontraindikationen ihrerseits als Off-Label darstelle, kombiniert-inhalativ zu behandeln. Dies sei wohl der einzig Erfolg versprechende Therapieansatz. Aspekte der Palliativmedizin spielten insoweit eine Rolle, als durch die in Rede stehende Therapie gerade bei Patienten mit Lungenmetastasen mindestens insoweit eine Verbesserung des Zustandes des Patienten erhofft werden könne, ohne die mit den systemischen Therapien verbundenen Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen. In diesem Sinne sei die inhalative Therapie bei einem ausgewählten Patientengut im Sinne einer letzten Zuflucht eine wohl begründete und wirksame Therapie. Auf den Schriftsatz vom 2. Oktober 2008 (Blatt 347 ff. der Gerichtsakte) und das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Hautmann (Blatt 351 ff. der Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen.
Hierauf legt die AOK Rheinland/Hamburg im Verfahren L 2 KA 38/06 ein weiteres Gutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vor. Dort hält Prof. Dr. Heyll daran fest, dass für alle Patienten mit der subkutanen Gabe von Interleukin oder Interferon-alpha eine anerkannte und geeignete Standardtherapie zur Verfügung gestanden habe. Kontraindikationen müssten insoweit im Sinne einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung bewertet werden, um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung auszulösen. Dies folge aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 4. April 2006 (B 1 KR 7/05 R). In den vorliegenden Fällen seien jedoch nachvollziehbare Kontraindikationen für eine subkutane Behandlung mit Interleukin-2 oder Interferon-alpha nicht erkennbar gewesen. Vielmehr belege der klinische Verlauf in allen Fällen das Gegenteil. So habe eine Reihe von Patienten im Anschluss an die inhalative Interleukin-2 Gabe über einen Zeitraum von mehreren Jahren subkutan Interferon-alpha erhalten. Allen sei zudem niedrig dosiertes Interleukin-2 und einigen auch Interferon-alpha subkutan neben inhalativem Interleukin verabreicht worden. Der Nutzen der kombiniert-inhalativen Therapie sei auch durch das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Hautmann nicht belegt. Auch dieser verweise insoweit ausschließlich auf Veröffentlichungen von Prof. Dr. Dr. H1 und Mitgliedern der von ihr gegründeten Deutschen Gesellschaft für Immuntherapie. Abschließend sei aber darauf hinzuweisen, dass es sich angesichts der großen Anzahl der nach dem von Prof. Dr. Dr. H1 entwickelten Protokoll behandelten Patienten nicht mehr um individuelle Heilversuche gehandelt haben könne. Vielmehr sei offenbar eine Medikamentenstudie durchgeführt worden, bei der die Patientenschutzrechte des Arzneimittelgesetzes zu beachten gewesen wären. Verbotswidrige Handlungen im Sinne des Arzneimittelgesetzes schlössen aber eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung aus. Auf das "Fünftgutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vom 16. Dezember 2008" (Blatt 249 ff. der Gerichtsakte des Verfahrens L 2 KA 38/06) wird ergänzend Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Ihren Antrag hat die Klägerin auch zu Recht lediglich auf die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdeausschusses gerichtet. Denn die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich bei Entscheidungen in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den das Verfahren abschließenden Bescheid des Beschwerdeausschusses (BSG v. 28.06.2000 – B 6 KA 36/98 R – juris Rn. 14). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat die beanstandeten Regresse zu Recht aufgrund einer Einzelfallprüfung ausgesprochen.
Rechtsgrundlage der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 SGB V. Nach dieser Vorschrift überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung (§ 106 Abs. 1 SGB V). Sie prüfen deren Wirtschaftlichkeit u.a. durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, wobei die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die im Gesetz selbst geregelten Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprüfungen hinaus nach § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V auch andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren können. In Ausfüllung dieser Ermächtigung haben die Beigeladene, der VdAK und der AEV sowie weitere Vertragspartner die Prüfungsvereinbarung vom 3. Februar 1994 geschlossen, welche in der hier maßgeblichen Fassung des 3. Nachtrags vom 21. Juni 1999 (Prüfungsvereinbarung) in § 20 bestimmt, dass auf Antrag u.a. einer Krankenkasse oder ihres Verbandes auch geprüft wird, ob ein Arzt durch Verordnung insbesondere von Arzneimitteln, von Heilmitteln, von Hilfsmitteln, von Krankenhausbehandlung, Veranlassung von Auftragsleistungen oder bei der Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen verstoßen hat. Anträge wegen einzelner Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel sind danach nur zulässig, wenn die Nettokosten der beanstandeten Mittel insgesamt mehr als DM 50 betragen. Ferner muss der Antrag innerhalb einer Frist von 9 Monaten nach Abschluss des Quartals vorliegen, in dem der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen vermutet wird.
Vorliegend hat die Beigeladene im Rahmen des ihr eingeräumten Antragsrechts, unter Beachtung der Bagatellgrenzenregelung und unter Einhaltung der Neunmonatsfrist zulässigerweise die Prüfung der streitigen Verordnungen beantragt.
Der Ausspruch der Regresse in Höhe von 50.493,84 DM (= 25.817,09 EUR) für das Quartal III/99, in Höhe von 43.950,86 DM (= 22.471,72 EUR) für das Quartal IV/00 und in Höhe von 69.432,94 DM (= 35.500,50) für das Quartal I/01 für die kombinierte inhalativ-subkutane Immuntherapie der Patienten W. S. und D. H. ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Nach § 20 Abs. 3 Prüfungsvereinbarung kann ein Regress festgesetzt werden, soweit festgestellt wird, dass der Arzt im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen verstoßen hat. Die Höhe des Regresses richtet sich nach dem tatsächlich festgestellten oder dem geschätzten Mehraufwand. Diese Regelung gilt für die zur ambulanten Behandlung ermächtigte Klägerin in gleicher Weise wie für die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte. Dies folgt aus § 95 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 16.06.1998, BGBl I S. 1311). Danach sind die von Ärzten der Hochschulambulanzen erbrachten ambulanten Leistungen Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Für sie sind bei der Erbringung dieser Leistungen gemäß § 95 Abs. 4 Satz 2 SGB V sämtliche vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung bindend (vgl. BSG v. 16.07.2008 – B 6 KA 36/07 R – juris Rn. 21).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts haben die Prüfungsgremien im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in mehrfacher Hinsicht Beurteilungs-, Schätzungs- und Ermessensspielräume, die dazu führen, dass die Prüfbescheide im Hinblick auf das Erfordernis fachkundiger Beurteilung der zugrunde liegenden Gegebenheiten nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Diese beschränkt sich auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Die angestellten Erwägungen müssen, damit sie auf ihre sachliche Richtigkeit und auf ihre Plausibilität und Vertretbarkeit hin geprüft werden können, im Bescheid genannt werden oder jedenfalls für die Beteiligten und das Gericht erkennbar sein (vgl. BSG v. 30.11.1994 – 6 Rk 16/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 25). Diesen Anforderungen genügen sowohl das durchgeführte Verfahren als auch dessen Ergebnis.
Ob hier ein Verordnungsausschluss schon deshalb vorlag, weil die regressierten Arzneimittel im Rahmen einer Studie, d.h. zu Erprobungszwecken, angewandt wurden, muss der Senat allerdings nicht entscheiden, nachdem schon der Beklagte dem Vorbringen der Klägerin gefolgt und für seine Entscheidung davon ausgegangen ist, dass dies bei dem vorliegend betroffenen Kassenmitglied nicht der Fall war, obwohl dessen Medikation den Vorgaben des DGCIN 98 Konsensusprotokolls entsprach und eine Anwendung innerhalb dieser Studie gegen Abschnitt D.12 AMR verstoßen hätte, wonach Erprobungen von Arzneimitteln auf Kosten des Versicherungsträgers, auch solche nach der Zulassung des Arzneimittels, unzulässig sind.
Der Beklagte war zum Ausspruch des Regresses berechtigt, weil die Klägerin Arzneimittel zu Lasten der beigeladenen Krankenkasse verordnet hat, auf welche das betroffene Mitglied keinen Anspruch hatte und welche deshalb nicht als Sachleistung der Gesetzlichen Krankenversicherung hätten verordnet werden dürfen. Nach §§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dementsprechend ist der Anspruch der Kassenmitglieder in Gemäßheit von § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 und § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V bemessen. Der Forderung nach Wirtschaftlichkeit genügt aber im Regelfall nicht die Verordnung eines Medikaments, welches außerhalb des durch seine arzneimittelrechtliche Zulassung gesteckten Rahmens eingesetzt wird (vgl. BSG v. 08.06. 1993 – 1 RK 21/91, SozR 3-2200 § 182 Nr. 17; v. 08.03.1995 – 1 RK 8/94, SozR 3-2500 § 31 Nr. 3; v. 23.07.1998 – B 1 KR 19/96, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5; v. 19.03.2002 – B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 04.04.2006 – B 1 KR 12/04 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 7) und welches auch nicht ausnahmsweise zulassungsüberschreitend zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden darf, weil einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneitherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind (vgl. BSG v. 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 26.09.2006 – B 1 KR 14/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 6; v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R, juris).
Für seine Entscheidung geht der Senat davon aus, dass den Mitgliedern W. S. und D. H. der Beigeladenen zur Behandlung eines in die Lunge und in die Pleura (S.) bzw. in die Lunge (H.) metastasierten Nierenzellkarzinoms Interleukin 2 (Proleukin) zur kombinierten inhalativ-subkutanen Anwendung verordnet wurde. Dies folgt aus der Einlassung der Klägerin im Berufungsverfahren, wonach das verordnete Proleukin zu elf Teilen inhalativ und zu einem Teil subkutan verabreicht wurde, und den aktenkundigen Verordnungen. Mit der Verordnung des Arzneimittels Proleukin zur kombinierten inhalativ-subkutanen Anwendung hat die Klägerin den durch die arzneimittelrechtliche Zulassung gesetzten Rahmen überschritten und – weil auch ein dies ausnahmsweise rechtfertigender Umstand nicht vorliegt – gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen.
Proleukin ist im Verordnungszeitraum zwar zur Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassen gewesen, jedoch ausschließlich zur intravenösen Verabreichung als Dauerinfusion. Mit der Verordnung zur inhalativen Anwendung wurde die Grenze der arzneimittelrechtlichen Zulassung des Medikaments überschritten. Denn Darreichungsform (Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung) und Art der Anwendung (intravenöse Dauerinfusion) sind Bestandteil der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Dies folgt aus § 22 AMG, wonach der Zulassungsantrag auch Angaben über die Darreichungsform (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 AMG) und die Art der Anwendung (§ 22 Abs. 1 Nr. 12 AMG) enthalten muss. Dasselbe galt nach § 11 a Abs. 1 Nrn. 4 und 17 AMG in der im Verordnungszeitpunkt geltenden Fassung vom 07.09.1998 und gilt nach § 11a Abs. 1 Nrn. 3 und 4b AMG für die Fachinformation. Danach wäre der pharmazeutische Unternehmer verpflichtet gewesen, eine Änderung der Art der Anwendung beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte anzuzeigen. Ein Vollzug der Änderung hinsichtlich der Art der Anwendung hätte nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 AMG erst nach Zustimmung der Bundesoberbehörde erfolgen dürfen. Schon die entsprechende Anzeige ist im maßgeblichen Zeitraum nicht erfolgt. Danach bewegte sich der vorliegend in Rede stehende Einsatz des Medikaments außerhalb der bestehenden Zulassung. Auch hätte die Änderung der Darreichungsform (anstatt Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung Pulver zur Herstellung einer Inhalationslösung) gemäß § 29 Abs. 3 Nr. 2 AMG einer erneuten Zulassung bedurft, sofern es sich nicht um eine mit der zugelassenen vergleichbare Darreichungsform handelte. An einer derartigen Vergleichbarkeit fehlt es jedoch. Denn bei der Inhalation eines Stoffes herrschen völlig andere pharmakokinetische Verhältnisse als bei seiner systemischen, d.h. intravenösen oder ggfls. subkutanen Gabe. Dies haben sowohl der Facharzt für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. Polak am 9. Januar 2002 als auch Prof. Dr. A Heyll und Dr. Thiele am 30. Oktober 2001 in ihren ärztlichen Stellungnahmen unter Hinweis auf die zugrundeliegenden naturwissenschaftlichen Zusammenhänge schlüssig dargelegt. In dem Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird ebenfalls auf die besonderen pharmakokinetischen Verhältnisse bei der Inhalation von Interleukin-2 hingewiesen. Schließlich hat auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bereits in seiner für den MDK Nordrhein erstellten Stellungnahme vom 30. Oktober 2002 (Blatt 227 der Gerichtsakte des Verfahren L 2 KA 38/06) das Erfordernis einer Neuzulassung im Hinblick auf die Änderung der Applikationsart dargelegt. Diese Darlegungen und hier namentlich die naturwissenschaftliche Erkenntnis, dass die Struktur der Gas austauschenden Epithelien der Resorption von Proteinen äußerst enge Grenzen setzt, und dass deshalb die Anwendungsarten nicht vergleichbar sind, sind für den Senat, der mit einem Arzt zudem fachkundig besetzt ist, ohne Weiteres nachvollziehbar. Die Klägerin ist diesen Darlegungen nicht substantiiert entgegen getreten. Ihnen folgt der erkennende Senat.
Nur ausnahmsweise dürfen Medikamente zulassungsüberschreitend zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden, nämlich dann, wenn einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneitherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind. Dies ist der Fall, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn keine andere Therapie verfügbar ist und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein kurativer oder palliativer Behandlungserfolg erzielt werden kann (BSG v. 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 26.09.2006 – B 1 KR 14/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 6; v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R – juris). An diesen Voraussetzungen fehlt es.
Allerdings litten die vorliegend betroffenen Patienten an einer im Sinne der erwähnten Rechtsprechung schwerwiegenden, weil lebensbedrohlichen Erkrankung. Denn die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit liegt beim Nierenzellkarzinom im Stadium der Metastasierung bei höchstens 12 Monaten und sie mussten folglich damit rechnen, dass sich die Gefahr eines tödlichen Krankheitsverlaufs bereits in naher Zukunft konkretisieren würde (zu diesem Erfordernis vgl. BSG v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R, juris Rn. 22). Jedoch fehlte es an der für einen Off-Label-Use zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erforderlichen Erfolgsaussicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG v. 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 26.09.2006 – B 1 KR 1/06 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) kann von hinreichenden Erfolgsaussichten einer Medikation dann ausgegangen werden, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann angenommen werden, wenn entweder (a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder (b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht worden sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht. Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt der Behandlung (BSG v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R – juris). Diese Voraussetzungen knüpfen an die arzneimittelrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen der §§ 21 ff. AMG an und berücksichtigen u.a., dass für den Regelfall des § 22 Abs. 2 AMG das Arzneimittel nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft und die angegebene therapeutische Wirksamkeit nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller zureichend begründet sein muss, um mit den Zulassungsunterlagen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels hinreichend darzutun. Demgemäß darf die zuständige Bundesoberbehörde nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG die Zulassung nur versagen, wenn das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist. Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff des "jeweils gesicherten Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse" verweist der Gesetzgeber auf außerrechtliche Erkenntnisquellen, um sicherzustellen, dass die Zulassung im Interesse der Arzneimittelsicherheit auf der Grundlage des jeweils aktuellen Wissensstandes erfolgt. Den außerrechtlichen Erkenntnisquellen und den ihre Ergebnisse rezipierenden Verwaltungsvorschriften ist zu entnehmen, dass sich die klinische Prüfung bis zur Zulassungserteilung regelmäßig in drei Phasen gliedert: Zunächst wird an einer kleinen Zahl gesunder Probanden die Verträglichkeit der Substanz beim Menschen untersucht mit ersten Informationen über Pharmakokinetik und Stoffwechsel. Rechtfertigen die Befunde dieser Phase I die weitere Untersuchung der Prüfsubstanz, wird in einer Phase II an einer begrenzten Zahl von etwa 100 bis 200 Patienten versucht, die pharmakodynamische Wirkung des Arzneimittels therapeutisch bzw diagnostisch zu objektivieren. Diese Studie dient dazu, Hinweise auf erwünschte und unerwünschte Wirkungen, die Indikationen und Kontraindikationen zu finden sowie die richtige Dosierung des Arzneimittels zu ermitteln. Die gewonnenen Daten stellen die Grundlage für die Planung der Phase-III-Studie dar; es sollen Erfahrungen in Bezug auf organisatorische Mängel des Studiendesigns für die Phase III gewonnen werden, um so das Design der kontrollierten Studie festlegen zu können. Die Phase-III-Studie dient dem eigentlichen Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit und der Unbedenklichkeit der neuen Substanz, der Bestätigung der in der Phase II-Studie gefundenen Hinweise. Diese konfirmatorische Studie erfordert Versuche an einer großen Zahl von Patienten (in der Regel mehr als 200). Es sind Verum- und Kontrollkollektiv (Vergleichsgruppen mit und ohne Therapie mit der Testsubstanz) hinreichender Größe sowie eine randomisierte (nach dem Zufallsprinzip erfolgte) Zuteilung der Patienten zu den Behandlungsgruppen unverzichtbar. Der Vergleich dient der Unterscheidung der echten pharmakodynamischen Wirkungen von arzneistoffunabhängigen Effekten (vgl. OVG Berlin v. 25.11.1999 – 5 B 11.98 – juris Rn. 35; vgl. auch Bekanntmachung zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln am Menschen vom 10. August 2006. Gemeinsame Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts, veröffentlicht im Internet unter www.2bfarm.bekanntmachungen.de). Dass die zu (a) beschriebenen Voraussetzungen nicht vorlagen, dass namentlich ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung für Proleukin zur inhalativen Verabreichung beim Nierenzellkarzinom nicht gestellt war, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, unterliegt auch im Übrigen keinem Zweifel und bedarf deshalb vorliegend keiner weiteren Erörterung. Jedoch lagen auch die zu (b) beschriebenen Voraussetzungen im Regresszeitraum nicht vor. Das Bundessozialgericht hat in seinen Entscheidungen vom 26.09.2006 (u.a. B 1 KR 1/06 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) hierzu nochmals klargestellt, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung nachgewiesen sein müssen, während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens regelmäßig von gleicher Qualität zu sein haben. Denn der Schutzbedarf des Patienten, welcher dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und welcher in das Leistungsrecht der Gesetzlichen Krankenversicherung einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht. Dies bedeutet im Einzelfall, dass der zulassungsüberschreitende Einsatz eines Arzneimittels stets auf der Grundlage von Studien der Phase III zu erfolgen hat. Auch für den Fall, dass ein Zulassungsantrag entsprechend der Alternative (a) nicht gestellt wurde, ist gleichwohl ein Stadium der arzneimittelrechtlichen Zulassungsreife zu fordern (BSG v. 26.09.2006 – B 1 KR 14/06 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 6). Auf der Grundlage arzneimittelrechtlicher Zulassungsreife sind die streitigen Verordnungen indes nicht erfolgt. Denn eine die Qualität einer Phase-III-Studie besitzende Untersuchung zur Wirksamkeit der kombinierten subkutan-inhalativen Anwendung oder der ausschließlich inhalativen Anwendung von Proleukin lag im Verordnungszeitpunkt nicht vor. Es gibt eine solche bis zum heutigen Tage nicht. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) und hier namentlich unter Auswertung der zugänglichen medizinischen Fachliteratur ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass alle zur therapeutischen Wirksamkeit der kombinierten subkutan-inhalativen bzw. ausschließlich inhalativen Anwendung von Proleukin durchgeführten Studien sich auf dem Niveau der Phasen I und II bewegten. Dies gilt namentlich für die von den Ärzten der Klägerin seit 1989 dokumentierten Behandlungen (vgl. H. H4, E. H1, M. A1, H. H1 "Unizentrische Erfahrungen seit 10 Jahren über die Behandlung des pulmonal metastasierten NZK mit inhalativem Interleukin-2." In: "Der Urologe" 1999 A 38: 466-473). Auch dort wird lediglich von experimentellen und klinischen Therapiemodellen gesprochen. Wirth/Miller/Fischer/Oberneder/Altwein (in: Deutsches Ärzteblatt 2000, Heft 42, S. A-2781) sprechen insoweit sogar von widersprüchlichen Ergebnissen. Ursache sei die uneinheitliche Studienlandschaft mit einem bisher bestehenden Defizit an korrekt konzipierten Protokollen, woraus sich die Notwendigkeit einer konzertierten multizentrischen Studienstrategie unter Einschluss aller Fälle mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom ergebe. Gleiches ergibt sich aus der Arbeit des Tumorzentrums München (Deutsche Krebsgesellschaft e.V.) – www.krebsinfo.de – von Wagner, Oberneder, Busch, Weiss, Schmeller und Petrides – (Copyright 1996-2001, Blatt 214-228 der Akte S 23 KR 76/02 ER). Die unterschiedlichen Behandlungskonzepte des DGCIN 98 Konsensusprotokolls einerseits (unter Einschluss der kombinierten subkutan-inhalativen Verabreichung) und des Therapieoptimierungsvergleichs "Nationales Tumorprojekt - Nierenzellkarzinom (NTP-N) zur Überprüfung der Wertigkeit einer medikamentösen Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms im adjuvanten und palliativen Ansatz" (ohne Einschluss einer kombinierten subkutan-inhalativen Verabreichung) andererseits belegen die Uneinheitlichkeit der Studienlandschaft ebenfalls anschaulich. Sie belegen des Weiteren den bestehenden Forschungsbedarf und das fehlende Wissen über den voraussichtlichen Nutzen der Therapie. Gleiches ergibt sich aus der Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft vom 15. Januar 1998, wenn dort angeregt wird, diese Behandlung nur im Rahmen kontrollierter Studien vorzunehmen und die Datenlage durch aktuelle Informationen über derzeit laufende Studien oder aktuelle Publikationen noch zu ergänzen. Zwar enthielt das DGCIN 98 Konsensusprotokoll, an dessen Konzeptionierung Ärzte der Klägerin maßgeblich beteiligt waren, in Gestalt der dort vorgesehenen Randomisierung Elemente einer Phase-III-Studie unter Einschluss der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie. Jedoch lagen Ergebnisse dieser Studie zum Verordnungszeitpunkt nicht vor. Dies ist auch bis heute nicht der Fall. Indessen belegt das Vorhaben dieser Studie ebenfalls den entsprechenden Bedarf an weitergehenden Untersuchungen. Wenn die Patienteninformation insoweit davon spricht, es sei "denkbar", dass durch die Gabe von Interleukin-2 direkt an die in der Lunge vorhandenen Metastasen eine stärkere Wirkung auf den Tumor bei guter Verträglichkeit erreicht wird, zeigt auch dies den seinerzeit experimentellen Charakter der Behandlung. Schließlich geht auch der Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Stand: Juli 2005) – Feststellung zu inhalativem Interleukin-2 bei metastasiertem Nierenzellkarzinom – nach Auswertung der erreichbaren Veröffentlichungen vom Nichtvorliegen entsprechender Phase-III-Studien aus. Diesen Umstand legt nach allem auch der Senat seiner Entscheidung zugrunde. Damit berechtigte mangels eines geeigneten Wirksamkeitsnachweises der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis des Jahres 2000 (wegen der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts vgl. BSG v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R – juris Rn. 25) die Klägerin nicht zur zulassungsüberschreitenden Verordnung von Proleukin zur kombiniert subkutan-inhalativen Anwendung und zur Verordnung der zu dieser Anwendung des Medikaments erforderlichen Hilfsmittel im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Für den gegenwärtigen Erkenntnisstand ist dies in Ansehung des Abschlussberichts der Off-label-Expertengruppe ohnehin nicht der Fall. Aus der von der Klägerin vorgelegten Äußerung des Committee for orphan medicinal products on orphan medicinal product designation vom 8. Mai 2003 (Blatt 48 der Akte L 2 KA 37/06) folgt schließlich nichts anderes. Das Schreiben beinhaltet lediglich die an die EMEA (European Agency for the Evaluation of Medicinal Products) gerichtete Empfehlung der Kommission, der inhalativen Verabreichung von Aldesleukin beim Nierenzellkarzinom den Status einer orphan drug designation zuzuerkennen, und ist damit Teil eines offenbar von dem Hersteller im Jahr 2003 eingeleiteten Ausweisungsverfahrens für Arzneimittel für seltene Leiden nach der VO (EG) Nr. 141/2000. Dieses Verfahren gibt Arzneimittelherstellern die Möglichkeit, Forschungsmittel von der Europäischen Union zu erlangen und das Zulassungsverfahren zu ermäßigten Gebühren durchzuführen. Hersteller können zudem beratende Unterstützung im Zulassungsverfahren erhalten und ein 10-jähriges exklusives Vermarktungsrecht in Anspruch nehmen. Eine für ein arzneimittelrechtliches Zulassungsverfahren relevante Aussage wird hierdurch jedoch nicht getroffen. Die Empfehlung der Kommission bietet allenfalls die Grundlage für weitere Forschungen. Sie dokumentiert, dass diese sinnvoll, aber auch notwendig sind. Dies entspricht dem Stadium fehlenden Konsenses in der medizinischen Wissenschaft. Eine den zulassungsüberschreitenden Einsatz des Akne-Mittels Roaccutan zur Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rechtfertigende Studienlage liegt ausweislich der in das Verfahren eingeführten medizinischen Fachliteratur ebenfalls nicht vor. Der Hinweis der Klägerin auf beobachtete synergistische Effekte im Zusammenhang mit der Immuntherapie reicht hierfür nicht. Der Anwendung des Arzneimittels zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms kam im Regresszeitraum lediglich experimenteller Charakter zu. Dies hat bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Hierauf wird Bezug genommen. Um einen Seltenheitsfall in dem Sinne, dass sich die Erkrankung einer systematischen Erforschung entzöge (vgl. hierzu BSG v. 19.10.2004 – B 1 KR 27/02 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 2) und hinsichtlich dessen weitergehende Erwägungen zu einem zulassungsüberschreitenden Einsatz anzustellen wären, handelt es sich beim metastasierten Nierenzellkarzinom nicht. Dies wird schon durch das Vorhaben der Erforschung der therapeutischen Wirksamkeit der kombinierten subkutan-inhalativen Anwendung von Proleukin bei dieser Erkrankung im Rahmen des DGCIN 98 Konsensusprotokolls und die Veröffentlichungen von Ärzten der Klägerin belegt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich für die Verordnungsfähigkeit von Proleukin etwas anderes auch nicht unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts. Allerdings bedürfen die Regelungen des Leistungsrechts der Gesetzlichen Krankenversicherung zur Arzneimittelversorgung aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) dann einer verfassungskonformen Auslegung, wenn Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leiden, bei der die Anwendung der üblichen Standardbehandlung aus medizinischen Gründen ausscheidet, andere Behandlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen und eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung bzw. auf eine positive Einwirkung auf den weiteren Krankheitsverlauf besteht. Die vom Bundesverfassungsgericht zum Anspruch des Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden entwickelten Grundsätze gelten sinngemäß auch im Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln (BSG v. 04.04.2006 – B 1 KR 7/05 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 9 = SozR 4-1100 Art. 2 Nr. 7). Eine Krankheitssituation, bei der in Gemäßheit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften des Leistungsrechts zu erfolgen hätte, lag aber nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Vorbringen der Klägerin davon auszugehen wäre, dass eine Behandlung beider Patienten mit hochdosiertem intravenös zu verabreichenden Interleukin 2 ausgeschlossen war. Denn es standen zur vertragsärztlichen Versorgung der Patienten S. und H. andere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, für welche die Beigeladene – ggfls. im Rahmen eines zulässigen Off-Label-Gebrauchs – einzustehen gehabt hätte. Verfassungsrecht gebot namentlich nicht die Versorgung der Patienten mit der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie. Zunächst konnte nämlich Roferon (Interferon-alpha) innerhalb von dessen Zulassung subkutan verabreicht werden. Dieses Mittel kann durch unterschiedliche Dosierung und auch durch eine Verlängerung des Behandlungsintervalls an die Reaktion des Erkrankten mit Blick auf die Nebenwirkungen angepasst verabreicht werden. Dies ist der entsprechenden Fachinformation zu entnehmen. Die vom Hersteller gegebene Dosierungsempfehlung reicht von 3X3 Mio. i.E. wöchentlich bis 3X18 Mio. i.E. wöchentlich einschleichend. Für den Patienten S. ist aus dem Vorbringen der Klägerin auch nicht erkennbar, dass sein Zustand eine Behandlung mit dem zugelassenen Mittel Roferon in einer seinem Zustand angepassten Dosierung ausschloss. Bei ihm lag nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens keine der unter 4.3. der Fachinformation genannten absoluten Gegenanzeigen vor. Allein der Wunsch des Patienten, von den Nebenwirkungen der Medikation mit Roferon verschont zu bleiben, berechtigte nicht zum Einsatz eines im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassenen Medikaments. Ein Ausschluss der Behandlung mit Roferon folgt schließlich nicht aus dem Umstand, dass der Hersteller die Verabreichung von Roferon in Kombination mit Vinblastin empfiehlt, wodurch die Toxizität der Behandlung sicher erhöht worden wäre. Denn die zusätzliche Gabe von Vinblastin wird empfohlen, weil damit die Ansprechrate erhöht wird, jedoch ist die Gabe von Roferon nicht an die gleichzeitige Verabreichung von Vinblastin gebunden, welches auch gar keine Zulassung für die vorliegend in Rede stehenden Erkrankungen besitzt. Gleiches gilt für den Patienten H., dem im Übrigen Roferon nach dem Vorbringen der Klägerin, und zwar in der vom Hersteller empfohlenen Minimaldosis von 3X9 Mio. i.E. wöchentlich für Dauermedikation, auch tatsächlich verabreicht wurde.
Nach allem hätte es im Regresszeitraum zunächst der (ausschließlichen) Behandlung mit einem zugelassenen Medikament, deren Dokumentation und der Darlegung der Gründe für den Abbruch dieser Behandlung bedurft, bevor in Gestalt der inhalativen Interleukin-2 Gabe ein Medikament zum Einsatz kam, welches nicht zugelassen war und für welches die Beigeladene auch nicht im Rahmen zulässigen Off-Label-Gebrauchs einzustehen gehabt hätte (vgl. BSG v. 04.04.2006 – B 1 KR 7/05 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 Rn. 31). Allein dies hätte der gebotenen Sorgfalt im Rahmen vertragsärztlicher Behandlung entsprochen. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang das aus dem Konzept der DGCIN 98 Studie ableitbare große Interesse der Ärzte der Klägerin an der weiteren Erforschung der von ihnen entwickelten kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie, welches sich auch an deren weiteren Veröffentlichungen zu diesem Thema und der von Ärzten der Klägerin (mit-)betriebenen Gründung der DGFIT ablesen lässt. Nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats hat dieses Forschungsinteresse die jeweilige Therapieentscheidung maßgeblich beeinflusst.
Als weiteres Mittel zur subkutanen Verabreichung stand für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms Proleukin zur Verfügung, welches beiden in Rede stehenden Patienten auch, allerdings nur mit einem Anteil der Gesamtdosis, verabreicht wurde. Für die alleinige subkutane Gabe von Proleukin hätte die Beigeladene auch einzustehen gehabt. Denn nach allen vom Senat ausgewerteten Unterlagen bestand bereits seit Mitte der 90er Jahre Konsens, dass für diese Art der Verabreichung ein dem Wirtschaftlichkeitserfordernis entsprechender klinisch relevanter Nutzen bei vertretbaren Risiken belegt war. Dementsprechend erfolgte die Zulassung für diese Anwendungsart auch bereits im Jahr 2001 (als Proleukin S). Wie der entsprechenden Fachinformation zu entnehmen ist, kann auch Proleukin S in der Dosierung so angepasst werden, dass die Toxizität auf ein akzeptables Maß zurückgeführt wird. Den von der Klägerin insoweit zu der durchgeführten Behandlung gemachten Angaben ist indessen wiederum nichts dafür zu entnehmen, dass eine Behandlung mit Proleukin subkutan in höherer Dosierung als der verabreichten unter gleichzeitigem Verzicht auf die inhalative Gabe aus medizinischen Gründen ausgeschlossen war. Auch hierzu hätte es der Dokumentation des entsprechenden Behandlungsversuchs und der Gründe für den Abbruch dieser Behandlung bedurft, bevor ein Medikament in einer Weise, d.h. in kombinierter subkutan-inhalativer Verabreichung, zum Einsatz kam, bei dem kein solcher Konsens bestand. Auch hier hat nach der Überzeugung des Senats das Forschungsinteresse der Ärzte der Klägerin die Therapieentscheidung maßgeblich beeinflusst. Soweit sich die Klägerin pauschal auf die in der Fachinformation für Proleukin enthaltenen Gegenanzeigen beruft, kann sie hiermit schon deswegen nicht durchdringen, weil diese Geltung nur für die seinerzeit zugelassene intravenöse Verabreichung beanspruchen konnten, nicht aber für die wesentlich nebenwirkungsärmere subkutane Verabreichung, bei deren Anwendung im Rahmen eines (zulässigen) Off-Label-Use es in jedem Falle einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedurfte.
Eine weitere Aufklärung in diesem Punkte hält der Senat nicht für angezeigt. Er sieht sich insbesondere nicht veranlasst, weitere Krankenunterlagen der Betroffenen beizuziehen, ein Sachverständigengutachten einzuholen oder aber ihren Hausarzt anzuhören. Dem entsprechenden Beweisantrag brauchte das Gericht schon deshalb nicht zu folgen, weil die Klägerin mit ihrem Antrag keine Tatsachen behauptet, die für die Entscheidung erheblich sein können, und sie so dem Gericht keine Möglichkeit gibt, die Tauglichkeit des Beweismittels zu überprüfen. Es erschließt sich dem Senat vor allem nicht, welche Umstände, die nicht schon die Klägerin als behandelnder Arzt vorgebracht hat bzw. hätte vorbringen können, nach Beiziehung der Unterlagen bzw. Anhörung des Hausarztes oder sachverständiger Begutachtung hätten zutage treten sollen.
Unabhängig von dem Vorstehenden gebot auch Verfassungsrecht nicht die Verordnung von Interleukin-2 zur kombinierten subkutan-inhalativen oder ausschließlich inhalativen Anwendung für den Fall, dass der Einsatz aller zur Behandlung des in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassenen Mittel ohne Erfolg geblieben war und der Patient nur noch palliativ versorgt werden konnte. Diese von der Klägerin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens offenbar als Sterbebegleitung gemeinte Behandlung, welche den Patienten die letzte Zeit ihres Lebens erleichtern und in Einzelfällen nach dem Vorbringen der Klägerin den Verbleib in dem gewohnten sozialen Umfeld ermöglichen sollte, erfüllt nicht die Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) herausgearbeitet und die das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 4. April 2006 (B 1 KR 7/05 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 9 = SozR 4-1100 Art. 2 Nr. 7) aufgegriffen hat. Anders als in der angeführten Entscheidung des Bundessozialgerichts, wo ein Arzneimittel zur Anwendung gelangte, welches bereits außereuropäische Zulassungen für die entsprechende Indikation besaß, fehlt eine solche Zulassung im vorliegenden Falle. Für die Feststellung, ob bei dem Versicherten bezüglich der angewandten Behandlungsmethode eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (BVerfG a.a.O; BSG a.a.O.) besteht, kann daher ausschließlich auf die in dem vorliegenden Verfahren bereits erörterten Veröffentlichungen zurückgegriffen werden. Mit dem Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe aus dem Juli 2005 und den weiteren zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten sachkundigen Stellungnahmen geht der Senat jedoch davon aus, dass zur Interleukin-2-Inhalation im Verordnungszeitraum nur ganz vereinzelte kasuistische Schilderungen bestehen, die darauf verweisen, dass durch ein Protokoll, in dem auch Interleukin-2 inhaliert wurde, ein Behandlungserfolg palliativ erzielt worden ist, nachdem andere Verfahren versagt hatten. Jedoch sind nach Auffassung der Off-Label-Expertengruppe die Kasuistiken nicht im Detail überprüfbar und die Selektionskriterien für die Auswahl von Patienten, die bevorzugt von einer alleinigen oder zusätzlichen Interleukin-2-Inhalation profitierten, sind nicht abgesichert. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die besonderen pharmakokinetischen Verhältnisse bei der Inhalation von Interleukin-2 (vgl. bereits oben Blatt 31 f. des Entscheidungsabdrucks). Dies deckt sich mit den vom Senat verwerteten Veröffentlichungen. Nach allem ergibt sich bei der Inhalation von Interleukin-2 keine Aussicht auf Heilung oder Linderung in dem oben beschriebenen Sinne. Die von der Klägerin beigebrachten gutachtlichen Äußerungen von Prof. Dr. Schweim und Prof. Dr. Hautmann stehen hierzu nicht in Widerspruch. Soweit ersterer die streitige Therapievariante für medizinisch vertretbar hält, weil "in Einzelfällen eine palliative Wirkung möglich" sei, kommt darin lediglich die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Therapie für den Patienten nutzbringend sein könnte. Die Aussage von Prof. Dr. Hautmann geht hierüber nicht hinaus, spricht er doch sogar wörtlich davon, dass eine Verbesserung des Zustandes "erhofft" werden könnte. Damit überschritt die Verordnung von Proleukin zur kombiniert subkutan-inhalativen Anwendung selbst im Sinne einer "letzten Zuflucht" den Rahmen der von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzierenden Versorgung.
Eine Berufung auf Vertrauensschutz gegenüber der Regressforderung ist der Klägerin verwehrt. Sie durfte sich nicht darauf verlassen, dass die Kassen die kombinierte subkutan-inhalative Behandlung mit Proleukin (weiterhin) finanzierten. Wie bereits unter Hinweis auf die vom Senat ausgewerteten medizinischen Veröffentlichungen ausgeführt wurde, bestand im Verordnungszeitraum in den Fachkreisen kein Konsens hinsichtlich des voraussichtlichen Nutzens der streitigen Anwendungsform. In einer solchen Situation war die Klägerin gehalten, eine Vorab-Prüfung der Kasse zu veranlassen, ob die Verordnung zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen kann. Alternativ hätte dem Patienten auch ein Privatrezept ausgestellt und es diesem überlassen werden können, sich bei seiner Kasse um Erstattung zu bemühen. Durch die Ausstellung der Verordnung zu Lasten der Beigeladenen und die Einlösung des Rezepts aber war die Kasse auf den Regress verwiesen. In einem solchen Falle übernimmt der Vertragsarzt das Risiko, das im Nachhinein eine Leistungspflicht der Krankenkasse verneint wird (vgl. BSG v. 31.05.2006 – B 6 KA 53/05 B – juris). Auf ein etwaiges Verschulden der Ärzte der Klägerin kommt es – wie stets bei Honorarkürzungen oder Verordnungsregressen (BSG v. 05.11.2008 – B 6 KA 63/07 R – juris) – nicht an.
Ist einem Vertragsarzt eine unwirtschaftliche Verordnungsweise anzulasten, dann ist ein Regress in der Höhe des der Krankenkasse entstandenen Schadens festzusetzen (BSG v. 05.11.2008 – B 6 KA 63/07 R – juris Rn. 26). Hiervon ausgehend war der Beklagte berechtigt, einen Regress in Höhe der gesamten, der Beigeladenen im streitigen Quartal entstandenen Kosten für die unzulässige Medikation festzusetzen. Eine Anrechnung ersparter Leistungen – etwa einer alternativen stationären Behandlung – hatte ungeachtet des Umstandes, dass substantiierte Ausführungen der Klägerin hierzu auch fehlen, nicht zu erfolgen, weil der dem Leistungs- und Leistungserbringungsrecht innewohnende Schadensbegriff ein normativer ist. Eine Vorteilsausgleichung hat im Hinblick auf die Steuerungsfunktion der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu unterbleiben. Wird eine vertragsärztliche Leistung oder diejenige eines anderen Leistungserbringers nämlich unter Verstoß gegen die hierfür geltenden gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen erbracht, dann wird eine Vergütung hierfür auch dann nicht geschuldet, wenn die Leistung im Übrigen ordnungsgemäß und für den Versicherten geeignet und nützlich ist (vgl. BSG v. 17.03.2005 – B 3 KR 2/05 R – SozR 4-5570 § 30 Nr. 1 m. zahlr. Nachw. aus der Rspr. des BSG; v. 08.09.2004 – B 6 KA 14/03 R – SozR 4-2500 § 39 Nr. 3). Ein Kürzungsermessen (vgl. BSG v. 05.11.2008 – B 6 KA 63/07 R – juris Rn. 29) brauchte ebenso wenig ausgeübt werden, weil der Sachverhalt hierfür keine Anhaltspunkte bot. Angesichts der im Hinblick auf die fehlende Verordnungsfähigkeit offenkundigen Unwirtschaftlichkeit der Vorgehensweise der Klägerin bedurfte es auch einer vorgängigen Beratung nicht (BSG a.a.O. Rn. 27).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als erfolglose Berufungsführerin hat die Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens, d.h. nach § 162 Abs. 1 VwGO sowohl die Gerichtskosten als auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Beklagten zu tragen, da weder sie noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil Gründe, die dies im Hinblick auf die Billigkeit geboten hätten, nicht ersichtlich sind.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Arzneimittelregress wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise im Rahmen der ambulanten Behandlung eines Patienten mit Nierenzellkarzinom im fortgeschrittenen (metastasierenden) Stadium durch Immuntherapie im Streit.
Die Klägerin ist eine gemäß § 117 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zur ambulanten Versorgung von Versicherten ermächtigte Poliklinik (Hochschulklinik). Sie hat den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (UKE-Gesetz vom 12. September 2001, HmbGVBl S. 375).
Im dritten Quartal 1999 wurde bei der Klägerin der am XX.XXXXXXXXX 1940 geborene, am XX.XXXXXXXX 1999 verstorbene W. S., im vierten Quartal 2000 und im ersten Quartal 2001 wurde der am XX.XXXXX 1941 geborene, am X.XXXXX 2002 verstorbene D. H., beide Mitglieder der Beigeladenen, jeweils wegen eines in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinoms durch Immuntherapie ambulant behandelt. Für den Bereich der Klägerin bestand für Patienten mit pulmonal oder/und mediastinal metastasiertem Nierenzellkarzinom seit dem 22. November 1996 eine generelle Arbeitsanweisung (Standard-Operation-Protocol) zur inhalativen Interleukin-2-Applikation als Standardanwendung. Diese Anweisung sah die Anwendung von Interleukin-2 gleichzeitig als Inhalation und als systemische Gabe vor, wobei die Inhalation fünf Mal pro Woche und die systemische Gabe subkutan drei Mal pro Woche erfolgen und anstelle von Interleukin-2 subkutan teilweise auch Interferon-alpha eingesetzt werden sollte. Die Interleukin-Dosis sollte im Verhältnis 90:10 zwischen lokaler und systemischer Gabe aufgeteilt werden. Nach einer im Regelfall stationären Einleitung der Therapie, bei welcher der Erkrankte vor allem die Bedienung des Inhalationsgeräts und die gebrauchsfertige Zubereitung des Medikaments zu erlernen hatte, konnte diese ambulant weitergeführt werden (vgl. Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein vom 27.04.1999, Blatt 107 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER sowie E. H1, H. H4, R. A. Jörres, Inhalative Immuntherapie des pulmonal metastasierten Nierenzellkarzinoms in: Der Onkologe 9, 2004, 945, 946 – von der Klägerin in Kopie als Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 9. September 2005 im Verfahren L 2 KA 37/06 eingereicht – und Nr. 40 des Anlagenbandes zur Sachakte des Beklagten).
Das Nierenzellkarzinom ist ein zwar eher seltenes, jedoch nach dem Prostata- und dem Blasenkarzinom das dritthäufigste urologische Malignom. Das Prädilektionsalter liegt bei etwa 62 Jahren, die geschätzte Letalität bei etwa 40 %. Spontanremissionen kommen in etwa 1% der Fälle vor. Da Nierenzellkarzinome gegenüber den meisten Zytostatika resistent sind, ist eine signifikante Verbesserung der Prognose durch Chemotherapie nicht zu erwarten. Marginale Remissionsraten konnten insoweit mit den Zytostatika Vinblastin oder 5-Fluorouracil erzielt werden. Auch Strahlen- und Hormontherapien sind bisher nur wenig wirksam und haben – wie die Chemotherapie – palliativen (die Beschwerden lindernden) Charakter. Beim metastasierenden Tumor liegt die mittlere Überlebensrate im Schnitt bei unter 12 Monaten. Hier kann die Entfernung des Primärtumors aus palliativen Gründen oder in einem kombinierten Behandlungskonzept erfolgen. Der Reduzierung der Tumorlast kann dann eine systemische (auf den ganzen Körper bezogene) Therapie (Immuntherapie, Antikörpertherapie oder Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren) oder eine weitergehende chirurgische Behandlung (Resektion von Metastasen) folgen. Unter dem Begriff "Immuntherapie" werden unterschiedliche Therapiekonzepte zusammengefasst. Bei allen soll durch die Veränderung der biologischen Eigenschaften der Tumorzellen eine Zerstörung der Tumorläsionen erreicht oder adjuvant das Auftreten von Rezidiven verhindert werden. Unterschieden werden Zytokintherapien mit Interferon-alpha und/oder Interleukin-2, häufig in Kombination mit 5-Fluorouracil, Vinblastin oder Retinoiden, zelluläre Vakzinierungen, Peptidvakzinierungen und Therapien mit Antikörpern (vgl. Leitlinie Nierenzellkarzinom der Deutschen Krebsgesellschaft, Stand 2004, Quelle: krebsgesellschaft.de/download/ll f 03.pdf). Zur Durchführung der Zytokintherapie beim metastasierenden Nierenzellkarzinom ist in Deutschland das Interleukin-2-Präparat Proleukin (Hersteller: Chiron) zugelassen. Es enthält den Wirkstoff Aldesleukin, ein gentechnisch hergestelltes Protein, welches dem körpereigenen Botenstoff Interleukin-2 nachgebildet ist, in Pulverform. Proleukin ist in intravenöser Verabreichung und – seit Oktober 2001 (als Proleukin S) – auch zur subkutanen Verabreichung zugelassen. Hierzu wird es in sterilem Wasser gelöst und mit einer Humanalbumin/Glukoselösung verdünnt. Es ist in der Lage, bestimmte weiße Blutkörperchen, die auch Tumoren angreifen, zu Wachstum, Reifung und Teilung anzuregen und so das Immunsystem zu stimulieren. Eine Zulassung zur Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms durch Zytokintherapie besteht des Weiteren für das Interferon-alpha-Präparat Roferon (Hersteller: Roche). Es handelt sich ebenfalls um ein gentechnisch hergestelltes Protein, welches zur subkutanen und intramuskulären Verabreichung zugelassen und dem körpereigenen Botenstoff Interferon-alpha nachgebildet ist. Es wirkt antiviral, antitumoral und immunmodulierend. Als Retinoid (13-cis-Retinsäure, Isotretinoin) wird Roaccutan (Hersteller: Roche) verabreicht, welches eine Zulassung zur Behandlung von schweren, therapieresistenten Formen der Akne besitzt. Fluorouracil (Hersteller: biosyn) ist ein Zytostatikum (Zellgift), welches im Rahmen der Chemotherapie zur Palliativbehandlung von Mamma-, Rektum- und Kolonkarzinomen, ferner zur Behandlung von Pankreaskarzinomen, primären Leber-, Ovarial-, Uterus- und Blasenkarzinomen zugelassen ist. Vinblastin, ein Alkaloid aus der Rosafarbenen Catharanthe (Madagaskar-Immergrün), ist ein Mitosehemmer, d.h. es verhindert die Zellteilung und beeinflusst so besonders die sich schnell teilenden Zellen in Tumoren. Es ist zur zytostatischen Behandlung der Lymphogranulomatose, des fortgeschrittenen Hodenkarzinoms, des Kaposi-Sarkoms, des Chorinkarzinoms u.a. zugelassen, nicht jedoch zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms. Als Medikament zur hormonellen Krebstherapie (Antiöstrogentherapie) gelangt u.a. Tamoxifen (Wirkstoff: Tamoxifencitrat) zur Anwendung, welches jedoch nur eine Zulassung zur Therapie von Mammakarzinomen besitzt. Bereits seit Beginn der 80er Jahre war versucht worden, mit einer systemischen Immuntherapie die Prognose für die an einem metastasierenden Nierenzellkarzinom erkrankten Menschen zu verbessern. Den Ausgangspunkt bildete die Zytokin-Monotherapie mit Interferon bzw. Interleukin, teilweise wurde mit Chemotherapeutika kombiniert. Es konnten Ansprechraten von etwa 15 % erzielt werden, wobei die in den Vereinigten Staaten von Amerika angewandte intravenöse Interleukintherapie wegen zum Teil schwerster Nebenwirkungen (bis zu 4 % Todesfälle an Therapie) in Deutschland kaum Anwendung fand und stattdessen eine subkutane Gabe des Medikaments erfolgte, die bei deutlich geringeren Nebenwirkungen nahezu gleiche Erfolge brachte. Seit Anfang der 90er Jahre wurde bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom und Metastasen in der Lunge als nicht-systemische Therapie auch die inhalative Gabe von Interleukin-2 diskutiert. Hierdurch sollte die effektive Kontrolle der lokalen Metastasen in der Lunge bei verringerten Nebenwirkungen erreicht werden. 1992 (Stand: 1991) veröffentlichten E1 H1, H2 H1 und H3 H4, die im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch im Klinikum S1 in B., als Ärzte beschäftigt waren, in "The Journal of Urology” (Vol. 147, 344-348, Februar 1992) den Beitrag "Interleukin-2 By Inhalation: Local Therapy For Metastatic Renal Cell Carcinoma” und 1993/1994 den Beitrag "Inhaled Interleukin-2 in combination with low dose systemic interleukin-2 and interferon alpha in patients with pulmonary metastatic renal-cell carcinoma: effectiveness and toxicity of mainly local treatment" (Cancer Research Clinical Oncology, 1994). E1 H1, Ärztin bei der Klägerin, war auch beteiligt an dem Beitrag "Phase I Trial of Inhaled Natural Interleukin 2 for Treatment of Pulmonary Malignancy: Toxicity, Pharmacokinetics, and Biological Effects” (Clinical Cancer Research, Vol. 2. 1115-1122, July 1996). In "Der Hautarzt" (1997 - 48 -, S. 894-896) beschrieben Enk/Nashan/Knop die "Therapie von Lungenmetastasen des malignen Melanoms mit inhalativem IL-2"; wiesen auf 1992 und 1994 von E1 H1 veröffentlichte Berichte hin und meinten abschließend, dass die Bedeutung des Interleukin-2 für die inhalative Therapie des malignen Melanoms jetzt in ausgedehnteren Therapiestudien weiter untersucht werden solle (alle Quellen von der Klägerin in Kopie als Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 9. September 2005 im Verfahren L 2 KA 37/06 eingereicht).
E1 H1, H2 H1, H3 H4 und T. S. M1, Ärzte bei der Klägerin, brachten 1997 in "The Cancer Journal from Scientific American" (Volume 3. Supplement 1, S. 51 f.) den Beitrag "Inhaled Interleukin-2 Therapy in Pulmonary Metastatic Renal Cell Carcinoma: Six Years of Experience" heraus. Ebenfalls 1997 veröffentlichten Nakamoto/Kasaoka/Mitani und Usui (Int J Urol 1997; 4: 343-348) den Beitrag "Inhalation of Interleukin-2 Combined with Subcutaneus Administration of Interferon for the Treatment of Pulmonary Metastases from Renal Cell Carcinoma" (alle Quellen von der Klägerin in Kopie als Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 9. September 2005 im Verfahren L 2 KA 37/06 eingereicht).
Im Dezember 1997 gab die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. eine Stellungnahme zur "Ambulanten Inhalations-/Immuntherapie mit Interleukin-2 und Interferon" beim Nierenzellkarzinom nach dem Schema der Urologischen Universitätsklinik der Klägerin ab. Dort (Blatt 150 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) heißt es unter Hinweis auf die Arbeiten von H1 und anderen, die Entwicklung der kombinierten systemischen und topischen Therapie mit Interleukin-2 bzw. Interferon-alpha befinde sich weiterhin in einem Stadium der klinischen Evaluierung. Bei der referierten Arbeit von Prof. Dr. H1 handele es sich weiterhin nicht um eine prospektiv-vergleichende Studie. Deshalb und aufgrund der beschriebenen Datenlage könne nicht entschieden werden, ob diese Therapie das Überleben der Patienten signifikant verlängere. Andererseits könne im Fall des metastasierten Nierenzellkarzinoms realistischerweise keine gegen einen Nullarm randomisierende Therapiestudie mehr verwirklicht werden, da ohnehin der überwiegende Teil der Patienten mit Interleukin-2-haltigen Schemata behandelt werde und damit ein de-facto-Therapiestandard existiere. Für die Indikation des Nierenzellkarzinoms sei inzwischen auch Interferon-alpha (Roferon) subkutan zugelassen. Es handele sich bei der Inhalationsbehandlung um eine Therapieoptimierung durch einen innovativen Applikationsweg. Da die inhalative Interleukin-2-Kombinationstherapie nach dem Hamburger Schema den Erhalt der Lebensqualität und gleichwertig das Erreichen eines Tumorregresses anstrebe, könne aufgrund der vorliegenden Erfahrungen eine Kostenübernahme für diese spezielle Therapieform empfohlen werden, wenn Patienten im Rahmen eines Therapieoptimierungsprotokolls behandelt würden, das ein externes Review-Verfahren erfolgreich durchlaufen habe (externe Qualitätskontrolle), und wenn Behandlungszentren nachweislich in die Besonderheiten dieser Behandlungsform eingeführt worden seien (interne Qualitätskontrolle). Von einer generellen Kostenübernahme ohne diese Nachweise sei aufgrund der Komplexität der Indikation zu dieser Therapieform und ihrer Durchführung weiterhin abzuraten. In einem an PD Dr. Dr. E1 H1 unter der Anschrift der Klägerin gerichteten Schreiben der Deutschen Krebsgesellschaft vom 15. Januar 1998 (Anlage K 5 zum Schriftsatz vom 10. Juni 2004, Blatt 49 der Gerichtsakte L 2 KA 37/06) heißt es, bei der Stellungnahme von Dezember 1997 handele es sich nicht um eine "Auswertung" von Daten aus Studien, sondern um eine Bewertung basierend auf bereits publizierten oder zur Publikation gereichten Daten. Es werde angeregt, die Datenlage durch aktuelle Informationen über derzeit laufende Studien oder aktuelle Publikationen noch zu ergänzen.
Prof. Dr. Dr. A., Abteilung Hämatologie und Onkologie der Medizinischen Hochschule Hannover, PD Dr. Dr. E. H1, Abteilung Urologie der Klägerin, Dr. R. O., Abteilung Urologie des Klinikums Großhadern der LMU und PD Dr. H. K., Medizinische Klinik für Hämatologie und Onkologie des Klinikums Hannover, erarbeiteten 1998 im Rahmen der Deutschen Urologischen Multicenter Gruppe das "DGCIN 98 Konsensusprotokoll Chemo-Immuntherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms: s.c. Interferon-&945;2, i.v. 5-Fluorouracil oder p.o. Capecitabine – Therapieoptimierungsvergleich – " (Blatt 116 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER (DGCIN 98 Konsensusprotokoll)). Der Therapieansatz nach dem DGCIN 98 Konsensusprotokoll sah eine Behandlung über mehrere Zyklen in vier Therapiearmen vor. Die Verteilung der Patienten auf die verschiedenen Arme sollte nach Zuordnung zu zwei Risikogruppen durch prospektive Randomisierung erfolgen. Arm A sah die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a und p.o. Isotretinoin, Arm B die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a, p.o. Isotretinoin und inhalativem Interleukin-2, Arm C die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a, p.o. Isotretinoin und i.v. 5-Fluorouracil und Arm D die Gabe von s.c. Interleukin-2, s.c. Interferon-&945;2a, p.o. Isotretinoin und p.o. Capecitabine vor.
In der einen Bestandteil des Protokolls bildenden Patienteninformation heißt es:
Art der bösartigen Erkrankung Beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom liegt eine Ausbreitung über die Niere hinaus vor. Betroffen sein können die Lymphknoten, Lunge oder Knochen, seltener das Gehirn, die Leber oder andere Organe. In diesem Stadium ist Ihre Tumorerkrankung mit den heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten meist nicht heilbar. Mit der vorgesehenen Behandlung mit Interleukin-2, Interferon-&945;2a und Isotretinoin mit oder ohne Fluorouracil (5-FU) oder Capecitabine wollen wir jedoch versuchen, den Verlauf Ihrer Erkrankung günstig zu beeinflussen oder zum Stillstand zu bringen. In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, diese Behandlung mit einer Operation oder Bestrahlung zu kombinieren.
Beschreibung der Behandlung Im Falle der Behandlung mit Interleukin-2 in inhalativer Form wird dieses Medikament über ein spezielles Gerät vernebelt und dann 4x am Tag tief eingeatmet. Es ist denkbar, daß durch die Gabe von Interleukin-2 direkt an die in der Lunge vorhandenen Metastasen (Tochterabsiedlungen) eine stärkere Wirkung auf den Tumor bei relativ guter Verträglichkeit erreicht wird.
Möglicher Nutzen der Behandlung Wir gehen aufgrund der in den letzten Jahren gewonnenen Erfahrungen mit Interleukin-2, Interferon-&945;2a und Isotretinoin mit oder ohne 5-FU oder Capecitabine davon aus, daß die Therapie mit diesen Medikamenten bei Ihnen erfolgversprechend sein kann. Da wir jedoch nicht mit Sicherheit vorhersagen können, daß Ihnen die Therapie helfen wird, werden die Behandlungsergebnisse zum Zwecke der Qualitätssicherung fortlaufend dokumentiert.
Innerhalb von zwei verschiedenen Gruppen mit guter bzw. eingeschränkter Behandlungsprognose erfolgt die Zuordnung zu der jeweils individuell zu wählenden Therapieform für Sie nach dem Zufallsprinzip.
Der Internist Dr. Zeuner vom MDK Bayern führte in einer gutachtlichen Stellungnahme zur Inhalationsapplikation von Interleukin-2, welche den Fall eines anderen Kassenmitgliedes betraf, unter dem 7. Juli 1998 aus, die Vorstellung, durch die inhalative Verabreichung mittels eines Überdruckzerstäubers eine verbesserte Ansprechrate zu erzielen, befinde sich noch ausschließlich in einem experimentellen Forschungsstadium, eine Zulassung für eine erweiterte Indikationsstellung sei noch nicht absehbar. Die vorhandenen Arbeiten seien noch unzureichend, die Stabilität von IL-2, die Resorption über die Gas austauschenden Epithelien und die tatsächlich erreichbaren intravasalen oder intratumoralen Wirkstoffkonzentrationen seien noch ungeklärt. Die Datenlage zur inhalativen Applikationsform von IL-2 sei noch völlig unzureichend. Eine Kostenübernahme von IL-2 (Proleukin) für die inhalative Verabreichung sei zurzeit außerhalb von kontrollierten Studien nicht medizinisch begründbar zu befürworten. Auf die gutachtliche Stellungnahme (Blatt 154 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) wird ergänzend Bezug genommen.
In einem Grundsatzgutachten des MDK Nordrhein vom 30. April 1999 (Stand: 27. April 1999) zur inhalativen Anwendung von Interleukin-2 bei metastasiertem (bzw. metastasierendem) Nierenzellkarzinom (Blatt 107 der Akte S 23 KR 76/02 ER) heißt es im Hinblick auf die von der Klägerin propagierte inhalativ-subkutane Therapie mit u. a. Interleukin-2, dass ein Wirksamkeitsnachweis im Sinne der Rechtsprechung für die inhalative Gabe dieses Arzneimittels nicht vorliege. Es existierten keine klinischen Studien mit einem ausreichenden level of evidence. Randomisierte kontrollierte Studien lägen nicht vor. Fünf (wesentliche) Veröffentlichungen zur inhalativen Interleukin-2-Anwendung kämen über das Niveau einer Phase I - Prüfung nicht hinaus. Ansonsten fänden sich nur Studien ohne Kontrollgruppen. Die Wirksamkeit sei nicht indikationsbezogen an einer ausreichenden Zahl von Fällen in wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken nachgewiesen. Es bestehe derzeit allenfalls eine experimentelle Indikation für die genannte Behandlung.
Im Oktober 1999 (Endversion 5.6 vom 13.10.1999, vgl. Blatt 157 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) konzipierten die Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie, die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Urologie, der Berufsverband der Deutschen Urologen und das Referenzzentrum Lebensqualität in der Onkologie der Deutschen Krebshilfe den "Therapieoptimierungsvergleich: Nationales Tumorprojekt - Nierenzellkarzinom (NTP-N) zur Überprüfung der Wertigkeit einer medikamentösen Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms im adjuvanten und palliativen Ansatz". Ärzte der Klägerin waren nicht beteiligt. Eine inhalative Interleukin-2-Therapie ist nicht Bestandteil dieses Vergleichs.
In der Zeitschrift "Der Urologe" 1999 (A 38: 466-473) veröffentlichten H. H4, E. H1, M. A1, H. H1 "Unizentrische Erfahrungen seit 10 Jahren über die Behandlung des pulmonal metastasierten NZK mit inhalativem Interleukin-2." Experimentelle und klinische Therapiemodelle mit lokaler Interleukin-2 Gabe hätten eine bessere Verträglichkeit bei nachgewiesener Antitumoraktivität zeigen können. Seit 1989 seien an der Urologischen Klinik und Poliklinik des Universitätskrankenhauses E. 188 Patienten mit nachgewiesen progredienter Erkrankung mit inhalativem Interleukin-2, meist in der Kombination mit niedrig dosiertem Interleukin-2 oder Interferon-alpha behandelt worden. Bei nur gering beeinträchtigter Lebensqualität unter inhalativer Immuntherapie habe das mediane Überleben bei 12,4 Monaten gelegen, während nach Risikoanalyse das mediane Überleben in dieser Gruppe mit 5,3 Monaten zu erwarten gewesen sei.
Im Rahmen der von der Klägerin ambulant durchgeführten Immuntherapie erhielt der Patient W. S. am 2. August 1999 eine Verordnung über 20 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., am 10. August 1999 über 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und am 13. September 1999 über 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und 50 Flaschen Humanalbumin/Glukose Lösung. Die Verordnungen wurden von dem Patienten eingelöst. Hierfür entstanden der Beigeladenen im Quartal III/99 Kosten in Höhe von 50.493,84 DM (= 25.817,09 EUR).
Dem Patienten D. H. wurden am 6. Dezember 2000 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und 50 Flaschen Humanalbumin/Glukose Lösung, am 19. Dezember 2000 40 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E. und 3 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. verordnet. Am 18. Januar 2001 erhielt er eine Verordnung über 30 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., am 30. Januar 2001 über 40 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., 3 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. und 50 Flaschen Humanalbumin/Glukose Lösung, am 6. März 2001 über 20 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., 6 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. und 60 Roaccutan Kapseln, am 27. März 2001 über 20 Ampullen Proleukin 18 Mio. i. E., 3 Ampullen Roferon zu je 18 Mio. i.E. und 60 Roaccutan Kapseln. Die Verordnungen wurden von dem Patienten eingelöst. Hierfür entstanden der Beigeladenen (ohne Berücksichtigung der Verordnungen für Roferon) im Quartal IV/00 Kosten in Höhe von 43.950,86 DM (= 22.471,72 EUR) und im Quartal I/01 Kosten in Höhe von 69.432,94 DM (= 35.500,50).
Mit am 17. April 2000 (Quartal III/99), 5. Juni 2001 (Quartale IV/00 und I/01) eingegangenen Anträgen begehrte die Beigeladene die Prüfung der Verordnungsweise der Ärzte der Klägerin durch den Prüfungsausschuss im Hinblick auf Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und Verordnungsausschlussregelungen. Zu dem Prüfantrag betreffend den Patienten D. H. äußerte sich die Klägerin durch den Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie Prof. Dr. H2 H1 und den Oberarzt Dr. H3 H4 mit Schreiben vom 3. August 2001. Der Patient sei wegen eines metastasierten Nierenzellkarzinoms nach dem Stand der Wissenschaft therapiert worden. Es habe keine Behandlung im Rahmen einer Studie und keine Erprobung von Arzneimitteln stattgefunden. Auch könne als gesichert gelten, dass die inhalative Behandlung mit Proleukin zu einer zeitweisen Rückbildung der Tumore oder einem Stillstand des Wachstums der Tumore und damit zu einer Linderung der Beschwerden führe, wenn sich auch die Lebensverlängerung als nur wahrscheinlich und nicht als gesichert darstelle. Dies genüge für eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Hinsichtlich des Patienten W. S. gab die Klägerin eine Stellungnahme nicht ab. Im April 2000 wurde in den Räumen der Universität Hamburg die Deutsche Gesellschaft für Immuntherapie e. V. (DGFIT) gegründet (vgl. Internetauftritt-Ausdruck Blatt 205 der Akte S 23 KR 76/02 ER), deren Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Dr. E1 H1, Ärztin bei der Klägerin, war und die dort – bei der Klägerin – auch ihre Geschäftsstelle hatte. Diese gab unter dem 30. Juni 2000 ihre "Expertenempfehlung Interleukin-2-Immuntherapie nach aktuellem medizinischen Stand" heraus. Dort (Blatt 59 der Sachakte des Beklagten – P-100/01) und in der aktualisierten Fassung vom 2. Oktober 2001 (Blatt 39 der Gerichtsakte L 2 KA 38/06) heißt es, zur inhalativen Applikation von Interleukin-2 bei der Behandlung von Lungenmetastasen bestünden umfangreiche Erfahrungen. Sie sei die zweithäufigste Anwendungsform von Proleukin in Deutschland und werde – regelhaft – überwiegend bei seltenen Erkrankungen, wie dem pulmonal metastasierten Nierenzellkarzinom und Melanom angewendet. Zurzeit etwa 70 Veröffentlichungen beschrieben diese Applikationsform an mehreren hundert Patienten. Alle bestätigten die besonders gute Verträglichkeit. Im Journal of Clinical Oncologie sei 1999 eine prospektive Langzeitanalyse der Lebensqualität veröffentlicht worden. Es zeige sich Effizienz im Sinne einer lokalen und systemischen Immunmodulation und im Sinne von Tumoransprechen. Die Behandlung sei vor mehr als 10 Jahren erstmals in Deutschland eingesetzt worden, heute werde sie im In- und Ausland durchgeführt. Die Wirksamkeit sei durch Studien belegt, die Therapie werde durch (Fach-) Stellungnahmen (Deutsche Krebsgesellschaft, Tumorzentrum Hamburg, Ethikkommission Hamburg) befürwortend beurteilt, sei seit 1996 Standardtherapie der Universität Hamburg. Unter dem Stichwort "Zusammenfassung" wird am Ende ausgeführt, die subkutane und die inhalative Interleukin-2 Gabe seien klinisch regelhaft durchgeführte Modifikationen mit nachvollziehbarem pathophysiologischem Hintergrund. Sie seien durch prospektive Studien in Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gesichert.
Im Deutschen Ärzteblatt wurde im Herbst 2000 (Heft 42, S. A-2781) ein Beitrag von Wirth/Miller/Fischer/Oberneder/Altwein zur Immuntherapie des Nierenzellkarzinoms veröffentlicht. Dort heißt es unter "Zusammenfassung": Zur Immuntherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms mit Interleukin-2 und Interferon alpha-2a lägen viele widersprüchliche Ergebnisse vor. Ursache sei die uneinheitliche Studienlandschaft mit einem bisher bestehenden Defizit an korrekt konzipierten Protokollen. Dies treffe auch für die Vakzinierung des lokal fortgeschrittenen Tumors zu. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit einer konzertierten multizentrischen Studienstrategie unter Einschluss aller Fälle mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Weiter wird dort unter Hinweis auf eine Veröffentlichung von Prof. Dr. E. H1 ausgeführt: "Bei Lungen- und Mediastinalmetastasen kann Interleukin-2 auch per inhalationem verabreicht werden". Abschließend heißt es zur Immuntherapie mit Interleukin-2 und Interferon-alpha-2a, diese könne auch heute noch nicht als Standardtherapie angesehen werden und solle daher nur unter kontrollierten Bedingungen im Rahmen eines Therapieoptimierungsvergleichs durchgeführt werden. Individuelle Therapieversuche seien abzulehnen. Trotzdem habe sich diese Therapieform in den letzten Jahren zu einem De-facto-Standard entwickelt. Der überwiegende Teil der Patienten mit Nierenzellkarzinom werde heute mit einem Interleukin-2-haltigen Schema behandelt. Es bestehe weiterhin ein dringender Studienbedarf für die Immuntherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom.
Der Prüfungsausschuss setzte in der Sitzung 16. November 2000 (Bescheid vom 5. Dezember 2000) bzw. in der Sitzung am 6. September 2001 (Bescheide vom 20. September 2001) im Hinblick auf die beanstandeten Verordnungen einen Regress in Höhe von 50.493,84 DM (= 25.817,09 EUR) für das Quartal III/99, in Höhe von 43.950,86 DM (= 22.471,72 EUR) für das Quartal IV/00 und in Höhe von 69.432,94 DM (= 35.500,50) für das Quartal I/01 fest.
Zur Begründung heißt es, da der Applikationsart eines Arzneistoffes erhebliche Bedeutung hinsichtlich der Entfaltung der gewünschten Wirkung zukommen könne, sei eine gegenüber der Zulassung geänderte Applikationsform (hier inhalativ anstatt intravenös) von Interleukin-2 genauso zu bewerten wie der Einsatz eines zugelassenen Arzneimittels in einer nicht zugelassenen Indikation. Zwar könne in Ausnahmefällen eine Verordnung zu Lasten der Krankenkassen auch bei fehlender arzneimittelrechtlicher Zulassung gegeben sein. Hierfür sei aber der Wirksamkeitsnachweis anhand einer ausreichenden Anzahl von Patienten aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken zu erbringen. Daran fehle es nach Bewertung der dem Prüfungsausschuss zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Literatur. Das ebenfalls von dem Prüfantrag erfasste Medikament Roaccutan sei nur für die Behandlung der Akne zugelassen. Die Verordnung zu Lasten einer Krankenkasse für andere Indikationen sei aus den gleichen Erwägungen, wie diese für Proleukin dargestellt worden seien, nicht möglich. Nach den vorliegenden Unterlagen sei überdies davon auszugehen, dass die Klägerin Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom grundsätzlich nach dem DGCIN 98 Konsensusprotokoll behandelt habe. Studienmedikationen dürften aber nicht zulasten einer Krankenkasse durchgeführt werden. Auf die Bescheide vom 5. Dezember 2000 und vom 20. September 2001 (Blatt 15 ff. der Sachakte des Beklagten – P-148/00, jeweils Blatt 9 ff. der Sachakte des Beklagten – P-105/01 und 104/01) wird ergänzend Bezug genommen.
Mit weiteren Bescheiden setzte der Prüfungsausschuss Regresse in weiteren, ähnlich gelagerten Fällen gegen die Klägerin fest. Diese sind Gegenstand der Verfahren L 2 KA 37/06 bis L 2 KA 57/06 und L 2 KA 61 und 62/06.
Gegen den Bescheid vom 5. Dezember 2000 erhob die Klägerin am 18. Dezember 2000 Widerspruch, gegen die Bescheide vom 20. September 2001 am 28. September 2001. Zur Begründung ließ die Klägerin hinsichtlich des Regresses III/99 ausführen, das Nierenzellkarzinom sei mit einem Anteil von 85 % der häufigste maligne Tumor der Niere. Eine einheitliche medikamentöse Therapie habe nicht bestanden, vielmehr seien unterschiedliche Chemotherapie-Schemata – überwiegend als Kombinationstherapie – angewandt worden. Trotz des Einsatzes zugelassener rekombinanter humaner Zytokine allein oder in Kombination mit konventioneller Chemotherapie hätten keine Erkenntnisse über die Effektivität der verschiedenen anerkannten Therapie-Schemata bestanden. Aus diesem Grunde hätten sich die Spezialisten zahlreicher Universitätskliniken entschlossen, einen "Therapieoptimierungsvergleich" durchzuführen, d.h. die Behandlung des metastasierenden Nierenzellkarzinoms unter einheitlichen Behandlungsstandards und genauer Dokumentation der Behandlungsergebnisse durchzuführen, um so die Verpflichtung zur Qualitätssicherung zu erfüllen. Genau diesem Ziel habe das DGCIN 98 Konsensusprotokoll gedient. Dieses dürfe auch nicht an den Vorschriften des Arzneimittelrechts gemessen werden. Es handele sich insoweit nicht um eine gesetzwidrige Studie. Das Arzneimittelgesetz regele nämlich nur den Arzneimittelverkehr und nicht auch die Arzneimitteltherapie. Therapieoptimierungsstudien dienten nicht der klinischen Prüfung von Arzneimitteln, welche jeweils von dem pharmazeutischen Unternehmer in Auftrag gegeben würden, sondern der Therapiekontrolle. Für die korrekte Behandlung von Patienten seien Untersuchungen erforderlich, die den realen Patienten zum Gegenstand hätten. Insoweit sei "jede Therapie auch Versuch". Anstelle von unsystematischen Einzelfallbeobachtungen und daraus resultierenden Erfahrungsberichten könnten Ärzte die Therapie anhand von Protokollen standardisieren und dokumentieren und so Erkenntnisse gewinnen, die als wissenschaftlich qualifiziert werden könnten. Diese Art der Therapiekontrolle könne in Form von "Anwendungsbeobachtungen" oder "Therapieoptimierungsstudien" bzw. "Therapieoptimierungsvergleichen" durchgeführt werden. Hinsichtlich der weiter regressierten Quartale gab die Klägerin eine Stellungnahme nicht ab.
In einer Arbeit des Tumorzentrums München (Deutsche Krebsgesellschaft e. V.) – www.krebsinfo.de – von Wagner, Oberneder, Busch, Weiss, Schmeller und Petrides – (Copyright 1996-2001, Blatt 214-228 der Akte S 23 KR 76/02 ER) zum Nieren(zell)karzinom heißt es unter "Immunologische Therapien": In der Behandlung des fortgeschrittenen Nierenkarzinoms seien die Zytokine Interferon-alpha-2-a und –b (IFN-a) und Interleukin-2 (IL-2) die Therapeutika der ersten Wahl. Ihre Wirksamkeit habe durch eine Vielzahl von Autoren belegt werden können. Die subkutane Applikation der Zytokine habe sich als gleich wirksam erwiesen wie die intravenöse Gabe, die Nebenwirkungen seien bei der subkutanen Injektion jedoch deutlich schwächer als unter der i. v. Verabreichung. Derzeit werde eine Kombination von Interferon-alpha mit 13-cis-Retinolsäure (Isotretinoin) in Therapiestudien geprüft. Eine erste Phase II-Studie mit kleiner Patientenzahl habe eine synergistische Wirkung der Substanzen gezeigt und eine Verbesserung der objektiven Remissionsraten und des rezidivfreien Intervalls ergeben. Ein synergistischer Effekt habe durch die Kombination von subkutan applizierten IL-2 und IFN-alpha erzielt werden können. Die derzeit wirksamste Therapie scheine die von Atzpodien und Kirchner etablierte Kombination von IL-2 subkutan, IFN-alpha subkutan und 5-Fluorouracil intravenös zu sein. Die Durchführung der Therapien sollte im Rahmen von Studien angestrebt werden. Ob die zusätzliche Gabe von 13-cis-Retinolsäure (Isotretinoin) zu einer Verbesserung der Ergebnisse führen werde, untersuchten derzeit dieselben Autoren in einer vergleichenden Therapiestudie. Eine interessante Therapieform sei die inhalative Verabreichung von IL-2 (3-6x täglich), die von einer gleichzeitigen systemischen subkutanen IL-2 (und IFN-alpha)-Therapie begleitet werde. Die Anwendung und Wirksamkeit dieser Therapie sei auf Lungenmetastasen beschränkt. Diese sehr kostenaufwendige Therapie sollte nur im Rahmen von Studien durchgeführt werden. Die bisherigen Ergebnisse seien hinsichtlich der Remission von Lungenmetastasen mit den Erfolgen der subkutanen IFN-alpha/IL-2/5-FU-Therapie vergleichbar. Zur Behandlungsstrategie beim Nierenzellkarzinom - palliative Therapie - sind dort ausgeführt: lokale Therapie (Chirurgie, Radiatio, Embolisation, Chemoembolisation), systemische Therapie: Zytokintherapie, Zytokinchemotherapie, Schmerztherapie, Bisphosphonate.
Unter dem 30. Oktober 2001 erstellte das Kompetenz Centrum Onkologie des MDK Nordrhein (Prof. Dr. A. Heyll, Dr. Thiele) für die AOK Sachsen-Anhalt ein Gutachten zur Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung für eine inhalative InterleukinBehandlung eines dortigen Kassenmitglieds. Dort heißt es nach Auseinandersetzung mit den Publikationen zur Inhalationstherapie mit Interleukin-2: Dem publizierten Vorgehen liege das Behandlungsschema von H4 et al. zugrunde, über welches u.a. in der Zeitschrift "Der Urologe" (A 38: 466-473, 1999) berichtet worden sei. Diese Publikation enthalte Daten zur Behandlung von 188 Patienten, welche mit mindestens drei verschiedenen Interleukin-Präparaten behandelt worden seien. Es sei nicht näher ausgeführt worden, nach welchen Kriterien die Patienten für eine systemische Interleukin 2 Therapie ausgewählt worden seien. Nur 20 Patienten hätten eine reine Inhalationstherapie erhalten. Interleukin-2 sei überdies in unterschiedlichen Dosierungen eingesetzt worden. Einige Patienten hätten zusätzlich Interferon-alpha bekommen, ohne dass definiert worden sei, nach welchen Kriterien die Auswahl für die zusätzliche Interferon-alpha-Gabe erfolgt sei. Hieraus sei zu ersehen, dass es sich nicht um eine klinische Studie mit prospektiver Intervention bei einem einheitlichen Prüfprotokoll gehandelt habe. Das Vorgehen widerspreche den Minimalstandards bei der Publikation medizinischer Studien. Auch international hätten die Ergebnisse der Studiengruppe kaum Beachtung gefunden. Vielmehr gingen andere Arbeiten davon aus, dass randomisierte Studien erforderlich seien, um die Ergebnisse zu bestätigen. Weltweit seien zur inhalativen Interleukin-2 Therapie von Patienten mit metastasierten Nierenzellkarzinomen fast ausschließlich Daten der Arbeitsgruppe H1 und H4 publiziert. International werde sie als experimentelle Therapieform eingestuft. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass die unter dieser (subkutan-inhalativen) Behandlung erzielten Remissionsraten höher seien, als die, welche durch die intravenöse oder subkutane systemische Therapie erreicht werden könnten. Während die subkutane Gabe von Interleukin-2 zu vergleichbaren klinischen Ergebnissen führe wie die intravenöse Dauerinfusion, sei die Pharmakokinetik aufgrund inhalativer Gabe hiermit nicht vergleichbar. Es handele sich um eine topische (lokale) Anwendung, hinsichtlich derer ausreichende Daten bisher nicht publiziert seien. Da ca. 90% aller Patienten zusätzlich Interleukin-2 systemisch subkutan erhalten hätten und ca. 30% zusätzlich mit Interferon behandelt worden seien, könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die beobachteten Remissionen allein auf die systemische Gabe dieser Medikamente zurückzuführen seien. Der derzeitige Stand der Erforschung der Wirkung von inhalativem Interleukin-2 entspreche der Studienphase I/II. Auch die von den Autoren behauptete geringere Toxizität sei nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Auch bei systemischer subkutaner Gabe sei die Rate schwerer, lebensbedrohlicher Nebenwirkungen gering, über Todesfälle sei insoweit nicht berichtet worden. Alle verfügbaren Daten zeigten im Übrigen, dass Art und Schwere der Nebenwirkungen nicht nur von der Art der Applikation, sondern vor allem von der Höhe der Dosis beeinflusst würden. Die inhalative Gabe von Interleukin-2 könne nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin nicht begründet werden. Auf das von der AOK Rheinland/Hamburg im Verfahren S 23 KR 76/02 ER als Anlage B 5 vorgelegte Gutachten wird ergänzend Bezug genommen.
Am 12. November 2001 beschloss der Vorstand der Klägerin, dass eine Verordnung von Proleukin zur inhalativen Gabe auf Kassenrezept untersagt sei, sofern nicht die zuständige Krankenkasse einen Regressverzicht erklärt habe, und setzte diesen Beschluss in einer entsprechenden Dienstanweisung für die Ärzte der Klägerin um.
Daraufhin suchten Patienten anderer Kassen bei den für sie zuständigen Sozialgerichten um vorläufigen Rechtsschutz nach, damit ihre weitere Versorgung mit Proleukin zur Durchführung der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie sichergestellt werde. In einem im Rahmen eines derartigen einstweiligen Anordnungsverfahrens bei dem Sozialgericht Hamburg (S 23 KR 76/02 ER) erstatteten Gutachtens betreffend ein Mitglied der AOK Rheinland/Hamburg führte der Facharzt für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. Polak unter dem 29. Januar 2002 zusammenfassend aus, die Gabe einer als Injektion zu verabreichenden Substanz in inhalativer Form sei ohne ausreichende Informationen zur Resorptionsrate und anderer pharmakokinetischer Grundinformationen wissenschaftlich nicht begründbar und unzulässig. Bei der inhalativen Interleukin-2-Therapie würden im Bereich der Metastasen lokale Wirkstoffkonzentrationen erreicht, die nur einen Bruchteil (ca. 1:1000 geschätzt) der mittels Injektion erreichten Wirkstoffkonzentrationen im bzw. am Tumor betrügen. Bei dieser Therapie handele es sich nicht um eine Standard-Therapie, deren Wirksamkeit und Nutzen anhand einwandfrei geführter wissenschaftlicher Untersuchungen in einer für die Beurteilung ausreichenden Anzahl von Fällen belegt sei. Aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage könne von einer unwirtschaftlichen Therapieform ausgegangen werden. In der medizinisch-wissenschaftlichen Fachdiskussion besitze diese Therapieform keine breite Resonanz. Die inhalative Interleukin-2-Behandlung basiere ausschließlich auf im Stile der Erfahrungsmedizin retrospektiv beurteilten Behandlungsberichten. Zum Unterschied der Verabreichung des Medikaments Proleukin durch Injektion einerseits und Inhalation andererseits wird dort im Einzelnen ausgeführt: Durch Injektionen, gleich welcher Art (subkutan, intramuskulär, intravenös oder intrakutan), werde der gesamte Wirkstoff unter Umgehung eines "Resorptionsorgans" dosiskontrolliert verabreicht. Eine gewisse Verteilung im Gesamtorganismus könne unterstellt werden, wobei die lokale Verträglichkeit, das Erreichen einer ausreichenden Gewebe- oder Serumkonzentration und andere Faktoren, die die biologische Verfügbarkeit bestimmten, zu beachten seien. Bei der inhalativen Verabreichung seien die Verhältnisse grundsätzlich anders. Sie sei nicht mit einer Injektionsbehandlung vergleichbar. Bei inhalativer Verabreichung könne nicht mehr von einer ausreichenden Resorption der Wirksubstanzen ausgegangen werden. Die Resorptionsrate werde im Wesentlichen durch das Molekulargewicht bestimmt. Überschreite dieses eine gewisse kritische Größe, könne nicht mehr von einer effektiven Resorption ausgegangen werden. Eine systemische Wirksamkeit sei nicht zu erwarten. Dies treffe auch für das Interleukin-2 in Form des Arzneimittels Proleukin zu. Soweit geltend gemacht werde, es sei eine systemische Wirkung auch gar nicht beabsichtigt, vielmehr solle durch die inhalative Gabe eine lokoregionale Tumortherapie durchgeführt werden, sei zu beachten, dass bei einer lokoregionalen Tumortherapie die Wirkstoffe direkt in den Tumor oder in dessen Umgebung appliziert würden. Hierdurch würden Wirkstoffkonzentrationen erzeugt, die möglicherweise höher seien als bei intravenöser Gabe. Ein solcher Effekt sei durch rein inhalative Behandlung kaum vorstellbar, weil eine hochgradige Verdünnung der Wirkstoffkonzentration bereits in der Atemluft erfolge und ferner der mit der Atemluft aufgenommene Wirkstoff auch nur zu einem äußerst geringen Bruchteil in den unmittelbaren Bereich der Lungenmetastasen gelange. Soweit von den Vertretern der inhalativen Therapieform dargelegt werde, dass Interleukin-2 auch nach der Vernebelung aktiv bleibe und ein Ansteigen der immunkompetenten Zellen in der bronchio-alveolaren Lavage (Spülflüssigkeit) beobachtet worden sei, so stellten diese Beobachtungen allenfalls Wirkungen dar, berechtigten aber noch nicht zum Rückschluss auf eine Wirksamkeit gegenüber Lungenmetastasen. Auszuschließen sei auch nicht, dass die beobachteten Therapieerfolge des eingesetzten Konzepts ausschließlich der Begleittherapie, nämlich der subkutanen Interleukin-2-Gabe in reduzierter Dosis in Kombination mit Interferon-alpha in empfohlener Dosierung zurückzuführen seien. Auf das Gutachten (Blatt 231 ff. der Akte S 23 KR 76/02 ER) wird ergänzend Bezug genommen.
In der Sitzung des Beklagten am 7. März 2002 machte die Klägerin zur Begründung ihrer Widersprüche gegen die Regressbescheide geltend, die DGCIN 98 Studie sei nicht realisiert worden. Auch hätten mehrere Patienten nur subkutane und keine inhalative Behandlung mit Proleukin erhalten, für einige Patienten lägen Genehmigungen der Krankenkasse vor und für weitere hätten die Sozialgerichte im Wege einer einstweiligen Anordnung die jeweilige Kasse zur Kostenübernahme verpflichtet.
Daraufhin vertagte sich der Beklagte und gab Gelegenheit zu weiteren Ausführungen, insbesondere zu der Erklärung, ob Interleukin 2 inhalativ verabreicht worden sei, ob eine Teilnahme am DGCIN 98 Konsensusprotokoll Therapieoptimierungsvergleich stattgefunden habe und ob Kostenübernahme- oder Regressverzichtserklärungen vorgelegen hätten. Die Klägerin erklärte sich hierauf in allen Einzelfällen mit einem Schreiben vom 5. Juli 2002. Sie verneinte eine Studienteilnahme in allen von Regressen betroffenen Fällen mit Ausnahme des den Patienten D1 M. (L 2 KA 37/06) betreffenden Falles.
Durch Beschlüsse vom 24. Juli 2002 bestätigte der Beklagte die ausgesprochenen Regresse. Die Entscheidung des Prüfungsausschusses könne nach erneuter Prüfung und unter Heranziehung der aufgrund des Beschlusses vom 7. März 2002 nachgereichten Unterlagen zum Teil bestätigt werden. Nachdem eine Studienteilnahme nunmehr mit Ausnahme eines Patienten ausdrücklich verneint werde, sei eine Entscheidung darüber, ob die vom Prüfungsausschuss beanstandeten Verordnungen auch unzulässig waren, weil sie im Rahmen des DGCIN 98 Konsensusprotokolls erfolgt seien, vom Beschwerdeausschuss allerdings nicht mehr zu treffen. Nicht beanstandet würden danach diejenigen Verordnungen, die eine ausschließlich subkutane Verabreichung von Proleukin zum Inhalt hätten. Hierfür sei mittlerweile eine Zulassung vorhanden. Nicht zu beanstanden sei danach auch die Verordnung von Roferon, da nicht mehr von einer Behandlung im Rahmen des DGCIN Konsensusprotokolls ausgegangen werden könne, nachdem nach der aktuellen Auskunft der Klägerin vom 5. Juli 2002 die Behandlung nicht im Rahmen dieser Studie vorgenommen wurde. Zu beanstanden seien aber diejenigen Verordnungen, die nach der Einlassung der Klägerin im Schreiben vom 5. Juli 2002 im Rahmen einer kombinierten subkutan-inhalativen Behandlung mit Proleukin erfolgt seien. Diese Form der Behandlung des pulmonal metastasierten Nierenzellkarzinoms mit Proleukin, bei der 10 % der Dosis subkutan und 90 % der Dosis inhalativ verabreicht würden, werde von der Klägerin praktiziert. Injektion bzw. Inhalation würden nach Anleitung durch die Patienten selber vorgenommen. Dieses Vorgehen stelle eine Verordnung des Medikaments Proleukin außerhalb dessen arzneimittelrechtlicher Zulassung dar. Denn nach § 22 Arzneimittelgesetz (AMG) müsse der Zulassungsantrag auch Angaben über die Darreichungsform und die Art der Anwendung enthalten. Angaben über die Art der Anwendung müssten nach § 11 a Abs. 1 Nr. 11 AMG auch die Fachinformationen enthalten. Hieraus ergebe sich zweifelsfrei, dass Darreichungsform und Art der Anwendung Bestandteile der Zulassung seien. Eine Verordnungsfähigkeit von Proleukin zur Anwendung nach dem Therapieschema der Klägerin könne daher nur auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den neuartigen Arzneitherapien beurteilt werden. Jedoch lägen – obschon es sich beim metastasierten Nierenzellkarzinom zweifelsfrei um eine lebensbedrohliche Erkrankung handele – keine Erkenntnisse vor, die zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zuließen und aufgrund derer deshalb in einschlägigen Fachkreisen Konsens über den voraussichtlichen Nutzen dieser Anwendung bestehe. Von der fehlenden Verordnungsfähigkeit des Proleukin in inhalativer Anwendung werde auch derjenige Anteil des Medikaments erfasst, welcher auf die subkutane Gabe entfalle. Denn die kombinierte subkutane und inhalative Behandlung stelle eine Einheit dar, aus der nicht einzelne Elemente herausgelöst und gesondert betrachtet werden könnten. Die Verordnungsfähigkeit fehle des Weiteren hinsichtlich des Medikaments Roaccutan. Dieses sei für die Behandlung des Nierenzellkarzinoms nicht zugelassen, und es seien keinerlei Informationen bekannt, wonach die Verordnung zu Lasten der Krankenkasse nach den Grundsätzen für den zulassungsüberschreitenden Einsatz gegeben wären. Auf die Beschlüsse (Blatt 69 ff. der Sachakte des Beklagten – P-148/00, jeweils Blatt 26 ff. der Sachakte des Beklagten – P-105/01 und 104/01) wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Beschlüssen vom 24. Juli 2002 entschied der Beklagte auch über Widersprüche in weiteren, ähnlich gelagerten Fällen. Diese sind Gegenstand der Verfahren L 2 KA 37/06 bis L 2 KA 57 und L 2 KA 61 und 62/06.
Die Klägerin hat unter Hinweis darauf, dass ihr die Bescheide des Beschwerdeausschusses jeweils am 12. Dezember 2002 zugestellt wurden, am 13. Januar 2003, einem Montag, zum Aktenzeichen S 27 KA 14/03 Klage erhoben, mit der sie ihr Anfechtungsbegehren gegenüber allen Regressbescheiden weiterverfolgt hat. Nach Trennung in 26 einzelne Verfahren hat das den Bescheid zum Aktenzeichen P-148/00 (Regress S.) betreffende Verfahren beim Sozialgericht das Aktenzeichen S 27 KA 566/03, das den Bescheid zum Aktenzeichen P-105/01 (Regress H. Quartal IV/00) das Aktenzeichen S 27 KA 567/03 und das den Bescheid P 104/01 (Regress H. Quartal I/01) das Aktenzeichen S 27 KA 568/03 erhalten.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, es sei außer in dem Fall des im Verfahren S 27 KA 14/03 (= L 2 KA 37/06) betroffenen Patienten M. , der tatsächlich im Rahmen der DGCIN 98 Studie behandelt worden sei, eine Studienteilnahme nicht erfolgt. Die DGCIN 98 Studie sei zwar durchgeführt worden, jedoch seien die Ergebnisse erst in der Zukunft zu erwarten. Gegenüber der Argumentation des Beschwerdeausschusses, dass das Medikament Proleukin außerhalb seiner Zulassung eingesetzt wurde, weil es inhalativ bzw. kombiniert subkutan-inhalativ anstelle der zugelassenen intravenösen Gabe eingesetzt wurde, werde daran festgehalten, dass lediglich in der Applikationsart (der Art der Anwendung) abgewichen worden sei, während es grundsätzlich um ein für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassenes Arzneimittel gehe. Krankenversicherungsrechtlich stelle die indikationsgemäße Verwendung eines zugelassenen Arzneimittels in einer von der Zulassung abweichenden Applikationsform keinen Off-Label-Use dar. Die insoweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufzuwerfenden Fragen der Zulassungsüberschreitung stellten sich nur bei Verwendung eines zugelassenen Medikaments außerhalb der in der Zulassung genannten Indikation. Proleukin sei aber – was unstreitig sei – für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassen. Im Übrigen liege der Entscheidung des Beschwerdeausschusses auch ein Fehlverständnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum zulassungsüberschreitenden Einsatz von Arzneimitteln zugrunde. Es handele sich beim metastasierten Nierenzellkarzinom zweifellos um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Auch sei keine andere Therapie verfügbar, denn auch die Therapiealternative der reinen subkutanen Anwendung sei mit schwersten Nebenwirkungen für die so behandelten Patienten verbunden. Bei systemischer Therapie führe der Wirkstoff Proleukin je nach Patient und verwendeter Dosis zu Symptomen ähnlich wie bei einer schweren Grippe. Dies könne bei den ohnehin vorbelasteten Patienten sogar zum Tode führen. Dagegen werde bei der kombinierten inhalativ-subkutanen Therapie das Problem der Verteilung von Proleukin im gesamten Gefäßsystem minimiert. Das inhalativ aufgenommene Proleukin gelange nicht in das Gefäßsystem. Deshalb würden die Nebenwirkungen durch den geringen subkutanen Medikamentenanteil gering gehalten. Andererseits würden durch die inhalative Gabe bei den Patienten mit Lungenmetastasen die Tumorzentren direkt erreicht und es könne ein Ersticken verhindert werden. Auch die Fachinformationen für subkutane bzw. intravenöse Gabe von Proleukin erwähnten als Risikofaktoren einen reduzierten Allgemeinzustand, metastatischen Befall in mehr als einem Organ sowie ein Intervall von mehr als 24 Monaten zwischen der Primärdiagnose und dem Beginn der Therapie mit Proleukin. Bei fast allen Patienten, derentwegen in den streitgegenständlichen Bescheiden Regresse ausgesprochen wurden, habe eine Kontraindikation für die systemische (also rein subkutane oder intravenöse) Therapie nach den Fachinformationen bestanden. Wären diese Patienten dennoch systemisch behandelt worden, hätte ein echter Off-Label-Use vorgelegen, da die Indikation nach den verbindlichen Fachinformationen verlassen worden wäre. Anders stelle sich der Fall allerdings bei den Patienten dar, bei denen erfolglos eine systemische Immuntherapie versucht worden sei und die inhalative Therapie sich als letzte Therapieoption mit einem für die Indikation zugelassenen Medikament dargestellt habe. Auch sei es für einige Patienten dringend notwendig gewesen, weiter ihren sozialen Pflichten nachgehen zu können, und sie hätten sich den Belastungen der nebenwirkungsreichen systemischen Therapie nicht gewachsen gefühlt. Vor diesem Hintergrund sei zu hinterfragen, ob den Patienten eine nachweislich erheblich weniger gefährliche Applikation hätte vorenthalten werden dürfen, selbst wenn diese formal für eine systemische Therapie geeignet gewesen wären. Diese Sachlage habe der Beschwerdeausschuss bei seiner rein formalen Argumentation verkannt. Die Therapieergebnisse der inhalativen Gabe zeigten ein Langzeitüberleben, das eher besser, mindestens aber genauso gut sei, wie dasjenige bei der toxischen systemischen Behandlungsform. Die inhalative Gabe erlaube Berufstätigkeit und Versorgung der Familie. Im Übrigen möge es zwar zutreffen, dass ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung auf die inhalative Therapieform mit veröffentlichten Phase-III-Studien nicht vorliege. Das Fehlen einer Phase-III-Studie sei aber kein Argument gegen die inhalative-subkutane Applikation. Dem Wirkstoff Aldesleukin in inhalativer Verabreichung sei nämlich am 8. Mai 2003 von der European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) ein "significant benefit" bescheinigt worden (orphan drug designation). Auch könne es auf den Nachweis pharmakologischer und immunologischer Prozesse bei der inhalativen Behandlung nicht ankommen. Abzustellen sei vielmehr auf den Überlebensvorteil der streitigen Behandlung und nicht auf die Herausarbeitung von Surrogatparametern und deren Veränderung bei der inhalativ-subkutanen (90% Inhalation, 10% subkutane Verabreichung) Behandlung durch Interleukin-2. Phase-III-Studien seien auch gar nicht zu verlangen, weil es nicht genügend Fälle von Patienten mit in die Lunge metastasierendem Nierenzellkarzinom gebe. Eine Phase-III-Studie könne auch gar nicht mehr verwirklicht werden, weil es ethisch nicht zu vertreten sei, im Rahmen einer solchen Studie Patienten Placebos zu verabreichen. Nach dem Inhalt der Stellungnahmen der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. vom 15. Januar 1998 und der Deutschen Gesellschaft für Immuntherapie e. V. vom 30. Juni 2000 sei die (zumindest palliative) Wirksamkeit der streitigen Therapie im Übrigen belegt bzw. belegt, dass der inhalative Einsatz von Proleukin in den wesentlichen Kreisen des betroffenen medizinischen Fachgebietes Akzeptanz gefunden habe. Danach sei ein Konsens innerhalb des beteiligten Fachkreises festzustellen. Auch die Behandlung des metastasierenden Nierenkarzinoms mit Roaccutan erfülle die vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen für einen Off-Label-Use. Das Medikament sei aufgrund seiner "spezifischen Wirkung auf das menschliche Immunsystem" geeignet, einer weiteren Metastasierung von Krebsleiden vorzubeugen. Unabhängig hiervon sei aber auch der Stand der wissenschaftlichen Diskussion zur inhalativen Anwendung von Proleukin nicht zutreffend gewürdigt worden. Der Beklagte habe auch bei der Berechnung des Mehraufwandes, der Gegenstand des Regresses sei, nicht Einsparungen bei anderen ärztlichen Leistungen (Vermeidung stationären Aufenthalts, Berücksichtigung der Kosten des systemischen Teils der kombinierten Behandlung) berücksichtigt. Er habe eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall eigentlich nicht vorgenommen. Im Übrigen sehe sie, die Klägerin, sich bestärkt durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98). Im vorliegenden Fall habe die rein systemische Applikation aus medizinischen Gründen nicht zur Anwendung gelangen können. Zumindest habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht durch die Kombination von subkutaner und inhalativer Applikation bestanden. Auch berufe sie, die Klägerin, sich auf Vertrauensschutz. Mit einem Regress sei nicht zu rechnen gewesen, weil die "orphan drug designation" zugebilligt worden sei, woraus auf "einen klinisch relevanten Vorteil oder bedeutenden Beitrag zur Behandlung von Patienten" habe geschlossen werden können. Außerdem stehe dem Regress der Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" entgegen. Es sei nicht davon auszugehen gewesen, dass die (beigeladene) Krankenkasse zwar das Inhalationsgerät, nicht aber das bei der Inhalation verwendete Medikament habe finanzieren wollen. Zusätzlich hat sich die Klägerin auf eine Reihe von Entscheidungen der Sozialgerichte in Eilverfahren bezogen, in denen Kassen verpflichtet wurden, ihren Mitgliedern die inhalative Interleukin-2 Therapie als Sachleistung zu gewähren. Auf die Schriftsätze vom 10. Juni 2004, 2. Dezember 2004, 15. April 2005, 9. September 2005 und 27. Januar 2006, 6. März 2006 und 18. September 2006 wird ergänzend Bezug genommen.
Der Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin unter Hinweis auf den die Zulassung überschreitenden Einsatz von Proleukin entgegen getreten und hat des Weiteren unter Hinweis auf die Ausführungen der AOK Rheinland/Hamburg in den Parallelverfahren, die er sich zu eigen mache, entgegnet, dass die vom Bundessozialgericht im Urteil vom 19. März 2002 aufgestellten Off-Label-Use-Kriterien hier nicht erfüllt seien, so dass die Verordnung von Proleukin zur inhalativen Applikation nicht erlaubt gewesen sei. Die Off-Label-Expertengruppe des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte habe in einer vorläufigen Bewertung Ende 2004 ausgeführt, dass ein Off-Label-Einsatz von Interleukin-2 in inhalativer Darreichung derzeit nicht gerechtfertigt sei. Zurzeit der hier streitigen Verordnungen hätten keine Studien vorgelegen, die eine Wirksamkeit belegten. Die von der Klägerin vorgelegten Beschlüsse und Urteile sozialgerichtlicher Rechtsprechung überzeugten nicht. Bei fast allen dieser Entscheidungen habe das eindeutige Ergebnis der Off-Label-Expertengruppe (noch) nicht vorgelegen. Diese Gerichte hätten ihre Auffassung überwiegend auf den Umstand gestützt, dass Proleukin auch in anderen Kliniken eingesetzt worden sei und auf die Ergebnisse der von Frau Prof. Dr. H1 geleiteten Deutschen Gesellschaft für Immuntherapie e. V. verwiesen. Andere Kliniken hätten wiederum Proleukin wegen der Veröffentlichungen der (Ärzte der) Klägerin eingesetzt. Diese Veröffentlichungen seien aber von der Expertengruppe, die bei ihrer Bewertung alle Originalarbeiten eingeschlossen habe, berücksichtigt worden. Die ausgewerteten Gutachten seien überwiegend vor 1999 erstellt worden, so dass auch zum Zeitpunkt der Verordnungen diese Datenlage bereits vorhanden gewesen sei. Der überwiegende Teil der Veröffentlichungen stamme von Frau Prof. Dr. H1 oder anderen Ärzten der Klägerin. Es hätten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Erkenntnisse vorgelegen, die zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zutage treten und die deshalb die Aussage zuließen, dass in einschlägigen Fachkreisen Konsens über den voraussichtlichen Nutzen der inhalativen Anwendung bestanden habe. Hierfür spreche auch, dass die Studienanalyse zu dem Ergebnis komme, dass unterschiedliche Dosierungsangaben für die inhalative Therapie publiziert worden seien. Wenn in jeder Studie eine andere Dosierung verwendet worden sei, könne nicht einmal von einheitlichen Studien, geschweige denn von einem Konsens in Fachkreisen gesprochen werden. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 stehe der Anwendung der Rechtsprechung zum Off-Label-Use hier nicht entgegen. Es habe im vorliegenden Fall andere – für die Erkrankung zugelassene – Medikamente gegeben. Auch seien im konkreten Behandlungsfall die Behandlungsweise und deren Resultate kaum hinreichend dokumentiert, was schon aus den unterschiedlich eingesetzten Dosierungen folge. Da auch unterschiedliche Kombinationen von Medikamenten eingesetzt worden seien, könnten die von den Ärzten der Klägerin angeblich beobachteten Wirkungen auch auf die Gabe dieser Medikamente (z. B. Roferon) zurückzuführen sein. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes reichten die Veröffentlichungen, die im Jahre 1999 bekannt gewesen und überwiegend von Ärzten der Klägerin verfasst worden seien, nicht aus.
Die Beigeladene hat ebenfalls auf die Überschreitung der Zulassung durch inhalative Verabreichung hingewiesen und hierzu an den Versuch der inhalativen Gabe von Insulin erinnert, welcher ebenfalls ein erneutes Zulassungsverfahren ausgelöst habe.
In dem Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Stand: Juli 2005) – Feststellung zu inhalativem Interleukin-2 bei metastasiertem Nierenzellkarzinom – heißt es zur Pharmakokinetik von inhalativem Interleukin-2 zusammenfassend:
Pharmakokinetische Studien zum inhalativen Einsatz von Interleukin-2 basieren derzeit nur auf einer sehr geringen Anzahl von Patienten. Untersuchungen zur Pharmakokinetik des Wirkstoffs in der Lunge liegen bisher nicht vor, so dass nur indirekt über die Messung von Surrogatparametern geschlossen werden kann, dass eine Verteilung des Wirkstoffs in der Lunge stattfindet. Nur unter den höchsten Dosen (1,2 Mio Units Interleukin-2) waren vereinzelt geringe Konzentrationen des Wirkstoffs auch im Plasma nachweisbar. Untersuchungen zur Pharmakokinetik sind deshalb notwendig, wenn Zusammenhänge zwischen verabreichter Dosis, der Pharmakokinetik des Wirkstoffs in der Lunge und ein Ansprechen des Patienten auf die Therapie aufgestellt werden sollen.
Abschließend werden einstimmig folgende Feststellungen getroffen:
1. Es existiert keine randomisierte Phase-III-Studie, die eine Interleukin-2 Inhalation mit irgendeiner anderen Therapie oder Kontrollgruppe vergleicht. 2. In Phase-I/II-Studien wurden Tumorremissionen und stabile Krankheitsverläufe beobachtet, sowohl unter alleiniger Inhalation von Interleukin-2 als auch mit Kombinationstherapien, die überwiegend oder teilweise eine Interleukin-2 Inhalation enthalten; und zwar sowohl bei chemo-immun-naiven wie bei systemisch vorbehandelten Patienten. 3. Der Einfluss der Dosierung, der Applikationsintervalle und der Inhalationsdauer auf die Wirksamkeit von Interleukin-2 in inhalativer Anwendung ist ebenso wenig geklärt, wie die Effekte von systemischen Begleittherapien. 4. Die Selektionskriterien für die Auswahl von Patienten, die bevorzugt von einer alleinigen oder zusätzlichen Interleukin-2-Inhalation profitieren, sind nicht abgesichert. 5. Ganz überwiegend wurde bei den Arbeiten zur Interleukin-2 Inhalation eine systemische Begleittherapie verabreicht. "Interleukin-2-Inhalation" ist daher im Folgenden als eine kombinierte Therapieform zu verstehen, die größtenteils zusätzlich zur Inhalation von Interleukin-2 eine systemische Behandlung mit Interferon-&945; (IFN) und/oder Interleukin-2 in subkutaner Applikationsweise beinhaltet hat. 6. Die durch eine "Interleukin-2-Inhalation" erzielten objektiven Tumoransprechraten (CR + PR) sind unterdurchschnittlich, verglichen mit systemischen Immun-Chemotherapien. 7. Nach der Datenlage konnte bei Patienten in ausgewählten Fällen durch eine "Interleukin-2-Inhalation" ein Behandlungserfolg erzielt werden, die für die zugelassenen Therapieformen nicht geeignet waren, oder die auf zugelassene Therapien nicht angesprochen haben. 8. Die hohe Rate an Krankheitsstabilisierungen, die für eine "Interleukin-2-Inhalation" berichtet wird, kann nur selten als objektiv überprüfbar eingestuft werden, da der sichere Nachweis einer vorherigen Tumorprogression höchstens erwähnt, aber nicht nachvollziehbar belegt wird. 9. Das Toxizitätsprofil einer "Interleukin-2-Inhalation" unterscheidet sich grundlegend von den charakteristischen Profilen systemischer Gaben von Interleukin-2 (und/oder Roferon). Die deskriptiven Daten zu den therapiebedingten Toxizitäten einer "Interleukin-2-Inhalation" deuten auf eine bessere Verträglichkeit als andere Interleukin-2-basierte Therapieprotokolle; ein prospektiv vergleichender Beleg fehlt. 10. Die publizierten Lebensqualitäten zur "Interleukin-2-Inhalation" sind in ihrer Form unzureichend bewertbar und aus methodischen Gründen nicht hinreichend aussagefähig.
Die Expertengruppe gelangt zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Indikation "Nierenzellkarzinom" im metastasierten Stadium um eine schwerwiegende Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung handelt, dass aber andere Therapien als die Behandlung mit Interleukin-2 in inhalativer Applikation zur Behandlung hierfür verfügbar und zugelassen seien. Zur Interleukin-2-Inhalation bestünden nur ganz vereinzelte kasuistische Schilderungen, die darauf verwiesen, dass durch ein Protokoll, in dem auch Interleukin-2 inhaliert wurde, ein Behandlungserfolg palliativ erzielt worden sei, nachdem andere Verfahren versagt hätten. Die Kasuistiken seien nicht im Detail überprüfbar und die Selektionskriterien für die Auswahl von Patienten, die bevorzugt von einer alleinigen oder zusätzlichen Interleukin-2-Inhalation profitieren, seien nicht abgesichert. Ein "Off-Label-Einsatz" von Interleukin-2 in inhalativer Darreichung sei derzeit nicht gerechtfertigt.
In seiner Sitzung am 18. April 2006 bestimmte der Gemeinsame Bundesausschuss, dass inhalatives Interleukin-2 nicht zur Therapie eines Nierenzellkarzinom verordnungsfähig ist und ergänzte insoweit die Arzneimittel-Richtlinie (BAnz Nr. 134, S. 5122, vom 20. Juli 2006).
Durch Urteile vom 4. Oktober 2006 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zur Behandlung eines metastasierenden Nierenzellkarzinoms sei Interleukin-2 nur für die intravenöse Verabreichung zugelassen gewesen. Dies folge aus § 29 Abs. 3 Nr. 2 AMG, wonach eine Änderung in eine mit der zugelassenen nicht vergleichbare Darreichungsform eines neuen Zulassungsantrages bedürfe. Die Voraussetzungen eines zulässigen Off-Label-Use von Interleukin-2 in der Form einer subkutan-inhalativen Applikation zulasten der Beigeladenen hätten nicht vorgelegen. Phase-III-Studien oder annähernd gleichwertige, wissenschaftlichen Ansprüchen genügende veröffentlichte Erkenntnisse über Qualität und Wirksamkeit dieser Behandlungsweise habe es nicht gegeben. Es hätten nur vereinzelt kasuistische Schilderungen zur Interleukin-2-Inhalation bei Nierenzellkarzinom vorgelegen. Die erfolgte Therapie sei auch nicht im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 zulässig gewesen. Denn es hätten für die behandelten Erkrankungen allgemein anerkannte und medizinischem Standard entsprechende Behandlungen zur Verfügung gestanden. Aus dem Umstand, dass dem Wirkstoff Aldesleukin in inhalativer Verabreichung von der EMEA der orphan drug status zuerkannt worden sei, ergebe sich nichts anderes. Denn mit dieser Zuerkennung werde eine arzneimittelrechtliche Zulassung nicht ersetzt. Aus ihr folgten vielmehr lediglich administrative und finanzielle Unterstützung im Zulassungsverfahren und ein verlängertes exklusives Vermarktungsrecht. Die Urteile sind den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14. November 2006 zugestellt worden. Auf die Entscheidungen wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin hat am 6. Dezember 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass bei den Behandelten keine medizinische Kontraindikation gegen die alleinige Therapie mit subkutanem Interleukin-2 bestanden habe und dass es anderweitige Behandlungsmöglichkeiten gegeben habe. Alle Versicherten, um deren Behandlung mit der kombinierten subkutan-inhalativen Therapie mit Interleukin-2 (Proleukin) es in den Parallelberufungsverfahren gehe, hätten eine medizinische Kontraindikation gegen alle Behandlungsformen mit Interleukin-2 oder Interferon-alpha mit Ausnahme der angewandten kombinierten Therapie aufgewiesen. Die damals zugelassene subkutane Applikation von Interferon-alpha habe bei den Versicherten nicht – jedenfalls nicht in einer der Zulassung entsprechenden Weise – zur Anwendung kommen können. Auch habe das Sozialgericht seine Entscheidung auf die unzutreffende Annahme gestützt, dass eine zugelassene Behandlungsalternative in Gestalt der subkutanen Gabe von Proleukin bestanden habe. Denn die alleinige Therapie mit subkutanem Interleukin-2 sei seinerzeit weder zugelassen noch "allgemein anerkannt" gewesen. Das Sozialgericht begründe auch nicht, weshalb aus seiner Sicht vorliegend ein Off-Label-Use bei alleiniger subkutaner Applikation von Interleukin-2 möglich, ein Off-Label-Use dieses Medikaments bei kombiniert inhalativ (90 v. H.) -subkutaner (10 v. H.) Therapie aber nicht möglich gewesen sei. Schließlich habe sich das Sozialgericht nicht mit den klägerischen Ausführungen/Argumenten zum Zustandekommen des Regressbescheids (Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, Feststellung des unwirtschaftlichen Mehraufwands, Einsparungen bei anderen ärztlichen Leistungen, insbesondere Kosten bei stationärer Aufnahme zur systemischen Therapie) auseinandergesetzt, interpretiere die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Off-Label-Use falsch und verkenne den Inhalt des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 sowie den klägerischen Einwand des Vertrauensschutzes. Außerdem werde daran festgehalten, dass hinreichend (positive) wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der inhalativen Gabe von Interleukin-2 vorliegen. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 6. März 2007 (Blatt 298 ff. der Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 13. November 2007 legt die Klägerin das Parteigutachten des Fachapothekers/Lebensmittelchemikers/Medizininformatikers Prof. Dr. rer. nat. habil H. G. Schweim vom 28. Oktober 2007 vor. Dieser vertritt die Auffassung, dass die Interleukin-2-Inhalation Wirksamkeit (wenn auch geringere bzw. unterdurchschnittliche im Vergleich mit der systemischen Immun-Chemotherapie) besitze. Eine palliative Wirkung sei in Einzelfällen möglich. Er hält im Übrigen die Auffassung der Expertengruppe und die auf ihr fußende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses für falsch. Auch eine kombinierte Therapie sei im Hinblick auf den erzielbaren palliativen Effekt medizinisch vertretbar. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 13. November 2007 (Blatt 317 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 58/06, Blatt 94 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 59/06, Blatt 95 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 60/06) und das als Anlage K 18 vorgelegte Gutachten des Prof. Dr. Schweim (Blatt 325 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 58/06, Blatt 102 ff. der Gerichtsakte L 2 KA 59/06, Blatt 103 der Gerichtakte L 2 KA 60/06) wird ergänzend Bezug genommen.
Zu den konkreten Behandlungssachverhalten trägt die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Vorlage von Schriftsätzen vom selben Tage ergänzend vor, dem Patienten W. S. sei aufgrund eines fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms vom Typ Adenokarzinom mit ausgedehnter Infiltration in die Nierenvene und das umgebende Fettgewebe die linke Niere entfernt worden. Gleichzeitig seien mehrere Metastasen in der Lunge und in der Pleura diagnostiziert worden. Das Allgemeinbefinden sei als deutlich eingeschränkt zu bezeichnen gewesen bei krankheitsbedingten Beschwerden wie Gewichtsverlust (10 kg), Husten, Dyspnoe und Abgeschlagenheit. Laborchemisch hätten sich ein erniedrigtes Hämoglobin und ein deutlich erhöhtes C-reaktives Protein gefunden. Aufgrund des ausgedehnten Wachstums und der frühen multiplen Metastasierung in die Lunge und in den angrenzenden Pleuraraum sei leider nur noch ein palliatives therapeutisches Vorgehen möglich gewesen. Dem Patienten sei es vordergründig um eine Lebensverlängerung bei gleichzeitiger Verbesserung der Krankheitssymptomatik/Lebensqualität gegangen. Da die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit von nephrektomierten und früh in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinompatienten unbehandelt nur sechs Monate betrage, sei eine notstandsähnliche Situation eingetreten. Am 2. August 1999 sei deshalb im Sinne eines Off-Label-Use mit einer Immuntherapie begonnen worden. Da der Patient die anfängliche Dosis von täglich 36 Mio. i.E. Interleukin 2 (Proleukin), davon 1 Teil subkutan und 11 Teile inhalativ nicht vertragen und mit Herz-Kreislaufproblemen und Fieber reagiert habe, sei die Tagesdosis auf 18 Mio. i. E. Interleukin 2 (5Xtäglich 3.3. Mio. i.E. inhalativ und 1Xtäglich 1,5 Mio. i.E. subkutan) reduziert worden. Unter diesem Therapieregime habe der Behandelte bis zum 18. September 1999 gestanden. Am XX.XXXXXXXXXX 1999 sei er verstorben. Im streitbefangenen Zeitraum hätten zur Behandlung nur zwei Medikamente zur Verfügung gestanden, nämlich hoch-dosiert intravenös zu applizierendes Interleukin 2 (Proleukin) oder eine Kombinationstherapie von Interferon-alpha (Roferon-A) subkutan in Verbindung mit intravenösem Vinblastin, denn Roferon sei nach der entsprechenden Fachinformation zusammen mit Vinblastin zu verabreichen. Allerdings sei Vinblastin für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms nicht zugelassen und stelle aufgrund seiner hohen Toxizität für viele seiner zugelassenen Anwendungsgebiete auch nicht das Mittel der ersten Wahl dar. Hochdosiertes Interleukin 2 intravenös sei wegen des Allgemeinzustandes des Erkrankten (ECOG 2 = ständige Symptome, metastatischer Befall von mehr als einem Organ weniger als 24 Monate zwischen Primärdiagnose und Indikation zur Immuntherapie) ausgeschlossen gewesen. Die arzneimittelrechtlich zugelassene Anwendungsform Proleukin S habe im streitbefangenen Zeitraum ebenfalls noch nicht vorgelegen. Hier sei die Zulassung erst im September 2001 erteilt worden. Deshalb sei wegen des Fehlens zulassungskonformer Behandlungsmöglichkeiten auf die ambulante kombinierte subkutan-inhalative Immuntherapie ausgewichen worden. Bei dem bei der Beigeladenen versicherten D. H. sei im September 2000 aufgrund eines fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms eine operative Entfernung der linken Niere durchgeführt worden. Gleichzeitig seien mehrere Metastasen in der Lunge diagnostiziert worden, die nicht hätten operativ entfernt werden können. Das Allgemeinbefinden des Patienten sei als gut zu bezeichnen gewesen, bei krankheitsbedingten Beschwerden wie Gewichtsverlust (5 kg), Übelkeit, Husten, Dyspnoe und Abgeschlagenheit. Das Kreatinin sei im Serum teilweise erhöht gewesen. Aufgrund der frühen und ausgedehnten Metastasierung in die Lunge sei leider nur noch ein palliatives therapeutisches Vorgehen möglich gewesen. Bei der Auswahl einer dem Einzelfall angemessenen Tumortherapie sei es bei diesem Patienten vordergründig um eine Lebensverlängerung bei gleichzeitiger Verbesserung der Krankheitssymptomatik/Lebensqualität gegangen. Da die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit von nephrektomierten und früh in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinompatienten unbehandelt nur sechs Monate betrage, sei eine notstandsähnliche Situation eingetreten. Deshalb sei am 6. Dezember 2000 im Sinne eines Off-Label-Use mit einer Immuntherapie mit 36 Mio. i.E. Interleukin 2 (3Xtäglich Proleukin inhalativ und 1Xtäglich subkutan sowie 3Xwöchentlich 9 Mio. i.E. Interferon-alpha (Roferon) subkutan) begonnen worden. Aufgrund des raschen Fortschreitens der Metastasierung in der Lunge sei im März 2001 die subkutane Dosis von Interleukin 2 nochmals erhöht worden. Da das Wachstum leider nicht mehr aufzuhalten gewesen sei, habe die Immuntherapie im Mai 2001 abgebrochen werden müssen, da eine weitere Dosissteigerung keinen Nutzen mehr habe erwarten lassen. Als letzter Therapieversuch sei dem Patienten ebenfalls im Off-Label-Use ab 2. Quartal 2001 2Xtäglich 20 mg Tamoxifen verordnet worden. Er sei dann 60-jährig am X.XXXXX 2002 verstorben. Zur Behandlung beider Patienten sei ein Off-Label-Use dieser Art zulässig gewesen, weil andere zulässige Behandlungsmöglichkeiten gefehlt hätten. Als Indiz für die palliative Wirksamkeit dieser Behandlung müsse auch gelten, dass die Europäische Union inhalativ zu verabreichendes Aldesleukin als so genanntes Arzneimittel für seltene Krankheiten ausgewiesen habe. Auf den Schriftsatz vom 2. Dezember 2009 wird ergänzend Bezug genommen.
Nach Verbindung der Berufungsverfahren L 2 KA 58/06, 59/06 und 60/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L 2 KA 58/06 beantragt die Klägerin,
die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Oktober 2006 (S 27 KA 566/03, S 27 KA 567/03 und S 27 KA 568/03) und die Beschlüsse des Beklagten vom 24. Juli 2002 (P-148/00, P-105/01, P-104/01) aufzuheben, hilfsweise Beweis zu erheben, wie in den Schriftsätzen vom 6. März 2007, 13. November 2007, 24. April 2009 und 10. Juni 2009 und 2. Dezember 2009 beantragt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die fachlichen Stellungnahmen der AOK Rheinland/Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in den Parallelverfahren vor, es handle sich bei der inhalativ-subkutanen Verabreichung von Proleukin (Interleukin-2) um eine Art der Anwendung, die eine Neuzulassung erforderlich mache. Eine positive Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege nicht vor, so dass dahinstehen könne, ob es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handele. Auch lägen die Voraussetzungen für einen zulässigen Off-Label-Use nicht vor. Nach Auffassung der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. habe es bereits 1997 de facto eine Standardbehandlung für die Indikation eines metastasierenden Nierenzellkarzinoms gegeben, nämlich Interleukin-2 zur venösen Applikation und Interferon-alpha in der Form des Arzneimittels Roferon-A zur subkutanen oder intramuskulären Applikation. Interleukin-2 sei vor Oktober 2001, auch schon im Jahr 2000, in Europa für die subkutane Applikation zugelassen gewesen. Auch in Deutschland sei die subkutane Applikation von Interleukin-2 – trotz fehlender deutscher Zulassung – seinerzeit bereits die häufigste Art der Applikation gewesen. Die Klägerin könne nicht den Beweis führen, dass die von ihr angewandte kombinierte inhalativ-subkutane Therapie hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirksamkeit dieser damaligen Standardtherapie überlegen gewesen sei. Ihre Behauptung, dass Kontraindikationen gegen eine systemische Interleukin-2-Behandlung in subkutaner Applikation in Kombination mit Interferon-alpha vorgelegen hätten, werde bestritten. Es fehle an einem objektivierbaren Beleg dafür, dass die Therapie der Klägerin irgendeinen palliativen Nutzen gehabt habe. Zudem bestehe Anlass zur Vermutung, dass Frau Prof. Dr. H1 zum Zeitpunkt der Verordnungen noch Forschungen zur Frage der Wirksamkeit der von ihr entwickelten kombinierten Therapie durchgeführt habe. Für die Zeit einer klinischen Prüfung eines Arzneimittels sei die vertragsärztliche Verordnungsfähigkeit desselben aber nicht gegeben. Da ein Verordnungsausschluss vorgelegen habe, hätten bei der Entscheidung über den Regress schließlich auch kompensatorische Einsparungen nicht berücksichtigt werden müssen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie hält die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und bezieht sich im Übrigen ebenfalls auf die Ausführungen der AOK Rheinland/Hamburg in den Parallelverfahren.
Im Verfahren L 2 KA 38/06 legt die AOK Rheinland/Hamburg, die Beigeladene jenes Verfahrens, ein Gutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vom 13. Februar 2008 vor und vertritt hierauf gestützt die Auffassung, es habe ein unzulässiger Off-Label-Use vorgelegen, alternative Behandlungsmöglichkeiten – etwa mit Roferon – hätten bestanden. Soweit pauschal die Unverträglichkeit behauptet werde, fehle jeder Nachweis. Ein Vertrauensschutz habe nicht bestanden. In dem Gutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein heißt es im Wesentlichen, für die an einem metastasierten Nierenzellkarzinom Erkrankten habe eine dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende, für Patienten geeignete und zumutbare Behandlung zur Verfügung gestanden. Das sei in Gestalt der subkutanen, niedrig dosierten Behandlung mit Interleukin-2 der Fall gewesen. Zwar sei die subkutane Applikation dieses Medikaments in den streitigen Quartalen noch nicht zugelassen und deshalb damals ebenfalls ein Off-Label-Use gewesen, jedoch hätten seit 1992 wissenschaftliche Erkenntnisse vorgelegen, die die subkutane Anwendung von Interleukin-2 begründeten (Universität Groningen 1992). Schließlich habe die Klägerin das in Rede stehende Medikament auch (zu einem Zehntel) in Kombination mit 9 Zehnteln inhalativen Interleukins verabreicht. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin meine, dass Patienten auf die (ausschließliche, niedrig dosierte) subkutane Behandlung mit diesem Arzneimittel nicht hätten verwiesen werden können. Letztlich könne dies aber dahinstehen, weil seit dem 2. Juni 1997 mit Interferon alpha (Roferon-A) ein anderes Zytokinpräparat für die (niedrig dosierte) subkutane Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms zugelassen gewesen sei. Diesbezüglich habe eine klinische Studie der Phase III (aus 1999) vorgelegen, die eine überlebenszeitverlängernde Wirkung belegt habe. Interferon alpha sei in der subkutanen Gabe deutlich nebenwirkungsärmer als die intravenöse Anwendung von hoch dosiertem Interleukin-2 und könne deshalb regelhaft ambulant verabreicht werden. Vor der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin 2 Gabe sei auch kein Behandlungsversuch mit der zugelassenen subkutanen Gabe von Interferon alpha durchgeführt worden. Es sei aber schwierig bis unmöglich, von einer Unverträglichkeit der subkutanen Interferon alpha-Gabe auszugehen, wenn zuvor nicht wenigstens ein Therapieversuch durchgeführt wurde. Auf das "Viertgutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vom 13. Februar 2008" (Blatt 213 ff. der Gerichtsakte zum Verfahren L 2 KA 38/06) wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin erwidert mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2008 unter Vorlage eines Gutachtens von Prof. Dr. Dr. Hautmann, Ärztlicher Direktor der Urologischen Universitätsklinik Ulm, vom 2. April 2008. Dort heißt es, beim metastasierten Nierenzellkarzinom handele es sich unstrittig um eine lebensbedrohliche Krankheit. Beim Auftreten von Lungenmetastasen liege eine für Arzt und Patient gleichermaßen tragische Situation vor, da die Chance auf Heilung praktisch Null sei. Vor diesem Hintergrund seien mit der inhalativen Therapie Hoffnungen verbunden worden. Vor dem Hintergrund der Datenlage sei es vertretbar, Patienten, die die systemische Behandlung mit Proleukin und Interferon nicht vertrügen und bei denen sich diese wegen des Vorliegens von Kontraindikationen ihrerseits als Off-Label darstelle, kombiniert-inhalativ zu behandeln. Dies sei wohl der einzig Erfolg versprechende Therapieansatz. Aspekte der Palliativmedizin spielten insoweit eine Rolle, als durch die in Rede stehende Therapie gerade bei Patienten mit Lungenmetastasen mindestens insoweit eine Verbesserung des Zustandes des Patienten erhofft werden könne, ohne die mit den systemischen Therapien verbundenen Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen. In diesem Sinne sei die inhalative Therapie bei einem ausgewählten Patientengut im Sinne einer letzten Zuflucht eine wohl begründete und wirksame Therapie. Auf den Schriftsatz vom 2. Oktober 2008 (Blatt 347 ff. der Gerichtsakte) und das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Hautmann (Blatt 351 ff. der Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen.
Hierauf legt die AOK Rheinland/Hamburg im Verfahren L 2 KA 38/06 ein weiteres Gutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vor. Dort hält Prof. Dr. Heyll daran fest, dass für alle Patienten mit der subkutanen Gabe von Interleukin oder Interferon-alpha eine anerkannte und geeignete Standardtherapie zur Verfügung gestanden habe. Kontraindikationen müssten insoweit im Sinne einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung bewertet werden, um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung auszulösen. Dies folge aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 4. April 2006 (B 1 KR 7/05 R). In den vorliegenden Fällen seien jedoch nachvollziehbare Kontraindikationen für eine subkutane Behandlung mit Interleukin-2 oder Interferon-alpha nicht erkennbar gewesen. Vielmehr belege der klinische Verlauf in allen Fällen das Gegenteil. So habe eine Reihe von Patienten im Anschluss an die inhalative Interleukin-2 Gabe über einen Zeitraum von mehreren Jahren subkutan Interferon-alpha erhalten. Allen sei zudem niedrig dosiertes Interleukin-2 und einigen auch Interferon-alpha subkutan neben inhalativem Interleukin verabreicht worden. Der Nutzen der kombiniert-inhalativen Therapie sei auch durch das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Hautmann nicht belegt. Auch dieser verweise insoweit ausschließlich auf Veröffentlichungen von Prof. Dr. Dr. H1 und Mitgliedern der von ihr gegründeten Deutschen Gesellschaft für Immuntherapie. Abschließend sei aber darauf hinzuweisen, dass es sich angesichts der großen Anzahl der nach dem von Prof. Dr. Dr. H1 entwickelten Protokoll behandelten Patienten nicht mehr um individuelle Heilversuche gehandelt haben könne. Vielmehr sei offenbar eine Medikamentenstudie durchgeführt worden, bei der die Patientenschutzrechte des Arzneimittelgesetzes zu beachten gewesen wären. Verbotswidrige Handlungen im Sinne des Arzneimittelgesetzes schlössen aber eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung aus. Auf das "Fünftgutachten des Kompetenz Centrums Onkologie des MDK Nordrhein vom 16. Dezember 2008" (Blatt 249 ff. der Gerichtsakte des Verfahrens L 2 KA 38/06) wird ergänzend Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Ihren Antrag hat die Klägerin auch zu Recht lediglich auf die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdeausschusses gerichtet. Denn die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich bei Entscheidungen in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den das Verfahren abschließenden Bescheid des Beschwerdeausschusses (BSG v. 28.06.2000 – B 6 KA 36/98 R – juris Rn. 14). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat die beanstandeten Regresse zu Recht aufgrund einer Einzelfallprüfung ausgesprochen.
Rechtsgrundlage der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 SGB V. Nach dieser Vorschrift überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung (§ 106 Abs. 1 SGB V). Sie prüfen deren Wirtschaftlichkeit u.a. durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, wobei die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die im Gesetz selbst geregelten Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprüfungen hinaus nach § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V auch andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren können. In Ausfüllung dieser Ermächtigung haben die Beigeladene, der VdAK und der AEV sowie weitere Vertragspartner die Prüfungsvereinbarung vom 3. Februar 1994 geschlossen, welche in der hier maßgeblichen Fassung des 3. Nachtrags vom 21. Juni 1999 (Prüfungsvereinbarung) in § 20 bestimmt, dass auf Antrag u.a. einer Krankenkasse oder ihres Verbandes auch geprüft wird, ob ein Arzt durch Verordnung insbesondere von Arzneimitteln, von Heilmitteln, von Hilfsmitteln, von Krankenhausbehandlung, Veranlassung von Auftragsleistungen oder bei der Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen verstoßen hat. Anträge wegen einzelner Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel sind danach nur zulässig, wenn die Nettokosten der beanstandeten Mittel insgesamt mehr als DM 50 betragen. Ferner muss der Antrag innerhalb einer Frist von 9 Monaten nach Abschluss des Quartals vorliegen, in dem der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen vermutet wird.
Vorliegend hat die Beigeladene im Rahmen des ihr eingeräumten Antragsrechts, unter Beachtung der Bagatellgrenzenregelung und unter Einhaltung der Neunmonatsfrist zulässigerweise die Prüfung der streitigen Verordnungen beantragt.
Der Ausspruch der Regresse in Höhe von 50.493,84 DM (= 25.817,09 EUR) für das Quartal III/99, in Höhe von 43.950,86 DM (= 22.471,72 EUR) für das Quartal IV/00 und in Höhe von 69.432,94 DM (= 35.500,50) für das Quartal I/01 für die kombinierte inhalativ-subkutane Immuntherapie der Patienten W. S. und D. H. ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Nach § 20 Abs. 3 Prüfungsvereinbarung kann ein Regress festgesetzt werden, soweit festgestellt wird, dass der Arzt im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder Verordnungsausschlussregelungen verstoßen hat. Die Höhe des Regresses richtet sich nach dem tatsächlich festgestellten oder dem geschätzten Mehraufwand. Diese Regelung gilt für die zur ambulanten Behandlung ermächtigte Klägerin in gleicher Weise wie für die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte. Dies folgt aus § 95 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 16.06.1998, BGBl I S. 1311). Danach sind die von Ärzten der Hochschulambulanzen erbrachten ambulanten Leistungen Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Für sie sind bei der Erbringung dieser Leistungen gemäß § 95 Abs. 4 Satz 2 SGB V sämtliche vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung bindend (vgl. BSG v. 16.07.2008 – B 6 KA 36/07 R – juris Rn. 21).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts haben die Prüfungsgremien im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in mehrfacher Hinsicht Beurteilungs-, Schätzungs- und Ermessensspielräume, die dazu führen, dass die Prüfbescheide im Hinblick auf das Erfordernis fachkundiger Beurteilung der zugrunde liegenden Gegebenheiten nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Diese beschränkt sich auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Die angestellten Erwägungen müssen, damit sie auf ihre sachliche Richtigkeit und auf ihre Plausibilität und Vertretbarkeit hin geprüft werden können, im Bescheid genannt werden oder jedenfalls für die Beteiligten und das Gericht erkennbar sein (vgl. BSG v. 30.11.1994 – 6 Rk 16/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 25). Diesen Anforderungen genügen sowohl das durchgeführte Verfahren als auch dessen Ergebnis.
Ob hier ein Verordnungsausschluss schon deshalb vorlag, weil die regressierten Arzneimittel im Rahmen einer Studie, d.h. zu Erprobungszwecken, angewandt wurden, muss der Senat allerdings nicht entscheiden, nachdem schon der Beklagte dem Vorbringen der Klägerin gefolgt und für seine Entscheidung davon ausgegangen ist, dass dies bei dem vorliegend betroffenen Kassenmitglied nicht der Fall war, obwohl dessen Medikation den Vorgaben des DGCIN 98 Konsensusprotokolls entsprach und eine Anwendung innerhalb dieser Studie gegen Abschnitt D.12 AMR verstoßen hätte, wonach Erprobungen von Arzneimitteln auf Kosten des Versicherungsträgers, auch solche nach der Zulassung des Arzneimittels, unzulässig sind.
Der Beklagte war zum Ausspruch des Regresses berechtigt, weil die Klägerin Arzneimittel zu Lasten der beigeladenen Krankenkasse verordnet hat, auf welche das betroffene Mitglied keinen Anspruch hatte und welche deshalb nicht als Sachleistung der Gesetzlichen Krankenversicherung hätten verordnet werden dürfen. Nach §§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dementsprechend ist der Anspruch der Kassenmitglieder in Gemäßheit von § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 und § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V bemessen. Der Forderung nach Wirtschaftlichkeit genügt aber im Regelfall nicht die Verordnung eines Medikaments, welches außerhalb des durch seine arzneimittelrechtliche Zulassung gesteckten Rahmens eingesetzt wird (vgl. BSG v. 08.06. 1993 – 1 RK 21/91, SozR 3-2200 § 182 Nr. 17; v. 08.03.1995 – 1 RK 8/94, SozR 3-2500 § 31 Nr. 3; v. 23.07.1998 – B 1 KR 19/96, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5; v. 19.03.2002 – B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 04.04.2006 – B 1 KR 12/04 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 7) und welches auch nicht ausnahmsweise zulassungsüberschreitend zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden darf, weil einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneitherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind (vgl. BSG v. 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 26.09.2006 – B 1 KR 14/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 6; v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R, juris).
Für seine Entscheidung geht der Senat davon aus, dass den Mitgliedern W. S. und D. H. der Beigeladenen zur Behandlung eines in die Lunge und in die Pleura (S.) bzw. in die Lunge (H.) metastasierten Nierenzellkarzinoms Interleukin 2 (Proleukin) zur kombinierten inhalativ-subkutanen Anwendung verordnet wurde. Dies folgt aus der Einlassung der Klägerin im Berufungsverfahren, wonach das verordnete Proleukin zu elf Teilen inhalativ und zu einem Teil subkutan verabreicht wurde, und den aktenkundigen Verordnungen. Mit der Verordnung des Arzneimittels Proleukin zur kombinierten inhalativ-subkutanen Anwendung hat die Klägerin den durch die arzneimittelrechtliche Zulassung gesetzten Rahmen überschritten und – weil auch ein dies ausnahmsweise rechtfertigender Umstand nicht vorliegt – gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen.
Proleukin ist im Verordnungszeitraum zwar zur Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassen gewesen, jedoch ausschließlich zur intravenösen Verabreichung als Dauerinfusion. Mit der Verordnung zur inhalativen Anwendung wurde die Grenze der arzneimittelrechtlichen Zulassung des Medikaments überschritten. Denn Darreichungsform (Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung) und Art der Anwendung (intravenöse Dauerinfusion) sind Bestandteil der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Dies folgt aus § 22 AMG, wonach der Zulassungsantrag auch Angaben über die Darreichungsform (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 AMG) und die Art der Anwendung (§ 22 Abs. 1 Nr. 12 AMG) enthalten muss. Dasselbe galt nach § 11 a Abs. 1 Nrn. 4 und 17 AMG in der im Verordnungszeitpunkt geltenden Fassung vom 07.09.1998 und gilt nach § 11a Abs. 1 Nrn. 3 und 4b AMG für die Fachinformation. Danach wäre der pharmazeutische Unternehmer verpflichtet gewesen, eine Änderung der Art der Anwendung beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte anzuzeigen. Ein Vollzug der Änderung hinsichtlich der Art der Anwendung hätte nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 AMG erst nach Zustimmung der Bundesoberbehörde erfolgen dürfen. Schon die entsprechende Anzeige ist im maßgeblichen Zeitraum nicht erfolgt. Danach bewegte sich der vorliegend in Rede stehende Einsatz des Medikaments außerhalb der bestehenden Zulassung. Auch hätte die Änderung der Darreichungsform (anstatt Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung Pulver zur Herstellung einer Inhalationslösung) gemäß § 29 Abs. 3 Nr. 2 AMG einer erneuten Zulassung bedurft, sofern es sich nicht um eine mit der zugelassenen vergleichbare Darreichungsform handelte. An einer derartigen Vergleichbarkeit fehlt es jedoch. Denn bei der Inhalation eines Stoffes herrschen völlig andere pharmakokinetische Verhältnisse als bei seiner systemischen, d.h. intravenösen oder ggfls. subkutanen Gabe. Dies haben sowohl der Facharzt für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. Polak am 9. Januar 2002 als auch Prof. Dr. A Heyll und Dr. Thiele am 30. Oktober 2001 in ihren ärztlichen Stellungnahmen unter Hinweis auf die zugrundeliegenden naturwissenschaftlichen Zusammenhänge schlüssig dargelegt. In dem Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird ebenfalls auf die besonderen pharmakokinetischen Verhältnisse bei der Inhalation von Interleukin-2 hingewiesen. Schließlich hat auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bereits in seiner für den MDK Nordrhein erstellten Stellungnahme vom 30. Oktober 2002 (Blatt 227 der Gerichtsakte des Verfahren L 2 KA 38/06) das Erfordernis einer Neuzulassung im Hinblick auf die Änderung der Applikationsart dargelegt. Diese Darlegungen und hier namentlich die naturwissenschaftliche Erkenntnis, dass die Struktur der Gas austauschenden Epithelien der Resorption von Proteinen äußerst enge Grenzen setzt, und dass deshalb die Anwendungsarten nicht vergleichbar sind, sind für den Senat, der mit einem Arzt zudem fachkundig besetzt ist, ohne Weiteres nachvollziehbar. Die Klägerin ist diesen Darlegungen nicht substantiiert entgegen getreten. Ihnen folgt der erkennende Senat.
Nur ausnahmsweise dürfen Medikamente zulassungsüberschreitend zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden, nämlich dann, wenn einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneitherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind. Dies ist der Fall, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn keine andere Therapie verfügbar ist und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein kurativer oder palliativer Behandlungserfolg erzielt werden kann (BSG v. 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 26.09.2006 – B 1 KR 14/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 6; v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R – juris). An diesen Voraussetzungen fehlt es.
Allerdings litten die vorliegend betroffenen Patienten an einer im Sinne der erwähnten Rechtsprechung schwerwiegenden, weil lebensbedrohlichen Erkrankung. Denn die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit liegt beim Nierenzellkarzinom im Stadium der Metastasierung bei höchstens 12 Monaten und sie mussten folglich damit rechnen, dass sich die Gefahr eines tödlichen Krankheitsverlaufs bereits in naher Zukunft konkretisieren würde (zu diesem Erfordernis vgl. BSG v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R, juris Rn. 22). Jedoch fehlte es an der für einen Off-Label-Use zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erforderlichen Erfolgsaussicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG v. 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; v. 26.09.2006 – B 1 KR 1/06 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) kann von hinreichenden Erfolgsaussichten einer Medikation dann ausgegangen werden, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann angenommen werden, wenn entweder (a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder (b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht worden sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht. Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt der Behandlung (BSG v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R – juris). Diese Voraussetzungen knüpfen an die arzneimittelrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen der §§ 21 ff. AMG an und berücksichtigen u.a., dass für den Regelfall des § 22 Abs. 2 AMG das Arzneimittel nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft und die angegebene therapeutische Wirksamkeit nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller zureichend begründet sein muss, um mit den Zulassungsunterlagen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels hinreichend darzutun. Demgemäß darf die zuständige Bundesoberbehörde nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG die Zulassung nur versagen, wenn das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist. Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff des "jeweils gesicherten Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse" verweist der Gesetzgeber auf außerrechtliche Erkenntnisquellen, um sicherzustellen, dass die Zulassung im Interesse der Arzneimittelsicherheit auf der Grundlage des jeweils aktuellen Wissensstandes erfolgt. Den außerrechtlichen Erkenntnisquellen und den ihre Ergebnisse rezipierenden Verwaltungsvorschriften ist zu entnehmen, dass sich die klinische Prüfung bis zur Zulassungserteilung regelmäßig in drei Phasen gliedert: Zunächst wird an einer kleinen Zahl gesunder Probanden die Verträglichkeit der Substanz beim Menschen untersucht mit ersten Informationen über Pharmakokinetik und Stoffwechsel. Rechtfertigen die Befunde dieser Phase I die weitere Untersuchung der Prüfsubstanz, wird in einer Phase II an einer begrenzten Zahl von etwa 100 bis 200 Patienten versucht, die pharmakodynamische Wirkung des Arzneimittels therapeutisch bzw diagnostisch zu objektivieren. Diese Studie dient dazu, Hinweise auf erwünschte und unerwünschte Wirkungen, die Indikationen und Kontraindikationen zu finden sowie die richtige Dosierung des Arzneimittels zu ermitteln. Die gewonnenen Daten stellen die Grundlage für die Planung der Phase-III-Studie dar; es sollen Erfahrungen in Bezug auf organisatorische Mängel des Studiendesigns für die Phase III gewonnen werden, um so das Design der kontrollierten Studie festlegen zu können. Die Phase-III-Studie dient dem eigentlichen Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit und der Unbedenklichkeit der neuen Substanz, der Bestätigung der in der Phase II-Studie gefundenen Hinweise. Diese konfirmatorische Studie erfordert Versuche an einer großen Zahl von Patienten (in der Regel mehr als 200). Es sind Verum- und Kontrollkollektiv (Vergleichsgruppen mit und ohne Therapie mit der Testsubstanz) hinreichender Größe sowie eine randomisierte (nach dem Zufallsprinzip erfolgte) Zuteilung der Patienten zu den Behandlungsgruppen unverzichtbar. Der Vergleich dient der Unterscheidung der echten pharmakodynamischen Wirkungen von arzneistoffunabhängigen Effekten (vgl. OVG Berlin v. 25.11.1999 – 5 B 11.98 – juris Rn. 35; vgl. auch Bekanntmachung zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln am Menschen vom 10. August 2006. Gemeinsame Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts, veröffentlicht im Internet unter www.2bfarm.bekanntmachungen.de). Dass die zu (a) beschriebenen Voraussetzungen nicht vorlagen, dass namentlich ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung für Proleukin zur inhalativen Verabreichung beim Nierenzellkarzinom nicht gestellt war, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, unterliegt auch im Übrigen keinem Zweifel und bedarf deshalb vorliegend keiner weiteren Erörterung. Jedoch lagen auch die zu (b) beschriebenen Voraussetzungen im Regresszeitraum nicht vor. Das Bundessozialgericht hat in seinen Entscheidungen vom 26.09.2006 (u.a. B 1 KR 1/06 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) hierzu nochmals klargestellt, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung nachgewiesen sein müssen, während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens regelmäßig von gleicher Qualität zu sein haben. Denn der Schutzbedarf des Patienten, welcher dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und welcher in das Leistungsrecht der Gesetzlichen Krankenversicherung einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht. Dies bedeutet im Einzelfall, dass der zulassungsüberschreitende Einsatz eines Arzneimittels stets auf der Grundlage von Studien der Phase III zu erfolgen hat. Auch für den Fall, dass ein Zulassungsantrag entsprechend der Alternative (a) nicht gestellt wurde, ist gleichwohl ein Stadium der arzneimittelrechtlichen Zulassungsreife zu fordern (BSG v. 26.09.2006 – B 1 KR 14/06 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 6). Auf der Grundlage arzneimittelrechtlicher Zulassungsreife sind die streitigen Verordnungen indes nicht erfolgt. Denn eine die Qualität einer Phase-III-Studie besitzende Untersuchung zur Wirksamkeit der kombinierten subkutan-inhalativen Anwendung oder der ausschließlich inhalativen Anwendung von Proleukin lag im Verordnungszeitpunkt nicht vor. Es gibt eine solche bis zum heutigen Tage nicht. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) und hier namentlich unter Auswertung der zugänglichen medizinischen Fachliteratur ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass alle zur therapeutischen Wirksamkeit der kombinierten subkutan-inhalativen bzw. ausschließlich inhalativen Anwendung von Proleukin durchgeführten Studien sich auf dem Niveau der Phasen I und II bewegten. Dies gilt namentlich für die von den Ärzten der Klägerin seit 1989 dokumentierten Behandlungen (vgl. H. H4, E. H1, M. A1, H. H1 "Unizentrische Erfahrungen seit 10 Jahren über die Behandlung des pulmonal metastasierten NZK mit inhalativem Interleukin-2." In: "Der Urologe" 1999 A 38: 466-473). Auch dort wird lediglich von experimentellen und klinischen Therapiemodellen gesprochen. Wirth/Miller/Fischer/Oberneder/Altwein (in: Deutsches Ärzteblatt 2000, Heft 42, S. A-2781) sprechen insoweit sogar von widersprüchlichen Ergebnissen. Ursache sei die uneinheitliche Studienlandschaft mit einem bisher bestehenden Defizit an korrekt konzipierten Protokollen, woraus sich die Notwendigkeit einer konzertierten multizentrischen Studienstrategie unter Einschluss aller Fälle mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom ergebe. Gleiches ergibt sich aus der Arbeit des Tumorzentrums München (Deutsche Krebsgesellschaft e.V.) – www.krebsinfo.de – von Wagner, Oberneder, Busch, Weiss, Schmeller und Petrides – (Copyright 1996-2001, Blatt 214-228 der Akte S 23 KR 76/02 ER). Die unterschiedlichen Behandlungskonzepte des DGCIN 98 Konsensusprotokolls einerseits (unter Einschluss der kombinierten subkutan-inhalativen Verabreichung) und des Therapieoptimierungsvergleichs "Nationales Tumorprojekt - Nierenzellkarzinom (NTP-N) zur Überprüfung der Wertigkeit einer medikamentösen Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms im adjuvanten und palliativen Ansatz" (ohne Einschluss einer kombinierten subkutan-inhalativen Verabreichung) andererseits belegen die Uneinheitlichkeit der Studienlandschaft ebenfalls anschaulich. Sie belegen des Weiteren den bestehenden Forschungsbedarf und das fehlende Wissen über den voraussichtlichen Nutzen der Therapie. Gleiches ergibt sich aus der Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft vom 15. Januar 1998, wenn dort angeregt wird, diese Behandlung nur im Rahmen kontrollierter Studien vorzunehmen und die Datenlage durch aktuelle Informationen über derzeit laufende Studien oder aktuelle Publikationen noch zu ergänzen. Zwar enthielt das DGCIN 98 Konsensusprotokoll, an dessen Konzeptionierung Ärzte der Klägerin maßgeblich beteiligt waren, in Gestalt der dort vorgesehenen Randomisierung Elemente einer Phase-III-Studie unter Einschluss der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie. Jedoch lagen Ergebnisse dieser Studie zum Verordnungszeitpunkt nicht vor. Dies ist auch bis heute nicht der Fall. Indessen belegt das Vorhaben dieser Studie ebenfalls den entsprechenden Bedarf an weitergehenden Untersuchungen. Wenn die Patienteninformation insoweit davon spricht, es sei "denkbar", dass durch die Gabe von Interleukin-2 direkt an die in der Lunge vorhandenen Metastasen eine stärkere Wirkung auf den Tumor bei guter Verträglichkeit erreicht wird, zeigt auch dies den seinerzeit experimentellen Charakter der Behandlung. Schließlich geht auch der Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Stand: Juli 2005) – Feststellung zu inhalativem Interleukin-2 bei metastasiertem Nierenzellkarzinom – nach Auswertung der erreichbaren Veröffentlichungen vom Nichtvorliegen entsprechender Phase-III-Studien aus. Diesen Umstand legt nach allem auch der Senat seiner Entscheidung zugrunde. Damit berechtigte mangels eines geeigneten Wirksamkeitsnachweises der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis des Jahres 2000 (wegen der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts vgl. BSG v. 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R – juris Rn. 25) die Klägerin nicht zur zulassungsüberschreitenden Verordnung von Proleukin zur kombiniert subkutan-inhalativen Anwendung und zur Verordnung der zu dieser Anwendung des Medikaments erforderlichen Hilfsmittel im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Für den gegenwärtigen Erkenntnisstand ist dies in Ansehung des Abschlussberichts der Off-label-Expertengruppe ohnehin nicht der Fall. Aus der von der Klägerin vorgelegten Äußerung des Committee for orphan medicinal products on orphan medicinal product designation vom 8. Mai 2003 (Blatt 48 der Akte L 2 KA 37/06) folgt schließlich nichts anderes. Das Schreiben beinhaltet lediglich die an die EMEA (European Agency for the Evaluation of Medicinal Products) gerichtete Empfehlung der Kommission, der inhalativen Verabreichung von Aldesleukin beim Nierenzellkarzinom den Status einer orphan drug designation zuzuerkennen, und ist damit Teil eines offenbar von dem Hersteller im Jahr 2003 eingeleiteten Ausweisungsverfahrens für Arzneimittel für seltene Leiden nach der VO (EG) Nr. 141/2000. Dieses Verfahren gibt Arzneimittelherstellern die Möglichkeit, Forschungsmittel von der Europäischen Union zu erlangen und das Zulassungsverfahren zu ermäßigten Gebühren durchzuführen. Hersteller können zudem beratende Unterstützung im Zulassungsverfahren erhalten und ein 10-jähriges exklusives Vermarktungsrecht in Anspruch nehmen. Eine für ein arzneimittelrechtliches Zulassungsverfahren relevante Aussage wird hierdurch jedoch nicht getroffen. Die Empfehlung der Kommission bietet allenfalls die Grundlage für weitere Forschungen. Sie dokumentiert, dass diese sinnvoll, aber auch notwendig sind. Dies entspricht dem Stadium fehlenden Konsenses in der medizinischen Wissenschaft. Eine den zulassungsüberschreitenden Einsatz des Akne-Mittels Roaccutan zur Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rechtfertigende Studienlage liegt ausweislich der in das Verfahren eingeführten medizinischen Fachliteratur ebenfalls nicht vor. Der Hinweis der Klägerin auf beobachtete synergistische Effekte im Zusammenhang mit der Immuntherapie reicht hierfür nicht. Der Anwendung des Arzneimittels zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms kam im Regresszeitraum lediglich experimenteller Charakter zu. Dies hat bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Hierauf wird Bezug genommen. Um einen Seltenheitsfall in dem Sinne, dass sich die Erkrankung einer systematischen Erforschung entzöge (vgl. hierzu BSG v. 19.10.2004 – B 1 KR 27/02 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 2) und hinsichtlich dessen weitergehende Erwägungen zu einem zulassungsüberschreitenden Einsatz anzustellen wären, handelt es sich beim metastasierten Nierenzellkarzinom nicht. Dies wird schon durch das Vorhaben der Erforschung der therapeutischen Wirksamkeit der kombinierten subkutan-inhalativen Anwendung von Proleukin bei dieser Erkrankung im Rahmen des DGCIN 98 Konsensusprotokolls und die Veröffentlichungen von Ärzten der Klägerin belegt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich für die Verordnungsfähigkeit von Proleukin etwas anderes auch nicht unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts. Allerdings bedürfen die Regelungen des Leistungsrechts der Gesetzlichen Krankenversicherung zur Arzneimittelversorgung aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) dann einer verfassungskonformen Auslegung, wenn Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leiden, bei der die Anwendung der üblichen Standardbehandlung aus medizinischen Gründen ausscheidet, andere Behandlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen und eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung bzw. auf eine positive Einwirkung auf den weiteren Krankheitsverlauf besteht. Die vom Bundesverfassungsgericht zum Anspruch des Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden entwickelten Grundsätze gelten sinngemäß auch im Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln (BSG v. 04.04.2006 – B 1 KR 7/05 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 9 = SozR 4-1100 Art. 2 Nr. 7). Eine Krankheitssituation, bei der in Gemäßheit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften des Leistungsrechts zu erfolgen hätte, lag aber nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Vorbringen der Klägerin davon auszugehen wäre, dass eine Behandlung beider Patienten mit hochdosiertem intravenös zu verabreichenden Interleukin 2 ausgeschlossen war. Denn es standen zur vertragsärztlichen Versorgung der Patienten S. und H. andere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, für welche die Beigeladene – ggfls. im Rahmen eines zulässigen Off-Label-Gebrauchs – einzustehen gehabt hätte. Verfassungsrecht gebot namentlich nicht die Versorgung der Patienten mit der kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie. Zunächst konnte nämlich Roferon (Interferon-alpha) innerhalb von dessen Zulassung subkutan verabreicht werden. Dieses Mittel kann durch unterschiedliche Dosierung und auch durch eine Verlängerung des Behandlungsintervalls an die Reaktion des Erkrankten mit Blick auf die Nebenwirkungen angepasst verabreicht werden. Dies ist der entsprechenden Fachinformation zu entnehmen. Die vom Hersteller gegebene Dosierungsempfehlung reicht von 3X3 Mio. i.E. wöchentlich bis 3X18 Mio. i.E. wöchentlich einschleichend. Für den Patienten S. ist aus dem Vorbringen der Klägerin auch nicht erkennbar, dass sein Zustand eine Behandlung mit dem zugelassenen Mittel Roferon in einer seinem Zustand angepassten Dosierung ausschloss. Bei ihm lag nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens keine der unter 4.3. der Fachinformation genannten absoluten Gegenanzeigen vor. Allein der Wunsch des Patienten, von den Nebenwirkungen der Medikation mit Roferon verschont zu bleiben, berechtigte nicht zum Einsatz eines im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassenen Medikaments. Ein Ausschluss der Behandlung mit Roferon folgt schließlich nicht aus dem Umstand, dass der Hersteller die Verabreichung von Roferon in Kombination mit Vinblastin empfiehlt, wodurch die Toxizität der Behandlung sicher erhöht worden wäre. Denn die zusätzliche Gabe von Vinblastin wird empfohlen, weil damit die Ansprechrate erhöht wird, jedoch ist die Gabe von Roferon nicht an die gleichzeitige Verabreichung von Vinblastin gebunden, welches auch gar keine Zulassung für die vorliegend in Rede stehenden Erkrankungen besitzt. Gleiches gilt für den Patienten H., dem im Übrigen Roferon nach dem Vorbringen der Klägerin, und zwar in der vom Hersteller empfohlenen Minimaldosis von 3X9 Mio. i.E. wöchentlich für Dauermedikation, auch tatsächlich verabreicht wurde.
Nach allem hätte es im Regresszeitraum zunächst der (ausschließlichen) Behandlung mit einem zugelassenen Medikament, deren Dokumentation und der Darlegung der Gründe für den Abbruch dieser Behandlung bedurft, bevor in Gestalt der inhalativen Interleukin-2 Gabe ein Medikament zum Einsatz kam, welches nicht zugelassen war und für welches die Beigeladene auch nicht im Rahmen zulässigen Off-Label-Gebrauchs einzustehen gehabt hätte (vgl. BSG v. 04.04.2006 – B 1 KR 7/05 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 Rn. 31). Allein dies hätte der gebotenen Sorgfalt im Rahmen vertragsärztlicher Behandlung entsprochen. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang das aus dem Konzept der DGCIN 98 Studie ableitbare große Interesse der Ärzte der Klägerin an der weiteren Erforschung der von ihnen entwickelten kombinierten subkutan-inhalativen Interleukin-2 Therapie, welches sich auch an deren weiteren Veröffentlichungen zu diesem Thema und der von Ärzten der Klägerin (mit-)betriebenen Gründung der DGFIT ablesen lässt. Nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats hat dieses Forschungsinteresse die jeweilige Therapieentscheidung maßgeblich beeinflusst.
Als weiteres Mittel zur subkutanen Verabreichung stand für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms Proleukin zur Verfügung, welches beiden in Rede stehenden Patienten auch, allerdings nur mit einem Anteil der Gesamtdosis, verabreicht wurde. Für die alleinige subkutane Gabe von Proleukin hätte die Beigeladene auch einzustehen gehabt. Denn nach allen vom Senat ausgewerteten Unterlagen bestand bereits seit Mitte der 90er Jahre Konsens, dass für diese Art der Verabreichung ein dem Wirtschaftlichkeitserfordernis entsprechender klinisch relevanter Nutzen bei vertretbaren Risiken belegt war. Dementsprechend erfolgte die Zulassung für diese Anwendungsart auch bereits im Jahr 2001 (als Proleukin S). Wie der entsprechenden Fachinformation zu entnehmen ist, kann auch Proleukin S in der Dosierung so angepasst werden, dass die Toxizität auf ein akzeptables Maß zurückgeführt wird. Den von der Klägerin insoweit zu der durchgeführten Behandlung gemachten Angaben ist indessen wiederum nichts dafür zu entnehmen, dass eine Behandlung mit Proleukin subkutan in höherer Dosierung als der verabreichten unter gleichzeitigem Verzicht auf die inhalative Gabe aus medizinischen Gründen ausgeschlossen war. Auch hierzu hätte es der Dokumentation des entsprechenden Behandlungsversuchs und der Gründe für den Abbruch dieser Behandlung bedurft, bevor ein Medikament in einer Weise, d.h. in kombinierter subkutan-inhalativer Verabreichung, zum Einsatz kam, bei dem kein solcher Konsens bestand. Auch hier hat nach der Überzeugung des Senats das Forschungsinteresse der Ärzte der Klägerin die Therapieentscheidung maßgeblich beeinflusst. Soweit sich die Klägerin pauschal auf die in der Fachinformation für Proleukin enthaltenen Gegenanzeigen beruft, kann sie hiermit schon deswegen nicht durchdringen, weil diese Geltung nur für die seinerzeit zugelassene intravenöse Verabreichung beanspruchen konnten, nicht aber für die wesentlich nebenwirkungsärmere subkutane Verabreichung, bei deren Anwendung im Rahmen eines (zulässigen) Off-Label-Use es in jedem Falle einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedurfte.
Eine weitere Aufklärung in diesem Punkte hält der Senat nicht für angezeigt. Er sieht sich insbesondere nicht veranlasst, weitere Krankenunterlagen der Betroffenen beizuziehen, ein Sachverständigengutachten einzuholen oder aber ihren Hausarzt anzuhören. Dem entsprechenden Beweisantrag brauchte das Gericht schon deshalb nicht zu folgen, weil die Klägerin mit ihrem Antrag keine Tatsachen behauptet, die für die Entscheidung erheblich sein können, und sie so dem Gericht keine Möglichkeit gibt, die Tauglichkeit des Beweismittels zu überprüfen. Es erschließt sich dem Senat vor allem nicht, welche Umstände, die nicht schon die Klägerin als behandelnder Arzt vorgebracht hat bzw. hätte vorbringen können, nach Beiziehung der Unterlagen bzw. Anhörung des Hausarztes oder sachverständiger Begutachtung hätten zutage treten sollen.
Unabhängig von dem Vorstehenden gebot auch Verfassungsrecht nicht die Verordnung von Interleukin-2 zur kombinierten subkutan-inhalativen oder ausschließlich inhalativen Anwendung für den Fall, dass der Einsatz aller zur Behandlung des in die Lunge metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassenen Mittel ohne Erfolg geblieben war und der Patient nur noch palliativ versorgt werden konnte. Diese von der Klägerin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens offenbar als Sterbebegleitung gemeinte Behandlung, welche den Patienten die letzte Zeit ihres Lebens erleichtern und in Einzelfällen nach dem Vorbringen der Klägerin den Verbleib in dem gewohnten sozialen Umfeld ermöglichen sollte, erfüllt nicht die Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) herausgearbeitet und die das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 4. April 2006 (B 1 KR 7/05 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 9 = SozR 4-1100 Art. 2 Nr. 7) aufgegriffen hat. Anders als in der angeführten Entscheidung des Bundessozialgerichts, wo ein Arzneimittel zur Anwendung gelangte, welches bereits außereuropäische Zulassungen für die entsprechende Indikation besaß, fehlt eine solche Zulassung im vorliegenden Falle. Für die Feststellung, ob bei dem Versicherten bezüglich der angewandten Behandlungsmethode eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (BVerfG a.a.O; BSG a.a.O.) besteht, kann daher ausschließlich auf die in dem vorliegenden Verfahren bereits erörterten Veröffentlichungen zurückgegriffen werden. Mit dem Abschlussbericht der Off-Label-Expertengruppe aus dem Juli 2005 und den weiteren zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten sachkundigen Stellungnahmen geht der Senat jedoch davon aus, dass zur Interleukin-2-Inhalation im Verordnungszeitraum nur ganz vereinzelte kasuistische Schilderungen bestehen, die darauf verweisen, dass durch ein Protokoll, in dem auch Interleukin-2 inhaliert wurde, ein Behandlungserfolg palliativ erzielt worden ist, nachdem andere Verfahren versagt hatten. Jedoch sind nach Auffassung der Off-Label-Expertengruppe die Kasuistiken nicht im Detail überprüfbar und die Selektionskriterien für die Auswahl von Patienten, die bevorzugt von einer alleinigen oder zusätzlichen Interleukin-2-Inhalation profitierten, sind nicht abgesichert. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die besonderen pharmakokinetischen Verhältnisse bei der Inhalation von Interleukin-2 (vgl. bereits oben Blatt 31 f. des Entscheidungsabdrucks). Dies deckt sich mit den vom Senat verwerteten Veröffentlichungen. Nach allem ergibt sich bei der Inhalation von Interleukin-2 keine Aussicht auf Heilung oder Linderung in dem oben beschriebenen Sinne. Die von der Klägerin beigebrachten gutachtlichen Äußerungen von Prof. Dr. Schweim und Prof. Dr. Hautmann stehen hierzu nicht in Widerspruch. Soweit ersterer die streitige Therapievariante für medizinisch vertretbar hält, weil "in Einzelfällen eine palliative Wirkung möglich" sei, kommt darin lediglich die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Therapie für den Patienten nutzbringend sein könnte. Die Aussage von Prof. Dr. Hautmann geht hierüber nicht hinaus, spricht er doch sogar wörtlich davon, dass eine Verbesserung des Zustandes "erhofft" werden könnte. Damit überschritt die Verordnung von Proleukin zur kombiniert subkutan-inhalativen Anwendung selbst im Sinne einer "letzten Zuflucht" den Rahmen der von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzierenden Versorgung.
Eine Berufung auf Vertrauensschutz gegenüber der Regressforderung ist der Klägerin verwehrt. Sie durfte sich nicht darauf verlassen, dass die Kassen die kombinierte subkutan-inhalative Behandlung mit Proleukin (weiterhin) finanzierten. Wie bereits unter Hinweis auf die vom Senat ausgewerteten medizinischen Veröffentlichungen ausgeführt wurde, bestand im Verordnungszeitraum in den Fachkreisen kein Konsens hinsichtlich des voraussichtlichen Nutzens der streitigen Anwendungsform. In einer solchen Situation war die Klägerin gehalten, eine Vorab-Prüfung der Kasse zu veranlassen, ob die Verordnung zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen kann. Alternativ hätte dem Patienten auch ein Privatrezept ausgestellt und es diesem überlassen werden können, sich bei seiner Kasse um Erstattung zu bemühen. Durch die Ausstellung der Verordnung zu Lasten der Beigeladenen und die Einlösung des Rezepts aber war die Kasse auf den Regress verwiesen. In einem solchen Falle übernimmt der Vertragsarzt das Risiko, das im Nachhinein eine Leistungspflicht der Krankenkasse verneint wird (vgl. BSG v. 31.05.2006 – B 6 KA 53/05 B – juris). Auf ein etwaiges Verschulden der Ärzte der Klägerin kommt es – wie stets bei Honorarkürzungen oder Verordnungsregressen (BSG v. 05.11.2008 – B 6 KA 63/07 R – juris) – nicht an.
Ist einem Vertragsarzt eine unwirtschaftliche Verordnungsweise anzulasten, dann ist ein Regress in der Höhe des der Krankenkasse entstandenen Schadens festzusetzen (BSG v. 05.11.2008 – B 6 KA 63/07 R – juris Rn. 26). Hiervon ausgehend war der Beklagte berechtigt, einen Regress in Höhe der gesamten, der Beigeladenen im streitigen Quartal entstandenen Kosten für die unzulässige Medikation festzusetzen. Eine Anrechnung ersparter Leistungen – etwa einer alternativen stationären Behandlung – hatte ungeachtet des Umstandes, dass substantiierte Ausführungen der Klägerin hierzu auch fehlen, nicht zu erfolgen, weil der dem Leistungs- und Leistungserbringungsrecht innewohnende Schadensbegriff ein normativer ist. Eine Vorteilsausgleichung hat im Hinblick auf die Steuerungsfunktion der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu unterbleiben. Wird eine vertragsärztliche Leistung oder diejenige eines anderen Leistungserbringers nämlich unter Verstoß gegen die hierfür geltenden gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen erbracht, dann wird eine Vergütung hierfür auch dann nicht geschuldet, wenn die Leistung im Übrigen ordnungsgemäß und für den Versicherten geeignet und nützlich ist (vgl. BSG v. 17.03.2005 – B 3 KR 2/05 R – SozR 4-5570 § 30 Nr. 1 m. zahlr. Nachw. aus der Rspr. des BSG; v. 08.09.2004 – B 6 KA 14/03 R – SozR 4-2500 § 39 Nr. 3). Ein Kürzungsermessen (vgl. BSG v. 05.11.2008 – B 6 KA 63/07 R – juris Rn. 29) brauchte ebenso wenig ausgeübt werden, weil der Sachverhalt hierfür keine Anhaltspunkte bot. Angesichts der im Hinblick auf die fehlende Verordnungsfähigkeit offenkundigen Unwirtschaftlichkeit der Vorgehensweise der Klägerin bedurfte es auch einer vorgängigen Beratung nicht (BSG a.a.O. Rn. 27).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als erfolglose Berufungsführerin hat die Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens, d.h. nach § 162 Abs. 1 VwGO sowohl die Gerichtskosten als auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Beklagten zu tragen, da weder sie noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil Gründe, die dies im Hinblick auf die Billigkeit geboten hätten, nicht ersichtlich sind.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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