Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 P 1119/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 595/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin ab 17. Juli 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt nach Pflegestufe I zusteht.
Die am 1961 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Pflegekasse. Sie leidet an einer angeborenen Hüftluxation mit massiver Fehlstellung beider Beine mit einer Einschränkung der Gehfähigkeit. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche aG und B festgestellt. Sie erhält seit 01. Dezember 2002 Leistungen der Beklagten in Gestalt von Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Der erstmaligen Leistungsgewährung zugrunde lag ein Gutachten der Pflegefachkraft C.-E. K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 02. April 2003 aufgrund einer Untersuchung am 01. April 2003. Als pflegebegründende Diagnosen wurden in dem Gutachten angegeben: Gehbehinderung bei Coxarthrose beidseits, Wirbelsäulen-/Halswirbelsäulen-Syndrom. Hilfebedarf bestehe bei der Körperpflege von täglich 25 Minuten, und zwar einmal täglich die volle Übernahme der Teilwäsche des Unterkörpers mit fünf Minuten Zeitaufwand. Weiter bestehe Hilfebedarf in Form der Teilübernahme beim Duschen, ebenfalls einmal täglich mit einem Zeitaufwand von jeweils 20 Minuten. Hilfebedarf im Bereich der Ernährung bestehe nicht. Im Bereich der Mobilität bestehe Hilfebedarf von täglich 36 Minuten wie folgt: Teilübernahme beim Aufstehen/Zubettgehen achtmal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt 16 Minuten, Teilübernahme beim Ankleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von acht Minuten, Teilübernahme beim Ankleiden des Ober-/Unterkörpers einmal täglich mit einem Zeitaufwand von drei Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von vier Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden von Ober-/Unterkörper einmal täglich mit einem Zeitaufwand von einer Minute, Teilübernahme beim Gehen fünfmal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten sowie Teilübernahme beim Stehen (Transfer) zweimal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt zwei Minuten. Zur Erläuterung wurde angegeben, die Klägerin schwitze stark an den Füßen. Die Füße würden zusätzlich gewaschen und die Socken würden tagsüber gewechselt. In der Nacht sei Begleitung erforderlich, mehrfach in der Woche beim Stehen/Transfer Hilfe gegen Abend. Nächtlicher Grundpflegebedarf bestehe in Form von einmaliger Begleitung zur Toilette. Der Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege betrage insgesamt 61 Minuten pro Tag.
Am 13. Juni 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Höherstufung in Pflegestufe II. Am 20. Juli 2007 legte sie den so genannten Selbstauskunftsbogen vom 17. Juli 2007 ausgefüllt der Beklagten vor und gab an, ihr Zustand habe sich hinsichtlich des Handgelenks, des Sprunggelenks, der chronischen Schmerzen, der Depression und der Einsteifung der Hüftgelenke deutlich verschlechtert. Hilfebedarf bestehe im Bereich der Körperpflege und der Mobilität und zwar 24 Stunden täglich und sieben Tage pro Woche.
Dr. B. vom MDK untersuchte daraufhin am 18. September 2007 die Klägerin und erstattete das Gutachten vom 20. September 2007. Er führte aus, Hilfebedarf bestehe im Bereich der Körperpflege von täglich 31 Minuten in Form der vollen Übernahme der Teilwäsche des Unterkörpers einmal täglich mit fünf Minuten, der Teilübernahme und Unterstützung beim Duschen einmal täglich mit 20 Minuten, einmal wöchentlich bei der Teilübernahme und Unterstützung beim Baden mit tagesdurchschnittlich vier Minuten sowie beim Stuhlgang in Form der Teilübernahme dreimal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten. Im Bereich der Ernährung bestehe kein Hilfebedarf. Im Bereich der Mobilität bestehe insgesamt ein Hilfebedarf von täglich 43 Minuten, und zwar Teilübernahme beim Aufstehen und Zubettgehen zweimal täglich mit einem Zeitaufwand von vier Minuten täglich, Teilübernahme beim Umlagern achtmal täglich mit einem Zeitaufwand von zwölf Minuten täglich, Teilübernahme und Unterstützung beim Ankleiden gesamt einmal täglich mit acht Minuten, Teilübernahme beim Ankleiden von Ober-/Unterkörper einmal täglich mit drei Minuten, Teilübernahme bei Entkleiden gesamt einmal täglich mit vier Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden Ober-/Unterkörper einmal täglich mit zwei Minuten, Teilübernahme beim Gehen einmal täglich mit zwei Minuten sowie volle Übernahme beim Stehen (Transfer) achtmal täglich mit einem täglichen Zeitaufwand von acht Minuten. Nächtlich sei in der Regel einmal Toilettenbegleitung erforderlich. Insgesamt ergebe sich somit ein Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege von 74 Minuten pro Tag. Bei der Klägerin bestünden Mobilitätserschwernisse im Gefolge einer Hüftdysplasie links, mehrfach operiert, hier Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, wohl sekundäre Probleme u.a. auch mit der rechten Hüfte und an der Wirbelsäule. Im Hinblick auf pflegerische Belange bleibe festzuhalten, dass die Klägerin in ihrer Mobilität eingeschränkt sei, jedoch auf der anderen Seite zumindest auf der Ebene der Wohnung selbstständig gehen könne. Die oberen Extremitäten seien nicht stärker betroffen. Wesentliche Mithilfe in der Pflege, in mäßigem Umfang auch stehend in der Küche sowie bisher auch eine gewisse journalistische Berufstätigkeit seien möglich. Hilfen ergingen in erster Linie als Teilhilfen beim Waschen/Duschen/Baden und An- und Auskleiden und bei verschiedenen Lageveränderungen. Diese würden aber weiterhin im Rahmen der Pflegestufe I gesehen.
Im Anschluss trug die Klägerin im Rahmen der Anhörung zu den Ausführungen des Gutachters vor, sie benötige Hilfe beim Treppensteigen. Die nötige Hilfe durch den Lebensgefährten beim Aufstehen vom Sofa mindestens viermal täglich sei im Gutachten nicht berücksichtigt worden. Sie benötige Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, wenn sie, um ihre Restbeweglichkeit zu erhalten, mehrmals wöchentlich ins Schwimmbad gehe oder im Bodensee schwimme. Ihr Lebenspartner müsse ihr bei der Gabe von Medikamenten helfen, da sie diese sonst vergesse. Er reibe ihr außerdem Rücken, rechte und linke Hüfte und Oberschenkel mit schmerzstillenden Salben bzw. entspannenden Salben im Durchschnitt dreimal täglich ein und lege ihr einen Verband an Handgelenk und linkem Arm an. Auf der Toilette benötige sie häufiger Hilfe in Form von Entkleiden des Unterkörpers, Abwischen und wieder Ankleiden. Aufgrund der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Schuhe sei ein starkes Schwitzen der Füße gegeben. Deshalb sei es mehrmals täglich erforderlich, dass sie Hilfe beim Aus- bzw. Anziehen der Socken und der Schuhe sowie auch beim Füße waschen und Abtrocknen benötige. Es entspreche auch nicht ihrer Lebensrealität, dass sie sich nur morgens ankleide und abends ausziehe. Hilfen beim Aus- und Ankleiden benötige sie beispielsweise auch, wenn sie zum Schwimmen gehe. Außerdem trage sie die orthopädischen Straßenschuhe nicht den ganzen Tag. Ein mehrmaliges Wechseln der Schuhe und der Kleidung und die damit verbundene Hilfestellung sei erforderlich. Sie habe bei der Auflösung des Kurmittelhauses in Ü. ein Luftperlbad mit Druckluft erstanden. Dieses Gerät benutze sie viermal wöchentlich. Das erspare beschwerliche Wege in eine krankengymnastische Praxis und erhöhe aber den Hilfebedarf beim Baden. Hilfe beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung benötige sie auch, wenn sie sich an die frische Luft begebe, um dort krankengymnastische Übungen zu verrichten. Für das nächtliche Umlagern müsse ein höherer Zeitbedarf berücksichtigt werden, denn ihr Lebenspartner werde dadurch geweckt, er müsse aufstehen und bis er wieder schlafe, dauere dies seine Zeit. Der nächtliche Toilettengang sei mit Hilfen beim Aufstehen und Zubettgehen verbunden. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand sei nicht berücksichtigt worden. In depressiven Phasen sei bei sämtlichen Tätigkeiten, die Teilhilfen benötigten, volle Unterstützung nötig. Die depressiven Phasen überwögen die nicht depressiven Phasen.
Pflegefachkraft D. Gr. vom MDK untersuchte daraufhin auf Ersuchen der Beklagten die Klägerin am 17. Dezember 2007 und erstattete am 21. Dezember 2007 ein Gutachten. Als pflegebegründende Diagnosen gab sie Mobilitätseinschränkungen bei mehrfach operierter Hüftdysplasie links sowie zeitweise Schmerzen in den Händen an. Eine demenzbedingte Fähigkeitsstörung, geistige Behinderung oder psychische Erkrankung liege nicht vor. Hilfebedarf bestehe im Bereich der Körperpflege von täglich 28 Minuten, und zwar einmal täglich in Form der vollen Übernahme bei Teilwäsche des Unterkörpers mit fünf Minuten Zeitaufwand, sechsmal wöchentlich in Form der vollen Übernahme beim Duschen mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von 17 Minuten, einmal wöchentlich in Form der Teilübernahme beim Baden mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten, beim Wasserlassen in Form der vollen Übernahme dreimal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von einer Minute, beim Stuhlgang in Form der vollen Übernahme dreimal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten sowie in Form der Unterstützung beim Richten der Bekleidung sechsmal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von einer Minute. Die Klägerin halte sich beim Duschen fest und wasche beim Baden den Oberkörper vorne selbst. Sie leide unter vermehrtem Fußschwitzen. Am Abend würden die Füße nochmals gewaschen. Im Bereich der Ernährung bestehe kein Hilfebedarf. Im Bereich der Mobilität bestehe Hilfebedarf von täglich 39 Minuten wie folgt: Unterstützung beim Aufstehen/Zubettgehen zehnmal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt zehn Minuten, volle Übernahme beim Umlagern achtmal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt 16 Minuten täglich, Teilübernahme beim Ankleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von sieben Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von drei Minuten sowie Unterstützung beim Stehen (Transfer) 28-mal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von drei Minuten. Das Ankleiden des Oberkörpers gelinge der Klägerin selbst. Nächtlicher Grundpflegebedarf bestehe im Bereich der Lagerung und des Toilettenganges. Insgesamt ergebe sich somit ein Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege von 67 Minuten pro Tag. Weiter erläuterte die Pflegegutachterin, ein pflegerelevanter Mehrhilfebedarf lasse sich nicht feststellen. Nicht erkennbar sei eine dauerhafte Beeinträchtigung in der Selbstpflege durch die phasenweise auftretende Depressivität. Hilfebedarf beim Treppensteigen oder beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Schwimmen stellten keine Hilfe im Sinne des Sozialgesetzbuches Elftes Buch (SGB XI) dar. Medikamentengabe, Einreibungen und Anlegen von Verbänden könnten nicht berücksichtigt werden, da diese nicht der Grund-, sondern der Behandlungspflege zuzuordnen seien. Die Zeit zum Wecken der Pflegeperson und Einschlafzeit der Pflegeperson könnten keine Berücksichtigung finden, ebenso wie Anwendung des Sprudelbades zur Lockerung der Muskulatur und krankengymnastische Übungen an der frischen Luft.
Mit Bescheid vom 04. Februar 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Höherstufung vom 13. Juni 2007 ab. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2008 den Widerspruch zurück. Die Begutachtung durch den MDK habe zunächst im Gutachten vom 20. September 2007 einen täglichen grundpflegerischen Hilfebedarf von 74 Minuten in den Bereich Körperpflege und Mobilität ergeben, bei der Begutachtung vom 21. Dezember 2007 von 67 Minuten. Damit sei der für die Pflegestufe II erforderliche grundpflegerische Hilfebedarf von 120 Minuten nicht erreicht und es liege keine Schwerpflegebedürftigkeit vor. Hilfebedarf beim Umlagern und beim nächtlichen Toilettengang sei berücksichtigt worden. Ergänzend zu den Ausführungen in dem MDK-Gutachten werde auf Folgendes verwiesen: Zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zählten nach den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) nur solche Verrichtungen, die das persönliche Erscheinen des Antragstellers notwendig machten und die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich seien, wie das Aufsuchen von Ärzten, Behörden oder die Inanspruchnahme ärztlich veranlasster Therapien. Hilfen bei Gängen zum Schwimmen oder zu Spaziergängen, bei denen die Klägerin krankengymnastische Übungen absolviere, gehörten hierzu nicht. Hilfebedarf beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung sei daher nicht anzuerkennen gewesen.
Am 18. April 2008 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Trotz Fristverlängerung legte die Klägerin keine Begründung ihrer Klage vor.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Inhalt ihrer Akten, insbesondere den Widerspruchsbescheid vom 10. April 2008 entgegen.
Nach entsprechender Ankündigung vom 26. September 2008 wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 03. Dezember 2008 die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die übereinstimmenden Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren von Dr. B. und der Pflegefachkraft Gr., die im Wege des Urkundenbeweises verwertet worden seien, kämen auf einen täglichen Grundpflegebedarf von deutlich unter 120 Minuten. Zutreffend habe die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass Hilfestellungen beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung nur dann einzubeziehen seien, wenn sie für die Aufrechterhaltung der Lebensführung unumgänglich seien (z.B. Arzt-, Apotheken- und Behördenbesuche). Behandlungspflege unterfalle nicht der Pflege-, sondern der Krankenversicherung. Ebenso seien Hilfen bei der Benutzung des Luftsprudelbades, das nicht dem Waschen, sondern der Muskellockerung diene, weder der Körperpflege noch der Mobilität zuzuordnen. Es sei weiter weder ersichtlich noch näher vorgetragen, dass die geltend gemachte phasenweise Depressivität nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer, d.h. für voraussichtlich mindestens sechs Monate (vgl. § 14 Abs.1 SGB XI), einen erheblichen Hilfebedarf begründe. Ebenso sei beim nächtlichen Umlagern nur die Zeit für die Verrichtung selbst relevant. Soweit die Klägerin nicht berücksichtigte Hilfen beim An- und Ausziehen, Toilettengängen und Schuhwechsel geltend gemacht habe, könne dahinstehen, ob diese in diesem Umfang tatsächlich notwendig seien. Jedenfalls würden dadurch noch nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe II erreicht werden, dafür fehlten nämlich nach dem vorliegenden Gutachten noch etwa 50 Minuten täglicher Pflegebedarf in der Grundpflege.
Gegen den am 05. Dezember 2008 ihr zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 05. Januar 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, ihr Gesundheitszustand habe sich zusehends verschlechtert. Inzwischen beziehe sie seit Mai 2008 auch eine Rente wegen Erwerbsminderung. Es seien in den letzten Jahren demenzielle Störungen hinzugekommen. Sie hat hierzu ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 18. Februar 2008 (Untersuchung am 14. Februar 2008) vorgelegt. Die Mobilität sei zunehmend eingeschränkt und sehr schmerzhaft, was sich auch auf die psychische Befindlichkeit auswirke. Hierzu hat sie einen Bericht von Dr. A., Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und Schmerztherapie des Krankenhauses S. GmbH, vom 17. November 2006 über eine dortige Vorstellung am 08. November 2006 vorgelegt. Sie sei umfangreich auf ihren Lebenspartner angewiesen, auch wegen ihrer Vergesslichkeit und ihrer Depression. Dessen Betreuungsleistungen seien übersehen worden. Auch der Hilfebedarf beim Wasserlassen, beim Stuhlgang und beim Ankleiden sei nicht in ausreichendem Umfang anerkannt worden. Auch das Füße waschen falle täglich zweimal an. Auch der Pflegeaufwand beim Luftperlbad sei zu berücksichtigen. Auch für Aufstehen und Zubettgehen, Umlagern sowie An- und Entkleiden falle ein größerer Zeitaufwand an. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass für einmal wöchentlich erforderliches Aufsuchen des Arztes Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung benötigt werde. Durch die stete Verschlechterung im Bereich der Hüfte sei ihre Bein-, Becken- und Rückenmuskulatur geschwächt und eine Instabilität im Gang die Folge. Bei ihr kämen auch pflegeerschwerende Faktoren dazu, die die zeitlich üblichen Zeitkorridore erhöhten: Einsteifung der großen Gelenke (Hüfte), eingeschränkte Belastbarkeit durch schmerzhafte Hüftdysplasie, starke therapieresistente Schmerzen, pflegebehindernde räumliche Verhältnisse (Badewanne, die für sie aufgrund der körperlichen Behinderung nur schwer und nur mit Hilfe des Lebenspartners "zu besteigen" sei). Der Zeitaufwand für die Grundpflege betrage 227 Minuten täglich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03. Dezember 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt nach der Pflegestufe I für die Zeit ab 17. Juli 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, Hilfebedarf in Phasen einer akuten Depression oder auftretender Vergesslichkeit sei nicht zu berücksichtigen, da er nicht das Merkmal "auf Dauer" erfülle. Ein mindestens einmal wöchentliches Aufsuchen von Ärzten, Behörden oder ärztlich veranlassten Therapien liege nicht vor, sodass hierfür nach den Begutachtungs-Richtlinien jedenfalls kein weiterer Hilfebedarf berücksichtigt werden könne. Hilfe beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang sei deshalb nicht täglich berücksichtigt worden, weil die Klägerin angegeben habe, dass "je nach Schmerzen in den Händen" teilweise die Säuberung nach dem Toilettenbesuch übernommen werden müsse. Hilfebedarf beim Duschen sei nur sechsmal wöchentlich zu berücksichtigen, da einmal wöchentlich das Baden diesen Hilfebedarf ersetze. Hilfebedarf beim Gehen sei zu Recht nicht berücksichtigt worden, da sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Begutachtung selbstständig in der Wohnung bewegt habe.
Der Senat hat den Hausarzt der Klägerin, Arzt für Allgemeinmedizin und Chirurgie Dr. Freibauer, als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Er hat über fortlaufende Behandlung seit September 2005 berichtet, und zwar über Behandlungstermine am 01. September 2005, 18. April 2006, 16. Mai 2006, 26. Juni 2006, 18. Dezember 2007, 20. Dezember 2007, 16. Dezember 2008, 12. März 2009, 13. März 2009 und 25. März 2009. Dr. Freibauer hat u.a. die Berichte des Dr. A. vom 17. November 2006, des Dr. Br., Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und Schmerztherapie des Krankenhauses S. GmbH, vom 04. Februar 2008 (dortige Vorstellung am 24. Januar 2008) und der Fachärztin für Neurologie Dr. P. vom 20. Mai 2008 vorgelegt.
In einem Erörterungstermin am 15. September 2009, zu dem niemand erschienen ist - die Klägerin hat eine nervenärztliche Bescheinigung von Dr. Z. vom 10. September 2009 vorgelegt, wonach sie aus Krankheitsgründen zu dem Termin nicht erscheinen könne - hat der damalige Berichterstatter des Senats Hinweise zur Sach- und Rechtslage gegeben.
Klägerin und Beklagte haben sich mit einer Entscheidung durch den Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über welche der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 03.Dezember 2008 ist auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens nicht zu beanstanden. Der ablehnende Bescheid vom 28. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2008 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, statt des bereits gezahlten Pflegegeldes nach Pflegestufe I ab 17. Juli 2007 Pflegegeld nach Pflegestufe II von der Beklagten zu erhalten.
Gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (Bundessozialgericht (BSG) SozR 1300 § 48 Nr. 22). Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bzw. des Aufhebungstermins bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Als Vergleichsmaßstab sind somit hier die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Pflegegeld - der entsprechende Bewilligungsbescheid über Pflegegeld ab 01. Dezember 2002 befindet sich nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte - aufgrund des Gutachtens der Pflegefachkraft K. vom 01. April 2003 vorgelegen haben.
Eine wesentliche Änderung in diesem Sinne ist im Pflegebedarf der Klägerin nicht festzustellen.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Zur Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinien zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungsrichtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend und ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen ein Pflegebedarf von zwei Stunden in der Grundpflege Voraussetzung für eine Höherstufung in die Pflegestufe II - nicht erreicht ist. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids vom 03. Dezember 2008 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen: Auch die im Berufungsverfahren noch zusätzlich eingereichten Unterlagen rechtfertigen nicht die Feststellung im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI, dass bei der Klägerin ein zeitlich umfangreicherer Pflegeaufwand wegen ihrer Depressivität oder Demenz bestand oder auf Dauer bestehen wird. Das Erfordernis der Dauerhaftigkeit wirkt sich nämlich nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-3300 § 15 Nr. 1) nicht nur auf die Beurteilung aus, ob überhaupt Pflegebedürftigkeit besteht, sondern auch auf die Zuordnung zu einer der Pflegestufen des § 15 Abs. 1 SGB XI. Zwar hat Neurologe und Psychiater Dr. M. in seinem Gutachten vom 18. Februar 2008 eine Demenz unklarer Genese diagnostiziert. Im Bericht der Fachärztin für Neurologie Dr. P. vom 20. Mai 2008 hingegen wird eine Demenz nicht erwähnt. Vielmehr stand hier eine zum damaligen Zeitpunkt als mittelgradig angesehene depressive Episode mit Verdacht auf bipolare Störung im Vordergrund. Die Klägerin beklagt u.a., aufgrund ihres seelischen Zustandes nur noch unter Beaufsichtigung und Anleitung durch den Lebenspartner zu Arbeiten im Haushalt imstande zu sein. Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ist jedoch von dem Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege zu trennen (vgl. § 15 SGB XI). Konkrete Auswirkungen auf den Pflegebedarf im Bereich des Waschens, der Toilettengänge des An- und Entkleidens, des Stehens, des Aufstehens und Zubettgehens sowie des Umlagerns sind aufgrund der wohl in wechselnder Ausprägung längerfristig vorhandenen Depressionen nicht erkennbar. Eine manifeste Demenzerkrankung ist allein aufgrund der Einschätzung des Gutachters Dr. M. für die Deutsche Rentenversicherung Bund anlässlich einer einzigen gutachtlichen Untersuchung nicht gesichert.
Die Feststellung einer Erwerbsminderung durch die gesetzliche Rentenversicherung trifft noch keine Aussage über den konkreten Pflegebedarf bei einzelnen pflegerelevanten Verrichtungen.
Zutreffend haben Beklagte und SG auch ausgeführt, dass Verbandswechsel oder die Durchführung des Luftsprudelbades Maßnahmen der Behandlungspflege sind, die nicht als Pflegemaßnahmen im Sinne des SGB XI berücksichtigt werden können. Insbesondere handelt es sich weder bei den Luftsprudelbädern noch beim Verbandswechsel oder dem Auftragen von Salben um integrale Bestandteile von Verrichtungen aus dem Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI und auch nicht um Maßnahmen, die in unmittelbarem zeitlichem oder sachlichem Zusammenhang mit einer Katalogverrichtung erforderlich werden. Ein zeitlicher Zusammenhang mit einer Verrichtung reicht hierbei nur dann aus, wenn die zeitgleiche Durchführung einer krankheitsspezifischen Maßnahme mit der Verrichtung objektiv erforderlich ist. Bei dem Luftsprudelbad handelt es sich aber gerade nicht um Körperpflege. Den Zeitaufwand für einmal wöchentliches "normales" Baden hat die Beklagte in den angefochtenen Entscheidungen berücksichtigt. Die Klägerin selbst hat mit Schreiben vom 26. Juli 2009 an das Gericht bestätigt, das Luftsprudelbad diene nicht der Körperpflege, sondern der Lockerung der Muskulatur und der Schmerzlinderung.
Bei ihren Einwendungen zum benötigten Zeitaufwand im Bereich der Toilettengänge übersieht die Klägerin, dass Verrichtungen, die der Betroffene selbst, wenn auch mit gegenüber einem Gesunden erhöhtem Zeitaufwand bewältigt, keinen Pflegebedarf im Sinne des § 14 SGB XI begründen. Die Hilfe im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI besteht vielmehr in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen (§ 14 Abs. 3 SGB XI). Der von den Gutachtern Dr. B. und Pflegefachkraft Gr. angesetzte Zeitaufwand beruht auf den eigenen Angaben der Klägerin, dass Hilfebedarf nicht stets beim Toilettengang bestehe, sondern nur nach Bedarf. So führt Dr. B. im Gutachten vom 20. September 2007 aus, in diesem Bereich bestehe überwiegend Selbstversorgung. Mitunter dann, wenn die Klägerin beispielsweise stärkere Probleme an der Hand habe, benötige sie auch Abputzhilfe seitens des Lebensgefährten. Verschlechterungen des Gesundheitszustandes, die sich in diesem Bereich auswirken könnten, sind der Auskunft des Hausarztes Dr. Freibauer und auch dem Arztbericht aus dem Krankenhaus S. vom 04. Februar 2008 nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für den von der Klägerin angegebenen erhöhten Aufwand in den Bereichen der Körperwäsche und der Mobilität. Hierbei ist zunächst wieder zu berücksichtigen, dass ein für die Klägerin selbst entstehender erhöhter Zeitaufwand etwa durch das Tragen mehrerer Pullover übereinander nicht dazu führt, dass sich der Pflegeaufwand im Sinne des § 14 SGB XI erhöhen würde.
Ein Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ist nicht in Ansatz zu bringen. Hilfe im Bereich der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung bei der Verrichtung Verlassen und Wiederaufsuchens der Wohnung ist jedenfalls als Pflegebedarf der sozialen Pflegeversicherung nur berücksichtigungsfähig, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden (grundlegend dazu BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 5 und 6 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Denn nicht bestätigt hat sich das Vorbringen der Klägerin zur häufigen Notwendigkeit der Begleitung zu Arztbesuchen. Vielmehr liegen zwischen den Arztbesuchen bei Dr. Freibauer nach dessen Auskunft vom 17. Juni 2009 vielfach Abstände von mehreren Monaten. Zwischen Dezember 2007 und Dezember 2008 wurde für fast ein Jahr lang der Hausarzt nicht aufgesucht. Auch fachärztliche Behandlungen fanden offenkundig nur vereinzelt statt. Ein mindestens einmal wöchentlicher Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Arztbesuche oder das Aufsuchen ärztlich verordneter Behandlungen ist daher nicht gegeben. Die Unterstützung des Pflegebedürftigen beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Zwecke von Spaziergängen, Krankengymnastik im Freien oder Schwimmbadbesuchen ist im Rahmen des § 14 SGB XI nicht berücksichtigungsfähig (vgl. etwa Udsching, in: Udsching u.a., SGB XI, Kommentar, 3. Aufl. 2010, § 14 Rdnr. 40 m.w.N.; zu Spaziergängen vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 16). Eine ärztliche Verordnung des angegebenen Schwimmens im Bodensee oder im Schwimmbad ist nicht vorgelegt worden und auch nicht erkennbar. Insbesondere wird solches auch weder vom Hausarzt noch von der Schmerzambulanz erwähnt.
Hinsichtlich des sonstigen Pflegebedarfs im Bereich der Körperpflege und der Mobilität sind medizinisch begründete Gesichtspunkte für einen gegenüber den Feststellungen der Pflegegutachter des MDK erhöhten Pflegebedarf weiterhin nicht ersichtlich. Nachvollziehbar ist insbesondere auch, dass nur sechsmal wöchentlich Hilfe beim Duschen benötigt wird, wenn am siebten Tag ein Bad genommen und der hierfür erforderliche Pflegeaufwand berücksichtigt wird. Gehen kann die Klägerin, wenn auch wohl mühsam, unter Zuhilfenahme von Unterarmgehstützen selbst (vgl. auch etwa das Gutachten von Dr. M.). Bezüglich der erhebbaren körperlichen Befunde ergab sich auch im Bericht des Krankenhauses S. vom 04. Februar 2008 gegenüber November 2006 keine Veränderung. Die Notwendigkeit zusätzlicher Pflegemaßnahmen wegen starken Schwitzens an den Füßen haben die Pflegegutachter des MDK berücksichtigt, ebenso die Erschwernisse beim Duschen durch die Notwendigkeit der Benutzung der Badewanne hierzu. Ein zusätzlicher Zeitaufwand durch den Wechsel etwa zwischen bequemerer in der Wohnung getragener Kleidung (Jogginghose) und Straßenkleidung beim Verlassen der Wohnung kann ebenfalls nicht als den Pflegeaufwand erhöhend berücksichtigt werden. Anziehen von Straßenkleidung im Austausch gegen die zuvor in der Wohnung getragene Tageskleidung, um dann Freizeitaktivitäten außerhalb des Hauses wie etwa Schwimmen oder Spazierengehen nachzugehen ist im Rahmen der Pflegeversicherung nicht zu berücksichtigen. Ein solches Anziehen wäre nur dann mit einzurechnen, wenn beispielsweise ein bei der Grundpflege zu berücksichtigendes Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung vorläge. Dieses Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI bezieht sich aber - wie dargelegt - nur auf solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen, wie das Verlassen der Wohnung, um Ärzte, Krankengymnasten, Sprachtherapeuten, Apotheken oder Behörden aufzusuchen (Urteil des Senats vom 23. Juni 2006, L 4 P 723/05, veröffentlicht in Juris). In gleicher Weise ist zusätzlicher Zeitaufwand für das Ent- oder Ankleiden im Zusammenhang mit dem Luftperlbad nicht berücksichtigungsfähig. Objektive medizinische Befunde, die den von der Klägerin angegebenen zeitlich umfangreicheren Hilfebedarf beim An- und Entkleiden begründen könnten, sind ebenfalls nach wie vor nicht ersichtlich. Maßgeblich ist auch hier nicht, wie lange die Klägerin selbst für entsprechende Verrichtungen benötigt, sondern in welchem zeitlichen Umfang sie Hilfe bei diesen Verrichtungen benötigt. Dabei ist im Rahmen des § 14 SGB XI nur der Zeitaufwand für die Verrichtung selbst zu berücksichtigen.
Insgesamt würde selbst ein geringfügig erhöhter Zeitaufwand im Bereich der Körperpflege oder der Mobilität den nötigen Gesamtpflegeaufwand im Bereich der Grundpflege von 120 Minuten tagesdurchschnittlich nicht begründen können. Vielmehr stellt der Senat auch unter Berücksichtigung des Vortrags und der Sachverhaltsermittlungen im Berufungsverfahren fest, dass - den Begutachtungen durch den MDK folgend - bei weitgehend unverändertem medizinischem Sachverhalt ein Grundpflegeaufwand im Umfang von mindestens 120 Minuten täglich derzeit nicht erreicht wird.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin ab 17. Juli 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt nach Pflegestufe I zusteht.
Die am 1961 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Pflegekasse. Sie leidet an einer angeborenen Hüftluxation mit massiver Fehlstellung beider Beine mit einer Einschränkung der Gehfähigkeit. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche aG und B festgestellt. Sie erhält seit 01. Dezember 2002 Leistungen der Beklagten in Gestalt von Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Der erstmaligen Leistungsgewährung zugrunde lag ein Gutachten der Pflegefachkraft C.-E. K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 02. April 2003 aufgrund einer Untersuchung am 01. April 2003. Als pflegebegründende Diagnosen wurden in dem Gutachten angegeben: Gehbehinderung bei Coxarthrose beidseits, Wirbelsäulen-/Halswirbelsäulen-Syndrom. Hilfebedarf bestehe bei der Körperpflege von täglich 25 Minuten, und zwar einmal täglich die volle Übernahme der Teilwäsche des Unterkörpers mit fünf Minuten Zeitaufwand. Weiter bestehe Hilfebedarf in Form der Teilübernahme beim Duschen, ebenfalls einmal täglich mit einem Zeitaufwand von jeweils 20 Minuten. Hilfebedarf im Bereich der Ernährung bestehe nicht. Im Bereich der Mobilität bestehe Hilfebedarf von täglich 36 Minuten wie folgt: Teilübernahme beim Aufstehen/Zubettgehen achtmal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt 16 Minuten, Teilübernahme beim Ankleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von acht Minuten, Teilübernahme beim Ankleiden des Ober-/Unterkörpers einmal täglich mit einem Zeitaufwand von drei Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von vier Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden von Ober-/Unterkörper einmal täglich mit einem Zeitaufwand von einer Minute, Teilübernahme beim Gehen fünfmal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten sowie Teilübernahme beim Stehen (Transfer) zweimal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt zwei Minuten. Zur Erläuterung wurde angegeben, die Klägerin schwitze stark an den Füßen. Die Füße würden zusätzlich gewaschen und die Socken würden tagsüber gewechselt. In der Nacht sei Begleitung erforderlich, mehrfach in der Woche beim Stehen/Transfer Hilfe gegen Abend. Nächtlicher Grundpflegebedarf bestehe in Form von einmaliger Begleitung zur Toilette. Der Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege betrage insgesamt 61 Minuten pro Tag.
Am 13. Juni 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Höherstufung in Pflegestufe II. Am 20. Juli 2007 legte sie den so genannten Selbstauskunftsbogen vom 17. Juli 2007 ausgefüllt der Beklagten vor und gab an, ihr Zustand habe sich hinsichtlich des Handgelenks, des Sprunggelenks, der chronischen Schmerzen, der Depression und der Einsteifung der Hüftgelenke deutlich verschlechtert. Hilfebedarf bestehe im Bereich der Körperpflege und der Mobilität und zwar 24 Stunden täglich und sieben Tage pro Woche.
Dr. B. vom MDK untersuchte daraufhin am 18. September 2007 die Klägerin und erstattete das Gutachten vom 20. September 2007. Er führte aus, Hilfebedarf bestehe im Bereich der Körperpflege von täglich 31 Minuten in Form der vollen Übernahme der Teilwäsche des Unterkörpers einmal täglich mit fünf Minuten, der Teilübernahme und Unterstützung beim Duschen einmal täglich mit 20 Minuten, einmal wöchentlich bei der Teilübernahme und Unterstützung beim Baden mit tagesdurchschnittlich vier Minuten sowie beim Stuhlgang in Form der Teilübernahme dreimal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten. Im Bereich der Ernährung bestehe kein Hilfebedarf. Im Bereich der Mobilität bestehe insgesamt ein Hilfebedarf von täglich 43 Minuten, und zwar Teilübernahme beim Aufstehen und Zubettgehen zweimal täglich mit einem Zeitaufwand von vier Minuten täglich, Teilübernahme beim Umlagern achtmal täglich mit einem Zeitaufwand von zwölf Minuten täglich, Teilübernahme und Unterstützung beim Ankleiden gesamt einmal täglich mit acht Minuten, Teilübernahme beim Ankleiden von Ober-/Unterkörper einmal täglich mit drei Minuten, Teilübernahme bei Entkleiden gesamt einmal täglich mit vier Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden Ober-/Unterkörper einmal täglich mit zwei Minuten, Teilübernahme beim Gehen einmal täglich mit zwei Minuten sowie volle Übernahme beim Stehen (Transfer) achtmal täglich mit einem täglichen Zeitaufwand von acht Minuten. Nächtlich sei in der Regel einmal Toilettenbegleitung erforderlich. Insgesamt ergebe sich somit ein Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege von 74 Minuten pro Tag. Bei der Klägerin bestünden Mobilitätserschwernisse im Gefolge einer Hüftdysplasie links, mehrfach operiert, hier Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, wohl sekundäre Probleme u.a. auch mit der rechten Hüfte und an der Wirbelsäule. Im Hinblick auf pflegerische Belange bleibe festzuhalten, dass die Klägerin in ihrer Mobilität eingeschränkt sei, jedoch auf der anderen Seite zumindest auf der Ebene der Wohnung selbstständig gehen könne. Die oberen Extremitäten seien nicht stärker betroffen. Wesentliche Mithilfe in der Pflege, in mäßigem Umfang auch stehend in der Küche sowie bisher auch eine gewisse journalistische Berufstätigkeit seien möglich. Hilfen ergingen in erster Linie als Teilhilfen beim Waschen/Duschen/Baden und An- und Auskleiden und bei verschiedenen Lageveränderungen. Diese würden aber weiterhin im Rahmen der Pflegestufe I gesehen.
Im Anschluss trug die Klägerin im Rahmen der Anhörung zu den Ausführungen des Gutachters vor, sie benötige Hilfe beim Treppensteigen. Die nötige Hilfe durch den Lebensgefährten beim Aufstehen vom Sofa mindestens viermal täglich sei im Gutachten nicht berücksichtigt worden. Sie benötige Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, wenn sie, um ihre Restbeweglichkeit zu erhalten, mehrmals wöchentlich ins Schwimmbad gehe oder im Bodensee schwimme. Ihr Lebenspartner müsse ihr bei der Gabe von Medikamenten helfen, da sie diese sonst vergesse. Er reibe ihr außerdem Rücken, rechte und linke Hüfte und Oberschenkel mit schmerzstillenden Salben bzw. entspannenden Salben im Durchschnitt dreimal täglich ein und lege ihr einen Verband an Handgelenk und linkem Arm an. Auf der Toilette benötige sie häufiger Hilfe in Form von Entkleiden des Unterkörpers, Abwischen und wieder Ankleiden. Aufgrund der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Schuhe sei ein starkes Schwitzen der Füße gegeben. Deshalb sei es mehrmals täglich erforderlich, dass sie Hilfe beim Aus- bzw. Anziehen der Socken und der Schuhe sowie auch beim Füße waschen und Abtrocknen benötige. Es entspreche auch nicht ihrer Lebensrealität, dass sie sich nur morgens ankleide und abends ausziehe. Hilfen beim Aus- und Ankleiden benötige sie beispielsweise auch, wenn sie zum Schwimmen gehe. Außerdem trage sie die orthopädischen Straßenschuhe nicht den ganzen Tag. Ein mehrmaliges Wechseln der Schuhe und der Kleidung und die damit verbundene Hilfestellung sei erforderlich. Sie habe bei der Auflösung des Kurmittelhauses in Ü. ein Luftperlbad mit Druckluft erstanden. Dieses Gerät benutze sie viermal wöchentlich. Das erspare beschwerliche Wege in eine krankengymnastische Praxis und erhöhe aber den Hilfebedarf beim Baden. Hilfe beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung benötige sie auch, wenn sie sich an die frische Luft begebe, um dort krankengymnastische Übungen zu verrichten. Für das nächtliche Umlagern müsse ein höherer Zeitbedarf berücksichtigt werden, denn ihr Lebenspartner werde dadurch geweckt, er müsse aufstehen und bis er wieder schlafe, dauere dies seine Zeit. Der nächtliche Toilettengang sei mit Hilfen beim Aufstehen und Zubettgehen verbunden. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand sei nicht berücksichtigt worden. In depressiven Phasen sei bei sämtlichen Tätigkeiten, die Teilhilfen benötigten, volle Unterstützung nötig. Die depressiven Phasen überwögen die nicht depressiven Phasen.
Pflegefachkraft D. Gr. vom MDK untersuchte daraufhin auf Ersuchen der Beklagten die Klägerin am 17. Dezember 2007 und erstattete am 21. Dezember 2007 ein Gutachten. Als pflegebegründende Diagnosen gab sie Mobilitätseinschränkungen bei mehrfach operierter Hüftdysplasie links sowie zeitweise Schmerzen in den Händen an. Eine demenzbedingte Fähigkeitsstörung, geistige Behinderung oder psychische Erkrankung liege nicht vor. Hilfebedarf bestehe im Bereich der Körperpflege von täglich 28 Minuten, und zwar einmal täglich in Form der vollen Übernahme bei Teilwäsche des Unterkörpers mit fünf Minuten Zeitaufwand, sechsmal wöchentlich in Form der vollen Übernahme beim Duschen mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von 17 Minuten, einmal wöchentlich in Form der Teilübernahme beim Baden mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten, beim Wasserlassen in Form der vollen Übernahme dreimal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von einer Minute, beim Stuhlgang in Form der vollen Übernahme dreimal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von zwei Minuten sowie in Form der Unterstützung beim Richten der Bekleidung sechsmal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von einer Minute. Die Klägerin halte sich beim Duschen fest und wasche beim Baden den Oberkörper vorne selbst. Sie leide unter vermehrtem Fußschwitzen. Am Abend würden die Füße nochmals gewaschen. Im Bereich der Ernährung bestehe kein Hilfebedarf. Im Bereich der Mobilität bestehe Hilfebedarf von täglich 39 Minuten wie folgt: Unterstützung beim Aufstehen/Zubettgehen zehnmal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt zehn Minuten, volle Übernahme beim Umlagern achtmal täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt 16 Minuten täglich, Teilübernahme beim Ankleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von sieben Minuten, Teilübernahme beim Entkleiden gesamt einmal täglich mit einem Zeitaufwand von drei Minuten sowie Unterstützung beim Stehen (Transfer) 28-mal wöchentlich mit einem tagesdurchschnittlichen Zeitaufwand von drei Minuten. Das Ankleiden des Oberkörpers gelinge der Klägerin selbst. Nächtlicher Grundpflegebedarf bestehe im Bereich der Lagerung und des Toilettenganges. Insgesamt ergebe sich somit ein Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege von 67 Minuten pro Tag. Weiter erläuterte die Pflegegutachterin, ein pflegerelevanter Mehrhilfebedarf lasse sich nicht feststellen. Nicht erkennbar sei eine dauerhafte Beeinträchtigung in der Selbstpflege durch die phasenweise auftretende Depressivität. Hilfebedarf beim Treppensteigen oder beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Schwimmen stellten keine Hilfe im Sinne des Sozialgesetzbuches Elftes Buch (SGB XI) dar. Medikamentengabe, Einreibungen und Anlegen von Verbänden könnten nicht berücksichtigt werden, da diese nicht der Grund-, sondern der Behandlungspflege zuzuordnen seien. Die Zeit zum Wecken der Pflegeperson und Einschlafzeit der Pflegeperson könnten keine Berücksichtigung finden, ebenso wie Anwendung des Sprudelbades zur Lockerung der Muskulatur und krankengymnastische Übungen an der frischen Luft.
Mit Bescheid vom 04. Februar 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Höherstufung vom 13. Juni 2007 ab. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2008 den Widerspruch zurück. Die Begutachtung durch den MDK habe zunächst im Gutachten vom 20. September 2007 einen täglichen grundpflegerischen Hilfebedarf von 74 Minuten in den Bereich Körperpflege und Mobilität ergeben, bei der Begutachtung vom 21. Dezember 2007 von 67 Minuten. Damit sei der für die Pflegestufe II erforderliche grundpflegerische Hilfebedarf von 120 Minuten nicht erreicht und es liege keine Schwerpflegebedürftigkeit vor. Hilfebedarf beim Umlagern und beim nächtlichen Toilettengang sei berücksichtigt worden. Ergänzend zu den Ausführungen in dem MDK-Gutachten werde auf Folgendes verwiesen: Zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zählten nach den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) nur solche Verrichtungen, die das persönliche Erscheinen des Antragstellers notwendig machten und die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich seien, wie das Aufsuchen von Ärzten, Behörden oder die Inanspruchnahme ärztlich veranlasster Therapien. Hilfen bei Gängen zum Schwimmen oder zu Spaziergängen, bei denen die Klägerin krankengymnastische Übungen absolviere, gehörten hierzu nicht. Hilfebedarf beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung sei daher nicht anzuerkennen gewesen.
Am 18. April 2008 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Trotz Fristverlängerung legte die Klägerin keine Begründung ihrer Klage vor.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Inhalt ihrer Akten, insbesondere den Widerspruchsbescheid vom 10. April 2008 entgegen.
Nach entsprechender Ankündigung vom 26. September 2008 wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 03. Dezember 2008 die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die übereinstimmenden Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren von Dr. B. und der Pflegefachkraft Gr., die im Wege des Urkundenbeweises verwertet worden seien, kämen auf einen täglichen Grundpflegebedarf von deutlich unter 120 Minuten. Zutreffend habe die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass Hilfestellungen beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung nur dann einzubeziehen seien, wenn sie für die Aufrechterhaltung der Lebensführung unumgänglich seien (z.B. Arzt-, Apotheken- und Behördenbesuche). Behandlungspflege unterfalle nicht der Pflege-, sondern der Krankenversicherung. Ebenso seien Hilfen bei der Benutzung des Luftsprudelbades, das nicht dem Waschen, sondern der Muskellockerung diene, weder der Körperpflege noch der Mobilität zuzuordnen. Es sei weiter weder ersichtlich noch näher vorgetragen, dass die geltend gemachte phasenweise Depressivität nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer, d.h. für voraussichtlich mindestens sechs Monate (vgl. § 14 Abs.1 SGB XI), einen erheblichen Hilfebedarf begründe. Ebenso sei beim nächtlichen Umlagern nur die Zeit für die Verrichtung selbst relevant. Soweit die Klägerin nicht berücksichtigte Hilfen beim An- und Ausziehen, Toilettengängen und Schuhwechsel geltend gemacht habe, könne dahinstehen, ob diese in diesem Umfang tatsächlich notwendig seien. Jedenfalls würden dadurch noch nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe II erreicht werden, dafür fehlten nämlich nach dem vorliegenden Gutachten noch etwa 50 Minuten täglicher Pflegebedarf in der Grundpflege.
Gegen den am 05. Dezember 2008 ihr zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 05. Januar 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, ihr Gesundheitszustand habe sich zusehends verschlechtert. Inzwischen beziehe sie seit Mai 2008 auch eine Rente wegen Erwerbsminderung. Es seien in den letzten Jahren demenzielle Störungen hinzugekommen. Sie hat hierzu ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 18. Februar 2008 (Untersuchung am 14. Februar 2008) vorgelegt. Die Mobilität sei zunehmend eingeschränkt und sehr schmerzhaft, was sich auch auf die psychische Befindlichkeit auswirke. Hierzu hat sie einen Bericht von Dr. A., Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und Schmerztherapie des Krankenhauses S. GmbH, vom 17. November 2006 über eine dortige Vorstellung am 08. November 2006 vorgelegt. Sie sei umfangreich auf ihren Lebenspartner angewiesen, auch wegen ihrer Vergesslichkeit und ihrer Depression. Dessen Betreuungsleistungen seien übersehen worden. Auch der Hilfebedarf beim Wasserlassen, beim Stuhlgang und beim Ankleiden sei nicht in ausreichendem Umfang anerkannt worden. Auch das Füße waschen falle täglich zweimal an. Auch der Pflegeaufwand beim Luftperlbad sei zu berücksichtigen. Auch für Aufstehen und Zubettgehen, Umlagern sowie An- und Entkleiden falle ein größerer Zeitaufwand an. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass für einmal wöchentlich erforderliches Aufsuchen des Arztes Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung benötigt werde. Durch die stete Verschlechterung im Bereich der Hüfte sei ihre Bein-, Becken- und Rückenmuskulatur geschwächt und eine Instabilität im Gang die Folge. Bei ihr kämen auch pflegeerschwerende Faktoren dazu, die die zeitlich üblichen Zeitkorridore erhöhten: Einsteifung der großen Gelenke (Hüfte), eingeschränkte Belastbarkeit durch schmerzhafte Hüftdysplasie, starke therapieresistente Schmerzen, pflegebehindernde räumliche Verhältnisse (Badewanne, die für sie aufgrund der körperlichen Behinderung nur schwer und nur mit Hilfe des Lebenspartners "zu besteigen" sei). Der Zeitaufwand für die Grundpflege betrage 227 Minuten täglich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03. Dezember 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt nach der Pflegestufe I für die Zeit ab 17. Juli 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, Hilfebedarf in Phasen einer akuten Depression oder auftretender Vergesslichkeit sei nicht zu berücksichtigen, da er nicht das Merkmal "auf Dauer" erfülle. Ein mindestens einmal wöchentliches Aufsuchen von Ärzten, Behörden oder ärztlich veranlassten Therapien liege nicht vor, sodass hierfür nach den Begutachtungs-Richtlinien jedenfalls kein weiterer Hilfebedarf berücksichtigt werden könne. Hilfe beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang sei deshalb nicht täglich berücksichtigt worden, weil die Klägerin angegeben habe, dass "je nach Schmerzen in den Händen" teilweise die Säuberung nach dem Toilettenbesuch übernommen werden müsse. Hilfebedarf beim Duschen sei nur sechsmal wöchentlich zu berücksichtigen, da einmal wöchentlich das Baden diesen Hilfebedarf ersetze. Hilfebedarf beim Gehen sei zu Recht nicht berücksichtigt worden, da sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Begutachtung selbstständig in der Wohnung bewegt habe.
Der Senat hat den Hausarzt der Klägerin, Arzt für Allgemeinmedizin und Chirurgie Dr. Freibauer, als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Er hat über fortlaufende Behandlung seit September 2005 berichtet, und zwar über Behandlungstermine am 01. September 2005, 18. April 2006, 16. Mai 2006, 26. Juni 2006, 18. Dezember 2007, 20. Dezember 2007, 16. Dezember 2008, 12. März 2009, 13. März 2009 und 25. März 2009. Dr. Freibauer hat u.a. die Berichte des Dr. A. vom 17. November 2006, des Dr. Br., Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und Schmerztherapie des Krankenhauses S. GmbH, vom 04. Februar 2008 (dortige Vorstellung am 24. Januar 2008) und der Fachärztin für Neurologie Dr. P. vom 20. Mai 2008 vorgelegt.
In einem Erörterungstermin am 15. September 2009, zu dem niemand erschienen ist - die Klägerin hat eine nervenärztliche Bescheinigung von Dr. Z. vom 10. September 2009 vorgelegt, wonach sie aus Krankheitsgründen zu dem Termin nicht erscheinen könne - hat der damalige Berichterstatter des Senats Hinweise zur Sach- und Rechtslage gegeben.
Klägerin und Beklagte haben sich mit einer Entscheidung durch den Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über welche der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 03.Dezember 2008 ist auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens nicht zu beanstanden. Der ablehnende Bescheid vom 28. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2008 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, statt des bereits gezahlten Pflegegeldes nach Pflegestufe I ab 17. Juli 2007 Pflegegeld nach Pflegestufe II von der Beklagten zu erhalten.
Gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (Bundessozialgericht (BSG) SozR 1300 § 48 Nr. 22). Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bzw. des Aufhebungstermins bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Als Vergleichsmaßstab sind somit hier die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Pflegegeld - der entsprechende Bewilligungsbescheid über Pflegegeld ab 01. Dezember 2002 befindet sich nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte - aufgrund des Gutachtens der Pflegefachkraft K. vom 01. April 2003 vorgelegen haben.
Eine wesentliche Änderung in diesem Sinne ist im Pflegebedarf der Klägerin nicht festzustellen.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Zur Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinien zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungsrichtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend und ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen ein Pflegebedarf von zwei Stunden in der Grundpflege Voraussetzung für eine Höherstufung in die Pflegestufe II - nicht erreicht ist. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids vom 03. Dezember 2008 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen: Auch die im Berufungsverfahren noch zusätzlich eingereichten Unterlagen rechtfertigen nicht die Feststellung im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI, dass bei der Klägerin ein zeitlich umfangreicherer Pflegeaufwand wegen ihrer Depressivität oder Demenz bestand oder auf Dauer bestehen wird. Das Erfordernis der Dauerhaftigkeit wirkt sich nämlich nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-3300 § 15 Nr. 1) nicht nur auf die Beurteilung aus, ob überhaupt Pflegebedürftigkeit besteht, sondern auch auf die Zuordnung zu einer der Pflegestufen des § 15 Abs. 1 SGB XI. Zwar hat Neurologe und Psychiater Dr. M. in seinem Gutachten vom 18. Februar 2008 eine Demenz unklarer Genese diagnostiziert. Im Bericht der Fachärztin für Neurologie Dr. P. vom 20. Mai 2008 hingegen wird eine Demenz nicht erwähnt. Vielmehr stand hier eine zum damaligen Zeitpunkt als mittelgradig angesehene depressive Episode mit Verdacht auf bipolare Störung im Vordergrund. Die Klägerin beklagt u.a., aufgrund ihres seelischen Zustandes nur noch unter Beaufsichtigung und Anleitung durch den Lebenspartner zu Arbeiten im Haushalt imstande zu sein. Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ist jedoch von dem Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege zu trennen (vgl. § 15 SGB XI). Konkrete Auswirkungen auf den Pflegebedarf im Bereich des Waschens, der Toilettengänge des An- und Entkleidens, des Stehens, des Aufstehens und Zubettgehens sowie des Umlagerns sind aufgrund der wohl in wechselnder Ausprägung längerfristig vorhandenen Depressionen nicht erkennbar. Eine manifeste Demenzerkrankung ist allein aufgrund der Einschätzung des Gutachters Dr. M. für die Deutsche Rentenversicherung Bund anlässlich einer einzigen gutachtlichen Untersuchung nicht gesichert.
Die Feststellung einer Erwerbsminderung durch die gesetzliche Rentenversicherung trifft noch keine Aussage über den konkreten Pflegebedarf bei einzelnen pflegerelevanten Verrichtungen.
Zutreffend haben Beklagte und SG auch ausgeführt, dass Verbandswechsel oder die Durchführung des Luftsprudelbades Maßnahmen der Behandlungspflege sind, die nicht als Pflegemaßnahmen im Sinne des SGB XI berücksichtigt werden können. Insbesondere handelt es sich weder bei den Luftsprudelbädern noch beim Verbandswechsel oder dem Auftragen von Salben um integrale Bestandteile von Verrichtungen aus dem Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI und auch nicht um Maßnahmen, die in unmittelbarem zeitlichem oder sachlichem Zusammenhang mit einer Katalogverrichtung erforderlich werden. Ein zeitlicher Zusammenhang mit einer Verrichtung reicht hierbei nur dann aus, wenn die zeitgleiche Durchführung einer krankheitsspezifischen Maßnahme mit der Verrichtung objektiv erforderlich ist. Bei dem Luftsprudelbad handelt es sich aber gerade nicht um Körperpflege. Den Zeitaufwand für einmal wöchentliches "normales" Baden hat die Beklagte in den angefochtenen Entscheidungen berücksichtigt. Die Klägerin selbst hat mit Schreiben vom 26. Juli 2009 an das Gericht bestätigt, das Luftsprudelbad diene nicht der Körperpflege, sondern der Lockerung der Muskulatur und der Schmerzlinderung.
Bei ihren Einwendungen zum benötigten Zeitaufwand im Bereich der Toilettengänge übersieht die Klägerin, dass Verrichtungen, die der Betroffene selbst, wenn auch mit gegenüber einem Gesunden erhöhtem Zeitaufwand bewältigt, keinen Pflegebedarf im Sinne des § 14 SGB XI begründen. Die Hilfe im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI besteht vielmehr in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen (§ 14 Abs. 3 SGB XI). Der von den Gutachtern Dr. B. und Pflegefachkraft Gr. angesetzte Zeitaufwand beruht auf den eigenen Angaben der Klägerin, dass Hilfebedarf nicht stets beim Toilettengang bestehe, sondern nur nach Bedarf. So führt Dr. B. im Gutachten vom 20. September 2007 aus, in diesem Bereich bestehe überwiegend Selbstversorgung. Mitunter dann, wenn die Klägerin beispielsweise stärkere Probleme an der Hand habe, benötige sie auch Abputzhilfe seitens des Lebensgefährten. Verschlechterungen des Gesundheitszustandes, die sich in diesem Bereich auswirken könnten, sind der Auskunft des Hausarztes Dr. Freibauer und auch dem Arztbericht aus dem Krankenhaus S. vom 04. Februar 2008 nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für den von der Klägerin angegebenen erhöhten Aufwand in den Bereichen der Körperwäsche und der Mobilität. Hierbei ist zunächst wieder zu berücksichtigen, dass ein für die Klägerin selbst entstehender erhöhter Zeitaufwand etwa durch das Tragen mehrerer Pullover übereinander nicht dazu führt, dass sich der Pflegeaufwand im Sinne des § 14 SGB XI erhöhen würde.
Ein Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ist nicht in Ansatz zu bringen. Hilfe im Bereich der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung bei der Verrichtung Verlassen und Wiederaufsuchens der Wohnung ist jedenfalls als Pflegebedarf der sozialen Pflegeversicherung nur berücksichtigungsfähig, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden (grundlegend dazu BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 5 und 6 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Denn nicht bestätigt hat sich das Vorbringen der Klägerin zur häufigen Notwendigkeit der Begleitung zu Arztbesuchen. Vielmehr liegen zwischen den Arztbesuchen bei Dr. Freibauer nach dessen Auskunft vom 17. Juni 2009 vielfach Abstände von mehreren Monaten. Zwischen Dezember 2007 und Dezember 2008 wurde für fast ein Jahr lang der Hausarzt nicht aufgesucht. Auch fachärztliche Behandlungen fanden offenkundig nur vereinzelt statt. Ein mindestens einmal wöchentlicher Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Arztbesuche oder das Aufsuchen ärztlich verordneter Behandlungen ist daher nicht gegeben. Die Unterstützung des Pflegebedürftigen beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Zwecke von Spaziergängen, Krankengymnastik im Freien oder Schwimmbadbesuchen ist im Rahmen des § 14 SGB XI nicht berücksichtigungsfähig (vgl. etwa Udsching, in: Udsching u.a., SGB XI, Kommentar, 3. Aufl. 2010, § 14 Rdnr. 40 m.w.N.; zu Spaziergängen vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 16). Eine ärztliche Verordnung des angegebenen Schwimmens im Bodensee oder im Schwimmbad ist nicht vorgelegt worden und auch nicht erkennbar. Insbesondere wird solches auch weder vom Hausarzt noch von der Schmerzambulanz erwähnt.
Hinsichtlich des sonstigen Pflegebedarfs im Bereich der Körperpflege und der Mobilität sind medizinisch begründete Gesichtspunkte für einen gegenüber den Feststellungen der Pflegegutachter des MDK erhöhten Pflegebedarf weiterhin nicht ersichtlich. Nachvollziehbar ist insbesondere auch, dass nur sechsmal wöchentlich Hilfe beim Duschen benötigt wird, wenn am siebten Tag ein Bad genommen und der hierfür erforderliche Pflegeaufwand berücksichtigt wird. Gehen kann die Klägerin, wenn auch wohl mühsam, unter Zuhilfenahme von Unterarmgehstützen selbst (vgl. auch etwa das Gutachten von Dr. M.). Bezüglich der erhebbaren körperlichen Befunde ergab sich auch im Bericht des Krankenhauses S. vom 04. Februar 2008 gegenüber November 2006 keine Veränderung. Die Notwendigkeit zusätzlicher Pflegemaßnahmen wegen starken Schwitzens an den Füßen haben die Pflegegutachter des MDK berücksichtigt, ebenso die Erschwernisse beim Duschen durch die Notwendigkeit der Benutzung der Badewanne hierzu. Ein zusätzlicher Zeitaufwand durch den Wechsel etwa zwischen bequemerer in der Wohnung getragener Kleidung (Jogginghose) und Straßenkleidung beim Verlassen der Wohnung kann ebenfalls nicht als den Pflegeaufwand erhöhend berücksichtigt werden. Anziehen von Straßenkleidung im Austausch gegen die zuvor in der Wohnung getragene Tageskleidung, um dann Freizeitaktivitäten außerhalb des Hauses wie etwa Schwimmen oder Spazierengehen nachzugehen ist im Rahmen der Pflegeversicherung nicht zu berücksichtigen. Ein solches Anziehen wäre nur dann mit einzurechnen, wenn beispielsweise ein bei der Grundpflege zu berücksichtigendes Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung vorläge. Dieses Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI bezieht sich aber - wie dargelegt - nur auf solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen, wie das Verlassen der Wohnung, um Ärzte, Krankengymnasten, Sprachtherapeuten, Apotheken oder Behörden aufzusuchen (Urteil des Senats vom 23. Juni 2006, L 4 P 723/05, veröffentlicht in Juris). In gleicher Weise ist zusätzlicher Zeitaufwand für das Ent- oder Ankleiden im Zusammenhang mit dem Luftperlbad nicht berücksichtigungsfähig. Objektive medizinische Befunde, die den von der Klägerin angegebenen zeitlich umfangreicheren Hilfebedarf beim An- und Entkleiden begründen könnten, sind ebenfalls nach wie vor nicht ersichtlich. Maßgeblich ist auch hier nicht, wie lange die Klägerin selbst für entsprechende Verrichtungen benötigt, sondern in welchem zeitlichen Umfang sie Hilfe bei diesen Verrichtungen benötigt. Dabei ist im Rahmen des § 14 SGB XI nur der Zeitaufwand für die Verrichtung selbst zu berücksichtigen.
Insgesamt würde selbst ein geringfügig erhöhter Zeitaufwand im Bereich der Körperpflege oder der Mobilität den nötigen Gesamtpflegeaufwand im Bereich der Grundpflege von 120 Minuten tagesdurchschnittlich nicht begründen können. Vielmehr stellt der Senat auch unter Berücksichtigung des Vortrags und der Sachverhaltsermittlungen im Berufungsverfahren fest, dass - den Begutachtungen durch den MDK folgend - bei weitgehend unverändertem medizinischem Sachverhalt ein Grundpflegeaufwand im Umfang von mindestens 120 Minuten täglich derzeit nicht erreicht wird.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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