L 4 R 539/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 4615/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 539/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin erhebt Anspruch auf Witwenrente an vor dem 01. Juli 1977 geschiedene Ehegatten (Geschiedenenrente).

Die am 1927 geborene Klägerin war seit 1947 mit dem am 1927 geborenen H. S. (im Folgenden: Versicherter) verheiratet. Die beiden Söhne aus dieser Ehe wurden am 1949 und 1956 geboren. Der Versicherte stand bis Oktober 1987 im Dienst der damaligen D.-B. AG, während die Klägerin für die meiste Zeit der Ehe Hausfrau blieb und nach eigenen Angaben erst kurz vor der Scheidung vorübergehend eine Halbtagstätigkeit aufnahm. Die Ehe wurde durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. April 1976 (25 R 74/76), rechtskräftig seit 1976, aus dem Verschulden des Versicherten geschieden. Nachdem zunächst eine Scheidungsvereinbarung Bestand hatte (monatlicher Unterhaltsbetrag von DM 530,00, wobei eigenes Einkommen der Klägerin bis monatlich netto DM 800,00 nicht angerechnet werde), erreichte die Klägerin zunächst durch Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 29. September 1982 (16 F 849/82), dass der Unterhalt von monatlich DM 530,00 tituliert wurde. Durch Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 24. Februar 1989 (16 F 637/88) erhöhte sich der monatliche Unterhaltsbetrag auf DM 830,00 ab 01. August 1987, wobei weiterhin eigenes Einkommen der Klägerin bis zu DM 800,00 nicht anzurechnen war. Der Unterhaltsbetrag wurde anlässlich der Währungsumstellung zum 01. Januar 2002 auf EUR 424,37 umgerechnet. Der Versicherte überwies diesen Betrag regelmäßig, zuletzt zum 01. März 2007.

Die am 1935 geborene Beigeladene war mit dem Versicherten seit 1987 verheiratet. Er befand sich seit 13. November 2006 vollstationär in einer Pflegeeinrichtung (Haus E. N.) und erhielt ab diesem Tag Leistungen der stationären Pflege nach Pflegestufe II von bis zu EUR 1.279,00 monatlich (Bescheid der Pflegekasse der AOK Baden-Württemberg vom 15. November 2006). Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis zog die Beigeladene ab 01. Juli 2007 zu einem monatlichen Kostenbeitrag für die stationäre Pflege des Versicherten in Höhe von EUR 1.103,60 heran (Bescheid vom 26. Juni 2007). Nachdem die Kosten der vollstationären Pflege sich im Folgenden auf EUR 2.927,64 monatlich beliefen, begehrte der Versicherte mit am 11. Juli 2007 der Klägerin zugestellter Klage zum Amtsgericht Böblingen (16 F 788/07), ab März 2007 keinen Unterhalt mehr zu zahlen zu haben. Durch rechtskräftiges Urteil vom 28. September 2007 wurden die Urteile des Amtsgerichts Böblingen vom 29. September 1982 und 24. Februar 1989 dahingehend abgeändert, dass der Versicherte mit Wirkung vom 11. Juli 2007 (Klageerhebung) keinen Unterhalt mehr zu zahlen habe. Die Widerklage der Klägerin auf Auskunft über stationäre Krankenhausaufenthalte in der Zeit von März bis August 2007 wurde abgewiesen. Der Versicherte beziehe eine gesetzliche Rente in Höhe von EUR 1.448,75 monatlich sowie eine Betriebsrente von EUR 341,76 monatlich, sodass die Renten nicht ausreichten, die Pflegekosten zu tragen. Das Amtsgericht Böblingen führte zur Begründung weiter aus, es sei davon auszugehen, dass der Versicherte auf Dauer im Pflegeheim verbleiben werde. Sollte er wider Erwarten aus diesem doch entlassen werden, stehe der Klägerin eine neue Klage frei.

Der Versicherte ist am 2007 verstorben. Die Beklagte bewilligte der Beigeladenen ab 01. Dezember 2007 große Witwenrente, die sich für die drei Monate des Sterbevierteljahres auf zusammen EUR 4.355,10, anschließend ab 01. März 2008 auf brutto EUR 966,18 und netto EUR 871,00 belief (Bescheid vom 17. Januar 2008). Das eigene Einkommen der Beigeladenen (Altersrente) überstieg den Freibetrag nicht.

Den im November 2007 gestellten Antrag der Klägerin auf Witwenrente aus der Versicherung des früheren Ehemannes lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 16. Januar 2008 ab. Der Versicherte habe Unterhalt lediglich bis März 2007 und damit nicht bis zum Zeitpunkt des Todes geleistet. Er sei zur Zeit des Todes auch nicht zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet gewesen, nachdem während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes - eines Jahres von November 2006 bis Oktober 2007 - keine Unterhaltsverpflichtung mehr bestanden habe, was durch das Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 28. September 2007 jedenfalls ab 11. Juli 2007 (Zustellung der Klage) bestätigt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hätten die Unterhaltszahlungen oder der Unterhaltsanspruch etwa 25 v.H. des nach den zeitlichen und örtlichen Verhältnissen jeweils geltenden Mindestbedarfs erreichen müssen, wozu der Versicherte weder verpflichtet noch in der Lage gewesen sei.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Der Versicherte habe Ehegattenunterhalt ununterbrochen seit der Scheidung von 1976 bis März 2007, also rund 31 Jahre lang bezahlt. Sie habe ihren Unterhalt maßgeblich oder überwiegend durch die Unterhaltszahlungen bestreiten müssen. Die eigene Rente betrage derzeit monatlich nur EUR 376,80. Zusätzlich sei sie auf einen geringen Betrag von EUR 4,28 monatlicher Grundsicherung angewiesen. Eine ununterbrochene Unterhaltszahlung sehe § 243 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vor. Immerhin habe die Verpflichtung noch bis 10. Juli 2007 bestanden. Es gebe auch keinen Erfahrungssatz, dass man das Pflegeheim nicht mehr verlassen werde. Damit habe noch kein endgültiger Dauerzustand vorgelegen. Im Übrigen habe der Versicherte ein monatliches Pflegegeld von EUR 1.279,00 nach Pflegestufe II bezogen. Während der Abwesenheitszeit bei stationären Krankenhausbehandlungen hätten im Pflegeheim nur monatlich Vorhaltekosten von EUR 1.250,00 bezahlt werden müssen. Diesen Betrag habe bereits das Pflegegeld abgedeckt. Mithin habe der Versicherte wieder seine Renten für Unterhaltsleistungen zur Verfügung gehabt. Schließlich hätte der Versicherte durchaus zuhause betreut und versorgt werden können. Dies ergebe sich aus der Beistandspflicht der Beigeladenen. Die Regelung über die Geschiedenenrente verstoße im Übrigen gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Dass sie keine erhalte, nur weil der Versicherte einige Zeit vor seinem Tod krank und möglicherweise pflegebedürftig gewesen sei, sei durch sachbezogene Gründe nicht zu rechtfertigen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2008. Der letzte wirtschaftliche Dauerzustand sei der Zeitraum der Heimaufnahme bis zum Tod des Versicherten. Die dem Versicherten zur Verfügung stehenden Einnahmen hätten die Kosten für die Heimunterbringung nicht decken können. Die Geschiedenenrente habe Unterhaltsersatzfunktion. Dies habe seit dem 11. Juli 2007 und auch für die Zukunft nicht mehr vorgelegen, wie das Amtsgericht Böblingen im Urteil vom 28. September 2007 für diese Zeit festgestellt habe. Da an die Beigeladene eine Witwenrente gezahlt werde, bestehe kein Anspruch nach § 243 Abs. 3 SGB VI.

Mit der am 04. Juli 2008 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage verblieb die Klägerin dabei, der letzte wirtschaftliche Dauerzustand sei ein zufälliger und nicht sachbezogener Anknüpfungspunkt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Die durch Beschluss des SG vom 17. November 2008 Beigeladene äußerte sich nicht. Das SG zog die Akten des Amtsgerichts Böblingen 16 F 788/07 bei.

Das SG wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 22. Dezember 2008 ab. Zur Begründung nahm es auf den Widerspruchsbescheid Bezug. Dass sich der Versicherte in ein Pflegeheim begeben habe, sei als Einwand unerheblich. Im Übrigen habe sich die Klägerin mit der letzten Entscheidung des Amtsgerichts Böblingen darauf einstellen müssen, dauerhaft keine Unterhaltszahlungen mehr zu erhalten. Es sei auch verfassungsgemäß, dass die Gewährung einer Witwenrente davon abhängig gemacht werde, ob die Beigeladene bereits Hinterbliebenenrente beziehe.

Gegen den am 12. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30. Januar 2009 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie macht - wie bereits zur Begründung ihrer Klage - geltend, die gesetzliche Regelung sei verfassungswidrig. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob der Versicherte ohne vorherige Krankheit plötzlich an einem Herzschlag verstorben wäre oder ob er einige Monate im Pflegeheim gelebt habe. Sie - die Klägerin - habe über 29 Jahre mit dem Versicherten zusammengelebt, habe zwei Söhne erzogen und anschließend 31 Jahre Unterhalt erhalten. Es könne nicht darauf ankommen, dass dann wenige Monate vor dem Tod des Versicherten Unterhaltszahlungen nicht erfolgt seien. Vielmehr sei es angemessen, die Hinterbliebenenrente zeitanteilig nach der Ehezeit zu verteilen. Die Erforderlichkeit einer ein Jahr lang ununterbrochenen Zahlung bis zum Tode sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch sei dabei zu verbleiben, dass die Erforderlichkeit einer Aufnahme ins Pflegeheim geprüft werden müsse. Der Versicherte hätte auch zuhause gepflegt werden können. Dies sei aus der ehelichen Treue- und Beistandspflicht zu fordern. Es sei auch nochmals dabei zu verbleiben, dass die Berücksichtigung einer Pflegezeit gegenüber einem raschen Tod auf einem reinen Zufallsprinzip beruhe. Es gebe wesentlich sachgerechtere Kriterien, etwa die Dauer der Ehe, die Zeitdauer der Zahlung von Unterhalt und die Anzahl der Kinder. Dies unberücksichtigt zu lassen, seien Gesetzgeber und Gerichte nicht befugt. Ferner habe sie zwischenzeitlich für die Zeit von März 2007 bis 18. Juni 2007 monatlich EUR 415,00 erhalten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Juni 2008 zu verurteilen, ihr ab 01. Dezember 2007 große Witwenrente aus der Versicherung des Herbert Stammler zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitgegenständlichen Bescheide weiterhin für zutreffend.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin kann in der Sache keinen Erfolg haben. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 22. Dezember 2008 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat im Bescheid vom 16. Januar 2008 (Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2008) zutreffend die Bewilligung von Geschiedenenrente an die Klägerin abgelehnt.

Nach § 243 Abs. 2 SGB VI besteht Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente auch für geschiedene Ehegatten, (1.) deren Ehe vor dem 01. Juli 1977 geschieden ist, (2.) die weder wieder geheiratet noch eine Lebenspartnerschaft begründet haben und (3.) die im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt von diesem erhalten haben oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf hatten und (4.) - alternativ zu anderen Voraussetzungen - die (Buchstabe b) das 45. Lebensjahr vollendet haben, wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und nach dem 30. April 1942 gestorben ist. Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente besteht gemäß Abs. 3 der Vorschrift auch ohne Vorliegen der in Abs. 2 Nr. 3 genannten Unterhaltsvoraussetzungen (unter weiteren genannten Voraussetzungen), wenn auch vor Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes weder ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente für eine Witwe oder einen Witwer ... des Versicherten aus dessen Rentenanwartschaft besteht.

Die Klägerin hat nicht im Sinne der ersten Alternative des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI "im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt von diesem erhalten". Dieser Tatbestand ist nur erfüllt, wenn die Leistungen des Versicherten im letzten Jahr vor seinem Tod mit einer gewissen Regelmäßigkeit erbracht worden sind. Dem ist grundsätzlich nur dann genügt, wenn der Zeitabschnitt des letzten Jahres keine Lücken aufweist, denn Zahlungen, die nicht - wie dann die diese ersetzende Rente - ständig wiederkehren, sondern nur für einen Teil des letzten Jahres geleistet worden sind, bieten keine Gewähr dafür, dass eine auf die Dauer angelegte Unterhaltsgewährung vorgelegen hat (ständige Rechtsprechung des BSG zu den einschlägigen früheren Vorschriften des § 42 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - und des § 1265 Reichsversicherungsordnung - RVO -; vgl. SozR Nr. 55 zu § 1265 RVO; SozR 2200 § 1265 Nrn. 4, 24, 26; BSGE 54, 100 = SozR 2200 § 1265 Nr. 68). Die vom Versicherten bewirkten Zahlungen müssen eindeutig auf bestimmte Zeitabschnitte bezogen werden und aus dem Gesamtbild der einzelnen Zahlungen muss sich die Lückenlosigkeit der Unterhaltsleistung ergeben.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Versicherte wollte nach dem 01. März 2007 keinen Unterhalt mehr leisten; lediglich wegen der Klageerhebung erst zum 11. Juli 2007 waren gemäß Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 28. September 2007 (16 F 788/07) noch weitere Monate (März 2007 bis 10. Juli 2007) nachzuzahlen, wobei Nachzahlungen grundsätzlich nicht als Unterhaltszahlungen gewertet werden können (vgl. BSG SozR 2200 § 1265 Nr. 83). Für die weitere Zeit bis zum Tod am 06. November 2007 fehlt es mithin an tatsächlichen Zahlungen. Nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung reicht es nicht aus, wenn wie hier in den ersten zwei Dritteln des letzten Jahres vor dem Tod noch regelmäßige Zahlungen erfolgt sind, jedoch für die Zukunft Zahlungen nicht mehr geflossen und auch verbindlich nicht mehr gewollt worden sind.

Die Klägerin hatte auch keinen Anspruch auf Unterhalt "im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand" vor dem Tod des Versicherten gemäß der zweiten Alternative des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI. Letzter wirtschaftlicher Dauerzustand ist die Zeitspanne von der letzten wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse mit Dauerwirkung bei einem der geschiedenen Ehegatten bis zum Tod des Versicherten (vgl. BSGE 35, 243 = SozR Nr. 13 zu § 1266 RVO; SozR 2200 § 1265 Nrn. 35, 64). Die Verhältnisse während der Ehe oder gar deren Dauer sind nach dem gesetzgeberischen Willen insoweit nicht maßgeblich (BSGE 38, 242 = SozR 2200 § 1265 Nr. 1). Eine Krankheit bestimmt nur dann nicht den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand, wenn sie verhältnismäßig kurze Zeit gedauert hat und im engen zeitlichen Zusammenhang zum Tode geführt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1265 Nrn. 35, 64; SozR 3-2200 § 1265 Nr. 1). Insoweit hat die höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls einen Zeitraum von etwa neun Monaten bereits als hierüber hinausgehend betrachtet. Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs ist auch, dass der Versicherte während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands leistungsfähig war (vgl. hierzu auch BSG, Beschluss vom 25. Mai 2000 - B 8 KN 20/99 B - in Juris).

Der Versicherte hatte sich seit 13. November 2006, also nahezu ein Jahr vor dem Tod am 06. November 2007, im Pflegeheim befunden, dessen Kosten (vgl. nochmals Berechnung des Amtsgerichts Böblingen im Urteil vom 28. September 2007) sein Einkommen überstiegen. Lediglich bis Anfang März 2007 wurden noch tatsächlich Zahlungen geleistet. Mit der Klageerhebung am 11. Juli 2007 war der Anspruch der Klägerin auf Dauer entfallen. Im Übrigen ist ein Unterhaltstitel keine ausreichende Grundlage für einen Unterhaltsanspruch mehr, wenn der Versicherte zur Zeit seines Todes die Wirkungen des Titels nach den Grundsätzen der §§ 323, 767 Zivilprozessordnung (ZPO) hätte beseitigen können und dies nicht getan hat, weil die Vollstreckung nicht versucht wurde oder er sich auf die Erfolglosigkeit des Versuchs verlassen konnte (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 20, 1; SozR 2200 § 1265 Nr. 85; SozR 3-2200 § 1265 Nr. 14). Gemäß den dem Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 28. September 2007 zugrundeliegenden Angaben bezog der Versicherte zuletzt eine gesetzliche Rente von EUR 1.448,75 monatlich sowie eine Betriebsrente von EUR 341,76; selbst wenn die offenkundig verschwiegenen Leistungen der Pflegeversicherung von bis zu EUR 1.279,00 hinzugerechnet werden (vgl. Bescheid der Pflegekasse der AOK Baden-Württemberg vom 15. November 2006, Pflegestufe II, § 43 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch in der bis 30. Juni 2008 geltenden Fassung), ergibt sich ein nur knapp über den Kosten des Pflegeheims von monatlich EUR 2.927,64 liegender Betrag. Der Einwand der Klägerin, die Beigeladene hätte den Versicherten zuhause kostengünstiger pflegen müssen, vermag nicht durchzugreifen. Eine Obliegenheit, die wirtschaftlichen Verhältnisse im Interesse eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin sparsam zu gestalten, lässt sich nicht begründen. Dies wurde auch im Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 28. September 2007 nicht anders gesehen. Dass zeitweise wegen Klinikaufenthalts an das Pflegeheim nur "Vorhaltekosten" bezahlt werden mussten, vermag als vorübergehender Ausnahmefall keinen durchgängigen Unterhaltsanspruch zu begründen.

Ein Anspruch der Klägerin gemäß § 243 Abs. 3 SGB VI besteht nicht, nachdem der Beigeladenen ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente zusteht (vgl. Bescheid vom 17. Januar 2008, in welchem ein monatlicher Rentenanspruch ab 01. März 2008 von brutto EUR 966,18 genannt ist).

Die - auch verfassungsrechtlichen - Bedenken der Klägerin gegen die einschlägigen Regelungen und deren Auslegung durch die Rechtsprechung vermögen nicht durchzugreifen. Hätte der Gesetzgeber an Merkmale wie Dauer der Ehe oder Zahl der Kinder anknüpfen wollen, hätte dies ausdrücklich so normiert werden müssen. Dies ist nie geschehen. Beide Alternativen des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI enthalten (nicht wesentlich abgeändert gegenüber den vor 1992 geltenden Bestimmungen des § 42 AVG und § 1265 RVO) den Grundsatz, dass sich ein über längere Zeit stabilisierter Dauerzustand auf den Rentenanspruch auswirken soll. Dass das Gesetz unter Übernahme der früheren Rechtsprechung des BSG auf einen Unterhaltsanspruch "im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor (dem) Tod" des Versicherten und nicht auf eine bestimmte Zeitdauer abstellt, will die Bedeutung von Zufälligkeiten und kurzzeitigen besonderen Umständen des Einzelfalles zurückdrängen (BSG, Urteil vom 25. Februar 2010 - B 13 R 147/08 R - m.w.N., in Juris). Demgemäß kann nicht der hier gegebene Sachverhalt - Aufenthalt im Pflegeheim für nahezu ein Jahr mit Wegfall der Unterhaltsfähigkeit - mit dem Fall eines plötzlichen Todes verglichen werden; vielmehr liegt der hier maßgebliche Sachverhalt in zeitlicher Dimension näher bei demjenigen eines längeren die Unterhaltsfähigkeit ausschließenden Zustands.

Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass § 243 SGB VI verfassungswidrig ist, insbesondere gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt, weil eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zu § 42 AVG (= § 1265 RVO) bereits entschieden, dass es nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG verstößt, soweit danach die Gewährung einer Geschiedenenrente von der Gewährung von Unterhalt des Versicherten abhängig gemacht wird (Beschluss vom 29. September 1981 - 1 BvR 185/81 - SozR 2200 § 1265 Nr. 57). Die gesetzliche Regelung in der Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung enthält eine Typisierung, welcher mit den von der Klägerin zur Abwendung von Härten geltend gemachten Billigkeitserwägungen nicht entgegengetreten werden kann (zum Problemkreis vgl. auch die Entscheidungen des BVerfG vom 10. März 1989 1 BvR 1539/88 - SozR 2200 § 1265 Nr. 95; vom 20. April 1993 - 1 BvR 435/93 - SozR 3-2200 § 1265 Nr. 10; auch nochmals BSG, Beschluss vom 25. Mai 2000 - B 8 KN 20/99 B).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).Die Klägerin hat der Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten, weil letztere in eigenem Interesse einen Zurückweisungsantrag gestellt hat.

Zur Zulassung der Revision bestand aus den dargelegten Gründen kein Anlass, weil weder grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) ersichtlich ist, noch der Senat von Rechtsprechung der in Nr. 2 dieser Vorschrift genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
Saved