L 4 KR 192/10 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 40 KR 133/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 KR 192/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.02.2010 geändert. Die Entschädigung der Beschwerde- gegnerin wird auf 2,50 Euro festgesetzt. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Berichterstatter als Einzelrichter.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die Beschwerdegegnerin kann wegen der Wahrnehmung des Erörterungstermins am 7.10.2009 gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Nr. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) Fahrtkostenersatz in Höhe von 2,50 Euro beanspruchen. Verdienstausfallentschädigung steht ihr indes nicht zu. Es fehlt an einem gemäß § 22 Satz 1 JVEG berücksichtigungsfähigen Verdienstausfall, weil der Aufwand infolge der Terminswahrnehmung durch die Pauschalvergütung nach Maßgabe der §§ 4, 5 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern ( Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) abgegolten ist.

Die Beschwerdegegnerin war zum Zeitpunkt der Terminswahrnehmung in ihrem Aufgabenbereich als Betreuerin des Klägers tätig geworden. Sie war zur Betreuerin des Klägers in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge bestellt (Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 20.12.2008) und erhielt nach ihren Angaben eine Pauschalvergütung nach Maßgabe der Vorschriften des VBVG. Anders als das Sozialgericht legt das Beschwerdegericht zugrunde, dass damit der mit der Terminswahrnehmung verbundene Verdienstausfall abgegolten ist. Infolge dessen fehlt es an einem nach § 22 Satz 1 JVEG zu entschädigenden Verdienstausfall.

Dem steht nicht entgegen, dass mit der zeitlichen Inanspruchnahme von drei Stunden und zehn Minuten durch die Terminswahrnehmung fast der gesamte nach § 5 Abs. 2 VBVG maßgebliche monatliche Stundenansatz von dreieinhalb Stunden ausgeschöpft wurde. Der Gesetzgeber hat dem in den §§ 4, 5 VBVG normierten Pauschalvergütungsmodell eine Mischkalkulation zugrunde gelegt, wonach der Pauschalsatz im Zeitablauf mal höher, mal niedriger liegt als der tatsächliche Zeitaufwand es rechtfertigt. Diese Regelungen haben zwar in der Literatur vereinzelt Kritik erfahren (vgl. Bieg/Jaschinski in jurisPK-BGB, § 5 VBVG Rz. 3 - 12). Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschlüsse vom 6.2.2007 - 1 BvL 10/06 - FamRZ 2007, 622; vom 18.03.2009 - 1 BvL 2374/07 - FamRZ 2009, 1123 und vom 20.8.2009 - 1 BvL 2889/06) erachtet das Beschwerdegericht diese Regelungen jedoch für verfassungsrechtlich unbedenklich. Aus den pauschalierenden Regelungen folgt mithin, dass der gesamte Verdienstausfall durch die Vergütung nach Maßgabe der §§ 4, 5 VBVG abgegolten ist, auch wenn der Gesamtaufwand in dem betreffenden Monat höher gewesen sein sollte. Für eine (ergänzende) Abgeltung von Verdienstausfall nach § 22 Satz 1 JVEG ist daher kein Raum.

Dem steht die verschiedentlich erwogene verfassungskonforme Auslegung der Vergütungsregelungen des VBVG in Ausnahmefällen, in denen der zeitliche Aufwand infolge der Betreuung über einen längeren Zeitraum hinweg außerordentlich hoch ist und deshalb die Pauschalvergütung sich unangemessen niedrig darstellen würde (BVerfG, Beschluss vom 6.2.2007, a.a.o., wobei ein Zeitraum von wenigstens 24 Monaten anzusetzen sein soll; BGH, Beschluss vom 21.10.2009 - XII ZB 66/08 - FamRZ 2010, 199), nicht entgegen. Zum einen käme bei Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles gegebenenfalls eine höhere Vergütung nach dem VBVG, nicht aber nach § 22 Satz 1 JVEG in Betracht. Zum anderen ergeben sich angesichts eines Zeitaufwands von drei Stunden und 10 Minuten für die Terminswahrnehmung keine Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Ausnahmefall eingetreten sein könnte.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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