Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 SO 39/10 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Nachdem bereits die Pauschalierung von Unterkunftskosten im Bereich der Sozialhilfe nach § 29 SGB 12 durch die Stadt Kassel rechtswidrig war (SG Kassel, Beschluss vom 28.10.2009, S 12 SO 17/09 ER im Anschluss an SG Kassel, Urteil vom 15.07.2009, S 7 AS 608/06, S 7 AS 404/07), entspricht auch der "Grundsicherungsrelevante Mietspiegel für die Stadt Kassel mit Stand 1. September 2010" und das diesem zugrundeliegende Konzept zur Bemessung von angemessenen Unterkunftskosten für das Stadtgebiet Kassel zumindest bezogen auf 1-Personen-Haushalte und von diesen bewohnte 1-Zimmer-Wohnungen nicht den Anforderungen, die an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheit zu stellen sind (Anschluss an und Fortführung von SG Kassel, Beschlüsse vom 23. Juni 2010, S 6 AS 144/10 ER und vom 14. Oktober 2010, S 3 AS 282/10 ER).
2. Dies im einstweiligen Rechtsschutz umso mehr, wenn dann - wie hier - weiter ungeprüft bleibt, ob über die abstrakte Angemessenheit hinaus als weiterer konkreter Angemessenheitsprüfung für den jeweiligen Hilfeempfänger überhaupt eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und tatsächlich auch zugänglich ist, was - wie im Jahr 2009 - auch 2010 für den Bereich der Stadt Kassel ausweislich deren Wohnungsmarktberichtes 2010 und des insoweit aktuellen Bestandes von 1-Zimmer-Wohnungen im Stadtgebiet Kassel im Verhältnis zur Zahl der Leistungsempfänger nach dem SGB 2 und dem SGB 12 zumindest bezogen auf 1-Personen-Haushalte nach wie vor mehr als fraglich ist, nachdem solche freien Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt erst gar nicht vorhanden sind.
2. Dies im einstweiligen Rechtsschutz umso mehr, wenn dann - wie hier - weiter ungeprüft bleibt, ob über die abstrakte Angemessenheit hinaus als weiterer konkreter Angemessenheitsprüfung für den jeweiligen Hilfeempfänger überhaupt eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und tatsächlich auch zugänglich ist, was - wie im Jahr 2009 - auch 2010 für den Bereich der Stadt Kassel ausweislich deren Wohnungsmarktberichtes 2010 und des insoweit aktuellen Bestandes von 1-Zimmer-Wohnungen im Stadtgebiet Kassel im Verhältnis zur Zahl der Leistungsempfänger nach dem SGB 2 und dem SGB 12 zumindest bezogen auf 1-Personen-Haushalte nach wie vor mehr als fraglich ist, nachdem solche freien Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt erst gar nicht vorhanden sind.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung im Rahmen der diesem bewilligten Grundsicherung im Alter bis zur Bescheidung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2010 sowie bei anschließender fristgerechter Klageerhebung bis zur Entscheidung in der Hauptsache im 1. Rechtszug, jedoch zunächst längstens bis zum 31. Juli 2011 unter gleichzeitiger Anrechnung der insoweit bereits bewilligten Gelder ab 19. Oktober 2010 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung einer angemessenen monatlichen Grundmiete von 230,00 EUR statt einer solchen in Höhe von monatlich lediglich 195,80 EUR zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 19xx geborene, alleinlebende Antragsteller macht im Rahmen der ihm von der Antragsgegnerin ab dem 1. August 2010 bis vorläufig 31. Juli 2011 nach dem Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) mit Bescheid vom 29. Juni 2010 bewilligten Grundsicherungsleistungen im Alter im einstweiligen Rechtsschutz eine Leistungsgewährung unter Berücksichtigung einer angemessenen Grundmiete von monatlich 230,00 EUR und insoweit unter Berücksichtigung der tatsächlichen monatlichen Grundmiete geltend, die die Antragsgegnerin auf der Grundlage des von ihr erstellten grundsicherungsrelevanten Mietspiegels für die Stadt Kassel mit Stand 1. September 2010 und des diesem zugrundeliegenden Konzeptes zur Bemessung von angemessenen Unterkunftskosten für das Stadtgebiet Kassel jedoch für unangemessen erachtet. Stattdessen geht die Antragsgegnerin bei einer Wohnungsgröße bis zu 45 qm - die Wohnfläche der bei einem Baujahr 1985 Ende 2005 bezogenen 1-Zimmer-Wohnung des Antragstellers beträgt 45,86 qm - insoweit allein von einer angemessenen monatlichen Grundmiete in Höhe von 195,80 EUR aus, was bei einer Wohnungsgröße von 45 qm einem Quadratmeterpreis von 4,35 EUR entspricht. Gleichzeitig erfolgt die weitere Leistungsgewährung darüber hinausgehend unter Zugrundelegung der tatsächlichen monatlichen Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 51,50 EUR sowie zusätzlich monatlich laufenden Nebenkosten/Betriebskosten in Höhe weiterer 51,50 EUR, wobei der Antragsteller gegen den Bescheid vom 29. Juni 2010 dann zwar zunächst keinen Widerspruch einlegte, sodass dieser bestandskräftig wurde, am 8. Oktober 2010 dann jedoch sinngemäß eine Überprüfung des vorgenannten Bescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X) und insoweit eine höhere Leistungsgewährung auf der Grundlage der tatsächlichen Grundmiete geltend machte, was die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11. Oktober 2010 ablehnte.
Insoweit war vom Antragsteller vorgebracht worden, dass es sich bei seiner tatsächlichen Grundmiete von monatlich 230,00 EUR um keine unangemessenen Unterkunftskosten handeln würde, nachdem der Beurteilung angemessener Mieten in Kassel nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Kassel derzeit kein schlüssiges Konzept zugrunde liege, mit der Folge, dass hier die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherungszuschlages von 10 % zugrunde zulegen seien. Die Antragsgegnerin hatte dann ihren ablehnenden Bescheid vom 11. Oktober 2010 damit begründet, ihr entgegen der vorgenannten Rechtsprechung schlüssiges Konzept inzwischen geändert und auch dahingehend modifiziert zu haben, dass ein einfacher Wohnungsstandard definiert worden sei und damit die Anforderungen auch des Bundessozialgerichts (BSG) an ein schlüssiges Konzept im hier erforderlichen Sinne erfüllt würden.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2010, bei Gericht eingegangen am 19. Oktober 2010 sodann den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Gleichzeitig hat er mit Schriftsatz vom selben Tag gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2010 Widerspruch eingelegt.
Der Antragsteller trägt vor, die Antragsgegnerin habe kein schlüssiges Konzept für die Angemessenheit von Wohnraummieten. Von daher sei an seinem Vorbringen im Rahmen der Antragsstellung vom 8. Oktober 2010 festzuhalten, wobei er mit einer Grundmiete von monatlich 230,00 EUR für die von ihm bewohnte 45,86 qm große Wohnung noch weit unter dem o.a. Wohngeldtabellenwert liege, sodass der Antragsgegnerin bei der Berechnung seiner Grundsicherungsrente die volle Kaltmiete zu berücksichtigen habe. Dass das vorgelegte Konzept schließlich nicht schlüssig sei, folge schon daraus, dass, auch wenn das Konzept zwischenzeitlich eine Definition des Wohnungsstandards enthalte, aus dem Konzept heraus nicht ersichtlich sei, dass die ausgefertigten Daten auf die genannten Parameter hin tatsächlich untersucht, gesichtet und aussortiert worden seien. Grundlage der Daten seien nämlich offensichtlich die Mietbescheinigungen der Vermieter der Hilfeempfänger, wobei Mietbescheinigungen über den Wohnungsstandard nichts aussagen würden. Weiterhin sei unter anderem zu beanstanden, dass für die Bemessung der angemessenen Mieten Mietbescheinigungen der letzten 6 Monate zugrunde gelegt würden. Dies seien aber auch Mietbescheinigungen über Mietverhältnisse, die unter Umständen schon seit Jahren bestünden. Solche Mietverhältnisse verzerrten das Gesamtbild, da diese Wohnungen zu einem bestimmten Mietpreis vermietet worden seien, der damals gegolten habe. Eine Mieterhöhung führten Vermieter häufig nicht durch, da die Mieterhöhungsverfahren sehr kompliziert und auch kostenintensiv seien. Häufig würden die Vermieter abwarten, bis der Mieter ausgezogen sei, um dann die Wohnung zu einem höheren Mietzins zu vermieten. In einen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel dürften daher nur Wohnungen eingestellt werden, deren Mietdauer nicht eine bestimmte Zeit überschreite. Nachdem er keine weiteren Einkünfte habe, aus denen er die Mietdifferenz von monatlich 34,20 EUR finanzieren könne und die Altersrente, die er erhalte ja auch abzüglich seiner Versicherungsbeiträge in voller Höhe auf die Grundsicherungsrente angerechnet werde, liege neben einem Anordnungsanspruch auch ein Anordnungsgrund vor, so dass ihm nicht zuzumuten sei, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens monatlich die vorgenannten 34,20 EUR vorzustrecken.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Zunächst sei zutreffend, dass in der Zeit von August 2008 bis Juli 2010 bei der Berechnung der monatlichen Sozialhilfeleistungen Pauschalen für Unterkunfts- und Heizkosten berücksichtigt worden seien. Zuletzt seien dies auch vorliegend 258,00 EUR monatlich für die Grundmiete inklusive der Betriebskosten sowie 49,00 EUR monatlich für Heizkosten gewesen, wobei der entsprechende Bewilligungsabschnitt auf der Grundlage des insoweit letzten, bestandskräftigen Bewilligungsbescheides vom 24. März 2010 mit dem 31. Juli 2010 abgelaufen und die Bescheiderteilung vom 29. Juni 2010 im Anschluss an einen Folgeantrag des Antragsteller für die Zeit ab dem 1. August 2010 erfolgt war. Erstmals für August 2010 seien dabei die bei der Bedarfsberechnung berücksichtigten Unterkunftskosten (ausschließlich Grundmiete) auf die aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessene Höhe umgestellt worden, wobei die vom Antragsteller geschuldeten Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten bei der Bedarfsberechnung in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden seien. Die vom Antragsteller für die von ihm bewohnte Wohnung geschuldete Grundmiete von monatlich 230,00 EUR sei aus sozialhilferechtlicher Sicht jedoch unangemessen hoch. Nach § 29 Abs. 1 SGB XII würden Leistungen für die Unterkunft dann aber auch nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit die geschuldeten Unterkunftskosten sozialhilferechtlich angemessen seien. Innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Antragsgegnerin seien monatliche Unterkunftskosten (Grundmiete) bei einem 1-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 45 qm in Höhe von 195,80 EUR aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessen, wobei diese Festsetzung auf einem schlüssigen Konzept der Antragsgegnerin beruhe, das die Antragsgegnerin insoweit schriftsätzlich in Bezug nahm.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt; ebenso wird Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, deren jeweils wesentlicher, das Vorliegen der Antragsverfahren betreffende Inhalt gleichfalls Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ist im entschiedenen Umfang begründet.
Die Berechtigung der Sozialgerichte zum Erlass Einstweiliger Anordnungen in anderen als den ausdrücklich im Sozialgerichtsgesetz (SGG) normierten Fällen leitete sich bis 1. Januar 2002 unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ab (vgl. BVerfGE 46, S. 166). Einstweilige Anordnungen durften dabei aber grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. Nur ausnahmsweise konnte es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn anders ein Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar gewesen wäre.
Voraussetzung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war insoweit, dass dem Betroffenen schwere und unzumutbare, auf anderem Wege nicht abwendbare Nachteile drohten, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht mehr oder nur noch teilweise in der Lage gewesen wäre. Dies galt zumindest bei so genannten "Vornahmesachen", d.h. bei Verfahren, bei denen sich der Bürger gegen die Unterlassung oder Ablehnung einer beantragten Amtshandlung wandte. Gleiches galt jedoch auch für die so genannten "Anfechtungssachen", bei denen der Bürger geltend machte, durch die öffentliche Gewalt mittels einer belastenden Maßnahme in seinen Rechten verletzt zu sein. Danach konnte vorläufiger Rechtsschutz in "Anfechtungssachen" entsprechend dem Grundgedanken des § 80 Abs. 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach der Rechtsprechung der Kammer grundsätzlich dann gewährt werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestanden, d.h., wenn der Erfolg des Rechtsstreites in der Hauptsache, d.h. in einem sich anschließenden Klageverfahren, zumindest ebenso wahrscheinlich war wie der Misserfolg und wenn die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes für den Antragsteller eine unbillige, nicht überwiegend durch öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge gehabt hätte (vgl. hierzu Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 9. März 2000, L 1 KR 226/00 ER, das insoweit neben den Erfolgsaussichten in der Hauptsache das Vorliegen erheblicher Nachteile forderte, die ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar machten). Darüber hinaus war in "Vornahmesachen" entsprechend § 123 VwGO auf die Gefahr abzustellen, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Des Weiteren waren einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erschien (vgl. weiter grundsätzlich Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 29. Juli 1987, L 8 Kr 362/87 A mit zahlreichen weiteren Nachweisen und Beschluss vom 11. November 1992, L 6 Ar 461/92 A in info-also 1993, S. 59 ff.; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 1990, L 3 S 42/90 in info-also 1991, S. 74 ff.; Meyer-Ladewig, SGG, § 97 Rdnr. 20 ff.; Timme, Der einstweilige Rechtsschutz in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte, NZS, 1992, 91 ff.).
Seit 2. Januar 2002 ist der einstweilige Rechtsschutz ausdrücklich im SGG normiert, wobei die vorstehenden Grundsätze weiterhin Beachtung finden.
Insoweit regelt § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG zunächst, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, was nach Satz 2 auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung gilt. Nach Abs. 2 Nr. 1 entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Ebenso entfällt die aufschiebende Wirkung z.B. nach Nr. 3 für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache sodann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Nach Satz 1 Nr. 2 kann das Gericht darüber hinaus in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, ganz oder teilweise anordnen sowie nach Nr. 3 in den Fällen des § 86 a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wieder herstellen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wobei nach Satz 3 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Auflagen versehen oder befristet werden kann und darüber hinaus nach Satz 4 das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben kann. Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind dabei nach Satz 2 auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach § 86 b Abs. 4 SGG entscheidet das Gericht sodann durch Beschluss.
Hinsichtlich der Begründetheit des Antrages des Antragstellers als sogenannter Vornahmesache bzw. Regelungsanordnung ist auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen danach allein auf § 86 b Abs. 2 SGG abzustellen. Bei der Entscheidung ist also in erster Linie auf die Aussichten im Hauptverfahren abzustellen. Ist eine Klage offensichtlich begründet, wird die Anordnung in der Regel erlassen, ist sie offensichtlich unbegründet, wird sie in der Regel abgelehnt.
Liegen schließlich beide Voraussetzungen nicht offensichtlich vor, ist darüber hinaus im Rahmen des Ermessens eine Interessenabwägung durchzuführen. Dabei müssen in Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz die Gerichte bei der Auslegung der anzuwendenden Vorschriften der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung tragen und insbesondere die Folgen der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes berücksichtigen. Je schwerer die Belastungen hieraus wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung zurückgestellt werden. Insoweit reicht es in diesen Fällen aus, dass bei einer überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage Gründe dafür sprechen, dass ein Anspruch auf Gewährung der begehrten Leistung besteht (Anordnungsanspruch).
Dies deshalb, weil mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) u.a. vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02 und vom 19. März 2004, 1 BvR 131/04, das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition um so weniger zurückgestellt werden darf, je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt insoweit auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216)). Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Dies bedeutet auch, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss, wenn dazu Anlass besteht (vgl. Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats des BVerfG vom 25. Juli 1996, NVwZ 1997, Seite 479).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen mit dem Hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 21. März 2007, L 7 AY 14/06 ER, mzwN) sodann aber auch nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Dies deshalb, weil Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System bilden.
Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei diese regelmäßig dann zugunsten des Bürgers ausfällt, wenn dessen grundgesetzlich aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot herzuleitender Anspruch auf Führung eines menschenwürdigen Lebens gefährdet wäre. Insoweit sind grundrechtliche Belange eines Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die z.B. darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt. Denn im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (vgl. u.a. Hessisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 27. Juli 2005, L 7 AS 18/05 ER und vom 19. Juni 2008, L 7 AS 32/08 B ER).
Für die Zeit ab Antragseingang ist dem Antrag danach auf der Grundlage der Ausführungen des Antragstellers und der von ihm insoweit in Bezug genommenen Rechtsprechung für den Bereich des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) u.a. der 6. und dem folgend auch der 3. Kammer des Sozialgerichts Kassel, letztlich aber auch des BSG, der sich die erkennende Kammer für den Bereich des SGB XII zumindest im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz hier letztlich in erster Linie vorzunehmenden Interessensabwägung anschließt, im entschiedenen Umfang stattzugeben. Zumindest für die hier allein zu treffende vorläufige Entscheidung muss letzteres mit den weiteren o.a. Ausführungen für einen Anordnungsanspruch insoweit ausreichen, als die Kammer nach den vorstehenden Ausführungen im entschiedenen Umfang davon ausgeht, dass die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren mehr als offen, nämlich erheblich sind und schon aus diesem Grund auch ein Anordnungsanspruch besteht.
Zur Frage der Bestimmung der Angemessenheit i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II führt die 6. Kammer des Sozialgerichts Kassel in einem Beschluss vom 23. Juni 2010, S 6 AS 144/10 ER u.a. aus:
"Die Rechtsprechung hat den gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft konkretisiert. Bei der Prüfung der Angemessenheit ist in einem mehrstufigen Verfahren vorzugehen. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards wird in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist hierbei zu untersuchen, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfsbedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht nur auf die im streitgegenständlichen Zeitraum auf dem Markt tatsächlich angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Hierbei vertritt die Rechtsprechung die sog. Produkttheorie. Danach müssen nicht beide Faktoren, Wohnungsgröße und der im Quadratmeterpreis ausgedrückte Wohnungsstandard, je für sich betrachtet angemessen sein. Vielmehr ist es ausreichend, dass das Produkt aus Quadratmeterzahl und Quadratmeterpreis eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ergibt (BSG, Urteil v. 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; Hessisches LSG, Urteil v. 24.09.2008, L 6 AS 130/07; SG Kassel, Urteil v. 11.03.2009, S 7 AS 276/06). Für die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Wohnungsfläche ist auf die Kriterien abzustellen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgelegt haben (Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S.16). Dies richtet sich in Hessen nach den Hessischen Richtlinien zur sozialen Wohnraumförderung vom 20.03.2003 (Hessisches Staatsanzeiger S. 1346) geändert durch die Richtlinien vom 19.01.2004 (Hessischer Staatsanzeiger S.628). Nach den Richtlinien ist eine Wohngröße für eine Person bis 45 Quadratmetern angemessen. Bei zwei Personen ist eine Wohnfläche von 60 Quadratmetern angemessen." Für jede weitere Person ist eine weitere Wohnfläche von 12 m² hinzuzurechnen. "Bei der im zweiten Schritt vorzunehmenden Festlegung des maßgeblichen Wohnungsmarktes muss zunächst der räumliche Vergleichsmaßstab festgelegt werden, wobei das Recht der Leistungsempfänger auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld Berücksichtigung finden muss (Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S.16). Aus diesem Grund ist grundsätzlich vom Wohnort des Hilfsbedürftigen auszugehen. Die Grundsicherungsträger müssen hierzu die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt ermitteln und berücksichtigen. Als Erkenntnismittel kommen in Betracht: Örtliche Mietspiegel, Mietdatenbanken, Wohnungsmarktanzeigen in der örtlichen Presse oder im Internet; Anfragen bei Maklern, Wohnungsbaugesellschaften, Mietervereinen etc. Entscheidend ist hierbei nicht das Vorliegen eines qualifizierten oder einfachen Mietspiegels. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss vielmehr auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das die Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des Wohnungsmarktes wiederzugeben. Liegen keine entsprechenden Mietspiegel beziehungsweise Mietdatenbanken im Sinne der §§ 558c ff. BGB vor, können die Grundsicherungsträger für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich eigene Mietspiegel oder Tabellen erstellen. Die vom Grundsicherungsträger hierbei gewählte Datengrundlage muss aber – wie schon ausgeführt wurde – auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben. Dies kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestands beruht (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R; SG Kassel, Urteil v. 11.03.2009, S 7 AS 276/06). Ferner müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein. Es muss hierbei insbesondere sichergestellt sein, dass bestimmte Wohnungen, die das Bild von der Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft verzerren (vgl. BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 22) im Rahmen des schlüssigen Konzeptes nicht berücksichtigt wurden. Einer der Faktoren, der für die angemessenen Kosten der Unterkunft bestimmend ist, ist der sog. Wohnungsstandard. Den Standard bestimmen u.a. Kriterien wie die Lage, Infrastruktur, das Wohnungsumfeld, die Verkehrsanbindung, die Umweltbelastung und die Ausstattung der Wohnung wie die Zahl und Größe der einzelnen Räume, deren Belichtung, Belüftung, sanitäre Ausstattung und die Art der Heizung (vgl. Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, Stuttgart 2009, S.16). Diese Auflistung dürfte weder abschließend sein noch dürfte es für ein schlüssiges Konzept zwingend erforderlich sein, dass sämtliche aufgeführten Kriterien von den Leistungsträgern im Rahmen ihres schlüssigen Konzeptes Berücksichtigung finden. Die Kammer ist jedoch überzeugt, dass es Sache der Sozialleistungsträger ist, zunächst zu definieren, was sie unter einem einfachen Wohnungsstandard verstehen. Ein schlüssiges Konzept setzt nämlich ein planmäßiges Vorgehen der Grundsicherungsträger im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung der relevanten Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsmaßstab voraus (BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, juris, Rn. 19). Das BSG geht davon aus, dass die Leistungsträger bei einem schlüssigen Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen können. Werden – wie von der Antragsgegnerin vorgetragen – nur Wohnungen des einfachen Segments im Rahmen des Konzeptes berücksichtigt, ist es aber zwingend erforderlich, dieses einfache Segment zunächst abstrakt zu definieren, um eine Überprüfbarkeit der Annahmen des Leistungsträgers zu ermöglichen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn.23; BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R; s. auch: Knickrehm in: Spellbrink (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, Stuttgart 2010, S.90). Ist der Leistungsträger nicht in der Lage, ein schlüssiges Konzept zu präsentieren, sind nach der neuen Rechtsprechung des BSG die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren, welche "nach oben" jedoch durch die Angemessenheitsgrenze begrenzt werden. Es ist den Gerichten in diesen Fällen nicht verwehrt, die Angemessenheit der Unterkunftskosten unter Rückgriff auf die Wohngeldtabelle des § 12 Wohngeldgesetzes zu bestimmen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn. 27). Da allerdings beim Fehlen eines schlüssiges Konzeptes nicht hinreichend beurteilt werden kann, wie hoch die angemessenen Kosten tatsächlich sind, hält es das BSG im Einzelfall für angemessen, im Interesse der Leistungsberechtigten die jeweils maßgeblichen Werte der Wohngeldtabelle um einen "Sicherheitszuschlag" zu ergänzen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn. 27; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S.17 f.). Dem schließt sich das Gericht an."
Zu der Frage, ob die Antragsgegnerin mit dem vorliegenden ein solches schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft i.S. der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellt hat, führt die 6. Kammer in der genannten Entscheidung weiter aus:
"Dies ist nach Überzeugung des Gerichts nicht der Fall. Es ist vorliegend zwar nicht zu verkennen, dass die Antragsgegnerin einen enormen organisatorischen Aufwand betreibt, um die angemessenen Kosten der Unterkunft zu bestimmen, so dass ihr ein systematisches und nicht nur punktuelles Vorgehen zu bescheinigen ist. Bei der Beurteilung des Konzeptes fällt jedoch auf, dass in diesem keine Ausführungen zum Begriff des "spezifischen Wohnungsmarktsegments" (Bl. 58 Gerichtsakte) enthalten sind. Die Antragsgegnerin hätte diesen Begriff definieren und ausführen müssen, welche Kriterien aus ihrer Sicht erfüllt sein müssen, um einem angemessenen Wohnungsstandard im Sinne des unteren Preissegments zu entsprechen. Es ist für das Gericht naheliegend, dass in den Wohnungslisten der Antragsgegnerin über die SGB II- und SGB XII Leistungsbezieher keine Wohnungen enthalten sein dürften, die die angemessen Kosten der Unterkunft zu Unrecht zu sehr in die Höhe treiben, weil diese Wohnungen nicht mehr einfachen und damit angemessen Wohnungsstandards entsprechen. Das Gericht kann jedoch überhaupt nicht beurteilen, ob nicht in den Listen möglicherweise Wohnungen enthalten sind, welche die angemessenen Wohnungsstandards des unteren Wohnungssegments unterschreiten. In welchen Fällen ein Unterschreiten der angemessenen Wohnungsstandards im Sinne des unteren Wohnungssegments vorliegt, kann an dieser Stelle dahinstehen. Exemplarisch sei auf den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 22.12.2005 (S 31 AS 562/05 ER, juris), in dem das Sozialgericht feststellt, dass eine Wohnung ohne Bad zur heutigen Zeit nicht mehr den Standard des Angemessenen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II erreicht. Die Antragsgegnerin hat sich in dem von ihr vorgelegten Konzept mit den Wohnungsstandards überhaupt nicht beschäftigt, obwohl das BSG in seiner ständigen Rechtsprechung auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung einfließen zu lassen (vgl. Knickrehm in: Spellbrink (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S.88)."
Die 3. Kammer des Sozialgerichts Kassel (Beschluss vom 14. Oktober 2010, S 3 AS 282/10 ER) hat sich alledem sodann u.a. mit folgenden weiteren Ausführungen angeschlossen:
"Die - zwischenzeitliche - "Nachbesserung" des Konzepts und Erweiterung um eine Anlage 1 in der ein Wohnungsstandard "definiert" ist, kann zu keiner von der 6. Kammer abweichenden Beurteilung führen. Aus der Formulierung: "Das Spektrum der unterschiedlichen Wohnungsstandards im Vergleichsraum Kassel ist durch mindestens folgende Parameter gekennzeichnet" und die folgende Auflistung
- Küche, auch Kochnische
- Badezimmer, auch Duschbad
- Wasserklosett (in der Wohnung)
- fließendes Wasser, warm und kalt
- Stromversorgung
- Heizung
- Fenster zur Beleuchtung und Belüftung
- Doppelverglasung
ergibt sich nicht, ob hiermit ein einfacher Wohnungsstandard definiert werden soll. Im Übrigen geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass sie in ihrer Datenbank zur Bestimmung angemessenen Wohnkosten nicht nur Daten über Wohnungen mit einfachem Wohnungsstandard erfasst, so dass für das Gericht unklar ist, welchen Zweck die Definition haben soll. In jedem Fall ist sie selbst nach Angabe der Antragsgegnerin nicht für die Auswahl der Daten zugrunde gelegt worden, die zur Berechnung der angemessenen Wohnkosten herangezogen wurden. Das zu dem hiesigen Verfahren übersandte "Konzept" zur Bemessung von angemessenen Unterkunftskosten für das Stadtgebiet Kassel entspricht den Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung eindeutig nicht. Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des 4. Senats dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R). Der 4. Senat hat die Schlüssigkeitsanforderungen wie folgt zusammengefasst (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung) (a.),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße (b.),
- Angaben über den Beobachtungszeitraum (c.),
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel) (d.),
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten (e.),
- Validität der Datenerhebung (f.),
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung (g.) und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze) (h.) - vgl. BSG 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, zit. nach juris.
Ein Konzept, das diesen Anforderungen genügt, hat die Antragsgegnerin, selbst unter der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen kursorischen Betrachtung, nicht erarbeitet. Bedenken hat die Kammer schon wegen der Definition der Wohnflächenspannen, da diese nicht begründet und hergeleitet sind. Insbesondere die Außerachtlassung von Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 37,5 m² ist aus dem Datenmaterial nicht hergeleitet. Ausweislich des von der Antragsgegnerin übersandten Datenmaterials mit einer Anzahl von 17.640 Datensätzen beträgt die Anzahl der Datensätze von Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 37,5 m² 1.968. Von diesen 1.968 Datensätzen fallen 1.902 Datensätze auf 1-Personen-Haushalte, die im Gesamtdatenbestand mit 7.965 Datensätzen vertreten sind. Damit fallen nahezu 25 % der von der Antragsgegnerin erfassten 1-Personen-Haushalte aus der Betrachtung heraus, ohne dass dies im Konzept plausibel begründet wird. Die reine Vermutung, dass kleine Wohnungen teurer sind, reicht hierzu nicht aus; dies müsste statistisch hergeleitet und sodann begründet werden. Aus dem Datenmaterial lässt sich sodann nicht nachvollziehen, wie der zugrundegelegte Standard definiert ist. Geht die Antragsgegnerin davon aus, dass Transferleistungsbezieher grundsätzlich in Wohnungen mit einem einfachen Wohnungsstandard leben? Dies scheint nicht der Fall zu sein, da sie selbst ausführt, im Datenmaterial seien auch Wohnungen mit höherem Standard erfasst. Welchen Anteil diese Wohnungen ausmachen und ob dies im Weiteren bei der Auswertung der Daten zu entsprechenden Schlüssen führen kann, ist nicht begründet, sondern allenfalls behauptet. Die Angaben über den Beobachtungszeitraum im laufenden Verfahren sind nicht kongruent. Im Ergebnis sind die von der Antragsgegnerin vorgelegten Daten somit ungeeignet die Schlüssigkeit bezogen auf den streitigen Zeitraum zu begründen. Auch die Art und Weise der Datenerhebung ist unklar. Im Wesentlichen scheint die Datenerhebung auf einer Auswertung der Mietbescheinigungen zurückzugehen. Im Konzept führt die Antragsgegnerin dagegen aus, dass auch Angebotsmieten in die Gesamtauswertung einfließen würden. Insoweit würden als Quellen auch Angebote in den Medien sowie die Meldung freier Wohnungen durch die Wohnungsbaugesellschaften in die Gesamtauswertung einfließen. Wie dies geschieht, lässt sich dem übersandten Datenmaterial nicht entnehmen. Hier scheint es vielmehr so, dass die Datenbank ausschließlich die Auswertung der Mietbescheinigungen enthält, da die entsprechende Rubrik bei jedem erfassten Datensatz einen Eintrag enthält. Auf dem Konzept lässt sich nicht entnehmen, inwieweit diese Daten in die Gesamtauswertung einfließen. Die Repräsentativität der einbezogenen Daten ist nicht belegt. Eine Überprüfung ist aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgelegten veralteten Daten nicht möglich. Im Weiteren bestehen erhebliche Zweifel, ob die Datenerhebung valide ist. Entgegen der Ausführungen im Konzept scheinen in die Erhebung keine Daten von sogenannten Angebotsmieten eingeflossen zu sein, wie dort ausgeführt wurde. Somit dürfte die Datenerhebung auf den Kreis der SGB II- und SGB XII-Leistungsbezieher beschränkt sein, was der Validität entgegensteht (hierzu S. Knickrehm, a.a.O., S. 90), da zu befürchten ist, dass es durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den Kreis der Leistungsbezieher zur Bildung von Zirkelschlüssen kommt. Erhebliche Zweifel hat die Kammer schließlich bezüglich der aus der Datenerhebung gezogenen Schlüsse. Die Antragsgegnerin bildet aus den erfassten Daten, bezogen auf die jeweilige Haushaltsgröße, einen Durchschnittswert des maßgeblichen Quadratmeterpreises. Sie geht hierbei offenbar davon aus, dass in den erfassten Daten in erheblichem Umfang Wohnraum enthalten ist, der nicht nur einfachem Standard entspricht. Dies ist indessen in keiner Weise nachgewiesen oder gar quantifiziert. Sollte aber davon ausgegangen werden können, dass der überwiegende Anteil der erfassten Wohnungen einen einfachen Standard aufweisen, wofür der Umstand spricht, dass die Daten ausschließlich aus dem Kreis der SGB II/SGB XII-Leistungsbezieher erhoben wurden, die überwiegend Wohnraum mit angemessenem Umfang der Kosten der Unterkunft bewohnen, führt die Bildung eines Durchschnittswertes, der als Höchstbetrag für angemessene Wohnkosten herangezogen wird, zu einer Herabbemessung der Angemessenheitsgrenze. Für den Fall, dass in die Auswertung nur die Wohnungen des einfachen Segments eingehen ist es zwingend erforderlich, dass der oberste ermittelte Wert - der so genannte Spannenoberwert - die angemessene Vergleichsmiete darstellt. Andernfalls wäre nämlich den Leistungsberechtigten ein Teil des zur Verfügung stehenden Wohnungsmarktes finanziell nicht zugänglich (S. Knickrehm, a.a.O., S. 90)."
Die vorstehenden Bedenken gegen die Schlüssigkeit des hier maßgebenden Konzeptes sind bei alledem - für den Bereich des SGB XII gilt insoweit nichts grundlegend anderes - auch nach Auffassung der erkennenden Kammer insoweit mehr als erheblich, der Verfahrensausgang, wenn nicht sogar von einer überwiegenden Erfolgsaussicht auszugehen sein dürfte, also zumindest offen. Dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 29. Juni 2010 zunächst bestandskräftig geworden war, bleibt unbeachtlich. Im Hinblick auf den zeitgerecht gestellten und schließlich abgelehnten Antrag nach § 44 SGB X und den gegen diesen Ablehnungsbescheid eingelegten Widerspruch, steht dem die vorgenannte Bestandskraft nicht entgegen, da der Antragsteller nach wie vor i.S.d. SGB XII hilfebedürftig ist.
Zu alledem kommt schließlich noch hinzu, dass über die o.a. abstrakte Angemessenheit als weitere konkrete Angemessenheitsprüfung zusätzlich festzustellen bleibt, ob für die jeweiligen Hilfeempfänger eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung überhaupt konkret verfügbar und tatsächlich auch zugänglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R), was aktuell für den Bereich der Stadt Kassel zumindest für Ein-Personen-Haushalte mehr als fraglich sein dürfte.
Hierzu hatte die erkennende Kammer selbst mit ebenfalls gegenüber der Antragsgegnerin ergangenem Beschluss vom 28. Oktober 2009 (S 12 SO 17/09 ER) u.a. bereits auf einen damaligen Bericht in der örtlichen Presse (HNA vom 22. Oktober 2009) verwiesen, wonach kleine Wohnungen in der Stadt Kassel knapp, aber gleichzeitig besonders gefragt seien, nachdem ausweislich des damals aktuellen Wohnungsmarktberichtes 2009 des Wohnungsamtes der Antragsgegnerin lediglich 9,4 Prozent des Kasseler Bestandes 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen seien, wobei derjenige, der eine kleinere Unterkunft wolle, lange suchen müsse. Dies treffe nicht wenige. Denn inzwischen lebe in annähernd der Hälfte aller Haushalte in der Stadt Kassel nur noch eine Person. Diese hohe Zahl der Single-Haushalte, der Ansturm von Studenten auf die Kasseler Uni und die große Zahl von Menschen, die aus finanziellen Gründen eine preiswerte, kleine Wohnung bräuchten, seien die Gründe dafür, dass 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen derzeit nur schwer zu finden seien. Weiter wurde insoweit ausgeführt, dass es dagegen an großen Wohnungen keinen Mangel gebe. Zwei Drittel der Bleiben in der Stadt Kasel hätten vier oder mehr Zimmer. 24 Prozent seien 3-Zimmer-Wohnungen. Insoweit sei und bleibe der Wohnungsmarkt nach Experteneinschätzung im Sinne einer "allgemeine Sättigung im Markt", der in Kassel ein Mietermarkt sei, zwar auch in den kommenden Jahren entspannt, bei Kleinwohnungen gebe es aber einen Engpass, wobei die Antragsgegnerin den Wohnungsmarktbericht ihres Wohnungsamtes 2009 auf ihrer Internetseite (siehe www.stadt-kassel.de/cms01/verwaltung/aemter/wohnungsamt), wo der Bericht auch selbst einsehbar ist und heruntergeladen werden kann, ihrerseits selbst als wichtige Informationsquelle für alle Akteure des Wohnungsmarktes bezeichnete. In diesem wurde die Zahl der Wohnungsleerstände sodann als seit Jahren relativ konstant beschrieben, wobei exakt nachprüfbare Daten jedoch nur für den Bereich der öffentlich geförderten Wohnungen vorlägen. Dabei hätten sich die Leerstände im Bereich der öffentlich geförderten Wohnungen von 299 Wohneinheiten im Jahr 2006 auf 207 Wohneinheiten im Jahr 2008 verringert, was belege, dass eine unveränderte Nachfrage an günstigem Wohnraum bestehe. Dabei sei die Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant geblieben und habe sich um 35 auf 2.223 verringert. Unverändert hoch sei die Nachfrage nach kleinen Wohnungen für Einpersonenhaushalte. Die Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine für diesen Bereich liege bei 41 %. Große Wohnungen mit mehr als 5 Zimmern bzw. über 85 qm würden kaum nachgefragt. Der Anteil liege lediglich bei 4 %. Aufgrund des immer noch ausgeglichenen Wohnungsmarktes in Kassel hätten aber alle Wohnungssuchenden, trotz der sinkenden Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen, mit Wohnraum versorgt werden können. Wohnungen im freifinanzierten Bereich, die im unteren Preissegment lägen, verfügten jedoch oft über keinen zeitgemäßen Standard. Die gestiegenen Energiekosten führten dann zu einer Belastung, die von den Haushalten mit geringem Einkommen kaum getragen werden könnten.
An alledem hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert, wobei zwischenzeitlich unter www.stadt-kassel.de/verwaltung/aemter/wohnungsamt/ auch bereits der Wohnungsmarktbericht der Stadt Kassel für das Jahr 2010 vorliegt, ausweislich dessen "erwartungsgemäß" die Anzahl der 1-Personen-Haushalte weiter gestiegen sei und nunmehr bei über 50.000 Haushalten liege. Die durchschnittliche Personenzahl im Haushalt sei weiter gesunken. Eine Umkehr dieser Entwicklung sei nicht zu erwarten.
Insoweit führt dann erneut die örtliche Presse (HNA vom 23. Oktober 2010) unter der Überschrift "Kleine Bleiben fehlen" wieder weiter aus, dass kleine Wohnungen in der Stadt Kassel besonders gefragt, aber gleichzeitig auch Mangelware seien. Dies umso mehr, als nur 9,4% des Kasseler Wohnungsbestandes ausweislich des Wohnungsmarktberichtes 2010 1- und 2-Zimmer-Wohnungen seien, in der Hälfte aller Kasseler Haushalte nur noch ein einziger Mensch wohne und 27% in 2-Personen-Haushalten. Insgesamt sind ausweislich des aktuellen Wohnungsmarktberichtes der Stadt Kassel für das Jahr 2010 3,8% des Wohnungsbestandes 1-Zimmer-Wohnungen (3.957), 5,6% sind 2-Zimmer-Wohnungen (5.740).
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erhalten im Bereich der Stadt Kassel (vgl. www.stadt-kassel.de/stadtinfo/zahlen/soziales/) dann aber auch wieder bereits 2076 1-Personen-Haushalte. Darüber hinaus lebten ausweislich des aktuellen Geschäftsberichtes der Arbeitsförderung Kassel-Stadt (AfK) in weiteren 13.006 Bedarfsgemeinschaften insgesamt 24.599 hilfebedürftige Personen nach dem SGB II, wobei sich diese 13.006 Bedarfsgemeinschaften im Juni 2010 bei einem Anteil von insoweit 53,9% ihrerseits wieder in 7.252 1-Personen-Haushalte sowie bei einem Anteil von 20,4% in 2.564 2-Personen-Haushalte aufgliederten (vgl. hierzu www.arbeitsfoerderung-kassel.de/start/default.asp).
Unabhängig von der stetig wachsenden Anzahl von Studenten in Kassel sind also bereits rund 9.300 Haushalte im Bereich der Stadt Kassel, die Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB II erhalten, 1-Personen-Haushalte, wozu noch rund 2.500 2-Personen-Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB II hinzukommen; die entsprechende Zahl für 2-Personen-Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB XII ist nicht gesondert erfasst. Dies dann aber auch mit der Folge, dass zumindest hinsichtlich des Mangels an sogenannten "kleinen Bleiben" wiederum die Frage erlaubt sein muss, in welchen aktuell tatsächlich verfügbaren und vom Mietpreis angemessenen 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen all diese 1- oder 2-Personen-Haushalte in Kassel denn dann überhaupt leben sollen.
Letztlich ist also im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch eine Folgenabwägung im o.a. Sinne vorzunehmen. Im Rahmen dieser Folgenabwägung zwischen einem im konkreten Einzelfall offenen Verfahrensausgang in der Hauptsache einerseits und der Eilbedürftigkeit der Bewilligung laufender Leistungen sowie unter Berücksichtigung der Grundsätze eines wirksamen Grundrechtsschutzes andererseits macht die Kammer sodann von ihrem nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG eingeräumten Ermessen durch Erlass einer einstweiligen Anordnung im hier entschiedenen Umfang Gebrauch, zumal zumindest im hier streitigen einstweiligen Anordnungsverfahren und der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung keinerlei rechtlich durchgreifende Anhaltspunkte bestehen, ausweislich derer die vom Antragsteller geltend gemachte Grundmiete, ohne dass insoweit die entsprechenden einschlägigen Wohngeldtabellenwerte überschritten würden, nicht im o.a. Sinne angemessen wäre.
Insoweit sind in Fallgestaltungen der vorliegenden Art an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes mit den weiteren o.a. Ausführungen dabei auch keine hohen Anforderungen zu stellen. Dem Antragsteller ist das Abwarten der Entscheidung aus den oben genannten Gründen im Hauptsacheverfahren nicht zuzumuten. Darüber hinaus ist ein Anordnungsgrund in diesem Sinn insoweit vorliegend auch schon allein auf der Grundlage des im Übrigen unstreitig vorliegenden Grundanspruchs glaubhaft gemacht.
Der einstweiligen Anordnung steht abschließend auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen, da eine Rückforderung vorliegend nicht ausgeschlossen ist und es sich somit nicht um eine echte Vorwegnahme der Hauptsache handelt (vgl. hierzu Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 8. November 2007, L 1 KR 230/07 ER). Somit hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im entschiedenen Umfang ab Antragseingang bei Gericht Erfolg, wobei die Mitwirkungsverpflichtungen des Antragstellers nach den §§ 60 ff Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) von der vorliegenden Entscheidung selbst unberührt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 172 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstandes, worauf allein abzustellen ist, im hier allenfalls streitigen Bewilligungsabschnitt bis 31. Juli 2011 insgesamt 750,00 EUR nicht übersteigt. Insoweit ist mit dem Hessischen Landessozialgericht die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch dann nicht eröffnet, wenn für ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren gemäß § 144 Abs. 2 SGG Zulassungsgründe vorlägen, ohne dass die vorgenannte Regelung selbst wiederum sinngemäß auf das Beschwerdeverfahren übertragen werden könnte (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 11. August 2008, L 7 AS 213/08 B ER, vom 1. Juli 2008, L 7 SO 59/08 B ER, vom 26. Juni 2008, L 7 AS 164/08 B ER und vom 12. Januar 2009, L 7 AS 421/08 B ER; ebenso Schleswig-Holsteinisches LSG, 6. November 2008, L 11 B 526/08 AS ER, LSG Berlin-Brandenburg, 16. Oktober 2008, L 20 B 1647/08 AS ER, LSG Niedersachsen-Bremen, 29. September 2008, L 8 SO 80/08 ER und 8. September 2008, L 13 AS 178/08 ER, LSG NRW, 15. August 2008, L 19 B 146/08 AS ER; aA LSG Niedersachsen-Bremen, 21. Oktober 2008, L 6 AS 458/08 ER).
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 19xx geborene, alleinlebende Antragsteller macht im Rahmen der ihm von der Antragsgegnerin ab dem 1. August 2010 bis vorläufig 31. Juli 2011 nach dem Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) mit Bescheid vom 29. Juni 2010 bewilligten Grundsicherungsleistungen im Alter im einstweiligen Rechtsschutz eine Leistungsgewährung unter Berücksichtigung einer angemessenen Grundmiete von monatlich 230,00 EUR und insoweit unter Berücksichtigung der tatsächlichen monatlichen Grundmiete geltend, die die Antragsgegnerin auf der Grundlage des von ihr erstellten grundsicherungsrelevanten Mietspiegels für die Stadt Kassel mit Stand 1. September 2010 und des diesem zugrundeliegenden Konzeptes zur Bemessung von angemessenen Unterkunftskosten für das Stadtgebiet Kassel jedoch für unangemessen erachtet. Stattdessen geht die Antragsgegnerin bei einer Wohnungsgröße bis zu 45 qm - die Wohnfläche der bei einem Baujahr 1985 Ende 2005 bezogenen 1-Zimmer-Wohnung des Antragstellers beträgt 45,86 qm - insoweit allein von einer angemessenen monatlichen Grundmiete in Höhe von 195,80 EUR aus, was bei einer Wohnungsgröße von 45 qm einem Quadratmeterpreis von 4,35 EUR entspricht. Gleichzeitig erfolgt die weitere Leistungsgewährung darüber hinausgehend unter Zugrundelegung der tatsächlichen monatlichen Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 51,50 EUR sowie zusätzlich monatlich laufenden Nebenkosten/Betriebskosten in Höhe weiterer 51,50 EUR, wobei der Antragsteller gegen den Bescheid vom 29. Juni 2010 dann zwar zunächst keinen Widerspruch einlegte, sodass dieser bestandskräftig wurde, am 8. Oktober 2010 dann jedoch sinngemäß eine Überprüfung des vorgenannten Bescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X) und insoweit eine höhere Leistungsgewährung auf der Grundlage der tatsächlichen Grundmiete geltend machte, was die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11. Oktober 2010 ablehnte.
Insoweit war vom Antragsteller vorgebracht worden, dass es sich bei seiner tatsächlichen Grundmiete von monatlich 230,00 EUR um keine unangemessenen Unterkunftskosten handeln würde, nachdem der Beurteilung angemessener Mieten in Kassel nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Kassel derzeit kein schlüssiges Konzept zugrunde liege, mit der Folge, dass hier die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherungszuschlages von 10 % zugrunde zulegen seien. Die Antragsgegnerin hatte dann ihren ablehnenden Bescheid vom 11. Oktober 2010 damit begründet, ihr entgegen der vorgenannten Rechtsprechung schlüssiges Konzept inzwischen geändert und auch dahingehend modifiziert zu haben, dass ein einfacher Wohnungsstandard definiert worden sei und damit die Anforderungen auch des Bundessozialgerichts (BSG) an ein schlüssiges Konzept im hier erforderlichen Sinne erfüllt würden.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2010, bei Gericht eingegangen am 19. Oktober 2010 sodann den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Gleichzeitig hat er mit Schriftsatz vom selben Tag gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2010 Widerspruch eingelegt.
Der Antragsteller trägt vor, die Antragsgegnerin habe kein schlüssiges Konzept für die Angemessenheit von Wohnraummieten. Von daher sei an seinem Vorbringen im Rahmen der Antragsstellung vom 8. Oktober 2010 festzuhalten, wobei er mit einer Grundmiete von monatlich 230,00 EUR für die von ihm bewohnte 45,86 qm große Wohnung noch weit unter dem o.a. Wohngeldtabellenwert liege, sodass der Antragsgegnerin bei der Berechnung seiner Grundsicherungsrente die volle Kaltmiete zu berücksichtigen habe. Dass das vorgelegte Konzept schließlich nicht schlüssig sei, folge schon daraus, dass, auch wenn das Konzept zwischenzeitlich eine Definition des Wohnungsstandards enthalte, aus dem Konzept heraus nicht ersichtlich sei, dass die ausgefertigten Daten auf die genannten Parameter hin tatsächlich untersucht, gesichtet und aussortiert worden seien. Grundlage der Daten seien nämlich offensichtlich die Mietbescheinigungen der Vermieter der Hilfeempfänger, wobei Mietbescheinigungen über den Wohnungsstandard nichts aussagen würden. Weiterhin sei unter anderem zu beanstanden, dass für die Bemessung der angemessenen Mieten Mietbescheinigungen der letzten 6 Monate zugrunde gelegt würden. Dies seien aber auch Mietbescheinigungen über Mietverhältnisse, die unter Umständen schon seit Jahren bestünden. Solche Mietverhältnisse verzerrten das Gesamtbild, da diese Wohnungen zu einem bestimmten Mietpreis vermietet worden seien, der damals gegolten habe. Eine Mieterhöhung führten Vermieter häufig nicht durch, da die Mieterhöhungsverfahren sehr kompliziert und auch kostenintensiv seien. Häufig würden die Vermieter abwarten, bis der Mieter ausgezogen sei, um dann die Wohnung zu einem höheren Mietzins zu vermieten. In einen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel dürften daher nur Wohnungen eingestellt werden, deren Mietdauer nicht eine bestimmte Zeit überschreite. Nachdem er keine weiteren Einkünfte habe, aus denen er die Mietdifferenz von monatlich 34,20 EUR finanzieren könne und die Altersrente, die er erhalte ja auch abzüglich seiner Versicherungsbeiträge in voller Höhe auf die Grundsicherungsrente angerechnet werde, liege neben einem Anordnungsanspruch auch ein Anordnungsgrund vor, so dass ihm nicht zuzumuten sei, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens monatlich die vorgenannten 34,20 EUR vorzustrecken.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Zunächst sei zutreffend, dass in der Zeit von August 2008 bis Juli 2010 bei der Berechnung der monatlichen Sozialhilfeleistungen Pauschalen für Unterkunfts- und Heizkosten berücksichtigt worden seien. Zuletzt seien dies auch vorliegend 258,00 EUR monatlich für die Grundmiete inklusive der Betriebskosten sowie 49,00 EUR monatlich für Heizkosten gewesen, wobei der entsprechende Bewilligungsabschnitt auf der Grundlage des insoweit letzten, bestandskräftigen Bewilligungsbescheides vom 24. März 2010 mit dem 31. Juli 2010 abgelaufen und die Bescheiderteilung vom 29. Juni 2010 im Anschluss an einen Folgeantrag des Antragsteller für die Zeit ab dem 1. August 2010 erfolgt war. Erstmals für August 2010 seien dabei die bei der Bedarfsberechnung berücksichtigten Unterkunftskosten (ausschließlich Grundmiete) auf die aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessene Höhe umgestellt worden, wobei die vom Antragsteller geschuldeten Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten bei der Bedarfsberechnung in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden seien. Die vom Antragsteller für die von ihm bewohnte Wohnung geschuldete Grundmiete von monatlich 230,00 EUR sei aus sozialhilferechtlicher Sicht jedoch unangemessen hoch. Nach § 29 Abs. 1 SGB XII würden Leistungen für die Unterkunft dann aber auch nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit die geschuldeten Unterkunftskosten sozialhilferechtlich angemessen seien. Innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Antragsgegnerin seien monatliche Unterkunftskosten (Grundmiete) bei einem 1-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 45 qm in Höhe von 195,80 EUR aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessen, wobei diese Festsetzung auf einem schlüssigen Konzept der Antragsgegnerin beruhe, das die Antragsgegnerin insoweit schriftsätzlich in Bezug nahm.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt; ebenso wird Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, deren jeweils wesentlicher, das Vorliegen der Antragsverfahren betreffende Inhalt gleichfalls Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ist im entschiedenen Umfang begründet.
Die Berechtigung der Sozialgerichte zum Erlass Einstweiliger Anordnungen in anderen als den ausdrücklich im Sozialgerichtsgesetz (SGG) normierten Fällen leitete sich bis 1. Januar 2002 unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ab (vgl. BVerfGE 46, S. 166). Einstweilige Anordnungen durften dabei aber grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. Nur ausnahmsweise konnte es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn anders ein Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar gewesen wäre.
Voraussetzung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war insoweit, dass dem Betroffenen schwere und unzumutbare, auf anderem Wege nicht abwendbare Nachteile drohten, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht mehr oder nur noch teilweise in der Lage gewesen wäre. Dies galt zumindest bei so genannten "Vornahmesachen", d.h. bei Verfahren, bei denen sich der Bürger gegen die Unterlassung oder Ablehnung einer beantragten Amtshandlung wandte. Gleiches galt jedoch auch für die so genannten "Anfechtungssachen", bei denen der Bürger geltend machte, durch die öffentliche Gewalt mittels einer belastenden Maßnahme in seinen Rechten verletzt zu sein. Danach konnte vorläufiger Rechtsschutz in "Anfechtungssachen" entsprechend dem Grundgedanken des § 80 Abs. 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach der Rechtsprechung der Kammer grundsätzlich dann gewährt werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestanden, d.h., wenn der Erfolg des Rechtsstreites in der Hauptsache, d.h. in einem sich anschließenden Klageverfahren, zumindest ebenso wahrscheinlich war wie der Misserfolg und wenn die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes für den Antragsteller eine unbillige, nicht überwiegend durch öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge gehabt hätte (vgl. hierzu Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 9. März 2000, L 1 KR 226/00 ER, das insoweit neben den Erfolgsaussichten in der Hauptsache das Vorliegen erheblicher Nachteile forderte, die ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar machten). Darüber hinaus war in "Vornahmesachen" entsprechend § 123 VwGO auf die Gefahr abzustellen, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Des Weiteren waren einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erschien (vgl. weiter grundsätzlich Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 29. Juli 1987, L 8 Kr 362/87 A mit zahlreichen weiteren Nachweisen und Beschluss vom 11. November 1992, L 6 Ar 461/92 A in info-also 1993, S. 59 ff.; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 1990, L 3 S 42/90 in info-also 1991, S. 74 ff.; Meyer-Ladewig, SGG, § 97 Rdnr. 20 ff.; Timme, Der einstweilige Rechtsschutz in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte, NZS, 1992, 91 ff.).
Seit 2. Januar 2002 ist der einstweilige Rechtsschutz ausdrücklich im SGG normiert, wobei die vorstehenden Grundsätze weiterhin Beachtung finden.
Insoweit regelt § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG zunächst, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, was nach Satz 2 auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung gilt. Nach Abs. 2 Nr. 1 entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Ebenso entfällt die aufschiebende Wirkung z.B. nach Nr. 3 für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache sodann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Nach Satz 1 Nr. 2 kann das Gericht darüber hinaus in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, ganz oder teilweise anordnen sowie nach Nr. 3 in den Fällen des § 86 a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wieder herstellen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wobei nach Satz 3 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Auflagen versehen oder befristet werden kann und darüber hinaus nach Satz 4 das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben kann. Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind dabei nach Satz 2 auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach § 86 b Abs. 4 SGG entscheidet das Gericht sodann durch Beschluss.
Hinsichtlich der Begründetheit des Antrages des Antragstellers als sogenannter Vornahmesache bzw. Regelungsanordnung ist auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen danach allein auf § 86 b Abs. 2 SGG abzustellen. Bei der Entscheidung ist also in erster Linie auf die Aussichten im Hauptverfahren abzustellen. Ist eine Klage offensichtlich begründet, wird die Anordnung in der Regel erlassen, ist sie offensichtlich unbegründet, wird sie in der Regel abgelehnt.
Liegen schließlich beide Voraussetzungen nicht offensichtlich vor, ist darüber hinaus im Rahmen des Ermessens eine Interessenabwägung durchzuführen. Dabei müssen in Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz die Gerichte bei der Auslegung der anzuwendenden Vorschriften der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung tragen und insbesondere die Folgen der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes berücksichtigen. Je schwerer die Belastungen hieraus wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung zurückgestellt werden. Insoweit reicht es in diesen Fällen aus, dass bei einer überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage Gründe dafür sprechen, dass ein Anspruch auf Gewährung der begehrten Leistung besteht (Anordnungsanspruch).
Dies deshalb, weil mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) u.a. vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02 und vom 19. März 2004, 1 BvR 131/04, das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition um so weniger zurückgestellt werden darf, je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt insoweit auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216)). Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Dies bedeutet auch, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss, wenn dazu Anlass besteht (vgl. Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats des BVerfG vom 25. Juli 1996, NVwZ 1997, Seite 479).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen mit dem Hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 21. März 2007, L 7 AY 14/06 ER, mzwN) sodann aber auch nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Dies deshalb, weil Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System bilden.
Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei diese regelmäßig dann zugunsten des Bürgers ausfällt, wenn dessen grundgesetzlich aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot herzuleitender Anspruch auf Führung eines menschenwürdigen Lebens gefährdet wäre. Insoweit sind grundrechtliche Belange eines Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die z.B. darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt. Denn im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (vgl. u.a. Hessisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 27. Juli 2005, L 7 AS 18/05 ER und vom 19. Juni 2008, L 7 AS 32/08 B ER).
Für die Zeit ab Antragseingang ist dem Antrag danach auf der Grundlage der Ausführungen des Antragstellers und der von ihm insoweit in Bezug genommenen Rechtsprechung für den Bereich des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) u.a. der 6. und dem folgend auch der 3. Kammer des Sozialgerichts Kassel, letztlich aber auch des BSG, der sich die erkennende Kammer für den Bereich des SGB XII zumindest im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz hier letztlich in erster Linie vorzunehmenden Interessensabwägung anschließt, im entschiedenen Umfang stattzugeben. Zumindest für die hier allein zu treffende vorläufige Entscheidung muss letzteres mit den weiteren o.a. Ausführungen für einen Anordnungsanspruch insoweit ausreichen, als die Kammer nach den vorstehenden Ausführungen im entschiedenen Umfang davon ausgeht, dass die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren mehr als offen, nämlich erheblich sind und schon aus diesem Grund auch ein Anordnungsanspruch besteht.
Zur Frage der Bestimmung der Angemessenheit i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II führt die 6. Kammer des Sozialgerichts Kassel in einem Beschluss vom 23. Juni 2010, S 6 AS 144/10 ER u.a. aus:
"Die Rechtsprechung hat den gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft konkretisiert. Bei der Prüfung der Angemessenheit ist in einem mehrstufigen Verfahren vorzugehen. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards wird in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist hierbei zu untersuchen, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfsbedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht nur auf die im streitgegenständlichen Zeitraum auf dem Markt tatsächlich angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Hierbei vertritt die Rechtsprechung die sog. Produkttheorie. Danach müssen nicht beide Faktoren, Wohnungsgröße und der im Quadratmeterpreis ausgedrückte Wohnungsstandard, je für sich betrachtet angemessen sein. Vielmehr ist es ausreichend, dass das Produkt aus Quadratmeterzahl und Quadratmeterpreis eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ergibt (BSG, Urteil v. 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; Hessisches LSG, Urteil v. 24.09.2008, L 6 AS 130/07; SG Kassel, Urteil v. 11.03.2009, S 7 AS 276/06). Für die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Wohnungsfläche ist auf die Kriterien abzustellen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgelegt haben (Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S.16). Dies richtet sich in Hessen nach den Hessischen Richtlinien zur sozialen Wohnraumförderung vom 20.03.2003 (Hessisches Staatsanzeiger S. 1346) geändert durch die Richtlinien vom 19.01.2004 (Hessischer Staatsanzeiger S.628). Nach den Richtlinien ist eine Wohngröße für eine Person bis 45 Quadratmetern angemessen. Bei zwei Personen ist eine Wohnfläche von 60 Quadratmetern angemessen." Für jede weitere Person ist eine weitere Wohnfläche von 12 m² hinzuzurechnen. "Bei der im zweiten Schritt vorzunehmenden Festlegung des maßgeblichen Wohnungsmarktes muss zunächst der räumliche Vergleichsmaßstab festgelegt werden, wobei das Recht der Leistungsempfänger auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld Berücksichtigung finden muss (Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S.16). Aus diesem Grund ist grundsätzlich vom Wohnort des Hilfsbedürftigen auszugehen. Die Grundsicherungsträger müssen hierzu die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt ermitteln und berücksichtigen. Als Erkenntnismittel kommen in Betracht: Örtliche Mietspiegel, Mietdatenbanken, Wohnungsmarktanzeigen in der örtlichen Presse oder im Internet; Anfragen bei Maklern, Wohnungsbaugesellschaften, Mietervereinen etc. Entscheidend ist hierbei nicht das Vorliegen eines qualifizierten oder einfachen Mietspiegels. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss vielmehr auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das die Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des Wohnungsmarktes wiederzugeben. Liegen keine entsprechenden Mietspiegel beziehungsweise Mietdatenbanken im Sinne der §§ 558c ff. BGB vor, können die Grundsicherungsträger für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich eigene Mietspiegel oder Tabellen erstellen. Die vom Grundsicherungsträger hierbei gewählte Datengrundlage muss aber – wie schon ausgeführt wurde – auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben. Dies kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestands beruht (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R; SG Kassel, Urteil v. 11.03.2009, S 7 AS 276/06). Ferner müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein. Es muss hierbei insbesondere sichergestellt sein, dass bestimmte Wohnungen, die das Bild von der Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft verzerren (vgl. BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 22) im Rahmen des schlüssigen Konzeptes nicht berücksichtigt wurden. Einer der Faktoren, der für die angemessenen Kosten der Unterkunft bestimmend ist, ist der sog. Wohnungsstandard. Den Standard bestimmen u.a. Kriterien wie die Lage, Infrastruktur, das Wohnungsumfeld, die Verkehrsanbindung, die Umweltbelastung und die Ausstattung der Wohnung wie die Zahl und Größe der einzelnen Räume, deren Belichtung, Belüftung, sanitäre Ausstattung und die Art der Heizung (vgl. Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, Stuttgart 2009, S.16). Diese Auflistung dürfte weder abschließend sein noch dürfte es für ein schlüssiges Konzept zwingend erforderlich sein, dass sämtliche aufgeführten Kriterien von den Leistungsträgern im Rahmen ihres schlüssigen Konzeptes Berücksichtigung finden. Die Kammer ist jedoch überzeugt, dass es Sache der Sozialleistungsträger ist, zunächst zu definieren, was sie unter einem einfachen Wohnungsstandard verstehen. Ein schlüssiges Konzept setzt nämlich ein planmäßiges Vorgehen der Grundsicherungsträger im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung der relevanten Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsmaßstab voraus (BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, juris, Rn. 19). Das BSG geht davon aus, dass die Leistungsträger bei einem schlüssigen Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen können. Werden – wie von der Antragsgegnerin vorgetragen – nur Wohnungen des einfachen Segments im Rahmen des Konzeptes berücksichtigt, ist es aber zwingend erforderlich, dieses einfache Segment zunächst abstrakt zu definieren, um eine Überprüfbarkeit der Annahmen des Leistungsträgers zu ermöglichen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn.23; BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R; s. auch: Knickrehm in: Spellbrink (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, Stuttgart 2010, S.90). Ist der Leistungsträger nicht in der Lage, ein schlüssiges Konzept zu präsentieren, sind nach der neuen Rechtsprechung des BSG die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren, welche "nach oben" jedoch durch die Angemessenheitsgrenze begrenzt werden. Es ist den Gerichten in diesen Fällen nicht verwehrt, die Angemessenheit der Unterkunftskosten unter Rückgriff auf die Wohngeldtabelle des § 12 Wohngeldgesetzes zu bestimmen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn. 27). Da allerdings beim Fehlen eines schlüssiges Konzeptes nicht hinreichend beurteilt werden kann, wie hoch die angemessenen Kosten tatsächlich sind, hält es das BSG im Einzelfall für angemessen, im Interesse der Leistungsberechtigten die jeweils maßgeblichen Werte der Wohngeldtabelle um einen "Sicherheitszuschlag" zu ergänzen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn. 27; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S.17 f.). Dem schließt sich das Gericht an."
Zu der Frage, ob die Antragsgegnerin mit dem vorliegenden ein solches schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft i.S. der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellt hat, führt die 6. Kammer in der genannten Entscheidung weiter aus:
"Dies ist nach Überzeugung des Gerichts nicht der Fall. Es ist vorliegend zwar nicht zu verkennen, dass die Antragsgegnerin einen enormen organisatorischen Aufwand betreibt, um die angemessenen Kosten der Unterkunft zu bestimmen, so dass ihr ein systematisches und nicht nur punktuelles Vorgehen zu bescheinigen ist. Bei der Beurteilung des Konzeptes fällt jedoch auf, dass in diesem keine Ausführungen zum Begriff des "spezifischen Wohnungsmarktsegments" (Bl. 58 Gerichtsakte) enthalten sind. Die Antragsgegnerin hätte diesen Begriff definieren und ausführen müssen, welche Kriterien aus ihrer Sicht erfüllt sein müssen, um einem angemessenen Wohnungsstandard im Sinne des unteren Preissegments zu entsprechen. Es ist für das Gericht naheliegend, dass in den Wohnungslisten der Antragsgegnerin über die SGB II- und SGB XII Leistungsbezieher keine Wohnungen enthalten sein dürften, die die angemessen Kosten der Unterkunft zu Unrecht zu sehr in die Höhe treiben, weil diese Wohnungen nicht mehr einfachen und damit angemessen Wohnungsstandards entsprechen. Das Gericht kann jedoch überhaupt nicht beurteilen, ob nicht in den Listen möglicherweise Wohnungen enthalten sind, welche die angemessenen Wohnungsstandards des unteren Wohnungssegments unterschreiten. In welchen Fällen ein Unterschreiten der angemessenen Wohnungsstandards im Sinne des unteren Wohnungssegments vorliegt, kann an dieser Stelle dahinstehen. Exemplarisch sei auf den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 22.12.2005 (S 31 AS 562/05 ER, juris), in dem das Sozialgericht feststellt, dass eine Wohnung ohne Bad zur heutigen Zeit nicht mehr den Standard des Angemessenen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II erreicht. Die Antragsgegnerin hat sich in dem von ihr vorgelegten Konzept mit den Wohnungsstandards überhaupt nicht beschäftigt, obwohl das BSG in seiner ständigen Rechtsprechung auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung einfließen zu lassen (vgl. Knickrehm in: Spellbrink (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S.88)."
Die 3. Kammer des Sozialgerichts Kassel (Beschluss vom 14. Oktober 2010, S 3 AS 282/10 ER) hat sich alledem sodann u.a. mit folgenden weiteren Ausführungen angeschlossen:
"Die - zwischenzeitliche - "Nachbesserung" des Konzepts und Erweiterung um eine Anlage 1 in der ein Wohnungsstandard "definiert" ist, kann zu keiner von der 6. Kammer abweichenden Beurteilung führen. Aus der Formulierung: "Das Spektrum der unterschiedlichen Wohnungsstandards im Vergleichsraum Kassel ist durch mindestens folgende Parameter gekennzeichnet" und die folgende Auflistung
- Küche, auch Kochnische
- Badezimmer, auch Duschbad
- Wasserklosett (in der Wohnung)
- fließendes Wasser, warm und kalt
- Stromversorgung
- Heizung
- Fenster zur Beleuchtung und Belüftung
- Doppelverglasung
ergibt sich nicht, ob hiermit ein einfacher Wohnungsstandard definiert werden soll. Im Übrigen geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass sie in ihrer Datenbank zur Bestimmung angemessenen Wohnkosten nicht nur Daten über Wohnungen mit einfachem Wohnungsstandard erfasst, so dass für das Gericht unklar ist, welchen Zweck die Definition haben soll. In jedem Fall ist sie selbst nach Angabe der Antragsgegnerin nicht für die Auswahl der Daten zugrunde gelegt worden, die zur Berechnung der angemessenen Wohnkosten herangezogen wurden. Das zu dem hiesigen Verfahren übersandte "Konzept" zur Bemessung von angemessenen Unterkunftskosten für das Stadtgebiet Kassel entspricht den Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung eindeutig nicht. Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des 4. Senats dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R). Der 4. Senat hat die Schlüssigkeitsanforderungen wie folgt zusammengefasst (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung) (a.),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße (b.),
- Angaben über den Beobachtungszeitraum (c.),
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel) (d.),
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten (e.),
- Validität der Datenerhebung (f.),
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung (g.) und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze) (h.) - vgl. BSG 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, zit. nach juris.
Ein Konzept, das diesen Anforderungen genügt, hat die Antragsgegnerin, selbst unter der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen kursorischen Betrachtung, nicht erarbeitet. Bedenken hat die Kammer schon wegen der Definition der Wohnflächenspannen, da diese nicht begründet und hergeleitet sind. Insbesondere die Außerachtlassung von Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 37,5 m² ist aus dem Datenmaterial nicht hergeleitet. Ausweislich des von der Antragsgegnerin übersandten Datenmaterials mit einer Anzahl von 17.640 Datensätzen beträgt die Anzahl der Datensätze von Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 37,5 m² 1.968. Von diesen 1.968 Datensätzen fallen 1.902 Datensätze auf 1-Personen-Haushalte, die im Gesamtdatenbestand mit 7.965 Datensätzen vertreten sind. Damit fallen nahezu 25 % der von der Antragsgegnerin erfassten 1-Personen-Haushalte aus der Betrachtung heraus, ohne dass dies im Konzept plausibel begründet wird. Die reine Vermutung, dass kleine Wohnungen teurer sind, reicht hierzu nicht aus; dies müsste statistisch hergeleitet und sodann begründet werden. Aus dem Datenmaterial lässt sich sodann nicht nachvollziehen, wie der zugrundegelegte Standard definiert ist. Geht die Antragsgegnerin davon aus, dass Transferleistungsbezieher grundsätzlich in Wohnungen mit einem einfachen Wohnungsstandard leben? Dies scheint nicht der Fall zu sein, da sie selbst ausführt, im Datenmaterial seien auch Wohnungen mit höherem Standard erfasst. Welchen Anteil diese Wohnungen ausmachen und ob dies im Weiteren bei der Auswertung der Daten zu entsprechenden Schlüssen führen kann, ist nicht begründet, sondern allenfalls behauptet. Die Angaben über den Beobachtungszeitraum im laufenden Verfahren sind nicht kongruent. Im Ergebnis sind die von der Antragsgegnerin vorgelegten Daten somit ungeeignet die Schlüssigkeit bezogen auf den streitigen Zeitraum zu begründen. Auch die Art und Weise der Datenerhebung ist unklar. Im Wesentlichen scheint die Datenerhebung auf einer Auswertung der Mietbescheinigungen zurückzugehen. Im Konzept führt die Antragsgegnerin dagegen aus, dass auch Angebotsmieten in die Gesamtauswertung einfließen würden. Insoweit würden als Quellen auch Angebote in den Medien sowie die Meldung freier Wohnungen durch die Wohnungsbaugesellschaften in die Gesamtauswertung einfließen. Wie dies geschieht, lässt sich dem übersandten Datenmaterial nicht entnehmen. Hier scheint es vielmehr so, dass die Datenbank ausschließlich die Auswertung der Mietbescheinigungen enthält, da die entsprechende Rubrik bei jedem erfassten Datensatz einen Eintrag enthält. Auf dem Konzept lässt sich nicht entnehmen, inwieweit diese Daten in die Gesamtauswertung einfließen. Die Repräsentativität der einbezogenen Daten ist nicht belegt. Eine Überprüfung ist aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgelegten veralteten Daten nicht möglich. Im Weiteren bestehen erhebliche Zweifel, ob die Datenerhebung valide ist. Entgegen der Ausführungen im Konzept scheinen in die Erhebung keine Daten von sogenannten Angebotsmieten eingeflossen zu sein, wie dort ausgeführt wurde. Somit dürfte die Datenerhebung auf den Kreis der SGB II- und SGB XII-Leistungsbezieher beschränkt sein, was der Validität entgegensteht (hierzu S. Knickrehm, a.a.O., S. 90), da zu befürchten ist, dass es durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den Kreis der Leistungsbezieher zur Bildung von Zirkelschlüssen kommt. Erhebliche Zweifel hat die Kammer schließlich bezüglich der aus der Datenerhebung gezogenen Schlüsse. Die Antragsgegnerin bildet aus den erfassten Daten, bezogen auf die jeweilige Haushaltsgröße, einen Durchschnittswert des maßgeblichen Quadratmeterpreises. Sie geht hierbei offenbar davon aus, dass in den erfassten Daten in erheblichem Umfang Wohnraum enthalten ist, der nicht nur einfachem Standard entspricht. Dies ist indessen in keiner Weise nachgewiesen oder gar quantifiziert. Sollte aber davon ausgegangen werden können, dass der überwiegende Anteil der erfassten Wohnungen einen einfachen Standard aufweisen, wofür der Umstand spricht, dass die Daten ausschließlich aus dem Kreis der SGB II/SGB XII-Leistungsbezieher erhoben wurden, die überwiegend Wohnraum mit angemessenem Umfang der Kosten der Unterkunft bewohnen, führt die Bildung eines Durchschnittswertes, der als Höchstbetrag für angemessene Wohnkosten herangezogen wird, zu einer Herabbemessung der Angemessenheitsgrenze. Für den Fall, dass in die Auswertung nur die Wohnungen des einfachen Segments eingehen ist es zwingend erforderlich, dass der oberste ermittelte Wert - der so genannte Spannenoberwert - die angemessene Vergleichsmiete darstellt. Andernfalls wäre nämlich den Leistungsberechtigten ein Teil des zur Verfügung stehenden Wohnungsmarktes finanziell nicht zugänglich (S. Knickrehm, a.a.O., S. 90)."
Die vorstehenden Bedenken gegen die Schlüssigkeit des hier maßgebenden Konzeptes sind bei alledem - für den Bereich des SGB XII gilt insoweit nichts grundlegend anderes - auch nach Auffassung der erkennenden Kammer insoweit mehr als erheblich, der Verfahrensausgang, wenn nicht sogar von einer überwiegenden Erfolgsaussicht auszugehen sein dürfte, also zumindest offen. Dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 29. Juni 2010 zunächst bestandskräftig geworden war, bleibt unbeachtlich. Im Hinblick auf den zeitgerecht gestellten und schließlich abgelehnten Antrag nach § 44 SGB X und den gegen diesen Ablehnungsbescheid eingelegten Widerspruch, steht dem die vorgenannte Bestandskraft nicht entgegen, da der Antragsteller nach wie vor i.S.d. SGB XII hilfebedürftig ist.
Zu alledem kommt schließlich noch hinzu, dass über die o.a. abstrakte Angemessenheit als weitere konkrete Angemessenheitsprüfung zusätzlich festzustellen bleibt, ob für die jeweiligen Hilfeempfänger eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung überhaupt konkret verfügbar und tatsächlich auch zugänglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R), was aktuell für den Bereich der Stadt Kassel zumindest für Ein-Personen-Haushalte mehr als fraglich sein dürfte.
Hierzu hatte die erkennende Kammer selbst mit ebenfalls gegenüber der Antragsgegnerin ergangenem Beschluss vom 28. Oktober 2009 (S 12 SO 17/09 ER) u.a. bereits auf einen damaligen Bericht in der örtlichen Presse (HNA vom 22. Oktober 2009) verwiesen, wonach kleine Wohnungen in der Stadt Kassel knapp, aber gleichzeitig besonders gefragt seien, nachdem ausweislich des damals aktuellen Wohnungsmarktberichtes 2009 des Wohnungsamtes der Antragsgegnerin lediglich 9,4 Prozent des Kasseler Bestandes 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen seien, wobei derjenige, der eine kleinere Unterkunft wolle, lange suchen müsse. Dies treffe nicht wenige. Denn inzwischen lebe in annähernd der Hälfte aller Haushalte in der Stadt Kassel nur noch eine Person. Diese hohe Zahl der Single-Haushalte, der Ansturm von Studenten auf die Kasseler Uni und die große Zahl von Menschen, die aus finanziellen Gründen eine preiswerte, kleine Wohnung bräuchten, seien die Gründe dafür, dass 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen derzeit nur schwer zu finden seien. Weiter wurde insoweit ausgeführt, dass es dagegen an großen Wohnungen keinen Mangel gebe. Zwei Drittel der Bleiben in der Stadt Kasel hätten vier oder mehr Zimmer. 24 Prozent seien 3-Zimmer-Wohnungen. Insoweit sei und bleibe der Wohnungsmarkt nach Experteneinschätzung im Sinne einer "allgemeine Sättigung im Markt", der in Kassel ein Mietermarkt sei, zwar auch in den kommenden Jahren entspannt, bei Kleinwohnungen gebe es aber einen Engpass, wobei die Antragsgegnerin den Wohnungsmarktbericht ihres Wohnungsamtes 2009 auf ihrer Internetseite (siehe www.stadt-kassel.de/cms01/verwaltung/aemter/wohnungsamt), wo der Bericht auch selbst einsehbar ist und heruntergeladen werden kann, ihrerseits selbst als wichtige Informationsquelle für alle Akteure des Wohnungsmarktes bezeichnete. In diesem wurde die Zahl der Wohnungsleerstände sodann als seit Jahren relativ konstant beschrieben, wobei exakt nachprüfbare Daten jedoch nur für den Bereich der öffentlich geförderten Wohnungen vorlägen. Dabei hätten sich die Leerstände im Bereich der öffentlich geförderten Wohnungen von 299 Wohneinheiten im Jahr 2006 auf 207 Wohneinheiten im Jahr 2008 verringert, was belege, dass eine unveränderte Nachfrage an günstigem Wohnraum bestehe. Dabei sei die Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant geblieben und habe sich um 35 auf 2.223 verringert. Unverändert hoch sei die Nachfrage nach kleinen Wohnungen für Einpersonenhaushalte. Die Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine für diesen Bereich liege bei 41 %. Große Wohnungen mit mehr als 5 Zimmern bzw. über 85 qm würden kaum nachgefragt. Der Anteil liege lediglich bei 4 %. Aufgrund des immer noch ausgeglichenen Wohnungsmarktes in Kassel hätten aber alle Wohnungssuchenden, trotz der sinkenden Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen, mit Wohnraum versorgt werden können. Wohnungen im freifinanzierten Bereich, die im unteren Preissegment lägen, verfügten jedoch oft über keinen zeitgemäßen Standard. Die gestiegenen Energiekosten führten dann zu einer Belastung, die von den Haushalten mit geringem Einkommen kaum getragen werden könnten.
An alledem hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert, wobei zwischenzeitlich unter www.stadt-kassel.de/verwaltung/aemter/wohnungsamt/ auch bereits der Wohnungsmarktbericht der Stadt Kassel für das Jahr 2010 vorliegt, ausweislich dessen "erwartungsgemäß" die Anzahl der 1-Personen-Haushalte weiter gestiegen sei und nunmehr bei über 50.000 Haushalten liege. Die durchschnittliche Personenzahl im Haushalt sei weiter gesunken. Eine Umkehr dieser Entwicklung sei nicht zu erwarten.
Insoweit führt dann erneut die örtliche Presse (HNA vom 23. Oktober 2010) unter der Überschrift "Kleine Bleiben fehlen" wieder weiter aus, dass kleine Wohnungen in der Stadt Kassel besonders gefragt, aber gleichzeitig auch Mangelware seien. Dies umso mehr, als nur 9,4% des Kasseler Wohnungsbestandes ausweislich des Wohnungsmarktberichtes 2010 1- und 2-Zimmer-Wohnungen seien, in der Hälfte aller Kasseler Haushalte nur noch ein einziger Mensch wohne und 27% in 2-Personen-Haushalten. Insgesamt sind ausweislich des aktuellen Wohnungsmarktberichtes der Stadt Kassel für das Jahr 2010 3,8% des Wohnungsbestandes 1-Zimmer-Wohnungen (3.957), 5,6% sind 2-Zimmer-Wohnungen (5.740).
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erhalten im Bereich der Stadt Kassel (vgl. www.stadt-kassel.de/stadtinfo/zahlen/soziales/) dann aber auch wieder bereits 2076 1-Personen-Haushalte. Darüber hinaus lebten ausweislich des aktuellen Geschäftsberichtes der Arbeitsförderung Kassel-Stadt (AfK) in weiteren 13.006 Bedarfsgemeinschaften insgesamt 24.599 hilfebedürftige Personen nach dem SGB II, wobei sich diese 13.006 Bedarfsgemeinschaften im Juni 2010 bei einem Anteil von insoweit 53,9% ihrerseits wieder in 7.252 1-Personen-Haushalte sowie bei einem Anteil von 20,4% in 2.564 2-Personen-Haushalte aufgliederten (vgl. hierzu www.arbeitsfoerderung-kassel.de/start/default.asp).
Unabhängig von der stetig wachsenden Anzahl von Studenten in Kassel sind also bereits rund 9.300 Haushalte im Bereich der Stadt Kassel, die Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB II erhalten, 1-Personen-Haushalte, wozu noch rund 2.500 2-Personen-Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB II hinzukommen; die entsprechende Zahl für 2-Personen-Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB XII ist nicht gesondert erfasst. Dies dann aber auch mit der Folge, dass zumindest hinsichtlich des Mangels an sogenannten "kleinen Bleiben" wiederum die Frage erlaubt sein muss, in welchen aktuell tatsächlich verfügbaren und vom Mietpreis angemessenen 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen all diese 1- oder 2-Personen-Haushalte in Kassel denn dann überhaupt leben sollen.
Letztlich ist also im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch eine Folgenabwägung im o.a. Sinne vorzunehmen. Im Rahmen dieser Folgenabwägung zwischen einem im konkreten Einzelfall offenen Verfahrensausgang in der Hauptsache einerseits und der Eilbedürftigkeit der Bewilligung laufender Leistungen sowie unter Berücksichtigung der Grundsätze eines wirksamen Grundrechtsschutzes andererseits macht die Kammer sodann von ihrem nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG eingeräumten Ermessen durch Erlass einer einstweiligen Anordnung im hier entschiedenen Umfang Gebrauch, zumal zumindest im hier streitigen einstweiligen Anordnungsverfahren und der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung keinerlei rechtlich durchgreifende Anhaltspunkte bestehen, ausweislich derer die vom Antragsteller geltend gemachte Grundmiete, ohne dass insoweit die entsprechenden einschlägigen Wohngeldtabellenwerte überschritten würden, nicht im o.a. Sinne angemessen wäre.
Insoweit sind in Fallgestaltungen der vorliegenden Art an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes mit den weiteren o.a. Ausführungen dabei auch keine hohen Anforderungen zu stellen. Dem Antragsteller ist das Abwarten der Entscheidung aus den oben genannten Gründen im Hauptsacheverfahren nicht zuzumuten. Darüber hinaus ist ein Anordnungsgrund in diesem Sinn insoweit vorliegend auch schon allein auf der Grundlage des im Übrigen unstreitig vorliegenden Grundanspruchs glaubhaft gemacht.
Der einstweiligen Anordnung steht abschließend auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen, da eine Rückforderung vorliegend nicht ausgeschlossen ist und es sich somit nicht um eine echte Vorwegnahme der Hauptsache handelt (vgl. hierzu Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 8. November 2007, L 1 KR 230/07 ER). Somit hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im entschiedenen Umfang ab Antragseingang bei Gericht Erfolg, wobei die Mitwirkungsverpflichtungen des Antragstellers nach den §§ 60 ff Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) von der vorliegenden Entscheidung selbst unberührt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 172 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstandes, worauf allein abzustellen ist, im hier allenfalls streitigen Bewilligungsabschnitt bis 31. Juli 2011 insgesamt 750,00 EUR nicht übersteigt. Insoweit ist mit dem Hessischen Landessozialgericht die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch dann nicht eröffnet, wenn für ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren gemäß § 144 Abs. 2 SGG Zulassungsgründe vorlägen, ohne dass die vorgenannte Regelung selbst wiederum sinngemäß auf das Beschwerdeverfahren übertragen werden könnte (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 11. August 2008, L 7 AS 213/08 B ER, vom 1. Juli 2008, L 7 SO 59/08 B ER, vom 26. Juni 2008, L 7 AS 164/08 B ER und vom 12. Januar 2009, L 7 AS 421/08 B ER; ebenso Schleswig-Holsteinisches LSG, 6. November 2008, L 11 B 526/08 AS ER, LSG Berlin-Brandenburg, 16. Oktober 2008, L 20 B 1647/08 AS ER, LSG Niedersachsen-Bremen, 29. September 2008, L 8 SO 80/08 ER und 8. September 2008, L 13 AS 178/08 ER, LSG NRW, 15. August 2008, L 19 B 146/08 AS ER; aA LSG Niedersachsen-Bremen, 21. Oktober 2008, L 6 AS 458/08 ER).
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