Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 54/09 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 32/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Klage einer Kassenärztlichen Vereinigung als Partnerin eines Honorarverteilungsvertrages gegen eine aufsichtsrechtliche Beanstandung der vereinbarungsersetzenden Entscheidung eines Landesschiedsamts durch das Bundesversicherungsamt ist in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 3 SGG als Aufsichtsklage im Sinne eines Unterfalls der Anfechtungsklage statthaft. Im Rahmen der entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Anfechtungsklage (§ 89 Abs. 5 Satz 6 SGB V) ist die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich.
2. Eine solche Beanstandung ist nicht durch § 71 Abs. 4 SGB V gedeckt, denn es handelt sich bei dem beanstandeten Schiedsspruch nicht um eine „Vereinbarung über die Vergütung“ im Sinne dieser Vorschrift, sondern um eine „Entscheidung eines Schiedsämtes über die Vergütung“ nach § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V.
3. Nach § 89 Abs. 5 Satz 1 SGB V führen für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden die Aufsicht über die Landesschiedsämter, die Entscheidungen der Landesschiedsämter sind somit den Aufsichtsbefugnissen des Bundesversicherungsamts entzogen. Die so genannte zweigleisige Rechtsaufsicht im Bereich der Ersatzkassen für - regionale - Vergütungsvereinbarungen (s. dazu in einem obiter dictum BSG, Urteil vom 17. November 1999 - B 6 KA 10/99 R - zitiert nach juris Rdnr. 21) besteht daher nicht gegenüber Entscheidungen der Landesschiedsämter.
4. Dieses gesetzlich vorgegebene aufsichtsrechtliche Kompetenzgefüge entspricht der föderalen Kompetenzaufteilung bezüglich der Ausführung von Bundesgesetzen nach Art. 83, 86 Satz 1 GG; es kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass auf dem Umweg der Beanstandung gegenüber einem aufsichtsunterworfenen Versicherungsträger der Spruch eines einer anderen Aufsichtsbehörde unterworfenen Schiedsamtes beanstandet wird. Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob das Bundesversicherungsamt als rechtsaufsichtsführende Behörde ihren aufsichtsunterworfenen Krankenkassen im Rahmen der allgemeinen Rechtsaufsicht eine Weisung dahingehend erteilen kann, Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch den Landesschiedsamtes einzulegen.
2. Eine solche Beanstandung ist nicht durch § 71 Abs. 4 SGB V gedeckt, denn es handelt sich bei dem beanstandeten Schiedsspruch nicht um eine „Vereinbarung über die Vergütung“ im Sinne dieser Vorschrift, sondern um eine „Entscheidung eines Schiedsämtes über die Vergütung“ nach § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V.
3. Nach § 89 Abs. 5 Satz 1 SGB V führen für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden die Aufsicht über die Landesschiedsämter, die Entscheidungen der Landesschiedsämter sind somit den Aufsichtsbefugnissen des Bundesversicherungsamts entzogen. Die so genannte zweigleisige Rechtsaufsicht im Bereich der Ersatzkassen für - regionale - Vergütungsvereinbarungen (s. dazu in einem obiter dictum BSG, Urteil vom 17. November 1999 - B 6 KA 10/99 R - zitiert nach juris Rdnr. 21) besteht daher nicht gegenüber Entscheidungen der Landesschiedsämter.
4. Dieses gesetzlich vorgegebene aufsichtsrechtliche Kompetenzgefüge entspricht der föderalen Kompetenzaufteilung bezüglich der Ausführung von Bundesgesetzen nach Art. 83, 86 Satz 1 GG; es kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass auf dem Umweg der Beanstandung gegenüber einem aufsichtsunterworfenen Versicherungsträger der Spruch eines einer anderen Aufsichtsbehörde unterworfenen Schiedsamtes beanstandet wird. Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob das Bundesversicherungsamt als rechtsaufsichtsführende Behörde ihren aufsichtsunterworfenen Krankenkassen im Rahmen der allgemeinen Rechtsaufsicht eine Weisung dahingehend erteilen kann, Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch den Landesschiedsamtes einzulegen.
Der Bescheid vom 16. Juni 2009 in der Gestalt der Erklärung vom 9. Juni 2010 wird aufgehoben.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen
Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rechtmäßigkeit des Beanstandungsbescheides der Beklagten vom 16. Juni 2009.
Die Beklagte ist Aufsichtsbehörde der bundesunmittelbaren - zu 7) und 9) bis 14) zum Verfahren beigeladenen - Krankenkassen gemäß § 90 Viertes Buch Sozialgesetzbuch Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV).
Die Beigeladenen zu 7) und 9) bis 14), letztere vertreten durch den Beigeladenen zu 8) als deren Prozessstandschafter, und die klagende Kassenärztliche Vereinigung sowie die zu 2) bis 6) beigeladenen Landesverbände der Krankenkassen in Hessen regeln gemäß § 82 Abs. 2 i. V. m. § 83 SGB V die Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung in Hessen teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen nach Maßgabe näherer gesetzlicher Regelungen (u. a. §§ 87a bis 87c SGB V). Für das Jahr 2009 rief die Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2008 das zuständige Landesschiedsamt (Beigeladener zu 1)) zur Herbeiführung einer Einigung zwischen den Vertragsparteien an.
Mit Schiedsspruch vom 30. Oktober 2008 setzte der Beigeladene zu 1) den Honorarvertrag für die vertragsärztliche Versorgung in Hessen für das Jahr 2009 fest. Hierdurch erhielt der Honorarvertrag für das Jahr 2009 u. a. folgende Regelungen:
Abschnitt I
"9. Einzelleistungen Die vorstehenden Regelungen gelten nicht für die unter Nr. 9.1 aufgeführten Leistungen, die mit Ausnahme der Ziffer 9.1.8 (siehe dort) zum festgelegten Einzelleistungspunktwert in Höhe von 0,035001 EUR vergütet werden. ( ...)
9.1.8 Leistungen des Kapitels 31 EBM, sowie GOP 13421 bis 13431, sowie 04514, 04515, 04518 und 04520 hiervon abweichend zu einem Einzelleistungspunktwert von 0,04071 EUR (=festgelegter Einzelleistungspunktwert von 0,035001 EUR zuzüglich Zuschlag in Höhe von 0.005709 EUR)."
"Anlage 2 zum Honorarvertrag 2009 Gemäß Teil G des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 werden folgende Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach § 87 b Abs. 3 Satz 5 SGB V vereinbart:
1. ( ...)
2. Die Bildung der Rückstellungen und ihre Auflösung bzw. Rückführung in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgt versorgungsbereichsspezifisch durch die Kassenärztliche Vereinigung Hessen unter Berücksichtigung der im Jahr 2007 für die unter Nr. 1 genannten Sachverhalte aufgewendeten Vergütung. Im Jahr 2009 erwartete Änderungen des damit verbundenen Vergütungsbedarfs sind zu beachten. Die Umsetzung obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung. ( ...)"
Mit am 17. April 2009 eingegangenem Schreiben vom 14. April 2009 legte der Beigeladene zu 8) die Schiedsamtsentscheidung der Beklagten zur aufsichtsrechtlichen Prüfung vor. Diese erließ den an die Beigeladenen zu 7) bis 14) adressierten Bescheid vom 16. Juni 2009, mit welchem sie "Abschnitt I Nr. 9.1.8 (soweit dort Zuschlagspunktwerte für Leistungen der Kapitelabschnitte 31.1, 31.3, 31.4 und 31.6 EBM festgesetzt worden sind) und Anlage 2 Nr. 2 des Honorarvertrages 2009 für die vertragsärztliche Versorgung im Bundesland Hessen, festgesetzt durch Schiedsspruch des Landesschiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung in Hessen vom 30. Oktober 2008 -LSchÄ-07-08-Verbände" gemäß §§ 89 Abs. 5 Satz 5, 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V beanstandete. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beigeladene zu 1) habe nicht festsetzen dürfen, dass auch die Leistungen der Kapitelabschnitte 31.1, 31.3, 31.4 und 31.6 EBM mit einem Zuschlagspunktwert in Höhe von 0,005709 Euro vergütet würden, weil diese Leistungen nicht in Beschlussteil H Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 in der Fassung des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 17. März 2009 aufgeführt gewesen seien, so dass die Festsetzung nicht durch diesen Beschluss gedeckt sei. Die Festsetzung verstoße zudem gegen § 87a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 SGB V i. V. m. § 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V. Ferner verstoße Anlage 2 Nr. 2 des Honorarvertrages 2009 gegen Nr. 3 des Teiles G des Beschlusses gemäß § 87b Abs. 4 Satz 2 SGB V zu den Grundsätzen zur Bildung von Rückstellungen nach § 87b Abs. 3 Satz 5 SGB V mit Wirkung zum 1. September 2008 einschließlich Ergänzungen/Änderungen durch den Bewertungsausschuss in seiner 164. Sitzung am 17. Oktober 2008 und durch den erweiterten Bewertungsausschuss in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008. Danach erfolge die Bildung der Rückstellungen und ihre Auflösung bzw. Rückführung in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung durch die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen. Die Festsetzung des Beigeladenen zu 1), wonach die Klägerin allein - ohne ein Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen herzustellen - über die Bildung und Auflösung bzw. Rückführung der Rückstellungen entscheiden dürfe, verstoße gegen den klaren Wortlaut des Beschlusses. Bei der Ausübung ihres Ermessens lasse sie - die Beklagte - sich davon leiten, dass der Schiedsspruch gegen gesetzliche und untergesetzliche Normen verstoße, die für die Wahrung der Beitragssatzstabilität von grundlegender Bedeutung seien.
Die Beklagte übersandte den Bescheid am 16. Juni 2009 an die Beigeladenen zu 7) und 8) - diesem zugleich als Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 9) bis 14) - per Telefax. Gegen den der Klägerin mit Schreiben vom 16. Juni 2009 zur Kenntnis übersandten Bescheid richtet sich die am 8. Juli 2009 erhobene Klage.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. Juni 2010 im Verfahren L 4 KA 14/09 KL hat die Beklagte den Bescheid vom 16. Juni 2009 insoweit zurückgenommen als damit Anlage 2 Nr. 2 des Honorarvertrages 2009 für die vertragsärztliche Versorgung im Bundesland Hessen, festgesetzt durch Schiedsspruch des Landesschiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung in Hessen vom 30. Oktober 2008 -LSchÄ-07-08-Verbände gemäß §§ 89 Abs. 5 Satz 5, 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V beanstandet wurde.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte sei für die Prüfung des Schiedsspruchs des Beigeladenen zu 1) nicht zuständig. Hierzu sei sie als Aufsichtsbehörde des Bundes auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht befugt. Die Tätigkeit der Schiedsämter stelle sich als landeseigener Vollzug von Bundesrecht in mittelbarer Staatsverwaltung dar und unterliege gemäß Art. 83 Grundgesetz (GG) der Zuständigkeit des Landes. Eine Beanstandungsmöglichkeit bestehe auch gegenüber den Verbänden der Ersatzkassen nicht. Zumindest die Frage der regionalen Festlegung der Gesamtvergütung für den Zeitraum ab 1. Januar 2009 unterliege nicht der Aufsicht der Beklagten; für die Beanstandung des Schiedsspruchs bestehe eine klare Zuständigkeitsregelung. Eine Zuständigkeit könne die Beklagte nicht aus § 89 Abs. 5 Satz 5 bzw. § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V ableiten. Die Entscheidungen der Schiedsämter seien den zuständigen Aufsichtsbehörden für die Schiedsämter vorzulegen und nicht denjenigen Aufsichtsbehörden, die Aufsichtsbehörden der Schiedsparteien seien. Die Regelung in § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V betreffe ausschließlich das Landesschiedsamt, das den Schiedsspruch auch der zuständigen Aufsichtsbehörde vorgelegt habe, diese habe den Schiedsspruch nicht beanstandet. Aus der Vorlagepflicht für Vergütungsvereinbarungen nach § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V ergebe sich keine Zuständigkeit der Beklagten als Aufsichtsbehörde. Die Vorschrift spreche ausdrücklich von den Vereinbarungen über die Vergütung von Leistungen. Der Schiedsspruch ersetze zwar den Vertrag, stehe jedoch selbst unter einer Vorlagepflicht, so dass die Vorlagepflicht nach § 71 Abs. 4 SGB V verdrängt werde. Soweit die Beklagte auf den in § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V enthaltenen Plural verweise, sei darauf hinzuweisen, dass für jedes der in den einzelnen KV-Bereichen jeweils eingerichteten Landesschiedsämter eine Aufsichtbehörde zuständig sei, im Gesetz mithin zu Recht von "Aufsichtsbehörden" die Rede sei, allerdings nicht im Sinne der Beklagten. Die für die Zeit ab 1. Januar 2009 unveränderte zweigleisige Aufsichtsbehördenstruktur spiele für den vorliegenden Sachverhalt keine Rolle. § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V habe in dieser Fassung lange vor dem Inkrafttreten der für die hier zu Grunde liegende Schiedsamtsentscheidung maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben gegolten. Gerade eine zweigleisige Aufsichtsbehördenstruktur führe zu erheblichen Rechtsunsicherheiten, wenn ein und dieselbe gesamtvertragliche Regelung durch die Bundesaufsicht, aber nicht durch die Landesaufsicht gerügt werde. Selbst wenn eine Beanstandungsbefugnis der Beklagten im Wege des so genannten zweigleisigen Aufsichtsrechts bestehen würde, sei die zweimonatige Beanstandungsfrist nicht eingehalten. Jedenfalls sei der Beanstandungsbescheid schon deshalb aufzuheben, weil sich der beanstandete Schiedsspruch innerhalb der zulässigen Gestaltungs- und Beurteilungsspielräume halte.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in Gestalt der Erklärung vom 9. Juni 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beklagte hält die Klägerin für klagebefugt und hält sich als Aufsichtbehörde der bundesunmittelbaren Krankenkassen für zuständig, Schiedssprüche innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage zu beanstanden (BSG vom 17. November 1999 - B 6 KA 10/99 - juris, Rdnr. 27). Sie sei Aufsichtsbehörde im Sinne von § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V, denn die Vorschrift erfasse auch die für die Vertragspartner zuständigen Aufsichtsbehörden, indem sie von den Aufsichtsbehörden in der Mehrzahl spreche, so dass nicht lediglich die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde gemeint sein könne. Weiterhin unterlägen durch Schiedsspruch festgesetzte Vereinbarungen wie einvernehmlich geschlossene Vereinbarungen der Rechtsaufsicht. Nicht einsehbar wäre, warum sie - die Beklagte - unmittelbar durch die Vertragspartner geschlossene Verträge beanstanden dürfe, während ausschließlich die Landesaufsicht greifen solle, wenn gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V eben diese Verträge inhaltlich durch die Entscheidung eines Landesschiedsamtes festgesetzt werde. Durch § 87 a Abs. 2 und 3 SGB V werde eine Gleichbehandlung der Krankenkassen bei der Finanzierung der ärztlichen Vergütung herbeigeführt. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber die zweigleisige Aufsichtsbehördenstruktur nicht geändert. Aus der Zusammenschau ergebe sich, dass der Gesetzgeber in dem Fall, dass nur eine Aufsichtsbehörde eine Gesamtvergütungsvereinbarung beanstande, die Wirkung der Beanstandung auf alle Vereinbarungspartner erstreckt sehen wolle. Nur dies garantiere die vom Gesetzgeber laut Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/3100, S. 119) gewünschte kassenarteneinheitliche Vereinbarungsgestaltung und die Gleichbehandlung aller Kassen. Würde sich die von nur einer Aufsichtsbehörde ausgesprochene Beanstandung nur auf die Krankenkassen erstrecken, die deren Rechtsaufsicht unterliege, entständen faktisch zwei Gesamtvergütungsvereinbarungen - eine in der ursprünglichen Fassung und eine in der Fassung der Beanstandung. Die Regelung des § 71 Abs. 4 SGB V erstrecke sich nach ihrem Wortlaut nicht ausschließlich auf Vergütungsvereinbarungen der jeweiligen Vertragspartner. Vielmehr heiße es in Satz 1, dass die Vereinbarungen über die Vergütung von Leistungen den für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtbehörden vorzulegen seien. Dieser Wortlaut stehe dem Beanstandungsrecht der Beklagten nicht entgegen. Das BSG gehe in seinem Urteil vom 17. November 1999 (B 6 KA 10/99) ausdrücklich von einem Beanstandungsrecht der jeweiligen für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden aus. Eine Zweigleisigkeit des Aufsichtsverfahrens bei Vergütungsvereinbarungen im Ersatzkassenbereich bestehe weiterhin, eine Einschränkung der Aufsichtskompetenz der Beklagten durch richterliche Rechtsfortbildung sei ausgeschlossen. § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V sehe vor, Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen den zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen. Damit gehe nach wie vor das Recht einher, Entscheidungen der Schiedsämter gegenüber den der Aufsicht der Beklagten unterstehenden Ersatzkassen beanstanden zu dürfen. Die Vorlagepflicht gegenüber der Beklagten sei ansonsten sinnentleert. Die zweimonatige Beanstandungsfrist sei eingehalten, der beanstandete Schiedsspruch sei ihr am 17. April 2009 vorgelegt worden, die Beanstandungsfrist ende mit Ablauf des 17. Juni 2009. Der Beanstandungsbescheid sei den Beigeladenen zu 7) und 8) am 16. Juni 2009 per Telefax übersandt worden. Ergänzend zur Begründung des angefochtenen Bescheides trägt die Beklagte weiter vor, Beschlussteil H Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 in der Fassung des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 17. März 2009 sehe die Möglichkeit der Vereinbarung leistungsbezogener Zuschläge für Leistungen der Kapitelabschnitte 31.1, 31.3, 31.4 und 31.6 EBM gerade nicht vor. Die Berufung der Klägerin auf Beschlussteil H Nr. 5 Abs. 2 gehe fehl; zum einen habe er ausweislich seines Wortlauts nur Empfehlungs-, nicht Regelungscharakter, zum anderen sei diese Empfehlung wegen Verstoßes gegen § 87 a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 SGB V i. V. m. § 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V rechtswidrig. Hiernach seien alle Leistungen im Bereich innerhalb und im Bereich außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten; die Festsetzung von Zuschlagspunktwerten sei nicht zulässig.
Der Beigeladene zu 1) hält die Klägerin für klagebefugt. Zweifelhaft sei die Beanstandungskompetenz der Beklagten. Aus § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ergebe sich lediglich ein Aufsichtsrecht gegenüber den bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern. § 71 Abs. 4 SGB V erstrecke sich nach seinem Wortlaut ausschließlich auf die Vergütungsvereinbarungen der jeweiligen Vertragspartner. Hierzu liege aber ein Schiedsspruch vor. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 17. November 1999 (B 6 KA 10/99 R) gerade erkannt, dass die Zweigleisigkeit des Aufsichtsverfahrens in Fällen der vorliegenden Art "wenig sachgerecht erscheint" und der Regionalisierung des Vergütungsgeschehens widerspreche. Im Hinblick auf die bis zum 31. Dezember 2008 gegebene besondere Bedeutung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität sei ausweislich der Entscheidungsgründe von einer Beanstandungskompetenz der Beklagten auszugehen gewesen. Nach der Neuordnung des Vergütungsgeschehens zum 1. Januar 2009 sei diese Erwägung weggefallen. Ausgehend vom Normtext als dem objektivierten Willen des Gesetzgebers sei für die Bejahung eines Beanstandungsrechts der Beklagten gegenüber einem Schiedsspruch des Beigeladenen zu 1) kein Grund gegeben. Der Normtext von § 89 SGB V bestätige diese Ansicht. Das Hessische Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit und nicht die Beklagte sei danach Rechtsaufsichtsbehörde und gegenüber ihm - dem Beigeladenen zu 1) sachlich zuständig. Inhaltlich halte er an dem beanstandeten Schiedsspruch aus dessen Gründen fest.
Der Beigeladene zu 8) trägt - auch als Prozessstandschafter für die Beigeladenen zu 9) bis 14) - vor, dass der Klägerin bereits die Klagebefugnis fehle. Als Aufsichtsmaßnahme wirke die Beanstandung ausdrücklich nur für sie und die Beigeladenen zu 9) bis 14), ihre Verpflichtung, auf die Beseitigung des Rechtsverstoßes hinzuwirken, tangiere die Rechtsposition der Klägerin nicht unmittelbar, denn die Schiedsamtsentscheidung bleibe (zumindest vorläufig) gültig. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Das Beanstandungsrecht der Beklagten ergebe sich für die bundesunmittelbaren Ersatzkassen aus §§ 89 Abs. 5 Satz 5, 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V i. V. m. § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Das Gesetz enthalte keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aufsichtszuständigkeit der Beklagten über die Ersatzkassen bei Ersetzung einer freien Vereinbarung durch das Landesschiedsamt durch die für das Schiedsamt zuständige Landesaufsichtsbehörde verdrängen würde. Die zweimonatige Beanstandungsfrist nach § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V sei durch die Übersendung der Beanstandungsbescheide per Telefax an ihn - den Beigeladenen zu 8) am 16. Juni 2009 gewahrt. Zu den materiellen Einwendungen schließt sich die Beigeladene 8) den Ausführungen des Beklagten an.
Der Beigeladene zu 3) schließt sich der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 8) an.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Hessischen Landessozialgerichts für die form- und fristgerecht erhobene Klage ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben, weil Gegenstand des Verfahrens die Beanstandung der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) vom 30. Oktober 2008 durch Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt der Erklärung vom 9. Juni 2010 ist.
Die Klage ist in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 3 SGG (BSG, Urteil vom 17. November 1999 - B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr. 1) als Aufsichtsklage im Sinne eines Unterfalls der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG - vgl. hierzu Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 54 Rdnr. 101; Castendiek in: Lüdtke, SGG 3. Auflage 2009, § 54 Rdnr. 14; PSW § 54 Rdnr. 339; Ulmer in: Hennig, SGG Stand: Februar 2009, § 54 Rdnr. 130; offen gelassen: BSG a.a.O.) statthaft. Denn die Klägerin wendet sich als Partnerin des Gesamtvertrags gegen die Beanstandung der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) über die Vergütung der Leistungen nach § 87a SGB V durch die Beklagte. Für solche Klagen gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend, § 89 Abs. 5 Satz 6 SGB V.
Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 8) - klagebefugt. Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte behauptet wird. Dabei genügt es, dass der Kläger die Beseitigung einer in seine Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstrebt, von der er behauptet, dass sie nicht rechtmäßig sei (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 54 Rdnr. 9, 10 m. w. N.). Die Verletzung einer eigenen Rechtsposition ist auch bei einem Verwaltungsakt möglich, der gegen einen Dritten ergangen ist, sofern er wenigstens mittelbar in eigene rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreift (Verwaltungsakt mit Drittwirkung; vgl. hierzu auch Keller a.a.O Rdnr. 14 m. w. N.). Bei dem streitgegenständlichen Beanstandungsbescheid handelt es sich um eine Maßnahme, die vordergründig nur in das Selbstverwaltungsrecht der Adressaten - der beigeladenen Ersatzkassen - eingreift, denn die Beklagte berühmt sich der Kompetenz, die Rechtmäßigkeit des durch das Schiedsamt festgesetzten Vergütungsvertrags beanstanden zu dürfen, weil der Grundsatz der Beitragssatzstabilität verletzt sei. Nachdem die Klägerin als Kassenärztliche Vereinigung Partner des Gesamtvertrags im Sinne des § 82 SGB V ist, dessen Inhalt gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch die Festsetzung des beigeladenen Landesschiedsamtes ersetzt ist, ist ihre Rechtssphäre durch die Beanstandung in einem ihrer zentralen Aufgabenbereiche, nämlich dem Vereinbarung über die Honorarverteilung für die vertragsärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder, jedoch ebenfalls unmittelbar betroffen (im Ergebnis ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Februar 2010 - L 7 KA 15/09 KL). Dies gilt, obwohl § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V, auf den die Beklagte ihr Beanstandungsrecht stützt, nicht wie § 71 Abs. 2 Satz 4 SGB V i. d. Fassung des Art. 33 § 8 GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, S. 2266) ausdrücklich die Unwirksamkeit der beanstandeten Vereinbarung regelt. Denn die beigeladenen Ersatzkassen sehen sich - worauf sie im Schriftsatz vom 12. April 2010 auch ausdrücklich hinweisen - aufgrund der Aufsichtsmaßnahme gehalten, den im streitgegenständlichen Bescheid festgestellten Rechtsverstoß zu beseitigen. Unerheblich ist dabei, dass die vom Beigeladenen zu 8) erhobene Klage gegen den Schiedsspruch (anhängig, vgl. Klage vor dem erkennenden Senat, Az. L 4 KA 14/09 KL) gem. § 89 Abs. 1 Satz 6 SGB V keine aufschiebende Wirkung hat. Darüber hinaus steht der Klägerin als Partnerin der Gesamtverträge die Klagebefugnis bei Beanstandung des Schiedsspruchs auch aus § 89 Abs. 5 Satz 6 SGB V zu.
Für die Zulässigkeit der Klage bedurfte es weiterhin nicht der Durchführung eines Vorverfahrens.
Gemäß § 78 Abs 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes grundsätzlich in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Das Vorverfahren ist demgegenüber ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG, oder weil ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will, § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn es handelt sich bei dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt nicht um einen Verwaltungsakt einer obersten Bundes- oder Landesbehörde, sondern viel mehr um den einer Bundesoberbehörde (vgl. § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Darüber hinaus gehört die KV Hessen als Klägerin nicht zu den in § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGG genannten Versicherungsträgern oder einen seiner Verbände.
Das Vorverfahren ist jedoch gleichwohl wegen der durch § 89 Abs. 5 Satz 6 SGB V angeordneten, entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Anfechtungsklage mithin auch von § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGG - entbehrlich. Für die spezielle Konstellation der Drittbetroffenheit der Klägerin durch eine aufsichtsrechtliche Maßnahme gegenüber den bundesunmittelbaren Krankenkassen als Sozialversicherungsträger bzw. ihren Verbänden (vgl. §§ 87 ff. SGB IV) besteht keine ausdrückliche Regelung. Die Interessenlage der Klägerin ist jedoch der eines Landes, eines Versicherungsträgers bzw. eines Verbandes vergleichbar. Denn die Ausnahme nach Nr. 3 gilt insbesondere für das Aufsichtsverhältnis zwischen Bund und Ländern und bei der Staatsaufsicht in Selbstverwaltungsangelegenheiten, bei der wegen des Selbstverwaltungsrechts der betroffenen Rechtsperson die Aufsichtsbehörde jeweils gut überdenken wird, ob sie eine aufsichtsrechtliche Verfügung erlässt (PSW § 78 Anm. 4e), was eine nochmalige Überprüfung von Recht- und Zweckmäßigkeit durch die Aufsichtsbehörde entbehrlich macht (so im Ergebnis auch Beier in: jurisPK-SGB V, § 89 Rdnr. 62, allerdings unter Hinweis auf § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1). Eine solche sich aus dem das Selbstverwaltungsrecht beschränkenden aufsichtsrechtlichen Gefüge ableitende Interessenlage ist bei der Klägerin ebenfalls gegeben. Darüber hinaus ist kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber für den Fall der Drittbetroffenheit ein Vorverfahrenserfordernis anordnen sollte, nicht jedoch für die unmittelbare Aufsichtsbeziehung der Klägerin zu der für sie zuständigen obersten Landesbehörde (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 2. Fall SGG).
Die Klage ist auch begründet.
Der Beanstandungsbescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt der Teilrücknahme durch Erklärung vom 9. Juni 2010 war aufzuheben, denn er ist bereits formell rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn eine Rechtsgrundlage für die Beanstandung des Schiedsspruchs des Beigeladenen zu 1) vom 30. Oktober 2008 durch die Beklagte fehlt.
Die Beanstandung ist zunächst nicht durch § 71 Abs. 4 SGB V gedeckt. Danach sind die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83, 85, 85a, 125 und 127 SGB V den für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen, die die Vereinbarungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden können.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn es handelt sich bei dem beanstandeten Schiedsspruch des Beigeladenen zu 1) vom 30. Oktober 2010 nicht um eine Vereinbarung im Sinne von § 71 Abs. 4 Satz 1 SGB V dar, sondern vielmehr um eine Entscheidung des Schiedsamtes über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83, 85 und 87a SGB V im Sinne von § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V. Diese Entscheidung des Schiedsamtes ersetzt die gesamtvertragliche Vergütungsvereinbarung in dem Sinne, als das Schiedsamt den Vertragsinhalt für die Vertragsparteien festsetzt (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 3 und 5 SGB V) und der Schiedsspruch gemäß seiner Doppelnatur (neben seiner Eigenschaft als Verwaltungsakt) auch gegenüber den Mitgliedern der Vertragspartner dieselben normsetzenden Wirkungen wie der Vergütungsvertrag als solcher hat. Gleichwohl unterscheidet das Gesetz bereits nach seinem Wortlaut zwischen der "Vereinbarung über die Vergütung" in § 71 Abs. 4 SGB V und den "Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung" in § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V.
Die Beklagte kann deshalb auch nicht damit gehört werden, dass die die vertragliche Vereinbarung ersetzende Festsetzung des Vertragsinhalts (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 5 SGB V) des Schiedsamtes wie die Vereinbarung selbst dem Beanstandungsrecht gemäß § 71 Abs. 4 SGB V unterliegt. Denn als speziellere Regelung bezüglich der Aufsicht über die Landesschiedsämter geht § 89 Abs. 5 SGB V den Regelungen des § 71 Abs. 4 SGB V vor und verdrängt sie. Diese Spezialität ergibt sich aus der systematischen Stellung der Regelung des § 71 Abs. 4 SGB V im ersten Abschnitt des Vierten Kapitels (Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern) des SGB V, in dem allgemeine Grundsätze generalklauselartig geregelt werden. Demgegenüber werden im zweiten Abschnitt des Vierten Kapitels SGB V die Beziehungen (der Krankenkassen) zu Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten geregelt, wobei sich im fünften Titel (§ 89 SGB V) des zweiten Abschnitts spezielle Vorschriften über das Schiedswesen - einschließlich der besonderen Regelungen über die Aufsicht - finden.
Die Entscheidungen der Landesschiedsämter sind damit den Aufsichtsbefugnissen der Beklagten entzogen (a.A. Beier in: jurisPK-SGB V, § 89 Rdnr. 61). Denn nach § 89 Abs. 5 Satz 1 SGB V führen die Rechtsaufsicht über die Landesschiedsämter (§ 89 Abs. 2 Satz 1 SGB V) die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden die Aufsicht über die Landesschiedsämter. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht (Satz 3). Die Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83, 85 und 87a sind den zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen (Satz 4). Diese können die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden (Satz 5).
Hiervon ist offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen, weil sie den streitgegenständlichen Bescheid gerade nicht an das beigeladene Landesschiedsamt adressiert hat, sondern allein an die ihr aufsichtsunterworfenen Krankenkassen und den Beigeladenen zu 8).
Diese Vorschriften regeln die Zuständigkeit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder für aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegenüber den Landesschiedsämtern vollständig und abschließend. Hiervon zu unterscheiden ist die Aufsicht über die Schiedsämter auf Bundesebene (§ 89 Abs. 4 SGB V), die gemäß § 89 Abs. 5 Satz 2 SGB V durch das Bundesministerium für Gesundheit ausgeübt wird.
Von diesem gesetzlich vorgegebenen, aufsichtsrechtlichen Kompetenzgefüge kann nicht abgewichen werden. Es kann insbesondere nicht dadurch unterlaufen werden, dass - wie hier - auf dem Umweg der Beanstandung gegenüber einem aufsichtsunterworfenen Versicherungsträger der Spruch eines einer anderen Aufsichtsbehörde unterworfenen Schiedsamtes beanstandet wird (Düring in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage 2006, § 9 Rdnr. 53; Schnapp in: Schnapp/Wigge, a. a. O. § 24 Rdnr. 57). Offen lassen kann der Senat dabei, ob die Beklagte als rechtsaufsichtsführende Behörde ihren aufsichtsunterworfenen Krankenkassen im Rahmen der allgemeinen Rechtsaufsicht eine Weisung dahingehend erteilen kann, Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch den Landesschiedsamtes einzulegen. Diese Konstellation ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass § 89 Abs. 5 Satz 4 und 5 SGB V von Aufsichtsbehörden im Plural spricht. Denn nach der systematischen Stellung der Vorschrift in § 89 Abs. 5 SGB V sind hiermit nicht etwa die für das jeweilige Schiedsamt und die Partner der Gesamtverträge zuständigen Aufsichtsbehörden gemeint, sondern vielmehr die für die jeweiligen Landesschiedsämter (Schiedsämter nach § 89 Abs. 2 SGB V) zuständigen jeweiligen Aufsichtsbehörden (§ 89 Abs. 5 Satz 1 SGB V). Ihnen allein weist der Gesetzgeber - entsprechend der Vorlagepflicht der Landesschiedsämter gemäß § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V - ein Beanstandungsrecht hinsichtlich der Schiedssprüche der Landesschiedsämter zu.
Auch Sinn und Zweck des normierten aufsichtsrechtlichen Gefüges erfordern keine andere - der Beklagten eine aufsichtrechtliche Kompetenz zuweisende - Auslegung. Denn auch die obersten Verwaltungsbehörden der Länder üben die Aufsicht im Sinne einer Rechtsaufsicht und u. a. mit dem Ziel der Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) aus, so dass eine entsprechende durch die Aufsichtsbehörden der Partner der Gesamtverträge - hier der Beklagten - nach den gleichen Maßstäben durchgeführte Rechtskontrolle (vgl. Beier in: jurisPK-SGB V, § 89 Rdnr. 56) nicht zusätzlich erforderlich ist.
Schließlich mag die Regionalisierung des Vergütungssystems durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, S. 2266) zu einer - wenn auch unerwünschten - so genannten zweigleisigen Rechtsaufsicht im Bereich der Ersatzkassen führen, weil § 71 Abs. 4 SGB V das Beanstandungsrecht für - regionale - Vergütungsvereinbarungen auch der Bundesaufsicht unterstellt, weil diese die Aufsicht über die Verbände der Ersatzkassen führt (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 1999 - a.a.O - zitiert nach juris Rdnr. 21). Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Zweigleisigkeit sich im Falle eines Schiedsspruchs fortzusetzen hat.
Soweit das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. November 1999 (a. a. O. Rdnr. 27) per obiter dictum die Auffassung vertritt, dass das Landesschiedsamt seine Entscheidung auch den Aufsichtsbehörden der (bundesunmittelbaren) Ersatzkassen zur aufsichtsrechtlichen Prüfung vorzulegen habe, die diese ihrerseits ebenso wie frei ausgehandelte Verträge beanstanden können sollen, folgt der erkennende Senat dem nicht. Denn eine Auslegung von § 89 Abs. 5 Satz 4 und 5 SGB V, die eine Vorlagepflicht an die Bundesaufsicht und eine hiermit korrespondierende Aufsichtsbefugnis der Bundesaufsichtsbehörde auch in Bezug auf die Festsetzungen des Landesschiedsamtes zulässt, wäre mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes (Art. 83 ff. GG) unvereinbar.
Art. 83 GG weist die Ausführung von Bundesgesetzen den Ländern grundsätzlich als eigene Angelegenheit zu. Nur in den im Grundgesetz selbst bestimmten oder zugelassenen Ausnahmefällen darf der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts selbst ausführen (vgl. Art. 86 Satz 1 GG), so etwa durch die Träger der Sozialversicherung, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt gemäß Art. 87 Abs. 2 GG. Diese Kompetenzaufteilung nach Art. 83 GG ist eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips des Grundsgesetzes und dient dazu, die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen. Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes auf die in landeseigener Verwaltung ausgeführte Ausführung von Bundesgesetzen bestehen deshalb nur insoweit als es das Grundgesetz - in Art. 84 GG - zulässt. Dabei ermächtigt Art. 84 Abs. 3 Satz 1 GG die Bundesregierung zur Rechtsaufsicht gegenüber den Ländern, die aufsichtsrechtlichen Kompetenzen beschränken sich dabei jedoch auf den in Art. 84 Abs. 4 bis 5 GG gesetzten Rahmen (Schnapp, NZS 2003, 1, 4 m. w. N). Nachdem es sich bei der Tätigkeit des beigeladenen Landesschiedsamtes um die Ausführung von Bundesgesetzen in mittelbarer Staatsverwaltung auf der Landesebene handelt, mithin trotz ihrer Eigenschaft als der Einrichtung der Selbstverwaltung um eine Behörde im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG (Schnapp a. a. O. unter Hinweis auf BVerfGE 77, 288, 299), sind die Ingerenzbefugnisse des Bundes auf in Art. 84 GG geregelten Maßnahmen beschränkt. Einwirkungsmöglichkeiten einer Bundesoberbehörde auf Einrichtungen der Landesebene, wie die, deren sich die Beklagte berühmt, sind danach nicht gegeben (im Ergebnis ebenso: Auktor in: LPK SGB V, § 89 Rdnr. 12).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 4 GKG. Es handelt sich um eine aufsichtsrechtliche Streitigkeit über die Wirksamkeit der Beanstandung eines Schiedsspruch nach § 89 SGB V, der den Gesamtvergütungsvertrag ersetzt. Die Bedeutung des Rechtsstreits hat sich deshalb am Wert der Gesamtvergütung für Hessen im Jahr 2009 zu orientieren, weshalb vom zulässigen Höchststreitwert auszugehen war, auch soweit nur die beanstandeten Teile des Schiedsspruchs betroffen waren.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen
Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rechtmäßigkeit des Beanstandungsbescheides der Beklagten vom 16. Juni 2009.
Die Beklagte ist Aufsichtsbehörde der bundesunmittelbaren - zu 7) und 9) bis 14) zum Verfahren beigeladenen - Krankenkassen gemäß § 90 Viertes Buch Sozialgesetzbuch Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV).
Die Beigeladenen zu 7) und 9) bis 14), letztere vertreten durch den Beigeladenen zu 8) als deren Prozessstandschafter, und die klagende Kassenärztliche Vereinigung sowie die zu 2) bis 6) beigeladenen Landesverbände der Krankenkassen in Hessen regeln gemäß § 82 Abs. 2 i. V. m. § 83 SGB V die Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung in Hessen teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen nach Maßgabe näherer gesetzlicher Regelungen (u. a. §§ 87a bis 87c SGB V). Für das Jahr 2009 rief die Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2008 das zuständige Landesschiedsamt (Beigeladener zu 1)) zur Herbeiführung einer Einigung zwischen den Vertragsparteien an.
Mit Schiedsspruch vom 30. Oktober 2008 setzte der Beigeladene zu 1) den Honorarvertrag für die vertragsärztliche Versorgung in Hessen für das Jahr 2009 fest. Hierdurch erhielt der Honorarvertrag für das Jahr 2009 u. a. folgende Regelungen:
Abschnitt I
"9. Einzelleistungen Die vorstehenden Regelungen gelten nicht für die unter Nr. 9.1 aufgeführten Leistungen, die mit Ausnahme der Ziffer 9.1.8 (siehe dort) zum festgelegten Einzelleistungspunktwert in Höhe von 0,035001 EUR vergütet werden. ( ...)
9.1.8 Leistungen des Kapitels 31 EBM, sowie GOP 13421 bis 13431, sowie 04514, 04515, 04518 und 04520 hiervon abweichend zu einem Einzelleistungspunktwert von 0,04071 EUR (=festgelegter Einzelleistungspunktwert von 0,035001 EUR zuzüglich Zuschlag in Höhe von 0.005709 EUR)."
"Anlage 2 zum Honorarvertrag 2009 Gemäß Teil G des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 werden folgende Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach § 87 b Abs. 3 Satz 5 SGB V vereinbart:
1. ( ...)
2. Die Bildung der Rückstellungen und ihre Auflösung bzw. Rückführung in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgt versorgungsbereichsspezifisch durch die Kassenärztliche Vereinigung Hessen unter Berücksichtigung der im Jahr 2007 für die unter Nr. 1 genannten Sachverhalte aufgewendeten Vergütung. Im Jahr 2009 erwartete Änderungen des damit verbundenen Vergütungsbedarfs sind zu beachten. Die Umsetzung obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung. ( ...)"
Mit am 17. April 2009 eingegangenem Schreiben vom 14. April 2009 legte der Beigeladene zu 8) die Schiedsamtsentscheidung der Beklagten zur aufsichtsrechtlichen Prüfung vor. Diese erließ den an die Beigeladenen zu 7) bis 14) adressierten Bescheid vom 16. Juni 2009, mit welchem sie "Abschnitt I Nr. 9.1.8 (soweit dort Zuschlagspunktwerte für Leistungen der Kapitelabschnitte 31.1, 31.3, 31.4 und 31.6 EBM festgesetzt worden sind) und Anlage 2 Nr. 2 des Honorarvertrages 2009 für die vertragsärztliche Versorgung im Bundesland Hessen, festgesetzt durch Schiedsspruch des Landesschiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung in Hessen vom 30. Oktober 2008 -LSchÄ-07-08-Verbände" gemäß §§ 89 Abs. 5 Satz 5, 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V beanstandete. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beigeladene zu 1) habe nicht festsetzen dürfen, dass auch die Leistungen der Kapitelabschnitte 31.1, 31.3, 31.4 und 31.6 EBM mit einem Zuschlagspunktwert in Höhe von 0,005709 Euro vergütet würden, weil diese Leistungen nicht in Beschlussteil H Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 in der Fassung des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 17. März 2009 aufgeführt gewesen seien, so dass die Festsetzung nicht durch diesen Beschluss gedeckt sei. Die Festsetzung verstoße zudem gegen § 87a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 SGB V i. V. m. § 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V. Ferner verstoße Anlage 2 Nr. 2 des Honorarvertrages 2009 gegen Nr. 3 des Teiles G des Beschlusses gemäß § 87b Abs. 4 Satz 2 SGB V zu den Grundsätzen zur Bildung von Rückstellungen nach § 87b Abs. 3 Satz 5 SGB V mit Wirkung zum 1. September 2008 einschließlich Ergänzungen/Änderungen durch den Bewertungsausschuss in seiner 164. Sitzung am 17. Oktober 2008 und durch den erweiterten Bewertungsausschuss in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008. Danach erfolge die Bildung der Rückstellungen und ihre Auflösung bzw. Rückführung in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung durch die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen. Die Festsetzung des Beigeladenen zu 1), wonach die Klägerin allein - ohne ein Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen herzustellen - über die Bildung und Auflösung bzw. Rückführung der Rückstellungen entscheiden dürfe, verstoße gegen den klaren Wortlaut des Beschlusses. Bei der Ausübung ihres Ermessens lasse sie - die Beklagte - sich davon leiten, dass der Schiedsspruch gegen gesetzliche und untergesetzliche Normen verstoße, die für die Wahrung der Beitragssatzstabilität von grundlegender Bedeutung seien.
Die Beklagte übersandte den Bescheid am 16. Juni 2009 an die Beigeladenen zu 7) und 8) - diesem zugleich als Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 9) bis 14) - per Telefax. Gegen den der Klägerin mit Schreiben vom 16. Juni 2009 zur Kenntnis übersandten Bescheid richtet sich die am 8. Juli 2009 erhobene Klage.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. Juni 2010 im Verfahren L 4 KA 14/09 KL hat die Beklagte den Bescheid vom 16. Juni 2009 insoweit zurückgenommen als damit Anlage 2 Nr. 2 des Honorarvertrages 2009 für die vertragsärztliche Versorgung im Bundesland Hessen, festgesetzt durch Schiedsspruch des Landesschiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung in Hessen vom 30. Oktober 2008 -LSchÄ-07-08-Verbände gemäß §§ 89 Abs. 5 Satz 5, 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V beanstandet wurde.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte sei für die Prüfung des Schiedsspruchs des Beigeladenen zu 1) nicht zuständig. Hierzu sei sie als Aufsichtsbehörde des Bundes auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht befugt. Die Tätigkeit der Schiedsämter stelle sich als landeseigener Vollzug von Bundesrecht in mittelbarer Staatsverwaltung dar und unterliege gemäß Art. 83 Grundgesetz (GG) der Zuständigkeit des Landes. Eine Beanstandungsmöglichkeit bestehe auch gegenüber den Verbänden der Ersatzkassen nicht. Zumindest die Frage der regionalen Festlegung der Gesamtvergütung für den Zeitraum ab 1. Januar 2009 unterliege nicht der Aufsicht der Beklagten; für die Beanstandung des Schiedsspruchs bestehe eine klare Zuständigkeitsregelung. Eine Zuständigkeit könne die Beklagte nicht aus § 89 Abs. 5 Satz 5 bzw. § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V ableiten. Die Entscheidungen der Schiedsämter seien den zuständigen Aufsichtsbehörden für die Schiedsämter vorzulegen und nicht denjenigen Aufsichtsbehörden, die Aufsichtsbehörden der Schiedsparteien seien. Die Regelung in § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V betreffe ausschließlich das Landesschiedsamt, das den Schiedsspruch auch der zuständigen Aufsichtsbehörde vorgelegt habe, diese habe den Schiedsspruch nicht beanstandet. Aus der Vorlagepflicht für Vergütungsvereinbarungen nach § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V ergebe sich keine Zuständigkeit der Beklagten als Aufsichtsbehörde. Die Vorschrift spreche ausdrücklich von den Vereinbarungen über die Vergütung von Leistungen. Der Schiedsspruch ersetze zwar den Vertrag, stehe jedoch selbst unter einer Vorlagepflicht, so dass die Vorlagepflicht nach § 71 Abs. 4 SGB V verdrängt werde. Soweit die Beklagte auf den in § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V enthaltenen Plural verweise, sei darauf hinzuweisen, dass für jedes der in den einzelnen KV-Bereichen jeweils eingerichteten Landesschiedsämter eine Aufsichtbehörde zuständig sei, im Gesetz mithin zu Recht von "Aufsichtsbehörden" die Rede sei, allerdings nicht im Sinne der Beklagten. Die für die Zeit ab 1. Januar 2009 unveränderte zweigleisige Aufsichtsbehördenstruktur spiele für den vorliegenden Sachverhalt keine Rolle. § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V habe in dieser Fassung lange vor dem Inkrafttreten der für die hier zu Grunde liegende Schiedsamtsentscheidung maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben gegolten. Gerade eine zweigleisige Aufsichtsbehördenstruktur führe zu erheblichen Rechtsunsicherheiten, wenn ein und dieselbe gesamtvertragliche Regelung durch die Bundesaufsicht, aber nicht durch die Landesaufsicht gerügt werde. Selbst wenn eine Beanstandungsbefugnis der Beklagten im Wege des so genannten zweigleisigen Aufsichtsrechts bestehen würde, sei die zweimonatige Beanstandungsfrist nicht eingehalten. Jedenfalls sei der Beanstandungsbescheid schon deshalb aufzuheben, weil sich der beanstandete Schiedsspruch innerhalb der zulässigen Gestaltungs- und Beurteilungsspielräume halte.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in Gestalt der Erklärung vom 9. Juni 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beklagte hält die Klägerin für klagebefugt und hält sich als Aufsichtbehörde der bundesunmittelbaren Krankenkassen für zuständig, Schiedssprüche innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage zu beanstanden (BSG vom 17. November 1999 - B 6 KA 10/99 - juris, Rdnr. 27). Sie sei Aufsichtsbehörde im Sinne von § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V, denn die Vorschrift erfasse auch die für die Vertragspartner zuständigen Aufsichtsbehörden, indem sie von den Aufsichtsbehörden in der Mehrzahl spreche, so dass nicht lediglich die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde gemeint sein könne. Weiterhin unterlägen durch Schiedsspruch festgesetzte Vereinbarungen wie einvernehmlich geschlossene Vereinbarungen der Rechtsaufsicht. Nicht einsehbar wäre, warum sie - die Beklagte - unmittelbar durch die Vertragspartner geschlossene Verträge beanstanden dürfe, während ausschließlich die Landesaufsicht greifen solle, wenn gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V eben diese Verträge inhaltlich durch die Entscheidung eines Landesschiedsamtes festgesetzt werde. Durch § 87 a Abs. 2 und 3 SGB V werde eine Gleichbehandlung der Krankenkassen bei der Finanzierung der ärztlichen Vergütung herbeigeführt. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber die zweigleisige Aufsichtsbehördenstruktur nicht geändert. Aus der Zusammenschau ergebe sich, dass der Gesetzgeber in dem Fall, dass nur eine Aufsichtsbehörde eine Gesamtvergütungsvereinbarung beanstande, die Wirkung der Beanstandung auf alle Vereinbarungspartner erstreckt sehen wolle. Nur dies garantiere die vom Gesetzgeber laut Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/3100, S. 119) gewünschte kassenarteneinheitliche Vereinbarungsgestaltung und die Gleichbehandlung aller Kassen. Würde sich die von nur einer Aufsichtsbehörde ausgesprochene Beanstandung nur auf die Krankenkassen erstrecken, die deren Rechtsaufsicht unterliege, entständen faktisch zwei Gesamtvergütungsvereinbarungen - eine in der ursprünglichen Fassung und eine in der Fassung der Beanstandung. Die Regelung des § 71 Abs. 4 SGB V erstrecke sich nach ihrem Wortlaut nicht ausschließlich auf Vergütungsvereinbarungen der jeweiligen Vertragspartner. Vielmehr heiße es in Satz 1, dass die Vereinbarungen über die Vergütung von Leistungen den für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtbehörden vorzulegen seien. Dieser Wortlaut stehe dem Beanstandungsrecht der Beklagten nicht entgegen. Das BSG gehe in seinem Urteil vom 17. November 1999 (B 6 KA 10/99) ausdrücklich von einem Beanstandungsrecht der jeweiligen für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden aus. Eine Zweigleisigkeit des Aufsichtsverfahrens bei Vergütungsvereinbarungen im Ersatzkassenbereich bestehe weiterhin, eine Einschränkung der Aufsichtskompetenz der Beklagten durch richterliche Rechtsfortbildung sei ausgeschlossen. § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V sehe vor, Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen den zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen. Damit gehe nach wie vor das Recht einher, Entscheidungen der Schiedsämter gegenüber den der Aufsicht der Beklagten unterstehenden Ersatzkassen beanstanden zu dürfen. Die Vorlagepflicht gegenüber der Beklagten sei ansonsten sinnentleert. Die zweimonatige Beanstandungsfrist sei eingehalten, der beanstandete Schiedsspruch sei ihr am 17. April 2009 vorgelegt worden, die Beanstandungsfrist ende mit Ablauf des 17. Juni 2009. Der Beanstandungsbescheid sei den Beigeladenen zu 7) und 8) am 16. Juni 2009 per Telefax übersandt worden. Ergänzend zur Begründung des angefochtenen Bescheides trägt die Beklagte weiter vor, Beschlussteil H Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 in der Fassung des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 17. März 2009 sehe die Möglichkeit der Vereinbarung leistungsbezogener Zuschläge für Leistungen der Kapitelabschnitte 31.1, 31.3, 31.4 und 31.6 EBM gerade nicht vor. Die Berufung der Klägerin auf Beschlussteil H Nr. 5 Abs. 2 gehe fehl; zum einen habe er ausweislich seines Wortlauts nur Empfehlungs-, nicht Regelungscharakter, zum anderen sei diese Empfehlung wegen Verstoßes gegen § 87 a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 SGB V i. V. m. § 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V rechtswidrig. Hiernach seien alle Leistungen im Bereich innerhalb und im Bereich außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten; die Festsetzung von Zuschlagspunktwerten sei nicht zulässig.
Der Beigeladene zu 1) hält die Klägerin für klagebefugt. Zweifelhaft sei die Beanstandungskompetenz der Beklagten. Aus § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ergebe sich lediglich ein Aufsichtsrecht gegenüber den bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern. § 71 Abs. 4 SGB V erstrecke sich nach seinem Wortlaut ausschließlich auf die Vergütungsvereinbarungen der jeweiligen Vertragspartner. Hierzu liege aber ein Schiedsspruch vor. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 17. November 1999 (B 6 KA 10/99 R) gerade erkannt, dass die Zweigleisigkeit des Aufsichtsverfahrens in Fällen der vorliegenden Art "wenig sachgerecht erscheint" und der Regionalisierung des Vergütungsgeschehens widerspreche. Im Hinblick auf die bis zum 31. Dezember 2008 gegebene besondere Bedeutung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität sei ausweislich der Entscheidungsgründe von einer Beanstandungskompetenz der Beklagten auszugehen gewesen. Nach der Neuordnung des Vergütungsgeschehens zum 1. Januar 2009 sei diese Erwägung weggefallen. Ausgehend vom Normtext als dem objektivierten Willen des Gesetzgebers sei für die Bejahung eines Beanstandungsrechts der Beklagten gegenüber einem Schiedsspruch des Beigeladenen zu 1) kein Grund gegeben. Der Normtext von § 89 SGB V bestätige diese Ansicht. Das Hessische Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit und nicht die Beklagte sei danach Rechtsaufsichtsbehörde und gegenüber ihm - dem Beigeladenen zu 1) sachlich zuständig. Inhaltlich halte er an dem beanstandeten Schiedsspruch aus dessen Gründen fest.
Der Beigeladene zu 8) trägt - auch als Prozessstandschafter für die Beigeladenen zu 9) bis 14) - vor, dass der Klägerin bereits die Klagebefugnis fehle. Als Aufsichtsmaßnahme wirke die Beanstandung ausdrücklich nur für sie und die Beigeladenen zu 9) bis 14), ihre Verpflichtung, auf die Beseitigung des Rechtsverstoßes hinzuwirken, tangiere die Rechtsposition der Klägerin nicht unmittelbar, denn die Schiedsamtsentscheidung bleibe (zumindest vorläufig) gültig. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Das Beanstandungsrecht der Beklagten ergebe sich für die bundesunmittelbaren Ersatzkassen aus §§ 89 Abs. 5 Satz 5, 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V i. V. m. § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Das Gesetz enthalte keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aufsichtszuständigkeit der Beklagten über die Ersatzkassen bei Ersetzung einer freien Vereinbarung durch das Landesschiedsamt durch die für das Schiedsamt zuständige Landesaufsichtsbehörde verdrängen würde. Die zweimonatige Beanstandungsfrist nach § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V sei durch die Übersendung der Beanstandungsbescheide per Telefax an ihn - den Beigeladenen zu 8) am 16. Juni 2009 gewahrt. Zu den materiellen Einwendungen schließt sich die Beigeladene 8) den Ausführungen des Beklagten an.
Der Beigeladene zu 3) schließt sich der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 8) an.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Hessischen Landessozialgerichts für die form- und fristgerecht erhobene Klage ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben, weil Gegenstand des Verfahrens die Beanstandung der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) vom 30. Oktober 2008 durch Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt der Erklärung vom 9. Juni 2010 ist.
Die Klage ist in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 3 SGG (BSG, Urteil vom 17. November 1999 - B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr. 1) als Aufsichtsklage im Sinne eines Unterfalls der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG - vgl. hierzu Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 54 Rdnr. 101; Castendiek in: Lüdtke, SGG 3. Auflage 2009, § 54 Rdnr. 14; PSW § 54 Rdnr. 339; Ulmer in: Hennig, SGG Stand: Februar 2009, § 54 Rdnr. 130; offen gelassen: BSG a.a.O.) statthaft. Denn die Klägerin wendet sich als Partnerin des Gesamtvertrags gegen die Beanstandung der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) über die Vergütung der Leistungen nach § 87a SGB V durch die Beklagte. Für solche Klagen gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend, § 89 Abs. 5 Satz 6 SGB V.
Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 8) - klagebefugt. Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte behauptet wird. Dabei genügt es, dass der Kläger die Beseitigung einer in seine Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstrebt, von der er behauptet, dass sie nicht rechtmäßig sei (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 54 Rdnr. 9, 10 m. w. N.). Die Verletzung einer eigenen Rechtsposition ist auch bei einem Verwaltungsakt möglich, der gegen einen Dritten ergangen ist, sofern er wenigstens mittelbar in eigene rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreift (Verwaltungsakt mit Drittwirkung; vgl. hierzu auch Keller a.a.O Rdnr. 14 m. w. N.). Bei dem streitgegenständlichen Beanstandungsbescheid handelt es sich um eine Maßnahme, die vordergründig nur in das Selbstverwaltungsrecht der Adressaten - der beigeladenen Ersatzkassen - eingreift, denn die Beklagte berühmt sich der Kompetenz, die Rechtmäßigkeit des durch das Schiedsamt festgesetzten Vergütungsvertrags beanstanden zu dürfen, weil der Grundsatz der Beitragssatzstabilität verletzt sei. Nachdem die Klägerin als Kassenärztliche Vereinigung Partner des Gesamtvertrags im Sinne des § 82 SGB V ist, dessen Inhalt gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch die Festsetzung des beigeladenen Landesschiedsamtes ersetzt ist, ist ihre Rechtssphäre durch die Beanstandung in einem ihrer zentralen Aufgabenbereiche, nämlich dem Vereinbarung über die Honorarverteilung für die vertragsärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder, jedoch ebenfalls unmittelbar betroffen (im Ergebnis ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Februar 2010 - L 7 KA 15/09 KL). Dies gilt, obwohl § 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V, auf den die Beklagte ihr Beanstandungsrecht stützt, nicht wie § 71 Abs. 2 Satz 4 SGB V i. d. Fassung des Art. 33 § 8 GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, S. 2266) ausdrücklich die Unwirksamkeit der beanstandeten Vereinbarung regelt. Denn die beigeladenen Ersatzkassen sehen sich - worauf sie im Schriftsatz vom 12. April 2010 auch ausdrücklich hinweisen - aufgrund der Aufsichtsmaßnahme gehalten, den im streitgegenständlichen Bescheid festgestellten Rechtsverstoß zu beseitigen. Unerheblich ist dabei, dass die vom Beigeladenen zu 8) erhobene Klage gegen den Schiedsspruch (anhängig, vgl. Klage vor dem erkennenden Senat, Az. L 4 KA 14/09 KL) gem. § 89 Abs. 1 Satz 6 SGB V keine aufschiebende Wirkung hat. Darüber hinaus steht der Klägerin als Partnerin der Gesamtverträge die Klagebefugnis bei Beanstandung des Schiedsspruchs auch aus § 89 Abs. 5 Satz 6 SGB V zu.
Für die Zulässigkeit der Klage bedurfte es weiterhin nicht der Durchführung eines Vorverfahrens.
Gemäß § 78 Abs 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes grundsätzlich in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Das Vorverfahren ist demgegenüber ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG, oder weil ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will, § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn es handelt sich bei dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt nicht um einen Verwaltungsakt einer obersten Bundes- oder Landesbehörde, sondern viel mehr um den einer Bundesoberbehörde (vgl. § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Darüber hinaus gehört die KV Hessen als Klägerin nicht zu den in § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGG genannten Versicherungsträgern oder einen seiner Verbände.
Das Vorverfahren ist jedoch gleichwohl wegen der durch § 89 Abs. 5 Satz 6 SGB V angeordneten, entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Anfechtungsklage mithin auch von § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGG - entbehrlich. Für die spezielle Konstellation der Drittbetroffenheit der Klägerin durch eine aufsichtsrechtliche Maßnahme gegenüber den bundesunmittelbaren Krankenkassen als Sozialversicherungsträger bzw. ihren Verbänden (vgl. §§ 87 ff. SGB IV) besteht keine ausdrückliche Regelung. Die Interessenlage der Klägerin ist jedoch der eines Landes, eines Versicherungsträgers bzw. eines Verbandes vergleichbar. Denn die Ausnahme nach Nr. 3 gilt insbesondere für das Aufsichtsverhältnis zwischen Bund und Ländern und bei der Staatsaufsicht in Selbstverwaltungsangelegenheiten, bei der wegen des Selbstverwaltungsrechts der betroffenen Rechtsperson die Aufsichtsbehörde jeweils gut überdenken wird, ob sie eine aufsichtsrechtliche Verfügung erlässt (PSW § 78 Anm. 4e), was eine nochmalige Überprüfung von Recht- und Zweckmäßigkeit durch die Aufsichtsbehörde entbehrlich macht (so im Ergebnis auch Beier in: jurisPK-SGB V, § 89 Rdnr. 62, allerdings unter Hinweis auf § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1). Eine solche sich aus dem das Selbstverwaltungsrecht beschränkenden aufsichtsrechtlichen Gefüge ableitende Interessenlage ist bei der Klägerin ebenfalls gegeben. Darüber hinaus ist kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber für den Fall der Drittbetroffenheit ein Vorverfahrenserfordernis anordnen sollte, nicht jedoch für die unmittelbare Aufsichtsbeziehung der Klägerin zu der für sie zuständigen obersten Landesbehörde (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 2. Fall SGG).
Die Klage ist auch begründet.
Der Beanstandungsbescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt der Teilrücknahme durch Erklärung vom 9. Juni 2010 war aufzuheben, denn er ist bereits formell rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn eine Rechtsgrundlage für die Beanstandung des Schiedsspruchs des Beigeladenen zu 1) vom 30. Oktober 2008 durch die Beklagte fehlt.
Die Beanstandung ist zunächst nicht durch § 71 Abs. 4 SGB V gedeckt. Danach sind die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83, 85, 85a, 125 und 127 SGB V den für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen, die die Vereinbarungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden können.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn es handelt sich bei dem beanstandeten Schiedsspruch des Beigeladenen zu 1) vom 30. Oktober 2010 nicht um eine Vereinbarung im Sinne von § 71 Abs. 4 Satz 1 SGB V dar, sondern vielmehr um eine Entscheidung des Schiedsamtes über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83, 85 und 87a SGB V im Sinne von § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V. Diese Entscheidung des Schiedsamtes ersetzt die gesamtvertragliche Vergütungsvereinbarung in dem Sinne, als das Schiedsamt den Vertragsinhalt für die Vertragsparteien festsetzt (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 3 und 5 SGB V) und der Schiedsspruch gemäß seiner Doppelnatur (neben seiner Eigenschaft als Verwaltungsakt) auch gegenüber den Mitgliedern der Vertragspartner dieselben normsetzenden Wirkungen wie der Vergütungsvertrag als solcher hat. Gleichwohl unterscheidet das Gesetz bereits nach seinem Wortlaut zwischen der "Vereinbarung über die Vergütung" in § 71 Abs. 4 SGB V und den "Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung" in § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V.
Die Beklagte kann deshalb auch nicht damit gehört werden, dass die die vertragliche Vereinbarung ersetzende Festsetzung des Vertragsinhalts (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 5 SGB V) des Schiedsamtes wie die Vereinbarung selbst dem Beanstandungsrecht gemäß § 71 Abs. 4 SGB V unterliegt. Denn als speziellere Regelung bezüglich der Aufsicht über die Landesschiedsämter geht § 89 Abs. 5 SGB V den Regelungen des § 71 Abs. 4 SGB V vor und verdrängt sie. Diese Spezialität ergibt sich aus der systematischen Stellung der Regelung des § 71 Abs. 4 SGB V im ersten Abschnitt des Vierten Kapitels (Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern) des SGB V, in dem allgemeine Grundsätze generalklauselartig geregelt werden. Demgegenüber werden im zweiten Abschnitt des Vierten Kapitels SGB V die Beziehungen (der Krankenkassen) zu Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten geregelt, wobei sich im fünften Titel (§ 89 SGB V) des zweiten Abschnitts spezielle Vorschriften über das Schiedswesen - einschließlich der besonderen Regelungen über die Aufsicht - finden.
Die Entscheidungen der Landesschiedsämter sind damit den Aufsichtsbefugnissen der Beklagten entzogen (a.A. Beier in: jurisPK-SGB V, § 89 Rdnr. 61). Denn nach § 89 Abs. 5 Satz 1 SGB V führen die Rechtsaufsicht über die Landesschiedsämter (§ 89 Abs. 2 Satz 1 SGB V) die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden die Aufsicht über die Landesschiedsämter. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht (Satz 3). Die Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83, 85 und 87a sind den zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen (Satz 4). Diese können die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden (Satz 5).
Hiervon ist offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen, weil sie den streitgegenständlichen Bescheid gerade nicht an das beigeladene Landesschiedsamt adressiert hat, sondern allein an die ihr aufsichtsunterworfenen Krankenkassen und den Beigeladenen zu 8).
Diese Vorschriften regeln die Zuständigkeit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder für aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegenüber den Landesschiedsämtern vollständig und abschließend. Hiervon zu unterscheiden ist die Aufsicht über die Schiedsämter auf Bundesebene (§ 89 Abs. 4 SGB V), die gemäß § 89 Abs. 5 Satz 2 SGB V durch das Bundesministerium für Gesundheit ausgeübt wird.
Von diesem gesetzlich vorgegebenen, aufsichtsrechtlichen Kompetenzgefüge kann nicht abgewichen werden. Es kann insbesondere nicht dadurch unterlaufen werden, dass - wie hier - auf dem Umweg der Beanstandung gegenüber einem aufsichtsunterworfenen Versicherungsträger der Spruch eines einer anderen Aufsichtsbehörde unterworfenen Schiedsamtes beanstandet wird (Düring in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage 2006, § 9 Rdnr. 53; Schnapp in: Schnapp/Wigge, a. a. O. § 24 Rdnr. 57). Offen lassen kann der Senat dabei, ob die Beklagte als rechtsaufsichtsführende Behörde ihren aufsichtsunterworfenen Krankenkassen im Rahmen der allgemeinen Rechtsaufsicht eine Weisung dahingehend erteilen kann, Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch den Landesschiedsamtes einzulegen. Diese Konstellation ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass § 89 Abs. 5 Satz 4 und 5 SGB V von Aufsichtsbehörden im Plural spricht. Denn nach der systematischen Stellung der Vorschrift in § 89 Abs. 5 SGB V sind hiermit nicht etwa die für das jeweilige Schiedsamt und die Partner der Gesamtverträge zuständigen Aufsichtsbehörden gemeint, sondern vielmehr die für die jeweiligen Landesschiedsämter (Schiedsämter nach § 89 Abs. 2 SGB V) zuständigen jeweiligen Aufsichtsbehörden (§ 89 Abs. 5 Satz 1 SGB V). Ihnen allein weist der Gesetzgeber - entsprechend der Vorlagepflicht der Landesschiedsämter gemäß § 89 Abs. 5 Satz 4 SGB V - ein Beanstandungsrecht hinsichtlich der Schiedssprüche der Landesschiedsämter zu.
Auch Sinn und Zweck des normierten aufsichtsrechtlichen Gefüges erfordern keine andere - der Beklagten eine aufsichtrechtliche Kompetenz zuweisende - Auslegung. Denn auch die obersten Verwaltungsbehörden der Länder üben die Aufsicht im Sinne einer Rechtsaufsicht und u. a. mit dem Ziel der Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) aus, so dass eine entsprechende durch die Aufsichtsbehörden der Partner der Gesamtverträge - hier der Beklagten - nach den gleichen Maßstäben durchgeführte Rechtskontrolle (vgl. Beier in: jurisPK-SGB V, § 89 Rdnr. 56) nicht zusätzlich erforderlich ist.
Schließlich mag die Regionalisierung des Vergütungssystems durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, S. 2266) zu einer - wenn auch unerwünschten - so genannten zweigleisigen Rechtsaufsicht im Bereich der Ersatzkassen führen, weil § 71 Abs. 4 SGB V das Beanstandungsrecht für - regionale - Vergütungsvereinbarungen auch der Bundesaufsicht unterstellt, weil diese die Aufsicht über die Verbände der Ersatzkassen führt (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 1999 - a.a.O - zitiert nach juris Rdnr. 21). Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Zweigleisigkeit sich im Falle eines Schiedsspruchs fortzusetzen hat.
Soweit das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. November 1999 (a. a. O. Rdnr. 27) per obiter dictum die Auffassung vertritt, dass das Landesschiedsamt seine Entscheidung auch den Aufsichtsbehörden der (bundesunmittelbaren) Ersatzkassen zur aufsichtsrechtlichen Prüfung vorzulegen habe, die diese ihrerseits ebenso wie frei ausgehandelte Verträge beanstanden können sollen, folgt der erkennende Senat dem nicht. Denn eine Auslegung von § 89 Abs. 5 Satz 4 und 5 SGB V, die eine Vorlagepflicht an die Bundesaufsicht und eine hiermit korrespondierende Aufsichtsbefugnis der Bundesaufsichtsbehörde auch in Bezug auf die Festsetzungen des Landesschiedsamtes zulässt, wäre mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes (Art. 83 ff. GG) unvereinbar.
Art. 83 GG weist die Ausführung von Bundesgesetzen den Ländern grundsätzlich als eigene Angelegenheit zu. Nur in den im Grundgesetz selbst bestimmten oder zugelassenen Ausnahmefällen darf der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts selbst ausführen (vgl. Art. 86 Satz 1 GG), so etwa durch die Träger der Sozialversicherung, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt gemäß Art. 87 Abs. 2 GG. Diese Kompetenzaufteilung nach Art. 83 GG ist eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips des Grundsgesetzes und dient dazu, die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen. Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes auf die in landeseigener Verwaltung ausgeführte Ausführung von Bundesgesetzen bestehen deshalb nur insoweit als es das Grundgesetz - in Art. 84 GG - zulässt. Dabei ermächtigt Art. 84 Abs. 3 Satz 1 GG die Bundesregierung zur Rechtsaufsicht gegenüber den Ländern, die aufsichtsrechtlichen Kompetenzen beschränken sich dabei jedoch auf den in Art. 84 Abs. 4 bis 5 GG gesetzten Rahmen (Schnapp, NZS 2003, 1, 4 m. w. N). Nachdem es sich bei der Tätigkeit des beigeladenen Landesschiedsamtes um die Ausführung von Bundesgesetzen in mittelbarer Staatsverwaltung auf der Landesebene handelt, mithin trotz ihrer Eigenschaft als der Einrichtung der Selbstverwaltung um eine Behörde im Sinne von Art. 84 Abs. 1 GG (Schnapp a. a. O. unter Hinweis auf BVerfGE 77, 288, 299), sind die Ingerenzbefugnisse des Bundes auf in Art. 84 GG geregelten Maßnahmen beschränkt. Einwirkungsmöglichkeiten einer Bundesoberbehörde auf Einrichtungen der Landesebene, wie die, deren sich die Beklagte berühmt, sind danach nicht gegeben (im Ergebnis ebenso: Auktor in: LPK SGB V, § 89 Rdnr. 12).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 4 GKG. Es handelt sich um eine aufsichtsrechtliche Streitigkeit über die Wirksamkeit der Beanstandung eines Schiedsspruch nach § 89 SGB V, der den Gesamtvergütungsvertrag ersetzt. Die Bedeutung des Rechtsstreits hat sich deshalb am Wert der Gesamtvergütung für Hessen im Jahr 2009 zu orientieren, weshalb vom zulässigen Höchststreitwert auszugehen war, auch soweit nur die beanstandeten Teile des Schiedsspruchs betroffen waren.
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