Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 172/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 74/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die abgestaffelte Vergütung bei Überschreiten der Fallzahl von über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal ist nicht zu beanstanden (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 08.10.2008 - S 12 KA 84/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 04.11.2009 – L 4 KA 99/08 –). Dies gilt auch für MKG-Chirurgen.
Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes kann nicht mit dem Vortrag begründet werden, es müsse auf die individuelle Fallzahl abgestellt werden.
Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes kann nicht mit dem Vortrag begründet werden, es müsse auf die individuelle Fallzahl abgestellt werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 11.840 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars in den beiden Quartalen III und IV/08 und hierbei nur noch um die Begrenzung der Bemessung des Regelleistungsvolumens aufgrund der fallzahlabhängigen Abstaffelung.
Der Kläger ist als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie seit 12.09.1998 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und führt in diesem Rahmen mit drei weiteren Zahnärzten eine Gemeinschaftspraxis.
Die Beklagte setzte das Honorar des Klägers für die streitbefangenen Quartale jeweils mit Honorarbescheid wie folgt fest:
III/08 IV/08
Honorarbescheid vom 20.01.2009 30.03.2009
Widerspruch eingelegt am 13.03.2009 25.05.2009
Nettohonorar gesamt in EUR 29.902,86 17.255,82
Bruttohonorar PK + EK in EUR 30.262,37 17.182,37
Fallzahl PK + EK 308 256
Regelleistungsvolumen § 5 Abs. 3 HVV
Fallwert 1.941,4 1.887,2
Fallzahl 307 256
Fallzahl Fachgruppe 64 64
Fallzahlbereich bis 150 % (zu 100 %) 96 96
Fallzahlbereich 150 % bis 200 % (zu 75 %) 32 32
Fallzahlbereich ab 200 % (zu 0 %) 179 128
Praxisbezogenes RLV in Punkten 232.968,0 226.464,0
Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten 502.145,0 277.410,0
Überschreitung in Punkten 269.177,0 50.946,0
Ausgleichsregelung § 5 Abs. 4 HVV
Referenz-Fallzahl 56 52
Referenz-Fallwert EUR 273,7552 190,2344
Aktueller Fallwert EUR 60,8065 40,2190
Auffüllbetrag je Fall EUR - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - -
Gegen die Honorarbescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, sein Widerspruch richte sich gegen die unzureichende Vergütung des unteren Punktwerts im Regelleistungsvolumen. Der untere Punktwert könne sich nicht nach dem Fachgruppenwert richten, sondern er müsse sich nach den individuellen Verhältnissen des Arztes aus vorangegangener Zeit richten.
Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2010 als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen verwies sie auf die gesetzlichen Vorgaben sowie auf die Vorgaben des Bewertungsausschusses. Weiter führte sie aus, eine fallzahlabhängige Quotierung sei nicht durchgeführt worden. Als Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie sei der Kläger der Honorar(unter)gruppe B 2.15 zugeordnet und abrechnungstechnisch der VfG VTG 53-00. Für seine Arzt-/Fachgruppe seien folgende arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen festgelegt:
RLV-Fallpunktzahl
Primärklassen Ersatzkassen
Altersgruppe der Patienten in Jahren: 9-5 6-59 -)60 0-5 6-59 -) 60
Fallpunktzahl lt. HVV 561 1.701 1.312 852 3.030 2.047
Das Regelleistungsvolumen führe nicht zu einem Ausschluss der Honorierung der durchgeführten Leistungen, sondern es erfolge eine Bewertung der überschreitenden Honorarforderung mit einem unteren Punktwert. Soweit das Finanzvolumen nicht ausreiche, müsse eine weitere Quotierung der Leistungsbewertung vorgenommen werden. Diese Bewertungsvorgabe trage den Grundsatz der gerechten Honorarverteilung Rechnung und verhindere eine übermäßige Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit. In der Fachgruppe des Klägers sei der obere und untere Punktwert in den beiden streitbefangenen Quartalen identisch. Die das praxisbezogene Regelleistungsvolumen überschreitenden Honorarforderungen seien folglich nicht zu einem geringeren Punktwert vergütet worden. Soweit der Kläger die Höhe des Punktwerts insgesamt im Vergleich der Vorquartale anzweifele, gelte für die Fachgruppe des Klägers in den Referenzquartalen des Jahres 2005 die Besonderheit, dass für Leistungen, die im Rahmen des Regelleistungsvolumens honoriert werden, im Quartal III/05 ein deutlich höherer Punktwert zugrunde gelegt worden sei. Dieser hohe Punktwert habe auf dem Umstand beruht, dass bei gleichbleibendem Honorar im Fachgruppentopf die operativen Leistungen der Fachgruppe der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen in den Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung verlagert worden seien. Daher sei ab dem Quartal IV/05 aufgrund eines Vorstandsbeschlusses eine Kappung der Punktwerte auf 4,0 Cent vorgenommen worden. Aufgrund dieser Maximalbegrenzung sei die Auszahlung eines höheren Punktwertes auch in den streitgegenständlichen Quartalen nicht möglich gewesen. Die aus der jeweiligen Arztrechnung zu entnehmenden geringfügig unter 4,0 Cent liegenden Punktwerte resultierten zu Recht aus der Punktwertreduzierung zugunsten des Honorarbereichs C (ärztlicher Bereitschaftsdienst) sowie der erweiterten Honorarverteilung (EHV). Die Punktwerte seien im Rahmen des Regelleistungsvolumens jedoch seit dem Quartal IV/05 weitgehend konstant geblieben. Eine arztindividuelle Betrachtung sei bei der Punktebewertung nicht möglich. Der Kläger habe im Quartal III/05 vergleichsweise wenige Leistungen im Bereich des ambulanten Operierens erbracht. Im aktuellen Quartal III/08 habe der Anteil solcher Leistungen an dem Gesamthonorar deutlich höher gelegen. Somit könne auch bei dem Kläger nicht ausgeschlossen werden, dass im Referenzquartal III/05 eine Verlagerung dieser Leistungen in den Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung erfolgt sei. Insofern habe die damalige Abrechnungssituation der der Fachgruppe entsprochen. Sein Leistungsspektrum unterscheide sich nicht wesentlich von anderen Mund- Kiefer-Gesichtschirurgen, so dass keine Anhaltspunkte (insbesondere Gründe der Sicherstellung) ersichtlich seien, die eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens rechtfertigen könnten. Für die Ausgleichsregelung nach § 5 Abs. 4 HVV gelte, dass mit der Herausnahme der AOP-Leistungen aus der budgetierten Gesamtvergütung die sonst gleichen Bedingungen nicht mehr erfüllt seien. Eine Teilnahme an der Ausgleichsregelung setze nunmehr zusätzlich voraus, dass der jeweilige Arzt entweder weniger als 1.000,00 EUR im Bereich AOP § 115 b SGB V abgerechnet habe oder mehr als 1.000,00 EUR im Bereich AOP § 115 b SGB V abgerechnet und weniger extrabudgetäres Honorar (Honorargruppe 5) als die Fachgruppe erwirtschaftet habe. Diese zusätzlichen Voraussetzungen zur Teilnahme an der Ausgleichsregelung lägen bei dem Kläger nicht vor, da er in den streitgegenständlichen Quartalen zwar Leistungen des ambulanten Operierens im Bereich des AOP-Vertrages in Höhe von mehr als 1.000,00 EUR erbracht habe, er aber weniger extrabudgetäres Honorar als die Fachgruppe erwirtschaftet habe. Dementsprechend habe in seinem Fall von "sonst gleichen Bedingungen" ausgegangen werden können. Da die weiteren Voraussetzungen gem. § 5 Abs. 4 HVV jedoch nicht erfüllt gewesen seien bzw. das in der Honoraruntergruppe zur Verfügung stehende Honorarvolumen einen Ausgleich auf minus 5 % nicht ermöglicht habe, sei die Teilnahme an der Ausgleichsregelung entfallen.
Hiergegen hat der Kläger am 12.02.2010 die Klage erhoben. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2010 hat er die Klage auf die Bemessung des Regelleistungsvolumens aufgrund der fallzahlabhängigen Abstaffelung begrenzt.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, er wende sich dagegen, dass im Quartal III/08 179 Fälle und in Quartal IV/08 128 Fälle überhaupt nicht vergütet worden seien, welches eine Punktsumme von ca. 320.000 Punkten entspreche; zzgl. der Fälle, die ohnehin nur zu 75 % honoriert würden. Es dürfe nicht auf die Fallzahl der Fachgruppe, sondern es müsse auf seine individuelle Fallzahl abgestellt werden. Die Beklagte habe nicht entsprechend den Darlegungen des Bundessozialgerichts in der Sitzung vom 17.03.2010 (B 6 KA 43/098 R) dargelegt, inwieweit die Honorarverteilungsregelungen der gesetzlichen Grundlage entsprochen hätten und inwieweit der Bewertungsausschuss hiervon habe abweichend eine Regelung treffen dürfen. Die Ableitung zum HVV sei im Übrigen nicht ersichtlich. Die Beklagte habe im Rahmen des ihr obliegenden Ermessens die Ausnahmeregelung des Erweiterten Bewertungsausschusses nicht geprüft und nicht angewandt. Praxisbesonderheiten ergäben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich einer aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe von mind. 30 % vorliege. Die Überschreitung von 30 % sei vom Erweiterten Bewertungsausschuss nicht mehr aufrechterhalten worden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 die Beklagte zu verurteilen, ihn über seinen Honoraranspruch unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, es sei eine Abstaffelung vorzunehmen, die sowohl einer Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit als auch einem nur begrenzt zur Verfügung stehenden Finanzvolumen Rechnung trage. Gem. § 5 Abs. 3 b HVV sei das Regelleistungsvolumen einer Praxis für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25 % zu ermindern. Im Übrigen gelte eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im Vorjahresquartal. Überschreite eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, trete diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Vorgaben bestünden nicht. Sie halte den Vortrag des Klägers für unsubstantiiert. Es werde nicht ausgeführt, welche Praxisbesonderheiten gegeben seien sollten noch erschließe sich, woraus sich der geltend gemachte Anspruch ergeben solle, wenn der Kläger selbst ausführe, die Voraussetzungen einer Überschreitung von 30 % seien durch den Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses nicht mehr aufrecht erhalten worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat dies mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.07. und die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.07.2010 getan.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind, soweit sie hier noch angefochten werden, rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger über seinen Honoraranspruch unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind, soweit sie hier noch angefochten werden, rechtmäßig.
Nach § 5 Abs. 3 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Baden-Württemberg und Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau, der Knappschaft – Verwaltungsstelle Hessen -, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. – Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen für das Jahr 2008, Honorarverteilung (HVV) gemäß § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V vom 21.05.2008, veröffentlicht in info.doc Nr. 3a vom Juli 2008 (im Folgenden: HVV), sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da der Kläger zu den entsprechenden Arztgruppen gehört.
Im Einzelnen bestimmt § 5 Abs. 3 HVV:
a) Die Bewertung der Honorarforderungen einer Praxis erfolgt auf Basis eines Regelleistungsvolumens. Die Fallpunktzahl der Praxis bestimmt sich dabei nach der Zugehörigkeit der Ärzte dieser Praxis zu einer der unter Anlagen 1a bzw. 1b angeführten Fachgruppen unter Beachtung der angeführten Altersgruppen der Patienten. Bei Berufsausübungsgemeinschaften bestimmt sich die Höhe der Fallpunktzahl als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Berufsausübungsgemeinschaft vertretenen Ärzte, verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:
- 130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Berufsausübungsgemeinschaften.
alternativ
- 30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte.
Im Hinblick auf überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften gelten die Regelungen des EBM.
Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die keine arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.
Für Ärzte die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl nach dem Versorgungsauftrag, mit dem er zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen ist. Für Vertragsärzte, die neben ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig sind, wird ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt. Dem so ermittelten Regelleistungsvolumen werden die Leistungen des Vertragsarztes in der Vertragsarztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) gegenübergestellt.
Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann aus der Multiplikation der nach Anlage 1a bzw. 1b im aktuellen Quartal ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der kurativ ambulanten Fallzahlen (abzgl. Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Leistungen nach § 115 b SGB V oder strahlentherapeutische Leistungen abgerechnet wurden) in die verschiedenen Altersgruppen der Patienten. Hierbei ist das Ergebnis der evtl. durchzuführenden fallzahlabhängigen Quotierung gemäß Abs. 2 zu berücksichtigen.
b) Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann nachfolgend für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25% zu mindern. Die Feststellung der durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, für jeden in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Arzt. Für die Bildung des Regelleistungsvolumens einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, tritt diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Dabei bestimmt sich im Falle von Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten, die keiner Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den arztgruppenbezogenen durchschnittlichen Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.
c) Für Ärzte, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, bestimmt sich die durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit.
d) Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen.
e) Die Vertragspartner können nach Abrechnung der jeweiligen Quartale und der gemeinsamen Bewertung der Auswirkungen auf die Versorgungssituation im gegenseitigen Einvernehmen weitere Anpassungen bezüglich der Regelleistungsvolumina beschließen.
Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig. Dies hat die Kammer bereits für die Vorgängerregelung nach Ziff. 6.3 des HVV für die Quartale ab II/05 ff. entschieden (vgl. SG Marburg, Urt. v. 08.10.2008 S 12 KA 84/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). LSG Hessen, Urt. v. 04.11.2009 – L 4 KA 99/08 – hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind. Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV). Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt (III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach der gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht, dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind, dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten. Auf Revision der Beklagten hat das Bundessozialgericht dargelegt, dass die Vorgaben der BRLV rechtmäßig und verbindlich sind und keine Spielräume für abweichende Regelungen im HVV ließen (vgl. BSG, Urt. v. 03.02.2010 - B 6 KA 31/08 R – juris Rdnr. 17 ff.). Dem folgt die Kammer vollumfänglich. Eine Änderung der Rechtslage ist für den hier streitbefangenen Zeitraum nicht eingetreten.
In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie genannt. Entsprechend hat der HVV auch die Honorar(unter)gruppe B 2.15 "Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen" gebildet und für diese Fachgruppe gemäß der Anlage 1b zu § 5 Abs. 3 HVV die im Widerspruchsbescheid genannten Fallpunktzahlen vorgegeben.
Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).
Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.
Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Der Kläger hat auch keine entsprechenden Gründe vorgetragen.
Nach der Ermächtigung in § 5 Abs. 3 Buchst. d HVV ist der Vorstand ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen. Es kann hier dahinstehen, ob diese Bestimmung eine hinreichende Rechtsgrundlage für eine Ausnahmegenehmigung von der fallzahlabhängigen Abstaffelung darstellt, da jedenfalls nur eine Änderung der Fallpunktzahlen vorgesehen ist. Eine Ausnahmeregelung käme jedenfalls nur bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen in Betracht. Nach Auffassung der Kammer liegt aber kein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen keinen Gebrauch machen.
Wann ein solcher Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung vorliegt, wird weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen bestimmt und ist daher durch Auslegung zu konkretisieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, darf der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung der Kammer auch unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrags gilt, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im voraus für mehrere Quartale gleichbleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für sog. atypische Fälle vorzusehen. Es ist eine typische Aufgabe des Vorstandes, zu beurteilen, ob sog. atypische Fälle die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen erfüllen. Dabei beschränkt sich die Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – SozR 3-2500 § 85 Nr. 31 = MedR 2000, 153, juris Rn. 36; BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, juris Rn. 23). So hat das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht beanstandet. Die Entscheidung, dass bei den Internisten, die eine Teilgebietsbezeichnung führten und deren spezielle Leistungen (einschließlich Folgeleistungen) 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, diese Leistungen herausgerechnet werden und dass diejenigen, deren spezialisierte Leistungen sogar 50 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, gänzlich von der Teilquotierung freigestellt werden, enthalte Schematisierungen, die nicht als sachwidrig beanstandet werden könnten. Derartige mit scharfen Grenzziehungen einhergehende Härten seien - wie z.B. auch für Stichtagsregelungen anerkannt - hinzunehmen, solange sie nicht im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung willkürlich seien (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – aaO., Rn. 36). Eine Generalklausel könne z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei. Die von diesem Zahnarzt bisher behandelten Patienten müssten dann kurzfristig auf andere Zahnarztpraxen ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort behandelten Patienten führen werde. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 23). Darauf reagierende Differenzierungen hinsichtlich der Festlegung der individuellen Bemessungsgrundlage seien nicht nur dann geboten, wenn ihr Unterlassen zur Existenzgefährdung zahnärztlicher Praxen führen würde. Ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass sich auf eine Verletzung des Gebotes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nur solche Vertrags(zahn)ärzte berufen können, bei denen die Anwendung der jeweils angegriffenen Honorarverteilungsregelung zu existenzbedrohenden Konsequenzen führen könnte, ist dem Vertrags(zahn)arztrecht fremd (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 25).
Zur Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets gemäß Nr. 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B, EBM 1996 im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs hat das BSG zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" entschieden, dass der besondere Versorgungsbedarf eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraussetze, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Dies erfordere vom Leistungsvolumen her, dass bei dem Arzt das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem vom Budget erfassten Bereich die Budgetgrenze übersteige und zudem, dass bei ihm im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit vorliegt, die zwar allein noch nicht ausreiche, aber immerhin ein Indiz für eine entsprechende Spezialisierung darstelle (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 80/04 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 12 = GesR 2006, 363, juris Rn. 15 m.w.N.). Zu Erweiterungen der Zusatzbudgets nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM 1996 hat das BSG ebf. entschieden, dies setze voraus, dass im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe (vgl. BSG, Urt. v. 02.04.2003 - B 6 KA 48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, juris Rn. 23; BSG, Urt. v. 02.04.2003 – B 6 KA 48/02 R – SozR 3-2500 § 87 Nr. 31, juris Rn. 26 f.).
Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Der Beklagten steht insoweit kein – der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher – Beurteilungsspielraum zu. Es gelten dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es bei Feststellung der Sicherstellungsgründe nicht allein auf die Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend für die hier strittige Ausnahmeregelung ist der Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Mit der Erbringung der Leistungen wird zunächst der Bedarf dokumentiert, soweit eine Fehlabrechnung oder Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der mit einer Spezialisierung einhergehende vermehrte Zulauf von Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern kann gerade auch Ausdruck der Qualität und des Rufs der Praxis sein.
Im vorliegenden Fall sieht die Kammer es jedoch nicht als erwiesen an, dass ein atypischer Sonderfall vorliegt.
Soweit der Kläger vorträgt, es dürfe nicht auf die Fallzahl der Fachgruppe, sondern es müsse auf seine individuelle Fallzahl abgestellt werden, entbehrt dies einer Rechtsgrundlage. Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes kann damit nicht begründet werden. Der Kläger hat gerade nicht substantiiert dargelegt, worin die Praxisbesonderheit liegen sollte. Allein im Überschreiten der Fallzahlen kann eine solche Praxisbesonderheit nicht gesehen werden. Die Kammer hält es für zulässig, dass übergroße Praxen entsprechend der Vorgaben des HVV nur noch abgestaffelt vergütet werden.
Wegen des Fehlens eines Ausnahmetatbestandes kommt es auf eine Ermessensausübung nicht an.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Auszugehen ist von einem geltend gemachten Punktezahlvolumen in Höhe von 300.000 aufgrund der nicht berücksichtigten Fälle sowie von weiteren ca. 20.000 Punkten aufgrund der abgestaffelten Vergütung zu 75 % pro Quartal. Dies ergibt pro Quartal ca. 320.000 Punkte zu einem Punktwert von ca. 3,7 Cent. Dies entspricht einem Honorarvolumen von 11.840,00 EUR. Im Hinblick auf den Bescheidungsantrag ist dieser Betrag zu halbieren, für zwei Quartale wieder zu verdoppeln. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 11.840 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars in den beiden Quartalen III und IV/08 und hierbei nur noch um die Begrenzung der Bemessung des Regelleistungsvolumens aufgrund der fallzahlabhängigen Abstaffelung.
Der Kläger ist als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie seit 12.09.1998 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und führt in diesem Rahmen mit drei weiteren Zahnärzten eine Gemeinschaftspraxis.
Die Beklagte setzte das Honorar des Klägers für die streitbefangenen Quartale jeweils mit Honorarbescheid wie folgt fest:
III/08 IV/08
Honorarbescheid vom 20.01.2009 30.03.2009
Widerspruch eingelegt am 13.03.2009 25.05.2009
Nettohonorar gesamt in EUR 29.902,86 17.255,82
Bruttohonorar PK + EK in EUR 30.262,37 17.182,37
Fallzahl PK + EK 308 256
Regelleistungsvolumen § 5 Abs. 3 HVV
Fallwert 1.941,4 1.887,2
Fallzahl 307 256
Fallzahl Fachgruppe 64 64
Fallzahlbereich bis 150 % (zu 100 %) 96 96
Fallzahlbereich 150 % bis 200 % (zu 75 %) 32 32
Fallzahlbereich ab 200 % (zu 0 %) 179 128
Praxisbezogenes RLV in Punkten 232.968,0 226.464,0
Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten 502.145,0 277.410,0
Überschreitung in Punkten 269.177,0 50.946,0
Ausgleichsregelung § 5 Abs. 4 HVV
Referenz-Fallzahl 56 52
Referenz-Fallwert EUR 273,7552 190,2344
Aktueller Fallwert EUR 60,8065 40,2190
Auffüllbetrag je Fall EUR - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - -
Gegen die Honorarbescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, sein Widerspruch richte sich gegen die unzureichende Vergütung des unteren Punktwerts im Regelleistungsvolumen. Der untere Punktwert könne sich nicht nach dem Fachgruppenwert richten, sondern er müsse sich nach den individuellen Verhältnissen des Arztes aus vorangegangener Zeit richten.
Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2010 als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen verwies sie auf die gesetzlichen Vorgaben sowie auf die Vorgaben des Bewertungsausschusses. Weiter führte sie aus, eine fallzahlabhängige Quotierung sei nicht durchgeführt worden. Als Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie sei der Kläger der Honorar(unter)gruppe B 2.15 zugeordnet und abrechnungstechnisch der VfG VTG 53-00. Für seine Arzt-/Fachgruppe seien folgende arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen festgelegt:
RLV-Fallpunktzahl
Primärklassen Ersatzkassen
Altersgruppe der Patienten in Jahren: 9-5 6-59 -)60 0-5 6-59 -) 60
Fallpunktzahl lt. HVV 561 1.701 1.312 852 3.030 2.047
Das Regelleistungsvolumen führe nicht zu einem Ausschluss der Honorierung der durchgeführten Leistungen, sondern es erfolge eine Bewertung der überschreitenden Honorarforderung mit einem unteren Punktwert. Soweit das Finanzvolumen nicht ausreiche, müsse eine weitere Quotierung der Leistungsbewertung vorgenommen werden. Diese Bewertungsvorgabe trage den Grundsatz der gerechten Honorarverteilung Rechnung und verhindere eine übermäßige Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit. In der Fachgruppe des Klägers sei der obere und untere Punktwert in den beiden streitbefangenen Quartalen identisch. Die das praxisbezogene Regelleistungsvolumen überschreitenden Honorarforderungen seien folglich nicht zu einem geringeren Punktwert vergütet worden. Soweit der Kläger die Höhe des Punktwerts insgesamt im Vergleich der Vorquartale anzweifele, gelte für die Fachgruppe des Klägers in den Referenzquartalen des Jahres 2005 die Besonderheit, dass für Leistungen, die im Rahmen des Regelleistungsvolumens honoriert werden, im Quartal III/05 ein deutlich höherer Punktwert zugrunde gelegt worden sei. Dieser hohe Punktwert habe auf dem Umstand beruht, dass bei gleichbleibendem Honorar im Fachgruppentopf die operativen Leistungen der Fachgruppe der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen in den Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung verlagert worden seien. Daher sei ab dem Quartal IV/05 aufgrund eines Vorstandsbeschlusses eine Kappung der Punktwerte auf 4,0 Cent vorgenommen worden. Aufgrund dieser Maximalbegrenzung sei die Auszahlung eines höheren Punktwertes auch in den streitgegenständlichen Quartalen nicht möglich gewesen. Die aus der jeweiligen Arztrechnung zu entnehmenden geringfügig unter 4,0 Cent liegenden Punktwerte resultierten zu Recht aus der Punktwertreduzierung zugunsten des Honorarbereichs C (ärztlicher Bereitschaftsdienst) sowie der erweiterten Honorarverteilung (EHV). Die Punktwerte seien im Rahmen des Regelleistungsvolumens jedoch seit dem Quartal IV/05 weitgehend konstant geblieben. Eine arztindividuelle Betrachtung sei bei der Punktebewertung nicht möglich. Der Kläger habe im Quartal III/05 vergleichsweise wenige Leistungen im Bereich des ambulanten Operierens erbracht. Im aktuellen Quartal III/08 habe der Anteil solcher Leistungen an dem Gesamthonorar deutlich höher gelegen. Somit könne auch bei dem Kläger nicht ausgeschlossen werden, dass im Referenzquartal III/05 eine Verlagerung dieser Leistungen in den Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung erfolgt sei. Insofern habe die damalige Abrechnungssituation der der Fachgruppe entsprochen. Sein Leistungsspektrum unterscheide sich nicht wesentlich von anderen Mund- Kiefer-Gesichtschirurgen, so dass keine Anhaltspunkte (insbesondere Gründe der Sicherstellung) ersichtlich seien, die eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens rechtfertigen könnten. Für die Ausgleichsregelung nach § 5 Abs. 4 HVV gelte, dass mit der Herausnahme der AOP-Leistungen aus der budgetierten Gesamtvergütung die sonst gleichen Bedingungen nicht mehr erfüllt seien. Eine Teilnahme an der Ausgleichsregelung setze nunmehr zusätzlich voraus, dass der jeweilige Arzt entweder weniger als 1.000,00 EUR im Bereich AOP § 115 b SGB V abgerechnet habe oder mehr als 1.000,00 EUR im Bereich AOP § 115 b SGB V abgerechnet und weniger extrabudgetäres Honorar (Honorargruppe 5) als die Fachgruppe erwirtschaftet habe. Diese zusätzlichen Voraussetzungen zur Teilnahme an der Ausgleichsregelung lägen bei dem Kläger nicht vor, da er in den streitgegenständlichen Quartalen zwar Leistungen des ambulanten Operierens im Bereich des AOP-Vertrages in Höhe von mehr als 1.000,00 EUR erbracht habe, er aber weniger extrabudgetäres Honorar als die Fachgruppe erwirtschaftet habe. Dementsprechend habe in seinem Fall von "sonst gleichen Bedingungen" ausgegangen werden können. Da die weiteren Voraussetzungen gem. § 5 Abs. 4 HVV jedoch nicht erfüllt gewesen seien bzw. das in der Honoraruntergruppe zur Verfügung stehende Honorarvolumen einen Ausgleich auf minus 5 % nicht ermöglicht habe, sei die Teilnahme an der Ausgleichsregelung entfallen.
Hiergegen hat der Kläger am 12.02.2010 die Klage erhoben. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2010 hat er die Klage auf die Bemessung des Regelleistungsvolumens aufgrund der fallzahlabhängigen Abstaffelung begrenzt.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, er wende sich dagegen, dass im Quartal III/08 179 Fälle und in Quartal IV/08 128 Fälle überhaupt nicht vergütet worden seien, welches eine Punktsumme von ca. 320.000 Punkten entspreche; zzgl. der Fälle, die ohnehin nur zu 75 % honoriert würden. Es dürfe nicht auf die Fallzahl der Fachgruppe, sondern es müsse auf seine individuelle Fallzahl abgestellt werden. Die Beklagte habe nicht entsprechend den Darlegungen des Bundessozialgerichts in der Sitzung vom 17.03.2010 (B 6 KA 43/098 R) dargelegt, inwieweit die Honorarverteilungsregelungen der gesetzlichen Grundlage entsprochen hätten und inwieweit der Bewertungsausschuss hiervon habe abweichend eine Regelung treffen dürfen. Die Ableitung zum HVV sei im Übrigen nicht ersichtlich. Die Beklagte habe im Rahmen des ihr obliegenden Ermessens die Ausnahmeregelung des Erweiterten Bewertungsausschusses nicht geprüft und nicht angewandt. Praxisbesonderheiten ergäben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich einer aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe von mind. 30 % vorliege. Die Überschreitung von 30 % sei vom Erweiterten Bewertungsausschuss nicht mehr aufrechterhalten worden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 die Beklagte zu verurteilen, ihn über seinen Honoraranspruch unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, es sei eine Abstaffelung vorzunehmen, die sowohl einer Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit als auch einem nur begrenzt zur Verfügung stehenden Finanzvolumen Rechnung trage. Gem. § 5 Abs. 3 b HVV sei das Regelleistungsvolumen einer Praxis für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25 % zu ermindern. Im Übrigen gelte eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im Vorjahresquartal. Überschreite eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, trete diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Vorgaben bestünden nicht. Sie halte den Vortrag des Klägers für unsubstantiiert. Es werde nicht ausgeführt, welche Praxisbesonderheiten gegeben seien sollten noch erschließe sich, woraus sich der geltend gemachte Anspruch ergeben solle, wenn der Kläger selbst ausführe, die Voraussetzungen einer Überschreitung von 30 % seien durch den Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses nicht mehr aufrecht erhalten worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat dies mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.07. und die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.07.2010 getan.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind, soweit sie hier noch angefochten werden, rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger über seinen Honoraranspruch unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind, soweit sie hier noch angefochten werden, rechtmäßig.
Nach § 5 Abs. 3 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Baden-Württemberg und Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau, der Knappschaft – Verwaltungsstelle Hessen -, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. – Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen für das Jahr 2008, Honorarverteilung (HVV) gemäß § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V vom 21.05.2008, veröffentlicht in info.doc Nr. 3a vom Juli 2008 (im Folgenden: HVV), sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da der Kläger zu den entsprechenden Arztgruppen gehört.
Im Einzelnen bestimmt § 5 Abs. 3 HVV:
a) Die Bewertung der Honorarforderungen einer Praxis erfolgt auf Basis eines Regelleistungsvolumens. Die Fallpunktzahl der Praxis bestimmt sich dabei nach der Zugehörigkeit der Ärzte dieser Praxis zu einer der unter Anlagen 1a bzw. 1b angeführten Fachgruppen unter Beachtung der angeführten Altersgruppen der Patienten. Bei Berufsausübungsgemeinschaften bestimmt sich die Höhe der Fallpunktzahl als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Berufsausübungsgemeinschaft vertretenen Ärzte, verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:
- 130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Berufsausübungsgemeinschaften.
alternativ
- 30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte.
Im Hinblick auf überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften gelten die Regelungen des EBM.
Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die keine arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.
Für Ärzte die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl nach dem Versorgungsauftrag, mit dem er zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen ist. Für Vertragsärzte, die neben ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig sind, wird ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt. Dem so ermittelten Regelleistungsvolumen werden die Leistungen des Vertragsarztes in der Vertragsarztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) gegenübergestellt.
Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann aus der Multiplikation der nach Anlage 1a bzw. 1b im aktuellen Quartal ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der kurativ ambulanten Fallzahlen (abzgl. Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Leistungen nach § 115 b SGB V oder strahlentherapeutische Leistungen abgerechnet wurden) in die verschiedenen Altersgruppen der Patienten. Hierbei ist das Ergebnis der evtl. durchzuführenden fallzahlabhängigen Quotierung gemäß Abs. 2 zu berücksichtigen.
b) Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann nachfolgend für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25% zu mindern. Die Feststellung der durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, für jeden in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Arzt. Für die Bildung des Regelleistungsvolumens einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, tritt diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Dabei bestimmt sich im Falle von Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten, die keiner Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den arztgruppenbezogenen durchschnittlichen Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.
c) Für Ärzte, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, bestimmt sich die durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit.
d) Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen.
e) Die Vertragspartner können nach Abrechnung der jeweiligen Quartale und der gemeinsamen Bewertung der Auswirkungen auf die Versorgungssituation im gegenseitigen Einvernehmen weitere Anpassungen bezüglich der Regelleistungsvolumina beschließen.
Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig. Dies hat die Kammer bereits für die Vorgängerregelung nach Ziff. 6.3 des HVV für die Quartale ab II/05 ff. entschieden (vgl. SG Marburg, Urt. v. 08.10.2008 S 12 KA 84/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). LSG Hessen, Urt. v. 04.11.2009 – L 4 KA 99/08 – hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind. Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV). Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt (III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach der gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht, dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind, dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten. Auf Revision der Beklagten hat das Bundessozialgericht dargelegt, dass die Vorgaben der BRLV rechtmäßig und verbindlich sind und keine Spielräume für abweichende Regelungen im HVV ließen (vgl. BSG, Urt. v. 03.02.2010 - B 6 KA 31/08 R – juris Rdnr. 17 ff.). Dem folgt die Kammer vollumfänglich. Eine Änderung der Rechtslage ist für den hier streitbefangenen Zeitraum nicht eingetreten.
In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie genannt. Entsprechend hat der HVV auch die Honorar(unter)gruppe B 2.15 "Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen" gebildet und für diese Fachgruppe gemäß der Anlage 1b zu § 5 Abs. 3 HVV die im Widerspruchsbescheid genannten Fallpunktzahlen vorgegeben.
Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).
Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.
Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Der Kläger hat auch keine entsprechenden Gründe vorgetragen.
Nach der Ermächtigung in § 5 Abs. 3 Buchst. d HVV ist der Vorstand ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen. Es kann hier dahinstehen, ob diese Bestimmung eine hinreichende Rechtsgrundlage für eine Ausnahmegenehmigung von der fallzahlabhängigen Abstaffelung darstellt, da jedenfalls nur eine Änderung der Fallpunktzahlen vorgesehen ist. Eine Ausnahmeregelung käme jedenfalls nur bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen in Betracht. Nach Auffassung der Kammer liegt aber kein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen keinen Gebrauch machen.
Wann ein solcher Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung vorliegt, wird weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen bestimmt und ist daher durch Auslegung zu konkretisieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, darf der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung der Kammer auch unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrags gilt, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im voraus für mehrere Quartale gleichbleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für sog. atypische Fälle vorzusehen. Es ist eine typische Aufgabe des Vorstandes, zu beurteilen, ob sog. atypische Fälle die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen erfüllen. Dabei beschränkt sich die Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – SozR 3-2500 § 85 Nr. 31 = MedR 2000, 153, juris Rn. 36; BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, juris Rn. 23). So hat das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht beanstandet. Die Entscheidung, dass bei den Internisten, die eine Teilgebietsbezeichnung führten und deren spezielle Leistungen (einschließlich Folgeleistungen) 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, diese Leistungen herausgerechnet werden und dass diejenigen, deren spezialisierte Leistungen sogar 50 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, gänzlich von der Teilquotierung freigestellt werden, enthalte Schematisierungen, die nicht als sachwidrig beanstandet werden könnten. Derartige mit scharfen Grenzziehungen einhergehende Härten seien - wie z.B. auch für Stichtagsregelungen anerkannt - hinzunehmen, solange sie nicht im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung willkürlich seien (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – aaO., Rn. 36). Eine Generalklausel könne z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei. Die von diesem Zahnarzt bisher behandelten Patienten müssten dann kurzfristig auf andere Zahnarztpraxen ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort behandelten Patienten führen werde. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 23). Darauf reagierende Differenzierungen hinsichtlich der Festlegung der individuellen Bemessungsgrundlage seien nicht nur dann geboten, wenn ihr Unterlassen zur Existenzgefährdung zahnärztlicher Praxen führen würde. Ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass sich auf eine Verletzung des Gebotes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nur solche Vertrags(zahn)ärzte berufen können, bei denen die Anwendung der jeweils angegriffenen Honorarverteilungsregelung zu existenzbedrohenden Konsequenzen führen könnte, ist dem Vertrags(zahn)arztrecht fremd (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 25).
Zur Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets gemäß Nr. 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B, EBM 1996 im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs hat das BSG zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" entschieden, dass der besondere Versorgungsbedarf eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraussetze, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Dies erfordere vom Leistungsvolumen her, dass bei dem Arzt das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem vom Budget erfassten Bereich die Budgetgrenze übersteige und zudem, dass bei ihm im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit vorliegt, die zwar allein noch nicht ausreiche, aber immerhin ein Indiz für eine entsprechende Spezialisierung darstelle (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 80/04 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 12 = GesR 2006, 363, juris Rn. 15 m.w.N.). Zu Erweiterungen der Zusatzbudgets nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM 1996 hat das BSG ebf. entschieden, dies setze voraus, dass im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe (vgl. BSG, Urt. v. 02.04.2003 - B 6 KA 48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, juris Rn. 23; BSG, Urt. v. 02.04.2003 – B 6 KA 48/02 R – SozR 3-2500 § 87 Nr. 31, juris Rn. 26 f.).
Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Der Beklagten steht insoweit kein – der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher – Beurteilungsspielraum zu. Es gelten dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es bei Feststellung der Sicherstellungsgründe nicht allein auf die Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend für die hier strittige Ausnahmeregelung ist der Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Mit der Erbringung der Leistungen wird zunächst der Bedarf dokumentiert, soweit eine Fehlabrechnung oder Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der mit einer Spezialisierung einhergehende vermehrte Zulauf von Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern kann gerade auch Ausdruck der Qualität und des Rufs der Praxis sein.
Im vorliegenden Fall sieht die Kammer es jedoch nicht als erwiesen an, dass ein atypischer Sonderfall vorliegt.
Soweit der Kläger vorträgt, es dürfe nicht auf die Fallzahl der Fachgruppe, sondern es müsse auf seine individuelle Fallzahl abgestellt werden, entbehrt dies einer Rechtsgrundlage. Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes kann damit nicht begründet werden. Der Kläger hat gerade nicht substantiiert dargelegt, worin die Praxisbesonderheit liegen sollte. Allein im Überschreiten der Fallzahlen kann eine solche Praxisbesonderheit nicht gesehen werden. Die Kammer hält es für zulässig, dass übergroße Praxen entsprechend der Vorgaben des HVV nur noch abgestaffelt vergütet werden.
Wegen des Fehlens eines Ausnahmetatbestandes kommt es auf eine Ermessensausübung nicht an.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Auszugehen ist von einem geltend gemachten Punktezahlvolumen in Höhe von 300.000 aufgrund der nicht berücksichtigten Fälle sowie von weiteren ca. 20.000 Punkten aufgrund der abgestaffelten Vergütung zu 75 % pro Quartal. Dies ergibt pro Quartal ca. 320.000 Punkte zu einem Punktwert von ca. 3,7 Cent. Dies entspricht einem Honorarvolumen von 11.840,00 EUR. Im Hinblick auf den Bescheidungsantrag ist dieser Betrag zu halbieren, für zwei Quartale wieder zu verdoppeln. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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