Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 7553/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4892/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass lediglich der Bescheid vom 30. Mai 2005 abgeändert wird.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Rücknahme eines bindenden Rentenbescheides sowie die Gewährung einer höheren Rente unter ungekürzter Berücksichtigung von Zeiten ihrer Mitgliedschaft in einer rumänischen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG).
Die 1938 geborene Klägerin kam am 22. September 1989 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland und ist Inhaberin des Vertriebenenausweises B. Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahren über in R. zurückgelegte Versicherungszeiten gab die Klägerin unter dem 24. April 1998 an, sie sei vom 1. April 1957 bis 1. Januar 1976 bei der LPG Groß-jetscha Jecia-mare als Elektromotorenwicklerin in Vollzeit (48 Stunden wöchentlich) beschäftigt gewesen. Die Klägerin hat eine von der LPG in Iecea Mare ausgestellte Bescheinigung (Ade-verinta) Nr. 1456 vom 12. Oktober 1990 vorgelegt, in der für die Jahre 1957 bis 1976 die geplanten und die erzielten Normen sowie die Funktion (Genossenschaftsmitglied) ausgewiesen sind.
Mit Bescheid vom 26. April 1999 gewährte die Beklagte der Klägerin - ausgehend von einem am 24. April 1998 gestellten Rentenantrag - ab 1. August 1998 Altersrente für Frauen in Höhe von DM 442,38 (monatlicher Zahlbetrag DM 410,09). Dabei berücksichtigte die Beklagte nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für 1966 6 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 5.6. 1966 (ausgehend von den erzielten Normen von 134,29 - geplant 130 - multipliziert mit 7, geteilt durch 6 = 156 Tage) 1967 6 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 1.6. 1967 (130,31 - geplant 110 - x 7 ÷ 6 = 152 Tage) 1968 7 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 29.7.1968 (181,00 - geplant 110 - x 7 ÷ 6 = 211 Tage) 1969 12 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 31. 12. 1969 (284,89 - geplant 80 - x 7 ÷ 6 = 332 Tage) 1970 5 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 23.5.1970 (123,00 - geplant 120 - x 7 ÷ 6 = 143 Tage) 1971 12 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 31.12.1971 (320,75 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 374 Tage) 1972 12 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 31. 12. 1972 (349,61 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 407 Tage) 1973 5 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 23.5.1973 (124,30 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 145 Tage) 1974 6 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 15.6.1974 (142,73 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 146 Tage) und 1975 3 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 21.3.1975 (69,15 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 80 Tage).
Am 5. März 2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Rentenbescheides vom 26. April 1999 gem. § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Dabei begehrte sie u.a. die Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Vollzeit. Im Jahr 1975 habe sie lediglich bis Juli 1975 in der LPG gearbeitet, da sie im August 1975 mit der Familie nach T. umgezogen sei. Sie habe immer in Vollzeit gearbeitet. Die von der Genossenschaftsleitung festgesetzte Plan-Norm sei das Maß für eine volle ganztägige kalendertägliche Arbeitsleistung, wie sie in der Landwirtschaft erwartet werde und üblicherweise erbracht werden könne. Die Klägerin hat sich auf das vom Senat im Rechtsstreit L 9 RJ 2551/98 eingeholte Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München e.V. vom 15. Dezember 1999 (Seite 110/111) berufen.
Mit Rentenbescheid vom 17. Januar 2002 hat die Beklagte die Altersrente der Klägerin neu festgestellt und ihr ab 1. August 1998 eine monatliche Rente von DM 525,88 (Zahlbetrag DM 487,49) gewährt. Ab 1.3.2002 belief sich der Zahlbetrag auf 262,36 EUR; die Nachzahlung für die Zeit vom 1. August 1998 bis 28. Februar 2002 betrug 1.727,12 EUR. Die Zeit vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1974 (volle Kalenderjahre) hat sie dabei als glaubhaft gemachte Beitragszeiten berücksichtigt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die vollen Kalenderjahre seien zu berücksichtigen, weil jeweils das Plansoll im Kalenderjahr erfüllt worden sei. Für die Zeiten vom 1. Januar 1958 bis 31. Dezember 1964 und vom 1. Januar 1975 bis 22. März 1975 könne eine Anerkennung der vollen Kalenderjahre nicht erfolgen, da das jährliche Plansoll nicht erfüllt worden sei.
Mit dem Widerspruch hiergegen begehrte die Klägerin u.a. die Beitragszeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Beitragszeiten zu berücksichtigen.
Mit Rentenbescheiden vom 10. Mai und 30. Mai 2002 stellte die Beklagte die Altersrente der Klägerin wegen zusätzlicher Berücksichtigung der Zeiten vom 5. März bis 31. Dezember 1996 und 1. Januar bis 4. März 1996 neu fest (Zahlbetrag ab 1. August 1998 DM 503,75 bzw. DM 507,09; ab 1. Juli 2002 277,56 EUR).
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch - soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 10. Mai und 30. Mai 2002 abgeholfen worden war - zurück. Die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1974 sei ganzjährig als glaubhaft gemachte Zeit anzuerkennen. Die Arbeitgeberbescheinigung Nr. 1456 vom 12. Oktober 1990, aus der die geplanten und erzielten Normen hervorgingen, stelle kein Mittel zum Nachweis der Beitragszeiten dar. Die tatsächlich geleisteten Arbeitstage seien in dieser Bescheinigung nicht wiedergegeben. Im Jahr 1975 sei die geplante Norm nicht erreicht worden. Bei der tatsächlich erzielten Norm von 69,15 für das Jahr 1975 ergäben sich nach Hochrechnung um die Sonntage 81 Tage. Somit sei die Zeit vom 1. Januar bis 23. März 1975 als glaubhaft gemachte Beitragszeit anzuerkennen.
Mit Schreiben vom 17. November 2003, eingegangen bei der Beklagten am 18. November 2003, beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 30. Mai 2002, wobei sie die Neuberechnung der Rente unter Berücksichtigung der FRG-Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Zeiten begehrte. Sie berief sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2003 - L 8 RJ 500/02.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihrem Antrag vom 17. November 2003 auf Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2002 könne nicht entsprochen werden. Es verbleibe bei ihrer bisherigen Rechtsauffassung. Sie verweise auf ihren Widerspruchsbescheid vom 24. September 2002. Das Urteil des LSG Baden-Württemberg betreffe einen Einzelfall.
Am 11. Januar 2006 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 22. Dezember 2003 gemäß § 44 SGB X und bat um positive Verbescheidung des Antrags vom 17. November 2003. Im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG vom 8. September 2005 (B 13 RJ 44/04 R) dürfte sich die von der Beklagten im Bescheid vom 22. Dezember 2003 vertretene Auffassung nicht mehr halten lassen.
Mit Bescheid vom 28. März 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihrem Antrag vom 13. März 2006 (richtig: 11. Januar 2006) auf Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2002 könne nicht entsprochen werden. Sie habe weder neue Beweismittel vorgelegt noch neue Tatsachen vorgetragen, die geeignet wären, eine für sie günstigere Entscheidung zu treffen. Bei dem BSG-Urteil vom 8. September 2005 - B 13 RJ 55/04 R - handele es sich um eine Einzelfallentscheidung.
Den Widerspruch der Klägerin vom 24. April 2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dem Urteil des BSG vom 8. September 2005 - B 13 RJ 44/04 R - werde über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Denn nach ihrer Auffassung bestehe weiterhin die Möglichkeit von Lücken in der Beitragszahlung. Die Anerkennung von nur glaubhaft gemachten Beitragszeiten (5/6-Anrechnung) sei deshalb zutreffend.
Hiergegen hat die Klägerin am 13. Oktober 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und ihr Begehren auf ungekürzte Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 weiter verfolgt. Sie hat sich auf Urteile des BSG vom 8. September 2005 (B 13 RJ 44/04 R), des LSG Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2003 (L 8 RJ 500/02) sowie des Bayerischen LSG vom 21. Juli 1999 (L 20 RJ 620/93) und einen Aufsatz von Reinhard Sauer, Anforderung und Auswertung ausländischer Versicherungsunterlagen in Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken Nr. 11/1989, Seite 365, 383 berufen.
Mit Urteil vom 1. Oktober 2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. März 2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 verurteilt, die Bescheide vom 26. April 1999, 17. Januar, 10. Mai und 30. Mai 2002 abzuändern und der Klägerin Altersrente für Frauen für die Zeit ab 1. Januar 2002 unter Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Beitragszeiten zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin beanspruche zu Recht, ihr Altersrente für Frauen für die Zeit ab 1. Januar 2002 unter Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Beitragszeiten zu gewähren. Denn die streitgegenständlichen Zeiten vom 1. Januar 1968 bis 31. Dezember 1976 (gemeint: 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975) seien durchgängig als nachgewiesene Beitragszeiten zu 6/6 der Rentenberechnung zu Grunde zu legen. Das SG sehe keinen Anlass von der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 8. September 2005 - B 13 RJ 44/04 - abzuweichen, zumal sich zwischenzeitlich auch das LSG Baden-Württemberg dieser Rechtsauffassung ausdrücklich angeschlossen habe (Urteil vom 28. Mai 2008 - L 2 R 6517/06).
Gegen das am 8. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Oktober 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie verweise auf ihr bisheriges Vorbringen und den Inhalt des angefochtenen Bescheides. Ergänzend verweise sie auf die Urteile des BSG vom 12. Februar 2009 (B 5 R 39/06 R und B 5 R 40/08 R), nach denen Zeiten einer Zugehörigkeit zu einer LPG nur dann Beitragszeiten nach dem FRG seien, wenn tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht worden sei. Eine volle Anrechnung sei demzufolge nur möglich, wenn der tatsächliche Nachweis der durchgehenden Arbeit geführt werde. Die Beklagte könne auch dem BSG-Urteil vom 19. November 2009 - B 13 R 67/08 R - insoweit nicht folgen, soweit darin eine 5/6-Kürzung nach § 22 Abs. 3 FRG verneint werde. Die Gleichstellung als Beitragszeit nach § 15 FRG sei nur dann möglich, wenn eine durchgehende (ununterbrochene) Arbeitsleistung festgestellt sei oder anders ausgedrückt, wenn das Vorliegen etwaiger Arbeitsunterbrechungen/Fehlzeiten ausgeschlossen werden könne. Übererfüllte Normen reichten aus Sicht der Beklagten nicht aus, um die Beitragszeiten als nachgewiesen anzusehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 28. März 2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, ein Sachverhalt - wie in den von BSG entschiedenen Fällen (z.B. Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 R) - liege nicht vor, da sie in der fraglichen Zeit Arbeitsleistungen für die LPG erbracht habe, wie die bescheinigten Normen zeigten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2002, der die früheren Bescheide ersetzt hat, und auf ungekürzte Anrechnung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht er-bracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da die Entgeltpunkte aus der streitigen Beitragszeit zu 6/6 anzurechnen sind.
Bei der Beurteilung der materiellen Rechtslage nach § 44 SGB X ist auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1. August 1998 galten (§ 300 Abs. 3 SGB VI).
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG in der seit 1. Januar 19.2.1990 geltenden, bis heute unveränderten Fassung stehen Beitragszeiten, die anerkannte Vertriebene, wie die Klägerin (vgl. § 1 Buchst. a FRG), bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt haben, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich.
Als gesetzliche Rentenversicherung i.S.d. Abs. 1 ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 FRG jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern.
Die Klägerin hat in der streitigen Zeit Beitragszeiten i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG - also Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen (hier: rumänischen) Träger der gesetzlichen Rentenversicherung - zurückgelegt. Hiervon ist auch die Beklagte ausgegangen und hat bei der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 22. März 1975 Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG berücksichtigt.
Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich die Anwendung des § 22 Abs. 3 FRG in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung. Hiernach werden für Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Nachgewiesen sind Beitragszeiten dann nicht, wenn in die streitigen Zeiten (nachweisbar) auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Hingegen ist die Beitragszeit aufgrund der Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG als nachgewiesen i.S.d. § 22 Abs. 3 FRG anzusehen, wenn für deren Mitglieder eine gesetzliche Rentenversicherung als Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden (BSG, Urteil vom 19. November 2009 - B 13 R 145/08 R - in JURIS).
Die Klägerin war ausweislich der Adeverinta Nr. 1456 vom 12. Oktober 1990 in der streitigen Zeit Genossenschaftsmitglied und hat in jener Zeit auch Arbeitsleistungen erbracht, wie die bescheinigten erzielten Normen zeigen. Durch das Dekret Nr. 535/1966 war in Rumänien für LPG-Mitglieder eine gesetzliche Sozialversicherung eingeführt worden (Verbandskommentar 30. Ergänzungslieferung, § 15 FRG Rn. 7.31; BSG, Urteil vom 19. November 2009, a.a.O., m.w.N.). Die Sozialversicherungsbeiträge wurden von den LPGen für die Gesamtheit ihrer Mitglieder - ohne individuelle Zuordnung zum einzelnen Mitglied - abgeführt.
Da für die Klägerin - als Genossenschaftsmitglied - im streitigen Zeitraum von der LPG Beiträge abgeführt wurden und Anhaltspunkte für eine Unterbrechung der Beitragsabführung durch die LPG nicht vorliegen, sieht der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des BSG (Urteil vom 19. November 2009, a.a.O.) die streitigen Beitragszeiten als nachgewiesen an.
Die Klägerin war in dem streitigen Zeitraum auch in Vollzeit beschäftigt. Hierfür sprechen zunächst ihre Angaben vom 24. April 1998, wonach sie im streitigen Zeitraum als Elektromotoren-wicklerin in der LPG 48 Stunden wöchentlich gearbeitet hat. Diese Angaben werden nach Auffassung des Senats durch die vorgelegte Adeverinta vom 12. Oktober 1990 bestätigt. Danach hat die Klägerin in den Jahren 1966 bis 1974 Normen erzielt, die teilweise weit über den geplanten Normen lagen. Dies spricht aus Sicht des Senats dafür, dass die Klägerin in Vollzeit tätig war. Nach dem vom Senat im Verfahren L 9 RJ 2551/98 eingeholten Gutachten des Instituts für Ostrecht München e.V. vom 15. Dezember 1999, auf das sich die Klägerin schon im Rahmen ihres Antrags vom 5. März 2001 berufen hatte, wurde die Arbeitsleistung der LPG-Mitglieder nach sogenannten "Tagewerken" ("Arbeitstagen") bewertet und bezahlt. Da es sich hierbei um Normen handelte, konnten unter Umständen an einem Tag auch mehrere der geplanten Tagewerke oder auch weniger Arbeit als ein Tagewerk geleistet werden. Das Minimum an Tagewerken, die innerhalb eines Jahres von allen LPG-Mitglied zu leisten waren, legte die Generalversammlung jeder einzelnen LPG fest (Seite 108 des Gutachtens). Das Institut für Ostrecht kam zum Ergebnis, dass (bis Ende 1975) grundsätzlich bei Erfüllung und erst recht bei Überbelegung der geplanten Normen oder des jeweils vorgesehenen Minimums an Normen oder auch kalendermäßigen Arbeitstagen von einer durchgehenden Arbeitsleistung, wie sie in der Landwirtschaft erwartet werden kann, für das gesamte Kalenderjahr auszugehen sei (Seite 110/111 des Gutachtens). Angesichts dessen ist der Senat davon überzeugt, dass dies auch bei der Klägerin der Fall und sie - wie von Anfang an angegeben - in Vollzeit tätig war.
Das Nichterreichen der geplanten Normen von 100 für das Jahr 1975 hat die Klägerin für den Senat nachvollziehbar damit erklärt, dass sie lediglich bis Juli 1975 für die LPG tätig und danach umgezogen war. Die erzielte Norm von 69,15 überschreitet die für ein halbes Jahr geplante Norm von 50 ebenfalls, was - wie oben dargelegt - ebenfalls dafür spricht, dass die Klägerin in Vollzeit tätig war.
Irgendwelche Anhaltspunkte, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum unständig, in Teilzeitarbeit, geringfügig oder gar nicht beschäftigt war, sind nicht vorhanden. Die Beklagte selbst ist ausweislich des Vermerks vom 30. Juli 2001 davon ausgegangen, dass die Klägerin in Vollzeit tätig war.
Da die Bescheide vom 26. April 1999, 17. Januar und 10. Mai 2005 durch den Bescheid vom 30. Mai 2005 ersetzt wurden und die Klägerin lediglich die Abänderung des Bescheides vom 30. Mai 2005 beantragt hat, war im Tenor des Urteils klarzustellen, dass nur der Bescheid vom 30. Mai 2005 abgeändert wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Rücknahme eines bindenden Rentenbescheides sowie die Gewährung einer höheren Rente unter ungekürzter Berücksichtigung von Zeiten ihrer Mitgliedschaft in einer rumänischen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG).
Die 1938 geborene Klägerin kam am 22. September 1989 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland und ist Inhaberin des Vertriebenenausweises B. Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahren über in R. zurückgelegte Versicherungszeiten gab die Klägerin unter dem 24. April 1998 an, sie sei vom 1. April 1957 bis 1. Januar 1976 bei der LPG Groß-jetscha Jecia-mare als Elektromotorenwicklerin in Vollzeit (48 Stunden wöchentlich) beschäftigt gewesen. Die Klägerin hat eine von der LPG in Iecea Mare ausgestellte Bescheinigung (Ade-verinta) Nr. 1456 vom 12. Oktober 1990 vorgelegt, in der für die Jahre 1957 bis 1976 die geplanten und die erzielten Normen sowie die Funktion (Genossenschaftsmitglied) ausgewiesen sind.
Mit Bescheid vom 26. April 1999 gewährte die Beklagte der Klägerin - ausgehend von einem am 24. April 1998 gestellten Rentenantrag - ab 1. August 1998 Altersrente für Frauen in Höhe von DM 442,38 (monatlicher Zahlbetrag DM 410,09). Dabei berücksichtigte die Beklagte nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für 1966 6 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 5.6. 1966 (ausgehend von den erzielten Normen von 134,29 - geplant 130 - multipliziert mit 7, geteilt durch 6 = 156 Tage) 1967 6 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 1.6. 1967 (130,31 - geplant 110 - x 7 ÷ 6 = 152 Tage) 1968 7 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 29.7.1968 (181,00 - geplant 110 - x 7 ÷ 6 = 211 Tage) 1969 12 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 31. 12. 1969 (284,89 - geplant 80 - x 7 ÷ 6 = 332 Tage) 1970 5 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 23.5.1970 (123,00 - geplant 120 - x 7 ÷ 6 = 143 Tage) 1971 12 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 31.12.1971 (320,75 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 374 Tage) 1972 12 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 31. 12. 1972 (349,61 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 407 Tage) 1973 5 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 23.5.1973 (124,30 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 145 Tage) 1974 6 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 15.6.1974 (142,73 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 146 Tage) und 1975 3 Monate Pflichtbeiträge 1.1. - 21.3.1975 (69,15 - geplant 100 - x 7 ÷ 6 = 80 Tage).
Am 5. März 2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Rentenbescheides vom 26. April 1999 gem. § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Dabei begehrte sie u.a. die Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Vollzeit. Im Jahr 1975 habe sie lediglich bis Juli 1975 in der LPG gearbeitet, da sie im August 1975 mit der Familie nach T. umgezogen sei. Sie habe immer in Vollzeit gearbeitet. Die von der Genossenschaftsleitung festgesetzte Plan-Norm sei das Maß für eine volle ganztägige kalendertägliche Arbeitsleistung, wie sie in der Landwirtschaft erwartet werde und üblicherweise erbracht werden könne. Die Klägerin hat sich auf das vom Senat im Rechtsstreit L 9 RJ 2551/98 eingeholte Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München e.V. vom 15. Dezember 1999 (Seite 110/111) berufen.
Mit Rentenbescheid vom 17. Januar 2002 hat die Beklagte die Altersrente der Klägerin neu festgestellt und ihr ab 1. August 1998 eine monatliche Rente von DM 525,88 (Zahlbetrag DM 487,49) gewährt. Ab 1.3.2002 belief sich der Zahlbetrag auf 262,36 EUR; die Nachzahlung für die Zeit vom 1. August 1998 bis 28. Februar 2002 betrug 1.727,12 EUR. Die Zeit vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1974 (volle Kalenderjahre) hat sie dabei als glaubhaft gemachte Beitragszeiten berücksichtigt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die vollen Kalenderjahre seien zu berücksichtigen, weil jeweils das Plansoll im Kalenderjahr erfüllt worden sei. Für die Zeiten vom 1. Januar 1958 bis 31. Dezember 1964 und vom 1. Januar 1975 bis 22. März 1975 könne eine Anerkennung der vollen Kalenderjahre nicht erfolgen, da das jährliche Plansoll nicht erfüllt worden sei.
Mit dem Widerspruch hiergegen begehrte die Klägerin u.a. die Beitragszeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Beitragszeiten zu berücksichtigen.
Mit Rentenbescheiden vom 10. Mai und 30. Mai 2002 stellte die Beklagte die Altersrente der Klägerin wegen zusätzlicher Berücksichtigung der Zeiten vom 5. März bis 31. Dezember 1996 und 1. Januar bis 4. März 1996 neu fest (Zahlbetrag ab 1. August 1998 DM 503,75 bzw. DM 507,09; ab 1. Juli 2002 277,56 EUR).
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch - soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 10. Mai und 30. Mai 2002 abgeholfen worden war - zurück. Die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1974 sei ganzjährig als glaubhaft gemachte Zeit anzuerkennen. Die Arbeitgeberbescheinigung Nr. 1456 vom 12. Oktober 1990, aus der die geplanten und erzielten Normen hervorgingen, stelle kein Mittel zum Nachweis der Beitragszeiten dar. Die tatsächlich geleisteten Arbeitstage seien in dieser Bescheinigung nicht wiedergegeben. Im Jahr 1975 sei die geplante Norm nicht erreicht worden. Bei der tatsächlich erzielten Norm von 69,15 für das Jahr 1975 ergäben sich nach Hochrechnung um die Sonntage 81 Tage. Somit sei die Zeit vom 1. Januar bis 23. März 1975 als glaubhaft gemachte Beitragszeit anzuerkennen.
Mit Schreiben vom 17. November 2003, eingegangen bei der Beklagten am 18. November 2003, beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 30. Mai 2002, wobei sie die Neuberechnung der Rente unter Berücksichtigung der FRG-Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Zeiten begehrte. Sie berief sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2003 - L 8 RJ 500/02.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihrem Antrag vom 17. November 2003 auf Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2002 könne nicht entsprochen werden. Es verbleibe bei ihrer bisherigen Rechtsauffassung. Sie verweise auf ihren Widerspruchsbescheid vom 24. September 2002. Das Urteil des LSG Baden-Württemberg betreffe einen Einzelfall.
Am 11. Januar 2006 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 22. Dezember 2003 gemäß § 44 SGB X und bat um positive Verbescheidung des Antrags vom 17. November 2003. Im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG vom 8. September 2005 (B 13 RJ 44/04 R) dürfte sich die von der Beklagten im Bescheid vom 22. Dezember 2003 vertretene Auffassung nicht mehr halten lassen.
Mit Bescheid vom 28. März 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihrem Antrag vom 13. März 2006 (richtig: 11. Januar 2006) auf Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2002 könne nicht entsprochen werden. Sie habe weder neue Beweismittel vorgelegt noch neue Tatsachen vorgetragen, die geeignet wären, eine für sie günstigere Entscheidung zu treffen. Bei dem BSG-Urteil vom 8. September 2005 - B 13 RJ 55/04 R - handele es sich um eine Einzelfallentscheidung.
Den Widerspruch der Klägerin vom 24. April 2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dem Urteil des BSG vom 8. September 2005 - B 13 RJ 44/04 R - werde über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Denn nach ihrer Auffassung bestehe weiterhin die Möglichkeit von Lücken in der Beitragszahlung. Die Anerkennung von nur glaubhaft gemachten Beitragszeiten (5/6-Anrechnung) sei deshalb zutreffend.
Hiergegen hat die Klägerin am 13. Oktober 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und ihr Begehren auf ungekürzte Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 weiter verfolgt. Sie hat sich auf Urteile des BSG vom 8. September 2005 (B 13 RJ 44/04 R), des LSG Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2003 (L 8 RJ 500/02) sowie des Bayerischen LSG vom 21. Juli 1999 (L 20 RJ 620/93) und einen Aufsatz von Reinhard Sauer, Anforderung und Auswertung ausländischer Versicherungsunterlagen in Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken Nr. 11/1989, Seite 365, 383 berufen.
Mit Urteil vom 1. Oktober 2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. März 2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 verurteilt, die Bescheide vom 26. April 1999, 17. Januar, 10. Mai und 30. Mai 2002 abzuändern und der Klägerin Altersrente für Frauen für die Zeit ab 1. Januar 2002 unter Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Beitragszeiten zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin beanspruche zu Recht, ihr Altersrente für Frauen für die Zeit ab 1. Januar 2002 unter Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975 als nachgewiesene Beitragszeiten zu gewähren. Denn die streitgegenständlichen Zeiten vom 1. Januar 1968 bis 31. Dezember 1976 (gemeint: 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975) seien durchgängig als nachgewiesene Beitragszeiten zu 6/6 der Rentenberechnung zu Grunde zu legen. Das SG sehe keinen Anlass von der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 8. September 2005 - B 13 RJ 44/04 - abzuweichen, zumal sich zwischenzeitlich auch das LSG Baden-Württemberg dieser Rechtsauffassung ausdrücklich angeschlossen habe (Urteil vom 28. Mai 2008 - L 2 R 6517/06).
Gegen das am 8. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Oktober 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie verweise auf ihr bisheriges Vorbringen und den Inhalt des angefochtenen Bescheides. Ergänzend verweise sie auf die Urteile des BSG vom 12. Februar 2009 (B 5 R 39/06 R und B 5 R 40/08 R), nach denen Zeiten einer Zugehörigkeit zu einer LPG nur dann Beitragszeiten nach dem FRG seien, wenn tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht worden sei. Eine volle Anrechnung sei demzufolge nur möglich, wenn der tatsächliche Nachweis der durchgehenden Arbeit geführt werde. Die Beklagte könne auch dem BSG-Urteil vom 19. November 2009 - B 13 R 67/08 R - insoweit nicht folgen, soweit darin eine 5/6-Kürzung nach § 22 Abs. 3 FRG verneint werde. Die Gleichstellung als Beitragszeit nach § 15 FRG sei nur dann möglich, wenn eine durchgehende (ununterbrochene) Arbeitsleistung festgestellt sei oder anders ausgedrückt, wenn das Vorliegen etwaiger Arbeitsunterbrechungen/Fehlzeiten ausgeschlossen werden könne. Übererfüllte Normen reichten aus Sicht der Beklagten nicht aus, um die Beitragszeiten als nachgewiesen anzusehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 28. März 2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, ein Sachverhalt - wie in den von BSG entschiedenen Fällen (z.B. Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 R) - liege nicht vor, da sie in der fraglichen Zeit Arbeitsleistungen für die LPG erbracht habe, wie die bescheinigten Normen zeigten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2002, der die früheren Bescheide ersetzt hat, und auf ungekürzte Anrechnung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Juli 1975.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht er-bracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da die Entgeltpunkte aus der streitigen Beitragszeit zu 6/6 anzurechnen sind.
Bei der Beurteilung der materiellen Rechtslage nach § 44 SGB X ist auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1. August 1998 galten (§ 300 Abs. 3 SGB VI).
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG in der seit 1. Januar 19.2.1990 geltenden, bis heute unveränderten Fassung stehen Beitragszeiten, die anerkannte Vertriebene, wie die Klägerin (vgl. § 1 Buchst. a FRG), bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt haben, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich.
Als gesetzliche Rentenversicherung i.S.d. Abs. 1 ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 FRG jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern.
Die Klägerin hat in der streitigen Zeit Beitragszeiten i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG - also Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen (hier: rumänischen) Träger der gesetzlichen Rentenversicherung - zurückgelegt. Hiervon ist auch die Beklagte ausgegangen und hat bei der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 22. März 1975 Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG berücksichtigt.
Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich die Anwendung des § 22 Abs. 3 FRG in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung. Hiernach werden für Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Nachgewiesen sind Beitragszeiten dann nicht, wenn in die streitigen Zeiten (nachweisbar) auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Hingegen ist die Beitragszeit aufgrund der Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG als nachgewiesen i.S.d. § 22 Abs. 3 FRG anzusehen, wenn für deren Mitglieder eine gesetzliche Rentenversicherung als Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden (BSG, Urteil vom 19. November 2009 - B 13 R 145/08 R - in JURIS).
Die Klägerin war ausweislich der Adeverinta Nr. 1456 vom 12. Oktober 1990 in der streitigen Zeit Genossenschaftsmitglied und hat in jener Zeit auch Arbeitsleistungen erbracht, wie die bescheinigten erzielten Normen zeigen. Durch das Dekret Nr. 535/1966 war in Rumänien für LPG-Mitglieder eine gesetzliche Sozialversicherung eingeführt worden (Verbandskommentar 30. Ergänzungslieferung, § 15 FRG Rn. 7.31; BSG, Urteil vom 19. November 2009, a.a.O., m.w.N.). Die Sozialversicherungsbeiträge wurden von den LPGen für die Gesamtheit ihrer Mitglieder - ohne individuelle Zuordnung zum einzelnen Mitglied - abgeführt.
Da für die Klägerin - als Genossenschaftsmitglied - im streitigen Zeitraum von der LPG Beiträge abgeführt wurden und Anhaltspunkte für eine Unterbrechung der Beitragsabführung durch die LPG nicht vorliegen, sieht der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des BSG (Urteil vom 19. November 2009, a.a.O.) die streitigen Beitragszeiten als nachgewiesen an.
Die Klägerin war in dem streitigen Zeitraum auch in Vollzeit beschäftigt. Hierfür sprechen zunächst ihre Angaben vom 24. April 1998, wonach sie im streitigen Zeitraum als Elektromotoren-wicklerin in der LPG 48 Stunden wöchentlich gearbeitet hat. Diese Angaben werden nach Auffassung des Senats durch die vorgelegte Adeverinta vom 12. Oktober 1990 bestätigt. Danach hat die Klägerin in den Jahren 1966 bis 1974 Normen erzielt, die teilweise weit über den geplanten Normen lagen. Dies spricht aus Sicht des Senats dafür, dass die Klägerin in Vollzeit tätig war. Nach dem vom Senat im Verfahren L 9 RJ 2551/98 eingeholten Gutachten des Instituts für Ostrecht München e.V. vom 15. Dezember 1999, auf das sich die Klägerin schon im Rahmen ihres Antrags vom 5. März 2001 berufen hatte, wurde die Arbeitsleistung der LPG-Mitglieder nach sogenannten "Tagewerken" ("Arbeitstagen") bewertet und bezahlt. Da es sich hierbei um Normen handelte, konnten unter Umständen an einem Tag auch mehrere der geplanten Tagewerke oder auch weniger Arbeit als ein Tagewerk geleistet werden. Das Minimum an Tagewerken, die innerhalb eines Jahres von allen LPG-Mitglied zu leisten waren, legte die Generalversammlung jeder einzelnen LPG fest (Seite 108 des Gutachtens). Das Institut für Ostrecht kam zum Ergebnis, dass (bis Ende 1975) grundsätzlich bei Erfüllung und erst recht bei Überbelegung der geplanten Normen oder des jeweils vorgesehenen Minimums an Normen oder auch kalendermäßigen Arbeitstagen von einer durchgehenden Arbeitsleistung, wie sie in der Landwirtschaft erwartet werden kann, für das gesamte Kalenderjahr auszugehen sei (Seite 110/111 des Gutachtens). Angesichts dessen ist der Senat davon überzeugt, dass dies auch bei der Klägerin der Fall und sie - wie von Anfang an angegeben - in Vollzeit tätig war.
Das Nichterreichen der geplanten Normen von 100 für das Jahr 1975 hat die Klägerin für den Senat nachvollziehbar damit erklärt, dass sie lediglich bis Juli 1975 für die LPG tätig und danach umgezogen war. Die erzielte Norm von 69,15 überschreitet die für ein halbes Jahr geplante Norm von 50 ebenfalls, was - wie oben dargelegt - ebenfalls dafür spricht, dass die Klägerin in Vollzeit tätig war.
Irgendwelche Anhaltspunkte, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum unständig, in Teilzeitarbeit, geringfügig oder gar nicht beschäftigt war, sind nicht vorhanden. Die Beklagte selbst ist ausweislich des Vermerks vom 30. Juli 2001 davon ausgegangen, dass die Klägerin in Vollzeit tätig war.
Da die Bescheide vom 26. April 1999, 17. Januar und 10. Mai 2005 durch den Bescheid vom 30. Mai 2005 ersetzt wurden und die Klägerin lediglich die Abänderung des Bescheides vom 30. Mai 2005 beantragt hat, war im Tenor des Urteils klarzustellen, dass nur der Bescheid vom 30. Mai 2005 abgeändert wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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