S 12 KA 7/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 7/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Neustrukturierung bzw. Zusammenlegung von Notdienstbezirken handelt es sich um einen Organisationsakt und keinen Verwaltungsakt, da eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen fehlt. Ein dagegen eingelegter Widerspruch ist unzulässig.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Widerspruchs gegen die Restrukturierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Landkreis B-Stadt.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Psychiatrie mit Vertragsarztsitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Sie nahm bislang am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Notdienstgemeinschaft A-Stadt teil.

Die Bezirksstelle B-Stadt der Beklagten unterbreitete dem Vorstand den Vorschlag, ein Konzept zur Re-/Neuorganisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes mit Kooperation der ÄBD-Zentrale B-Stadt. Danach sollte der ärztliche Bereitschaftsdienst rund um B Stadt in drei Sektoren zusammengeschlossen werden. Die zu versorgende Bevölkerung betrug im Sektor Nord bei einer maximalen Ausdehnung von ca. 20 km 64.372 Einwohner, im Sektor West bei 25 km 50.051 Einwohner und im Sektor Süd/Ost bei 18 km 67.190 Einwohner. In den Sektoren standen 57, 86 bzw. 65 Ärzte zur Verfügung. Die niedergelassenen Vertragsärzte sollten zukünftig an praxisfreien Zeiten nur noch Hausbesuche durchführen. Die mobilen Patienten sollten von der ÄBD-Zentrale B-Stadt versorgt werden. Für die Hausbesuche in den Sektoren sollten die Ärzte eine Bereitschaftspauschale in Höhe von 150,00 EUR je 24 Std. Dienst erhalten. Diese Pauschale sollte durch eine Umlage finanziert werden. Die Bezirksstelle verwies auf die demografische Entwicklung. Bei einer alternden Bevölkerung gerade in ländlichen Regionen sei es immer schwieriger, freiwerdende Arztsitze neu zu besetzen. Viele Nachbesetzungen scheiterten an der Belastung im ärztlichen Bereitschaftsdienst. Sollten alle Sektoren wie geplant diesem Konzept zustimmen, würde die ÄBD-Zentrale B-Stadt mit den drei Sektoren insgesamt 375.759 Einwohner mit 776 Ärzten versorgen. Die flächenmäßige Ausdehnung über alle Sektoren betrage vom äußerten Norden bis zum südlichen Rand 34 km. Diese Entfernung sei auch in der Ost-West-Achse gegeben.

Diesem Vorschlag stimmten der Vorstandsbeauftragte des Vorstands am 10.10.2008 und der Vorstand der Beklagten am 16.10.2008 zu.

Am 16.06.2009 fand eine Sitzung der Obleute der ärztlichen kollegialen Vertretungsdienste statt, die sich zu den Sektoren Südost und West zusammenschließen sollten. Es wurde eine Übereinkunft getroffen, dass sich die kollegialen Vertretungsdienste C-Ort, D-Ort, E-Ort, F-Ort und G-Ort zum kollegialen Vertretungsdienst-Sektor Südost und die kollegialen Vertretungsdienste A-Stadt, HA-Ort und JA-Ort zu dem kollegialen Vertretungsdienst-Sektor West zusammenschließen würden. Die Fusion solle zum 01.01.2010 erfolgen. Diese Sektoren sollten in Kooperation mit der ÄBD-Zentrale B-Stadt zusammenarbeiten. Der Sektor West sollte folgende Ortschaften umfassen: KA-Ort, LA-Ort, LB-Ort, LC-Ort, MA-Ort, NA-Ort, NB-Ort, NC-Ort, ND-Ort, OA-Ort, PA-Ort, PB-Ort, PC-Ort, JA-Ort, QA-Ort, QB-Ort, QC-Ort, QD-Ort, SA Ort, TA-Ort, KA-Ort, VA-Ort, VB-Ort, WA-Ort, XA-Ort, XB-Ort, YA-Ort.

Die zu versorgende Bevölkerung des Sektors West wurde mit 50.051 Einwohnern ermittelt, die von 86 Ärzten betreut würden. Die räumliche Ausdehnung des Sektors West betrage in den entferntesten Punkten 25 km. Die Dienstzeiten orientierten sich an denen der ÄBD-Zentrale B-Stadt: Werktags von 19:00 Uhr bis 7:00 Uhr, mittwochs und freitags von 13:00 Uhr bis 7:00 Uhr, sowie an Feiertagen, Brückentagen und Wochenenden von 19:00 Uhr des Vortags bis 7:00 Uhr des Folgetags.

Diesem Vorschlag stimmten der Vorstandsbeauftragte am 30.06. und der Vorstand der Beklagten am 03.07.2009 zu.

Die Bezirksstelle B-Stadt der Beklagten informierte mit Schreiben vom 14.07.2009 die von der Neustrukturierung betroffenen Vertragsärzte, so auch die Klägerin. In dem Schreiben führte sie aus, der Vorstand habe auf Grundlage seiner Organisationsentscheidung vom 16.10.2008 auch die Bildung der Sektoren West und Südost beschlossen. Diese Sektoren sollten bereits wie der Sektor Nord in Kooperation mit der ÄBD-Zentrale B-Stadt den ärztlichen Bereitschaftsdienst in der Region sicherstellen. Die ÄBD-Sektoren entstünden durch die Fusion der zurzeit eigenständigen ÄBD-Bezirke. Für den Sektor West seien dies A-Stadt, JA-Ort und HA-Ort. Alle Ärzte in einem Sektor bildeten ab dem 01.01.2010 eine ÄBD-Gemeinschaft. Aus ihrer Mitte sei ein Obmann zu wählen und ggf. eine ausreichende Anzahl von Vertretern. Der Obmann eines Sektors sei auch Mitglied im Beirat der ÄBD-Zentrale B-Stadt. Dem Obmann obliege des Weiteren die Aufstellung des kollegial abgestimmten Dienstplanes und er sei Mittler/Ansprechpartner zwischen den niedergelassenen Vertragsärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Es werde deshalb empfohlen, rechtzeitig eine Versammlung aller Beteiligten Ärzte je ÄBD-Sektor einzuberufen, um dort einen Obmann und ggf. Vertreter zu wählen sowie die Dienstplanabteilung ab dem 01.01.2010 kollegial abzusprechen und vorzunehmen. Für den zukünftigen Hausbesuch in den Sektoren werde eine Pauschale in Höhe von 150,00 EUR je 24 Stundendienst gezahlt. Die Beträge liefen als Kosten in das Zahlenwerk der ÄBD-Zentrale B-Stadt ein. Die Gesamtkosten der ÄBD-Zentrale B-Stadt würden um die Einnahmen aus den Kostenabzügen der erwirtschafteten Honorare und den KV-Pauschalen gemindert. Sollte sich eine Unterdeckung weiterhin ergeben, werde dieser Betrag allen angeschlossenen Ärzten, d. h. den Ärzten der ÄBD-Gemeinschaft B-Stadt und den Ärzten der Sektoren entsprechend ihres Praxisumsatzes per Umlage belastet. Der Beschluss des Vorstandes über die Organisationsentscheidung vom 16.10.2008 und der ergänzende Vorstandsbeschluss vom 03.07.2009 würden als Anlage beigefügt.

Hiergegen legte die Klägerin am 07.10.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Vorstandsbeschlüsse seien rechtswidrig und verletzten sie in ihren Rechten. Das Schreiben enthalte, auch wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung fehle, eine regelnde Wirkung, da durch dieses Schreiben die Vorgaben für den ärztlichen Bereitschaftsdienst verbindlich festgelegt werden. Es liege ein Verwaltungsakt vor. Der Vorstand habe die örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse zu berücksichtigen. Die räumliche Ausdehnung betrage lediglich in der Luftlinie 25 km, gehe man von der maßgeblichen räumlichen Ausdehnung unter Einbeziehung der verkehrstechnischen Gegebenheiten aus, sei die Distanz beispielsweise zwischen QA-Ort und KA-Ort mit ca. 42 km anzusetzen. Die Fahrstrecke zwischen WA-Ort und KA-Ort betrage 38,6 km, zwischen WA-Ort und VA-Ort 35,2 km. Nicht berücksichtigt worden sei, wie verkehrstechnisch die Ortschaften miteinander verbunden seien. Es handele sich überwiegend um Landstraßen, die eine kurzfristige Zurücklegung der Strecke unmöglich machten. Die Erweiterung des Bezirks stelle einen maßgeblichen Nachteil für die Patienten dar. Es sei nicht mehr möglich, dass der Arzt innerhalb einer halben Stunde bei den Patienten eintreffe. Der Arzt in der ÄBD-Zentrale müsse eine riskante Ferndiagnose vornehmen. Die konkrete Ausgestaltung des Notdienstes sei Aufgabe der Notdienstgemeinschaft. Darüber setze sich das Vorstandskonzept hinweg. Die Grenzen der Notdienstgemeinschaften würden nicht berücksichtigt. Die Notdienstzentrale in B-Stadt sei einem anderen Notdienstbezirk zuzurechnen. Eine derartige übergreifende Einrichtung könne sicherlich durch Beschluss der jeweiligen Notdienstgemeinschaften, aber nicht durch Vorstandsbeschluss erreicht werden. BSG, Urteil vom 28.09.2005 – B 6 KA 73/04 R – habe festgestellt, dass die Behandlung in der Praxis des Bereitschaftsarztes stattfinde. In größeren Bezirken sei auch nicht mehr zu erwarten, dass ein Teil der Patienten bereits bekannt sei. Für die Pauschale in Höhe von 150,00 EUR fehle es an einer Rechtsgrundlage. Der Vorstandsbeschluss verlängere die Zeiten für den Bereitschaftsdienst entgegen der Notdienstordnung. Durch die Erweiterung insbesondere an Mittwoch- und Freitagnachmittagen werde massiv in die Praxis des Notdienstarztes eingegriffen, da diese ab 13:00 Uhr Notdienstbereitschaft vorhalten müsse, obwohl in der Regel die Arztpraxen im Bereich der Notdienstgemeinschaft A Stadt noch Dienst versähen. Dies könne nur durch die Notdienstgemeinschaft mit Zustimmung des Vorstandes erfolgen.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2009 den Widerspruch als unzulässig zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein Widerspruch könne nur gegen einen Verwaltungsakt erhoben werden. Bei der Zusammenlegung der Bereitschaftsdienstbezirke A-Stadt, JA-Ort und HA-Ort zum ÄBD-Sektor West handele es sich jedoch um eine Organisationsentscheidung des Vorstandes. Im Übrigen sei nur zur Information anzumerken, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der Notdienstordnung sich der "Notdienstbezirk" auf eine unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium zu definierenden Zuständigkeitsbereich erstrecke und in § 11 Abs. 1 Satz 1 der Notdienstordnung sei geregelt, dass die Beschlüsse der Vertreterversammlung, des Vorstandes und des von ihm beauftragten Gremiums der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur Gestaltung des "Notdienstes" für alle Vertragsärzte bindend seien. Gem. § 9 Abs. 7 Satz 5 der Notdienstordnung könnten Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene Garantiepauschalen vereinbaren. Gem. § 9 Abs. 7 Satz 6 der Notdienstordnung könnten vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium aufgrund der Organisationsform des organisierten Notdienstes im Einzelfall zusätzliche Regelungen/Vorgaben für den jeweiligen Notdienstbezirk erlassen werden. In § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Notdienstordnung sei im Übrigen geregelt, dass der Vorstand oder ein vom ihm beauftragtes Gremium ermächtigt sei, in begründeten Fällen über die Regelungen dieser Notdienstordnung hinaus weitere Aufgaben im Zusammenhang mit der Führung der Notdienstgemeinschaft und der Organisation des Notdienstes zu übernehmen. Über den Umfang der Übernahme entscheide der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium in eigenem Ermessen.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.12.2009 am 04.01.2010 die Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem Widerspruchsvorbringen trägt sie vor, es handele sich bei dem Schreiben vom 14.07.2009 auch deshalb um einen Verwaltungsakt, weil die Beklagte das Schreiben als "Neuregelung ab 2010" deklariere. Somit sei die regelnde Wirkung als wesentliches Element eines Verwaltungsaktes gegeben. Die regelnde Wirkung sei letztlich darauf zurückzuführen, dass durch die Neuregelung sich die Diensthäufigkeit und die finanziellen Grundlagen des Notdienstes erheblich änderten. Sie sei verpflichtet, sich an den Kosten der ÄBD-Zentrale der ÄBD-Gemeinschaft der Stadt B-Stadt zu beteiligen, ohne auf deren Dienstgestaltung und Kosten bzw. Einnahmen überhaupt Einfluss nehmen zu können. Es liege auch ein Ermessensfehlgebrauch vor, da keine sachgemäße Beurteilung stattgefunden habe. Die tatsächlichen Anfahrtswege seien wesentlich länger. In der bisherigen ÄBD-Gemeinschaft A-Stadt seien zwischen 3 und 25 Einsätze bisher geleistet worden. Diese Frequenz könne in den neuen Bezirken nicht mehr geleistet werden. Die überwiegende Zahl der Patienten werde sich nach B Stadt begeben, sondern müsse aufgesucht werden. Die Kompetenz der lokalen ÄBD-Gemeinschaften werde ausgehebelt. Das Schreiben vom 14.07.2008 entfalte eine unmittelbare Rechtswirkung. Es würden neue Notdienstzeiten festgelegt und die Notdienstordnung modifiziert werden. Dies habe sie in den von ihr in der Folgezeit wahrzunehmenden Bereitschaftsdiensten umzusetzen und beachten. Auch die Pauschalenregelung beinhalte eine unmittelbare Rechtswirkung. Auch müsse sie sich an den Kosten der Notdienstzentrale der Stadt B-Stadt beteiligen. Der Honorarbescheid sei nur noch die rechnerische Umsetzung der getroffenen Regelung.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagte vom 14.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil es an einem Verwaltungsakt fehle. Die Klage habe auch in der Sache keinen Erfolg. Eine kassenärztliche Vereinigung könne Regelungen in Satzungsform über die Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in der sprechstundenfreien Zeit erlassen. Von dieser Kompetenz habe sie durch den Erlass der Notdienstordnung Gebrauch gemacht. Es obliege allein der Kassenärztlichen Vereinigung, die Einteilung der Notdienstbezirke vorzunehmen bzw. Neustrukturierungen der Bereitschaftsdienstbereiche. Ihr komme ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der einzelne Arzt könne durch die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung nur in seinen Rechten verletzt sein, wenn dies nicht mehr von sachbezogenen Erwägungen getragen werde und einzelne Arztgruppen oder Ärzte willkürlich benachteiligt würden (BSG, Urt. v. 06.09.2006 – B 6 KA 43/09 R -). Gegenstand der gerichtlichen Prüfung könne damit nicht die Frage sein, ob die Beklagte die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gewählt habe. Die Restrukturierung sei notwendig gewesen, um den Bereitschaftsdienst langfristig überhaupt aufrecht zu erhalten und attraktive Bedingungen für die Gründung bzw. Nachfolge von Arztpraxen im ländlichen Raum zu schaffen. Sie habe zunächst zum 01.01.2009 den Sektor Nord gegründet. Die Kooperation mit der ÄBD-Gemeinschaft B Stadt habe zur Folge, dass in dem neugebildeten Sektor niedergelassene Vertragsärzte an praxisfreien Zeiten nur noch Hausbesuche durchführten. Die mobilen Patienten würden von der ÄBD-Zentrale B-Stadt versorgt werden. Der Erstkontakt der Patienten erfolge ebenfalls über die ÄBD-Zentrale in B-Stadt. Dort werde abgeklärt, ob ein Hausbesuch notwendig sei, ob der Patient nicht in die Zentrale kommen solle oder ob der Notarztwagen hinzugezogen werden müsse. Die Ärzte aus den Sektoren könnten sich auch für zusätzliche Dienste in der ÄBD-Zentrale in B-Stadt einteilen lassen. Es habe sich eine erhebliche Entlastung der Ärzte ergeben. So seien im Schnitt 1 2 Hausbesuche je Dienst angefallen, was die Belastung im Vergleich zur vorherigen Strukturierung bedeutet habe. Je nach Modell seien zuvor Bereitschaftsdienstzeiten von 48 Stunden am Wochenende und sogar Dienste über eine ganze Woche zu leisten gewesen. Die Neustrukturierung sei auch von den Patienten gut aufgenommen worden. Zum 01.01.2010 seien daher die beiden anderen Sektoren gegründet worden. Zu berücksichtigen sei auch gewesen, dass in dem früheren Vertretungsdienst XY./ZZ. 12 Vertragsärzte die Versorgung von fast 12.000 Einwohnern und im früheren Vertretungsdienst QQ. 15 Vertragsärzte für die Versorgung von über 10.000 Einwohnern hätten sicherstellen müssen, während in A-Stadt bereits 59 Vertragsärzte für die Versorgung von 27.700 Einwohnern zur Verfügung gestanden hätten. Die Neustrukturierung bedeute keine unzumutbare Belastung für die Klägerin. Es stünden mehr Ärzte als in den anderen Sektoren zur Verfügung. Die maximale Fahrstrecke betrage 33 km. Im Sektor Nord betrage die maximale Fahrstrecke 25 km, im Sektor West betrage sie 23 km. Aufgrund ihres Praxissitzes in A-Stadt sei die Klägerin auch nicht von den maximalen Entfernungen betroffen. Die Mehrzahl der Einwohner im Sektor West falle auf den Bezirk A-Stadt mit 27.762 Einwohnern. Die Ärzte würden nur zur Versorgung der Patienten herangezogen werden, bei denen auch nach dem früheren System Hausbesuche durchzuführen gewesen seien. Inzwischen sei ein Obmann für den Notdienstbezirk West gewählt worden. Sie habe sich nicht über die Kompetenzen nach der Notdienstordnung hinweggesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Ein Widerspruch kann nur gegen Verwaltungsakte erhoben werden (§ 84 Abs. 1 SGG). Verwaltungsakte müssen eine Regelung enthalten, die u. a. auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 31 SGB X).

Das angefochtene Schreiben der Beklagten vom 14.07.2009 und die diesem Schreiben zugrunde liegenden Vorstandsbeschlüsse der Beklagten stellen keine Verwaltungsakte dar. Es fehlt an einer unmittelbaren Rechtswirkung nach außen. Die Klägerin wird als Mitglied eines Bereitschaftsdienstbezirkes durch die Entscheidung des Vorstands der Beklagten lediglich mittelbar betroffen. Eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. liegt nur dann vor, wenn es keine weiteren Handlungen bedarf, um die Klägerin in ihren Rechten und Pflichten zu betreffen. Die Klägerin wird aber in ihren Rechten nur durch die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst und ggf. zur Zahlung einer Umlage betroffen. Bei der strittigen Neustrukturierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Landkreis B-Stadt handelt es sich insofern um einen verwaltungsinternen Organisationsakt, der die Klägerin erst in ihren Auswirkungen durch Umsetzung in der Heranziehung zum Bereitschaftsdienst unmittelbar betrifft. Insofern folgt die Kammer nicht der Auffassung des Sozialgerichts Dresden, Gerichtsbescheid vom 09.06.2008 – S 18 KA 1561/07 – juris. Grundlage jener Entscheidung war insofern abweichend zu dem hier zu entscheidenden Fall, dass die Kassenärztliche Vereinigung im Bescheid zur Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst in dem neu gebildeten Bereitschaftsdienstbereich nach Maßgabe der jeweiligen Bereitschaftsdiensteinteilung verpflichtet hat (vgl. Rdnr. 4).

Die Beklagte hat auch in der äußeren Form mit dem Schreiben vom 14.07.2009 erkennbar keinen Verwaltungsakt erlassen wollen. Abzustellen ist hier auf den Empfängerhorizont. Insofern weist bereits die Klägerin auf eine fehlende Rechtsmittelbelehrung hin. Ferner ist auch ein entsprechender Verfügungssatz nicht zu ersehen. Die Beklagte verweist in diesem Schreiben vielmehr auf die Organisationsentscheidung des Vorstandes. Soweit Vergütungen in dem Schreiben angesprochen werden, erfolgt eine Belastung eines Vertragsarztes erst bei Heranziehung zu einer Notdienstpauschale bzw. bei Abrechnung eines Notdienstes.

Eine Rechtsschutzlücke entsteht durch die Auffassung der Kammer nicht. Insofern verbleibt es bei der Anfechtbarkeit der Heranziehung zum Notdienst, dann ist zu überprüfen, ob die Neustrukturierung rechtmäßig ist und ob sie ggf. zu einer unzumutbaren Belastung führt.

Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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