Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 2852/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4014/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 18. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da der Beschwerdewert EUR 750.- übersteigt. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Mit der Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter, den Sozialhilfeträger im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme von Energieschulden i.H.v. EUR 1.485,22 als vorbeugende Hilfe zu verpflichten.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Anspruches. Entgegen der Ansicht der Antragsteller können diese die Übernahme der Energieschulden nicht als vorbeugende Leistung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) beanspruchen. Danach soll Sozialhilfe vorbeugend geleistet werden, wenn dadurch eine drohende Notlage ganz oder teilweise abgewendet werden kann. Die Stellung der Vorschrift im Ersten Abschnitt des Zweiten Kapitels SGB XII ("Grundsätze der Leistungen") macht deutlich, dass sie keine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt und damit auch nicht zu Leistungen "eigener Art" über die in § 8 SGB XII genannten hinaus berechtigt. Der Regelungsgehalt des § 15 SGB XII beschränkt sich darauf, die Tatbestände der in § 8 SGB XII genannten Leistungsarten in zeitlicher Hinsicht zu erweitern, indem eine gegenwärtige Notlage noch nicht (Abs. 1) oder nicht mehr (Abs. 2) vorliegen muss. Deshalb kann auch die Übernahme von Schulden nur da begehrt werden, wo sich hierfür eine Ermächtigungsgrundlage im Gesetz findet (zum Ganzen Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 15 Rdnrn. 2, 4 m.w.N., vgl. a. Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 87, 31; zur zeitlichen Bedeutung der Norm Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Juli 2010 - B 8 SO 14/09 R - (juris)). Allein aus § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ergibt sich daher kein Leistungsanspruch der Antragsteller. Darüber hinaus ist eine gesetzlich erfasste Notlage bereits eingetreten, indem wegen der vorliegenden Energieschulden eine Stromabschaltung möglich ist. Hierin ist durch den mit dem Energieversorgungsunternehmen vor dem Amtsgericht Biberach am 10. September 2010 geschlossenen Vergleich keine Änderung eingetreten. Denn die Energieschulden wurden darin nicht beseitigt, sondern lediglich eine Ratenzahlung vereinbart, bei deren Nichterfüllung eine Stromabschaltung wiederum ausdrücklich vorgesehen wird. Für eine lediglich vorbeugende Hilfe i.S.d. § 15 Abs. 1 SGB XII ist daher kein Raum mehr.
Eine Schuldenübernahme im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII scheidet bereits deshalb aus, weil sich die Antragsteller bislang trotz mehrfacher Aufforderung weigern, den hierfür konstitutiven Antrag nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu stellen.
In Betracht käme daher lediglich ein Anspruch als Hilfe zum Lebensunterhalt gem. §§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 34 SGB XII. Nach § 34 Abs. 1 SGB XII können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vorliegend mangelt es bereits an der notwendigen Rechtfertigung der Schuldenübernahme. Die Übernahme von Schulden ist zunächst nur dann gerechtfertigt, wenn die Notlage vom Hilfesuchenden nicht selbst beseitigt werden kann. Des Weiteren ist von Bedeutung, wie es zur Notlage gekommen ist. Die Übernahme ist zwar nicht schon dann ungerechtfertigt, wenn der Hilfesuchende die Notlage selbst verschuldet hat. Eine Übernahme von Schulden kann jedoch dann nicht gerechtfertigt sein, wenn die Leistung als "positiver Verstärker nicht erwünschten Verhaltens" wirken würde, z.B. wenn der Hilfesuchende sein Einkommen einsetzt, ohne den notwendigen Lebensunterhalt zu sichern, oder den Energiekostenabschlag im Vertrauen darauf nicht zahlt, dass der Sozialhilfeträger entstehende Schulden übernimmt (zum Ganzen Streichsbier in Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 34 Rdnr. 5 m.w.N.). Schließlich kann es an einer Rechtfertigung fehlen, wenn eine dauerhafte Behebung der Notlage nicht erreicht wird.
Bereits an letzterem fehlt es vorliegend, denn das Einkommen der Antragsteller deckt nicht ihren laufenden sozialhilferechtlichen Bedarf. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass selbst bei Übernahme der Energieschulden die laufenden Energiekosten vollständig gezahlt werden, um die Energieversorgung zu sichern. Der Bedarf der Antragsteller umfasst neben dem jeweiligen Regelsatz i.H.v. EUR 323.- monatlich die Kosten der Unterkunft und Heizung. Hierbei sind zunächst die Schuldzinsen für das selbstbewohnte Wohneigentum zu berücksichtigen, die sich noch im August 2010 auf EUR 312,79 beliefen, sowie die Kosten für Gebäudeversicherung, Wasser und Grundsteuer, die nach den vorliegenden Unterlagen ca. EUR 70 monatlich betragen. Damit liegt der sozialhilferechtliche Bedarf der Antragsteller mindestens bei jeweils EUR 514,40 monatlich. Als Einkommen stehen dem gegenüber die Rente des Antragstellers Ziff. 1 i.H.v. EUR 805,26 monatlich sowie das Wohngeld. Dieses beläuft sich derzeit gem. Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (VG) vom 5. Juli 2010 (7 K 453/10) auf monatlich EUR 205.- monatlich, kommt aber wegen der Aufrechnung mit Rückforderungen aktuell nur i.H.v. EUR 174,25 zu Auszahlung (Bescheid der Wohngeldbehörde des Antragsgegners vom 19. Juli 2010). Der Antragsteller Ziff. 1 ist damit zwar in der Lage, seinen Bedarf zu decken; auch bei Anrechnung seines übersteigenden Einkommens bei seiner Ehefrau, der Antragstellerin Ziff. 2, wird deren Bedarf jedoch selbst dann nicht gedeckt, wenn man EUR 205.- monatlich als Wohngeld zugrunde legt. Nach den Ausführungen des VG im genannten Beschluss ist auch nicht mit einer höheren Wohngeldgewährung zu rechnen. Des Weiteren zeigt das Verhalten der Antragsteller, dass sie selbst diese geringen finanziellen Mittel nicht vorwiegend zur Deckung des laufenden notwendigen Lebensunterhalts einsetzen, sondern vorrangig die Darlehensverbindlichkeiten aus dem Wohneigentum befriedigen. So leistet der Antragsteller Ziff. 1 jeden Monat eine Rückzahlung auf den entsprechenden Darlehensvertrag i.H.v. EUR 600.-, die nur zum o.g. Betrag auf Zinsen entfallen. Zahlungen auf den Stromabschlag sind hingegen gar nicht erfolgt. Vielmehr setzten die Antragsteller darauf, die Energiekosten vom Antragsgegner zu erhalten und so weiter Tilgungsleistungen für die Unterkunft erbringen zu können. Ein Antrag auf Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII wurde seitens der Antragsteller trotz wiederholter Aufforderung nicht gestellt, offenbar aus der Befürchtung heraus, ihr möglicherweise nicht angemessenes Wohneigentum vorrangig einsetzen zu müssen. An diesem Verhalten haben die Antragsteller festgehalten, obwohl ihnen in früheren gerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits vor Augen geführt worden war, dass die Voraussetzungen für eine Energieschuldenübernahme in einem solchen Fall nicht vorliegen. Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände ist die Schuldenübernahme nicht i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gerechtfertigt.
Schon mangels Anordnungsanspruchs ist daher die begehrte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen.
Anderes ergibt sich auch nicht aus einer Interessen- und Folgenabwägung. Dabei fällt zunächst das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit des Antragstellers Ziff. 1 besonders ins Gewicht. Denn aufgrund seiner Erkrankung ist er auf die nächtliche Überdruckbeatmung mittels - strombetriebenen - nCPAP-Geräts angewiesen. Im Falle einer Stromabschaltung ist somit ein gesundheitlicher Schaden nicht auszuschließen. Allerdings steht den Antragstellern die einfache Möglichkeit zur Verfügung, durch einen Antrag auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII den Lebensunterhalt und damit auch die laufenden Stromkosten sicherzustellen und die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der Schuldübernahme zu schaffen. Sei es, dass auf den Antrag Leistungen der Grundsicherung zu erbringen sind, oder dass festgestellt wird, dass die Antragsteller über einsetzbares Vermögen in Form des ggf. nicht angemessenen Wohneigentums verfügen. Aufgrund des mit dem Energieversorgungsunternehmen geschlossenen Vergleichs ist die akute Stromsperre zunächst auch abgewendet. Des Weiteren hat der Antragsteller Ziff. 1 die Gefährdung seiner Gesundheit vorrangig im zivilrechtlichen Verfahren gegen das Energieversorgungsunternehmen geltend zu machen. Aufgrund dieser Möglichkeiten der Antragsteller, eine Gesundheitsgefährdung durch eine Stromsperre durch eigenes Tätigwerden abzuwenden, genießt vorliegend das Interesse des Antragsgegners den Vorrang, durch die Allgemeinheit finanzierte Sozialhilfeleistungen nur zu erbringen, wenn die Voraussetzungen hierfür nachgewiesen sind. Die Antragsteller haben es danach selbst in der Hand, durch eine entsprechende Antragstellung und Mitwirkung bei der Prüfung der Angemessenheit des Wohneigentums die Sicherstellung der Stromversorgung zu erreichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da der Beschwerdewert EUR 750.- übersteigt. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Mit der Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter, den Sozialhilfeträger im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme von Energieschulden i.H.v. EUR 1.485,22 als vorbeugende Hilfe zu verpflichten.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Anspruches. Entgegen der Ansicht der Antragsteller können diese die Übernahme der Energieschulden nicht als vorbeugende Leistung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) beanspruchen. Danach soll Sozialhilfe vorbeugend geleistet werden, wenn dadurch eine drohende Notlage ganz oder teilweise abgewendet werden kann. Die Stellung der Vorschrift im Ersten Abschnitt des Zweiten Kapitels SGB XII ("Grundsätze der Leistungen") macht deutlich, dass sie keine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt und damit auch nicht zu Leistungen "eigener Art" über die in § 8 SGB XII genannten hinaus berechtigt. Der Regelungsgehalt des § 15 SGB XII beschränkt sich darauf, die Tatbestände der in § 8 SGB XII genannten Leistungsarten in zeitlicher Hinsicht zu erweitern, indem eine gegenwärtige Notlage noch nicht (Abs. 1) oder nicht mehr (Abs. 2) vorliegen muss. Deshalb kann auch die Übernahme von Schulden nur da begehrt werden, wo sich hierfür eine Ermächtigungsgrundlage im Gesetz findet (zum Ganzen Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 15 Rdnrn. 2, 4 m.w.N., vgl. a. Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 87, 31; zur zeitlichen Bedeutung der Norm Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Juli 2010 - B 8 SO 14/09 R - (juris)). Allein aus § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ergibt sich daher kein Leistungsanspruch der Antragsteller. Darüber hinaus ist eine gesetzlich erfasste Notlage bereits eingetreten, indem wegen der vorliegenden Energieschulden eine Stromabschaltung möglich ist. Hierin ist durch den mit dem Energieversorgungsunternehmen vor dem Amtsgericht Biberach am 10. September 2010 geschlossenen Vergleich keine Änderung eingetreten. Denn die Energieschulden wurden darin nicht beseitigt, sondern lediglich eine Ratenzahlung vereinbart, bei deren Nichterfüllung eine Stromabschaltung wiederum ausdrücklich vorgesehen wird. Für eine lediglich vorbeugende Hilfe i.S.d. § 15 Abs. 1 SGB XII ist daher kein Raum mehr.
Eine Schuldenübernahme im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII scheidet bereits deshalb aus, weil sich die Antragsteller bislang trotz mehrfacher Aufforderung weigern, den hierfür konstitutiven Antrag nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu stellen.
In Betracht käme daher lediglich ein Anspruch als Hilfe zum Lebensunterhalt gem. §§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 34 SGB XII. Nach § 34 Abs. 1 SGB XII können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vorliegend mangelt es bereits an der notwendigen Rechtfertigung der Schuldenübernahme. Die Übernahme von Schulden ist zunächst nur dann gerechtfertigt, wenn die Notlage vom Hilfesuchenden nicht selbst beseitigt werden kann. Des Weiteren ist von Bedeutung, wie es zur Notlage gekommen ist. Die Übernahme ist zwar nicht schon dann ungerechtfertigt, wenn der Hilfesuchende die Notlage selbst verschuldet hat. Eine Übernahme von Schulden kann jedoch dann nicht gerechtfertigt sein, wenn die Leistung als "positiver Verstärker nicht erwünschten Verhaltens" wirken würde, z.B. wenn der Hilfesuchende sein Einkommen einsetzt, ohne den notwendigen Lebensunterhalt zu sichern, oder den Energiekostenabschlag im Vertrauen darauf nicht zahlt, dass der Sozialhilfeträger entstehende Schulden übernimmt (zum Ganzen Streichsbier in Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 34 Rdnr. 5 m.w.N.). Schließlich kann es an einer Rechtfertigung fehlen, wenn eine dauerhafte Behebung der Notlage nicht erreicht wird.
Bereits an letzterem fehlt es vorliegend, denn das Einkommen der Antragsteller deckt nicht ihren laufenden sozialhilferechtlichen Bedarf. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass selbst bei Übernahme der Energieschulden die laufenden Energiekosten vollständig gezahlt werden, um die Energieversorgung zu sichern. Der Bedarf der Antragsteller umfasst neben dem jeweiligen Regelsatz i.H.v. EUR 323.- monatlich die Kosten der Unterkunft und Heizung. Hierbei sind zunächst die Schuldzinsen für das selbstbewohnte Wohneigentum zu berücksichtigen, die sich noch im August 2010 auf EUR 312,79 beliefen, sowie die Kosten für Gebäudeversicherung, Wasser und Grundsteuer, die nach den vorliegenden Unterlagen ca. EUR 70 monatlich betragen. Damit liegt der sozialhilferechtliche Bedarf der Antragsteller mindestens bei jeweils EUR 514,40 monatlich. Als Einkommen stehen dem gegenüber die Rente des Antragstellers Ziff. 1 i.H.v. EUR 805,26 monatlich sowie das Wohngeld. Dieses beläuft sich derzeit gem. Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (VG) vom 5. Juli 2010 (7 K 453/10) auf monatlich EUR 205.- monatlich, kommt aber wegen der Aufrechnung mit Rückforderungen aktuell nur i.H.v. EUR 174,25 zu Auszahlung (Bescheid der Wohngeldbehörde des Antragsgegners vom 19. Juli 2010). Der Antragsteller Ziff. 1 ist damit zwar in der Lage, seinen Bedarf zu decken; auch bei Anrechnung seines übersteigenden Einkommens bei seiner Ehefrau, der Antragstellerin Ziff. 2, wird deren Bedarf jedoch selbst dann nicht gedeckt, wenn man EUR 205.- monatlich als Wohngeld zugrunde legt. Nach den Ausführungen des VG im genannten Beschluss ist auch nicht mit einer höheren Wohngeldgewährung zu rechnen. Des Weiteren zeigt das Verhalten der Antragsteller, dass sie selbst diese geringen finanziellen Mittel nicht vorwiegend zur Deckung des laufenden notwendigen Lebensunterhalts einsetzen, sondern vorrangig die Darlehensverbindlichkeiten aus dem Wohneigentum befriedigen. So leistet der Antragsteller Ziff. 1 jeden Monat eine Rückzahlung auf den entsprechenden Darlehensvertrag i.H.v. EUR 600.-, die nur zum o.g. Betrag auf Zinsen entfallen. Zahlungen auf den Stromabschlag sind hingegen gar nicht erfolgt. Vielmehr setzten die Antragsteller darauf, die Energiekosten vom Antragsgegner zu erhalten und so weiter Tilgungsleistungen für die Unterkunft erbringen zu können. Ein Antrag auf Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII wurde seitens der Antragsteller trotz wiederholter Aufforderung nicht gestellt, offenbar aus der Befürchtung heraus, ihr möglicherweise nicht angemessenes Wohneigentum vorrangig einsetzen zu müssen. An diesem Verhalten haben die Antragsteller festgehalten, obwohl ihnen in früheren gerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits vor Augen geführt worden war, dass die Voraussetzungen für eine Energieschuldenübernahme in einem solchen Fall nicht vorliegen. Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände ist die Schuldenübernahme nicht i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gerechtfertigt.
Schon mangels Anordnungsanspruchs ist daher die begehrte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen.
Anderes ergibt sich auch nicht aus einer Interessen- und Folgenabwägung. Dabei fällt zunächst das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit des Antragstellers Ziff. 1 besonders ins Gewicht. Denn aufgrund seiner Erkrankung ist er auf die nächtliche Überdruckbeatmung mittels - strombetriebenen - nCPAP-Geräts angewiesen. Im Falle einer Stromabschaltung ist somit ein gesundheitlicher Schaden nicht auszuschließen. Allerdings steht den Antragstellern die einfache Möglichkeit zur Verfügung, durch einen Antrag auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII den Lebensunterhalt und damit auch die laufenden Stromkosten sicherzustellen und die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der Schuldübernahme zu schaffen. Sei es, dass auf den Antrag Leistungen der Grundsicherung zu erbringen sind, oder dass festgestellt wird, dass die Antragsteller über einsetzbares Vermögen in Form des ggf. nicht angemessenen Wohneigentums verfügen. Aufgrund des mit dem Energieversorgungsunternehmen geschlossenen Vergleichs ist die akute Stromsperre zunächst auch abgewendet. Des Weiteren hat der Antragsteller Ziff. 1 die Gefährdung seiner Gesundheit vorrangig im zivilrechtlichen Verfahren gegen das Energieversorgungsunternehmen geltend zu machen. Aufgrund dieser Möglichkeiten der Antragsteller, eine Gesundheitsgefährdung durch eine Stromsperre durch eigenes Tätigwerden abzuwenden, genießt vorliegend das Interesse des Antragsgegners den Vorrang, durch die Allgemeinheit finanzierte Sozialhilfeleistungen nur zu erbringen, wenn die Voraussetzungen hierfür nachgewiesen sind. Die Antragsteller haben es danach selbst in der Hand, durch eine entsprechende Antragstellung und Mitwirkung bei der Prüfung der Angemessenheit des Wohneigentums die Sicherstellung der Stromversorgung zu erreichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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