Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 495/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 76/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Soweit eine nach dem Übergangsrecht erteilte Koloskopiegenehmigung widerrufen wegen des fehlenden Nachweises von 200 Koloskopien wird (§ 6 Abs. 2 Buchst. g Satz 1 Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 24.07.2006), darf für den erstmaligen Nachweis nur auf einen Zeitraum nach Genehmigungserteilung abgestellt werden.
1. Der Bescheid der Beklagte vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 01.07.2009 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anordnung eines Widerrufs der Koloskopie-Genehmigung.
Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt in der Klinik CC in ZX ... Er ist nach eigenen Angaben seit 1988 ununterbrochen berechtigt, Leistungen der kurativen Koloskopie zu erbringen. Die Beklagte erteilte mit Bescheid vom 11.07.2003 erneut die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie (Nr. 760, 764 bis 775 EBM) rückwirkend zum 01.10.2002 aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Die Genehmigung erteilte sie mit der Auflage, dass die festgelegten Mindestanforderungen bzgl. der jährlich durchzuführenden Koloskopie erfüllt werden und dass der Kläger an den Maßnahmen zur Überprüfung der jährlichen Hygienequalität erfolgreich teilnehme. Die Genehmigung könne widerrufen werden, falls die bei der Erteilung zugrundeliegenden Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt gewesen seien oder nachträglich entfielen. Ferner bleibe der Widerruf für den Fall vorbehalten, dass die mit der Genehmigung verbundenen Auflagen nicht eingehalten werden.
Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 12.04.2005 mit, er habe nach Prüfung mit der von ihm eingereichten Unterlagen keine 200 Koloskopien nachgewiesen und somit nicht die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien (einschließlich des Zoekums) erfüllt. Könne der Nachweis nach Ablauf von folgenden 12 Monaten erneut nicht geführt werden, werde die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen widerrufen.
Die Beklagte bat den Kläger unter Datum vom 03.07.2007 unter Hinweis auf die Nachweispflicht um die Einreichung der Unterlagen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 22.10.2007.
Der Kläger erklärte unter Datum vom 19.11.2007, das Schreiben vom 03.07.2007 habe er nie erhalten. Er habe in den letzten 12 Monaten 209 Koloskopien durchgeführt, davon 91 ambulant (GKV und privat) und 118 stationär (GKV plus privat). Dabei seien mindestens 18 Polypen bzw. Tumore entdeckt und entsprechend behandelt worden. Beiliegend reiche er einige Fälle ein, dokumentiert durch Bild, Histologie oder beides mit der Bitte um Zurücksendung nach Abschluss der Prüfung.
Die Koloskopie-Kommission kam in ihrer Sitzung am 09.04.2008 zu dem Ergebnis, der Kläger habe die Dokumentation von 13 Koloskopien eingereicht. Er solle gebeten werden, die Dokumentation der von ihm genannten 209 durchgeführten Koloskopien einzureichen. Hierauf forderte die Beklagte den Kläger auf, die Nachweise einzureichen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 25.06.2008. Daraufhin reichte der Kläger Unterlagen ein, die die Beklagte wiederum der Koloskopie-Kommission zur Prüfung vorlegte.
Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 26.08.2008 die mit Bescheid vom 11.07.2003 erteilte Abrechnungsgenehmigung, da der Kläger die Auflagen gem. § 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie in der Fassung vom 24.07.2006 nicht nachgewiesen habe. Die von ihm eingereichten Unterlagen hätten 89 Befundberichte enthalten, in denen eine hohe Koloskopie beschrieben worden sei. Bei 56 dieser Befundberichte habe die Bilddokumentation vollständig gefehlt. Bei den vorhandenen Bilddokumentationen sei nicht immer der Coecalpol eindeutig erkennbar gewesen. Diese Fälle seien jedoch als Fälle mit vorhandener Bilddokumentation gewertet worden. In nur einem einzigen Fall habe eine histologisch dokumentierte Polypektomie mit Hochfrequenzelektroschlinge vorgelegen. Da der Nachweis nach Ablauf von 12 Monaten erneut nicht erbracht worden sei, werde die Genehmigung widerrufen.
Hiergegen legte der Kläger am 19.08.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, ihm sei bisher eine vollständige Akteneinsicht verwehrt worden. Bei der am 20.11.2008 vor Ort erfolgten Akteneinsicht seien nur Teile der Akte vorhanden gewesen. Es sei ihm auch die Herausgabe seiner Originalunterlagen verweigert worden. Er habe die in § 6 Abs. 1 der Koloskopievereinbarung enthaltenen Fallzahlen quantitativ erreicht. Die Abrechnungsunterlagen könnten die Durchführung der 209 Koloskopien bestätigen. Evtl. fehlende Fälle aus nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Behandlungen werde er nachreichen. Ungeachtet dessen unterliege er als rein kurativ tätiger Arzt nicht den Fallzahlanforderungen des § 6 Abs. 1 in Form von 200 Koloskopien und 10 Polypektomien innerhalb von 12 Monaten. Bei der Ermächtigungsgrundlage zum Widerruf handele es sich um eine Qualitätssicherungs- und nicht um eine Quantitätssicherungsvereinbarung. Insoweit könne die Ermächtigungsgrundlage auch nur die Sicherung der Qualität erfassen, die zudem grundgesetzkonform auszulegen und anzuwenden sei. Es würden für den Bereich der kurativen Koloskopien überhaupt keine Fallzahlenerfordernisse bzw. wenn überhaupt nur die herabgesetzten Fallzahlen analog denen der Kinderärzte und -chirurgen gelten. Mit der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002 seien die Fallzahlenerfordernisse allein für die präventive Koloskopie eingeführt worden. Die rein kurative Koloskopie sei ausdrücklich ohne Fallzahlenerfordernis weiter genehmigt worden. Diese unterschiedliche Behandlung sei in der Vereinbarung zum 24.07.2006 beibehalten worden. Dies sei auch geboten. Rein kurativ behandelnde Ärzte hätten weniger Untersuchungen als auch präventiv behandelnde Ärzte. Für Kinderärzte und Kinderchirurgen werde ebenfalls wegen geringerer Fallzahlen eine geringere Untersuchungszahl verlangt. Die Beklagte habe auch das Verfahren nicht eingehalten. § 6 Abs. 3a berechtige die Kassenärztliche Vereinigung in einer ersten Stufe, von dem Arzt die schriftlichen und bildlichen Dokumentationen von 20 abgerechneten Fällen anzufordern. Das habe die Beklagte bisher nicht gemacht. Sie habe vielmehr 200 totale Koloskopien und 10 Polypektomien angefordert. Es sei auch kein Zeitraum von 12 Monaten genannt worden, sondern von der Beklagten willkürlich ausgesuchte Zeiträume, die allesamt nicht nachvollziehbar gewesen seien. Auf einer 2. Stufe hätten dann nach weiteren 12 Monaten erneut 20 Fälle angefordert werden müssen, auch dies sei nicht erfolgt. Erst dann hätte nach weiteren 12 Monaten eine Anforderung von 200 Fällen erfolgen müssen. Diese Verfahrensanforderungen würden im Übrigen parallel für die Anforderung der Polypektomien gelten, die an denselben Mängeln leide. Die Begründung sei fehlerhaft. Es werde nicht ersichtlich, auf welche Anforderung Bezug genommen werden soll noch auf welche konkreten Patienten oder auf welche Zeiträume sich die einzelnen Ausführungen bezögen. Dieses Vorgehen verwundere, da ihm bislang keine Mängel in Hygiene oder bei der Qualität der durchgeführten Koloskopien vorgeworfen worden seien. Bei einem ordnungsgemäßen Verfahren erkläre er sich bereit, Nachweise für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis zum 31.09.2009 zu erbringen.
Der Kläger hat unter Datum vom 06.04.2009 Klage gegen die Beklagte auf Herausgabe der von ihm eingereichten Originalbehandlungsunterlagen bei dem Amtsgericht X-Stadt zum Az.: xxxxx – yy eingereicht. Das Amtsgericht hat die Klage zwischenzeitlich abgewiesen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2009, dem Kläger am 03.07.2009 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück und ordnete die sofortige Vollziehung des Widerrufs der Koloskopie-Genehmigung an. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die Auflage gem. § 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie nicht erfüllt. Eine unverzügliche Mitteilung nach § 6 Abs. 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung über den nicht geführten Nachweis über Koloskopie-Leistungen sei mit Schreiben vom 12.04.2005 erfolgt. Das Schreiben sei korrekt gewesen, da in der Qualitätssicherungsvereinbarung von 2002 noch der Nachweis aller 200 vorgeschriebenen Koloskopien gefordert worden sei. Ein Nachweis sei nicht erfolgt. Somit sei die erste Nachweispflicht nach Ablauf von 12 Monaten nach Erteilung der Abrechnungsgenehmigung nicht erreicht worden. Gem. § 6 Abs. 3 Buchst. g der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie sei die Koloskopie-Genehmigung zu widerrufen, wenn die erneute Überprüfung nach Ablauf von 12 Monaten Mängel aufweise oder wenn weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt worden seien. Die Genehmigung sei nach Abs. 4 Buchst. d auch zu widerrufen, wenn eine zweite Überprüfung die Anforderungen an eine mangelfreie Dokumentation von Polypektomien nicht erfülle oder wenn weniger als 10 Polypektomien durchgeführt worden seien. Die Nachweise müssten auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung eingereicht werden. Die Erststufe der Nachweispflicht mit Vorlage von nur 20 Koloskopien gelte nur für Ärzte, die grundsätzlich die Fallzahlen von 200 Koloskopien auch erreicht hätten. Sowohl die Anzahl der nachgewiesenen Koloskopien als auch die Anzahl der Polypektomien entspreche nicht den Vorgaben der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Die insgesamt vorliegenden 102 dokumentierten Koloskopien, darunter 1 Fall einer vollständig dargestellten Polypektomie mittels Hochfrequenzelektroschlinge, unterschritten die festgesetzte Fallzahl. Zudem hätten die eingereichten Dokumentationen Mängel in der Darstellung aufgewiesen. Danach gelte eine totale Koloskopie erst als nachgewiesen, wenn die Bauhin´sche Klappe und das Zoekum dargestellt seien. Dies sei nur teilweise der Fall gewesen. Die erbrachten Untersuchungszahlen müssten nachprüfbar nachgewiesen werden. Die eigenen Angaben des Arztes genügten hierfür nicht. Der in § 10 Abs. 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung vorgeschriebene Verzicht auf den Nachweis gelte nur für die Erlangung der Genehmigung. Die regelmäßigen Qualitätskontrollen seien insbesondere bei ärztlichen Leistungen angebracht, die eine hohe manuelle Fertigkeit voraussetzten. Sowohl für die Früherkennungskoloskopie als auch für die kurative Behandlung solle der Nachweis einer entsprechend häufigen Untersuchungsdurchführung wie bei der Genehmigungsbeantragung die aktuelle Befähigung des Arztes belegen, die hohe Koloskopie ausführen zu können. Damit nach Zulassung zur Leistungserbringung die manuellen Fertigkeiten auf hohem Niveau erhalten blieben, müssten teilnehmende Ärzte die erforderlichen Nachweise erbringen. Soweit der Kläger das Schreiben vom 03.07.2007 nicht erhalten habe, habe ihn der länger zurückliegende Prüfungszeitraum nicht verwirren können. Die weitere Prüfung zeige, dass die Kommission auch die Dokumentation aus dem Zeitraum Ende 2006 bis Ende 2007 akzeptiert habe.
Hiergegen hat der Kläger am 31.07.2009 zum Az.: S 12 KA 495/09 die Klage erhoben.
Am 06.08.2009 hat der Kläger ferner den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt, den die Kammer mit Beschluss vom 21.08.2009 abgelehnt hat. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat LSG Hessen, Beschl. v. 01.03.2010 – L 4 KA 91/09 B ER – stattgegeben; es stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sowie der Klage gegen den Bescheid vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 wieder her. In den Beschlussgründen führte das LSG insbesondere ,an, dass die Beklagte kein besonderes den Sofortvollzug tragendes öffentliches Interesse dargelegt habe, das über das Interesse, das den Erlass des Bescheids vom 26.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2009 rechtfertige, hinausgehe.
Zur Klagebegründung trägt der Kläger vor, er sei weiterhin der Auffassung, dass er Koloskopien in ausreichender Zahl erbracht habe und dass die Beklagte das Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Den gegenständlichen Bescheiden fehle zudem die erforderliche Bestimmtheit und Begründung. Die Beklagte könne nicht auf die Qualitätssicherungsvereinbarung aus dem Jahre 2006 für Vorgänge im Jahre 2003 verweisen. Vollerhebungen seien nur in Ausnahmefällen zulässig, was auch aus § 299 SGB V folge. Ein Widerruf sei nur möglich, wenn in 2 aufeinanderfolgenden 12 monatigen Zeiträumen die Anforderungen der Vereinbarungen nicht erfüllt worden seien. Mit dem Übergangsrecht nach der 2. Qualitätssicherungsvereinbarung aus dem Jahr 2006 hätten sich etwaige Mängel aus der Zeit vor dem Inkrafttreten erledigt. Es fehle an einem Hinweis, einer Aufklärung oder einer Beratung. Insgesamt fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung. Er sei bislang insbesondere nicht zu einem konkreten, dem Verfahren entsprechenden Zeitraum und/oder patientenbezogenen Verstoß angehört worden. Als rein kurativ tätigem Arzt würden für ihn die Fallzahlanforderungen nicht gelten. Es liege eine Ungleichbehandlung mit rein kurativ tätigen Ärzten im Vergleich zu Kinderärzten vor. Eine Gleichbehandlung mit präventiv koloskopierenden Ärzten verstoße gegen Art. 3 und 12 GG. Auf sein Angebot, einen Nachweis für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis zum 31.09.2009 zu erbringen, habe die Beklagte bisher nicht reagiert. Der Kläger trägt weiter vor, dem Schreiben vom 12.04.2005 fehle die Bestimmtheit. Die Mitteilung enthalte auch keine Angabe, welche konkrete Fallzahlunterschreitung vorliegen würde. Es fehle eine Festlegung des zukünftigen Prüfungszeitraums. Es sei widersprüchlich, wenn ihm mit Bescheid vom 11.07.2003 die Genehmigung rückwirkend erteilt werde, andererseits diese Genehmigung nachträglich wieder entzogen werde mit der Begründung, er habe in demselben Jahr, d. h. in den zwölf Monaten des Jahres 2003, die Anforderung der Qualitätssicherungsvereinbarung doch nicht erfüllt. Es könne überhaupt nur auf einen Zeitraum nach Erhalt der Genehmigung abgestellt werden. Eine Prüfung des Jahres 2003 rechtfertige auch keine Durchführung einer Vollerhebung im Jahr 2007. Er habe die Mitwirkung nicht verweigert. Ein Schreiben mit Datum vom 03.07.2007 habe er nicht erhalten. Im Schreiben vom 03.07.2007 werde der Zeitraum IV/05 bis III/06 angefordert. Dieser Zeitraum sei aber nicht der unmittelbare Folgezeitraum von 2003. Die Beklagte sei erstmals mit Schreiben vom 22.10.2007 auf ihn zugekommen. Es werde der unbestimmte Zeitraum der "letzten zwölf Monate" angefordert. Er bestreite ausdrücklich, dass eine Prüfung innerhalb der letzten Jahre festgestellt habe, er habe seit Erhalt der Genehmigung in keinem zwölfmonatigen Zeitraum die Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt. Die Beklagte habe auch keine Kenntnis über privat behandelte Fälle, die ebenfalls zu berücksichtigen seien. Die Vollerhebung im Jahr 2007 sei rechtsgrundlos erfolgt. Ein ordnungsgemäßes Verfahren sei bisher nicht nachgeholt worden. Die Qualitätssicherungsvereinbarung gehe immer von einer Anforderung von "20 konkret benannten Fällen" aus. Dies nicht erst dann, wenn durch den Arzt zuvor ein erfolgter Nachweis von 200 Fällen geführt worden sei. Er könne nicht zu einem Verstoß gegen seine ärztliche Schweigepflicht in über 180 Fällen verpflichtet werden. Nach mühevoller Arbeit habe er weitere 38 Befunde aus dem Zeitraum 2006/07 ermittelt, die der Verwaltungsakte der Beklagten nicht anbei gelegen hätten. Diese würden hiermit nachgereicht werden. Die Nachreichung weiterer, ermittelter Fälle bleibe vorbehalten. Er rüge nicht die Unwirksamkeit der Qualitätssicherungsvereinbarung, sondern die fehlerhafte Anwendung durch die Beklagte. Er habe auch einen Antrag auf Wiedererteilung der Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung koloskopischer Leistungen mit Datum vom 16.10.2009 gestellt. Herr Dr. med. DD bestätige ihm, im Zeitraum der sechs Monate nach Widerruf der Genehmigung die Anforderungen der Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt zu haben. Es verstoße auch gegen Art. 3 GG, wenn für das Erhalten einer Genehmigung als Qualitätsnachweis geringere Anforderungen gestellt würden, als für das Aufrechterhalten bzw. für Kinderärzte geringere Fallzahlen gelten würden. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 01.09.2010 trägt er ferner vor, er reiche 3 weitere Befunde aus dem Zeitraum 2006/07 ein. Zudem habe er weitere 14 Behandlungen ermitteln können, die er in einer Liste aufführe. Ferner überreiche er zwei weitere Pathologie-Berichte. Er habe demnach zur Bestätigung seiner im Zeitraum 2006/07 tatsächlich durchgeführten 209 Koloskopien und 18 Polypektomien insgesamt 164 Koloskopien-Befundberichte und dazugehörige 16 Polypektomien vorlegen können. Die Beklagte behaupte dagegen, nur 89 Befunde und 1 Polypektomien erhalten zu haben. Tatsächlich befänden sich aber in der Verwaltungsakte 109/14 Befunde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagte vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ausreichend begründet worden. Der Kläger sei angehört worden. Während des gesamten Verfahrens sei er informiert worden, er sei um Übersendung von Unterlagen und Dokumentationen gebeten worden. Es sei ihm Akteneinsicht gewährt worden. Eine gesonderte Anhörung vor einer Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht notwendig. Das besondere Vollzugsinteresse sei mit den Auswirkungen für die Patienten zutreffend begründet worden. Der Bescheid sei rechtmäßig. Bereits aus § 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie folge die Geltung der Qualitätssicherungsvereinbarung auch für die kurative Koloskopie. Der Bescheid vom 20.04.2005 sei bestandskräftig geworden. Damit stehe der fehlende Nachweis fest. Erst auf wiederholte Nachfrage ihrerseits habe der Kläger die 89 Befundberichte vorgelegt, die aus der Zeit Oktober 2006 bis Oktober 2007 stammten und nicht dem vorgegebenen Zeitraum IV/05 bis II/06. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung verpflichtet, in geeigneter Weise nachzuweisen, dass er die Auflagen der Qualitätssicherungsvereinbarung in den festgelegten Zeiträumen erfüllt habe. Das Schreiben vom 21.07.2003 lege nur die Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung dar. Bei § 10 der Qualitätssicherungsvereinbarung handele es sich um eine Übergangsregelung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und beigezogenen Verwaltungsakte sowie Verfahrensakte mit dem Az.: S 12 KA 528/09 ER, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten tun, weil diese ordnungsgemäßgeladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.
Die Klage ist zulässig und auch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben.
Nach der hier maßgeblichen Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 24.07.2006 (Deutsches Ärzteblatt 2006, Heft 43 S. A-2892, im Folgenden abgekürzt Vb) wird die Genehmigung widerrufen, wenn weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt wurden (§ 6 Abs. 3 Buchst. g Satz 2 Vb).
Ein Widerruf setzt voraus, dass bereits zuvor in einem Zeitraum von zwölf Monaten weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt wurden. Nach § 6 Abs. 2 Buchst. g Satz 1 Vb hat der Arzt die Möglichkeit, wenn weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt wurden, seine fachliche Befähigung nachzuweisen, indem nach Ablauf von weiteren auf den in Absatz 1 genannten Zeitraum folgenden zwölf Monaten die schriftlichen und bildlichen Dokumentationen von 200 abgerechneten Fällen gemäß Buchstabe a Satz 2 und b eingereicht werden. Nach § 6 Abs. 1 Vb bestehen für Ärzte mit Ausnahme der Facharztbezeichnung "Kinder- und Jugendmedizin" oder der Facharztbezeichnung "Kinderchirurgie", denen eine Genehmigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie erteilt worden ist, folgende Auflagen zur Aufrechterhaltung der fachlichen Befähigung:
a) Selbständige Durchführung von mindestens 200 totalen Koloskopien ohne Mängel gemäß Absatz 3 innerhalb eines Zeitraums von jeweils zwölf Monaten.
b) Selbständige Durchführung von mindestens zehn Polypektomien ohne Mängel gemäß Absatz 4 innerhalb eines Zeitraums von jeweils zwölf Monaten.
Der Arzt hat gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung in geeigneter Weise nachzuweisen, dass er die Auflagen in den festgelegten Zeiträumen erfüllt hat. Nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführte totale Koloskopien und Polypektomien können auf die nachzuweisenden Zahlen angerechnet werden. Für Kinderärzte und Kinderchirurgen gelten aufgrund der geringen Untersuchungszahlen abweichende Auflagen gemäß Absatz 6.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Soweit die Beklagte dem Kläger unter Datum vom 12.04.2005 mitgeteilt hat, er habe nach Prüfung mit der von ihm eingereichten Unterlagen keine 200 Koloskopien nachgewiesen und somit nicht die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien (einschließlich des Zoekums) erfüllt, war dies unerheblich, da es hierfür an den Verfahrensvoraussetzungen fehlt. Es ist nicht ersichtlich, wodurch und in welcher Form die Beklagte den Kläger aufgefordert hat, die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien für welchen Zeitraum nachzuweisen. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung der Koloskopie-Kommission am 09.03.2005 geht die Beklagte hierbei offensichtlich vom Referenzzeitraum 2003 aus. In der Niederschrift heißt es insoweit, der Kläger habe im Jahr 2003, also in den Referenzquartalen, nur 79 hohe Koloskopien und 8 Polypektomien durchgeführt; eine Dokumentation habe er überhaupt nicht eingereicht. Damit greift die Beklagte auf einen Referenzzeitraum zurück, der bereits der Erteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie im Bescheid vom 11.07.2003 zugrunde lag. Diese Genehmigung aufgrund des Übergangsrechts nach § 10 Abs. 3 Vb – wobei wegen der Bestandskraft der Genehmigung davon abzusehen ist, dass der Vorstand der Beklagten sich offensichtlich nicht an die Voraussetzungen für die Genehmigung nach der Vb gehalten hat – diente dem Zweck, den Ärzten, die im dort genannten Umfang in der Vergangenheit Koloskopie-Leistungen erbracht hatten, zunächst die Genehmigung zu erteilen und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, in der Zukunft den von der Vb nunmehr geforderten Leistungsumfang zu erreichen und nachweisen. Für den erstmaligen Nachweis der geforderten 200 Koloskopien kann daher aber nur auf einen Zeitraum nach Genehmigungserteilung abgestellt werden. Dies hat die Beklagte offensichtlich verkannt.
Bei dem Schreiben mit Datum vom 12.04.2005 handelt es sich auch nicht um einen Verwaltungsakt. Insofern fehlt es an einer Regelung, d. h. an einer Willenserklärung, die auf Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Im Schreiben wird der Kläger lediglich auf den bisher fehlenden Nachweis hingewiesen und wird der Erlass eines Verwaltungsakts (Widerruf) angekündigt, falls auch der weitere Nachweis nicht gelingen sollte. Einer feststellenden Regelung darauf, dass nunmehr Verfahrensstufe 1 nach der Vb abgeschlossen sei, fehlt es jedenfalls an einer eindeutigen Bestimmung. Insoweit gehen Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung als Urheber der Willenserklärung. Hinzu kommt, dass das Schreiben auch nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und auch aus diesem Grund dem Schreiben kein Regelungscharakter unterstellt werden kann. Es handelte sich nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt, wovon offensichtlich die Beklagte ausgeht, sondern um einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Insofern bedurfte es auch keiner förmlichen Feststellung durch Verwaltungsakt nach der Vb.
Im Ergebnis hat es die Beklagte versäumt, dem Kläger einen bestimmten Zeitraum zu benennen, für den der Nachweis zu erbringen war. Auch war es unzulässig, den Zeitraum Januar bis Juli 2003 einzubeziehen.
Soweit bereits nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger für einen ersten Zeitraum den Nachweis nicht erbringen konnte, kommt es auf einen zweiten Zeitraum nicht an. Von daher kommt es nicht darauf an, ob der Kläger für einen zweiten Zeitraum tatsächlich 200 totale Koloskopien nachgewiesen hat, wenn auch die Kammer hieran erhebliche Zweifel hat.
Im Übrigen ist es allerdings unerheblich, dass die Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002 durch die Vb ersetzt wurde. Entgegen der Auffassung des Klägers wurden dadurch nicht separate Prüfzeiträume geschaffen und ist es der Beklagten nicht verwehrt, Zeiträume vor dem 01.10.2006, dem Inkrafttreten der Vb (§ 10 Abs. 1 Vb) zu berücksichtigen. Bereits die Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002 sah für Ärzte ohne Gebietsbezeichnung "Kinderchirurgie", denen eine Genehmigung für die Ausführung und Abrechung von Leistungen der Koloskopie erteilt worden ist, eine entsprechende Auflage zur Aufrechterhaltung der fachlichen Befähigung vor mit der Folge, dass bei einem fehlenden Nachweis für weitere 12 Monate die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie zu widerrufen war (§ 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002, vgl. hierzu SG Marburg, Urt. v. 30.04.2008 - S 12 KA 412/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 12.09.2008 - L 4 KA 45/08 -). Auch wenn die Vb die Vorgängervereinbarung förmlich ersetzte, so handelt es sich sachlich um bloße Änderungen der Vorgängervereinbarung und werden hinsichtlich der Auflagen nach § 6 Vb nur redaktionelle Änderungen vorgenommen. Die in der Vb genannten Mindestfallzahlen gelten auch für ausschließlich kurativ tätige Ärzte. Nach § 1 Satz 2 Vb regelt die Vb die fachlichen und apparativen Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie in der vertragsärztlichen Versorgung (Leistungen nach den Nummern 01741, 01742, 13421, 13422, 13423 und 13424 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes) und damit auch der kurativen Koloskopie nach Nrn. 13421, 13422, 13423 und 13424 EBM. Die Vb ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht rechtswidrig. Insbesondere liegt keine Benachteiligung der ausschließlich kurativ tätigen Ärzte gegenüber den sowohl präventiv und auch kurativ tätigen Ärzten vor. Die Vb ist eine Maßnahme zur Qualitätssicherung, mit welcher die Strukturqualität bei der Erbringung von Leistungen der Koloskopie (einschließlich der gegebenenfalls erforderlichen Polypektomien) gesichert werden soll (§ 1 Satz 1 Vb). Es ist nicht ersichtlich, weshalb für die kurative Koloskopie geringere Anforderungen ausreichend wären. Insoweit obliegt es dem Gestaltungsspielraum der Bundesmantelvertragsparteien nach § 135 Abs. 2 SGB V, welche Anforderungen aufgestellt werden. Eine Regelung aus sachfremden Erwägungen oder eine willkürliche Regelung kann darin nicht gesehen werden. Gleiches gilt für die geringen Fallzahlen für Ärzte mit der Facharztbezeichnung "Kinder- und Jugendmedizin" und "Kinderchirurgie". Dies beruht offensichtlich auf unterschiedlichen Behandlungszahlen dieser Fachgruppen und gewährleistet, dass die Kombination aus der spezifischen Befähigung zur Behandlung von Kindern und zur Koloskopie auch den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung steht.
Im Ergebnis ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und war der Klage daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anordnung eines Widerrufs der Koloskopie-Genehmigung.
Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt in der Klinik CC in ZX ... Er ist nach eigenen Angaben seit 1988 ununterbrochen berechtigt, Leistungen der kurativen Koloskopie zu erbringen. Die Beklagte erteilte mit Bescheid vom 11.07.2003 erneut die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie (Nr. 760, 764 bis 775 EBM) rückwirkend zum 01.10.2002 aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Die Genehmigung erteilte sie mit der Auflage, dass die festgelegten Mindestanforderungen bzgl. der jährlich durchzuführenden Koloskopie erfüllt werden und dass der Kläger an den Maßnahmen zur Überprüfung der jährlichen Hygienequalität erfolgreich teilnehme. Die Genehmigung könne widerrufen werden, falls die bei der Erteilung zugrundeliegenden Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt gewesen seien oder nachträglich entfielen. Ferner bleibe der Widerruf für den Fall vorbehalten, dass die mit der Genehmigung verbundenen Auflagen nicht eingehalten werden.
Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 12.04.2005 mit, er habe nach Prüfung mit der von ihm eingereichten Unterlagen keine 200 Koloskopien nachgewiesen und somit nicht die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien (einschließlich des Zoekums) erfüllt. Könne der Nachweis nach Ablauf von folgenden 12 Monaten erneut nicht geführt werden, werde die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen widerrufen.
Die Beklagte bat den Kläger unter Datum vom 03.07.2007 unter Hinweis auf die Nachweispflicht um die Einreichung der Unterlagen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 22.10.2007.
Der Kläger erklärte unter Datum vom 19.11.2007, das Schreiben vom 03.07.2007 habe er nie erhalten. Er habe in den letzten 12 Monaten 209 Koloskopien durchgeführt, davon 91 ambulant (GKV und privat) und 118 stationär (GKV plus privat). Dabei seien mindestens 18 Polypen bzw. Tumore entdeckt und entsprechend behandelt worden. Beiliegend reiche er einige Fälle ein, dokumentiert durch Bild, Histologie oder beides mit der Bitte um Zurücksendung nach Abschluss der Prüfung.
Die Koloskopie-Kommission kam in ihrer Sitzung am 09.04.2008 zu dem Ergebnis, der Kläger habe die Dokumentation von 13 Koloskopien eingereicht. Er solle gebeten werden, die Dokumentation der von ihm genannten 209 durchgeführten Koloskopien einzureichen. Hierauf forderte die Beklagte den Kläger auf, die Nachweise einzureichen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 25.06.2008. Daraufhin reichte der Kläger Unterlagen ein, die die Beklagte wiederum der Koloskopie-Kommission zur Prüfung vorlegte.
Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 26.08.2008 die mit Bescheid vom 11.07.2003 erteilte Abrechnungsgenehmigung, da der Kläger die Auflagen gem. § 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie in der Fassung vom 24.07.2006 nicht nachgewiesen habe. Die von ihm eingereichten Unterlagen hätten 89 Befundberichte enthalten, in denen eine hohe Koloskopie beschrieben worden sei. Bei 56 dieser Befundberichte habe die Bilddokumentation vollständig gefehlt. Bei den vorhandenen Bilddokumentationen sei nicht immer der Coecalpol eindeutig erkennbar gewesen. Diese Fälle seien jedoch als Fälle mit vorhandener Bilddokumentation gewertet worden. In nur einem einzigen Fall habe eine histologisch dokumentierte Polypektomie mit Hochfrequenzelektroschlinge vorgelegen. Da der Nachweis nach Ablauf von 12 Monaten erneut nicht erbracht worden sei, werde die Genehmigung widerrufen.
Hiergegen legte der Kläger am 19.08.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, ihm sei bisher eine vollständige Akteneinsicht verwehrt worden. Bei der am 20.11.2008 vor Ort erfolgten Akteneinsicht seien nur Teile der Akte vorhanden gewesen. Es sei ihm auch die Herausgabe seiner Originalunterlagen verweigert worden. Er habe die in § 6 Abs. 1 der Koloskopievereinbarung enthaltenen Fallzahlen quantitativ erreicht. Die Abrechnungsunterlagen könnten die Durchführung der 209 Koloskopien bestätigen. Evtl. fehlende Fälle aus nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Behandlungen werde er nachreichen. Ungeachtet dessen unterliege er als rein kurativ tätiger Arzt nicht den Fallzahlanforderungen des § 6 Abs. 1 in Form von 200 Koloskopien und 10 Polypektomien innerhalb von 12 Monaten. Bei der Ermächtigungsgrundlage zum Widerruf handele es sich um eine Qualitätssicherungs- und nicht um eine Quantitätssicherungsvereinbarung. Insoweit könne die Ermächtigungsgrundlage auch nur die Sicherung der Qualität erfassen, die zudem grundgesetzkonform auszulegen und anzuwenden sei. Es würden für den Bereich der kurativen Koloskopien überhaupt keine Fallzahlenerfordernisse bzw. wenn überhaupt nur die herabgesetzten Fallzahlen analog denen der Kinderärzte und -chirurgen gelten. Mit der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002 seien die Fallzahlenerfordernisse allein für die präventive Koloskopie eingeführt worden. Die rein kurative Koloskopie sei ausdrücklich ohne Fallzahlenerfordernis weiter genehmigt worden. Diese unterschiedliche Behandlung sei in der Vereinbarung zum 24.07.2006 beibehalten worden. Dies sei auch geboten. Rein kurativ behandelnde Ärzte hätten weniger Untersuchungen als auch präventiv behandelnde Ärzte. Für Kinderärzte und Kinderchirurgen werde ebenfalls wegen geringerer Fallzahlen eine geringere Untersuchungszahl verlangt. Die Beklagte habe auch das Verfahren nicht eingehalten. § 6 Abs. 3a berechtige die Kassenärztliche Vereinigung in einer ersten Stufe, von dem Arzt die schriftlichen und bildlichen Dokumentationen von 20 abgerechneten Fällen anzufordern. Das habe die Beklagte bisher nicht gemacht. Sie habe vielmehr 200 totale Koloskopien und 10 Polypektomien angefordert. Es sei auch kein Zeitraum von 12 Monaten genannt worden, sondern von der Beklagten willkürlich ausgesuchte Zeiträume, die allesamt nicht nachvollziehbar gewesen seien. Auf einer 2. Stufe hätten dann nach weiteren 12 Monaten erneut 20 Fälle angefordert werden müssen, auch dies sei nicht erfolgt. Erst dann hätte nach weiteren 12 Monaten eine Anforderung von 200 Fällen erfolgen müssen. Diese Verfahrensanforderungen würden im Übrigen parallel für die Anforderung der Polypektomien gelten, die an denselben Mängeln leide. Die Begründung sei fehlerhaft. Es werde nicht ersichtlich, auf welche Anforderung Bezug genommen werden soll noch auf welche konkreten Patienten oder auf welche Zeiträume sich die einzelnen Ausführungen bezögen. Dieses Vorgehen verwundere, da ihm bislang keine Mängel in Hygiene oder bei der Qualität der durchgeführten Koloskopien vorgeworfen worden seien. Bei einem ordnungsgemäßen Verfahren erkläre er sich bereit, Nachweise für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis zum 31.09.2009 zu erbringen.
Der Kläger hat unter Datum vom 06.04.2009 Klage gegen die Beklagte auf Herausgabe der von ihm eingereichten Originalbehandlungsunterlagen bei dem Amtsgericht X-Stadt zum Az.: xxxxx – yy eingereicht. Das Amtsgericht hat die Klage zwischenzeitlich abgewiesen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2009, dem Kläger am 03.07.2009 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück und ordnete die sofortige Vollziehung des Widerrufs der Koloskopie-Genehmigung an. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die Auflage gem. § 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie nicht erfüllt. Eine unverzügliche Mitteilung nach § 6 Abs. 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung über den nicht geführten Nachweis über Koloskopie-Leistungen sei mit Schreiben vom 12.04.2005 erfolgt. Das Schreiben sei korrekt gewesen, da in der Qualitätssicherungsvereinbarung von 2002 noch der Nachweis aller 200 vorgeschriebenen Koloskopien gefordert worden sei. Ein Nachweis sei nicht erfolgt. Somit sei die erste Nachweispflicht nach Ablauf von 12 Monaten nach Erteilung der Abrechnungsgenehmigung nicht erreicht worden. Gem. § 6 Abs. 3 Buchst. g der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie sei die Koloskopie-Genehmigung zu widerrufen, wenn die erneute Überprüfung nach Ablauf von 12 Monaten Mängel aufweise oder wenn weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt worden seien. Die Genehmigung sei nach Abs. 4 Buchst. d auch zu widerrufen, wenn eine zweite Überprüfung die Anforderungen an eine mangelfreie Dokumentation von Polypektomien nicht erfülle oder wenn weniger als 10 Polypektomien durchgeführt worden seien. Die Nachweise müssten auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung eingereicht werden. Die Erststufe der Nachweispflicht mit Vorlage von nur 20 Koloskopien gelte nur für Ärzte, die grundsätzlich die Fallzahlen von 200 Koloskopien auch erreicht hätten. Sowohl die Anzahl der nachgewiesenen Koloskopien als auch die Anzahl der Polypektomien entspreche nicht den Vorgaben der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Die insgesamt vorliegenden 102 dokumentierten Koloskopien, darunter 1 Fall einer vollständig dargestellten Polypektomie mittels Hochfrequenzelektroschlinge, unterschritten die festgesetzte Fallzahl. Zudem hätten die eingereichten Dokumentationen Mängel in der Darstellung aufgewiesen. Danach gelte eine totale Koloskopie erst als nachgewiesen, wenn die Bauhin´sche Klappe und das Zoekum dargestellt seien. Dies sei nur teilweise der Fall gewesen. Die erbrachten Untersuchungszahlen müssten nachprüfbar nachgewiesen werden. Die eigenen Angaben des Arztes genügten hierfür nicht. Der in § 10 Abs. 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung vorgeschriebene Verzicht auf den Nachweis gelte nur für die Erlangung der Genehmigung. Die regelmäßigen Qualitätskontrollen seien insbesondere bei ärztlichen Leistungen angebracht, die eine hohe manuelle Fertigkeit voraussetzten. Sowohl für die Früherkennungskoloskopie als auch für die kurative Behandlung solle der Nachweis einer entsprechend häufigen Untersuchungsdurchführung wie bei der Genehmigungsbeantragung die aktuelle Befähigung des Arztes belegen, die hohe Koloskopie ausführen zu können. Damit nach Zulassung zur Leistungserbringung die manuellen Fertigkeiten auf hohem Niveau erhalten blieben, müssten teilnehmende Ärzte die erforderlichen Nachweise erbringen. Soweit der Kläger das Schreiben vom 03.07.2007 nicht erhalten habe, habe ihn der länger zurückliegende Prüfungszeitraum nicht verwirren können. Die weitere Prüfung zeige, dass die Kommission auch die Dokumentation aus dem Zeitraum Ende 2006 bis Ende 2007 akzeptiert habe.
Hiergegen hat der Kläger am 31.07.2009 zum Az.: S 12 KA 495/09 die Klage erhoben.
Am 06.08.2009 hat der Kläger ferner den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt, den die Kammer mit Beschluss vom 21.08.2009 abgelehnt hat. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat LSG Hessen, Beschl. v. 01.03.2010 – L 4 KA 91/09 B ER – stattgegeben; es stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sowie der Klage gegen den Bescheid vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 wieder her. In den Beschlussgründen führte das LSG insbesondere ,an, dass die Beklagte kein besonderes den Sofortvollzug tragendes öffentliches Interesse dargelegt habe, das über das Interesse, das den Erlass des Bescheids vom 26.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2009 rechtfertige, hinausgehe.
Zur Klagebegründung trägt der Kläger vor, er sei weiterhin der Auffassung, dass er Koloskopien in ausreichender Zahl erbracht habe und dass die Beklagte das Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Den gegenständlichen Bescheiden fehle zudem die erforderliche Bestimmtheit und Begründung. Die Beklagte könne nicht auf die Qualitätssicherungsvereinbarung aus dem Jahre 2006 für Vorgänge im Jahre 2003 verweisen. Vollerhebungen seien nur in Ausnahmefällen zulässig, was auch aus § 299 SGB V folge. Ein Widerruf sei nur möglich, wenn in 2 aufeinanderfolgenden 12 monatigen Zeiträumen die Anforderungen der Vereinbarungen nicht erfüllt worden seien. Mit dem Übergangsrecht nach der 2. Qualitätssicherungsvereinbarung aus dem Jahr 2006 hätten sich etwaige Mängel aus der Zeit vor dem Inkrafttreten erledigt. Es fehle an einem Hinweis, einer Aufklärung oder einer Beratung. Insgesamt fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung. Er sei bislang insbesondere nicht zu einem konkreten, dem Verfahren entsprechenden Zeitraum und/oder patientenbezogenen Verstoß angehört worden. Als rein kurativ tätigem Arzt würden für ihn die Fallzahlanforderungen nicht gelten. Es liege eine Ungleichbehandlung mit rein kurativ tätigen Ärzten im Vergleich zu Kinderärzten vor. Eine Gleichbehandlung mit präventiv koloskopierenden Ärzten verstoße gegen Art. 3 und 12 GG. Auf sein Angebot, einen Nachweis für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis zum 31.09.2009 zu erbringen, habe die Beklagte bisher nicht reagiert. Der Kläger trägt weiter vor, dem Schreiben vom 12.04.2005 fehle die Bestimmtheit. Die Mitteilung enthalte auch keine Angabe, welche konkrete Fallzahlunterschreitung vorliegen würde. Es fehle eine Festlegung des zukünftigen Prüfungszeitraums. Es sei widersprüchlich, wenn ihm mit Bescheid vom 11.07.2003 die Genehmigung rückwirkend erteilt werde, andererseits diese Genehmigung nachträglich wieder entzogen werde mit der Begründung, er habe in demselben Jahr, d. h. in den zwölf Monaten des Jahres 2003, die Anforderung der Qualitätssicherungsvereinbarung doch nicht erfüllt. Es könne überhaupt nur auf einen Zeitraum nach Erhalt der Genehmigung abgestellt werden. Eine Prüfung des Jahres 2003 rechtfertige auch keine Durchführung einer Vollerhebung im Jahr 2007. Er habe die Mitwirkung nicht verweigert. Ein Schreiben mit Datum vom 03.07.2007 habe er nicht erhalten. Im Schreiben vom 03.07.2007 werde der Zeitraum IV/05 bis III/06 angefordert. Dieser Zeitraum sei aber nicht der unmittelbare Folgezeitraum von 2003. Die Beklagte sei erstmals mit Schreiben vom 22.10.2007 auf ihn zugekommen. Es werde der unbestimmte Zeitraum der "letzten zwölf Monate" angefordert. Er bestreite ausdrücklich, dass eine Prüfung innerhalb der letzten Jahre festgestellt habe, er habe seit Erhalt der Genehmigung in keinem zwölfmonatigen Zeitraum die Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt. Die Beklagte habe auch keine Kenntnis über privat behandelte Fälle, die ebenfalls zu berücksichtigen seien. Die Vollerhebung im Jahr 2007 sei rechtsgrundlos erfolgt. Ein ordnungsgemäßes Verfahren sei bisher nicht nachgeholt worden. Die Qualitätssicherungsvereinbarung gehe immer von einer Anforderung von "20 konkret benannten Fällen" aus. Dies nicht erst dann, wenn durch den Arzt zuvor ein erfolgter Nachweis von 200 Fällen geführt worden sei. Er könne nicht zu einem Verstoß gegen seine ärztliche Schweigepflicht in über 180 Fällen verpflichtet werden. Nach mühevoller Arbeit habe er weitere 38 Befunde aus dem Zeitraum 2006/07 ermittelt, die der Verwaltungsakte der Beklagten nicht anbei gelegen hätten. Diese würden hiermit nachgereicht werden. Die Nachreichung weiterer, ermittelter Fälle bleibe vorbehalten. Er rüge nicht die Unwirksamkeit der Qualitätssicherungsvereinbarung, sondern die fehlerhafte Anwendung durch die Beklagte. Er habe auch einen Antrag auf Wiedererteilung der Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung koloskopischer Leistungen mit Datum vom 16.10.2009 gestellt. Herr Dr. med. DD bestätige ihm, im Zeitraum der sechs Monate nach Widerruf der Genehmigung die Anforderungen der Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt zu haben. Es verstoße auch gegen Art. 3 GG, wenn für das Erhalten einer Genehmigung als Qualitätsnachweis geringere Anforderungen gestellt würden, als für das Aufrechterhalten bzw. für Kinderärzte geringere Fallzahlen gelten würden. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 01.09.2010 trägt er ferner vor, er reiche 3 weitere Befunde aus dem Zeitraum 2006/07 ein. Zudem habe er weitere 14 Behandlungen ermitteln können, die er in einer Liste aufführe. Ferner überreiche er zwei weitere Pathologie-Berichte. Er habe demnach zur Bestätigung seiner im Zeitraum 2006/07 tatsächlich durchgeführten 209 Koloskopien und 18 Polypektomien insgesamt 164 Koloskopien-Befundberichte und dazugehörige 16 Polypektomien vorlegen können. Die Beklagte behaupte dagegen, nur 89 Befunde und 1 Polypektomien erhalten zu haben. Tatsächlich befänden sich aber in der Verwaltungsakte 109/14 Befunde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagte vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ausreichend begründet worden. Der Kläger sei angehört worden. Während des gesamten Verfahrens sei er informiert worden, er sei um Übersendung von Unterlagen und Dokumentationen gebeten worden. Es sei ihm Akteneinsicht gewährt worden. Eine gesonderte Anhörung vor einer Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht notwendig. Das besondere Vollzugsinteresse sei mit den Auswirkungen für die Patienten zutreffend begründet worden. Der Bescheid sei rechtmäßig. Bereits aus § 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie folge die Geltung der Qualitätssicherungsvereinbarung auch für die kurative Koloskopie. Der Bescheid vom 20.04.2005 sei bestandskräftig geworden. Damit stehe der fehlende Nachweis fest. Erst auf wiederholte Nachfrage ihrerseits habe der Kläger die 89 Befundberichte vorgelegt, die aus der Zeit Oktober 2006 bis Oktober 2007 stammten und nicht dem vorgegebenen Zeitraum IV/05 bis II/06. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung verpflichtet, in geeigneter Weise nachzuweisen, dass er die Auflagen der Qualitätssicherungsvereinbarung in den festgelegten Zeiträumen erfüllt habe. Das Schreiben vom 21.07.2003 lege nur die Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung dar. Bei § 10 der Qualitätssicherungsvereinbarung handele es sich um eine Übergangsregelung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und beigezogenen Verwaltungsakte sowie Verfahrensakte mit dem Az.: S 12 KA 528/09 ER, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten tun, weil diese ordnungsgemäßgeladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.
Die Klage ist zulässig und auch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben.
Nach der hier maßgeblichen Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 24.07.2006 (Deutsches Ärzteblatt 2006, Heft 43 S. A-2892, im Folgenden abgekürzt Vb) wird die Genehmigung widerrufen, wenn weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt wurden (§ 6 Abs. 3 Buchst. g Satz 2 Vb).
Ein Widerruf setzt voraus, dass bereits zuvor in einem Zeitraum von zwölf Monaten weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt wurden. Nach § 6 Abs. 2 Buchst. g Satz 1 Vb hat der Arzt die Möglichkeit, wenn weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt wurden, seine fachliche Befähigung nachzuweisen, indem nach Ablauf von weiteren auf den in Absatz 1 genannten Zeitraum folgenden zwölf Monaten die schriftlichen und bildlichen Dokumentationen von 200 abgerechneten Fällen gemäß Buchstabe a Satz 2 und b eingereicht werden. Nach § 6 Abs. 1 Vb bestehen für Ärzte mit Ausnahme der Facharztbezeichnung "Kinder- und Jugendmedizin" oder der Facharztbezeichnung "Kinderchirurgie", denen eine Genehmigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie erteilt worden ist, folgende Auflagen zur Aufrechterhaltung der fachlichen Befähigung:
a) Selbständige Durchführung von mindestens 200 totalen Koloskopien ohne Mängel gemäß Absatz 3 innerhalb eines Zeitraums von jeweils zwölf Monaten.
b) Selbständige Durchführung von mindestens zehn Polypektomien ohne Mängel gemäß Absatz 4 innerhalb eines Zeitraums von jeweils zwölf Monaten.
Der Arzt hat gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung in geeigneter Weise nachzuweisen, dass er die Auflagen in den festgelegten Zeiträumen erfüllt hat. Nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführte totale Koloskopien und Polypektomien können auf die nachzuweisenden Zahlen angerechnet werden. Für Kinderärzte und Kinderchirurgen gelten aufgrund der geringen Untersuchungszahlen abweichende Auflagen gemäß Absatz 6.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Soweit die Beklagte dem Kläger unter Datum vom 12.04.2005 mitgeteilt hat, er habe nach Prüfung mit der von ihm eingereichten Unterlagen keine 200 Koloskopien nachgewiesen und somit nicht die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien (einschließlich des Zoekums) erfüllt, war dies unerheblich, da es hierfür an den Verfahrensvoraussetzungen fehlt. Es ist nicht ersichtlich, wodurch und in welcher Form die Beklagte den Kläger aufgefordert hat, die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien für welchen Zeitraum nachzuweisen. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung der Koloskopie-Kommission am 09.03.2005 geht die Beklagte hierbei offensichtlich vom Referenzzeitraum 2003 aus. In der Niederschrift heißt es insoweit, der Kläger habe im Jahr 2003, also in den Referenzquartalen, nur 79 hohe Koloskopien und 8 Polypektomien durchgeführt; eine Dokumentation habe er überhaupt nicht eingereicht. Damit greift die Beklagte auf einen Referenzzeitraum zurück, der bereits der Erteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie im Bescheid vom 11.07.2003 zugrunde lag. Diese Genehmigung aufgrund des Übergangsrechts nach § 10 Abs. 3 Vb – wobei wegen der Bestandskraft der Genehmigung davon abzusehen ist, dass der Vorstand der Beklagten sich offensichtlich nicht an die Voraussetzungen für die Genehmigung nach der Vb gehalten hat – diente dem Zweck, den Ärzten, die im dort genannten Umfang in der Vergangenheit Koloskopie-Leistungen erbracht hatten, zunächst die Genehmigung zu erteilen und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, in der Zukunft den von der Vb nunmehr geforderten Leistungsumfang zu erreichen und nachweisen. Für den erstmaligen Nachweis der geforderten 200 Koloskopien kann daher aber nur auf einen Zeitraum nach Genehmigungserteilung abgestellt werden. Dies hat die Beklagte offensichtlich verkannt.
Bei dem Schreiben mit Datum vom 12.04.2005 handelt es sich auch nicht um einen Verwaltungsakt. Insofern fehlt es an einer Regelung, d. h. an einer Willenserklärung, die auf Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Im Schreiben wird der Kläger lediglich auf den bisher fehlenden Nachweis hingewiesen und wird der Erlass eines Verwaltungsakts (Widerruf) angekündigt, falls auch der weitere Nachweis nicht gelingen sollte. Einer feststellenden Regelung darauf, dass nunmehr Verfahrensstufe 1 nach der Vb abgeschlossen sei, fehlt es jedenfalls an einer eindeutigen Bestimmung. Insoweit gehen Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung als Urheber der Willenserklärung. Hinzu kommt, dass das Schreiben auch nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und auch aus diesem Grund dem Schreiben kein Regelungscharakter unterstellt werden kann. Es handelte sich nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt, wovon offensichtlich die Beklagte ausgeht, sondern um einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Insofern bedurfte es auch keiner förmlichen Feststellung durch Verwaltungsakt nach der Vb.
Im Ergebnis hat es die Beklagte versäumt, dem Kläger einen bestimmten Zeitraum zu benennen, für den der Nachweis zu erbringen war. Auch war es unzulässig, den Zeitraum Januar bis Juli 2003 einzubeziehen.
Soweit bereits nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger für einen ersten Zeitraum den Nachweis nicht erbringen konnte, kommt es auf einen zweiten Zeitraum nicht an. Von daher kommt es nicht darauf an, ob der Kläger für einen zweiten Zeitraum tatsächlich 200 totale Koloskopien nachgewiesen hat, wenn auch die Kammer hieran erhebliche Zweifel hat.
Im Übrigen ist es allerdings unerheblich, dass die Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002 durch die Vb ersetzt wurde. Entgegen der Auffassung des Klägers wurden dadurch nicht separate Prüfzeiträume geschaffen und ist es der Beklagten nicht verwehrt, Zeiträume vor dem 01.10.2006, dem Inkrafttreten der Vb (§ 10 Abs. 1 Vb) zu berücksichtigen. Bereits die Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002 sah für Ärzte ohne Gebietsbezeichnung "Kinderchirurgie", denen eine Genehmigung für die Ausführung und Abrechung von Leistungen der Koloskopie erteilt worden ist, eine entsprechende Auflage zur Aufrechterhaltung der fachlichen Befähigung vor mit der Folge, dass bei einem fehlenden Nachweis für weitere 12 Monate die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie zu widerrufen war (§ 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002, vgl. hierzu SG Marburg, Urt. v. 30.04.2008 - S 12 KA 412/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 12.09.2008 - L 4 KA 45/08 -). Auch wenn die Vb die Vorgängervereinbarung förmlich ersetzte, so handelt es sich sachlich um bloße Änderungen der Vorgängervereinbarung und werden hinsichtlich der Auflagen nach § 6 Vb nur redaktionelle Änderungen vorgenommen. Die in der Vb genannten Mindestfallzahlen gelten auch für ausschließlich kurativ tätige Ärzte. Nach § 1 Satz 2 Vb regelt die Vb die fachlichen und apparativen Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie in der vertragsärztlichen Versorgung (Leistungen nach den Nummern 01741, 01742, 13421, 13422, 13423 und 13424 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes) und damit auch der kurativen Koloskopie nach Nrn. 13421, 13422, 13423 und 13424 EBM. Die Vb ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht rechtswidrig. Insbesondere liegt keine Benachteiligung der ausschließlich kurativ tätigen Ärzte gegenüber den sowohl präventiv und auch kurativ tätigen Ärzten vor. Die Vb ist eine Maßnahme zur Qualitätssicherung, mit welcher die Strukturqualität bei der Erbringung von Leistungen der Koloskopie (einschließlich der gegebenenfalls erforderlichen Polypektomien) gesichert werden soll (§ 1 Satz 1 Vb). Es ist nicht ersichtlich, weshalb für die kurative Koloskopie geringere Anforderungen ausreichend wären. Insoweit obliegt es dem Gestaltungsspielraum der Bundesmantelvertragsparteien nach § 135 Abs. 2 SGB V, welche Anforderungen aufgestellt werden. Eine Regelung aus sachfremden Erwägungen oder eine willkürliche Regelung kann darin nicht gesehen werden. Gleiches gilt für die geringen Fallzahlen für Ärzte mit der Facharztbezeichnung "Kinder- und Jugendmedizin" und "Kinderchirurgie". Dies beruht offensichtlich auf unterschiedlichen Behandlungszahlen dieser Fachgruppen und gewährleistet, dass die Kombination aus der spezifischen Befähigung zur Behandlung von Kindern und zur Koloskopie auch den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung steht.
Im Ergebnis ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und war der Klage daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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